Zum Inhalt der Seite

Venia Legendi Eudaimonía

Die Erlaubnis zu lehren wie man glücklich ist
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Alexander beruhigt es, wie Heinrichs Finger sich zwischen seinen bewegen, wie der Daumen immer die Seite seiner Hand entlangstreicht.

Keiner von beiden sagt etwas, stumm sitzen sie nebeneinander im Wartezimmer bei Alexanders Hausarzt.

Der Ältere stellt fest, wie sie die anderen Wartenden anschauen. Er würde bitter auflachen, fehlte ihm nicht die Motivation dazu. So, wie alle hier einen großen Bogen um sie machen, bekommt man richtig den Eindruck, die Leute halten Aids für ansteckend – und sind sich natürlich sicher, dass wenn zwei Schwule beim Arzt im Wartezimmer sitzen, sie auf jeden Fall HIV-positiv sind!

„Herr Humboldt bitte.“

Alexander steht auf, und da Heinrich seine Hand nicht loslässt, zieht er ihn mit sich ins Behandlungszimmer.

Dr. Fehling empfängt sie freundlich, begrüßt auch Heinrich, der ihm vorgestellt wird. Der Mann ging mit Wilhelm zur Schule, und Alexander ist sich sicher, wären die beide nicht noch immer gute Freunde, hätte er wohl nicht so schnell einen Termin bekommen.

„Dann krempeln Sie bitte mal Ihre Ärmel hoch.“, fordert sie der Arzt auf, während ihm seine Sprechstundenhilfe die Spritzen reicht.

Nachdem den beiden Blut abgenommen worden ist, will Alexander noch wissen, wann die Ergebnisse da sind.

„Das dauert drei bis vier Tage. Ich denke, wir können am Freitag einen Termin für Sie machen.“, antwortet ihm Dr. Fehling.

Mit einem zuversichtlichen Lächeln klopft er Alexander auf die Schulter.

„Ich weiß, dass die Wartezeit nicht leicht für Sie wird, aber denken Sie nicht immerzu dran. Am Freitag wissen wir mehr.“

„Ist gut.“, entgegnet Alexander und verabschiedet sich höflich vom anderen, bevor er wieder Heinrichs Hand nimmt.

Draußen auf der Straße drückt er sie fest und sieht seinen Freund an.

„Nicht dran denken, hast du gehört?“, meint er und versucht ein aufmunterndes Lächeln.

Heinrich schenkt ihm ebenso eines, als sie zum Wagen laufen.
 

Frau Eichendorff kommt gerade den Gang entlang, als Heinrich ebenfalls vor dem Seminarsaal ankommt.

Tim begrüßt ihn mit einem Grinsen und einem Handschlag.

„Morgen! Na, du siehst aber nicht danach aus, als wenn du heute Morgen auch ausschlafen durftest. Hab ich was verpasst?“

Heinrich schüttelt den Kopf, als sie Eichendorff und den anderen beiden ins Zimmer folgen.

„Nein, ich war nur beim Arzt.“

„Ah, okay. Aber nichts Ernstes, oder?“

„Nein, nichts Ernstes.“, antwortet Heinrich, kann es aber nicht vermeiden, über die Ironie seiner Antwort traurig zu schmunzeln, als er neben Tim Platz nimmt.

Der Unterricht und Tim lenken ihn jedoch so gut es geht ab – vornehmlich Tim, der seinem Kumpel sein Maltalent offenbart; in Form einiger guter Karikaturen von Eichendorff und den beiden Idioten hinter ihnen.

Die Mittagspause vor Mathe verbringen die beiden wieder im Café.

Auch Alexander kommt nach einer Weile hinaus auf den Campus, nachdem er mühevoll eine der Studentinnen abgeschüttelt hat.

Er sieht Heinrich und dessen neugewonnenen Freund an einem der Tische sitzen, beide essen sie ein Stück Kuchen und unterhalten sich angeregt. Einerseits freut es ihn ja, dass der Junge so wunderbar locker drauf ist, aber andererseits muss er feststellen, dass ihn irgendetwas an dem Gekicher der beiden stört.

