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Venia Legendi Eudaimonía

Die Erlaubnis zu lehren wie man glücklich ist
von

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Wenn Wilhelm ihn nur sehen könnte… Jetzt sitzt er hier, in einem schmierigen Fastfood-Restaurant im Industriegebiet, schiebt sich einen ungesunden Cheeseburger mit Pommes zwischen die Kiemen, und das alles nur seinem Gegenüber zuliebe. Sein Bruder hat schon Recht, wenn er behauptet, er wäre dem Jungen völlig verfallen.

„Schmeckt’s?“, fragt Heinrich freudig – seine Laune hat sich über die Autofahrt hinweg gebessert.

„Geht so.“, antwortet Alexander, will dem Kleinen das Ketchup aus den Mundwinkeln lecken.

„Ist eine Ewigkeit her, dass ich mal wieder so gesund esse.“

Heinrich lacht. So wunderschön herzhaft, dass Alexander ihn gerne in die Luft schmeißen und wieder auffangen möchte.

„Aber nicht, dass du jetzt bloß diese Preisklasse ausgewählt hast, weil ich dich einladen will.“

Der Junge schüttelt den Kopf. Eindeutig, er kann schlecht lügen.

„Und jetzt, mit gestärktem Geist und vollem Magen…willst du mir jetzt was verraten?“

Heinrich betrachtet seine letzte Pommes, die er zwischen seinen Fingern dreht.

„Nein…“

„Heinrich. Ich mach mir wirklich Sorgen um dich. Was ist es denn, das deinem Vater so an dir missfällt?“

Der Junge stopft sich nur die Pommes in den Mund.

Alexander seufzt.

„Ich kann es mir ernsthaft nicht vorstellen, Heinrich, was deinen Vater so wütend machen könnte. Gut, ich kann mir denken, dass ihm das Thema, das ich gerade mit euch durchnehme, nicht besonders zusagt, aber er schlägt dich doch nicht, weil du zu Vorträgen über Homosexualität gehst, oder?“

Von Heinrich kommt keine Antwort, aber es ist schon Antwort genug, dass er Alexanders Blick ausweicht und nervös an seinen Ärmeln spielt.

Dem Professor kommt plötzlich ein Wunschgedanke, der ihm den Mund ganz trocken werden lässt.

„Heinrich ich…verzeih mir, aber deine Reaktionen lassen bei mir nur einen Schluss zu. Du musst jetzt schon was sagen, um mir zu Beweisen, dass es nicht so ist.“

Da schüttelt der Junge den Kopf, die Augen fest geschlossen.

„Es ist schon so, wie Sie denken.“, bringt er heraus, kaum ein Flüstern.

„Mein Vater schlägt mich, weil ich…weil ich mir eine Zeitschrift mit nackten Männern gekauft hab und weil ich…er meint, ich bin pervers und…und eine Schande, und das wär gegen die Norm und ich soll nicht solche Gedanken haben, aber ich hab immer wieder diese Träume, und wenn er mich dann morgens findet…“

Dem Kleinen laufen die Tränen über die Wangen und er beginnt zu schluchzen.

Alexander stellt fest, dass ein Fastfood-Restaurant der schlechteste Ort für ein solches Coming-Out ist. Er kann nichts anderes tun, als nach Heinrichs Hand zu greifen.

„Heinrich, hast du vergessen, was ich im Unterricht gesagt habe? Es gibt Leute, die diese Art von Liebe als göttlich empfinden, als pädagogisch wertvoll, als…“

„Aber ich…“ Der Junge zittert so heftig, Alexander will ihn in den Arm nehmen.

„I-ich will…verstehen Sie nicht, dass ich auch…dass mich auch der gewöhnliche Eros reizt? Dafür müssen Sie mich doch hassen…“

„Niemals, Heinrich. Hörst du, niemals. Das ist, wie der Name schon sagt, das gewöhnlichste der Welt, dass du solche Bedürfnisse hast.“

„Nein, das…das ist pervers. Das darf ich nicht, das muss ich unterdrücken, jawohl, ich werde anständig, jawohl, zu Befehl.“

Jetzt reicht es.

Wie gut, dass man in Fastfood-Restaurants zu Beginn zahlt.

Alexander steht auf und zieht den Jungen mit sich. Als Heinrich sich sträubt, nimmt er ihn kurzerhand auf den Arm und trägt ihn nach draußen, wo er sich hinter den Parkplatzbüschen an die Hauswand setzt, Heinrich fest in seinen Armen.

