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Blood Painted

von

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Ball Bearing

Wahrscheinlich ging ich dem armen Jungen gewaltig auf die Nerven, so, wie ich ihn die ganze Zeit anstarrte, aber es fiel mir schwer, den Blick für mehr als ein paar Sekunden von Sasuke abzuwenden; Es war so seltsam, ungewohnt und vertraut zugleich, machte mich glücklich und beängstigte mich zur selben Zeit, ihn, unverletzt und ohne Fesseln, neben mir herlaufen zu sehen und ich musste ihn einfach ansehen, um mich davon zu überzeugen, dass ich es mir nicht einbildete.

Mein bester Freund lief wirklich durch Konoha, er war jetzt kein Kind mehr, genauso wenig wie ich, und hatte viel erlebt, aber wir waren beide am Leben und hier... Zusammen mit Sakura und Sai, die darauf bestanden hatten, uns beim Packen zu helfen.

Das Mädchen schien die Stimmung von uns Jungs nicht zu bemerken, denn sie plapperte, seit wir vor wenigen Minuten das Krankenhaus verlassen hatten, munter vor sich hin. Mir war aber nicht entgangen, dass Sai Sasuke ebenfalls beobachtete und es gefiel mir nicht besonders. Bisher hatte er zwar noch keine Bemerkungen gemacht – Was vielleicht an meiner und Sakuras recht eindringlicher Bitte diesbezüglich lag – Aber ich konnte genau die Kritik in seinen beherrschten Augen sehen und ich wollte nicht, dass er dem Uchiha ein schlechtes Gewissen einredete, es stand ihm nämlich nicht zu, darüber zu urteilen.

Sowieso war es ein recht seltsames Bild, das wir abgaben; Da war wie gesagt zum einen Sai, der Größte unserer Gruppe, der rechts neben Sakura her lief. Er war von Natur aus größer als Sasuke, aber seine selbstsichere, lässige Haltung verlieh ihm im Gegensatz zu meinem etwas gebeugt und schlurfend laufenden besten Freund fast schon eine unverschämt große Wirkung. Zudem wirkte er gesund und kräftig, das genaue Gegenteil zu dem von der langen Krankheit ausgemergelten Körper Sasukes. Neben Sai das Mädchen, die Kleinste von uns, wir überragten sie alle um einen Kopf. Sie war zierlich aber trainiert und ihr federnder Schritt spiegelte deutlich ihre gute Laune wieder; Sie freute sich so sehr wie ich, den alten Teamkameraden wieder um sich zu haben.

Und dann war da noch er, er, der einmal so schön gewesen war, dass es in den Augen weh getan hatte und dessen Gesicht jetzt über die Maßen gealtert war. Sasukes Haut war nicht mehr nur blass, sie war fahl und leicht grünlich vom schlechten Licht und dem langen Krankenhausaufenthalt. Er war dünn, weil er so beharrlich das Essen verweigert hatte, seine Haltung drückte perfekt seinen gebrochenen Geist aus und er schlurfte, nichts mehr war von der Anmut, der Bestimmtheit und der Leichtigkeit, mit der er sich früher bewegt hatte, zu sehen. Sein Gesichtsausdruck war nicht mehr verschlossen wie früher, weil es nichts mehr hinter seinen schwarzen Augen gab, dass er hätte verbergen müssen. Er war leer, die alte Umgebung, in der er sich gerade umsah, berührte ihn nicht...

Aber ich war fest entschlossen, mir meinen besten Freund zurück zu holen, egal, wo dieses Ding, das seinen Körper übernommen hatte, ihn eingesperrt haben mochte.

Meine Wohnung war noch chaotischer als sonst, da ich die halbe letzte Nacht, als ich nicht schlafen konnte, damit zugebracht hatte, mit dem Packen anzufangen. Irgendwie war ich aber, sobald ich alles aus den Schränken gezerrt und auf dem Boden, dem Tisch und auf dem Bett verteilt hatte, doch eingeschlafen und erst wieder aufgewacht, als ich mich schon auf den Weg zum Krankenhaus hatte machen müssen, so dass jetzt alles herum lag.

Sakura schnaubte. „Das sieht dir ja mal wieder ähnlich! Schämst du dich gar nicht, Freunden die dir helfen wollen so eine Unordnung vorzusetzen?“

„A-aber ich hab doch angefangen aufzuräumen!“ klagte ich, vor ihrer Kopfnuss zurück weichend und dabei über einen Haufen Handtücher stolpernd.

