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Die Frau des Henkers

von

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Part 1

Erneut tauchte sie das Leinentuch in die Schüssel mit kaltem Wasser und wrang es aus. Der kleine Junge in dem Bett hinter ihr wimmerte leise.

Vorsichtig strich sie eine seiner hellbraunen Strähnen zur Seite und legte ihm den kühlen Stoff auf die heiße Stirn.

Die Hände im Schoß gefaltet ließ Leonora sich seufzend wieder auf der Bettkante nieder. Ihre schönen dunkelgrauen Augen glitten besorgt über die, vom Fieber geröteten, Wangen des Kleinen. Noch immer hatte sich sein Zustand nicht gebessert!
 

Langsam begann die Sonne unterzugehen. In der karg eingerichteten Stube wurde es dunkel.

Die junge, rothaarige Frau ging ins Nebenzimmer, um drei Kerzen zu holen, sie anzuzünden und auf dem Fensterbrett zu platzieren. Viel mehr Licht wurde dadurch zwar nicht gespendet, aber es war zumindest besser als gar nichts.
 

Mit einem Mal konnte sie hören, wie die Haustür geöffnet wurde und gleich darauf trat eine Frau mittleren Alters zu ihr in das Zimmer.

„Ich bin wieder da Leonora!“, begrüßte sie sie lächelnd, „Mein Mann räumt nur noch eben die Werkzeuge auf!“

Leonora nickte.

Die Ältere kam näher, betrachtete ein paar Augenblicke lang traurig den Jungen und legte ihr dann die, vom Arbeiten rauen, Hände auf die Schultern.

„Ich bin dir so dankbar, dass du dich hier um Tobi kümmerst!“, sagte sie leise, „Dadurch kann ich weiterhin auf dem Feld mithelfen und wir schaffen es vielleicht sogar noch die Ernte rechtzeitig einzuholen!“

„Aber das ist doch selbstverständlich, Sabine!“, die Angesprochene kaute unbehaglich an ihrer Unterlippe, „Du und Thomas, ihr seid doch schon seit Ewigkeiten mit meinem Vater befreundet. Ihr helft und doch auch immer wo ihr nur könnt!“

„Trotzdem!“, Sabine fuhr sich mit der Hand durch die braunen Locken. Sie war erschöpft, das sah man.
 

„Leider ist das Fieber noch kein bisschen gesunken!“, murmelte Leonora schuldbewusst, „Ich glaube ich werde heute doch noch zur alten Wagnerin gehen. Sie hat bestimmt ein Mittel, das dem Kleinen hilft!“

„Möchtest du noch zum Abendessen bleiben?“, bot die Ältere freundlich an.

„Danke, aber mein Vater wartet“, entgegnete sie daraufhin, „und ich möchte nicht zu spät nach Hause kommen!“
 

Zum Glück war Vollmond. So konnte sie sich trotz der Dunkelheit auf dem Weg der am Waldrand entlangführte gut zurechtfinden.

Die alte Wagnerin hieß eigentlich Maria Wagner und wohnte noch weiter abseits von der Stadt als die Bauern. In einer kleinen Holzhütte. Dennoch kannte sie fast jeder – zumindest von den Bauern und ärmeren Leuten - denn Maria Wagner, hatte sich über die Jahren ein unglaubliches Wissen in Sachen Heilkunst angeeignet und war bereit den Menschen damit zu helfen. Wer etwas brauchte, musste zu ihr kommen und selbstverständlich einen kleinen Betrag dafür zahlen oder etwas zum eintauschen mitbringen, so viel wie er eben entbehren konnte. Für viele Leute war dies geschickter, als die teureren Medikamente aus der Apotheke.
 

Leonora ließ ihre Hand in die Tasche an ihrer Schürze gleiten. Zwei Kupfermünzen waren darin, mehr hatte sie im Moment nicht.
 

Vor dem Haus der alten Wagnerin befand sich ein kleiner Kräutergarten und innen war noch Kerzenschein zu sehen.

Leonora klopfte an die Tür. Sehr lange musste sie nicht warten, da wurde auch schon geöffnet. Eine kleine, weißhaarige Frau stand vor ihr.

„Schön dich zu sehen, Kind!“, lächelte sie und ihre blauen Augen strahlten, „Es ist schon sehr spät. Kann ich etwas für dich tun?“

„Ja, bitte!“, antwortete die Jüngere, während sie eintrat, „Der kleine Sohn von Sabine hat hohes Fieber. Die gewöhnlichen kalten Tücher helfen nichts. Hast du etwas da?“

„Ja, ich glaube damit kann ich dir helfen!“, die Wagnerin ging zu einem der drei Regale, in dem so viel unterschiedliches Zeug lag, dass es auf Leonora den Eindruck eines immensen Chaos machte.

„Fieber …“, murmelte die alte Frau nachdenklich, dann schien sie gefunden zu haben, was sie suchte. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und griff nach einem Bündel mit getrockneten Kräutern.

„Davon lässt du zwei Blätter fünf Minuten lang in einem Becher mit kochendem Wasser liegen, nimmst sie danach raus und gibst den Trank dem Jungen drei Mal am Tag. Das wirkt meist ziemlich schnell!“, mit diesen Worten reichte sie es Leonora.

„Ich danke dir, Maria!“
 

Eilig lief sie nun nach Hause. Sie lebte alleine mit ihrem Vater auf einem Hof. Bis auf ein paar Hühner und Gänse hatten sie keine weiteren Tiere, lediglich noch ein Feld. Das war nicht viel, dennoch hatten sie noch nie am Hungertuch nagen müssen. Ein wenig zu essen war immer im Haus.
 

So wie auch jetzt.

Ihr Vater saß am Tisch und war gerade damit beschäftigt zwei Scheiben Brot von einem halben Laib abzuschneiden. Leonora setzte sich zu ihm, nahm eine davon in die Hand.

„Du bist spät!“, stellte der Mann fest. „Ich war noch bei der alten Wagnerin und hab Medizin besorgt!“, antwortete sie, nachdem sie den ersten Bissen hinuntergeschluckt hatte.

„Dann geht es ihm noch nicht besser?“, die ebenso dunklen Augen, wie die Ihrigen, hatten einen alarmierenden Ausdruck angenommen, „Du weißt, wie gefährlich Fieber werden kann?“

„Natürlich! Deswegen hab ich ja auch so schnell wie möglich gehandelt!“, seufzte Leonora. Nachdenklich betrachtete sie die kaum angerührte Scheibe Brot, schob sie dann schließlich von sich weg.

„Ich werde ins Bett gehen!“, murmelte sie, stand auf und ging in ihre kleine Schlafkammer.

Das „Gute Nacht!“, welches ihr Vater ihr noch hinterherrief hörte sie schon gar nicht mehr.
 

*
 

Ganz früh am nächsten Morgen machte sie sich daran, den fiebersenkenden Kräutertrunk herzustellen, so wie Maria Wagner es ihr gesagt hatte. Was zum Glück nicht sonderlich kompliziert war.
 

Sabines Augen leuchteten auf, als sie das Tongefäß in Leonoras Hand sah.

„Sie hat dir also tatsächlich etwas für ihn mitgegeben!“, erleichtert trat sie zur Seite, „Komm rein!“
 

„Hallo, Tobi!“, sagte die junge Frau leise, während sie den Kopf zur Tür hereinsteckte. Der Junge lag im Bett, auf seiner Stirn glänzte kalter Schweiß und seine Wangen waren immer noch gerötet. Dennoch hatte er die Augen geöffnet, grinste ihr sogar ein wenig entgegen: „Hallo Leo!“
 

„Ich vermute nicht, dass es sonderlich gut schmeckt!“, sie setzte sich mit der Medizin zu ihm auf die Bettkante, „Aber es wird dir helfen. Ganz sicher!“

Tobi nickte.

Somit legte Leonora die eine Hand stützend an seinen Hinterkopf und führte mit der anderen den Tonbecher an seine Lippen. Der Kleine verzog zwar kurz den Mund, schluckte aber tapfer.
 

Nun schlief er. Tief und fest. Da es bald Mittag sein würde, beschloss die Frau einkaufen zu gehen. Sonderlich viel war nicht mehr im Haus.

Sie nahm sich den kleinen Korb, der auf dem Tisch stand und machte sich auf den Weg in die Stadt.
 

Als sie den Marktplatz erreicht hatte steuerte sie zu allererst den Gemüsehändler an. Vielleicht hatte Tobi heute ja Appetit auf eine Suppe. Ein paar Eier und etwas Brot sollte sie auch noch besorgen.

Leonora war gerade dabei die eben bezahlten Karotten und den Lauch einzupacken, da entstand unter den Leuten plötzlich eine seltsame Unruhe. Leonora wandte sich um, versuchte herauszufinden warum alle mit einem Mal so aufgeregt miteinander tuschelten, als sie den Grund dafür auch schon sah:

Über den Platz kam ein Pferdefuhrwerk gefahren, auf seinem Kutschbock saßen zwei streng aussehende Soldaten in Rüstungen und mit Dolchen am Gürtel. Und in der offenen Karre kniete eine, für Leonora sehr bekannte Person: Maria Wagner!

Ihr Blick wirkte stumpf und leer. Gebrochen. An den Handgelenken war sie mit groben Stricken gefesselt.

Fassungslos hafteten die Augen der rothaarigen Frau an diesem Bild, bis es ihrem Sichtfeld entschwand.
 

„Es ist geschehen!“, rief mit einem Mal jemand verzweifelt aus, „Die alte Wagnerin wurde der Hexerei angeklagt!“

Part 2

Den ganzen weiteren Tag war Leonora nicht richtig bei der Sache. Nicht auf dem Heimweg, nicht beim Kochen, nicht am Abend, als sie Tobi noch einmal seine Medizin gab.

Ständig schweiften ihre Gedanken ab zur alten Wagnerin.

Sie konnte nicht glauben, dass sie eine Hexe sein sollte, trotz der Heilkunst, die sie betrieben hatte. Allerdings zählte ihre Meinung in diesem Fall nichts. Es gab so gut wie keine Hoffnung, dass Maria den Justizpalast lebend wieder verlassen würde.

Wer einmal als Hexe vor dem Gericht stand war tot. Das wusste jeder.

Lediglich die Zeit des Leidens war unterschiedlich.
 

*
 

Träge lag Leonora auf ihrer Strohmatratze, während sie in die ersten hellen Strahlen der Sonne blinzelte, die durch ihr Fenster hereinfielen. Es versprach ein schöner Tag zu werden.
 

Schließlich raffte sie sich auf, schlüpfte schnell in ihr beiges Leinenkleid und machte sich dann daran über dem Herd etwas Milch in einem Topf zu erwärmen.

Vater war bereits weg.

Immer noch träumend saß sie dann am Tisch, hielt den Becher mit Milch in der Hand und aß eine Scheibe Brot.
 

Mit einem Mal hämmerte jemand in ihre Tür. Laut und fordernd!

Leonora schrak hoch. In ihrem Magen begann es unheilvoll zu kribbeln. Irgendetwas stimmte nicht, das war ihr sofort klar. Nur was?

Sie schluckte und öffnete. Wich dann jedoch einen Schritt vor ihren Besuchern zurück.
 

Zwei Soldaten standen da an der Schwelle. Und Sabine. Sabine, auf deren Wangen Tränenspuren glänzten und deren Augen vom Weinen gerötet waren.

„Das ist sie!“, die Hand, mit der sie anklagend auf Leonora zeigte zitterte, aus ihrer Stimme sprach purer Hass, „Sie hat meinen Jungen umgebracht!“
 

„Was?“, vor Panik krampfte sich das Herz der Jüngeren schmerzhaft zusammen, „Nein!“

„Du hast ihm gestern diesen Trank gegeben!“, schrie Sabine, „Heute morgen lag Tobi im Bett und war tot! Du hast ihn getötet! Vergiftet hast du ihn!“

Einer der Männer trat neben Leonora und umfasste mit eisenhartem Griff ihren Oberarm: „Kommt!“

Unbarmherzig zog er sie nach draußen.
 

Die junge Frau nahm gar nicht wahr, wie die Leute ihr hinterher sahen, als sie über den Marktplatz geführt wurde. Viel zu schnell rasten die Gedanken durch ihren Kopf. So schnell, dass sie keinen einzigen von ihnen richtig zu fassen bekam. Sie verstand nicht, was passiert war, was sie getan haben sollte, was gerade mit ihr geschah und was weiter geschehen würde. Nichts von all dem Drang zu ihr durch. Sie war zu verwirrt, um klar denken zu können.
 

Der Justizpalast war ein mehrstöckiges, graues Steingebäude. Man führte Leonora durch die Eingangspforte und dann eine breite Treppe hinunter. Nach unten in den Kerker.

Ängstlich blickte die Rothaarige sich um, doch das spärliche Licht der Fackel, die der Soldat in der Hand hielt, reichte nicht aus, um etwas zu erkennen. Viel zu undurchdringlich war die Finsternis. Lediglich hören konnte sie. Ein stetiges Wimmern, Stöhnen und Wehklagen erfüllte die stickige Luft. Leonora fröstelte.

Plötzlich blieben die Männer stehen. Einer von ihnen, steckte einen langen Schlüssel in das Schloss der Käfigtür, vor der sie zum Halten gekommen waren und drehte ihn herum. Dann wurde die Rothaarige hineingestoßen. Noch bevor sie sich umdrehen konnte, sagte ihr ein Klacken, das abgeschlossen und sie somit eingesperrt worden war. Und mit diesem Klacken erwachte mit einem Mal die Panik!

„Wartet!“, rief sie den Soldaten hinterher, umklammerte die Gitterstäbe, rüttelte daran so fest sie konnte, „So wartet doch! Ich habe nichts getan!“

Aber der warme Schein der Pechfackel kam nicht zurück.
 

Die Stirn an das schwarze Eisen gelehnt, ließ Leonora sich auf die Knie sinken. Verzweifelt, hilflos. Was sollte sie nur tun?
 

*
 

Irgendwann hatte sie jegliches Zeitgefühl verloren. Sie ahnte nur, dass sehr viel Zeit vergangen sein musste. Ihre Knie und ihr Rücken begannen weh zu tun. Dennoch veränderte sie ihre Sitzposition nicht.

Verharrte regungslos, bis sie Schritte hören konnte.

Da ruckte ihr Kopf nach oben. Angespannt lauschte Leonora in die Dunkelheit. Das Geräusch kam näher. Ein Soldat trat vor ihre Zelle, öffnete sie und zerrte Leonora grob auf die Füße. Sie bemerkte, dass er etwas bei sich hatte. Eine Eisenkette, mit der er ihr nun die Handgelenke zusammenfesselte.

„Wo bringt Ihr mich hin?“, fragte sie, als er sie am Arm wegführte. Ganz kurz erschien ein Grinsen auf seinem Gesicht: „Zu Eurer Gerichtsverhandlung!“
 

Der Saal in den man sie brachte war mit Holz verkleidet. Vorne an dem langen Richterpult saßen sechs Herren.
 

Der in der Mitte richtet das Wort an Leonora: „Leonora Lerchenberg, Euch wird vorgeworfen den Jungen Tobias Baumgärtner vergiftet zu haben …“ „Ich habe ihn nicht vergiftet! Er hatte hohes Fieber. Das Fieber wird ihn umgebracht haben!“, rief sie verzweifelt aus.

Der Richter sah sie aus dunklen Augen streng an: „Seine Mutter meinte, Ihr hättet ihm etwas gegeben?“

Leonora holte tief Luft, versuchte so wieder ruhiger zu werden. Ihre Angst in den Griff zu bekommen.

„Ja! Das war Medizin. Einfache Kräuter!“

„Kräuter?“, ihr Gegenüber hob ungläubig die rechte Augenbraue, „Mir wurde gesagt, es sei ein Trank gewesen?“

„Ja doch!“, so gut es ging wischte sie sich die schweißnassen Hände an ihrem Rock ab, „Ein Heiltrank aus diesen Kräutern!“

„Dann habt Ihr ihn also gebraut?“
 

Die junge Frau biss sich auf die Unterlippe. Für den Richter war diese Geste genau die Antwort, die er erwartet hatte.

„Es wäre für Euch also ein Leichtes gewesen, Gift hineinzumischen. Oder aber, die Pflanze selbst war giftig!“

„Nein!“, so langsam wusste Leonora nicht mehr, was sie tun sollte, „Prüft es doch nach! Ich habe noch etwas davon zu Hause!“
 

„Laut Frau Baumgärtner, hat diese sogenannte Medizin nichts gegen das Fieber geholfen!“, fuhr der schwarz gekleidete Mann fort, ohne auf ihr gesagtes einzugehen.

