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Schuldigs Adventskalender

oder: Wie erobere ich Brad in 24 Tagen?
von

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05. 12. Morgen, Kinder, wird’s was geben…

5. Dezember – Morgen, Kinder, wird’s was geben…
 

Am nächsten Tag, einem Sonntag, erwachte Crawford ohne das störende Klingeln seines Weckers. Er hatte sein Handy abgestellt und auch sein Notebook blieb heute aus.

Zufrieden drehte er sich noch einmal mit Bett herum und genoss die Wärme seiner Federdecke. Gerade jetzt im Winter konnte er gar nicht genug von kuschelig warmen Umgebungen haben, besonders, da die Wände dieser Japaner aus Papier zu bestehen schienen. Wenigstens hatten sie sich ein anständiges Haus im westlichen, viktorianischen Baustil geleistet.

Nach kurzer Zeit schon wurde ihm das bloße Herumliegen zu langweilig und so stand er auf und zog sich an, um nach unten zu gehen.
 

Auch Schuldig hatte diesmal ausschlafen können, nachdem er ja die Gewohnheiten seines Leaders zur Genüge kannte. In seinen Schlafshorts und mit wild verwuschelter Mähne tappte er nach unten, um sich seinen Kaffee zu machen. Alles wie sonst auch immer - bis er in der Küche stand und durch ein halboffenes Auge Brad an der Kaffeemaschine stehen sah. Sofort waren die Bilder seines Traumes wieder präsent und Schuldig stand einmal mehr wie zur Salzsäule erstarrt. Shit, wie lange hatte er denn nur geschlafen? Und warum zum Geier sah der Ältere um diese nachtschlafende Uhrzeit schon wieder verboten wie die Sünde aus?
 

Crawford blickte auf und lächelte, als er Schuldig erblickte.

"Hey", sagte er. "Willst du dir selbst einen machen oder trinkst du meine >Suppe< mit, wie du es so schön nennst?"

Crawford genoss es, in der Küche zu hantieren, wenn er Zeit hatte. Und heute hatte er alle Zeit der Welt. Er holte die laktosefreie Milch, Eier, Mehl, Zucker und eine Rührschüssel hervor.

"Magst du einmal das Waffeleisen anheizen? Und zieh dir bitte etwas an! Mir wird schon kalt, wenn ich dir so zusehe!"

Gut, der wahre Grund lag weniger in seinem Kopf und seiner Sorge um Schuldig, sondern eine Etage tiefer. Zum ersten Mal, seit Schuldig indirekt Interesse an ihm bekundet hatte, betrachtete er ihn nicht nur als Freund, sondern auch als Mann.

Als verdammt gutaussehenden Mann. Nichts desto trotz schaffte Crawford es zuverlässig, seinen anerkennenden Blick von seinem Freund und wieder auf die Eier zu bringen, die er am Rand der Schüssel aufschlug und mit einer Hand teilte.
 

Ein wenig verwirrt blickte der Telepath an sich hinunter - und machte, dass er aus der Küche kam. Wortlos. Dafür kehrte er einige Minuten später in seine Lieblings-Sexy-Gammel-Klamotten gehüllt wieder zurück. Angezogen, wie Brad es gefordert hatte, auch wenn man bei diesem Outfit zuverlässig enorm viel Haut sehen konnte. Außerdem hatte er sich die Haare zusammengebunden, nachdem er festgestellt hatte, dass er wie ein Wischmop aussah und sich seine Mähne wieder einmal ohne Waschen nicht bändigen ließ.

Schweigend ging er an Brad vorbei zur Kaffeemaschine, um sich endlich seinen Frühstückskaffee zu genehmigen. Wobei er sich sogar ausnahmsweise einmal dazu herabließ, das zu trinken, was der Amerikaner unter 'Kaffee' verstand. Und noch immer war er nicht in der Lage, auch nur einen Ton von sich zu geben. Dafür sah Brad einfach viel zu heiß aus... Apropos heiß: vor lauter versonnener Betrachtung seines Leaders, von dem er wieder einmal nicht die Augen nehmen konnte, hatte er sich prompt beim ersten, gedankenlosen Schluck die Zunge verbrannt. Japsend knallte er die Tasse auf den Tisch, der daraufhin mit verspritztem Kaffee gesprenkelt war, und wedelte seiner Zunge Luft zu, bevor er an den Kühlschrank flitzte, einen Eiswürfel holte und den zwischen die Lippen nahm, um die verbrannte Stelle daran zu kühlen.
 

Brad hatte die Aktion mit einem dunklen Lachen begleitet.