„Das sehe ich.“ seufzte das Mädchen, während sie sich ein dunkelrotes Band um die Haare knotete, damit ihr der Pony nicht ins Gesicht fiel. Sie sah, unbestreitbar, sogar in ihrer Arbeitskleidung, bestehend aus alten, knallengen Jeans und einem zu weiten Shirt, hübsch aus – Und natürlich übernahm sie prompt die Zügel bei der Aufräumaktion. Sai wurde damit beauftragt, mein Geschirr in alte Zeitungen zu wickeln und es in einen mit Handtüchern ausgestopften Karton zu packen, meine Aufgabe war es, das Badezimmer aufzuräumen, wobei Sasuke mir schweigsame Gesellschaft leistete. Sakura machte sich währenddessen mit einem riesigen Korb auf den Weg zu einem Waschsalon, um meine alten Klamotten säubern zu lassen.

„Und wehe, ihr schlagt euch die Köpfe ein, während ich weg bin!“ ermahnte sie uns, bevor sie die Tür hinter sich zuzog. Sai und ich warfen uns grinsend Blicke zu, während Sasuke scheinbar die Komik der Situation entging und er, bewaffnet mit einem Umzugskarton, durch die Küche ins Bad schlurfte. Ich folgte ihm und die nächste halbe Stunde räumten wir, begleitet von den sanften Klängen der Lieblings-Metallband eines anderen Mieters, friedlich auf... Ok, unsere Definition von friedlich bestand darin, uns mit Blumenerde Kriegsbemalung ins Gesicht zu klatschen und mit Luftgitarren durch die Wohnung zu springen – Ich geb´s ja zu, das war meine glorreiche Idee, aber Sai machte nur zu gerne mit! Jedenfalls war die Wohnung, als Sakura schließlich wieder kam, kaum ordentlicher als vor ihrem Weggehen, was uns eine ordentliche Predigt einbrachte, von der sie auch Sasuke nicht ausschloss, obwohl der nichts gemacht hatte außer aus dem Fenster zu starren.

Unter der Fachfraulichen Leitung der Kunnoichi ging es aber schließlich gut voran mit unserem Umzug, am Abend erkannte ich meine Wohnung kaum wieder, so ordentlich war sie. Es standen mehrere Kisten mit Aufschriften wie ´Wäsche`, ´Geschirr`, ´Bücher` (Das war ein recht kleiner Karton.) und ´Arbeit` herum, als draußen die Sonne unterging. Am nächsten Tag würden wir die Möbel abmontieren und groß reine machen, dann wären wir auch schon fertig. Kein Wunder, in so einer Junggesellenbude gab es nicht viel zum einräumen. Ich warf Sasuke zu, der gerade auf dem abgezogenen Bett saß und eine Teetasse von Sakura entgegen nahm, die ihn freundlich anlächelte. In der neuen Wohnung war schon ein Zimmer für ihn eingerichtet, recht sporadisch mit einem kleinen Schrank, einem Tisch und einem Bett, aber immerhin. Sein Fenster bestand aus Panzerglas und war genauso gut gesichert wie eine Zelle im Gefängnis, was mich ziemlich beunruhigte, doch ich sah ein, dass es nötig war. So sehr ich ihn auch liebte, aber man musste das Dorf vor ihm beschützen, wenn er sich doch mal in den Kopf setzen sollte, Konoha zu verlassen; Ich war mir nämlich sicher, dass er dabei nicht zurück schrecken würde, über Leichen zu gehen.

„Bringen wir die ganzen Sachen heute noch rüber?“ erkundigte Sakura sich, als sie sich neben Sasuke niedergelassen hatte. Sai lehnte an einem leer geräumten Schrank, ich hatte es mir am Esstisch bequem gemacht und zuckte jetzt die Schultern.

„Wenn ihr nichts dagegen habt... Wir können dann auch gleich Essen gehen, ich hab einen Riesenhunger!“

„Dein Magen hat anscheinend ja auch etwa die Größe eines Elefantenbullen.“ gab Sai zu bedenken und ganz plötzlich steckte ein Kunai zwei Zentimeter neben seinem Ohr in meinem Schrank.

„Reiß dich mal zusammen!“ meckerte ich mit blitzenden Augen, doch sein gelassenes Lächeln geriet nicht mal eine Sekunde lang ins Wanken. Schade eigentlich dass er wusste, dass Sakura mich umbringen würde, wenn ich jetzt eine Schlägerei anfinge.

