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Venia Legendi Eudaimonía

Die Erlaubnis zu lehren wie man glücklich ist
von

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In riesiger Vorfreude betritt Heinrich mit Alexander und der Masse der Menschen, die keinen Logenplatz haben, den Theatersaal.

Die beiden haben zwei Sitze im Parkett reserviert, wobei Alexander gerne auch eine Loge nur für sie beide gemietet hätte; Heinrich hat aber gemeint, im Parkett erlebe man das Theaterstück näher mit, vor allem, wenn man in Höhe der Bühne sitzt. So nehmen sie also genau da Platz, möglichst weit in der Mitte, sodass die ganze Reihe aufstehen muss, damit sie zu ihren Plätzen kommen.

Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis alles sitzt und die Saaltüren geschlossen werden können.

„Ob Goethe auch in einer Loge sitzt?“, flüstert Heinrich seinem Freund zu.

„Sicherlich.“, antwortet Alexander, und der Junge will gerade beginnen, nach dem Erfolgsautor Ausschau zu halten, da wird das Licht gedimmt.

„Es fängt an, es fängt an…!“, zischt Heinrich aufgeregt und greift nach Alexanders Hand.

Ein einziger Scheinwerfer wird auf die Mitte des Vorhangs gerichtet, aus dem ein schlanker Mann mit schwarzem Pferdeschwanz hervortritt.

Das Publikum fängt an begeistert zu klatschen.

„Hä?“, gibt Heinrich von sich, „Jetzt schon applaudieren? Der hat doch noch gar nichts gemacht.“

„Das ist Iffland“, raunt ihm Alexander zu, seine Lippen fast an seinem Ohr, „der Intendant des Theaters. Er sucht die Stücke aus, die gespielt werden, und regelt die Finanzen.“

Heinrich verzieht skeptisch seinen Mund, als der Mann zu sprechen beginnt.

„Einen wunderschönen guten Abend, meine Damen und Herren!“, ruft er und breitet seine Arme in seinem silberglitzernden Frack weit aus, „Ich freue mich heute besonders, Sie hier an unserem Theater herzlich willkommen zu heißen, denn wir haben eine großartige Prämiere zu feiern!“

Heinrich beugt sich zu Alexander hinüber. „Der ist schwul.“

Der Ältere sieht ihn geschockt an.

„Ja, was denn? Bei der Frisur, dem Anzug und dem Auftreten…“

Alexander kommentiert das erst mal nicht weiter, erst als das Publikum nach Ifflands Ansprache wieder in Beifall ausbricht, wendet er sich dem Jungen zu.

„Du hast Recht, er ist schwul.“

Jetzt ist es Heinrich, der seinen Freund schockiert ansieht. „A-aber…du weißt es nicht, weil…?!“

Alexander grinst ihn an. „Nein, gar nicht mein Typ.“

Der Junge lässt sich erleichtert zurück in den Stuhl sinken, da geht auch schon der Vorhang auf und das Stück beginnt.

Immer wieder greift er an spannenden oder in seinen Augen besonders grandios geschriebenen oder umgesetzten Stellen nach Alexanders Hand, am Ende lässt er sie gar nicht mehr los. Das tut er erst, als der Vorhang sich zuzieht und die Lichter wieder angeschaltet werden – auch, weil sie applaudieren müssen.

„Genial! Alex, das war so toll!“, ruft Heinrich begeistert und kommt aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus.

Zusammen mit den anderen Theaterbesuchern klatschen sie sich ihre Hände wund, als die Schauspieler nach und nach noch einmal hinter dem wieder aufgezogenen Vorhang auf der Bühne erscheinen.

Schließlich stehen sie alle in einer Reihe und verbeugen sich, als Iffland wieder auf die Bühne eilt und noch einmal der Applaus aufbrandet.

„Danke! Vielen Dank, meine Damen und Herren!“, ruft er, und wird nur verstanden, da er ein Headset trägt, „Aber danken Sie nicht mir und nicht nur den Schauspielern – Lassen Sie uns dem Schöpfer dieses Meisterwerks huldigen!“ Sein Blick geht hoch in eine der Logen. „Nun komm schon runter, Schiller, das ist deine Bühne!“

Begleitet von weiterem Applaus erscheint nach einer Weile ein ebenso junger und schlanker Mann bei Iffland. Er ist noch ein wenig größer und trägt seine lockigen, blonden Haare ebenfalls zu einem Zopf gebunden.

