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Schweinehunde unter sich

von

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Ein leblos daliegender Gibbs

Ein leblos daliegender Gibbs
 

Es war eiserne Routine – die rothaarige Frau saß in dem einen Verhörraum, der braunhaarige Mann in einem Anderen.

Gemäß Gibbs Regel Nummer 1 „Lass Verdächtige niemals zusammensitzen“, hatte man die Beiden getrennt, was die Rothaarige besser wegsteckte, als ihr Partner. Schaute sie beinahe ausdruckslos drein, verriet der Blick des Mannes eine gehörige Menge Missmut.

Die Tür öffnete sich und Ziva betrat den Raum, in dem der junge Mann saß und schaute ihn neugierig an.

„Wer sind Sie?“, fragte die Frau und er legte den Kopf schief.

„Ich bin nicht befugt, das zu sagen.“, erklärte er dann und verschränkte die Arme vor der Brust, ehe er zur Seite blickte.

Die israelische Schönheit lächelte ihn an, ging dann auf ihn zu und beugte sich vor.

„Wer sind Sie?“, fragte sie erneut und der Mann schüttelte den Kopf: „Nein, nicht in einer Millionen Jahre.“

„Nicht in einer Millionen Jahre?“, echote die Frau und lächelte ihn freundlich an: „Das wollen wir doch mal sehen.“

„Hören Sie, ich kenne meine Rechte.“, sagte der junge Mann und blickte Ziva in die Augen: „Ich bin, gemäß der Verfassung des Jahres 2012 befugt…“

„2012?“, fragte die Israelin und schaute ihn verdattert an: „Was meinen Sie mit 2012?“

„Sie wissen schon. Die konstitutionelle Verfassung, deklariert am 18. August 2012, die mir das Recht gibt…“

„Wenn Sie versuchen, mich übers Kreuz zu legen, dann sind Sie bei mir an der falschen Adresse.“, sagte Ziva und setzte sich vor ihm auf den Stuhl, die Beine verschränkt, Hände parallel zueinander auf den Tisch gelegt und ihn anschauend, „Wer sind Sie?“

„Ich bin nicht befugt, das zu sagen.“
 

Im anderen Verhörraum saß die Rothaarige auf einem Stuhl, vor ihr saß, mit einem freundlichen Lächeln Anthony DiNozzo.

Er legte vor ihr die Fotos von Captain Stone auf den Tisch: „Kommt er Ihnen bekannt vor?“

„Nein.“, sagte sie und schaute ihm in die Augen, „Tut er nicht. Wieso?“

„Weil Sie gesehen wurden, wie Sie das Vorzimmer seines Büros betreten hatten.“

„Von wem?“

„Einer Zeugin.“, antwortete DiNozzo und erwiderte ihren Blick. Sie schien kurz über das nachzudenken, was er sagte, legte den Kopf schief und schüttelte dann den Kopf: „Ihre Zeugin lügt.“

„Warum sollte sie?“

Ein Schulternzucken. Das war tatsächlich ihre Antwort, ein einfaches, fast schon gelangweiltes Schulterzucken. Dann blickte sie auf die Fotos von Captain Stone.

„Er ist wirklich tot, ja?“

„Unser Pathologe meint das zumindest. Was sollte er auch sonst sein?“

Nun schaute sie ihn an, verschränkte ihre Arme vor der Brust, verengte ihre Augen zu Schlitzen, ehe sie sagte: „Ich habe schon von Leichen gehört, die gar nicht tot waren. Die stehen einfach auf und gehen.“

Tony lachte. „Klar, wie Zombies, ja? Die Leichen erheben sich aus den Gräbern?“

„Nein“, schüttelte sie den Kopf, „Nicht wie Zombies. Es ist etwas viel Schrecklicheres, und wenn Sie sie gesehen hätten, würde ihnen der kalte Schauer über den Rücken laufen, wenn sie im Radio diesen einen Satz hören. Ich vergesse ihn niemals.“

„Und wie lautet dieser Satz?“, fragte Tony nach und legte den Kopf schief. Sie beugte sich vor, so weit, dass sie sich beinahe berühren konnten. Mit ernstem Blick, der sich durch die Augen tief in Tonys Seele bohrte, wisperte sie: „Widerstand ist zwecklos.“

Der NCIS-Agent schaute die Frau mit angehaltenem Atem an, merkte, dass sie diesen Satz komplett ernst meinte und offenbar daran GLAUBTE, was sie sagte. In ihrem Blick gefangen wand er sich, spürte, wie die unterschwellige Panik, die in diesem Satz innewohnte aus ihr heraus in sein Bewusstsein brandete. Er wollte sich dagegen auflehnen, dagegen kämpfen, er…

Das Klopfen an der Tür ließ Tony kurz zusammenschrecken, ehe er sich wieder fasste. Ziva stand dort, winkte ihn zu sich. Er stand auf und ging zu ihr.
 