„Jungs, bitte! Ihr werdet es wohl die eine Nacht aushalten, in einer Wohnung zu schlafen, oder?“ seufzte das Mädchen, während sie sich erhob und sich eine Kiste schnappte, bei deren bloßen Anblick sich eine andere Frau das Kreuz gebrochen hätte. „Wir gehen Ramen essen, ja? Naruto lädt uns ein, wo wir ihm schon so nett geholfen haben.“

Mit dieser Lösung waren alle halbwegs zufrieden, sodass wir uns gemeinsam auf den Weg machten; Sasuke hatte ich nur einen kleinen Karton gegeben, den er jetzt mit stoischer Miene und schweigend durch die Straßen trug. Es war bereits dunkel, eine der ekligsten Seiten des Winters, aber die Straße, in der unsere Wohnung lag, war hell erleuchtet und auf dem Weg dort hin begegneten uns drei Patrouillen, die uns misstrauisch beäugten, dann aber weiter winkten. Das Haus war gepflegt, aber die Treppe recht steil und wegen unseres Gepäcks schwer zu bezwingen, etwas anderes blieb uns allerdings nicht übrig, da es keinen Aufzug gab. Im dritten Stock gab es nur die eine Wohnung, deren Tür ich jetzt, leicht außer Atem wie ich war, aufsperrte. Die anderen folgten mir in den noch leeren Flur; Ich würde mir im Laufe der Zeit noch ein paar Möbel dazu kaufen müssen. Als ich mich umdrehte, um etwas zu sagen, blieben mir die Worte im Halse stecken, sobald ich Sasuke sah. Er keuchte, als hätte er gerade an einem Triathlon teilgenommen, er war bleich wie ein Gespenst und seine Haut glänzte vor Schweiß. Ich stürzte zu ihm und spürte, dass er zitterte, während ich ihn ins Wohnzimmer und dort zu einer Eckbank zog, auf die er sich kraftlos fallen ließ.

„Was hat er denn?“ fragte ich besorgt, noch immer sein Bein umklammernd, während Sakura Sasukes Puls fühlte und ihm etwas zu trinken gab, in das sie ein weißes Pulver gemischt hat.

„Wir haben vergessen, ihm seine Medizin zu geben. Außerdem war der Marsch hierher gerade glaube ich zu viel für ihn. Wir sollten ihn etwas ausruhen lassen, dann muss er zurück ins Krankenhaus.“

„Willst du dich hinlegen? Dein Bett ist ja schon hier.“ bot ich an, doch der geschwächte junge Mann starrte durch mich hindurch. Sein Atem kam pfeifend und schwerfällig und machte mir Angst, doch Sakura schien nicht allzu beunruhigt, jetzt, wo er das Pulver bekommen und noch drei weitere Tabletten geschluckt hatte, also konnte es nicht zu gravierend sein. Oder...?

„Ist schon gut.“ Das Mädchen berührte zärtlich meine Wange und lächelte mich an. „Ich bleib bei ihm, räumt ihr schon mal die Kisten aus... Du kannst ja was zu Essen hierher bestellen, oder?“

Zögerlich nickend erhob ich mich und ging, um Pizza zu bestellen; Das stand zwar nicht auf Sasukes Speiseplan, aber hey, etwas mehr Fett könnte dem dürren Hund nicht schaden, oder? Eine Weile noch warf ich immer wieder besorgte Blicke ins Wohnzimmer, doch Sakura unterhielt sich ganz ruhig mit Sasuke, der mit leiser Stimme antwortete und es kam mir nicht vor, als würde er im nächsten Moment von der Stange kippen, also beruhigte ich mich nach und nach wieder.

Es geht ihm gut.

Er wird nicht sterben, wenn du ihn fünf Minuten nicht ansiehst.

Es fiel mir schwer, das zu glauben, was ich mir da einzureden versuchte und die scheinbare Normalität, mit der ich dem Pizzaboten öffnete, ihn bezahlte und mit den Schachteln zurück zu den anderen ging, hatte etwas Unglaubliches an sich. Wie konnte es nur sein, dass wir hier sitzen und zu Abend essen konnten wie normale Teenager während da draußen Menschen starben, obwohl wir etwas dagegen tun könnten? Wie konnte einer von uns, der ein Mal stärker gewesen war als Sakura und ich zusammen jetzt so schwach sein, dass ihn der Transport eines kleinen Kartons voller Dosenbohnen und –Mais überforderte? Und wie konnte mir Sai vertrauter sein als mein bester Freund?