„Friedrich Schiller, meine Damen und Herren!“

Lang nicht so triumphal wie Iffland, sondern eher bescheiden, verneigt er sich leicht. Als das Publikum nicht aufhören will, zu klatschen, ruft er irgendwas, was man nicht versteht. Er versucht es noch einmal, indem er einen Arm um Iffland legt und sich zu ihm lehnt, um in dessen Headset zu sprechen.

„Vielen, vielen Dank! Ich freue mich wahnsinnig, dass das Stück so gut bei Ihnen angekommen ist. Ich wusste doch, Iffland kann aus meinem Schund noch was Brauchbares machen.“

Während die Leute auflachen, zieht Heinrich Alexander an der Schulter zu sich hinunter.

„Und das ist sein Freund.“, raunt er ihm zu.

Alexander muss lachen.

Nachdem der Applaus abgeebbt ist, lädt Iffland die Zuschauer noch ein, im Foyer für einen Plausch untereinander und mit den Schauspielern zu bleiben, wobei für das leibliche Wohl durch ein reichhaltiges Buffet gesorgt ist.

Auch Alexander und Heinrich bleiben, wobei der Ältere seinen Freund immer noch nicht dazu überreden kann, ihn mit Goethe bekannt zu machen. Dafür treffen sie beim Kuchenbuffet auf einen anderen Bekannten.

„Wilhelm, na schau mal an, das ist ja eine Überraschung!“

Wilhelm Humboldt ist sichtlich irritiert, seinen Bruder im Theater zu treffen. Noch irritierter ist er, als sein Blick auf Heinrich fällt. Der Blick wechselt von irritiert zu beeindruckt. Lächelnd reicht er dem Jungen die Hand.

„Herr Kleist!“, grüßt er Heinrich mit einem fast schon überschwänglichen Lächeln, „Sie sehen fabelhaft aus.“

Heinrich läuft rot an. „Ä-ähm, danke, Herr Humboldt…“

„Nein, nein, ich muss Ihnen danken. Wie ich sehe, fruchtet Ihr guter Einfluss auf meinen Bruder schon. Ich bin ganz erstaunt, ihn im Theater anzutreffen.“

Alexander verdreht die Augen.

„Ja, ich…ich hab ihn wirklich dazu überredet. Ich schreibe nämlich selbst und…Schiller ist da ein Vorbild.“

„Wunderbar!“, entgegnet Wilhelm, „Wollen Sie, dass ich Sie mit Schiller bekanntmache? Ich kenne ihn persönlich, er war bei mir an der Universität, als ich noch Literatur gegeben hab.“

Heinrich droht, aus seinen Schuhen zu kippen. Er versucht es sich zwar nicht anmerken zu lassen, aber: Hallo?!? Die Humboldts sind ihm, was „persönliche Bekanntschaften“ angeht, unheimlich. Höflich lehnt er ab.

„Oh, schade.“, meint Wilhelm, „Aber ich verstehe, dass Sie aufgeregt sind. Wobei Sie sich bei Schiller da gar keinen Kopf machen müssten. Er ist ganz umgänglich und zahm. – Apropos“, ergänzt er mit einem Blick zu Alexander, „Wie war dein Geburtstag? Ist uns die Überraschung geglückt?“

Alexander merkt zu spät, dass Wilhelm seine Hände betrachtet. Mit einem Räuspern schüttelt er schnell seine Ärmel über die roten Striemen an seinen Handgelenken. „Himmlisch, Wilhelm.“, antwortet er, „Es war einfach nur himmlisch.“

„Na, da bin ich ja beruhigt.“, lacht sein Bruder wissend, bevor er sich wieder Heinrich zuwendet.

Die beiden unterhalten sich noch ein wenig weiter, über das Stück, das sie eben genießen durften, über Schillers ersten Roman…

Alexander bedient sich derweil am Buffet. Mit einem glücklichen Grinsen auf den Lippen. Es freut ihn zu sehen, wie gut sein Freund und sein Bruder miteinander auskommen.