„Ich weiß nicht, wie es mit Deinem ist, aber meine ist komplett verrückt. Sie glaubt tatsächlich, dass Zombies existieren.“, eröffnete DiNozzo, grinste dann schräg: „Aber sie kriegt eine Eins für „Atmosphäre“. Sie hat das wirklich gut verkauft.“

„Meiner ist aber auch ein wenig merkwürdig, Tony. Ich glaube, er hat nicht mehr alle Gläser im Schrank.“

„Tassen, Ziva. Das heißt ‚Tassen im Schrank’.“, korrigierte er sie, was sie dazu brachte, ihn böse anzufunkeln: „Wann wirst Du damit endlich aufhören, Tony?“

Er grinste schuljungenhaft: „Nie, dazu macht es viel zu viel Spaß.“

„Wenn Ihr fertig seid, euch in den Haaren zu liegen, könntet Ihr mir vielleicht mitteilen, was es Neues gibt?“, fragte plötzlich die etwas ungeduldig klingende Stimme von Leroy Jethro Gibbs. Kein Wunder – mitten auf dem Navy-Yard war ein Mord geschehen. Das setzte nicht nur Gibbs, sondern auch den Chef des NCIS, Leon Vance unter enormen Druck.

„Gibbs, unsere beiden Verdächtigen sind reif für die Klapsmühle.“, erklärte Ziva und stockte, als sie merkte, wie Tony sie verblüfft ansah. Sie fuhr herum: „Was?!“

DiNozzo grinste: „Ich finde es nur verblüffend, dass Du tatsächlich ein Idiom richtig verwenden konntest.“

Ihr „Ach, halt die Klappe“ nahm er mit einem noch breiteren Grinsen zur Kenntnis, das sich jedoch verflüchtigte, als er das Räuspern des Bosses wahrnahm. „’Tschuldige, Boss.“, machte er und in seinen Tonfall schlich sich so was wie Schuldbewusstsein.

Dann begann Ziva zu erzählen.
 

„Todesursache ist eine gewaltsame, penetrierende Durchspießung des Mediastinums von dorsal nach ventral-cranial, unter Beteiligung des Hemithorax, des Diaphragmas, des Herzbeutels, der rechten Herzkammer sowie des rechten Lungenflügels. Das Schwert befand sich zum Zeitpunkt der Untersuchung noch in situ. Das Austreten der Klingenspitze hatte eine Sternumfraktur zur Folge.", sprach Doktor Donald Mallard, der von seinen Freunden nur „Ducky“, von Gibbs aber manchmal auch „Duck“ genannt wurde, den Bericht in das kleine Tonbandgerät. Der Pathologe stand mit seinem Kollegen, dem Coroner Jimmy Palmer, neben dem toten Navy Captain Thaddeus Stone, als sich die Tür öffnete und Gibbs den Raum betrat.

„Gibt es was Neues, Duck?“, fragte er und der Angesprochene schüttelte den Kopf: „Nun, Jethro, die Todesursache ist tatsächlich genau so brutal, wie sie scheint. Die Verwundungen wurden nicht post mortem zugefügt, er wurde, in der Tat von hinten erstochen, ohne seinen Mörder je zu Gesicht bekommen zu haben.“

„Gibt es Fingerabdrücke am Schwert?“

„Nein, Jethro. Nichts dergleichen – unser Täter war sehr gerissen.“

Seufzend zog sich Ducky die Latexhandschuhe ab, die er getragen hatte, um die Autopsie durchführen zu können: „Jethro, wir haben es mit einem sehr, sehr kranken Täter zu tun.“

„Wie kommst Du darauf, Duck?“

„Schau Dir die Wunden an. Der Täter hat in einem einzigen, präzisen Schlag zugeschlagen – die Leiche wurde von hinten aufgespießt, unser guter Captain konnte den Mörder also noch nicht einmal sehen und der Täter hat das Opfer einfach so mitten in der Grünanlage liegen lassen – als ob es ihn gar nicht interessierte, ob die Leiche gefunden würde, oder nicht. Ich – kenne eigentlich nur eine Person, die dermaßen kaltblütig vorgehen würde.“

Gibbs nickte grimmig. „Ich auch – aber Ari Haswari ist seit knapp fünf Jahren tot.“
 

Ziva beugte sich vor, schaute dem jungen Mann in die Augen und suchte darin nach irgendwelchen emotionalen Reaktionen. Sie fand welche, aber keine, die ihn dazu bringen konnten, sich auszuweisen.