Ohne besonderen Appetit starrte ich auf mein Pizzastück und blickte erst auf, als ich bemerkte, dass sich die Hände in meinem Sichtfeld auch nicht bewegten. Sasuke beobachtete mich und ich zwang mich zu einem Lächeln.

„Was ist, hast du keinen Hunger?“ fragte ich gut gelaunt.

„Nein.“

„Oh... Was möchtest du denn dann essen?“ gab ich betroffen zurück. Ich hätte ihn fragen müssen, wie dumm von mir...

„Eigentlich gar nichts – Aber mir bleibt wohl nichts anderes übrig. Nur... Starr doch bitte dein Essen nicht an als würdest du es am liebsten weg schmeißen, das macht es nicht unbedingt einfacher.“

„... Weißt du, dass das grade so ziemlich der längste Satz war, den du gesagt hast, seit du hier bist?“ gab ich zurück und dieses Mal war mein Grinsen echt.

Er stutze, seufzte dann aber nur und aß brav seine Pizza weiter. Plötzlich wieder gut gelaunt machte ich mich über mein Essen her, wohl die skeptischen Blicke bemerken, die Sai und Sakura austauschten. Sollten sie nur gucken, ich würde das hinbekommen! Ich würde Sasuke besser wieder hinbekommen, als er vorher gewesen war, ganz bestimmt...

Sofern er nicht gedachte, sich umzubringen, noch ehe ich die Möglichkeit dazu hatte, ihm zu helfen.
 

„Hast du was gefunden, Sakura-chan?“

Das Mädchen, beladen mit einem ganzen Arm voller Bücher, auf denen groß der Buchstabe ´K` zu lesen war, zuckte die Schultern. „Die waren ganz oben links im Regal für ´L`, frag mich nicht, wie die da hinkommen.“

„Also, mich kannst du gerne fragen, Schnecke; Das liegt an dem schier unglaublichen Ordnungssinn deiner Kollegen.“

Der kühle Blick, den Sakura dem Sprecher zuwarf, schien diesem gar nicht aufzufallen. Er war vielleicht Anfang zwanzig, trug graue Hosen und ein Hemd mit brauner Weste darüber, hatte offensichtlich zu viel Gel in die blonden Haare bekommen und schien sehr von sich überzeugt; Alles in allem kein sehr durchschnittlicher Bibliothekar, aber er war ja auch noch in der Ausbildung. Sein Name war Seishiro Hajashi und seine Chefin, eine biedere, ältliche Dame ganz in grau, die ihrem Berufsstand mehr ins Klischee half, hatte ihn uns zur Verfügung gestellt. Jetzt half uns Seishiro dabei, die Akten mit dem Buchstaben ´K` nach Fräulein Tsubaki Kumura zu durchsuchen, was gar nicht so einfach war, da das Registeramt, in dem die Daten über sämtliche Shinobi eingetragen waren, ein riesiges Gebäude füllte und ohne sichtbare Ordnung einfach alles enthielt, angefangen bei den Geburtsdaten, Namen, Adressen, absolvierte Missionen – Plus wann und mit wem sie stattgefunden hatten, ob sie erfolgreich gewesen waren, der Auftraggeber mit Notizen zu diesem, eventuelle Kämpfe und Personen, mit denen umgegangen wurde – Familiärer Status, Kekkei Genkai bis hin zu sämtlichen Angaben zum Ausbildungsgrad. Es war ein riesiges Chaos, das noch nicht mal alphabetisch sortiert war, sodass wir, das heißt, Shikamaru, Sakura, Sai, ich und eben dieser Seishiro, schon seit Stunden damit zugange waren, alles zu durchsuchen. Beziehungsweise war der Junge viel mehr seit Stunden damit beschäftigt, an Sakura herum zu graben, was mir allmählich auf die Nerven ging. Kapierte der endlich mal, dass sie kein Interesse hatte oder musste ihm das wirklich jemand so deutlich sagen?!

„Und es wäre dein Job, dem unglaublichen Ordnungssinn entgegen zu wirken, nicht wahr?“ fragte die Kunnoichi spitz, die gerade ihre Lektüre vor sich auf den Tisch knallte und anfing, sie durchzublättern. „Warum habt ihr eigentlich keine Computer? Das wäre doch viel übersichtlicher.“

Seishiro zuckte die Schultern. „Die Hokage hat das schon lange bewilligt, aber die Chefin steht auf Tradition und so. Neumodischer Kram ist nix für sie, verstehste?“ Der Bibliothekar lehnte lässig auf ihrem Tisch und grinste sie an – Genau so lange, bis ich zufällig vorbei kam und ihn anrempelte, als ich auf dem engen Gang an ihm vorbei ging.