Als Wilhelm sich von Heinrich verabschiedet, da er noch woanders einen Plausch zu führen hat, schließt Letzterer sich seinem Freund am Buffet an.

„Und? Hat er dir das Du angeboten?“

„Hätte er das tun sollen?“

Alexander zuckt mit den Schultern. „Ich geb ihm noch ein Treffen. Wenn du ihn da auch so beeindruckst, dann steht dir das bevor. Da du ja „zur Familie“ gehörst.“

Heinrich schenkt ihm ein Grinsen.

Mit ein paar belegten Brötchen auf ihren Tellern und etwas zu trinken begeben sie sich an einen der Stehtische.

„Wieso wolltest du Schiller auch nicht kennenlernen?“, fragt Alexander zwischen zwei Bissen.

„Ich will ihn kennenlernen, aber ich muss mich drauf vorbereiten, weißt du doch!“, antwortet ihm Heinrich. „Und außerdem: Mit vollem Mund spricht man nicht.“

Geschockt hält der Ältere im Kauen inne. Dass sein Freund hier so den feinen Pinkel raushängenlässt, ist er noch gar nicht gewöhnt…

Heinrich lässt während des Essens seinen Blick im Foyer umherschweifen. Ob er Goethe nochmal irgendwo sieht. Oder Schiller?

Tatsächlich. Da ist der Blonde. Zusammen mit Iffland.

„Alex“, macht er den anderen darauf aufmerksam, „Da, schau mal.“

Schiller steht mit dem Theaterintendanten an einem der Tische, unterhält sich unaufhaltsam mit ihm. Die beiden scheinen sich prächtig zu amüsieren, es sieht fast so aus, als würden sie sich gegenseitig necken. Wenn Iffland Schiller zum Lachen bringt, dann fasst ihn dieser an der Schulter, und jetzt lehnt er sich sogar näher zu ihm und tippt ihm mit dem Zeigefinger an die Brust.

Alexander bemerkt, wie Heinrich vor sich hin grummelt.

„Was?“, fragt er den Jungen amüsiert.

„Klar, dass Schillers Stücke hier so zahlreich gespielt werden…“, gibt Heinrich von sich, „Wenn er nur gut genug im Bett ist…“

Alexander boxt ihm spielerisch gegen die Schulter. „Du kleiner Giftzwerg.“, lacht er, „Ich kenn Schiller, du weißt ja, von Wilhelm. Der hat nichts mit Iffland.“

Sein Freund sieht ihn skeptisch an. „Aha, weil er bei deinem Bruder studiert hat, ist das natürlich ausgeschlossen.“

„Nein“, entgegnet Alexander mit einem Schmunzeln, „aber ich kenn jemanden, der was dagegen hätte.“

Heinrich folgt erstaunt dem Blick des Älteren, der ihn wieder zu Schiller führt, von dem Iffland nun ein wenig Abstand genommen hat – und zu dem Goethe getreten ist. Die beiden Autoren reden miteinander, und irgendwie wirkt Schillers Lachen nun anders als zuvor mit Iffland. Nicht so ausgelassen, sondern gefühlvoll. Sein Blick, den er Goethe zuwirft, scheint unwahrscheinlich warm. Schließlich lehnt sich Goethe zu ihm, sodass sich der Blonde etwas zu ihm hinunterbeugen muss, und flüstert ihm etwas ins Ohr, was Schillers ganze Züge unglaublich weich werden lässt. Er legt Goethe eine Hand an die Brust, seine Finger müssen wie Federn auf dem Stoff sein, bevor er ihm auf seine Worte antwortet.

„Oookay“, kommt es von Heinrich, „Ich versteh, was du meinst.“

„Sicher nicht.“, meint Alexander grinsend.

Heinrich sieht irritiert zu ihm auf. „Also, wenn die beiden nix miteinander haben, dann lass ich mich zur Holly umoperieren!“

„Oh“, antwortet der Ältere, „die beiden haben schon was miteinander. Ziemlich viel sogar. Nur nichts Sexuelles.“

Jetzt hat er den Jungen gänzlich verwirrt.

„Der himmlische Eros, mein Schatz.“, erinnert ihn Alexander mit einem Zwinkern.