"Du bist manchmal ein echter Idiot", meinte er glucksend, und pausierte in seinem Tun. Er war dabei, den Waffelteig zusammen zu rühren. Dabei hatte er sich die Ärmel hochgekrempelt und den Blick auf seine sehnigen Unterarme freigelegt. Nachdem er Schuldig lang genug spöttisch betrachtet hatte, wie er seine verbrühte Zungenspitze kühlte, meinte er: "Aber eigentlich ist das ganz... putzig."

Nein, süß oder niedlich würde er Schuldig nicht nennen, schließlich war er kein Schulmädchen, sondern ein erwachsener Mann. Dieses sprunghafte Verhalten erinnerte ihn eher an ein durchgedrehtes Eichhörnchen.
 

Beinahe so kam sich Schuldig gerade auch vor. Sein Puls hämmerte wieder einmal fröhlich bei etwa 200 herum und sein Blutdruck schwankte wie ein Kutter bei Orkan. Und warum? Nur weil der Schwarzhaarige in einer schicken, körperbetonenden Jeans und einem Hemd, das ausnahmsweise halb offen stand, vor ihm herumwerkelte! Und da sollte man(n) noch einen klaren Gedanken fassen können? Völlig unmöglich!

Aus Verzweiflung, weil er nicht wusste, was er sonst tun sollte - was ihm ja schon seit Ewigkeiten nicht mehr passiert war! - saugte er ungewollt lasziv noch ein wenig an dem Eiswürfel, bevor er ihn aus dem Mund nahm und zu seiner Tasse griff.

Putzig, am Arsch! Er kam sich gerade vor wie der erste Mensch. Doch das konnte er ja nun wirklich schlecht zugeben. Also brummte er nur zur Antwort, was bei ihm alles heißen konnte von "Du kannst mich mal..." bis hin zu "Du hast vollkommen recht".
 

Dies erzeugte bei Crawford nur noch ein weiteres, heiteres Lachen. Man konnte ja viel über Schuldig behaupten, aber langweilig wurde es mit ihm nie. Inzwischen goss er die erste Kelle Teig in das Waffeleisen.

Nagis Timing war gut, denn nun kam der Junge mit verschlafenen Augen in seinem mintgrünen Schlafanzug in die Küche geschlurft.

"N'Morgen", sagte er träge und ließ sich am Tisch nieder.

"Ist das laktosefrei?", war die erste Frage, als er seinen gierigen Blick auf das dampfende Waffeleisen lenkte.

Crawford drehte sich um und schenkte ihrem Jüngsten ein rares, ehrliches Lächeln.

"Nur für dich, damit du essen kannst, so viel du willst."

In Momenten wie diesen bemerkte Crawford wieder einmal, dass Schwarz mehr verband als nur eine Zweckgemeinschaft. Sie waren über die Jahre Freunde, nein, eine richtige Familie geworden.
 

Schuldig blieb gleich sitzen, wo er war. Kaum hatte Nagi die Bestätigung, dass er diesmal gefahrlos bei den Waffeln zuschlagen konnte, grinste er den Telepathen breit an. Als einer der ersten hatte er gemerkt, was mit Schuldig los war. Und dass der Telepath sich so viel Mühe machte, nur um Crawford ins Bett zu bekommen, glaubte er nicht. Farfarello stimmte ihm im diesen Punkt übrigens voll und ganz zu, als auch er gesehen hatte, wie Schuldig den Amerikaner anschmachtete. Witzig. Nur Brad selbst schien völlig resistent gegenüber den Versuchen des Deutschen, seine Aufmerksamkeit zu erregen. Naja. Mehr Aufmerksamkeit zu erregen als üblich.
 

Tatsächlich war Brad wohl der Einzige, der Schuldigs Bemühungen falsch deutete und ihm eine rein sexuelle Absicht unterstellte.

Crawford war ein Mann, der nicht an die Liebe glaubte. Hatte er nie und würde er nie. Die einzige Liebe, die er empfand, war väterliche oder brüderliche Zuneigung für seine Schützlinge.

Dazu zählte er auch Schuldig, allerdings war der Junge, der er einmal gewesen war, zu einem äußerst attraktiven Mann herangewachsen. Rein objektiv gesehen jedenfalls.

Als die Waffeln fertig waren, stellte er sie auf den Tisch und setzte sich zwischen Schuldig und Nagi an das Kopfende des Tisches.

"Nagi, magst du Farfarello holen?"

Sonntags wurde zusammen gefrühstückt, darauf legte er Wert.
 