„Alter!“ meckerte er, nahm aber meine Hand, mit der ich ihn wieder auf die Beine zog. „Was soll der Scheiß?“

„Sorry, Alter.“ äffte ich ihn spöttisch nach, bevor ich ihn dicht zu mir zog und ihm direkt in die Augen sah. „Aber ich mag´s nicht wenn man meine Freundin angafft.“

„Woah, tut mir leid, das wusst ich nich, Mann!“ entschuldigte er sich hastig und wich etwas zurück, um sich seinen Büchern zu widmen.

Ich lächelte und setzte mich neben Sakura, die mir ziemlich fest auf den Fuß trat, mich dabei aber ziemlich amüsiert ansah. „Deine Freundin, ja? Da ist mir wohl was entgangen.“ zischte sie leise.

„Besser als dir weiter von dem auf die Brüste starren zu lassen, oder?“ grinste ich zurück und sie gab seufzend auf. Eine Weile schwiegen wir, aber dann wurde es mir zu langweilig und ich blätterte die Seiten um, ohne sie wirklich zu lesen. Meine Gedanken schweiften ab, erst zu Hinata, die gerade auf einer Mission mit Kiba und Shino war, von der sie wohl morgen oder übermorgen zurück kommen würde, dann zu Sasuke, den ich gestern alleine zurück ins Krankenhaus gebracht hatte.

Er hatte keinen Hehl daraus gemacht, dass es ihm egal war, wo in Konoha er eingesperrt war, im Krankenhaus oder bei mir und auf meinen Einwand, ich würde ihn nicht einsperren, hatte er nur geschnaubt.

„Das zu entscheiden steht nicht in deiner Macht.“ hatte er gesagt und dann geschwiegen.

Leider hatte ich ihm nicht widersprechen können, denn ich musste in diesem Fall auf Tsunade hören, sonst würde sie ihn mir wegnehmen und womöglich einsperren, wenn sie ihn nicht gleich exekutieren würde, was vielen Dorfbewohnern das Liebste gewesen wäre. Aber zumindest wäre er nicht mehr in einem einzelnen, düsteren Zimmer eingesperrt wie die letzten zwei Monate und mit mir zusammen könnte er auch mal raus. Sakura hatte sich, wie vorauszusehen gewesen war, auch angeboten, ab und zu auf ihn aufzupassen, wir würden das also schon hinbekommen, hoffte ich...

„Ich glaube, ich hab was.“

Sais Stimme riss mich aus meiner Dösigkeit und ich setzte mich blinzelnd auf. Sakura hatte bemerkt, dass ich eingeschlafen war, und warf mir einen finsteren Blick zu, eilte dann aber nur an mir vorbei zu den beiden anderen Jungen, um einen Blick über die Schulter unseres Teamkollegen zu werden. Verschlafen tapste ich ihr hinterher, aber es dauerte etwas, bis ich in dem ernst dreinblickenden Gesicht auf dem Foto die Tote aus dem Autopsielabor erkannte. Sie sah jünger aus, vielleicht so alt wie wir jetzt waren, trotzdem lag in ihren grünen Augen ein verschlossener, distanzierter Ausdruck, soweit man das erkennen konnte. Eine typische Schönheitskönigin war sie nicht, aber sie strahlte ein Selbstbewusstsein aus, das manche durchaus anziehend finden mochten. Über ihrem Kopf stand groß der Name ´Tsubaki Kumura`, die nächsten Seiten machten genaue Angaben über ihren Lebenslauf und dann kamen wir zu ihren berufsspezifischen Angaben. Wir überblätterten die Seite auf der es stand ein paar Mal, aber dann fand Seishiro tatsächlich die kleine Zeile in der ´Vertrauter Geist` stand.

„Vertrauter Geist: Name: Ruki. Rasse: Silberluchs. Geschlecht: Weiblich.“ las Sakura vor.

„Also doch kein Puma.“ grinste ich Shikamaru an, der nur die Schultern zuckte.

