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Zehn Momente

Im Leben der Inken Sommerfeld
von

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Bilder sagen mehr als tausend Worte

Moment 3: Bilder sagen mehr als tausend Worte
 

Erleichtert schaltete Inken das Licht im Badezimmer aus und aktivierte die Rotlichtlampe, die zusätzlich an der Decke installiert war. Die erste wirklich gute Idee von Jo war es gewesen, dass sie für ihre Arbeiten das Bad nutzen konnte und die erste wirklich gute Tat war es, dieses dann nach ihren Bedürfnissen umzubauen. Ein Schrank zusätzlich, für ihre Chemiewannen und das restliche Zubehör, eine ausklappbare Arbeitsplatte und ein paar Leinen zum aufspannen um die Fotos zu trocknen. Es war simpel aber genial. Denn hier störte sie niemand und sie versteckte sich gern ab und an vor der Außenwelt.

Summend baute sie ihr Werkzeug auf und mischte die Chemikalien zusammen. Aus den letzten zwei Wochen hatten sich fast 20 Filmdosen angesammelt. Irgendwie spann Jo momentan mehr als sonst. Dieses ganze Kult-Gefasel würde noch dafür sorgen das Inken sich mit diesem verkappten Privatschnüffler der ständig mit sich selbst sprach, zusammentun würde um ihren werten Mitbewohner in Behandlung zu schicken. Langsam aber sich grenzte das alles an Verfolgungswahn.

Ihre Hände arbeiteten fast von allein und entwickelten die Fotos. Nicht alle natürlich. Normalerweise nahm sie nur die, welche in einem Artikel halbwegs seriös wirken würden oder einen ansatzweise ordentlichen Beweis abgaben. Viel mehr konnte sie bei dem Grundton der Geschichte nicht erwarten.

Der Verzapfer dieses ausgemachten Unfugs war heute mal wieder auf einem Date. Das war Inken selbst natürlich total egal. Das sie bei dem Gedanken an das kleine Flittchen ein Foto in der Mitte durchriss hatte nichts mit einander zu tun. Das Bild war nur nichts geworden.

Sie verstand eh nicht was alle Mädchen an Jo so toll fanden. Er war nervig, dass fürs erste. Außerdem handelte und dachte er absolut unlogisch. Er konnte nie seine Klappe halten und so gut sah er nun auch nicht aus. Eigentlich war er nicht mal attraktiv.

Inken betrachtete die Negative des dritten Films nachdenklich wobei ihr Blick auf das letzte Bild fiel. Es war das einzige welches aus der Reihe tanzte. Alle anderen zeigten zusammen ein ganzes Portrait einen Hinterhofes in dem irgendwelche Zeichen auf den Boden gemalt waren und ein paar Graffitis mit seltsamen Botschaften an der Wand. Sie wusste schon gar nicht mehr zu welcher idiotischen Idee diese Bilderreihe gehörte. Doch das letzte Bild war anders.

Der Tag war anstrengend gewesen als Jo sie damals von der Uni abholte um noch zu einem Fundort zu fahren. Alle Mädchen aus ihrem Seminar die noch auf eine Zigarette mit draußen standen hatten sie beneidet als dieses „Bild von einem Mann“ (nicht wirkliche Inkens Wahlbezeichnung) sie abholte und sie mehr oder minder in seinen alten Opel Astra zerrte. Zu sagen ihre Laune war im Keller, wäre eine bodenlose Untertreibung gewesen. Das hatte auch Jo nach ein paar Minuten gemerkt und als sie fertig waren hatte er gehandelt. Er hatte ihr die Kamera aus der Hand genommen und eine Foto von ihnen beiden gemacht, in dem er sie an sich drückte. Sie konnte sich erinnern das ihr Herz kurz ausgesetzt hatte und sie irgendwas davon brabbelte das er ein Foto verschwendet hatte. Es war sicherlich nichts geworden.

Doch war es. Es sah aus wie das typische Pärchenbild nun einmal aussah. Er strahlte überschwänglich und sie selbst sah überrumpelt aus. Beide ein wenig zerrupft durch den langen Tag und von den letzten Strahlen der Sonne beleuchtet.