Der Kleine sprang sofort auf, grinste von Brad ungesehen dem Telepathen zu und verschwand dann rasch, um Farfarello zu holen. Und wieder einmal klammerte sich Schuldig an seiner Tasse fest und starrte krampfhaft in das schwarze Getränk.

"Was hast du heute vor?", erkundigte er sich und bemühte sich dabei, möglichst beiläufig zu klingen, obwohl er eigentlich ahnte, dass er mit genau dieser Beiläufigkeit nicht sonderlich viel Erfolg haben würde. Brad kannte ihn einfach viel zu gut, um sich davon täuschen zu lassen.
 

Brad zuckte die Schultern.

"Ach, nicht viel. Ausruhen, etwas lesen. Warum fragst du? Hast du etwas geplant, wozu du mich einladen willst?", fragte er und lächelte schief.

Nun war er wirklich auf die Antwort gespannt.
 

Schuldig überlegte.

"Hm. Nein, eigentlich nicht."

Ein rascher Blick zu Brad folgte, dann zog der Deutsche eine leichte Grimasse.

"Das einzige, das ich machen könnte, wäre dich zu massieren. Du bist in letzter Zeit etwas... verkrampft."

Autsch, dieser Vorschlag löste fast auf der Stelle wieder ein Kopfkino bei dem ohnehin fantasiegeplagten Telepath aus und er senkte den Blick wieder auf die Tischplatte, als wollte er die Maserung des Holzes auswendig lernen.
 

"So, bin ich das? Wie kommst du denn auf diese Idee?", fragte Crawford amüsiert.

Schuldig war also auf Körperkontakt aus? Konnte er haben. Eigenartigerweise wurde Schuldig bei tatsächlichem Berührungen dann doch etwas kleinlaut. Diesen Zustand wollte Crawford gemeinerweise ausnutzen. "Aber dein Vorschlag klingt gut. Ich komme heute Abend gern darauf zurück."
 

"Prima!", gab der Deutsche zurück, erneut einsilbiger als sonst. Innerlich ohrfeigte er sich gerade, und zwar gewaltig. Das konnte doch nicht gar nicht gut gehen! Er würde sich mächtig beherrschen und sich für diese Zeit wirklich nur auf das konzentrieren, was er tat - Brads Schulterpartie durchkneten. Nicht streicheln, nicht kraulen, nur massieren.

Allein bei dem Gedanken drehte sich ihm der Magen um. Na, wenn er sich da mal nicht ganz gewaltig selbst ins eigene Fleisch schnitt.
 

"Ich bin es eigentlich, der sich freuen sollte. Aber ich kann dir den Gefallen auch gern erwidern. Du wirkst auf mich auch ein wenig unentspannt in letzter Zeit. Ich denke, du kannst eine Massage auch gut brauchen", erklärte Crawford grinsend und war gespannt, was Schuldig dazu sagen würde.
 

Und der wurde abwechselnd leichenblass und knallrot. Oh nein! Auf keinen Fall!

Er brach in ein leicht hysterisch klingendes Kichern aus und schüttelte energisch den Kopf.

"Nein, nein, lass nur. So schlimm ist es bei mir nicht..."

Oh Gott! Ohgottohgott! Nein! Aber auf gar keinen Fall würde er sich von Brad massieren lassen! Das würde er nicht überleben! Schuldig sah sich schon unter dem Älteren liegen und verzweifelt versuchen, die Monsterlatte zu verstecken, die er mit Sicherheit bekommen würde. Ooooh nein! DAS kam ja nun gar nicht in Frage!
 

Brad stand auf und schlich wie ein Tiger um den Tisch herum. Dann legte er Schuldig eine Hand auf die Schulter und drückte ein wenig zu. "Ohhh doch, ich glaube, du hast es wirklich nötig. Das ist alles ganz hart hier", diagnostizierte er eindeutig zweideutig.
 

Na toll. Wenn Brad so weitermachte, war eine harte Schulterpartie seine kleinste Sorge...

Schuldig schluckte und schloss trotzdem eine Sekunde lang genießend die Augen. Diese Finger an einer anderen Stelle, ebenso aufreizend zudrückend... Er riss die Augen wieder auf und entwand sich wie eine Schlange aus dem leichten Griff.

"Ach was! Das ist nur vorübergehend", versuchte er sich hilflos und stammelnd aus der Situation zu retten. Vorsichtshalber drehte er sich auf seinem Stuhl und schielte dem Anderen von unten her ins Gesicht. Das war auf jeden Fall besser als die andere Alternative, nämlich genau geradeaus zu sehen - denn er befand sich haargenau in Augenhöhe mit dem Schritt des Amerikaners.
 