Was würde Tony nun tun?

„Kennen Sie den Miranda-Akt?“, fragte sie und der Mann nickte: „Ja – das Miranda-Protokoll. Und ja – ich kenne Red Heat.“

Ziva seufzte, schaute ihr Gegenüber ein wenig ungehalten an, ehe sie sich räusperte.

„Ich habe Durst und hol mir was zu trinken.“, informierte sie ihn, „Kann ich Ihnen etwas mitbringen?“

Ja – da war durchaus ein wenig Überraschung in des Mannes Augen zu sehen, als er kurz nachdachte, den Kopf schief legte und Ziva misstrauisch beäugte.

„Okay“, sagte er nach einer kurzen Sekunde des Schweigens, „Wenn Sie zu diesem Kaffeeanbieter im Erdgeschoss gehen, hätte ich gerne eine…“

Er überlegte, legte die Hand an das Kinn, ehe er wieder zu Ziva blickte: „Einen Iced White Café Mocha – aber ohne Kaffee – und eine große Schlagsahnehaube oben drauf. Größe? Die Elefantennummer – groß, größer, am größten. Muss passen. Und wenn es keine Umstände machte, bitte ohne Wahrheitsserum drin, ja?“

„Wo denken Sie hin.“, lächelte Ziva und ging dann.
 

Sie kam nach ein paar Minuten wieder, einen weißen und einen durchsichtigen Becher in der Hand haltend. „War gar nicht so einfach zu bekommen – aber für Sie mache ich das gerne.“, erklärte sie, mit einem der freundlichsten Lächeln, das man sich vorstellen konnte. Der Mann schaute zu ihr und grinste dünnlippig.

„Wird nicht funktionieren.“, erklärte er, trank einen Schluck seiner eiskalten weißen Schokolade mit Sahne und schaute dann zu ihr: „Ich würde Ihnen wirklich gerne helfen, aber … wissen Sie, erstens brauch ich das gar nicht, weil ich mich keiner Straftat schuldig gemacht habe und zweitens…“

Er stockte, trank erneut einen Schluck und lächelte sie entschuldigend an: „Miss… Sie sind wirklich freundlich. Ich mag sie – ehrlich. Aber… Sehen Sie, ich unterstehe einer Verpflichtung, einem Eid, der mich dazu zwingt… ich darf es nicht sagen.“

Zivas hübsches Gesicht verfinsterte sich, doch sie blieb ruhig, auch wenn sie am Liebsten ein paar Mossad-Verhörtechniken an diesem Mann ausprobieren wollte. Sie war sowieso eingerostet, was das anging. Übung machte den Meister.

Aber – inzwischen war sie US-Staatsbürgerin, Feldagentin beim NCIS… vielleicht war es ganz gut, dass sie zwar noch wusste, wie man mit dem geringsten Aufwand den größtmöglichen Schmerz bei einer Person verursachte, aber… sie scheute es.

Und das ärgerte sie – sie war mal effektiver und effizienter gewesen.

Der Mann räusperte sich: „Also … Entschuldigung, Miss… ähm… Miss?“ Er schaute sie fragend an und während er das tat, fiel ihm ein, dass sie sich ihm gar nicht vorgestellt hatte.

„Eine Unsitte ist das hier.“, grinste er, „Sie erwarten von mir, dass ich mich vorstelle, aber ich weiß nicht, wer die Person hinter diesen hübschen, nussbraunen Augen ist, die da dieses Detail über mich wissen möchte.“
 

Sie schüttelte verwirrt-amüsiert den Kopf: „Moment mal, jetzt fragen Sie mich aus?“

Der Mann trank einen Schluck weiße Schokolade und zuckte lächelnd mit den Schultern.

„Ziva David.“, stellte sie sich vor. Das ein Name Macht hat, war nichts Neues, aber diese Reaktion hatte Ziva nicht erwartet. Der Mann, der gerade eben einen Schluck getrunken hatte, spuckte das Getränk aus, schaute sie mit hervortretenden Augen an, in denen nichts als purer Unglaube stand und sprang dann auf.

„Das… das ist ja…“, stammelte er und hielt ihr dann die Hand hin: „Ich bin Calvin Cat – einer ihrer größten Fans. Ich meine, wie Sie die Bombe entschärft haben… einfach nur … genial.“

Gut – innerhalb ihrer Dienstzeit sowohl beim Mossad, als auch beim NCIS hatte sie viele „Heldentaten“ vollbracht und sicherlich war auch die eine oder andere Bombenentschärfung dabei gewesen, aber… das der Mann, der seine Identität hütete, wie seinen Augapfel, aufsprang und sich ihr vorstellte, die Hand hinhielt, und sie nun wartend anblickte, das war doch etwas, was sie ein wenig stutzig machte.

