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Zwischenwelten

-Sidestory X ~ Veleno-
von

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Beginn: 06.02.2012

Ende: 06.02.2012
 

Kapitel 16
 

Wütend warf ich mich auf mein Bett, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und starrte zur Decke hinauf.

Ich würde an diesem Tag keinen Schlaf finden, das wusste ich. Die vertraute Müdigkeit, die die Strahlen der aufgehenden Sonne bewirkten, würde sich nicht einstellen.

Natürlich hätte ich mich ebenso gut in meinen Sarg legen können. Ich wäre binnen Sekunden in einen todesähnlichen Zustand verfallen und von allen Gedanken und Eindrücken dieser Nacht befreit worden.

Doch es gab zu vieles, über das ich nachdenken wollte, nachdenken musste und ich würde nicht eher Ruhe finden, als bis dies geschehen war. Es gab viele Fragen, die ich mir, wie unangenehm sie auch immer sein mochten, stellen musste.

Ich dachte daran, was Anoha zu mir gesagt hatte. Dass ich nie sagte, was ich wollte.

Nun gut, das konnte ich ändern. Sobald mein Zorn abgeklungen war, würde ich – wie ich es versprochen hatte – mit Noël darüber sprechen.

Aber, und dies war ein nicht minder schwerwiegendes Problem, ich konnte und durfte den zweiten Schritt nicht vor dem ersten machen. Bevor ich dem jungen Erschaffenen erklärte, was ich von ihm erwartete, musste ich mir zunächst erst einmal selbst darüber klar werden. Und vielleicht war ich gerade jetzt, da ich meine natürliche Zurückhaltung abgelegt hatte, in einer passenden Stimmung dazu.

Was möchte ich, fragt ich und verwarf den Gedanken mit einem Kopfschütteln.

Ich streckte den Arm aus und betrachtete meine Handfläche.

„Was willst du?“, fragte ich leise und musste nicht lange auf eine Antwort warten. Ich ließ mich von der Flut an Gedanken überrollen und wartete, bis sich die Wogen geglättet hatten, um dann gezielt das herauszufiltern, worauf es mir wirklich ankam.

Ich will, dass er mit mir spricht.

Gut. Ein klarer, verständlicher und akzeptabler Wunsch.

Ich will, dass er mir Gesellschaft leistet.

Nachvollziehbar. Weiter!

Ich will, dass wir wirklich zusammenleben.

Unwillkürlich runzelte ich die Stirn.

Was heißt ‘wirklich zusammenleben‘?, fragte ich mich selbst, doch die Antwort darauf wurde von einem verzweifelten Aufschrei aus meinem tiefsten Inneren übertönt.

Ich will, dass er mich wahrnimmt!

Warum?, schaltete sich die Stimme der Vernunft mit geradezu brachialer Gewalt ein, bevor ich etwas erwidern konnte.

Plötzlich herrschte Stille. Nicht ein einziger Gedanke kam mir ins Bewusstsein und so wiederholte ich die Frage laut: „Warum?“

Es dauerte ein paar Sekunden, bevor sich aus dem leisen Wispern eine zögernde, schüchterne Stimme erhob.

Ich mag ihn.

Ich spürte wie mein Gesicht heiß wurde und stöhnte, während ich meine Augen mit der Hand bedeckte.

Bitte nicht...

„Mal im Ernst, willst du mit ihm schlafen?“, Anohas Worte kamen mir wieder in den Sinn, ebenso wie meine Antwort. „Darüber habe ich ehrlich gesagt noch nicht nachgedacht.“

Nun, jetzt hatte ich Gelegenheit darüber nachzudenken.

Will ich mit ihm schlafen?, fragte ich, wagte es jedoch weder Noëls Namen, noch die Wort laut auszusprechen.

Ich fand keine Antwort darauf.