Kurzerhand beschließt der Professor, sich zu den beiden zu gesellen. Sein rechtfertigendes Argument dafür: Er muss sich ja erkundigen, wie die zwei mit dem Nachholen des Stoffs von letzter Woche vorankommen.

„Tag, ihr beiden.“, begrüßt er seine Studenten, die ihn tatsächlich erstaunt mustern, während er sich einen Stuhl heranzieht und sich zu ihnen setzt.

„G-guten Tag, Herr Humboldt.“, bekommt Tim heraus, während Heinrich gar keinen Laut von sich gibt.

„Na?“, fängt Alexander mit einem Grinsen an, „Wie kommt ihr voran mit dem Nacharbeiten? Gab’s irgendwelche Verständnisprobleme bei meinen Notizen – Inhaltlich oder wegen meiner Handschrift?“

„Nein, alles Bestens.“, antwortet Tim sofort, „Und Ihre Schrift ist wunderbar Leserlich. Stimmt’s, Heinrich?“ Dabei gibt er seinem Nachbarn mit dem Ellenbogen einen Stoß in die Seite.

„Äh, ja!“, versucht sich der Junge wieder zu fassen, „Sie haben eine sehr schöne Schrift. Kein Wunder bei Ihren Händen.“

Alexander muss leise lachen und merkt, wie Heinrich so langsam auftaut.

„So? Was ist denn mit meinen Händen?“, fragt er.

Heinrich würde sich natürlich kein bisschen darüber genieren, über so etwas mit Alexander zu sprechen, aber der Blick, den ihm Tim zuwirft, sagt ihm, dass Alexander gerade nicht Alexander sein Freund ist, sondern Herr Professor Humboldt, und in diesem Fall solch ein Gespräch eigentlich schon nicht mehr so normal ist. Deshalb läuft er doch ein wenig rot an, als er antwortet.

„Ihre Hände sind…so groß und…Ihre Finger so lang und kräftig…, dass man den Stift beneiden muss, mit dem Sie schreiben.“

Alexander stützt schmunzelnd sein Gesicht auf eben eine dieser Hände.

„Hm, das hab ich schon ein paar Mal hier auf dem Campus gehört, aber es ist das erste Mal, dass mir ein männlicher Student dieses Kompliment macht. Trotzdem wirst du wohl auf das Gleiche anspielen, wie deine Kommilitoninnen, oder?“

„Ich wüsste nicht, was Sie meinen, Herr Professor.“, entgegnet Heinrich und merkt, wie Tim neben ihm sich nicht zwischen Verheimlichen von Erstaunen und Unterdrücken eines Lachanfalls entscheiden kann.

„Ach, komm schon.“, meint Alexander und legt seine Hand demonstrativ auf die Tischplatte, „Ihr kennt doch sicherlich diese unerwiesene Weisheit, dass ein Mann, wenn er große Hände hat, besonders gut bestückt ist…?“

Heinrich erwidert das Grinsen seines Freundes.

„Von diesen Studentinnen weiß aber bestimmt keine einzige, ob sich diese Weisheit bei Ihnen bewahrheitet.“, antwortet er keck.

„Nein, da hast du Recht.“, kann Alexander noch amüsiert erwidern, bevor eine Bedienung zu ihnen an den Tisch kommt.

Während Alexander seine Bestellung abgibt, wendet sich Tim hastig an Heinrich.

„Verdammte Sch…! Der baggert dich grad echt an…!“, zischt er seinem Kumpel zu.

Heinrich kann ihm nur mit einem breiten Grinsen antworten.

Als Alexander seinen Kaffee vor sich stehen hat, geht das Spielchen zwischen den beiden noch etwas weiter, sämtliche Anspielungen nicht ausgeschlossen. Heinrich versteht nicht so ganz, was sich sein Freund dabei denkt, schließlich war er es ja, der so sehr Vorsicht geboten hat, hier auf dem Campus, mit ihrer Beziehung…aber da es dem Jungen Spaß macht, macht er eben einfach mal mit.