"Na gut, wenn du meinst", sagte Crawford. Dabei hatte seine Stimme fast schon ein Schnurren in sich. "Aber wenn du heute Abend immer noch so verspannt bist, bist du fällig, mein Lieber. Auch wenn es wehtut, es ist nicht gut, wenn man verspannt wie ein Schrank durch die Gegend läuft."

Warum war Schuldig nur so schüchtern? Eigentlich müsste Schuldig doch froh sein, wenn er auf seine Avancen einging. Es sei denn...

Nein, völlig abwegig. Vielleicht war es Schuldig aus einem anderen Grund unangenehm.
 

Er war heute Abend fällig? Oh Mann, wie sehr würde er sich das wünschen, in einem anderen Kontext. So unauffällig es ging schnappte der Telepath nach Luft, kippte seinen mittlerweile lauwarmen Kaffee auf Ex und schnellte dann förmlich wie eine Stahlfeder von seinem Stuhl.

"Ähm... Ich bin... dann nochmal schlafen. Bis heute Abend dann."

Und weg war er, eine mehr als nur eindeutige Flucht. Aber es ging nicht anders. Er hatte in diesen wenigen Sekunden ja schon gemerkt, dass er unter den Händen und dem glitzernden Blick einfach nur dahinschmolz. Und so blamieren wollte er sich dann doch nicht...
 

Crawford lachte leise. Die Symptome waren ja schon sehr eindeutig. Aber konnte das wirklich sein? Schuldig und verliebt? Dann auch noch in ihn? Das wäre so wahrscheinlich wie Schneefall in der Sahara.

Er schob den Gedanken wieder beiseite.

Als Nagi dann mit Farfarello zum Frühstück antrabte, wunderten sie sich über Schuldigs Verbleib.

"Er hat wohl kalte Füße gekriegt", meinte Crawford, als sie nachfragten und meinte das ganz im übertragenden Sinne.
 

Der hyperventilierende Telepath verkrümelte sich derweil in sein Zimmer. Wenn es nicht zu auffällig gewesen wäre, hätte er jetzt mit voller Wucht seinen Schädel gegen die Wand gerammt. Doch das hätte nur wieder Brad auf den Plan gerufen und er hätte sich noch dämlicher gefühlt als ohnehin schon.

Er war ja soooo blöd! Was hatte er sich nur dabei gedacht, dem Amerikaner eine Massage anzubieten? Er wusste doch ganz genau, dass das nur schief gehen konnte! Da war wohl der Wunsch der Vater des Gedankens gewesen.

Den ganzen Tag kam Schuldig nicht mehr aus seinem Zimmer. Er hätte im Moment das wissende Grinsen Nagis und die Verständnislosigkeit Brads nicht ertragen.
 

Abends dann klopfte es an der Tür. Leise nur und nicht sehr aufdringlich.

"Hey, Schuldig!", tönte Crawfords sonore Stimme durch das Massivholz. "Bist du wach?"

Inzwischen machte er sich ein wenig Sorgen um ihn, da er sich die ganze Zeit über nicht hatte blicken lassen.

Der Telepath hatte den ganzen Tag abwechselnd Horror- und romantische Fantasien durchlebt. Als es dann tatsächlich an seiner Tür klopfte, zuckte er heftig zusammen. Eigentlich hatte er ja teilweise gehofft und teilweise befürchtet, dass Brad sein Angebot vergessen hätte...
 

"Ich bin wach, komm rein", forderte er den Anderen auf, ehe er es sich noch anders überlegen und sich schlafend stellen konnte. Aber er war noch nie jemand gewesen, der vor unangenehmen Situationen, in die er sich noch dazu selber manövriert hatte, davongelaufen war. Und auch jetzt würde er sich seinen Dämonen stellen - und glücklich sein, wenn Brad zufrieden war. Wie so oft in letzter Zeit.

Er rollte sich auf die Seite und stützte den Kopf auf den abgewinkelten Arm, um Brad anzuschauen, als sich seine Tür öffnete.
 

Brad trat ein, mit einer Flasche Rotwein und zwei Gläsern bewaffnet.

"Der ist zwar nicht so gut wie der von gestern, aber auch nicht gerade schlecht", meinte er schmunzelnd. "Ich wollte nachsehen, wie es deinem Rücken geht."

Mit leiser Boshaftigkeit dachte er darüber nach, ob Schuldig zu ärgern wohl ein neues Hobby von ihm werden konnte. Es machte einfach zu viel Spaß, ihn aus dem Konzept zu bringen.
 

Dem Deutschen wurde wieder abwechselnd heiß und kalt. Doch diesmal riss er sich zusammen, richtete sich auf und lächelte Brad entgegen.