Ich versuchte ihn mir vorzustellen. Seinen Körper, wie ich ihn in der Nacht unserer ersten Begegnung gesehen hatte. Noch konnte ich mir nicht vorstellen wie es war, ihn auf diese Weise zu berühren. Wie er mich ansehen, mich berühren und welche Laute er von sich geben würde. Und doch spürte ich, dass ich nicht abgeneigt war. Ja, ich musste feststellen, dass sich das Wie meiner Vorstellungskraft entzog, nicht aber die Tatsache an sich.

Ich fühlte, dass die Sonne inzwischen aufgegangen war, doch war es nicht ihr Verdienst, dass meine Wangen glühten wie im Fieber.

Ich konnte nicht fassen, dass ich ernsthaft darüber nachdachte mit dem jungen Erschaffenen eine solche Beziehung einzugehen und noch absurder erschien mir, dass mich diese Gedanken derart aufwühlten. Ich war schließlich kein kleines Kind mehr.

Eine andere Frage, befahl ich mir und löste damit eine Welle des Protests aus, welcher der analytische Damm in meinem Inneren jedoch standhielt.

Warum hat mich Noëls Verhalten so wütend gemacht?

Wiederum warteten mein Verstand und mein Gedächtnis mit vielerlei Informationen auf, die ich sorgsam filterte.

Ich will, dass er mich in seine Entscheidungen einbezieht.

Ja, das war vermutlich das eigentliche Problem, dachte ich.

Noël war nicht mein Eigentum, weshalb ich ihm, selbst wenn ich gewollt hätte, im Grunde keinerlei Vorschriften machen konnte. Abgesehen vielleicht von ein paar Ermahnungen zur Einhaltung der Hausordnung und einiger allgemeingültiger Verhaltensregeln.

Zudem sprach die Tatsache, dass er einem Freund geholfen hatte, nun wirklich eher für als gegen ihn. Und auch das Blut war, sobald es in seinen Körper gelangte, nicht länger das meine und ich konnte wohl kaum weiterhin darüber verfügen.

Also musste das Problem an anderer Stelle liegen.

Ich will, dass er mich ansieht, mich umarmt und niemanden sonst!

„Ach verdammt, Ruhe!“, fluchte ich und schlug mit der Faust auf die Laken. Ich versuchte hier ernsthaft ein Problem zu lösen! Da konnte ich solche Aufmerksamkeit heischenden Gedanken wirklich nicht gebrauchen!

Ich versuchte ernsthaft es mir einzureden, mich selbst davon zu überzeugen, aber es war zwecklos. Denn es waren Gedanken wie diese, Gefühle wie diese, die mich am Ende zu einer Entscheidung führen würden.

Eine Weile lag ich einfach still da, die Augen geschlossen, die Muskeln entspannt.

Als ich sie schließlich wieder öffnete, war mein Blick voll Besorgnis und Zweifel auf einen fernen Punkt, weit jenseits dieses Raumes gerichtet.

Läuft es denn wirklich darauf hinaus?, fragte ich und obwohl mir niemand antwortete, hatte ich das Gefühl auf der Bühne eines vollbesetzten Konzertsaales zu stehen, während das Publikum zustimmend nickte.

Steels Worte kamen mir wieder in den Sinn. Seine Warnung, dass ich mich nicht zu sehr auf Noël einlassen sollte, weil man nicht wissen könne, was er denke und tue. Er hatte es damals weit weniger freundlich ausgedrückt, doch ich weigerte mich, den jungen Erschaffenen in einem Satz mit Ungeziefer zu nennen. Denn was auch immer Noël war, das war er nicht.

Blieb dennoch die Frage, ob ich es zulassen konnte, dass er sich nicht nur in meinem Haus, sondern auch in meinem Herzen häuslich einrichtete.

Du zerdenkst immer alles, tadelte mich Anoha und ich gab ihm recht. Kaum war ich ein paar Stunden allein, schon dachte ich wieder zu viel, zu weit und zu schnell.