Heinrich wirft ihm einen skeptischen Blick zu. „So was gibt’s tatsächlich?“

„Ja“, antwortet der Ältere und stupst ihm gegen die Nase, „Auch wenn du sexlüsterner Knabe dir das nicht vorstellen kannst, so was gibt es.“

„Und wie…wie drückt man dann seine Liebe aus, wenn man den anderen nicht…küssen und du weißt schon kann?“

Alexander stellt sein Glas auf dem Tisch ab.

„Ich geb dir ein Beispiel, okay?“

„Bitte.“

„Also“ Der Professor nickt zu den beiden Autoren hinüber, wo Goethe Schiller gerade eine Strähne hinters Ohr streicht, „Die zwei haben vor einem Jahr eine Zeit lang Essays in der Zeitung veröffentlicht, in denen sie…sagen wir, nicht so freundlich über andere Autoren geschrieben haben, deren Bücher, ähm…sehr modern und Mainstream sind. Einer dieser Autoren hat das nicht auf sich sitzenlassen und sich in einem Interview über Schillers sehr pathetische Charaktere lustig gemacht.“

„Seine Charaktere sind nicht pathetisch, sie sind eben nur nicht oberflächlich.“

Alexander seufzt. „Okay, dann eben das. Jedenfalls hatte dieser Autor das Pech, dass sein neues Buch gerade beim Goethe-Verlag gedruckt wurde. Goethe hat den Druck sofort einstellen lassen und dem Unglücklichen die Zusammenarbeit für immer gekündigt.“

Heinrich sieht seinen Freund beeindruckt an. „Kam das Goethe nicht teuer, wenn der Druck doch schon begonnen hatte und er den Vertrag auflösen musste?“

„Schon. Außerdem wurde das Buch ein Bestseller und hat dem anderen Verlag wohl ein kleines Vermögen eingebracht. Aber fragst du Goethe, er wird dir sagen, dass er diesen Schritt nie bereut hat.“

Der Junge verzieht das Gesicht. „Also…so ne Art von Liebe kann ich mir nicht leisten, da lass ich mich lieber von dir durchnehmen, das ist billiger.“

„Hey…!“ Grinsend boxt ihm Alexander gegen die Schulter.

Blinzelnd sieht Heinrich zu ihm auf. „Freu mich schon auf nachher.“

„Ich mich auch.“

„Wann ist denn das „nachher“?“

Alexander sieht sich um, stellt fest, dass ihre Teller leer sind, Heinrichs Glas auch. Entschlossen nimmt er seines und trinkt auch noch den letzten Schluck, bevor er sich wieder seinem Freund zuwendet.

„Wenn du willst, dann schon sehr bald.“

Der Junge lächelt ihn zufrieden an. „Das klingt gut.“
 

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Richtig! Es ist sozusagen ein Paralleluniversum (siehe „Alternatives Universum“ in der Beschreibung^^). Aber auf Goethe&Schiller will ich mich nicht so konzentrieren, ich wollte die beiden nur mal auftreten lassen :)
 

Und was ich noch sagen wollte: Bitte keine 100-Kapitel-Feiern, das dürfen wir erst bei Kapitel 106, da die non-adults ja nicht zählen ;) ...Ich denk aber, das werd ich schaffen :3



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  BloodyMary1342
2011-08-29T17:29:28+00:00 29.08.2011 19:29
jaaa Schiller^^
freut mich ja, das er schon so schnell aufgetaucht ist^^
Ich find es sehr schade, dass du nicht weiter auf die Beziehung zwischen Goethe und Schiller eingehen möchtst...
Ich fand es nämlich sehr interessant, dass die beiden so eine "außergewöhnliche Beziehung" führen^^

LG x3

Von: abgemeldet
2011-08-27T20:54:32+00:00 27.08.2011 22:54
Ja, richtig romantisch die beiden^^
Du ihre Gesten wundervoll sanft und sehr liebevoll beschrieben, das hat mir sehr gefallen.

Wir können ja eine 94-Kapitel-Feier machen...oder eine 47-mal-zwei-Kapitel-Feier...;-)
Von:  Ran34
2011-08-27T09:37:31+00:00 27.08.2011 11:37
Ich habe ja schon geahnt, dass du Schiller auch noch auftreten lässt, aber dass du die zwei gleich verkuppelst! >.<
Das Kapitel ist wirklich süß^^d
Mach weiter so!

lg~

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