„Der Mann ist bekloppt.“, schoss es ihr durch den Kopf und sie schaute ihn fragend an: „Von… welcher Bombe reden Sie eigentlich?“

„Na, die Bombenentschärfung am Memorial Day… 2014… Sie wissen schon.“

Der Mann ist verrückt, verrückt, verrückt. , wiederholte sie im Geiste und schaute ihn immer noch verdattert an: „Ich weiß nicht wovon Sie reden, aber … wir haben definitiv erst den 27. September 2011.“

Nun schaute der Mann sie noch verdatterter an, als er es vorher getan hatte: „W… was? Wir h… haben 2011?“

Er schluckte: „Heiliges Temporales Paradoxon, Batman.“

„Temporales Paradoxon?“, echote Ziva und Cal schaute sie lächelnd an: „Nichts… hat nichts zu sagen…“

Er grinste: „Sagte ich gerade Bombe und Memorial Day 2014? Ist quatsch… ich erzähl hier nur rum, damit Sie mich nicht weiter mit Fragen behelligen.“

„Mister Cat…“, setzte Ziva an, doch Cal, der sich nun ganz wie ein verliebter Schuljunge grinsend auf dem Tisch niederließ und zu Ziva vorneigte, schnitt ihr das Wort ab: „Nennen Sie mich Cal – das tun alle meine Freunde.“

„Wie kommen Sie darauf, dass ich Ihre Freundin bin?“, fragte Ziva mit hochgezogener Augenbraue, was den Mann dazu veranlasste, laut zu lachen, sich zurückzulehnen, aufzustehen und auf ihre Augenbraue zu deuten. „SPOCK-Augenbrauen!“, schrie er in nahezu-manischer Begeisterung und Ziva schaute ihn einfach nur verdattert an.

Der Mann ist verrückt, verrückt, verrückt. , schoss es ihr durch den Kopf.
 

Im anderen Verhörraum saß die hübsche Rothaarige vor Tony und schaute ihn durchdringend an. Er räusperte sich, warf einen Blick auf das Foto des Toten und erwiderte dann ihren Blick.

„Die Zeugin hat Sie in der Nähe gesehen, Miss.“

Kurz schaute die Rothaarige ihn an, ihr Blick änderte sich, wurde nachdenklicher, dann schüttelte sie den Kopf: „Ihre Zeugin lügt.“

„Warum sollte sie das tun?“, fragte DiNozzo und warf erneut einen Blick auf Captain Stone.

Er hatte ihn nie gekannt – warum auch? Die meisten Navy-Offiziere kannte man in seiner Branche erst dann, wenn sie tot oder verdächtig waren. Nun war Stone in die erste Kategorie gefallen. Tony hatte sich seine Akte angesehen, einen Blick auf das Hochzeitsfoto geworfen, das irgendwie seinen Weg in diese Akte gefunden hatte und wusste, dass ein Offizier eben dieser Navy irgendwann das Herz dieser hübschen Frau mit einem einfachen Satz brechen musste. Dieser Satz – er hatte ihn schon einige Male gesagt und jedes Mal war es am Anfang nicht einfach.

Vermutlich sollte es das auch nicht sein.

„Ma’am“, stellte er sich vor, diesen Mann – jetzt zu diesem Zeitpunkt - mit professionell-ausdrucksloser Stimme sagen zu hören, „Es tut mir leid, Ihnen mitteilen zu müssen, dass Ihr Mann, Captain Thaddeus Alexander Stone, heute morgen im Anacostia Park leblos aufgefunden wurde.“

Die Reaktion würde die Gleiche sein, wie sonst auch immer.

Sie – Captain Stones Frau – würde durch die vier Phasen der Trauerbewältigung gehen.

Verdrängung, Aufbrechende Emotionen, Trennung, Damit-Klar-kommen. Es lief jedes Mal so ab und Tony wusste das – er hatte, während seiner Zeit beim Baltimore P.D. oft genug diese Nachrichten überbracht und die Reaktionen oft genug miterlebt. Er beneidete diesen jungen Mann – oder die junge Frau – die gerade vor Captain Stones Frau stand und aus erster Hand miterlebte, wie die Frau den Wäschekorb fallen ließ, um die Überbringerin der Todesnachricht ihres Mannes ungläubig anzustarren, nicht um diese undankbare Aufgabe.
 