"Ich wollte mich um deinen Rücken kümmern, wenn ich mich nicht irre", erinnerte er ihn schmunzelnd.

Oh wow! Brad, mit einer Flasche Wein, jetzt gleich auf seinem Bett... Das war der Stoff, aus dem Träume gemacht waren.

Schuldig spürte sein Herz im Hals klopfen und atmete unauffällig, aber zittrig durch. Und wenn er ehrlich war, kribbelte es ihm in den Fingerspitzen, den Amerikaner vor sich liegen zu haben und ihn berühren zu können - auch wenn es aus einem banalen Grund wie einer Massage heraus geschah.
 

Brad kam herein und setzte sich geschmeidig neben Schuldig aufs Bett. Er reichte ihm eines der Gläser und goss ihm dann etwas von dem feinen Roten in sein Glas.

Er hatte ihn schon vor einer Stunde entkorkt, so dass er etwas atmen konnte.

Brad hielt Schuldig das Glas zum Anstoßen hin und schaute ihm dabei schalkhaft in die Augen.

Die Gläser klirrten aneinander und Brad nahm einen guten Schluck von dem Wein, ehe er dann begann, sein Hemd aufzuknöpfen.

"Ich bin gespannt, wie du dich machst", kommentierte er die kommende Dienstleistung seines Freundes.
 

Bamm! Schuldigs Blutdruck schnellte in beängstigende Höhen und er trank hastig einen großen Schluck, verschluckte sich prompt, als der Ältere anfing, sich auszuziehen. Hustend stellte er das Glas auf seinen Nachttisch und fächelte sich Luft zu, bis er sich wieder gefangen hatte.

"Okay", meinte er schließlich, als er sich seiner Stimme wieder sicher sein konnte. "Dann... leg dich mal hin."

Mühsam verdrängte er das Bild, das sich ihm daraufhin bot: Brad, nur noch in dieser verflucht engen Jeans, auf seinem Bett. Auf dem Bauch.

Schuldig schluckte, stand dann auf und holte aus einem Fach in seinem Schrank eine kleine Flasche Massageöl. Als er den Stöpsel aufschraubte und sich ein wenig der zähen Flüssigkeit auf die Hand träufelte, erfüllte das warme und schwere Aroma von Moschus und Patchouli den Raum.

Elegant ließ er sich wieder auf die Bettkante sinken, verrieb das Öl zwischen den Händen und legte sie dann sanft auf die Schultern seines Leaders. Sanft und doch kraftvoll massierte er die verspannten Muskeln, strich dabei auch immer wieder sacht über die weiche Haut.
 

Zufrieden schnurrte Crawford über die sanfte und angenehme Behandlung. Schuldig hatte angenehme, feste Hände, die aber zugleich sehr feingliedrig waren.

"Ein bisschen tiefer", bat er, als Schuldig sich um die Region bei seinen Schulterblättern kümmerte, wo die verhärteten Muskeln unter der Massage wie wild hüpften.

"Oh Schuldig, das fühlt sich so verdammt gut an", seufzte er, denn es entsprach der Wahrheit. Nach und nach begann er sich immer mehr zu entspannen, bis zu dem Punkt, wo er glauben könnte, einzuschlafen.
 

Bei diesen Worten war es fast schon natürlich, dass dem Telepathen wilde, kribbelnde Schauer über den ganzen Körper liefen. Er biss sich auf die Unterlippe, um sich ruhig zu halten, und ließ seine Hände ein winziges Stück weiter nach unten gleiten, um sich um diese Muskeln auch noch zu kümmern. Es war nicht zu übersehen, dass Brad diese Behandlung wirklich genoss. Auch wenn man es nicht vermutete, war Crawford doch ein Mensch, der durchaus die schönen Seiten des Lebens auskosten konnte. Wenn auch nicht so exzessiv wie Schuldig das tat, er war eher der stille Genießer.

Und man konnte sagen, was man wollte, auch Schuldig gefiel es, seinen Leader zu massieren. Es war unschuldig und doch hatte es etwas Intimes an sich, dem sich der Telepath nicht entziehen konnte - und auch nicht wollte.
 

Crawford blieb noch eine kurze Weile liegen, bis er wirklich Gefahr lief an Ort und Stelle einzuschlafen. Daher richtete er sich auf, damit es nicht dazu kam.

"Danke", sagte er. "Das war wirklich sehr angenehm. So, und jetzt bist du dran!" Er packte Schuldig wie einen Welpen im Nacken und drückte ihn bäuchlings aufs Bett. Schon dabei spürte er, wie verkrampft Schuldigs Schultermuskulatur war. "Ja, ich denke, du brauchst auch eine Massage, du bist wirklich, wirklich verspannt, mein Bester."
 