Also, was jetzt?, fragte ich mich und beschloss, zunächst erst einmal die wesentlichen Fragen zu klären.

Will ich Noël bei mir behalten?

Ja, kam die rasche und meiner Meinung nach etwas zu entschlossene Antwort.

Vorerst, ergänzte ich.

Wann werde ich mit ihm über die Dinge reden, die mich beschäftigen?

Sobald ich wieder ruhiger bin und er satt ist.

Wann?, wiederholte die Stimme der Vernunft ungeduldig.

Morgen.

Es hätte noch einige andere Fragen gegeben, die zu klären mir wichtig war – zum Beispiel was ich zu tun gedachte, wenn Noël nicht bereit war mir zuzuhören oder meine Wünsche zu respektieren –, doch ein anderer Gedanke verlangte hartnäckig nach Beachtung.

Wenn er satt ist...

Ich setzte mich auf. War ich wirklich so weit gegangen, Noël das für ihn lebenswichtige Blut vorzuenthalten? Hatte ich ihn aus lauter Wut und Enttäuschung wirklich weggeschickt?

Nicht zu fassen, dachte ich und wiederholte gedanklich das Wort, mit dem Noël mich erst kürzlich betitelt hatte. Idiot.

Wenn ich ihn wegen einer solchen Lappalie – denn im Vergleich zu der Bedeutung, die mein Blut für ihn hatte war es eine Lappalie – hungern ließ, dann war ich keinen Deut besser als Meister Urag es gewesen war.

Entschlossen stand ich auf, doch ein leises Klopfen an der Tür ließ mich innehalten. Ich warf einen raschen Blick auf die Uhr – es war fast Mittag. Wer um alles in der Welt hoffte mich um diese Zeit noch wach anzutreffen? Ich sah wieder zur Tür, als erwartete ich von ihr eine Erklärung und hätte einen Moment später über meine Begriffsstutzigkeit lachen mögen. Es gab nur eine Person, die an diesem Tag hoffen durfte, mich noch in wachem Zustand anzutreffen. Nur eine Person, die leise und zögernd an meine Tür klopfen würde. Nur eine einzige Person, deren Anwesenheit ich bereits so gewohnt war, dass ihr Erscheinen in meinem Haus keine wachsame Aufmerksamkeit auslöste.

„Herein“, sagt ich und sah, wie ein schmaler Streifen Licht ins Zimmer fiel, als die Tür leise, fast schon zaghaft geöffnet wurde.

Da stand er. Reglos, den Kopf gesenkt, als fürchtete er noch immer meinen Zorn oder mehr noch meine Zurückweisung. Und anders als zuvor, hob er nicht einmal mehr den Blick. Doch die Anzeichen seines Hungers waren stärker geworden und ich fragte mich, wie quälend er bereits sein musste, wenn er es über sich brachte, mich in meinen Gemächern aufzusuchen. Und mehr noch – in meinem Schlafzimmer. Einem Ort, den er stets sorgfältig gemieden hatte.

Empfand er es als demütigend?, fragte ich mich plötzlich, doch der Blick in seine Augen, der mir Aufschluss darüber hätte geben können, blieb mir verwehrt.

Kränkte es ihn, zu mir zu kommen und um mein Blut zu bitten?

Er war so weit gegangen mich hier aufzusuchen und wagte es doch nicht einmal mich anzusehen, auch nur einen Fuß über die Schwelle zu setzen.

Was fürchtest du?, fragte ich ihn stumm und mir fiel darauf nur eine einzige sinnvolle Antwort ein.

Abhängigkeit. Das Wissen, ein Leben lang von anderen abhängig und schutzlos all ihren Launen ausgesetzt zu sein. Urag hatte ihn gezeichnet und er fürchtete sich davor, jemand anderem diese Macht über sich zu geben. Und das war etwas, das ich sehr gut verstehen konnte.

„Komm herein“, sagte ich ruhig, doch er hob nicht einmal den Kopf.