Erschrocken starrte sie ihn an: „Nein aber, das … das ist doch normal … dass sie nicht gleich wirkt …“

Der Richter schien mit einem Mal nachdenklich. Die Falten auf seiner Stirn vertieften sich und er hatte einen Finger an die Lippen gelegt.

„Dieses Kraut …“, begann er langsam, „das hattet Ihr nicht zufällig von Maria Wagner?“

Jetzt zögerte die Rothaarige zum ersten Mal. Würde sie nun mit „ja“ antworten, würde sie damit der Wagnerin einige Probleme, wenn nicht sogar noch mehr Folter, bereiten. Könnte sie das verantworten?
 

„Nein!“, murmelte Leonora schließlich, „Ich habe es in der Stadt gekauft. Ich hatte mir etwas Geld gespart!“

Diese Ausrede war schwach, das wusste sie, aber ihr wollte einfach nichts Besseres einfallen.

Ihr Gegenüber lehnte sich ein wenig nach vorne. „Ich frage Euch jetzt direkt!“, zischte er, „Habt Ihr dem Jungen Gift eingeflößt?“

„Nein!“, rief sie flehend aus, „Glaubt mir doch! Nein!“

Aber ein Blick in die ernsten Gesichter vor ihr, machte ihr klar, dass ihr niemand glauben würde. Ganz egal was sie tun, ganz egal was sie sagen würde. Sie würden sie der Lüge bezichtigen!
 

„ Wir werden nach der peinlichen Befragung darauf zurückkommen!“, der Richter nickte dem Soldaten von vorhin zu, der daraufhin herbei trat, Leonora bei den Schultern fasste und sie wegführte.
 

Die Frau fühlte sich, als sei sie innerlich vor Angst zu Eis erstarrt. Kalte, blanke Panik kroch in ihre Glieder, machte es ihr unmöglich sich zu wehren. Willenlos wie eine Puppe ließ sie sich von dem Mann durch die Gänge des Justizpalastes führen. Peinliche Befragung. Folter. Schmerzen. Warum denn nur? Sie hatte doch nichts getan?
 

Der Raum, in den man sie brachte lag unten, nahe den Gefängniszellen. An den Wänden lauter Gerätschaften, die sie sich noch nicht mal in ihren schlimmsten Alpträumen hätte ausmalen können. Leonora hatte gehört, dass viele Verurteilte ihre Tat schon gestanden, wenn sie die Folterinstrumente nur sahen. Jetzt erschien ihr das äußerst klug. Sie selbst glaubte ja schon, jeden Moment ohnmächtig zu werden.

Um das Schwindelgefühl zu bekämpfen, richtete Leonora ihre Aufmerksamkeit auf den jungen Mann, dem der Soldat gerade leise etwas zuflüsterte. Er trug ein Wams aus braunem Leder, hatte kurzes, schwarzes Haar und eisblaue Augen. Und er war wirklich noch sehr jung. Kaum älter als Leonora selbst.

Der kam mit einem Mal auf sie zu und dirigierte sie dann zu dem sogenannten ledernen Bett, welches genau in der Mitte des Raumes lag. Doch sie wurde lediglich draufgedrückt und nicht daran festgeschnallt. Zu gerne hätte die Rothaarige jetzt etwas gesagt, gefleht, geschrien, aber ihre Kehle war wie ausgetrocknet. Sie brachte keinen Ton heraus. Erst recht nicht, als der Fremde ihr plötzlich direkt ins Gesicht sah: „Ich denke wir beginnen mit dem stählernen Stiefel!“
 

Vor Leonoras Augen explodierten Sterne, als sich die messerscharfen Spitzen in ihre Wade und den Oberschenkel bohrten. Im ersten Moment konnte sie nur nach Luft schnappen. Unerträglicher Schmerz schoss durch ihren ganzen Körper.
 

„Ja, ich gestehe!“, schrie sie schließlich, ohne groß darüber nachzudenken. Sollten sie sie doch einer Tat bezichtigen, die sie nicht begangen hatte. Sollten sie sie doch töten. Alles war besser als das hier.

Doch die Eisenvorrichtung um ihr Bein wurde nicht wie erwartet geöffnet, sondern, im Gegenteil, eher noch etwas weiter zugezogen.

„Dann bekennt Ihr Euch also schuldig, den Jungen wissentlich getötet zu haben?“

„Ja! Ja doch!“
 

Auf dem Weg zurück zum Gerichtssaal klammerte sich Leonora so fest sie konnte an die Schulter des Soldaten und war zum ersten Mal froh, dass er sie begleitete. Ohne seine Hilfe hätte sie nicht mal mehr kriechen können. Unaufhörlich pochte der Schmerz, zog sich von ihrem Bein durch sämtliche Glieder. Blut floss aus den Wunden und tropfte auf den Steinboden. Die junge Frau spürte, wie ihre Kräfte sie verließen.
 

Wie in Trance beantwortete Leonora die Fragen, welche der Richter ihr erneut stellte. Bejahte sie alle und vergaß sie dann auch schon wieder. Nur die letzten Worte, die er zu ihr sagte, hörte sie klar und deutlich: „Eure Hinrichtung wird morgen Vormittag stattfinden. Tod durch Enthauptung!“
 

In ihrer Zelle brach die junge Frau zusammen. Mit zusammengebissenen Zähnen setzte sie sich auf und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand. Dann versuchte sie so gut es ging mithilfe des Stoffes ihres Kleides die Blutung zu stoppen. Es tat immer noch unglaublich weh. Zudem bekam sie nun doch ein mulmiges Gefühl, wenn sie an den morgigen Tag dachte. An ihren bevorstehenden Tod. Eine leise Angst, während der Folter nicht wahrgenommen, welche ihr jetzt nur einen unruhigen Schlaf gewährte.
 

*
 

Er musste das riesige Schwert, wie jedes Mal, noch zusätzlich mit der Hand festhalten, obwohl es bereits in einer Scheide an seinem Gürtel steckte, sonst würde es ihm beim Laufen gegen das Schienbein schlagen. Dennoch hatte er nach all den Jahren immer noch nicht herausgefunden, wie er es denn nun zu halten hatte, ohne dass es seltsam aussah, die Leute behinderte oder ihm bereits das Handgelenk schmerzte, bevor er überhaupt am Richtplatz angekommen war. Das Schwert hatte nämlich durchaus ein beachtenswertes Gewicht, was ja eigentlich kein Wunder war, wenn man bedachte, dass es mit einem Hieb durch Knochen durchfahren musste. Doch Jonathan gehörte nun mal nicht zu den kräftigsten Männern, die es mit Leichtigkeit durch die ganze Stadt schleppten.

Wie man es auch drehte und wendete, das Ding war lästig!
 

Dementsprechend mürrisch war auch sein Gesichtsausdruck, als er den Marktplatz überquerte. Dass die Leute dabei nervös vor ihm zurückwichen war ihm nur Recht. Wieso wurden die Hinrichtungen eigentlich immer auf den Vormittag gelegt? Das verdarb ihm jedes Mal sein Frühstück. Und warum hatte es diesmal so kurzfristig sein müssen? Elf Uhr nachts war es gewesen, als man ihm die Nachricht überbracht hatte, dass seine Dienste benötigt werden würden. Klar, er als Scharfrichter war ja der Dreck der Gesellschaft, ihn konnte man guten Gewissens vom Schlafen abhalten! Wütend knirschte Jonathan mit den Zähnen und knurrte leise. Barfuß und im Nachthemd hatte er dem Soldaten gegenübergestanden! Diese Schmach würde er sein Lebtag nicht mehr verdauen.
 

Der Mann seufzte. Wieso ärgerte er sich eigentlich schon jetzt am frühen Morgen? Der Tag hatte doch gerade erst angefangen. Das Wetter war herrlich, er hatte genug zu essen im Haus und – bei dem Gedanken konnte er sich ein selbstzufriedenes Grinsen nicht verkneifen – er hatte es erfolgreich geschafft sich vor den gestrigen Folterrungen zu drücken! Ja, darauf konnte er durchaus stolz sein!

Menschen den Kopf abzuschlagen damit hatte er keine Probleme. Ein kräftiger Schlag, es ging schnell, war schmerzlos und danach hatten sie nichts mehr zu leiden.

Sie aber zu folter, was ja ebenso zum Handwerk des Henkers gehörte, das bereitete ihm Bauchschmerzen. Im wahrsten Sinne des Wortes! Er konnte die immer lauter und lauter werdenden Schreie nicht ertragen. Die verzweifelten Blicke, ihre Pein. Er konnte es nicht ertragen, wenn sie ihn anflehten, er ihnen aber des Gesetzes wegen, keine Gnade gewähren durfte.

Er hatte während seiner Ausbildung noch geglaubt, sich mit der Zeit daran zu gewöhnen. Das war auch das gewesen, was sein Vater ihm versichert hatte. Aber so war es nicht gekommen. Er hasste es immer noch!

Daher schob er diese lästige Pflicht immer so oft es ging seinem Gehilfen zu. In diesem Punkt war der Junge geradezu erschreckend abgebrüht für sein Alter!

Jonathan wusste, dass er selbst damit seine Arbeit nicht gut genug machte. Aber er konnte die Menschen einfach nicht foltern! Dafür war er nicht skrupellos genug!
 

Den Richtplatz hatte er jetzt erreicht. Eine Bühne aus Holz, nahe dem Justizpalast, um die sich schon etliche Leute versammelt hatten. Der junge Mann betrat sie und entdeckte an deren Ende den Richter und einen einzelnen Soldaten. Jonathans gerade eben mühevoll aufgebesserte Laune sackte erneut in den Keller. Das war nämlich genau der Kerl, der ihn gestern um Elf Uhr nachts aus dem Bett geschmissen hatte. Dieser bemerkte den Scharfrichter und fing doch tatsächlich an zu grinsen! Jonathan kochte innerlich vor Wut, ließ sich aber nichts anmerken, sondern setzte stattdessen den arrogantesten Blick auf den er zu bieten hatte, schritt erhobenen Hauptes auf ihn zu und hörte sich routinemäßig die Umstände der zu tötenden Person an.

Eine junge Frau war es. Der Hinrichtungsgrund lautete Mord.
 

Ein paar Sekunden des Wartens vergingen noch, in denen der Henker bereits das Schwert zog und es senkrecht neben sich aufstützte. Dann betraten zwei Hauptmänner den Richtplatz und hinter ihnen die angeklagte Frau.

Doch in diesem Punkt musste Jonathan dem Richter widersprechen: Das war keine Frau, das war fast noch ein Mädchen! Er wusste nicht, wieso ihn diese Tatsache plötzlich so erschreckte, aber sie tat es!

Die Hände waren ihr zusammengebunden worden, sie hielt den Kopf gesenkt und Jonathan konnte ganz deutlich erkennen, dass sie hinkte. Sofort wusste er, was ihr angetan worden war. Der stählerne Stiefel! Die Blutflecke an der rechten Seite ihres Rockes sprachen ebenfalls dafür.

Doch der Mann sah noch mehr. Er sah, dass sie ganz leicht zitterte, dass sie, wie zum Gebet, stumm ihre Lippen bewegte und er bemerkte den leeren Blick in ihren dunklen Augen. Ihr Gesicht war kalkweiß, aber dennoch ebenmäßig schön, mit einer geraden Nase, schmalen, leicht spröden Lippen. Die Sonne ließ ihr rotes Haar seidig, weich glänzen. Sie trug es in einem langen Zopf geflochten.
 

All das nahm er innerhalb von fünf Sekunden wahr. Blitzartig brannten sich diese Bilder auf seine Netzhaut. Seine Augen waren gefangen, sein Herz fühlte sich jedoch sonderbar befreit an. Es begann schneller zu schlagen, während seine Atmung im Gegenzug einen Moment aussetzte. Und er selbst zögerte.
 

Jonathan hatte noch nie gezögert! Er hatte so etwas wie Mitleid für seine Opfer gar nicht erst aufkommen lassen, es immer wieder erfolgreich verdrängt. Er hatte ausnahmslos jeden getötet. Männer, Frauen, Kinder, Alte und Junge! Ohne dabei auch nur die geringsten Emotionen zuzulassen. Er durfte nicht zögern!

Doch heute, bei diesem Mädchen, wog das Schwert in seiner Hand mit einem Mal Tonnen.
 

*
 

So gut es ging, versuchte Leonora ihre Angst in den Griff zu bekommen, als sie aus ihrer Zelle auf den Richtplatz geführt wurde. Immer wieder sagte sie sich, dass es ganz schnell gehen und nicht weh tun würde. Und dass dann endlich alles vorbei sein würde. Doch so sehr sie es sich auch einredete, gänzlich aufhören zu zittern, das schaffte sie nicht.
 

Man brachte sie bis fast ganz an den Rand der Tribüne. Zwar sah sie die wartende Menschenmasse, aber es war ihr herzlich egal. Sollten sie doch alle zu ihr hinauf starren und sich an ihrem Tod erfreuen! Bald würde alles vorbei sein.
 

Einer der Soldaten zwang sie mit seinen starken Händen in die Knie und drückte dann ihren Kopf nach unten, so dass ihr Nacken frei lag. Die junge Frau spürte, wie es ihr den Angstschweiß aus sämtlichen Poren presste. Sie biss die Zähne aufeinander und machte die Augen zu. Betete, flehte schon fast. Flehte innerlich, dass der Henker nun endlich sein Schwert erheben und es beenden sollte.

Doch stattdessen wurde sie gewahr, dass etwas schweren – es klang fast wie ein Stück Eisen – mit einem dumpfen Schlag auf den Holzbrettern aufkam. Und dann war da eine Stimme. Eine dunkle, feste Stimme, die so laut über den Platz schallte, dass nicht nur sie, sondern alle Umstehenden sie hören konnten: „Ich werde dieses Mädchen zu meiner Frau nehmen!“

Part 3

Leonora hörte die Worte zwar, verstand sie aber noch nicht ganz. Was war geschehen? Warum waren die Menschen plötzlich so aufgeregt?

„Hat der Henker also endlich sein Weib gewählt!“, murmelte der Soldat neben ihr. Dann beugte er sich zu ihr herunter und flüsterte mit einem leicht hämischen Unterton in der Stimme: „Glück gehabt, Fräulein!“
 

Henker?

Da tauchten mit einem Mal zwei dunkelbraune Stiefel in ihrem Blickfeld auf. Die Person, der die Schuhe gehörten, ging vor ihr in die Hocke und dann lösten erstaunlich feingliedrige Finger die Fesseln an Leonoras Handgelenken. Erst ab diesem Moment hob die Frau ihren Blick. Ein junger Mann kniete ihr gegenüber. Halblange, dunkelbraune Locken fielen ihm bis fast ganz auf die Schultern. Die Iris seiner Augen, welche Leonora nun direkt ansahen, leuchtete durch die Strahlen der Sonne in einem schönen Goldbraun. Er lächelte.

„Du brauchst keine Angst mehr zu haben!“, er drückte kurz ihre Hände, strich dabei zart mit dem Daumen über ihre Haut, „Es ist vorbei!“

„Ja, aber … wieso …?“, sie war immer noch verwirrt. Seine Überraschung im ersten Moment konnte er nicht verbergen, aber er machte ihr, ihres Unwissens wegen, keine Vorwürfe, sondern klärte sie ruhig auf.

„Ich als Scharfrichter darf eine einzige Frau begnadigen, indem ich sie mir zur Gemahlin nehme!“, er legte ihr einen Arm um die Schulter und half ihr so vorsichtig beim Aufstehen, „Und das habe ich gerade getan!“

Sie brachte lediglich ein Nicken zustande. Es war ihr egal, dass er sie damit, sofern man es denn ganz genau nahm, gewaltsam in eine für sie völlig neue Situation gezerrt hatte. Es war egal, wie ihre Zukunft nun aussah. Er hatte ihr mit seiner Entscheidung das Leben gerettet. Hatte ihr eine Zukunft geschenkt, wo sie schon geglaubt hatte, keine mehr zu haben.

Erleichternd ausatmend lehnte sie sich an ihn, versuchte damit ihr schmerzendes rechtes Bein etwas zu entlasten.
 

Dass er sie den ganzen Weg vom Richtplatz bis zu seinem Zuhause trug, war ihr zwar anfangs höchst unangenehm, doch der Scham flaute schnell ab und wich großer Dankbarkeit. Sein Haus lag nämlich am anderen Ende der Stadt und eine halbe Stunde lang zu humpeln, wenn auch mit seiner Hilfe, hätte sie vermutlich nicht durchgehalten.

