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Venia Legendi Eudaimonía

Die Erlaubnis zu lehren wie man glücklich ist
von

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Es ist sonntagmorgens und Alexander ist fix und fertig.

„Du bist so was von armselig…“

„Danke, ich weiß.“

„Nein, ich mein im Bett. Das war echt schlecht.“

„Dankeschön für die Blumen, aber schon mal dran gedacht, dass du nicht der erste in den letzten achtundvierzig Stunden warst?“

Der junge Blonde schnaubt verächtlich.

„Und das ist wohl nicht dein erstes Glas Whisky, nehm ich an.“

„Richtig.“

„Mann! Da hab ich gedacht, ich bin endlich mal einem gutaussehenden, verantwortungsbewussten, reichen Typen begegnet, und dann ist das wieder nur so ein perverser Säufer, der sich in Eigenmitleid ertränkt!“

Alexander dreht sich auf den Bauch und zieht sich das Kissen über den Kopf.

„Bitte nich so laut, ja? Hau ab, wenn’s dir nich passt…“
 

Es ist bereits Abend, als Alexander seinen Rausch ausgeschlafen hat und vom Zimmerservice aus dem Hotel gejagt wird.

Mit brummendem Schädel und der Erkenntnis, dass ihn der Alkohol mehr als seine Berliner Bekanntschaften befriedigt hat, tritt er seine Heimreise an.

Als er die Autobahnabfahrt in die Stadt hinein nimmt, ist es nicht das erste Mal, dass er an Heinrich denkt. Er wollte ihn zwar übers Wochenende vergessen, aber eigentlich hat er doch jede Sekunde an ihn gedacht.

Und er hat einen Entschluss gefasst: Er möchte dem Jungen helfen.

Egal, in wen sein Student so heftig verliebt ist, er wird ihm helfen, diese Liebe für sich zu gewinnen. Er will ihm helfen, glücklich zu werden, dann ist auch er glücklich. So lautet jedenfalls sein Plan.

Die Räder des schwarzen Jeeps rollen langsamer, als Alexander in die kleine Straße mit den Reihenhäusern einbiegt. Er hätte hier nicht durchfahren brauchen, aber er hat es eben doch getan.

Im Schritttempo passiert er den gepflegten Garten, blickt fast sehnsuchtsvoll hinauf zum Fenster im oberen Stock. Morgen wird er ihn endlich wieder sehen.

Alexander will gerade wieder beschleunigen, da springt plötzlich die Haustür auf.

Heinrich kommt heraus gerannt, und Alexander tritt wie ein Bekloppter auf die Bremse.

Der Junge reißt die Beifahrertür auf.

„Herr Professor Humboldt, ich…! Ich hab Sie von oben gesehen – wusst ich’s doch, dass es Ihr Wagen ist!“

„Hallo.“, lacht Alexander nur, noch immer ziemlich überrascht.

„Was ist los, wieso so freudig? Bist du mit deiner großen Liebe weitergekommen?“

Da verstummt Heinrich sofort und drückt sich den Zeigefinder auf die Lippen.

„Pschhhht! Vater darf doch nicht…er darf’s doch nicht wissen…“

„Warte“, meint Alexander.

„Ich fahr kurz rechts ran.“

Als er bei Kleists vor der Haustür steht, steigt Heinrich zu ihm in den Wagen.

„Ich bin noch nicht weiter, nein“, meint er.

„Werd auch wohl nie weiter kommen.“

„Wieso das denn?“, fragt Alexander erstaunt.

„Hat er eine Freundin? Hast du ihn gefragt?“

Der Junge schüttelt heftig den Kopf.

„Nein, ich darf ihn doch nicht fragen. Eigentlich darf es niemand wissen, dass ich…dass ich schwul bin, weil ich ja anständig sein muss.“

Jetzt ist es Alexander, der vehement den Kopf schüttelt.

„Nein, nein, Heinrich. So funktioniert das nicht. Dein Vater hat kein Recht, dir irgendwas zu verbieten, und schon gar nicht darf er dir vorschreiben, wen du liebst. Du musst zu dir und deinen Gefühlen stehen, verstehst du?“

Heinrich sieht unsicher auf und beißt sich auf die Unterlippe.

„Aber…das geht doch nicht…“

„Doch!“, meint Alexander überzeugt.

„Das geht! Sei offen, sei ehrlich zu dir selbst! Wenn dich jemand drauf anspricht, dann darfst du ihm ruhig sagen: „Ja, ich bin schwul“. Du belügst nicht nur andere, wenn du ihnen als Alibi von einer Freundin erzählst, sondern du belügst auch dich selbst. Verleugne dich nicht, sonst wirst du nicht glücklich, Kleiner.“

Die blauen Augen sehen abwägend auf.

„Heinrich, denk an die Eudaimonía. Du wirst die Glücksseeligkeit nur erreichen, wenn du dich nicht verleugnest.“

Langsam legt sich ein zaghaftes Lächeln auf Heinrichs Gesicht.

Alexander wundert sich, woher er plötzlich diese Moralpredigt hergeholt hat, denn er selbst ist ja wohl auch nicht besser: Fährt an Wochenenden in eine andere Stadt, um dort unter falschem Namen seinen Gelüsten nachzugehen, während er Kollegen und Studenten den Frauenheld, und Heinrichs Vater den anständigen Verlobten vorgaukelt.

„Meinen Sie…meinen Sie wirklich?“, gibt Heinrich von sich.

Alexander nickt bejahend.

„Ja, das ist der beste Ratschlag, den ich dir geben kann. Wenn du nicht ehrlich zu dir selbst bist, dann kann das nie was werden, mit deinem Freund. Er wird dich nicht akzeptieren, solange du dich selbst nicht akzeptiert hast, verstanden?“

Heinrich grinst ihn an.

„Verstanden.“ Und die ganzen Plagen des Wochenendes sind auf einmal verflogen.

„Oh, da in der Tür steht deine Mutter.“

„Ah, dann geh ich mal wieder. Wir sehen uns morgen.“

„Ja, bis morgen. Und viel Gelingen für deine Eudaimonía.“

Wie leicht Heinrich ihm zu seiner verhelfen könnte…



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2011-02-11T10:43:19+00:00 11.02.2011 11:43
wuhu da hat sich das in Hokkaido sitzen und warten gelohnt :D
Gut geschrieben und der handlungsverlauf is wunderbar ^__^

und ich bezweifle dass der Stop beim Haus Heinrich komisch vorkommt ~ so wie der beschrieben wird ist er ja ein wenig zerstreut-da bemerkt man scho mal ein paar offensichtliche sachen nicht :D
Von:  Ryosae
2011-02-10T16:43:56+00:00 10.02.2011 17:43
alexander ist zu beginn des kapitels so... dumm!
wie kann er mit anderen schlafen, obwohl er doch nur heinrich liebt? das ist mir unbegreiflich! ^^"
als er dann langsam an dem kleist-haus vorbeigefahren ist... hach~
da hab ich ihn wieder lieb gewonnen, obwohl ich es schon etwas komisch finde, das heinrich es nicht komisch findet, das er dort vorbeifährt.
naja. tortzdem wieder mal ein wunderschönes kapitel!
freu mich wie immer aufs nächste!
ich warte. xDDD


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