Okay. Vielleicht sah Jo doch ein bisschen gut aus. Eigentlich war er sogar ganz niedlich. Wie er auf dem Bild so guckte. Doch das war das Problem mit Bildern, sie hielten nur Momente fest. Nicht was danach geschah. Danach gab es nämlich von Inken ordentlich Prügel. Ihre Spiegelreflexkamera war schließlich kein Spielzeug und hatte ziemlich viel Geld gekostet.

Sie arbeitete weiter bis sie es geschafft hatte alle Fotos durchzugehen und das Bad wieder nach einem Ort der Sauberkeit aussah und nicht nach einer Werkstatt.

„Hey Inken ist das Klo wieder benutzbar? Du hast ja echt Stunden drinnen gesessen.“

Sie blinzelte überrascht in die plötzliche Helligkeit und in Jos überdimensionales Grinsen.

„Eh ja, hatte sich auch was angesammelt. Ich schau die Bilder nochmal durch und geb sie dir dann nachher geordnet.“

Er sah sie grinsend an, als wüsste er genau was sie dachte. Sie mochte sein Grinsen irgendwie. Oh hoffentlich wusste er nicht was sie dachte.

„Ich weiß was du denkst“

Momenten wollte sie gar nicht wissen wie ihr Blick aussah.

„Du fragst dich sicher warum ich schon zu Hause bin. Naja das Date war ein Fehlgriff, die Frau war dumm wie Stroh“

Sie lachte leise in sich hinein während sie in ihr Zimmer ging.

„Seit wann hast du Ansprüche was Frauen angeht? Sonst ist vor dir doch niemand sicher, der sich rühmen kann mit Brüsten auf die Welt gekommen zu sein.“

Er sah leicht verletzt drein und griente dann wieder.

„Ja mag sein aber seid ich dich kenne weiß ich eben das Frauen hübsch und intelligent sein können. Das Foto hier behalt ich übrigens, als Beweis das ich doch recht hatte und es was geworden ist.“

Damit war sie allein. Rot angelaufen überlegte sie wie sie es geschafft hatte genau dieses Foto fallen zu lassen auf dem kurzen Weg von Bad hierher. Warum hatte sie es überhaupt entwickelt? Es war für den Fall noch weniger relevant als die anderen Bilder. Nämlich gar nicht.

Sie legte die restlichen Fotos auf dem Schreibtisch ab und ließ sich dann auf ihr riesiges Himmelbett fallen das mit unzähligen Kissen und Plüschtieren ausstaffiert war. Jo scherzte oft das er nachts ausversehen ersticken würde bei dem ganzen Zeug im Bett.

Sie hatte das Foto behalten wollen, nur warum? Schließlich war Jo ein Idiot und ein Spinner. Dann konnte ihr doch dieses blöde Bild egal sein. Vielleicht war es nur das sie geheim halten wollte das er Recht gehabt hatte. Das war es, ganz simpel und keine Verstrickung.

Mit einem Seufzen griff Inken unter ihr Bett und holte die obligatorische Geheimnisschachtel hervor die viele Mädchen an der gleichen Stelle besaßen. Es war in ihrem Fall eine Bibel, welche sie ausgehöhlt hatte. In ihr lagen drei Gegenstände. Ein kleines Kettchen ihrer Mutter mit einem Nilpferd als Anhänger, ein Stimmungsring den ihr Vater ihr einmal geschenkt hatte und ein weiteres Bild. Als sie eingezogen war hatte sie ihrer Familie Bilder von der Wohnung schicken wollen, wie sie es immer tat. Sie kommunizierte viel mit Bildern. Als sie aber den Flur fotografierte kam Jo aus dem Badezimmer gelaufen, nur mit einem Handtuch bekleidet und einer Hand in den Dreads. Das Bild war durch Zufall entstanden, doch das sie es behielt war kein Zufall. Es sagte viel über ihre Freundschaft mit Jo aus. Das sie mal nette schöne Momente miteinander hatten war immer Zufall, dass ihr Herz dabei etwas zu laut schlug und sie vollkommen aus dem Takt war, war kein Zufall. Meist war sie innerlich gezwungen einen Streit anzufangen um diese dämliche Zweisamkeit zu vertreiben. Warum? Weil man sich in Jo einfach nicht verliebte. Das war ein verdammtes Naturgesetz und die brach sie aus Prinzip nicht.

Inken sank weiter in die Kissen zurück. Nur dieses Foto konnte verraten das sie manchmal an ihren Prinzipien kratzte.



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