Ich konnte seine Anspannung fühlen, als er langsam und zögernd eintrat und leise die Tür hinter sich schloss.

Stille. Wir hätten nur den Atem anhalten müssen und sie wäre perfekt gewesen.

Er rührte sich nicht. Stand da wie in Stein gemeißelt und nur das leise Zittern seines Körpers verriet, dass er lebendig war.

Er kann nicht darum bitten, schoss es mir plötzlich durch den Kopf und im Geiste verglich ich den temperamentvollen jungen Mann, als den ich ihn kennengelernt hatte, mit demjenigen, der jetzt vor mir stand. Und mit einem Mal erschien es mir vollkommen logisch, dass er nicht nach dem fragen konnte, weshalb er gekommen war. Denn es stand im absoluten Kontrast zu allem, was er war. Er konnte mich nicht darum bitten, ohne all das aufzugeben und sei es auch nur für diesen Moment.

Und noch etwas anderes machte es ihm vollkommen unmöglich es auszusprechen. Er hatte es nie gelernt. Meister Urag war niemand gewesen, den man um etwas bat. Er forderte, befahl, gewährte oder verwehrte, aber immer war es der Meister, der über alles entschied. Die Grabesstille.

Als ich den Arm hob, zuckte er merklich zusammen. Die feinen Härchen in seinem Nacken richteten sich auf und eine Gänsehaut überzog seine Arme.

Was fürchtest du?, wiederholte ich still und nachdenklich, laut sagte ich: „Hier“, und streckte ihm mein Handgelenk entgegen.

Und zum ersten Mal, seit er diese Tür geöffnet und den Raum betreten hatte, hob er den Kopf und sah mich mit einem Ausdruck ängstlicher Verwirrung an. Noch immer rührte er sich nicht, offenbar unsicher, ob er mich richtig verstand, dem was er hörte Glauben schenken durfte.

„Ist schon gut“, sagte ich sanft und ließ mich erneut auf dem Bett nieder. „Komm her. Es ist in Ordnung.“

Ich bemerkte, dass ich mit ihm wie mit einem Kind sprach, doch schien es diesmal eine positive Wirkung auf ihn zu haben. Er löste sich aus seiner Starre und trat vorsichtig näher. Er schien mir noch immer nicht zu trauen, denn sein Blick wanderte rastlos zwischen dem meinen und meiner ausgestreckten Hand hin und her. Dann kniete er plötzlich nieder, umfasste meine Hand und fuhr begierig mit der Zunge über das Handgelenk.

Er hatte mich überrascht, doch ich merkte kaum wie er zubiss und als ich das leise, saugende Geräusch vernahm, entspannte ich mich wieder. Trotz seines Hungers war er erstaunlich sanft und schien sich auch nicht daran zu stören, dass ich ihn aufmerksam beobachtete.

Als sich unsere Blicke jedoch begegneten, musste ich den meinen abwenden. Es mochte an dem Gespräch mit Anoha liegen, jedenfalls beflügelte der Ausdruck in seinen Augen allzu sehr meine Fantasie.

Also widmete ich meine Aufmerksamkeit den Kissen zu meiner Rechten, sah jedoch erneut auf, als das leise Trinkgeräusch plötzlich verstummte.

Der Blick seiner schönen blauen Augen war atemberaubend und ich wagte nicht einmal den Versuch ihren Ausdruck zu deuten.

Er hatte die Wunde an meinem Handgelenk bereits wieder geschlossen, doch auf seinen Lippen lag noch der feuchte Glanz des Blutes.

Was..., ich kam nicht einmal dazu diesen einfachen Gedanken zu Ende zu führen, da war er auch schon an meiner Seite. Ich sah das hungrige Leuchten in seinen Augen und wich unwillkürlich zurück. Nur ein wenig, ein paar Zentimeter, damit das Gefühl seines Atems auf meiner Haut verschwand.