„Nein, aber trotzdem eine scheue Kleinkatze... Und wie wollt ihr die Dame jetzt finden?“

Ratlos sahen wir uns an. Einen Luchs in den Bergen zu suchen wäre ungefähr wie die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen: Sie konnte überall sein. So viel Zeit hatten wir nicht zur Verfügung – Aber es fiel mir schwer, unsere einzige Spur einfach so aufzugeben.

„Es gibt auch Verzeichnisse für die Jagdgebiete der Raubtiere.“ warf unser kleines Helferlein mit einem schnellen Blick auf Sakura ein, doch damit entlockte er keinem von uns ein begeistertes Gesicht. Noch mehr Suchen? Nein, danke, darauf konnten wir verzichten! Ganz davon abgesehen, dass ich eigentlich noch meine Wohnung zu Ende ausräumen musste und die letzten Formalitäten mit dem Krankenhaus abklären wollte.

„Ah... Also ich hab heut noch was Besseres zu tun.“ meinte Shikamaru, der sich erhoben hatte. „Habt ihr wenigstens dafür ne Ordnung?“

Der Junge zuckte die Schultern. „Da häng ich nicht so oft rum, aber die Abteilung an sich ist wesentlich kleiner. Kommt mal mit.“ Er schnappte sich das Buch, steckte einen Finger in die aufgeschlagene Seite und lief uns voraus durch die Reihen von Tischen, an denen vereinzelt Menschen saßen, die uns neugierige Blicke zuwarfen, als wir vorbei kamen. Wir schlugen uns in das Dickicht aus Bücherregalen, die über vier Meter hoch zur Decke wuchsen, bogen scheinbar völlig planlos mal hier, mal dort ab – Mir kam es so vor, als wären wir schon mehrmals im Kreis gelaufen – Aber schließlich blieb der Büchereihelfer in einem Abteil mit niedrigeren Fächern. Hier schien es auch ein System zu geben, zumindest standen auf den Brettern Wörter wie ´Frösche`, ´Hunde`, ´Vögel`, ´Katzen` und vieles mehr. Zielstrebig führte uns Seishiro weiter, bis wir vor einem Regal standen, das in der Abteilung ´Katzen` stand, das aber noch mal expliziter mit ´Raubkatzen` betitelt war.

„Na super!“ sagte ich begeistert und griff mir das erste Buch. „Das nenn ich doch mal eine Ordnung!“

„Du brauchst ja wohl gar nicht von Ordnung zu reden, Chaosninja!“ warf Sakura ein, woraufhin der Bibliothekar in brüllendes Gelächter ausbrach. Wir anderen warfen uns irritierte Blicke zu, die er jedoch ignorierte, während er, noch immer lachend, dem Mädchen auf die Schulter klopfte und sie für den Witz lobte. „Ähm... Danke.“ erwiderte sie und machte einen Schritt zur Seite, um sich ein Buch aus einem der höheren Borde zu schnappen.

Seufzend machten auch Shikamaru und Sai sich wieder an die Arbeit, die dieses Mal aber bedeutend kürzer dauerte, da wir genau wussten, wo und nach was wir Ausschau hielten. So dauerte es nicht lange, bis Sakura eine Liste vor sich auf dem Tisch liegen hatte, auf der Jagdreviere von Luchs-Damen vermerkt waren. Einige konnten ausgeschlossen werden, da sie keinen Blutsvertrag geschlossen hatten, andere hatten nicht den richtigen Namen und schließlich hatten wir zwei Rukis eingekreist, die in Frage kamen.

„Und jetzt? Woher sollen wir wissen, welcher der richtige vertraute Geist ist?“

„Na ja, ich schätze, wir werden hingehen und fragen müssen.“ antwortete mir Shikamaru weise, der die Fotos der beiden Katzen interessiert betrachtete. „Oder du hast eine andere Idee, wie wir an Informationen über den Mörder kommen, das wäre mir nämlich lieber als ein Wanderausflug in entlegene Berggegenden mitten im Winter.“

„So viel hat es doch noch gar nicht geschneit.“

„In den Bergen schon... Das dürfte ziemlich gefährlich werden.“ warf Sakura stirnrunzelnd ein. „Was ist, wenn wir sie trotzdem nicht finden? Dann haben wir schon wieder unsere Zeit verschwendet.“

„Ja – Aber was sollen wir sonst tun? Dieser Mistkerl hinterlässt keinerlei Spuren, weder Zeugen noch DNA. Wir haben keinen Verdächtigen, kein Motiv – Und keine Anhaltspunkte, abgesehen von dieser Ruki.“ brachte ich die Lage auf den Punkt, was recht deprimiertes Schweigen nach sich zog. Ich wusste, dass die Wahrheit nicht besonders angenehm war, aber wem wollten wir etwas vor machen? Wir tappten, nach drei Morden, immer noch im Dunkeln.