Kurz vor Eins verabschiedet sich Alexander von ihnen mit der Bemerkung, falls es noch Probleme geben sollte, mit dem Stoff von letzter Woche, oder überhaupt, dann könne man gerne Mal bei ihm im Büro vorbeischauen, er nehme sich dann die Zeit für eine private Nachhilfestunde.

Kaum ist Alexander also gegangen, macht Tim seiner Erstauntheit und Begeisterung Luft, sodass Heinrich nur schwer weiß, was er darauf antworten soll.

„Mensch, wenn du jetzt sein Angebot annimmst und bei ihm im Büro erscheinst, dann schmeißt der dich über seinen Schreibtisch und - !!!“

„Ach, was…der hat sich doch bloß lustig über mich gemacht.“, versucht sich Heinrich mit roten Wangen rauszureden.

„Nein, ernsthaft!“, beharrt Tim, „Gott, dein armer Freund…! Ich seh schon, dass er bald Single ist…“

Heinrich verdreht die Augen und gibt seinem Kumpel eine Kopfnuss.

„Hättest du wohl gerne.“, meint er und steht auf, „Komm, wir müssen zu Mathe.“
 

Nach den zwei Stunden Mathematik setzt Heinrich alles daran, sich schnellstmöglich von Tim zu verabschieden.

„Aber sag mir Bescheid, bevor du sein Angebot annimmt, okay? Ich will lauschen!“

„Sonst noch was?!“, lacht Heinrich ein wenig entrüstet.

„Ja. Wir können uns mal nach der Uni treffen.“

Ein wenig überrumpelt schaut er den Rothaarigen an, muss dann aber grinsen.

„Gerne.“, meint er, „Ich überleg mir, wann ich Zeit hab.“

„Schön. Dann bis Morgen.“

„Tschau.“

Während Heinrich sich auf den Weg zum Professorenparkplatz macht, stellt er fest, dass das so mit Tim nicht weitergehen kann. Gleich als auch Alexander nach einer Weile am Auto erscheint, spricht er die Sache an.

„Kannst du mir mal erklären, was das sollte, heute Mittag?“, fragt er den Älteren, klingt dabei aber genauso amüsiert wie vorwurfsvoll.

„Was? Ich wollt halt meine Mittagspause mit dir verbringen, ist das verboten?“

„Ja. Nach deinen eigenen Angaben ist das hier auf dem Campus für uns verboten.“, merkt Heinrich an und steigt in den Wagen.

„Wir waren doch nicht alleine.“, entgegnet Alexander, „War ja noch dein Freund da dabei, dieser…äh…“

„Tim.“

„Ahja.“

„Und was soll der bitte von uns denken?!“

Alexander zuckt mit den Schultern.

„Kann ich ihm nicht sagen, dass wir zusammen sind?“, fragt Heinrich und sieht fast schon verzweifelt zum Älteren auf.

„Muss das sein? Mir wär’s lieber, wenn du’s nicht tun würdest.“

„Nach der Mittagspause heute denkt er doch sowieso schon, du wärst scharf auf mich!“

Alexander, der gerade den Motor starten wollte, hält inne und sieht seinen Freund verwirrt an.

„Tatsächlich?“

„Nach diesem Gespräch nicht wirklich verwunderlich, oder?“

„Naja, du hast aber angefangen mit meinen Händen.“

„Ja, weil er weiß, dass ich auf dich steh, aber du hättest als hetero-Professor, der nichts mit seinen Studenten, ob weiblich oder männlich, anfängt, anders reagieren müssen!“

Alexander wendet seinen Blick ab, klopft nachdenklich aufs Lenkrad.

„Dann sag’s ihm halt, wenn’s nicht anders geht…“, nuschelt er schließlich und startet den Motor.