So lag ihr Kopf nun in seiner Halsbeuge, während ihr Blick an seinen schmalen Lippen haftete, die sich immer mal wieder zu einem leichten Schmunzeln verzogen, wenn ihnen die Leute gar zu fassungslos hinterher starrten.
 

Als er das Osttor passiert hatte, konnte sie das Haus sehen. Es war aus roten Backsteinen zusammengebaut und stand völlig alleine da. Keine Bauernhöfe drum herum, nichts. Nur ein einfacher Pferdestall war noch angebaut worden. Sogar der gekieste Zufahrtsweg und der naheliegende Fluss machten einen großen Bogen darum. Auch wenn es ganz nahe der Stadtmauer war, es stand außerhalb. So als wenn niemand etwas damit zu tun haben wollte!
 

„Da wären wir!“, etwas umständlich öffnete er die Tür, da er Leonora ja immer noch auf seinen Armen hatte.

Der Wohnraum war groß. Staunend sah die Rothaarige sich um: Ein großer Holztisch mit Stühlen, zwei Hängeschränke in denen sich Porzellangeschirr befand, eine Küchenzeile mit Spüle, Arbeitsfläche und Herd, vor dem Kamin stand auf einem großen Schafsfell ein dunkelroter Sessel.
 

„Tut mir Leid, dass ich vergessen habe nachzufragen, aber … wie heißt du?“, vorsichtig setzte er sie auf einem der Stühle ab.

„Leonora!“, antwortete sie, legte sich währenddessen die Hand auf ihren schmerzenden Bauch. Das Ziehen in ihrem Magen war ihr erst jetzt aufgefallen.

„Schöner Name!“, ihr Gegenüber lächelte, „Ich bin Jonathan! Und keine Angst, ich mache dir sofort was Warmes zu essen!“

Sie wurde rot und war daher froh, dass er sich gleich von ihr abwandte. Hatte er ihre Geste eben doch tatsächlich bemerkt.
 

So schnell es ging kochte er ihr eine einfache Gemüsesuppe, gab ihr aber noch zusätzlich zwei Scheiben Brot belegt mit Räucherschinken dazu. Leonora begann bei diesem Anblick der Magen zu knurren.
 

„Lass es dir schmecken!“, nur ganz kurz drückte Jonathan aufmunternd ihre Schulter, „Ich werde mal eben was holen, um dein Bein zu behandeln!“

Mit diesen Worten verschwand er durch eine der vier angrenzenden Türen.
 

Die junge Frau griff nach dem Löffel, der neben ihrem Teller lag und begann gierig zu essen. Doch nach nur wenigen Sekunden, in denen sie merkte, wie die heiße Flüssigkeit sie von innen her aufwärmte, musste sie plötzlich aufschluchzen. Sie konnte mit einem mal nicht anders, als sich die Hand an den Mund zu pressen und zu weinen.

Leonora hatte in den letzten 24 Stunden nie geweint. Nicht während ihrer Gefangenschaft, nicht während des Verhörs, nicht bei der Folter, auch nicht im Angesicht des Todes. Sie hatte gelitten und Angst gehabt. Aber sie hatte kein einziges Mal geweint!

Erst jetzt, da sie in Sicherheit war und endlich wieder Freundlichkeit erfahren durfte, brachen all die Tränen aus ihr hervor. Flossen unablässig über ihre Wangen. Ließen sich nicht aufhalten. Der Bann aus Angst war gebrochen!
 

Dass Jonathan wieder hereinkam und zu ihr eilte, hörte sie nicht. Aber sie merkte, wie er behutsam die Arme um sie legte, verbarg daraufhin aus einem Gefühl der Hilflosigkeit heraus, das Gesicht an seiner Brust.

„Ganz ruhig!“, flüsterte er. Seine Umarmung wurde fester: „Es ist alles wieder gut. Du bist hier in Sicherheit Leonora! Es ist vorbei!“

Diese und ähnliche Worte wiederholte er noch ein paar Mal, bis ihr Schluchzen abgeebbt war. Dann erst ließ er sie sacht los. Betrachtete ungewöhnlich sanft ihre geröteten Augen, die sie beschämt von ihm abgewandt hatte.

„Verzeih!“, murmelte sie.

Doch darauf ging der Henker überhaupt nicht ein. „Na komm!“, ermunterte er sie lächelnd, nickte dabei mit dem Kopf in Richtung der auf dem Tisch stehenden Speisen, „Iss etwas! Danach geht’s dir besser!“
 

Das tat sie dann auch.

Jonathan war indes in die Knie gegangen, hatte ihren Rock soweit es nötig war nach oben geschlagen und damit begonnen eine übelriechende Salbe auf ihren Wunden zu verteilen, die geradezu höllisch brannte. Doch Leonora versuchte es so gut es ging zu ignorieren.
 

Als ihr Teller leer war wandte sie sich ihm zu. Beobachtete ihn dabei, wie er einen Verband um ihr Bein legte, schniefte noch einmal kurz und fragte dann: „Bist du etwa auch Arzt?“

Er blickte auf. An den Lachfältchen um seine Augen konnte Leonora erkennen, dass ihn die Frage amüsiert hatte: „Nein, nicht direkt! Ich muss heilen können. Ich hab da hinten auch eine kleine, eigene Apotheke. Das gehört zum Beruf des Henkers! Er muss auch gute Kenntnisse über die Beschaffenheit des Körpers haben …“, konzentriert fuhr er nun damit fort die weiße Binde um ihr Knie zu legen, darauf bedacht, sie nicht zu fest zu ziehen, damit sie es noch beugen konnte, „ … damit er weiß, wie viel Folter er einem Menschen zumuten kann, ohne ihn dabei zu töten!“

Die Nüchternheit mit der er das sagte, ließ der Rothaarigen einen Schauder über den Rücken jagen.

„Und wer hat dir das beigebracht?“, das bezog sich nun eher auf seine Heilkenntnisse. Jonathan schien zu verstehen. „Mein Vater!“, antwortete er, „Er hat mir alles beigebracht. Weißt du, wenn du als Sohn eines Henkers geboren wirst, musst du den Beruf deines Vaters ausüben. Du hast gar keine andere Wahl! In diesem Punkt sind die Mädchen ausnahmsweise mal besser dran als wir Männer …“, er seufzte, „Denn sie können sich sozusagen freiheiraten. Dem Teufelskreis dadurch entgehen!“
 

„So …“, er machte noch einen Knoten, in die zwei kurzen Enden, „Fertig!“

Wieder lächelte er freundlich und nahm ihre Hände in seine. Die nächsten Fragen kamen jedoch sehr ernst über seine Lippen: „Gibt es noch irgendetwas, was ich für dich tun kann? Irgendwelche Wünsche, die ich dir erfüllen kann? Etwas, was du möchtest?“

Der besorgte, warme Ton in seiner Stimme berührte sie zutiefst, sodass sie gar nicht anders konnte, als den Druck seiner Finger zu erwidern: „Ich würde gerne nach meinem Vater sehen. Ihm sagen, dass es mir gut geht, verstehst du?“
 

Jetzt zögerte Jonathan. Haderte mit sich. Sein Blick wandte sich mit zusammengezogenen Augenbrauen gen Boden. „Sicher doch …“, begann er schließlich, „aber … ganz ehrlich, Leonora …“, seufzend sah er wieder zu ihr auf, „davon würde ich dir abraten!“

„Wieso?“, verständnislos entzog sie ihm ihre Hände.

Immer noch ein wenig zögerlich versuchte der Scharfrichter zu erklären: „Die Nachricht, dass ich dich zur Frau genommen habe, hat sich mit Sicherheit bereits in der ganzen Stadt verbreitet. Du weißt, wie schnell so etwas geht!“, eindringlich blickte er sie an, „Du bist jetzt eine Ausgestoßene, Leonora! Von der Gesellschaft nicht mehr akzeptiert … Genau wie ich!“, er schloss kurz seufzend die Augen, dann fuhr er fort, „Das ist das Schicksal von uns Henkern. Und unserer Familien. Wir gehören nicht dazu!“
 

„Aber mein Vater würde mich niemals verachten!“, versuchte die junge Frau halbherzig zu protestieren. Das eben Erfahrene hatte sie erschreckt. Soweit hatte sie noch überhaupt nicht gedacht!

„Natürlich nicht!“, gab Jonathan ihr Recht, „Aber gerade unter den abergläubischen Bauern haben wir Henker den schlechten Ruf, Flüche mit uns zu bringen oder gar tödliche Krankheiten zu übertragen! Und das Gleiche gilt für unsere Ehefrauen und Kinder! Glaub mir: Du würdest deinem Vater mit deiner Gegenwart nur schaden! Wenn dich irgendjemand bei ihm sieht, werden ihn die Leute bald ebenso bespucken wie uns!“, nun hatte seine Stimme einen flehenden Unterton angenommen, der Leonora erkennen ließ, dass er es nur gut meinte. Dennoch war sie enttäuscht.

„Ich verstehe schon!“, murmelte sie, den Blick dabei zur Seite gerichtet.

„Es tut mir leid!“, hörte sie ihn flüstern, schüttelte jedoch nur den Kopf. „Du kannst ja nichts dafür!“
 

„Wenn ich nun also deine Frau bin …“, durchbrach Leonora nach einer Weile das Schweigen, welches sich über sie gelegt hatte, „gibt es dann eine Hochzeit?“

So niedergeschlagen Jonathan in den letzen Minuten auch gewesen sein mochte, jetzt fing er an zu lachen!
 

„Eine Hochzeit …“, immer noch kichernd stand er auf und legte sich scheinbar fassungslos die Hand an die Stirn, „ … für den Henker …“, grinsend blickte er auf seine junge Gefährtin, die mit vor Scham geröteten Wangen neben ihm saß, „nein, ich glaube kaum! Verzeih mir, Liebchen, aber niemand der noch bei klarem Verstand ist, wird sich dazu bereit erklären uns beide zu vermählen! Es genügt wahrhaftig, dass die ganze Stadt darüber Bescheid weiß!“
 

„Ich glaube wir sollten uns mal um einen Schlafplatz für dich kümmern, was meinst du?“, wechselte er nun das Thema. Die Rothaarige nickte, dankbar für die Ablenkung. Sie erhob sich und machte vorsichtig ein paar Schritte. Ja, es ging schon etwas besser als vorher!

„Ist es in Ordnung für dich, mit mir in einem Zimmer zu schlafen?“, fragte Jonathan, öffnete eine Tür und ließ sie eintreten. „Sicher!“, antwortete sie ihm schlicht.
 

In dem Raum stand ein einfaches Bett an der rechten Wand. Darauf Daunendecke und

-kissen mit weißem Bezug. Neben dem Kopfende ein Nachtkästchen aus dunklem Mahagoniholz und einen großen Kleiderschrank gab es, aus demselben wertvollen Material gefertigt. Jonathan verdiente gut, das war hier mehr als nur deutlich zu erkennen.

„Ich hätte mir aus Wolldecken ein einfaches Lager an der anderen Seite des Zimmers errichtet“, erklärte er nun, „dann kannst du in meinem …“ „Nein!“, unterbrach sie ihn seufzend, „hör zu, ich … ich weiß das wirklich zu schätzen, aber …“, sie suchte nach den richtigen Worten, „ich kenne diese improvisierten Schlafstätten von zu Hause und … das ist hier alles noch so neu … gib mir bitte Zeit mich daran zu gewöhnen!“

„Na schön!“, lenkte er schließlich widerwillig ein, „Aber dann nimm wenigstens eine von meinem zusätzlichen Steppdecken!“

Damit war sie einverstanden.
 

Gemeinsam richteten sie ihr aus vier übereinandergelegten Wolldecken eine dünne Matratze. Und Leonora musste sich währenddessen eingestehen, dass ihr der Henker so langsam immer sympathischer wurde.
 

„Ich werde dich jetzt leider noch mal für ein paar Stunden allein lassen müssen!“, sagte Jonathan, als sie fertig waren, „Ich hab noch zu Arbeiten und außerdem“, er lächelte schief, „muss ich noch das Schwert holen, das ich am Richtplatz zurückgelassen hab!“
 

*
 

Draußen begann es schon dunkel zu werden. Er war immer noch nicht zurück.

Leonora war müde und hatte daher beschlossen, früh ins Bett zu gehen. Unschlüssig hatte sie eine Weile vor dem Kleiderschrank gestanden, sich dann aber doch getraut eines seiner Nachthemden herauszunehmen und überzuziehen. Dass die Ärmel viel zu lang waren störte nicht sonderlich, sie würde lediglich aufpassen müssen, beim Gehen nicht auf den Saum zu treten. Jonathan war doch fast einen Kopf größer als sie.
 

Plötzlich fiel ihr siedend heiß ein, dass sie ihm noch nicht gedankt hatte!
 

Grübelnd ließ die Rothaarige sich auf seinem Bett nieder. Würde ein einfaches ‚Danke‘ überhaupt ausreichen? Nein, gewiss nicht! Immerhin hatte er ihr das Leben gerettet und sie ohne Vorbehalte bei sich aufgenommen. Es musst etwas anderes sein. Etwas Größeres.
 

Und mit einem Mal hatte sie die Lösung. Auch wenn es eine war, die ihr selbst Angst machte. Aber sie war jetzt seine Frau. Sie gehörte ihm! Irgendwann hätte er sie so oder so genommen!

Wenn sie sich dem Henker also nun aus freiem Willen heraus anbot, könnte sie ihm damit ihre Dankbarkeit vermutlich am besten beweisen.
 

*
 

Erschöpft fuhr er sich mit einer Hand durchs Haar. Eben hatte er noch schnell nach seinem Hengst gesehen und das große Schwert mit im Stall eingeschlossen, doch nun war seine Arbeit für heute beendet. Da konnten noch so viele Soldaten mit wichtigen Mitteilungen bei ihm anklopfen! Er würde gewiss keinem von ihnen mehr öffnen!
 

Jonathan stieß die Eingangstür auf. In der Wohnstube empfing ihn Finsternis. Sogar das Feuer im Kamin war bis auf die Glut zurückgegangen.

„Leonora?“, rief er aus.

Nein, sie schlief noch nicht, wie er anfangs gedacht hatte, denn sogleich konnte er ihre Stimme vom Schlafzimmer her vernehmen: „Ich bin hier!“
 

Er wollte zu ihr gehen, kam aber lediglich bis zur Türschwelle. Dort blieb er stehen. Konnte nicht verhindern, erschrocken nach Luft zu schnappen.
 

Sie saß auf seinem Bett. Das Nachthemd bis zum Bauchnabel aufgeknöpft und komplett von Schultern und Armen geschoben. Das Haar trug sie nun offen. Leicht gewellt fiel es ihr auf den Rücken, war von ihr hinters Ohr geschoben worden, bedeckte somit nicht das kleinste bisschen Haut ihrer nackten Brüste, die das warme Licht der Kerzen so weich erscheinen ließ, dass der junge Mann es bereits unwillkürlich genoss, allein seinen Blick darüberstreichen zu lassen.
 

Nur ein paar Sekunden. Sekunden des ungläubigen Bewunderns, die ihm im Nachhinein als viel zu lange Zeit des Starrens in Erinnerung blieben. Doch auch wenn er spürte, wie sein Blut in Wallung geriet und heiß durch seinen Körper floss, er sah ihre im Schoß verkrampften Hände. Und ihre Augen? Die hielt sie demütigst gesenkt!
 

Langsam ließ Jonathan die Luft aus seinen Lungen wieder entweichen, bevor er ebenso bedacht auf sie zuging. Mit jedem Schritt, den er tat, wurde ihre Körperhaltung angespannter. Und noch immer hatte sie ihn nicht angesehen.
 

Der Henker seufzte, griff schließlich nach der oberen Hälfte des Nachthemdes, die unnütz hinter ihr lag und streifte sie ihr wieder über die Schultern. Bedeckte somit ihre Blöße. Konnte dabei spüren, wie sie zitterte.
 

Jetzt endlich schnellten Leonoras Augen zu seinem Gesicht, allerdings erschrocken und verwirrt. Und der Unglauben in ihnen wurde noch größer, als sie sah, wie ihr Ehemann langsam, aber sehr bestimmt den Kopf schüttelte.

„Nein, Leonora!“, sagte er ernst, „Du hast Angst. Dazu ist es noch viel zu früh! Du musst jetzt erst mal wieder richtig gesund werden und alles was dir widerfahren ist verarbeiten. Wir haben alle Zeit der Welt und ich werde dich zu nichts drängen, glaub mir!“

„Aber … ich wollte doch …“, ihr leiser Versuch zu protestieren, wurde von ihm mit einem Lächeln im Keim erstickt.