Eine Weile sah er mich einfach nur an. Dann streckte er die Hand nach mir aus und schob in einer beinahe zärtlich anmutenden Geste den Kragen meines Hemdes zurück. So weit, bis Hals und Schlüsselbein frei lagen.

Doch er trank nicht. Er saß einfach nur da und sah mich an. Er war mir so nah, dass ich jede Feinheit seines Gesichts, ja selbst jede noch so feine Schattierung seiner Iris ausmachen konnte. Und ich fühlte die gleiche Faszination, wie ich sie im Moment unserer ersten Begegnung empfunden hatte.

Ich hätte ihn berühren können. Sein Haar, dessen ungewöhnliche Färbung anders als damals nicht von einem Blutschleier bedeckt war. Sein Gesicht, dem noch immer jene Lebhaftigkeit innewohnte, die nur Menschen eigen war. Seine Schultern, die mir mit einem Mal schmaler vorkamen, als ich sie in Erinnerung hatte.

Jede einzelne Faser seines Körpers war in so greifbarer Nähe, dass ich nur die Hand hätte ausstrecken müssen, um sie zu berühren.

„Bist du nicht hungrig?“, fragte ich stattdessen und als Antwort strich er mit den Fingerspitzen über meinen Hals.

Was geht jetzt in dir vor?, fragte ich stumm, wenngleich ich mir diese Frage ebenso gut selbst hätte stellen können.

Plötzlich schmiegte er sich an mich und ich musste mich zwingen ruhig weiter zu atmen.

„Jedenfalls ist er dann jedes Mal völlig entkräftet und sehr anschmiegsam“, hörte ich Anoha in meiner Erinnerung sagen und konnte nicht glauben, dass ausgerechnet Letzteres nun auch auf Noël zutreffen sollte.

Er war nie schüchtern gewesen, was sein Trinkverhalten anging, aber jetzt gerade strich er wie eine Katze um mich herum, bis er aus meinem Blickfeld verschwunden war.

Nur einen Moment später spürte ich seinen Atem in meinem Nacken, dann fühlte ich seine Umarmung.

„Es wäre mir lieber, wenn ich dich dabei sehen könnte“, bemerkte ich, während ich versuchte, die Gefühle einzuordnen, die die ungewohnt sanfte Berührung in mir auslöste.

Er antwortete mir nicht und ließ stattdessen seine Zunge über meinen Hals gleiten.

Es war ein eigenartiges und auf irritierende Weise erregendes Gefühl. Gerade weil ich nicht sehen konnte, was er als nächstes tun würde.

Reiß dich zusammen, schalt ich mich und versuchte mich zu entspannen.

Zu allem Überfluss erschien gerade jetzt Anohas Gesicht vor meinem inneren Auge und hörte ich ihn erneut interessiert fragen: „Wie ist das bei euch?“

Im selben Moment fühlte ich einen kurzen, scharfen Schmerz und vernahm wenig später das vertraute Geräusch, das sein Kehlkopf bei jedem neuen Schluck Blut erzeugte. Er trank wie ein Neugeborenes. Hungrig, an mich geschmiegt, doch ohne jede Form von Gewalt oder Aggressivität.

Ruhig und gleichmäßig sog er mein Blut in sich auf und konnte ich an der Art seiner Umarmung spüren, wie es ihm neue Kraft verlieh.

Einen Moment lang zögerte ich. Überlegte, ob ich es wagen sollte, dann legte ich den Kopf in den Nacken und lehnte mich an ihn.

Es schien ihn nicht zu stören, ihm Gegenteil. Er fand offenbar Gefallen daran, dass ich es war, der sich ihm auslieferte – und nicht umgekehrt.

Es war ein überraschend angenehmes Gefühl, so nah bei ihm zu sein und ich genoss die sanfte Stärke, die von ihm ausging.

Ich würde schon bald wieder auf die Jagd gehen müssen, kam es mir in den Sinn, doch ich schob den Gedanken beiseite und schloss entspannt die Augen.