Das war ja auch kein Wunder. Nicht nur seine Schultern waren verspannt, sondern sein ganzer Körper. Und warum? Nur weil er seinem heimlichen Schwarm so unglaublich nahe war...

Schuldig quietschte auf, als er auf sein Bett ... nun ja, fast schon geworfen wurde. Ganz automatisch krallte er sich in das Kissen, das unter ihm lag und nun ganz leicht Brads Geruch in sich trug.

"Ich... Nein, lass nur... Geht schon!", versuchte er den Älteren von der Revanche abzubringen, doch er hatte die dumpfe Ahnung, dass ihm sein Gestotter rein gar nichts nutzen würde.
 

Tatsächlich stieß Schuldigs schwacher Versuch auf taube Ohren. Wenn Brad sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, zog er es auch durch.

"Ach? Es geht schon?" fragte Brad und kniff schmerzhaft in einen völlig verhärteten Nackenmuskel. "Das fühlt sich hier aber ganz anders an. Los, zieh dich aus und hör auf, herum zu zetern. Das ist ein Befehl."
 

Schuldig richtete sich noch einmal auf und zog sich mit leicht zitternden Fingern den Pullover über den Kopf. Dann ließ er sich blitzschnell wieder fallen und vergrub das Gesicht im Kissen. Es war so auch schon peinlich genug, es musste nicht noch sein, dass Brad mitbekam, wie er wieder einmal feuerrot anlief.

So versteckt biss er die Zähne zusammen, kniff die Augen zu und stellte sich vor, er würde einfach in irgendeinem Massagesalon liegen. Auch wenn die Mädchen in solchen Locations meist wirklich hübsch waren, so hatten sie es doch noch nie geschafft, irgendwelche körperlichen Reaktionen bei ihm hervorzurufen. Und das sollte jetzt auch helfen. Hoffte er.
 

Doch der Unterschied zum Massagesalon wurde Schuldig klar, sobald sich Brads Hände auf seinen Rücken legten und begannen, ihn durchzukneten. Die Hände des Amerikaners waren groß und übten einen festen, harten Druck aus, der an der Grenze des Schmerzhaften lag - und oft auch darüber hinaus.

Mit kräftigen Fingern rollte er seine Knöchel über Schuldigs Schulterpartie und peinigte besonders verhärtete Stellen, indem er die Haut anhob und diese kleine Rolle in alle Richtungen schob, was ungemein schmerzhaft war. Dennoch löste dies die Verspannung irgendwann auf, wenn der betreffende Muskel anfing, unter dieser Behandlung wie Feuer zu brennen.
 

Fuck, das tat weh! Doch außer einem etwas lauteren Ausatmen ließ sich der Telepath nichts davon anmerken. Er hatte bei Gott schon Schlimmeres erlebt. Und außerdem hatte diese grobe Behandlung durchaus auch den Vorteil, dass erst gar keine anderen Gedanken aufkommen konnten. Ein unschätzbarer Vorteil, fand er. So gelang es ihm, sich doch nach und nach zu entspannen, ohne in die dumme Lage zu kommen, vor der er sich gefürchtet hatte. So kam es, dass er sogar nach hinten griff, um seine Haare auf eine Seite und nach vorn zu streichen, um Brad seinen entblößten Nacken zu präsentieren, und dabei leise wohlig brummte.
 

Brad nahm diese Einladung wahr und kümmerte sich hingebungsvoll um Schuldigs Nacken. Während sein Freund so vor ihm lag, bemerkte er, dass ein schöner Rücken durchaus entzücken könnte. Schuldig sah auch von hinten sehr gut aus, musste er feststellen. Seine harte Massage wurde angesichts von Schuldigs zunehmender Entspannung auch wieder sanfter, schließlich streichelte er lediglich über die weiche, ölige Haut.
 

Die harte Massage hatte dem Telepathen nichts gemacht, dieses Streicheln jedoch sorgte dafür, dass er sich wieder anspannte. Himmel, fühlte sich das gut an! Davon träumte er jetzt schon so lange...

Wie von selbst fielen ihm die Augen wieder zu und ein unbewusstes, sehr sehnsüchtiges Seufzen rutschte ihm über die Lippen, während sein Herz in einem wilden Stakkato in seinen Ohren hämmerte.
 

"Gefällt dir das?" fragte Crawford mit dunkler Stimme und strich sanft Schuldigs Rückgrat entlang. "Oder tut dir was weh?" fragte er.