„Ich weiß, was du wolltest!“, Jonathans Blick wurde sanfter, „Das mag jetzt vielleicht nicht sehr edel klingen, aber …“, er musste kurz auflachen, „es genügt völlig, wenn du für mich kochst, dich um das Pferd kümmerst und das Haus in Ordnung hältst! Ganz ehrlich. Ich erwarte nicht mehr!“

Ein Lächeln zu unterdrücken, das war ihr in diesem Moment nicht möglich: „In Ordnung!“
 

„Und jetzt solltest du wirklich schlafen!“, lenkte er ein, „Ich werde auch ins Bett gehen. Morgen ist wieder ein anstrengender Tag!“

Er führte sie zu ihrem Lager, wartete bis sie unter ihre Decke gekrochen war und ging dann in die Hocke, um ihr noch einmal mit dem Daumen über die Wange zu streichen: „Schlaf gut, Leonora! Und willkommen in deinem neuen Zuhause!“
 

Müde schmiegte sie ihr Gesicht in das große Kissen. Ein Federbett. Ja, das war wahrlich etwas schöneres, als die kratzigen, dünnen Wolldecken, die sie sonst gewohnt war. Vielleicht war es in gewissen Dingen doch von Vorteil, mit einem wohlhabenden Henker verheiratet zu sein.
 

Dass Jonathan aus dem Bad zurückkam, wo er sich umgezogen hatte, hörte sie noch. Das Rascheln seiner Bettdecke allerdings bekam sie nicht mehr mit.

Part 4

Als Leonora am nächsten Morgen aufwachte, wusste sie zunächst nicht wo sie war. Doch es bedarf lediglich ein paar Sekunden, in denen sie des anderen leeren Bettes gewahr wurde, bis ihr alles wieder einfiel.

Sie war im Haus des Scharfrichters. Er hatte sie gestern begnadigt.
 

Jonathan saß bereits fertig angezogen am gedeckten Frühstückstisch, hatte gerade die Tasse an seine Lippen geführt.

„Morgen!“, begrüßte die junge Frau ihn leise.

„Guten Morgen!“, lächelte er zurück. „Das Bad ist da!“, als hätte er ihre Gedanken gelesen, deutete er auf die Tür, die direkt neben dem Schlafzimmer lag, „Ich hab dir schon frisches Wasser geholt!“

„Danke!“

Seine Großzügigkeit überraschte sie. Viele Männer wären davon ausgegangen, Wasser vom Fluss zu besorgen oder sich um das Frühstück zu kümmern, wären jetzt als frisch gebackene Hausfrau ihre Aufgaben, und hätten gewiss keinen Finger krumm gemacht.

Der Henker war da anders. Sie schien ihm wahrlich am Herzen zu liegen. Oder tat er das alles aus Mitleid?
 

Im Bad stand tatsächlich auf der Waschkommode eine gefüllte Kupferschüssel. Kernseife und Handtuch lagen daneben.

Was Leonora aber im ersten Moment am meisten beeindruckte, war der große, hölzerne Badezuber in der Ecke. Ein freudiges Kribbeln machte sich in ihrer Magengegend bemerkbar.

Abends nach getaner Arbeit noch einmal in warmes Wasser steigen! Von so einem Luxus hatte sie früher nur träumen können!
 

Aber auch bei Tisch gab es Dinge, über die sie innerlich nur fassungslos den Kopf schütteln konnte. Stand dort doch beispielsweise ein ganzes Glas mit Honig.

„Nimm dir ruhig!“, lachte Jonathan, als sie ihn sich gar zu sparsam auf ihre Scheibe Brot schmierte.

Verlegen lächelnd tauchte sie ihr Messer noch einmal in die goldbraune Flüssigkeit.

„Wir haben zu Hause Honig nur zum Süßen der Speisen verwendet!“, erklärte sie, „Wir hatten immer nur ganz wenig. Er war teuer!“

„Und Zucker vermutlich gänzlich unerschwinglich, nehme ich an?“, riet ihr Gegenüber.

„Ja, genau! Ich komme aus einer Bauernfamilie!“

„Was hattet ihr Mittags zu essen?“, fragte Jonathan weiter.

„Hirsebrei!“, antwortete sie ihm.

„Jeden Tag?“

Bei dem ungläubigen Augenverdrehen seinerseits, als sie bejahend nickte, musste Leonora lachen: „Tut mir leid! Du wirst mir zeigen müssen, wie man deine Leibgerichte kocht. Aber dann werde ich mir alle Mühe geben!“

„Weißt du, diese Tatsache hätte ich jetzt überhaupt nicht angezweifelt!“, schmunzelte er.
 

Als sie so durch das Gespräch an ihren Vater erinnert wurde, kam ihr plötzlich etwas völlig anderes in den Sinn.

„Wo ist eigentlich dein Vater?“, fragte sie, „Er müsste hier doch auch wohnen! Er ist doch auch Henker!“

„Sicher!“, sie sah, wie Jonathan zögerte, „Er hat hier gelebt. Er … man hat ihn umgebracht!“, als er Leonoras fassungslosen Blick bemerkte, erklärte er weiter, „Eines Tages wurde sein bester Freund auf den Richtplatz geführt und mein Vater sollte ihn enthaupten. Er konnte es nicht. Er hat sich geweigert! Ich war dabei. Ich weiß noch, wie das Volk sich auf ihn gestürzt hat. Sie haben ihn festgehalten und dann wurde er mit fünf Schwertstichen …“, der Mann brach ab.

„Aber … warum?“, die Rothaarige war verwirrt, „Ich verstehe nicht …“

„Dir hat noch keiner jemals etwas über dieses Berufsbild erklärt, kann das sein?“, Jonathan lächelte gequält, wurde dann aber sehr ernst, „Weil so die Regeln sind! Das ist das Gesetzt!

Wenn ein Henker sich weigert zu töten oder es nicht sofort beim ersten Versuch schafft jemandem den Kopf abzuschlagen, dann muss er dafür mit seinem Leben bezahlen! Er wird vom Volk gelyncht. Bei jeder Hinrichtung zu der ich gehe, besteht die Gefahr, dass ich selbst derjenige bin, der umgebracht wird. Deswegen ist es so wichtig, dass ich meine Arbeit perfekt mache! Ich darf kein Mitleid zeigen, ich darf nicht zögern, ich darf das Schwert nicht ungenau oder gar zu schwach führen. Sonst bin ich tot, Leonora!“
 

Erschrocken hafteten ihre Augen an seinem Gesicht. Sie hatte immer angenommen, Scharfrichter seien von Natur aus grausame und böse Menschen, die töteten, weil es ihnen Spaß machte.

Dass viele von ihnen diesen Beruf überhaupt nicht freiwillig erwählt hatten und töten mussten um ihr eigenes Leben zu retten, das hatte sie nicht gewusst!

Jetzt tat es ihr Leid.
 

Sacht legte sie ihre Hand auf seine, streichelt die langen Finger, welche ihr schon von Beginn an viel zu schön dafür vorgekommen waren, den Griff eines Henkerbeils zu umschließen.
 

Er war es schließlich, der sich nach ein paar schweigenden Minuten ihrer Berührung entzog.

„Lass mich noch mal nach deinem Bein sehen!“, sagte er, stand auf und ging die Salbe, sowie einen neuen Verband holen.
 

Vorsichtig wickelte er die weiße Binde ab, lächelte dann aber zufrieden: „Das sieht doch schon sehr viel besser aus! Die Entzündungen sind zurückgegangen!“

„Es tut auch nicht mehr so weh!“, meinte Leonora.
 

Er hatte die Salbe aufgetragen und war gerade dabei ihr Bein wieder zu verbinden, als es an der Tür pochte.

„Ja?“, rief Jonathan laut.

Ein Soldat betrat den Raum: „Herr? Man erwartet Euch im Justizpalast!“

Allerdings dachte der Henker gar nicht daran, dem Befehl nachzukommen. „Seht Ihr nicht, dass ich gerade Wichtigeres zu tun habe?“, fauchte er, „Geht zu Robin und nehmt den mit. Er kann das heute ruhig noch einmal übernehmen!“
 

Leonora kam es beinahe so vor, als würde ihr der Hüne einen tadelnden Blick zuwerfen, aber gleich darauf wandte er sich wieder dem vor ihr knieenden Mann zu: „Die Straßen müssten auch mal wieder gesäubert werden. Viele der Leute beschweren sich schon über den ganzen Unrat. Wenn Ihr das schon so schleifen lasst, will ich gar nicht wissen, wie die Kloake aussieht!“

„Die hab ich erst gestern gereinigt!“, bellte Jonathan, „Und um die Straßen kümmere ich mich heute Nachmittag! Wir werden sehen, wie weit ich komme!“

Jetzt war er aufgesprungen, mit zu Fäusten geballten Händen und vor Scham geröteten Wangen. Es war ihm peinlich, dass Leonora nun wusste, welche schmutzigen Aufgaben er neben dem Kopfabhacken, noch übernehmen musste und an welchen Orten er sich herumtrieb.

Am liebsten hätte er den Soldaten für sein loses Mundwerk erwürgt, der sich nun grinsend zum Gehen wandte: „Beeilt Euch damit lieber! Sonst kommt die Gerbers frau noch mal auf die Idee ihren Nachttopf über Euch auszuleeren!“

„RAUS!“, schrie der Henker und schlug die Tür hinter seinem ungebetenen Gast höchstpersönlich ins Schloss. Allerdings wurde dadurch das laute Lachen des Soldaten nur bedingt gedämpft.
 

„Du musst nicht den ganzen Vormittag bei mir bleiben!“, hörte er nach einer Weile Leonora zaghaft sagen, „Du kannst auch jetzt schon anfangen … wenn du wirklich so viel zu tun hast!“

„Nein!“, meinte er daraufhin bestimmt, „Ich mache es wie geplant. Heute Nachmittag!“

Es vergingen ein paar Sekunden, in denen der Henker förmlich spürte, wie seine Frau hinter ihm mit sich haderte.

„Hat sie wirklich …?“, setzte sie dann vorsichtig zum Sprechen an.

„Ja, sie hat!“, presste Jonathan zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, „Ich musste die ganze Nacht in dem Zuber verbringen, bis ich diesen Gestank endlich aus meinen Haaren hatte!“

Noch immer hielt Jonathan die Türklinke fest umklammert. Den Teufel würde er tun und sich jetzt umdrehen. Oh nein! Erst wenn sein Gesicht nicht mehr so glühen würde, als hätte er totbringendes Fieber, aber auch kein bisschen früher!
 

*
 

Mittags kochten sie zusammen. Und Leonora erzählte. Von ihrer Familie, ihrem früheren Zuhause. Dass sie zu Unrecht verurteilt worden war. Von der ganzen Verhandlung.
 

Sie waren gerade mit Essen fertig geworden, als es zum zweiten Mal an diesem Tag an der Tür klopfte.

Doch diesmal öffnete Jonathan persönlich.
 

Leonora erstarrte! Von ihrem Platz am Tisch aus, konnte sie erkennen, wer ihrem Mann gegenüberstand: Ein Junge in ihrem Alter, mit kurzen, rabenschwarzen Haaren und kalten, hellblauen Augen. Sie konnte sich nur zu genau an sein Gesicht erinnern. Sie war ihm schon einmal begegnet. In der Folterkammer!
 

Mit einem Schlag war alles wieder da! Wie in Trance durchlebte sie alle Eindrücke, Gefühle und Ängste dieser Zeit noch einmal. Ließ sie ungehindert an ihrem inneren Augen vorbei- und gleichzeitig aber auch auf sie einströmen.

Leonora war gar nicht bewusst gewesen, wie sehr sie die Folter in den letzten friedlichen Stunden verdrängt hatte.

Dass sie zu zittern begonnen hatte, bemerkte sie nicht, ebenso wenig hörte sie die Worte, die Jonathan zu dem Mann sagte, bevor er ihn wegschickte.
 

Als der Henker sich zu der rothaarigen Frau umwandte und sah, wie kreidebleich sie geworden war, wusste er sofort, was los war. Dennoch fand sie, zu seiner großen Überraschung ihre Stimme schneller wieder als er.

„Wer war das?“, fragte sie leicht panisch, nickte währenddessen mit dem Kinn zur Tür, „Was macht der hier?“

„Das ist Robin!“, begann Jonathan zu erklären, trat neben sie und legte ihr die Hände auf die Schultern, „Er ist mein Gehilfe. Meistens lasse ich ihn die Folterungen durchführen!“

„Warum?“, fragend sah sie zu ihm hoch.

„Weil ich es nicht kann!“, gab er ihr bestimmt zur Antwort.

„Du kannst es nicht?“

Daraufhin schüttelte der Henker nur stumm den Kopf.
 

„Aber ich verspreche dir …“, ganz kurz nur zog er Leonora sacht an sich, „dass dir niemand mehr wehtun wird. Dass sich so etwas nicht noch einmal wiederholt. Es ist vorbei!“
 

Doch in diesem Punkt sollte Jonathan sich irren. Es war noch lange nicht vorbei!
 

*
 

Der Raum war, wie das letzte Mal mit Fackeln beleuchtet. Hier, an diesem Ort, wirkte ihr flackerndes Licht bedrohlich. Wie wünschte Leonora sich doch, es wäre dunkel!

Wie wünschte sie sich, sie hätte die Folterinstrumente an den Wänden um sich herum nie gesehen.

Man hatte sie auf das lederne Bett geschnallt. So fest, dass sie sich nicht mehr bewegen konnte. Schon etliche Male hatte sie an den Riemen gezerrt. Und man hatte ihr ihre Kleider genommen. Sie war nackt.
 

Da hörte sie plötzlich jemanden leise lachen. Ängstlich drehte sie den Kopf zur Seite. Dort an der Wand stand Robin, das Gesicht zu einem Grinsen verzogen.

Und neben ihm Jonathan, der jedoch wirkte völlig emotionslos. Hatte die Arme vor der Brust verschränkt.

„Wie viel Folter kann man einem Menschen zumuten, ohne dass er stirbt?“, fragte er monoton, dann verließ er den Raum.
 

„Nein, geh nicht!“, schrie die Rothaarige panisch, als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, „Bleib da! Hilf mir!“

Nur Jonathan würde ihr helfen können. Nur er! Er könnte sie hier rausholen, wenn er sie zur Frau nahm. Aber wenn er jetzt ging, dann …
 

„Er wird nicht wiederkommen!“, sagte Robin. Der Mann kam langsam auf sie zu. In der Hand hielt er den stählernen Stiefel, legte ihn ihr an.

„Warum? Warum kommt er nicht wieder?“, rief Leonora, „Wieso hilft er mir nicht?“

„Weil er feige ist!“, spie der Schwarzhaarige nun zornig aus, „Der größte Feigling, der mir jemals unter die Augen gekommen ist!“, ruckartig drehte er an der Eisenschraube.

Einmal.

Zweimal.

Dreimal.

Zog die Vorrichtung um ihr Bein immer weiter zu.

Leonora schrie.

„Und so was nennt sich Henker!“, noch einmal ließ Robin die scharfen Spitzen sich tiefer in ihr Fleisch bohren.
 

„Jonathan!“, rief sie aus, flehend, wimmernd. Er musste sie einfach hören. Er konnte sie doch hier nicht allein lassen!
 

„Hilf mir! Bitte hilf mir! Komm zurück!“
 

„Ich bin doch hier! Leonora!“

Erst als sie den Klang dieser Stimme vernahm, gelang es der jungen Frau ihre Augen aufzureißen. Immer noch panisch blickte sie direkt, in das besorgt aussehende Gesicht des Henkers.

„Ich bin doch hier!“, wiederholte Jonathan flüsternd, streichelte ihr dabei eine Haarsträhne aus der Stirn, „Du hast nur geträumt. Es ist alles gut!“

Ihre Mundwinkel zuckten. Verzweifelt schüttelte Leonora den Kopf: „Nein, nichts ist gut!“

Widerstandslos ließ sie sich von ihm in seine Arme ziehen, drückte ihr Gesicht an seine Schulter und versuchte nicht in Tränen auszubrechen.

Dass er ihr dabei in immer gleichen Bewegungen über den Rücken strich, half.
 

Jonathan selbst sagte keinen Ton, sondern hielt sie einfach nur fest. Doch nach einer Weile flüsterte er ihr schließlich ins Ohr: „Willst du den Rest der Nacht vielleicht mit bei mir schlafen?“

Ein Schmunzeln konnte er nicht unterdrücken, als Leonora blitzschnell etwas von ihm abrückte und ihn ein wenig erschrocken ansah.