Die Raumtemperatur hatte sich verändert, die Sonne musste bereits hoch am Himmel stehen und endlich senkte sich die vertraute Müdigkeit über mein Bewusstsein.

Ich berührte Noël am Arm, um ihm zu bedeuten, dass es für heute genug war. Doch er umarmte mich nur noch fester und grub seine Zähne noch tiefer in meinen Hals.

Ich seufzte leise und lächelte. Für einen jungen Vampir hatte er wahrlich einen gesunden Appetit.

Mir kam der Gedanke, dass es im Grunde ziemlich unvernünftig war, sich so in die Hände eines Mannes zu begeben, der erst ein paar Monate zuvor seinen Meister getötet hatte.

Ich unterdrückte ein Gähnen und augenblicklich kam mir der Gedanke unsinnig vor. Wenn ich ernsthaft Sorge gehabt hätte, dass er mir in dieser Weise gefährlich werden könnte, dann hätte ich ihn nie in mein Haus gelassen.

Es vergingen weitere, von schlafähnlichen Episoden durchsetzte Minuten, doch schließlich schien Noëls Hunger gestillt zu sein. Sorgsam verschloss er die Wunde und achtete darauf, dass ich wieder aufrecht und aus eigener Kraft saß, bevor er sich von mir löste.

Ich wandte mich halb zu ihm um und sah den Ausdruck tiefster Zufriedenheit in seinen Augen. Ein letzter Funke des Verlangens glomm noch darin, doch nur einen Moment später hatte die Müdigkeit ihn ausgelöscht. Er gähnte, streckte sich genüsslich und rollte sich dann neben mir zusammen. Noch einmal sah er zu mir auf und umspielte ein zufriedenes Lächeln seine Lippen, dann schloss er die Augen und war binnen weniger Minuten eingeschlafen.

Obwohl ich erstaunt war über sein plötzlich Vertrauen, musste ich unwillkürlich lächeln. Eigentlich hätte mein Blut ihn mehr als nur wach machen sollen, aber justament fiel mir ein, dass sich wohl ein nicht zu vernachlässigender Anteil an Alkohol darin befunden haben musste. Andernfalls wäre ihm zumindest sicher noch aufgefallen, dass er sich nach wie vor in meinem Schlafzimmer befand.

Ich betrachtete ihn eine Weile, bis ich wirklich sicher sein konnte, dass er tief und fest schlief. Dann streckte ich zögernd die Hand nach ihm aus und strich ihm durch das schöne blonde Haar. Er gab ein leises Schnauben von sich, das ich in diesem Moment jedoch unglaublich liebenswert fand.

Ich hätte ihn ewig so betrachten können, doch die Müdigkeit siegte.

Vielleicht sollte ich noch ein wenig Wein trinken, überlegte ich und sah erneut auf Noël herab. Es konnte sicher nicht schaden, dem jungen Erschaffenen ausgeruht und gestärkt zu begegnen. Andererseits, dachte ich und gähnte, würde er mich schon nicht auffressen.

Dieser Gedanke war irgendwie tröstlich.

Ich stand auf, deckte Noël vorsichtig zu und machte es mir dann, vollständig bekleidet, auf der anderen Hälfte des Bettes bequem.
 

Kapitel 16 - Ende



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Ling_LingChan
2012-05-28T20:02:10+00:00 28.05.2012 22:02
Ah... die ff ist toll. Ich frage mich, wann die beiden endlich zusammen kommen.
Das mit füttern ist ja schon mal ein Anfang ^.^.
Schreib schnell weiter.

Lg. LingLing
Von: abgemeldet
2012-03-19T12:58:12+00:00 19.03.2012 13:58
*denk*
*denk*
*denk*
....
Gut, dass er noch was anderes kann ._.
zum Beispiel Noel füttern ^-^
Ihr sollt Kuscheln! ><
Ich will das OoO


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