„Irgendwie... Hast du´s nicht wirklich drauf?“ unterbrach jemand die unbehagliche Stille, die mein Schweigen nach sich zog.

Zuerst war ich zu verdutzt, um zu reagieren, doch dann brauchte es Sai und Shikamaru, um mich davon abzuhalten, diesem Bürohengst an die Gurgel zu springen, der ja wohl wirklich keine Ahnung hatte was überhaupt los war! „Duuuu...!“ fauchte ich, während ich versuchte, mit einer Hand Sais Arm von meiner Taille weg zu bekommen und mich gleichzeitig mit dem Fuß an Shikamarus Bauch abstemmte, um diesen Seishiro besser anspringen zu können.

„Naruto, jetzt beruhige dich doch mal!“ mischte sich Sakura wütend ein, deren zornfunkelnder Blick einzig dem Bibliothekar galt. „Du tust dein Bestes – Das tun wir alle – Und das weiß jeder.“

Ich war überrascht von den netten Worten meiner Teamkollegin, die sich ihre Liste schnappte, noch einen kühlen Blick an Seishiro abschoss, der recht perplex wirkte, und dann hoch erhobenen Hauptes davon stolzierte. Die beiden anderen ließen mich vorsichtig los und nachdem ich diesem Idioten noch mal den Mittelfinger gezeigt hatte folgten wir dem Mädchen aus der Registeranstalt.

„Warum sind eigentlich alle, mit denen wir in diesem Fall zu tun haben, Idioten?“ fragte ich verstimmt, als wir endlich draußen waren. Aber meine Wut war nichts im Gegensatz zu Sakuras, die vor lauter Zorn die Faust gegen einen Baum donnerte, der in der Mitte zersplitterte und nach hinten weg kippte. Ein paar Krähen, die im Geäst gehockt hatten, stoben mit empörtem Kreischen auf und eine Mutter in der Nähe zog hastig ihre Kinder weiter.

„Vermutlich, weil die ganzen normalen Leute mit uns befreundet sind.“ antwortete Sakura, die im Gegensatz zu ihrem Ausbruch von eben ganz gelassen klang, sich den Handschuh anständig über die Hand zog, ein paar Strähnen aus der Stirn wischte und uns dann musterte. „Also... Morgen ein kleiner Wanderausflug in die Berge, ja?“

„Ähm... J-Ja...“ stimmte ich etwas verunsichert zu, ich wollte nichts Falsches sagen, nicht, dass ich endete wie der arme Baum... „Ich würde sagen, wir treffen uns um sieben am Dorfausgang.“

„Super. Also, Jungs, ich bin dann weg!“ Sie lächelte uns noch zu, ehe sie die Straße runter eilte.

Wir sahen ihr alle irritiert nach. „Manchmal ist sie echt gruselig...“ murmelte Shikamaru merklich beunruhigt und sowohl Sai als auch ich nickten hastig.
 

„Wieso komisch? Sie mochte es noch nie, wenn man Leute beleidigt, die sie mag.“

Ich verzog das Gesicht. „Sie mochte es noch nie, wenn man DICH beleidigt.“

„Das hat dich nie davon abgehalten.“

Sasuke reichte mir eine Verstrebung, die ich nachdenklich anstarrte, bevor ich versuchte, sie in das richtige Loch in der Kommode zu schieben, was gar nicht so einfach war, denn da gab es leider verdammt viele Löcher und mir kam es vor, als gäbe es mindestens noch mal so viele Verstrebungen. Eine Weile sah mir der Uchiha schweigend zu und genoss offensichtlich mein Leiden, dann seufzte er und deutete auf eine Stelle, die wohl mal der Rand einer Schublade werden sollte.

„Ich denke, da kommt das hin... Es wäre bei weitem leichter, wenn du die Bedienungsanleitung benutzen würdest.“ riet er mir, doch ich konnte ihm nur, wie schon gefühlte hundert Mal zuvor, darauf hinweisen, dass ich die nicht mehr besaß. Oder sie zumindest nicht fand, was ja auf dasselbe hinauslief.