„Keine Angst. Ich tue dir nichts!“
 

Das glaubte sie ihm. Sie glaubte ihm und fühlte sich in keinster Weise bedrängt, obgleich sie sich sehr eng nebeneinander legen mussten, um zu zweit in seinem Bett Platz zu finden. Jonathan war kein Fremder mehr, das wurde ihr mit einem Mal bewusst. Seine Gegenwart fühlte sich an, wie die eines guten Freundes.
 

Sie hatten sich beide auf die Seite und einander zugedreht. Zusätzlich zu dem Kissen hatte er ihr noch seinen Arm unter den Kopf geschoben.

Seine Füße waren kalt.

Das konnte sie sogar noch durch den Stoff an ihren Beinen spüren.
 

Nachdenklich spielte sie an einem Knopf seines Nachthemdes, bis sie sich schließlich traute die Frage zu stellen, die sie seit heute Vormittag nicht mehr losließ: „Liebst du mich eigentlich?“

„Ja!“, er antwortete zwar ohne zu zögern, aber seine Stimme klang anfangs etwas rau, „Seit ich dich das erste Mal gesehen habe. Da habe ich mich in dich verliebt!“, nun konnte sie ihn leise lachen hören, „Hätte ich dich sonst heiraten sollen?“

Leonora ging darauf nicht ein.

„Bereust du es allmählich?“, wollte sie stattdessen leise wissen.

„Nein! Gewiss nicht!“, sagte er bestimmt, „Im Gegenteil, je mehr ich von dir erfahre, desto mehr …“, der junge Henker brach ab.

Und dann strich etwas sacht über ihre Stirn. Seine Nasenspitze, wie sie einen Moment zu spät realisierte.
 

Beinahe meinte er, sie wäre eingeschlafen, da sie nichts mehr sagte, aber dann ergriff Leonora wieder leise das Wort: „Du hast Angst … vor den Folterungen …“

Nicht der geringste Vorwurf lag in ihrer Stimme. Sie sprach es einfach nur aus.

Jonathan seufzte kaum hörbar.

„Dann hältst du es also für feige?“, fragte er.

„Nein, nicht feige …“, sie lächelte, allerdings ohne ihn anzusehen, „… menschlich!“
 

Ob sie sie spüren konnte? Die Wärme, die sich mit einem Mal in seiner Brust ausbreitete? Er wusste es nicht.

Aber sein Herz, das konnte sie mit Sicherheit schlagen fühlen, da sie nämlich in just diesem Moment, den Knopf, an dem sie die ganze Zeit über herumgespielt hatte, öffnete und ihre Hand flach auf seine nackte Haut legte.

Part 5

Leonora befand sich gerade in einem wohlig warmen Dämmerzustand, der ihrer Meinung nach ewig hätte währen können, als ein dumpfer, aber dennoch lauter Schlag, direkt neben ihr, sie erschrocken auffahren ließ.

Verwirrt blickte sie zur Seite. Die Betthälfte, die sie dort vorfand war leer. Jonathan lag auf dem Boden und war eben damit beschäftigt sich leise ächzend aufzusetzen. Irritiert blinzelte er in das Licht der Morgensonne, bevor er sich Leonora zuwandte.

„Hast du dir wehgetan?“, fragte sie besorgt nach, aber dennoch nicht in der Lage ihr Schmunzeln zu verbergen, „Tut mir leid!“

Der Henker schüttelte daraufhin jedoch nur lediglich den Kopf.
 

„Ich werde Frühstück machen!“, sagte sie, schlug die Decke zurück und stand auf.

„Ist gut!“, auch Jonathan erhob sich.
 

Es dauerte noch eine Weile, bis Leonora alle Sachen in den Schränken gefunden hatte, aber nachdem die erste Müdigkeit abgeschüttelt worden war, machte es ihr sogar Spaß und sie erledigte ihre Aufgaben gewissenhaft.
 

*
 

„Na du!“, sanft streichelte sie dem braunen Hengst über die weiche Nase, „Wie heißt du denn?“

„Amos!“, sagte eine Stimme hinter ihr.

Die Rothaarige drehte sich um. Jonathan war zu ihr in den Stall gekommen.

„Ich wollte eigentlich nur sagen, dass ich jetzt schon los muss!“, erklärte er, „Könntest du Einkaufen? Du kannst ja nachprüfen, was wir brauchen. Das Geld hab ich dir auf den Tisch gelegt!“

„Ja, natürlich!“, nickte sie schnell, froh nun eine Beschäftigung für den Vormittag zu haben.

„Und hierfür …“, lächelnd drückte ihr der Henker eine Goldmünze in die Hand, „Kaufst du dir was Schönes zum Anziehen. In Ordnung?“, kurz streichelte er sie noch einmal an der Wange, dann wandte er sich zum Gehen.

Leonora musste lachen.
 

Aber zuerst galt es das Pferd zu versorgen. Sie holte vom Fluss einen Eimer mit Wasser und füllte den Futtertrog mit Hafer auf.

Dann erst nahm sie sich den bereitgelegten Lederbeutel aus der Wohnstube und machte sich auf den Weg zum Marktplatz.
 

Und dort bekam sie mit einem Mal zu spüren, was es bedeutete, die Frau eines Henkers zu sein. Eines Geächteten.

Manche Leute beäugten sie unsicher oder ängstlich, die Blicke anderer versprühten dagegen regelrecht Gift. Hin und wieder konnte sie leises Getuschel hinter ihrem Rücken vernehmen.

Leonora schluckte und fühlte sich mit jedem Schritt unwohler. So schnell es ging besorgte sie die Lebensmittel, wagte es dabei kaum, den Verkäuferinnen auch nur in die Augen zu sehen.
 

Aber dann atmete sie einmal tief durch. Versuchte ihr Herz zu beruhigen und die anderen Leute zu ignorieren. Jonathan hatte ihr extra etwas von seinem Geld mitgegeben, damit sie sich etwas zum Anziehen kaufen konnte. Sie würde seine Großzügigkeit nicht einfach mit Füßen treten, nur weil sie Angst vor der Meinung fremder Menschen hatte!

Nach all dem, was sie durchgestanden hatte, hatte sie sich ein neues Kleid wirklich verdient.
 

Sie fand auch sehr rasch eines. Es war aus dunkelblauem Leinenstoff, konnte vorne geschnürt werden und hatte lange Ärmel. Also genau das richtige für den, in wenigen Monaten hereinbrechenden Winter.

Zufrieden bezahlte sie und konnte es kaum erwarten, es zu Hause ihrem Gatten zu zeigen.
 

Daher zog sie es sich auch gleich an, kaum dass sie ihren Korb in der Küche abgestellt hatte.

Bald würde es Mittag sein. Leonora beschloss mit dem Kochen anzufangen.
 

*
 

Sie hatte gerade die Kartoffelsuppe abgeschmeckt, als Jonathan nach Hause kam.
 

„Wie sehe ich aus?“, strahlend drehte sie sich einmal um die eigene Achse, sodass der lange Rock sich leicht aufbauschte und ergriff dann, in einem plötzlichen Übermut, die Hände ihres Mannes, „Sag schon!“

Der Henker lächelte glücklich. Ihre Freude war ansteckend. Zudem war es das erste Mal, dass er sie so gelöst erleben durfte, auch das ließ sein Herz schneller schlagen und seinen Blick sanfter werden.

„Du bist wunderschön!“, flüsterte er. Zärtlich und samtweich.

Seinen nächsten Satz ergänzte er allerdings nur in Gedanken: ‚Eigentlich viel zu schön für einen Scharfrichter …‘
 

Ganz langsam näherte er sich ihrem Gesicht, zögerte für den Bruchteil einer Sekunde und küsste sie dann vorsichtig auf die Lippen.

Unwillkürlich schloss Jonathan die Augen, als könne er sich damit dieses neue, schöne Gefühl noch tiefer in sein Herz brennen. Wie gerne wäre er so bis in Ewigkeit verharrt, dennoch rückte er nach nur ein paar Momenten wieder von seiner Frau ab.
 

Ihre Schultern hatten sich verspannt, ihr Blick ruhte völlig emotionslos auf ihm. Sie hatte den Kuss nicht erwidert. Nicht mal ein kleines bisschen.
 

Dem jungen Henker schnürte es die Kehle zusammen. Dementsprechend rau waren auch seine nächsten geflüsterten Worte: „Du liebst mich nicht, nicht wahr?“

Leonora wandte ihren Blick ab, nach unten auf ihre immer noch ineinander verschlungenen Finger. „Ja!“, murmelte sie beschämt.

„Hasst du mich?“, fragte Jonathan weiter nach.

Zu seiner Überraschung sah sie ihn nun mit einem Mal wieder an. Lächelnd.
 

„Nein!“, Leonora legte ihm die Arme um den Hals und zog ihn an sich. Drückte ihre Wange an seine Schulter und schloss die Augen.

Liebevoll erwiderte der Henker die Umarmung. Sie konnte seine Hände an ihrem Rücken spüren und es sich nicht erklären, wieso sie plötzlich das Gefühl hatte, ihre Herzen würden im selben Takt schlagen.
 

*
 

„Gehst du eigentlich in die Kirche?“, es war ein Sonntagmorgen, an dem Leonora diese Frage stellte. Jonathan, der ihr gerade dabei half den Tisch abzuräumen, wiegte leicht den Kopf. „Nicht sehr oft, fürchte ich!“, gestand er schließlich, „Aber wenn du möchtest … können wir natürlich gerne hingehen!“

Die junge Frau nickte.
 

*
 

Die Kirche war Leonora vertraut. Fast kam es ihr so vor, als würde sie für einen Moment wieder in ihr altes Leben zurückkehren.

Doch immer noch musste sie schlucken, als sie die abschätzigen Blicke der Leute bemerkte.
 

Plötzlich konnte sie etwas weiter vorne einen roten Haarschopf erkennen. Ihr Vater!
 

Das Gesicht der jungen Frau leuchtete auf. Sie wollte zu ihm gehen, um sich neben ihn zu setzten, aber Jonathan griff nach ihrem Handgelenk und hielt sie zurück.

Entschuldigend schüttelte er den Kopf, dann deutete er stumm auf die hinterste Bank, wo äußerst wenig Tageslicht hinfiel.

Leonora verstand.

Das war also auch eine der Regeln, an die sie sich zu halten hatten.
 

Sie gehörten nicht dazu.

Part 6

Mit der Zeit gewöhnte Leonora sich daran, dass immer wieder zu den unmöglichsten Tageszeiten Soldaten oder Boten an ihre Tür klopften, um ihrem Mann seine Arbeitsaufträge mitzuteilen.
 

So zogen die Tage und Wochen ins Land.

Es wurde Herbst.
 

Der kalte Nebel, der morgens noch über dem Gras gehangen war, hatte sich verzogen. Nun schien die Sonne und die orangeroten Blätter der Bäume standen in einem wunderschönen Kontrast zu dem Blau des Himmels.
 

Vielleicht war es einer der letzten schönen Tage dieses Jahres, überlegte Leonora, als sie auf der Schwelle ihres Hauses stand. Das sollte sie ausnützen.

Die Beeren im Wald waren jetzt mit Sicherheit reif. Aus denen könnte sie dann Marmelade machen. Oder einen Kuchen. Jonathan würde sich bestimmt freuen.
 

Mit zwei Holzeimern machte sie sich auf den Weg in den Wald, ihre Gedanken jedoch blieben bei ihrem Mann hängen. Er war ihr seit diesem Kuss kein einziges Mal mehr so nahe gekommen. Allerding war es ihr nicht möglich darüber wirklich erleichtert zu sein, denn seinen darauffolgenden, enttäuschten Gesichtsausdruck hatte sie immer noch vor Augen. Jonathan hatte sich Hoffnungen gemacht und sie hatte sie zerstört und ihn damit verletzt. Das wusste sie und es tat ihr weh, da sie ihn wirklich mochte!

Aber eben ‚nur‘ mochte.

Sie liebte ihn nicht.

Sie fühlte sich in seiner Nähe wohl, vertraute ihm und konnte ihn inzwischen ohne Zweifel zu ihrer Familie zählen.

Aber sie liebte ihn nicht.

Und ihm eine Liebe vorspielen die nicht echt war, damit würde sie ihn nur belügen.

Das würde sie nicht schaffen, denn dazu mochte sie ihn einfach zu sehr.
 

Deswegen versuchte sie dem Scharfrichter nun wenigstens eine gute Ehefrau zu sein. Ihm so viel Freude zu schenken, wie in ihrer Macht stand.
 

*
 

Obwohl Leonora immer mal wieder mit ihrem Rocksaum in den Brombeerranken festhing, hatte sie doch sehr schnell einen Eimer mit den saftigen, schwarzen Früchten bis zum Rand gefüllt.

Sie war gerade aus der Hocke aufgestanden und wollte ein Stück weitergehen, als ein merkwürdiges Pfeifen an ihr Ohr drang.

Irritiert sah sie sich um. Es ertönte noch einmal, dann knackte es plötzlich hinter der jungen Frau und schließlich kam Jonathan gebückt, und leise lachend, unter den tief herabhängenden Zweigen einer Tanne zum Vorschein.

Leonora lächelte erleichtert, war aber dennoch enttäuscht, dass er sie überrascht hatte.

„Ich wollte dir hiermit doch eine Freude machen!“, seufzte sie, wies dabei mit der Hand auf die bereits gesammelten Beeren.

Ganz ernst sah der Henker ihr daraufhin in die Augen, bevor er leicht verständnislos antwortete: „Aber das ist dir doch gelungen!“
 

Die Rothaarige schmunzelte.

„Bist du für heute etwa schon fertig mit arbeiten?“, fragte sie dann.

„Nicht direkt …“, meinte Jonathan ausweichend, „Ich hab gerade wieder einen losgeschnitten. Seine Angehörigen haben mich gebeten, ihn erst in einer Stunde zu bestatten. Sie brauchen noch etwas um damit fertigzuwerden, wollen sich richtig verabschieden, … du verstehst …“

Ein Schauder durchlief den schlanken Körper der Frau. Sie fröstelte kurz.

„Das ist jetzt bereits der dritte Selbstmord, seit Anfang des Monats …“, murmelte sie leise, „Das ist doch nicht normal, oder?“

„Nein, durchaus nicht!“, seufzte ihr Gatte, „Für viele Bauern läuft die Ernte dieses Jahr nicht gut und die Steuern wurden auch erhöht. Vermutlich hat der Hunger sie in den Freitod getrieben!“

Als er bemerkte, wie blass seine Frau geworden war, legte er ihr den Arm um die Schulter. „Ich weiß das ist furchtbar, aber so ist leider die heutige Zeit. Sieh es doch mal so: Ich hab jetzt immerhin etwas Zeit für dich!“, meinte er sanft und drückte sie an sich, „Lass uns gemeinsam weiter Brombeeren suchen! Eine bessere Möglichkeit diesen ganzen Mist zu vergessen, will mir nämlich gerade überhaupt nicht einfallen!“

„Du Armer!“, mitfühlend rieb sie über seinen Oberarm, dann bückte sie sich, pflückte eine der schwarzen Früchte und hielt sie ihm an die Lippen. Lächelnd nahm Jonathan sie mit den Zähnen entgegen, verzog aber sehr schnell das Gesicht, als er begann zu kauen.

„Sauer!“, stellte er nuschelnd fest, nahm seine Partnerin dann scharf ins Auge, „War das etwa Absicht, Liebchen?“

Leonora antwortete nicht. Grinste nur schief.
 

Sie bekamen den einen leeren Eimer tatsächlich noch zur Hälfte voll. Leonora erzählte dabei von der einen oder anderen Tratschgeschichte die sie in den letzten Tagen in der Stadt aufgeschnappt hatte.

Beide lachten viel und steckten sich hin und wieder, mal mehr, mal weniger süßen Beeren gegenseitig in den Mund.
 

Sogar auf dem Nachhauseweg klang das Hochgefühl der jungen Frau nicht ab. Mit federnden Schritten lief sie neben ihrem Mann über das weiche Gras. Diese eine Stunde hatte ihr gutgetan, das musste sie sich eingestehen. Wo sie doch sonst immer nur spät abends ungestört beisammen sein konnten.

Ohne zu zögern schob sie nach einer Weile ihre Hand in seine. Auf Jonathans überraschten Gesichtsausdruck daraufhin lächelte sie nur glücklich.

Und der Henker erwiderte ihr Lächeln ebenso warm, umfasste dabei ihre Hand etwas fester.
 