Schuldig sah aus wie die pure Sünde, wie er da lag, die Haare neben sich ins Kissen ergossen.

Vielleicht sollte er Schuldigs Verlockungen doch nachgeben, schoss es ihm durch den Kopf.

Doch nein, das war es doch, worauf der Telepath es anlegte. Er durfte auf keinen Fall schwach werden, auch wenn Schuldig die pure Verführung war. Er musste ihm zeigen, dass auch seine Reize ihre Grenzen hatten. Doch noch konnte er sich nicht von ihm lösen.
 

Der Tonfall, den Brad anschlug, gab dem Deutschen den Rest. Er war nicht mehr in der Lage, sich zu artikulieren, sondern nickte einfach nur. Und ob ihm das gefiel! Noch während er die warmen, sanften Hände weiter auf seinem Rücken spürte, bildete sich ein dicker Kloß in seinem Hals und seine Augen brannten wie Feuer. Wenn es doch nur immer so sein könnte... Aber Schuldig musste für sich selber zugeben, dass er daran nicht glauben konnte. Hätte er es getan, hätte er Brad wohl umgehend gestanden, was mit ihm los war. So aber kannte er die Einstellung des Älteren zu derlei Gefühlen - und wusste, dass die Erwiderung für ihn nur ein Traum bleiben würde.

Er bewegte sich nicht unter den zärtlichen Fingern, er gab auch keinen Ton von sich. Im Grunde tat er gar nichts, um auch nur ein wie auch immer geartetes Interesse erkennen zu lassen - auch wenn das Feuer in ihm mit jeder Berührung heller und heißer loderte.
 

So wie Schuldig sein Interesse vertuschte, wuchs Crawfords Interesse an ihm.

Brad war verwundert, dass Schuldig so gar nichts weiter auf seine Frage sagte. Hatte er sich etwa doch getäuscht? Oder gefiel es ihm doch nicht?

Von seinen Zweifeln angetrieben ließ er dann doch von Schuldig ab und verrieb den Rest des Massageöls auf Schuldigs Oberarmen.

"So, ich hoffe, das wird ein paar Tage vorhalten", sagte er und griff nach seinem Weinglas, um es zu leeren.
 

Mit einem leisen Ächzen drehte sich der Telepath erst auf die Seite und setzte sich ganz auf. Sein Puls tobte immer noch bei schwindelerregenden 200 Schlägen pro Minute, doch er hatte es wirklich geschafft, ansonsten keinerlei Reaktion zu zeigen. Er zauberte ein wackliges Lächeln in sein Gesicht und nickte dann leicht.

"Danke, wird es bestimmt. Und wenn du nochmal eine ... Massage willst, brauchst du es nur zu sagen."

Dieses Angebot konnte er ihm ohne schlechtes Gewissen machen - jetzt wusste er ja, dass es durchaus machbar war, dabei cool zu bleiben. Auch wenn es schwerfiel.

Schuldig griff ebenfalls noch einmal nach seinem Glas, wischte sich aber vorsichtshalber zuerst die Hände unauffällig an der Bettdecke ab. Seine Handflächen waren von der berauschenden Nähe und dem seltsamen, tiefen Blick, den Brad ihm gerade zuwarf, schon wieder so feucht, dass er befürchtete, das schwere Glas könnte ihm einfach aus der Hand rutschen.
 

"Dieses Angebot gebe ich nur zu gern zurück. Oder ich schenke dir Gutscheine für den Massagesalon, wenn dir das von mir zu unangenehm ist. Ich bin ja auch nicht dazu ausgebildet", sagte Brad.

Auch wenn es schade wäre, ihn nicht mehr berühren zu können, denn der feste, trainierte Körper hatte sich gut angefühlt unter seinen Fingern.

Er fragte sich leise, was das noch werden würde. Wohin würde es führen, wenn sie weiterhin so viel Zeit miteinander verbrachten wie in den letzten Tagen?

Crawford lief ein heißkalter Schauer über den Rücken, da er es selbst nicht sagen konnte. Schuldig war durchaus eine Sünde wert. Doch was sollte danach sein? Man konnte nicht einfach mit einem Freund herummachen und erwarten, es wäre alles wie zuvor. Nein, er musste sowohl sich selbst als auch Schuldig einen Riegel vorschieben.
 