„Danke.“, kommt es von Heinrich entzückt und er drückt seinem Freund schnell einen Kuss auf die Wange.

Sie reden während der Fahrt eine Weile nicht miteinander. Erst als Alexander überlegt, wann er denn morgen an die Uni muss, wendet er sich an seinen Beifahrer.

„Sag mal, wie machen wir das eigentlich morgen?“, fragt er.

„Hm?“

„Da hast du wieder später, ich müsste aber zur ersten Stunde da sein. Meinst du es rentiert sich für dich, mit der Bahn zu fahren?“

Heinrich verzieht seine Lippen zu einem Schmollmund.

„Stimmt, das ist echt blöd. Ja, gut, dann fahr ich mit der Bahn.“

Plötzlich hellt sich sein Gesicht jedoch wieder auf.

„Aber nicht mehr lange!“, ruft er, „dann kann ich selbst fahren.“

Alexander blickt kurz erstaunt zu ihm hinüber.

„So?“

„Ja! Ich darf doch bei Ulli arbeiten, und da verdien ich Geld, mit dem ich mir meinen Führerschein finanzieren werd.“

„Aber…!“, fängt Alexander an, „Wenn du deinen Führerschein machen willst, dann kann ich dir das doch bezahlen.“

„Untersteh dich!“, warnt ihn Heinrich, „Ich wart ja noch drauf, dass Wilhelm meine Studiengebühren unter den Tisch fallen lässt!“

Da muss Alexander lachen.

„Da bist du nah dran, ich glaub er mag dich wirklich.“, entgegnet er amüsiert.

Heinrich gibt nur ein Schnauben von sich.

„Was hältst du davon,“ nimmt der Ältere wieder das Gespräch auf, „wenn wir heute noch ne kleine Sightseeing-Tour machen?“

Sofort sprengt das Gemütsbarometer seines Freundes die obere Grenze.

„Aujaaa! Bitte!“

„Very well.“, meint Alexander, „Und ich glaub, ich weiß auch schon, wo wir unsere Tour beginnen…“
 

-----------

Wer weiß es auch…?? ;D



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Ran34
2011-07-01T06:06:38+00:00 01.07.2011 08:06
Das ist so fies! >.<
Ales und Heinrich mögen jetzt nicht grade daran denken, wie der Test ausgefallen ist, aber ich schon!
Du hattest da so eine Anspielung vor ner Weile gemacht und wenn du das jetzt umsetzt, dann vermute ich, dass sie in eine Schwulenbar gehen >///<
Tim sieht das mit den beiden aber ganz schön locker, wenn er sogar meint, dass er lauschen wolle! Ich glaube, dass ihn das echt überrumpeln wird, wenn Heinrich ihm sagt, dass er seinen Freund mit seinem Freund betrügen würde, wenn er mit Alex schlafen würde :P

lg~
PS:Ach ja, ich lade jetzt das neue Kapi von Nilwis hoch!
Von:  BloodyMary1342
2011-07-01T01:03:21+00:00 01.07.2011 03:03
von wegen alex ist nicht Eifersüchtig xD^^
ich hoffe,dass tim und alex sich gut verstehen x3^^
wirklich ein schönes kapitel freu mich aufs nächste <3

(ach ja, wenn vor Montag kein neues kapitel mehr kommt werde ich etwa 2 wochen lang nicht lesen können [bin in Spanien wahrscheinlich ohne internet >.<] also nicht wundern, dass keine kommis von mir kommen)

LG x3
Von: abgemeldet
2011-06-30T22:51:45+00:00 01.07.2011 00:51
Also...Alexanderplatz, Brandenburger Tor, naja...es gibt ne Menge auswahlmöglichkeiten...sie könnten ja auch das Schwulen und Lexben-Denkmal im Tierpark gegenüber vom BT besuchen...das ist nett...^^'
Ein hübsches Kapitel, ich fange an Tim zu mögen und freu mich schon zu sehen, wie er reagiert <3


Zurück