*
 

„Sag, Liebchen …“, an der Tür drehte sich der Scharfrichter noch einmal um, als er gehen wollte, „könntest du mir für heute Abend ein heißes Bad richten? Ich will versuchen kurz nach dem Schließen der Stadttore zu Hause zu sein!“

Leonora, die gerade begann die eben gesammelten Beeren zu waschen, versprach der Bitte nachzugehen.
 

Doch vorher machte sie sich noch einmal auf den Weg in die Stadt. Nicht um etwas Bestimmtes einzukaufen. Einfach nur, um zwischen den Ständen umherzuschlendern.
 

Und an diesem Tag war auf dem Marktplatz tatsächlich etwas anders. Ein fahrender Händler hatte sich mit samt seinem Wagen in der Nähe des Brunnens aufgestellt, wo er seine Wahren anpries.

Fasziniert trat die Rothaarige näher. Auf dem Tisch vor ihm lagen Stoffe, kostbarer Schmuck und wohlriechende Öle, die er in kleine Glasfläschchen abgefüllt hatte.
 

Leonoras Augen blieben an einem dunkelgrünen Baumwollstoff hängen. Behutsam strich sie mit der Hand darüber und überlegte. Ein neues Wams für ihren Mann. Sie könnte ihm daraus doch eines selber nähen! Die Farbe würde Jonathan auf alle Fälle stehen.

„Kann ich Euch helfen, junge Frau?“, fragte der beleibte Verkäufer freundlich.

Im ersten Moment war die Angesprochene zwar etwas überrumpelt, fing sich aber schnell wieder: „Ja, bitte! Wie viel würden drei Ellen von dem hier kosten?“
 

*
 

Zuhause angekommen legte sie ihre neue Errungenschaft zuerst einmal im Schlafzimmer ab. Sie würde an einem anderen Wams von Jonathan Maß nehmen. Später oder gar morgen erst. Jetzt hatte sie leider keine Zeit dazu mit nähen anzufangen.

Die Sonne würde bald untergehen und sie musste noch das Bad für ihren Mann vorbereiten.
 

Und das war keine leichte Arbeit.

Sie musste die zwei mit Wasser gefüllten Blecheimer mühsam vom Fluss zurück zum Haus schleppen, dort jeweils einzeln über das Feuer hängen, warten bis das Wasser heiß war und das dann vorsichtig, um sich nicht selbst zu verbrühen, in den Holzzuber schütten.

Und das ganze insgesamt vier Mal.
 

Als der Henker nach Hause kam, war sie erst seit wenigen Minuten fertig und gerade dabei ihren schmerzenden Rücken leicht durchzudrücken.

„Alles in Ordnung?“, erkundigte sich Jonathan.

„Ja, doch. Keine Sorge!“, winkte Leonora daraufhin ab, „Ich bin diese Art von Arbeit nur noch nicht gewohnt!“
 

„Was hast du denn mit dem Stoff da drin vor?“, der junge Scharfrichter deutete mit dem Daumen hinter sich in das Schlafzimmer aus dem er sich eben sein Nachtgewand geholt hatte.

Die Rothaarige lächelte. Verlegen, wie sie selbst überrascht feststellte: „Das wird ein Obergewand. Für dich!“

Erfreut hob Jonathan die Augenbrauen: „Danke, Liebchen!“
 

Während er im Bad war, fing sie doch schon an zu arbeiten. Zeichnete die Umrisse des neuen Kleidungsstücks so genau wie möglich mit Kohle auf die, bis jetzt noch makellose, grüne Stoffbahn.
 

*
 

Als Leonora mit ihrem Werk, zumindest für diesen Tag, zufrieden war, kehrte sie in die Wohnstube zurück.

Jonathan saß bereits, gekleidet in sein blütenweißes Nachthemd, in dem bequemen Sessel.

Seine Beine hatte er übereinandergeschlagen und in den Händen hielt er einen dampfenden Becher Tee.

Gedankenverloren starrte er auf die Flammen, in denen hin und wieder ein Holzscheid knackte. Als er jedoch Leonoras Blick auf sich spürte, wandte er sich seiner Frau zu.

„Komm her!“, bat er leise.
 

Fast wie von selbst verzog sich daraufhin ihr Gesicht zu einem Lächeln.

Sie ließ sich neben ihm auf dem Schafsfell nieder und lehnte ihre Wange entspannt gegen sein Knie.

Und als er ihr dann mit warmen Fingern zuerst durch die Haare fuhr und sie anschließend auf ihre Schulter legte, fühlte sie sich plötzlich wieder genauso wohl, wie am späten Nachmittag, als sie gemeinsam Hand in Hand am Fluss entlanggewandert waren.

Part 7

Noch ließ der erste Schnee für dieses Jahr auf sich warten, aber auf den Wiesen lag morgens bereits der Raureif und schwere Wolken bedeckten nun schon seit zwei Tagen den Himmel. Es sollte also nicht mehr allzu lange dauern.
 

Die Luft war kalt und brannte ihn in den Lungen. Auf dem Marktplatz herrschte, wie fast immer zu dieser Tageszeit, reges Gedränge, doch das war Robin in diesem Moment eigentlich ganz recht, denn so konnte er ungeniert seinen Ellenbogen dazu benutzen durch die Menschenmasse zu kommen und sich dabei wenigstens ein bisschen abreagieren.

Er war verärgert.

Und zwar über alle Maßen.
 

Sein Ziel stellte ein schmales Haus in einer beinahe ebenso schmalen Gasse dar.

‚Badehaus‘ stand auf dem Holzschild über der Tür. Für Robin jedes Mal der Inbegriff an Skurrilität, befand sich im Inneren doch etwas völlig anderes, als Waschzuber und Seife. Aber noch nicht mal darüber konnte er heute lächeln.

Mürrisch trat er ein.
 

Die jungen Frauen, die vereinzelt mit einem Glas Wein vor sich an den Tischen saßen, beachtete er nicht. Und auch sie würdigten ihn keines Blickes, wussten sie doch bereits, dass er von ihnen nichts wollte.

Lediglich eine Blonde, grinste ihm frech entgegen. „Wie schaffst du es nur immer, hier genau zur richtigen Zeit aufzukreuzen?“, sie nickte mit dem Kinn zu einer Tür, die, im Gegensatz zu den anderen halb versteckt hinter einem roten Vorhang lag, „Sie ist gerade frei geworden!“

Robin zuckte daraufhin nur die Schultern: „Kann mir doch ganz Recht sein, oder?“
 

Die Luft in dem kleinen Zimmer war stickig und roch nach Schweiß. Auf einem Stuhl am Fenster saß eine Frau. Schwarzes Haar fiel ihr in dichten Locken auf die nackten Schultern. Ihr Kleid hatte sie noch nicht wieder ganz angezogen. Ihre Wangen waren gerötet, das nebenstehende Bett zerwühlt.

Unwillkürlich zog Robin seine Augenbrauen noch mehr zusammen. Anscheinend war sein Vorgänger wirklich noch nicht lange fort!
 

„Willkommen, mein Herr!“, ihre grünen Augen funkelten, sie grinste, „Sagt, wie möchtet Ihr es haben? Ich stehe zu Eurer Verfügung!“

„Lass den Schwachsinn, Estelle!“, fauchte er.

„Ach richtig, du kennst das ja alles schon!“, lasziv bewegte sie sich auf ihn zu und legte ihm dann ihre Arme um den Hals, „Was ist los? Mit so einer miesen Laune bist du hier noch nie aufgetaucht!“ Sie machte den Versuch ihn zu küssen, doch noch bevor ihre Lippen die seinen erreichten, befreite Robin sich leicht ungehalten aus ihrer Umarmung.
 

„Es ist dieser verfluchte Henker!“, nun ließ er sich auf den Stuhl fallen, „Einen Dreck um seine Arbeit schert der sich! Schon schlimm genug, dass er zu feige ist die Folterungen durchzuführen und die dauernd an mich ab gibt. Heute hat er mich zum Straßensäubern abgestellt! Er ist der Scharfrichter! Er hat hier die Drecksarbeit zu machen, nicht ich! Glaubt der etwa nur weil er jetzt ein Weib im Haus hat, braucht er seinen Verpflichtungen nicht mehr nachzugehen, oder was?“
 

„Das ist fürwahr ein Grund um sauer zu sein!“, Estelle trat hinter ihn und schlang ihm die Arme um den Hals, „Ich würde sagen, als Entschädigung für den ganzen Ärger den du in letzter Zeit hattest, bekommst du mich heute mal kostenlos!“

Irritiert blickte Robin sie an.

Auch wenn er ihr mehr bedeutete als ihre gewöhnlichen Kunden, so hatte sie doch noch niemals auf ihre Bezahlung verzichtet.

„Tatsächlich?“, fragte er daher misstrauisch nach.

Die Frau lachte: „Ja! Der Kurfürst kommt doch übermorgen für einen kurzen Besuch in unsere Stadt. Und mit ihm eine ganze Reihe von einsamen Soldaten. Da werden meine Mädchen und ich, mehr als genug Geld einnehmen!“

„Na dann!“, zum ersten Mal an diesem Tag erschien ein Lächeln auf Robins Gesicht.

Er stand auf und zog Estelle in seine Arme. Endlich ließ er sich von ihr küssen und ebenso bereitwillig auf das schmale Bett drücken.
 

*
 

Vor ein paar Wochen hatte der erst kürzlich gewählte Fürst beschlossen, alle Städte in seinem Herrschaftsgebiet zu besuchen, damit sein Volk einen guten Eindruck von ihm bekam.

Und nun war es eben soweit, dass er für zwei Tage in unserer verweilen würde.

Schon lange hatten sich die Bürger darauf vorbereitet. Die beste Unterkunft war für seine Durchlaucht hergerichtet worden. Gaukler und Zirkusleute hatten sich auf den Weg in die Stadt gemacht. Der Marktplatz war herrlich geschmückt und jetzt im Moment voller Menschen, die aufgeregt durcheinanderredeten.
 

Robin hatte es tatsächlich geschafft sich ganz nach vorne zu drängen.

Dass Estelle neben ihm gerade damit beschäftigt war, den umstehenden Männern mehr als nur anzügliche Blicke zuzuwerfen, passte ihm zwar gar nicht, aber er sollte froh sein, dass sie überhaupt eingewilligt hatte, mit ihm herzukommen. Das bewies nun wirklich, dass er mehr für sie war, als nur ein Bettgenosse, auch wenn sie es niemals aussprach.
 

Mit einem Mal wurde das Stimmengewirr um sie herum leiser.

Robin verstand auch sofort warum:

Zwei Soldaten kamen auf den Platz geritten. In der Hand hielt jeder von ihnen eine große Flagge, die das Wappen des Kurfürsten trug. Und ihnen folgte eine edle Kutsche.

Dahinter kamen wieder Soldaten.

Der Zug hielt in der Mitte des Marktplatzes.
 

Die Tür der Kutsche öffnete sich und heraus trat ein älterer Herr in kostbaren Gewändern.

Die Menge jubelte.

Ungewollt ließ sich Robin von der Begeisterung der Leute mitreißen. Daher nahm er etwas verspätet wahr, wie Estelle ihn an der Schulter rüttelte.

„Da!“, sagte sie und deutete nach vorne.

Er runzelte die Stirn. Sein Blick folgte ihrem ausgestreckten Finger, bevor der junge Mann nach Luft schnappte.
 

Fast gänzlich verborgen im Schatten, von niemandem wahrgenommen, kauerte dort unter der Kutsche eine abgemagerte Gestalt, die gerade ihre Hand in Richtung des Fürsten ausstreckte.

„Hey!“, schrie Robin.

Der Dieb zuckte zusammen, doch er kam nicht mehr dazu zu fliehen. Schon waren Soldaten zur Stelle, die ihn aus seinem Versteck herauszerrten und mit eisernem Griff festhielten. Da konnte er sich wehren so viel er wollte.

Es war ein Bauer, wie Robin erkannte, als er hinzutrat. Seine Kleidung war stellenweise schmutzig, rotes Haar hing ihm leicht verfilzt in die Augen. Sein Gesicht war bleich.
 

Der Kurfürst, der im ersten Moment doch ziemlich erschrocken sein musste, atmete nun erleichtert aus.

„Ich danke Euch, junger Mann!“, sagte er lächelnd zu Robin gewandt. Dieser neigte respektvoll den Kopf, dann ruhte sein Blick wieder auf den Soldaten.

„Bring ihn in den Justizpalast!“, ordnete er an.

Part 8

Das Licht der Fackeln ließ seinen Schatten an den Mauern des Steinganges tanzen, als er den so verhassten Weg zur Folterkammer ging. Am liebsten wäre er umgedreht und hätte es gelassen, aber Jonathan wusste nur zu gut, dass er sich nicht auf ewig vor seiner Pflicht drücken könnte. Dass Robin schon vor langer Zeit misstrauisch geworden war, hatte ihn ja nicht sonderlich gestört – der Junge konnte ihm nichts anhaben – doch so langsam begann seine Nachlässigkeit, bis ins hohe Gericht durchzudringen und dem konnte er eben nur entgegenwirken, wenn er seine Arbeit etwas gewissenhafter ausführte, als in den letzten Wochen.
 

Wobei er ja überhaupt nicht verstand, wieso man den Gefangenen nicht gleich hinrichten ließ. Es war immerhin eindeutig bewiesen, dass er versucht hatte den Kurfürsten zu bestehlen. Aber nein, der Richter bestand auf die Folter.

„Wenn er solchen Spaß daran findet die Leute zu quälen, wieso macht er es denn dann nicht selbst?“, murmelte Jonathan halblaut und mit unterdrücktem Ärger in der Stimme.
 

Jetzt war er vor der schweren Holztür angekommen. Er zögerte noch einen Moment, bevor er schlussendlich doch eintrat.

Um die Todesgerätschaften an den Wänden nicht länger als nötig beachten zu müssen, richtete der Henker seine Aufmerksamkeit schnell auf den Dieb, der regungslos auf dem ledernen Bett saß. Ließ seinen Blick über den ausgemergelten Körper gleiten und stutzte. Der Gefangene kam ihm bekannt vor. Doch wieso? Woher kannte er ihn?
 

Mit einem Mal hob der Mann den Kopf und blickte Jonathan aus dunklen, müden Augen eine kurze Zeit direkt an, bevor er mit brüchiger Stimme zum Sprechen ansetzte: „Wie geht es meiner Tochter?“
 

*
 

Ohne dass sie es verhindern konnte warf Leonora immer öfter besorgte Blicke auf ihren Mann. Der saß nun schon seit seiner Ankunft in seinem Sessel vor dem Kamin. Mit zusammengezogenen Augenbrauen und einem kummervollen Ausdruck auf dem Gesicht. Er hatte Leonora heute nicht begrüßt wie sonst, ja, sie noch nicht einmal richtig angesehen. Die Rothaarige hatte das merkwürdige Gefühl, er versuche vor ihr zu fliehen.
 

„Willst du nichts essen?“, fragte sie in die Stille hinein. Jonathan schloss für einen Moment die Augen, presste die Lippen aufeinander und schüttelte währenddessen den Kopf.

„Was ist denn los?“, die Ungeduld in ihrer Stimme konnte sie nicht verbergen, als sie sich neben ihn auf die Lehne setzte und den Arm um seine Schulter legte, „Ist bei deiner Arbeit irgendwas passiert, dass du so bedrückt bist? Heute Morgen war doch noch alles in Ordnung! Oder hat es was mit mir zu tun? Bitte sag es mir, Jonathan!“
 

Sie konnte sehen wie er Luft holte, den Mund öffnete und dann doch nur seufzend den Kopf senkte.

„Ich …“, er brach ab.

Die Hand hatte er inzwischen zur Faust geballt. Für einen winzigen Moment suchte er den Blick seiner Frau, wandte ihn jedoch blitzschnell wieder ab.

„Ich hatte heute deinen Vater bei mir in der Folterkammer …“, murmelte er schließlich tonlos.
 

In ihren Augen spiegelte sich nach dieser Aussage Verwirrung, Unverständnis und Entsetzen wider. Alles gleichzeitig.

„Was?“, fragte sie fassungslos.