"Nein, es war total schön!", widersprach Schuldig lächelnd. Wie kam Brad nur darauf, es könnte ihm nicht gefallen haben? Einen Augenblick lang fragte er sich, ob er es sich leisten konnte, einmal schwach zu sein und sich an den Älteren zu lehnen. Wie früher, als er noch ein unsicherer, kleiner Teenager gewesen war. Sein Lächeln wurde ein wenig melancholisch. Was würde der Amerikaner wohl sagen, wenn er wüsste, dass sich sein Telepath Hals über Kopf in ihn verliebt hatte?
 

Vermutlich würde er es nicht glauben, denn jetzt schon wirkte der Amerikaner deutlich distanzierter als zuvor.

Es war das Lächeln Schuldigs, das ihn Abstand nehmen ließ. Denn damit übte Schuldig eine solche Anziehungskraft aus, dass Crawford befürchtete, schwach zu werden. Und Schwäche konnte und wollte er sich nicht erlauben.

Außerdem wollte er es nicht so weit kommen lassen, dass sie nicht mehr als Team funktionieren konnten.

"Gut", sagte Crawford also und stand dann auf. "Dann sollten wir nun schlafen gehen. Ich wünsche eine gute Nacht."
 

Okay, damit hatte sich die Frage wohl erübrigt, die Schuldig gern gestellt hätte...

Er nickte leicht und benagte kurz mit den Zähnen seine Lippe. Schade... Es wäre doch wirklich noch schön gewesen, wenn Brad noch hier bei ihm geblieben wäre. Zumindest die Schmetterlingsparty in seinem Bauch hätte es schön gefunden, denn die feierte ja immer dann besonders heftig, wenn er dem Schwarzhaarigen so nahe war.

"Gute Nacht!", erwiderte er leise, konnte sich aber nicht davon abhalten, wie aus Reflex die Hand zu heben und Brad mit den Fingerspitzen über den Handrücken zu streichen.
 

Der aber zog seine Hand zurück, als hätte er sich verbrannt.

"Was ist eigentlich los mit dir, verdammt?" zischte Brad nun. "Ich verstehe dich wirklich nicht. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich vermuten, du seiest scharf auf mich, so wie du die letzten Tage um mich herumscharwenzelst. Ich will endlich wissen, was Sache ist!"
 

Tief durchatmend schloss Schuldig die Augen. Scharf auf Brad? Ja, sicher war er das. Aber nicht nur. Oder anders als der Amerikaner zu glauben schien. Nun, wie es sich anhörte, war es wohl wirklich besser, wenn Brad gar nicht erst mitbekam, was tatsächlich los war und bei seiner Meinung blieb.

Schuldig ließ deprimiert den Kopf hängen, hob ihn dann wieder und sah den Älteren angriffslustig an.

"Ich? Scharf auf dich? Das hättest du wohl gern, was?", schoss er im selben, aggressiv-spöttischen Ton zurück.

"Ich wollte lediglich nett sein. Aber wenn dir das zuwider ist, okay. Dann lasse ich es eben bleiben."
 

"Das wäre vielleicht wirklich besser. Ich kann mit deiner Nettigkeit nicht umgehen, denn sie passt nicht zu dir. Vorher hast du das auch nicht gemacht und das ist mir auch lieber so, glaube ich. Halt dich bitte etwas zurück, sonst kommt es zu Missverständnissen", sagte Brad, obwohl er sich nicht gut dabei fühlte, ihm das so zu sagen. Im Prinzip hatte er es schön gefunden. Doch es war irgendwie alles zu viel und alles zu sehr auf seine Person zentriert.
 

In einer arroganten Geste warf Schuldig seine Haare über die Schulter und hob stolz das Kinn an.

"In Ordnung!", fauchte er, drehte sich dann beleidigt um und ließ sich wieder auf sein Bett fallen.

Tz, wer war er denn, dass er so mit sich reden lassen musste? Verliebtheit hin oder her, er war jetzt tief getroffen. Er hatte sich so angestrengt und blitzte jetzt so kalt ab. Oh, das nahm er Brad durchaus übel, auch wenn er im Grunde seines Verstandes damit gerechnet hatte.

"Keine Sorge, ich werde dich sicher nicht mehr belästigen."

Damit war in dieser Hinsicht wohl das letzte Wort gesprochen. Schuldig wünschte sich nur, dass Brad endlich verschwinden möge, damit er sich seinen Frust von der Seele toben konnte.
 

Brad öffnete seinen Mund, um etwas zu sagen, doch Worte fehlten.

Also schloss er ihn wieder und ging ohne Abschied aus Schuldigs Zimmer. Während er das tat, wurde ihm klar, dass er alles, was gewesen war, mit nur ein paar Sätzen zerstört hatte.

Er ging in sein Schlafzimmer und schlug mit einem Fluch seine Tür zu.



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