„Du musst gar nichts unterdrücken, Junge. Du musst dich nicht ändern, du bist perfekt, so wie du bist, hörst du?“

Der Kleine krallt sich nur in Alexanders Hemd fest und heult wie ein Schlosshund.

Der Professor streicht ihm beruhigend durch die Haare.

Verdammt schwierig, in so einer Situation noch zu wissen, wo die Grenze ist.
 

Alexander reicht dem Kleinen ein Taschentuch, dabei will er ihm so gerne die Tränen von den Wangen küssen.

„Geht’s wieder?“

Heinrich nickt und befreit sich etwas unbeholfen aus Alexanders Umarmung.

„T-Tut mir Leid, ich…ich wollte Sie nicht belästigen…“, stottert er sichtlich peinlich berührt und schnäuzt sich die Nase.

„Hast du nicht. Es tut mir Leid, dass ich so drauf beharrt hab und…es ist wohl meine Schuld, ich hätte einfühlsamer sein sollen.“

„Nein, nein, ich bin eben zu…zu verweichlicht.“

Alexander klopft ihm sachte auf den Rücken.

„Ach, was, sag so was nicht!“, meint er mit einem Lächeln.

Heinrich weicht seinem Blick aus.

„Setzen wir uns in den Wagen?“

„Mhm.“

„Nimm dir doch den Nachmittag frei. Soll ich dich bei Eggebrecht abmelden?“

„Nein, ich…ich sollte hingehen.“

„Wie du willst. Steig ein, ich fahr dich zurück.“

Die Fahrt über schweigt Heinrich, und Alexander lässt ihn mit seinen Gedanken alleine.

Auf dem Professorenparkplatz stellt er den Motor ab.

Abwartend sieht er zu seinem Studenten hinüber, der sich noch ein wenig fassen muss.

Erschöpft atmet der Junge aus und rauft sich die Haare.

„Argh! Ich kann es nicht glauben, dass Sie jetzt Bescheid wissen.“

Alexander lächelt ihn an.

„Und? Ich werd’s nicht ans Schwarze Brett hängen und schlagen werd ich dich dafür auch nicht.“

„Nghh…“

Heinrich reibt sich übers Gesicht.

„Und zu allem Überfluss bin ich auch noch verliebt…“

„Ah?“

Alexander kann nicht anders, als sein Gegenüber mit großen Augen anzuschauen.

Heinrich schlägt voller Entsetzen die Hände vor dem Mund zusammen. Seine Wangen glühen.

„Ah, ich…ich…“

„Darf ich fragen, in wen du verliebt bist?“

„In…in einen Freund von…aus der Schule, ja, ich, ähm, hab mit ihm zusammen Abitur gemacht…Sie werden ihn nicht kennen…“

Alexander nickt. Das tut verdammt weh.

„Dann…ich sollte gehen, sonst komm ich zu spät. Professor Eggebrecht ist ja immer so pünktlich.“

Alexander nickt wieder.

„Danke – vielen Dank für die Einladung. Für Alles“

„Gerngeschehn.“

Damit steigt Heinrich aus, und nachdem er die Autotür zugeworfen hat, ist es still im Wagen.

Das nennt man Höhenflug mit anschließender Bruchlandung.

Erst erzählt ihm das wertvollste Geschöpf dieser Welt, dass auch er auf Männer steht, und keine fünfzehn Minuten später eröffnet er ihm, dass sein Herz schon vergeben ist.

Tja. Es wäre auch zu schön gewesen…

Alexander beschließt, dieses Wochenende mal wieder einen Abstecher nach Berlin zu machen. Anders wird er wohl die drei Tage nicht überleben.

Als er seinen Wagen startet, sieht er, wie Heinrich im Gebäude verschwindet.

Oh ja, das wird ein langes Wochenende...



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2011-02-10T10:26:34+00:00 10.02.2011 11:26
oh nein kleiner Heinrich, DAS glaubt dir keiner :D
Jetzt sitz ich in Asahikawa und wart super gespannt auf das nächste Kapitel~
aah hoffentlich wird alles gut.
...ich bin ja so eine Happy End Fetischistin....
Von:  Ryosae
2011-02-07T18:00:23+00:00 07.02.2011 19:00
heinrichs comming out.
und ich bin live dabei! xDD
alexander tut mir voll leid! jetzt hat er die gewissheit, aber dann sagt ihm heinrich das er verliebt ist!
ich glaube tortzdem fest daran, das der kleine alex liebt! :D
schon allein der wie er gesagt hat, das er jemand anderes liebt... hörte sich verdammt nach einer schnell erfundenen ausrede an!
tja heinrich! mir machst du nichts so leicht vor!! xDD


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