Der Henker musste schlucken, als er spürte, wie ihre Hand von seiner Schulter glitt. Dennoch sagte er so gefasst, wie möglich: „Dein Vater war zur peinlichen Befragung in der Folterkammer. Er ist Gefangener im Justizpalast!“
 

„Aber warum, ich …“, Leonora wurde bleich, „ich verstehe nicht. Was hat er denn getan?“

Jetzt wandte sich ihr der Henker zum ersten Mal richtig zu: „Du erinnerst dich doch noch an diesen Aufruhr vor zwei Tagen. Den beim Besuch des Kurfürsten!“

„Ja, doch!“, nickte sie, „Es hieß, jemand habe versucht, seine Durchlaucht zu bestehlen.“

„Richtig!“, sagte Jonathan ernst, „Und dieser jemand war dein Vater! Er hat mir heute erzählt, er hätte schon früher immer mal wieder geklaut, um euch beide über die Runden zu bringen. Nie viel, immer nur so viel wie nötig. Doch da dieses Jahr die Ernte fast nichts an Ertrag eingebracht hat, ist er leichtsinnig geworden und hat sich anscheinend mit ein paar Kupfermünzen nicht zufrieden geben wollen und …“

Abrupt wurde er von seiner Frau unterbrochen, der auf einmal ein ganz anderer, schrecklicher Gedanke gekommen war: „Du hast ihn gefoltert … foltern müssen … was, was hast du mit ihm gemacht? Hast du …“

„Nein! Nein, Liebchen!“, beschwichtigend hob er die Hände, wollte versuchen sie wenigstens etwas zu beruhigen, „Ich brauchte ihn nicht foltern. Er hat von sich aus gestanden!“

„Und was passiert jetzt mit ihm?“
 

Genau vor dieser Frage hatte Jonathan sich den ganzen Abend lang gefürchtet. Ihm schnürte es die Kehle zusammen und er schaffte es einfach nicht, Leonoras abwartendem Blick standzuhalten. Doch genauso wenig gelang es ihm, sich irgendeine Ausrede zu überlegen. Er war bis jetzt ehrlich zu seiner Frau gewesen, da konnte er sie nun einfach nicht anlügen. Das wäre Verrat!
 

„Er soll in drei Tagen hingerichtet werden!“, flüsterte der junge Mann nach einer gefühlten Ewigkeit rau.
 

„Nein!“, Leonora stand auf und trat zwei Schritte vor ihm zurück, „Du lügst! Sag mir, dass das nicht wahr ist!“

Doch der Scharfrichter schwieg.

„Man verhängt die Todesstrafe wegen eines Diebstahls, der noch nicht mal geglückt ist? Hör auf mich hier zum Narren zu halten!“, rief sie aus.

„Natürlich hätte man ihn unter normalen Umständen einfach an den Pranger stellen lassen!“, Jonathan war aufgesprungen und nun ebenfalls lauter geworden, „ Aber Leo, er hat versucht den Kurfürsten zu bestehlen! Das sind keine normalen Umstände!“
 

Der jungen Frau kamen die Tränen. Sie stürzte auf ihren Mann zu, legte ihre Hände an seine Brust und krallte die Finger in den Stoff seines Obergewandes.

„Du kannst ihn nicht töten! Bitte tu das nicht!“, flehte sie, „Du darfst ihn nicht töten!“

Der Henker sah sie nicht an.

Dann brach mit einem Mal ein kurzes, freudloses Lachen aus seiner Kehle: „Hätte ich mir ja denken können. Es war so klar!“

„Was? Was war klar?“, fragte sie verwirrt nach, zuckte allerdings gleich darauf erschrocken zusammen. Jonathan hatte sich ihr ruckartig wieder zugewandt, sein Gesichtsausdruck war eiskalt und seine Augen gerötet.

„Dass es dir vollkommen egal ist, ob ich sterbe oder nicht! Dass ich dir vollkommen egal bin!“, schrie er, riss sich von ihr los und stürmte auf die Tür zu.
 

„Warte!“, wie in einem Reflex eilte Leonora ihm nach und griff nach seiner Hand.

„Fass mich jetzt nicht an!“, zischte der junge Mann bestimmt. Seine Frau gehorchte. Blitzschnell.

„Hör zu, es tut mir leid!“, versuchte sie zu erklären, „Ich hab nicht daran gedacht, dass du …“

„Was dann ja wohl Beweis genug sein dürfte!“, seine Stimme zitterte. So schnell wie sie gekommen war, so schnell war die Wut nun auch wieder verschwunden. Zurück blieb die Hilflosigkeit.

„Nein!“, flüsterte die Frau kläglich.
 

„Glaubst du, ich hätte nicht den ganzen Tag nachgedacht?“, fragte er verzweifelt, „Und gehofft, zu irgendeiner Lösung zu kommen? Ich weiß nicht, was ich machen soll, Leo. Ich weiß es einfach nicht!“, hilfesuchend sah er seiner Frau in die Augen, „Sag mir, was ich tun soll!“

Zuerst dachte Leonora, er hätte das einfach nur so vor sich hingesagt, doch bei seinen nächsten Worten, wurde ihr mit Schrecken klar, dass er es ernst meinte.

„Wenn du verlangst, ich soll deinen Vater begnadigen, dann werde ich es!“
 

„Sag mal, bist du von Sinnen?“, keuchte sie, nachdem die erste Sprachlosigkeit überwunden war, „Wie kannst du so etwas von mir verlangen?“

Jonathan reagierte nicht. Er sah sie nur an und wirkte dabei mit einem Mal schrecklich müde.

„Du hast ja noch zwei Tage Zeit dich zu entscheiden!“, sagte er schließlich, bevor er in die sternklare Nacht hinaustrat.

Zu seiner Frau drehte er sich nicht noch einmal um, die in der Tür stand und seinen Namen rief.
 

Völlig durcheinander zog Leonora sich letztendlich in ihr gemeinsames Schlafzimmer zurück. Mal hatte sie das Gefühl, die Gedanken würden durch ihren Kopf rasen und dann wiederrum fühlte sie sich wie betäubt.

Was sollte sie tun? Sie konnte doch eigentlich in Wahrheit überhaupt nichts tun, um etwas an der Situation zu ändern.
 

Während sie so mit den Tränen kämpfte, fiel ihr Blick ungewollt auf das grüne Wams von Jonathan, welches ordentlich zusammengelegt bei seinem Bett lag. Gerade vor ein paar Stunden hatte sie den letzten Nadelstich daran vorgenommen und sich so darauf gefreut, es ihm zu zeigen. Doch bei all der Aufregung eben, war es komplett in Vergessenheit geraten und auch jetzt kam es ihr irgendwie unwichtig vor.

Ob ihr Mann es überhaupt noch haben wollte? Schließlich war er nun vermutlich dabei sich mit seinem Tod abzufinden. Was scherte ihn da ein neues Obergewand?

Ja, der Henker schien sich sicher zu sein, dass Leonora lieber ihren Vater lebend sah als ihn. Aber entsprach das auch der Wahrheit?

Die junge Frau wusste es nicht. Sie wusste es wahrlich nicht.
 

Irgendwann zog sie sich erschöpft um und kroch unter ihre Decke. Doch schlafen konnte sie nicht. Ihre Gedanken drehten sich immer weiter im Kreis. Sie grübelte und überlegte und kam doch zu keiner Lösung.

Sie war gefangen in einer Sackgasse.

Sie war allein. Auch ein Grund, der sie wach hielt. Leonora wartete auf Jonathan. Wollte ihn jetzt in diesem Augenblick bei sich haben. Brauchte ihn.
 

Doch der Henker kam nicht nach Hause.

Er blieb die ganze Nacht fort.
 

*
 

Als der Morgen graute, war es für Leonora kein bloßes Warten mehr. Ihr war richtiggehend schlecht vor Sorge!

Jonathan war ohne seinen Umhang aus dem Haus gegangen und die Nächte waren inzwischen bitterkalt, auch ohne Schnee.

Lag der Henker jetzt vermutlich irgendwo und war erfroren?

Glaubte er wirklich, er wäre ihr egal? War er deswegen nicht nach Hause gekommen?

Hatte er sich am Ende gar selbst etwas angetan?
 

All diese Fragen ließen Leonora so unruhig im Schlafzimmer umherwandern, dass sie richtig erleichtert zur Eingangstür rannte, als es draußen begann heller zu werden, und dabei noch nicht einmal bemerkte, dass sie noch ihr Nachtgewand trug.

Es war nicht mehr dunkel. Nun könnte sie ihn suchen gehen!
 

Sie trat über die Schwelle ihres Hauses und bemerkte beinahe zeitgleich, die Gestalt, welche sich unten am Fluss aufhielt.

Intuitiv machte Leonora sich auf den Weg zu ihr. Das Gras war schmerzhaft kalt unter ihren bloßen Füßen, doch sie wollte ihre Vermutung bestätigt wissen. Und sie wurde nicht enttäuscht.
 

Auf einem der vielen Steine, wo sie im Sommer die Wäsche zum Trocknen ausgebreitet hatte, saß ihr Mann.

In zwei Pferdedecken gehüllt und den Knöchel seines Zeigefingers zwischen den blaugefrorenen Lippen.

Das machte er immer, wenn er angestrengt nachdachte. Genauso, wie er sich jedes Mal, wenn er von der Arbeit nach Hause kam, kurz durch die Haare fuhr und sich im Bett immer zur Wand drehte, weil er auf dieser Seite am besten einschlafen konnte.
 

Als Leonora bei seinem Anblick, all diese Gedanken durch den Kopf schossen, wurde ihr zum ersten Mal so richtig bewusst, wie gut sie Jonathan inzwischen eigentlich kannte.

Und ihr wurde damit von einer Sekunde auf die andere klar, dass sie sich ein Leben ohne ihn nicht vorstellen konnte. Egal wie sehr sie ihren Vater auch lieben und retten wollte, sie könnte Jonathan niemals in die Klinge springen lassen!

Nicht, weil er ein Freund war.

Nicht, weil sie ihm eine gute Ehefrau sein wollte.
 

Sondern weil sie ihn liebte!
 

Heiße Tränen rannen der jungen Frau über die kalten Wangen und aufschluchzend rannte sie die letzten Meter.

Wann hatte ihr Herz damit aufgehört bloße Freundschaft für den Henker zu empfinden und begonnen ihn zu lieben?

Wann nur?
 

Zu Tode erschrocken fuhr der Scharfrichter zusammen, als seine Frau so plötzlich von hinten ihre Arme um ihn warf, das Gesicht an seiner Schulter verbarg und ihn so fest drückte, dass er im ersten Moment nicht wusste was er sagen sollte.

„Ich will nicht, dass sie dich töten!“, wimmerte sie leise.

„Ach, Liebchen!“, schmunzelte er und küsste sie auf die Schläfe, „Wenn das Glück auf unserer Seite ist, dann wird niemand von uns getötet!“

Sofort waren Leonoras tränennasse Augen auf die seinen gerichtet: „Wie meinst du das?“

„Ich glaube, ich habe eine Lösung gefunden!“, nun lächelte Jonathan, „Von der ich mich langsam Frage, wieso sie mir nicht schon vorher eingefallen ist!“

„Welche? Sag schon!“, die junge Frau hatte ihn an den Schultern gepackt und sah ihn flehend an.
 

„Dein Vater muss fliehen!“
 

„Fliehen?“, wiederholte Leonora, „Wie?“

„Komm erst mal her!“, auffordernd öffnete Jonathan seine Arme. Sie ließ sich auf seinem Schoß nieder und er hüllte sie, so gut es ging, mit in die beiden Decken.
 

Dann erst begann er zu erklären:

„Du weißt doch sicher noch, dass es zu dem Gefängnis nicht nur den Eingang über den Justizpalast gibt, sondern noch diesen unauffälligen anderen. Den, aus dem sie dich damals auf den Richtplatz geführt haben!“

„Ja!“, nickte sie, „Diese niedrige Tür, die ein kurzes Stück noch zusätzlich von zwei Mauern eingegrenzt wird!“

„Richtig! Dort wird nur eine Wache postiert und die“, jetzt grinste der Henker, „langweilt sich in der Regel zu Tode. Ein Becher mit Wein ist da immer bei ihr vorzufinden, egal wer von den Männern gerade an der Reihe ist!“

„Worauf willst du hinaus?“

„In meinem kleinen Medizinzimmer, hab ich auch ein Schlafmittel …“

„ … das du ihm in den Wein kippst um an die Schlüssel zu kommen!“, unterbrach ihn Leonora aufgeregt, doch Jonathan legte ihr einen Finger auf die Lippen.

„Nicht ich. Du!“

„Ich?“

„Mich kennen sie zu gut. Und dieser Vorfall darf unter keinen Umständen mit mir in Verbindung gebracht werden! Du musst an die Schlüssel kommen. Ich gehe mit dir zu seiner Zelle und vorher werde ich Amos im Wald in der Nähe des Nordtores anbinden, dann kann dein Vater auf ihm fliehen! Aber eins musst du wissen“, eindringlich sah der Mann ihr nun in die Augen, „Sobald das geschehen ist, können wir nichts mehr für ihn tun! Wir haben keinen Einfluss darauf, mit wie vielen Männern sie ihn jagen und ob er es schafft, sich gut genug vor ihnen zu verstecken. Ich kann dir also nicht garantieren, dass er mit dem Leben davonkommt!“

Part 9

Leise schlich Leonora durch die menschenleeren Gassen der Stadt. Hinter sämtlichen Fenstern war das Licht bereits gelöscht worden, und die junge Frau hoffte auf einen tiefen Schlaf der Anwohner.

Die Kapuze ihres schwarzen Umhangs hatte sie sich ins Gesicht gezogen, um ihr Haar zu verbergen, denn daran würde man sie mit Sicherheit als die Frau des Henkers erkennen. Und wenn das geschah, war sie des Todes und Jonathan vermutlich auch, wenn herauskam, dass sie zusammengearbeitet hatten.
 

Noch zwei Mal musste sie abbiegen, dann konnte sie den Richtplatz vor sich sehen und die Rückseite des Justizpalastes, in dessen Wand die schmale Tür eingelassen war.

Leonora schlug das Herz bis zum Hals und mit schweißnasser Hand umklammerte sie das kleine Säckchen in ihrer Rechten noch fester.
 

*
 

Im Trab ritt Jonathan durch den Wald, hielt sich dabei aber immer in der Nähe des Feldweges auf. Nach ein paar Minuten ließ er seinen Hengst anhalten.

Der Mann stellte sich in den Steigbügeln auf, um besser durch die herabhängenden Zweige sehen zu können und kniff prüfend die Augen zusammen.

Ja, da vorne war das Nordtor. Er war richtig. Von dort aus verlief der kürzeste Weg zum Richtplatz.
 

Behände schwang sich der Henker aus dem Sattel, tätschelte Amos noch einmal kurz den Hals und band ihn dann am Stamm einer Tanne fest. Hier gab es fast ausschließlich Nadelbäume. Da würde man das herrenlose Pferd nicht sofort entdecken.
 

Ein letztes Gebet schickte Jonathan zum Himmel, dann machte auch er sich auf den Weg in die Stadt.
 

*
 

Er hatte Glück. Bis auf ein paar Ratten begegnete ihm niemand.

Anfangs zumindest.
 

Doch gerade als er das Badehaus ein paar Schritte hinter sich gelassen hatte und sein eigentliches Ziel schon vor sich sehen konnte, stellte sich ihm jemand in den Weg.
 

„So spät erst auf dem Weg nach Hause?“, fragte Robin, „Was hattet Ihr denn noch zu tun?“
 

Seinen anfänglichen Schrecken überwand der Henker schnell. Auf die gestellte Frage ging er jedoch nicht ein.

„Und was machst du noch hier draußen?“, sagte er ruhig, versuchte seine Nervosität so gut es ging zu verbergen, „Ich hatte dich doch eigentlich auch schon vor zwei Stunden entlassen!“

„Ich hab gleich ein kleines Stelldichein mit meiner Liebsten!“, antwortete Robin wahrheitsgemäß und deutete grinsend auf ein schwach erleuchtetes Fenster. Als der Scharfrichter seinem Fingerzeig folgte, musste er kurz lachen: „Was denn? So jung und schon in Freudenhäusern unterwegs? Findest du das nicht etwas beschämend?“

„Nein, wieso denn?“, zischte der Schwarzhaarige, „Es hat eben nicht jeder Eure Privilegien die hübscheste Frau vor dem Schlachtbeil zu retten, um dann den lieben langen Tag nichts anderes mehr mit ihr zu tun!“

Am liebsten wäre Jonathan seinem Gegenüber nun mehr als nur scharf über den Mund gefahren. Was fiel diesem Kerl eigentlich ein, so eine Dreistigkeit zu behaupten?

Aber er hatte weitaus wichtigeres zu tun, und auch nicht die Zeit sich jetzt mit ihm zu streiten. Darum zügelte er seinen Zorn.

„Na dann viel Spaß noch!“, knurrte er bloß, schob sich grob an seinem Gehilfen vorbei und setzte seinen Weg endlich fort.

Der Jüngere sah ihm lediglich kurz hinterher, bevor auch er sich abwandte, um Estelle nicht länger warten zu lassen.
 