„Wie lange werdet ihr weg sein?“

Erstaunt ließ ich die Hände mit den zwei verschieden großen Brettern sinken und sah zu ihm auf. Das war das erste Mal, dass er von sich aus Interesse an mir zeigte und ich lächelte strahlend, als ich antwortete. „Wenn alles gut läuft nicht mehr als zwei Tage – Worauf ich ehrlich gesagt hoffe, länger möchte ich bei der sau Kälte nicht in den Bergen rum hängen.“

„Und ihr glaubt wirklich, dass ihr diese Katze findet?“ Er beobachtete mich wachsam, während ich die Schultern zuckte und mich wieder meiner Arbeit zuwandte.

„Ich denke schon, so eine große Auswahl an gebundenen Luchsen gibt es nicht. Shikamaru und ich werden ein Team bilden und Sakura und Sai das andere, also dürfte alles schnell gehen. Bis dahin bleibst du noch im Krankenhaus, aber die Wohnung wird von Freunden fertig eingeräumt, also können wir einziehen, wenn ich wieder da bin.“ Genau genommen würden das Hinata, Shino und Kiba übernehmen, die Guten.

„Warum freust du dich eigentlich so darauf, mit mir zusammen zu ziehen?“

Ich hielt einen Moment in meiner Arbeit inne, dann lachte ich. „Was ist das für eine Frage, Sasuke? Ich habe dich gerne um mich, auch, wenn du manchmal ziemlich nervst, deshalb natürlich.“

„Ich bin nur eine Bürde...“

So schnell wie ich in diesem Moment war glaube ich noch nie ein Mensch auf den Beinen. Ich packte ihn am Kragen und zog ihn dicht zu mir. „Sasuke Uchiha, sag so einen Mist NIE wieder, hörst du? Du bist mir keine Last, ich helfe dir gerne, weil du mein Freund bist, und Sakura-chan sieht das genauso.“

Kurz starrten wir uns nur in die Augen, dann machte er sich mit einem Ruck von mir los und drehte sich weg. „Wie du meinst...“

Ohne noch etwas zu sagen wandte ich mich wieder meiner Arbeit zu. Es war wirklich beeindruckend, wie Sasuke es schaffte, mich gleichzeitig so nieder zu schmettern und auf die Palme zu bringen. Es war, als brütete er in der Zeit, in der er überhaupt nichts sagte, wie er mich am besten verletzen konnte und schoss dann seine Waffe ab, wenn der richtige Moment gekommen war, unterstrich das noch mit dem harten Kontrast zwischen Selbstsicherheit und purer Ignoranz. Er war schon immer gut darin gewesen...

Und vielleicht sollte es mir inzwischen egal sein, aber in solchen Moment hätte ich ihn am liebsten gefragt, wie tief er in sich selbst versunken war, um so etwas tun zu müssen, nur, um dann wieder in seine Reglosigkeit zu verfallen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  xunah
2011-08-11T16:50:48+00:00 11.08.2011 18:50
Und es geht spannend weiter...
Sasuke verwirrt mich, wie scheinbar auch Naruto. Keine Ahnung, was in seinem Kopf vorgeht. Mal spricht er, dann ist er wieder total abwesend.
Ich finde es auch gewissermassen niedlich, wie beide, Naruto und Sakura, Besitzansprüche an Sasuke stellen. Wenn das nicht nochmal zum Eklat führt.
Von:  Miss
2011-08-11T16:48:13+00:00 11.08.2011 18:48
Hmmm, Sasuke ist schon etwas unheimlich!

Bin gespannt ob sie das vertraute Geist finden und was diese dann zu berichten hat.

Außerdem wird es auch bestimmt bisschen Spannungen geben, wenn Hinata wieder da ist, oder?

Tolles Kapitel.
LG Miss
Von:  Jackiieh-Chan
2011-08-11T14:09:44+00:00 11.08.2011 16:09
Hehe nun also wieder mein Kapitel.

Das Sasuke soviel interesse an Narutos reiseziel hat, liegt doch nur daran das die Katze, Kiri?
Ihn identifizieren konnte.
Muhaha
Was heisst, SASUKE ist der Täter.

HAHAHHAAHAHAHA

Ja.
Ich mag das nicht das Sakura so an Sasuke hängt Böööh xD

Lg Jacky
Von:  Raishyra
2011-08-11T12:52:20+00:00 11.08.2011 14:52
Wieder ein super Kapi.
Ich bin mal gespannt ob sie Ruki finden und ob Sasuke bald wieder auf den Damm ist.


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