Sicher war es ärgerlich, dass Robin ihm gerade in dieser Nacht begegnet war, aber dennoch drohte dadurch keine große Gefahr. Schließlich konnte der Junge noch lange nicht beweisen, dass er etwas mit der Befreiung des Gefangenen zu tun hatte. Also kein Grund zur Panik. Er musste jetzt ruhig und konzentriert bleiben, wollte er keinen Fehler machen.
 

*
 

Träge richtete er seinen Blick zum Himmel. Es würde noch sehr, sehr lange dauern, bis die Sonne aufging und seine Wachablösung kam. Ächzend ließ er sich vor der kleinen Holzkiste nieder und schüttete erneut Wein in den Messingbecher, der darauf stand. Er könnte das Zeug natürlich gleich aus der Flasche trinken, aber dann würde sie sich noch schneller leeren und ihm eine weitere Beschäftigung fehlen.

Lustlos ließ er die zwei Würfel in seiner Hand auf und nieder hüpfen. Dem Spiel war er auch schon überdrüssig geworden.

Wenn doch wenigstes irgendetwas passieren würde!
 

„Ihr seht aus, als könntet Ihr ein wenig Gesellschaft gebrauchen!“

Unwillkürlich zuckte der Soldat zusammen, als er da so plötzlich diese Stimme vernahm. Wahrscheinlich war die Müdigkeit an seinen überreizten Nerven schuld.

Aus der Dunkelheit heraus löste sich eine Frau. Ihr Gesicht konnte er, der Kapuze wegen, nur ansatzweise erkennen. Überhaupt war sie dunkel gekleidet, hatte ihre Hände fast gänzlich in den weiten Ärmeln ihres Umhangs verborgen.
 

„Kann ich Euch helfen?“, fragte der Mann vorsichtig nach.

„Ich weiß nicht. Vielleicht!“, sie zuckte unschlüssig mit den Schultern, „Ich suche eine Herberge, wo ich die Nacht über bleiben kann. Könntet Ihr mir den Weg zu einer beschreiben?“

Die Wache überlegte kurz. Dass sie die Wahrheit sprach, war gewiss. Immerhin zeigte die lederne Umhängetasche die sie über der Schulter trug deutlich, dass sie auf Reisen war.

„Sicher könnte ich das!“, murmelte der Mann schließlich, „Aber um die Uhrzeit wird Euch kein Wirt mehr aufmachen. Die sind doch schon längst selbst alle zu Bett gegangen!“

„Ich kann es ja wenigstens mal versuchen!“, unbemerkt war die Fremde langsam immer näher gekommen und stand jetzt direkt vor ihm.
 

Schon lange vorher hatte Leonora die dünne Schnur, mit der das Säckchen verschlossen gewesen war, geöffnet.

Jetzt war es soweit. Sie müsste nur ihre Hand unbemerkt über den Becher schweifen und das weiße Pulver hinein rieseln lassen. Unbemerkt.

Nach außen hin blieb sie ruhig, innerlich fühlte es sich jedoch an, als würde ihr gleich vor Aufregung das Herz in der Brust zerspringen.
 

„Es ist hier ja gleich eine in der Nähe!“, hörte sie die Stimme des Soldaten plötzlich wieder, „Wenn ich für Euch spreche, wird sich da mit Sicherheit etwas machen lassen!“

„Das ist wirklich sehr nett von Euch, danke! Aber“, langsam ging Leonora einmal dicht um den Mann herum, und als er ihr mit seinem Kopf folgte, schüttete sie ihm blitzschnell die Prise des Schlafmittels in den Wein, „ich denke ich komme allein zurecht!“

Jetzt stand sie wieder vor ihm, lächelte freundlich und verbeugte sich leicht: „Trotzdem vielen Dank! Eine schöne Nacht noch!“

Mit diesen Worten zog sie sich zurück, genauso lautlos, wie sie gekommen war.
 

„Psst, Leonora!“, flüsterte Jonathan. Er hatte sich in einer der schmalen Seitengassen am anderen Ende des Marktplatzes versteckt.

Erleichtert warf sie sich ihm in die Arme.

„Hat es geklappt?“, fragte der Henker leise.

Sie nickte nur, nicht im Stande irgendetwas zu sagen.

„Gut gemacht, Liebchen!“
 

Vorsichtig lugte Jonathan, den Rücken an die Wand gepresst, zum Richtplatz. Schemenhaft konnte er erkennen, wie die Wache den Becher zum Mund führte und trank.

„Das könnte jetzt eine Weile dauern!“, murmelte der Scharfrichter.
 

Die Minuten des Wartens zogen sich endlos, aber irgendwann klappte der Soldat zusammen und war tatsächlich eingeschlafen.

Jonathan nickte Leonora zu, zog sich nun ebenfalls die Kapuze seines Umhangs über den Kopf und gemeinsam schlichen sie zum Eingang des Gefängnisses.
 

Der Henker vergewisserte sich noch einmal, dass der Mann auch wirklich schlief und nahm ihm den Schlüsselbund vom Gürtel.

Dann wandte er sich an seine Frau. „Hör mir zu!“, sagte er ernst, „Wenn wir da drin sind, dürfen wir kein einziges Wort sprechen! Dein Vater auch nicht. Wir dürfen den anderen Gefangenen keine Hinweise darauf geben, wer wir sind! Verstehst du?“

„Ja, natürlich!“, antwortete Leonora. Sie holte aus ihrer Tasche die mitgebrachte Fackel, zündete sie an und gab sie Jonathan.

Der schloss die Tür auf und dann betraten sie gemeinsam den dunklen, langen Gang.
 

Die junge Frau schluckte hart. Zu viele schreckliche Erinnerungen verband sie mit diesem Ort. Sie griff nach Jonathans Arm und hielt sich daran fest.

Der Henker prüfte die Gefangenen in jeder Zelle, die, als sie das Licht sahen, zu den Gitterstäben kamen und unruhig wurden.

Bei der Fünften hatte er Glück. In ihr saß Leonoras Vater.
 

Jonathan sperrte sie auf und der ältere Mann öffnete gerade den Mund um etwas zu sagen, doch Leonora legte sich schnell den Finger an die Lippen und auch ihr Mann hob alarmierend die Hand.

Sie winkten Herrn Lerchenberg aus der Zelle, packten ihn je rechts und links an den Armen und führten ihn nach draußen.

Die anderen Insassen an den Eisenstäben streckten flehend ihre Arme aus und riefen um Hilfe.

Aber die drei Leute drehten sich nicht um. Sie gingen mit gesenkten Köpfen an ihnen vorbei, ohne sie auch nur eines Blickes zu würdigen.
 

*
 

Sie schafften es tatsächlich Leonoras Vater unbemerkt aus der Stadt in das nahegelegene Waldstück zu schaffen.

Dort gaben sie sich endlich zu erkennen.
 

„Leonora!“, keuchte der hagere Mann, „Ich wusste es!“

Während sie ihm um den Hals fiel, band Jonathan sein Pferd los.

„Ihr müsst fliehen!“, sagte er eindringlich, „Reitet am besten die ganze Nacht durch. Macht keine Pausen! Ihr müsst so weit wie nur irgendwie möglich kommen, bevor sie anfangen Euch zu suchen!“

Der Ältere neigte ehrfurchtsvoll den Kopf:

„Danke!“, sagte er.

Der Henker erwiderte die Geste ebenfalls mit einem kurzen Nicken. Dann schwang sich Leonoras Vater in den Sattel und galoppierte davon.
 

Sie sahen ihm nach, bis er in der Dunkelheit verschwunden war.
 

„Wir haben getan was wir konnten. Lass uns nach Hause gehen, Liebchen!“, durchbrach die Stimme des Henker nach einiger Zeit sanft die Stille.
 

Auf ihrem Weg durch den Wald überfiel Leonora mit einem Mal eine bleierne Müdigkeit. Sie schlief beinahe im Laufen ein, den Kopf an Jonathans Schulter gelehnt. Ohne seinen Arm, der sie fest an sich gedrückt hielt, wäre sie vermutlich zusammengebrochen.

Ihre Glieder waren schwer und mühsam setzte sie einen Fuß vor den anderen.
 

Doch irgendwann standen sie endlich in ihrer Wohnstube.
 

Schon fertig umgezogen für die Nacht saß die junge Frau ein paar Minuten später auf ihrem Bett und starrte wartend ins Leere.

Als ihr Mann jedoch ins Zimmer kam, erwachte sie aus ihrer Trance.

„Liebling!“, flüsterte sie lächelnd und streckte auffordernd ihre Hand aus.

Jonathan ergriff sie, ließ sich willig von ihr in die Arme nehmen und realisierte dann überrascht, dass sie ihn auf beide Wangen küsste.

„Schlaf schön!“
 

*
 

Die Sonne näherte sich bereits ihrem höchsten Punkt, als Leonora am nächsten Morgen die Augen aufschlug.

Sie fühlte sich erholt, streckte sich daher ausgiebig und schwang die Beine aus dem Bett.
 

Jonathan schlief noch. Mit dem Gesicht zur Wand.

Unwillkürlich musste sie lächeln.
 

Die junge Frau stand auf, durchquerte langsam das Zimmer und setzte sich dann zu ihrem Mann auf die Bettkante. Betrachtete ihn eine Weile, während das warme Gefühl in ihrem Bauch zunahm.

Irgendwann hob sie die Hand, um dem Henker dann, nach einem kurzen Zögern, durch die weichen Locken zu streichen.

Vergrub ihre Finger immer wieder in seinen Haaren.
 

Nach ein paar Minuten begann Jonathan sich zu regen. Er drehte sich auf den Rücken und öffnete benommen die Augen.

„Leo?“, murmelte er verschlafen.

Er wusste nicht, ob er sich das nur einbildete, oder ob es Wirklichkeit war, aber irgendwas in ihrem Blick war anders als sonst.

„Was ist los?“, fragte er.

Leonora schwieg, beugte sich lediglich über ihn, den Blick nicht von seinen Augen abwendend.

Und dann überbrückte sie den letzten Abstand und küsste ihn.
 

Ohne dass er etwas dagegen tun konnte, fast schon reflexartig, erwiderte der Henker. Bewegte seine Lippen gegen ihre, um immer mehr von dieser herrlichen Süße zu schmecken.

Die Wärme in seiner Brust wurde intensiver, breitete sich über seinen ganzen Körper aus, floss durch jede einzelne Ader.

Er schien zu schweben. Fühlte sich glücklich.
 

Erst als sie den Kontakt lösten, dämmerte ihm, was dieser Kuss eigentlich zu bedeuten hatte.

„Du …?“, keuchte der Henker fassungslos.
 

Seine Frau nickte lächelnd. Ihre Augen strahlten und hatten sich dennoch mit Tränen gefüllt. Mit Tränen der Freude.

„Ich liebe dich!“, flüsterte sie.
 

*
 

Sie waren jetzt seit einem halben Jahr verheiratet, aber erst in diesem Moment, als er da so völlig entblößt über ihr kniete, wurde ihr bewusst, dass sie ihn heute zum ersten Mal nackt sah.

Ihre Hände begaben sich auf Wanderschaft, strichen sanft über die kurzen, dunklen Haare seiner Brust, fuhren an seinen Seiten hinab und ruhten dann für einen Augenblick an seiner schmalen Hüfte.

Leonora streichelte die warme, weiche Haut seines Rückens, dann legte sie ihm ihre Finger in den Nacken und zog Jonathan in eine innige Umarmung, um ihn noch intensiver zu spüren.
 

Er war schön!
 

) Ende (
 

Ich hasse es! Da rackert man sich einen ab, um die Geschichte so schnell wie möglich fertig zu kriegen und wenn man dann das letzte Wort getippt hat, kriegt man Magenziehen und Deprianfälle.
 

Aber mal ehrlich: Dafür dass ich den Schluss so nebenher im Labor geschrieben hab, is der doch gar nicht mal so schlecht geworden.

Ich bin auf alle Fälle zufrieden ^^



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Kommentare zu dieser Fanfic (7)

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Von: abgemeldet
2010-11-16T18:41:36+00:00 16.11.2010 19:41
die geschichte war super schön!
ich mag geschichten die sich in vergangenen epochen abspielen, aber die gschichte eines scharfrichters bzw. der faru des scharfsrichters habe ich noch nie gelesen.
es war sehr interessant und süss.
wie sich leonora langsam in jonathan verliebt *3*

lg
hanami-akashiro

Von:  finetuna
2010-11-14T17:28:29+00:00 14.11.2010 18:28
wow, das war wirklich sauspannend! >.<
ich hab die ganze zeit gedacht, ohmeingott, lass sie nicht auffliegen und wie gut dass man damals noch nichts nachweisen konnte was sich in flüssigkeiten befand... OO
ich hoffe bloß die beiden werden später nicht verdächtigt... OO
das ende war wirklich schön. klingt einfach richtig beim lesen...
also irgendwie real mein ich. hast du wirklich schön geschrieben. ^^
ich hoffe mal dein deprigefühl ist bald verflogen.
ist warscheinlich normal wenn man ne geschichte abgeschlossen hat. ^^ die beiden werden mir fehlen.
könntest ja irgendwann nochmal nen os schreiben, wie wärs? XD
Von:  finetuna
2010-11-03T16:28:28+00:00 03.11.2010 17:28
huah, ist das spannend! OO
ich hoffe sie schaffen das.
und, mit verlaub, wurde auch mal zeit das unser kleines leo-dummerchen auf die idee kommt dass es verknallt ist... XD
bitte beeil dich, ich kau grad vor aufregung den ganzen nagellack von meinen fingern runter, dabei hab ich den grad erst draufgemacht... >.<"
Von:  finetuna
2010-10-20T18:28:27+00:00 20.10.2010 20:28
dieses kapi mag ich irgendwie... ^^
zwischenzeitlich dachte ich, frustriert, wa? XD
naja, irgendwie interessant die geschichte auch mal aus nem anderen blickwinkel zu sehen. ^^
auch wenn ich noch nicht ganz kapiere wann ich dich inspiriert habe, aber danke! ^^
tut mir auch leid, dass ich das letzte kapitel nicht kommentiert habe, ich habs irgendwie vergessen... stress-nebenerscheinung... -.-"
jetzt hab ich irgendwie panik, bezüglich des nächsten kapitels.
in sachen rote haare geh ich mal davon aus, dass das ein verwander ist? OO
Von:  finetuna
2010-09-26T11:40:33+00:00 26.09.2010 13:40
sorry, mein internet hat nochmal kräftig versagt, aber jetzt konnte ichs endlich lesen! ^^
ist schön geworden. am besten finde ich den anfang.
leider wirkt die szene mit dem kuss etwas komisch auf mich, weil sie irgendwie so seltsam reagiert, da schlägt eiseskälte so plötzlich zu freude um, das bringt mich etwas durcheinander.
aber sonst wirklich gut! ^^
achja, das bild werde ich übrigends in meinem nächsten blogeintrag hochladen, bin nur im moment schulemäßig etwas im stress, deshalb dauerts so lange... ^^"
Von:  finetuna
2010-09-17T22:29:59+00:00 18.09.2010 00:29
waaah! °///° die zwei sind so putzig!
ich bin hellauf begeistert, auch wenn ich sagen muss, dass ich mich mal wieder darin bestärkt fühle das mittelalter gar nicht leiden zu können...
bei der szene wo er wegen dem nachttopf knallerot angelaufen ist hab ich mich dennoch tierisch beömmelt. XD
aber wie war das noch gleich? "wie sie aussehen wären sie früher sicher henkersfrau geworden!"? wie wahr.
leider muss ich dich übrigends vorwarnen: sollte in einer deiner geschichten jemals eine folterung hände betreffen, werde ich nicht weiterlesen.
aber sonst, ich muss sagen ich habe die zwei wirklich ins herz geschlossen. ich muss auch zugeben dass ich neuerdings ein bisschen was für lockenköpfe übrig habe... XD *gabriel poke*
und für den fall dass du ein leonora-bild brauchst: ich und meine stifte stehen zur verfügung. ^^
achja, noch was, dieser robin ist mir zwar derbe unsympathisch, logischerweise, aber irgendwie steigere ich mich gerade in die idee rein, seine große liebe auftauchen zu lassen. am besten eine persönlichkeit mit glänzenden schwarzen locken und stechend grünen augen (...) die wegen nichts und niemandem eine träne vergießt...
egal, vergiss es. XD
Von: abgemeldet
2010-09-17T14:25:27+00:00 17.09.2010 16:25
Ach, wie süß! *Q*
Schreib doch weiter. :)


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