Tony schaute die Rothaarige an: „Gegenfrage – warum sollte sie es tun? Warum sollte die Zeugin lügen?“

Pause.

Sein Gegenüber schaute zur Decke, wiegte abwägend den Kopf hin und her und zog die Stirn kraus. Dann fixierte sie ihn mit einem Blick aus diesen unglaublich grünen Augen: „Vielleicht hatte sie ein Verhältnis mit Captain Stone und hat ihn umgebracht, weil sie verrückt ist?“

Tony runzelte seinerseits die Stirn und schüttelte dann den Kopf: „Ich glaub nicht, dass sie Gaga ist.“

Die Rothaarige grinste: „Das heißt, die Zeugin, die uns gesehen haben will ist nicht Stefani Joanne Angelina Germanotta?“

„Bitte?“, blinzelte Tony überrascht und schaute sie an, ein einziger Ausdruck des Unglaubens, „Bitte wer?“

„Na, Sie sagten doch, die Zeugin, die mich belasten will, ist nicht „Gaga“. Na, wie viele Gagas kennen sie denn? Mir ist nur eine bekannt. Und das ist Stefani Joanne Angelina Germanotta – alias Lady Gaga.“

Der NCIS-Agent starrte sie verblüfft an und schüttelte dann den Kopf. Er wollte gerade etwas erwidern, als plötzlich aus dem Nachbarraum drei Schüsse gellten.

Die Rothaarige schaute entsetzt zu Tony, der starrte entsetzt zurück – im Nu waren beide auf den Beinen und hechteten zur Tür. Eigentlich wollte er noch stehenbleiben und ihr sagen, dass sie nicht mitkommen dürfte, doch da war sie schon bei der Tür, öffnete sie und rannte, mit wehenden roten Haaren zur Quelle der Geräusche. Tony folgte ihr – hoffentlich war Ziva nichts passiert. Was war da wohl geschehen?

Er erreichte die Tür, die Rothaarige stand dort, die Augen entsetzt aufgerissen und er sah auch den Grund. In der Tür lag jemand.

Einen Blick auf die Schuhe werfend stellte er fest, dass es nicht Zivas Dienstschuhe waren – die hatten einen leichten Absatz, diese hier waren flach. Gerade als er die Tür erreicht hatte, merkte er, wie ihm schlecht wurde.
 

Die Leiche vor ihm lag in einer Lache aus Blut, die Augen, die er oft genug gesehen hatte, starrten blick- und leblos in die Ferne und das braune Jackett, das er trug, war blutbesudelt.

Nicht er!“, schoss es Tony durch den Kopf, „ Alles, nur nicht er!“
 

Ziva kniete neben dem Mann, tastete nach seinem Puls, doch Tony war klar, dass die hübschen, braunen Augen der Israelin sich gleich mit Tränen füllen würden, so wie er spürte, dass es seine grünen Augen ebenfalls taten. Hart schluckte er und warf dann einen Blick zu dem Mann, der die Waffe in der Hand hielt und sich gerade vom Boden aufrappelte.

„Ich hoffe, Sie wissen, was Sie da getan haben.“, knurrte er, versuchte, seine Beherrschung zu waren. Der Mann nickte. „Ja, ich habe gerade ihren Mörder umgebracht.“
 

McGee saß an seinem Computer, versuchte immer noch herauszufinden, wer sie den ganzen Tag gehacked hatte, aber – er fand keine Spuren eines Tracers oder eines Trojaners. Nichts – als wäre der Computer wieder das, als was er angepriesen worden war. Nutzerfreundlich.

Als er Tony vor ein paar Jahren den Vorteil dieses neuen Modells aufzeigen wollte, hatte dieser nur ein müdes Lächeln dafür übrig gehabt. „Dieser Computer erledigt die Hälfte unserer Arbeit!“, hatte McGee begeistert gesagt, worauf hin Tony nur mit den Schultern gezuckt hatte: „Dann bestell doch zwei.“

Jetzt, heute, ein paar Jahre später, war ihm irgendwie klar, dass der Italiener mit seiner Einschätzung der Situation nicht unbedingt unrecht gehabt hatte. Je toller ein solcher Computer ist, je neuer und je effizienter, umso einfacher kann man in solche Rechner eindringen, das hatte der Hackerangriff heute bewiesen.

Er ließ gerade noch einen Antivirenscan über die Festplatte laufen, als Leroy Jethro Gibbs auf einmal, wie aus dem Boden gewachsen, vor ihm stand.

„Wo sind die Beiden?“, fragte er und Tim schaute ihn verdattert an: „Welche Beiden, Boss?“

„Die Beiden, die wir festgenommen haben.“, klarifizierte der Mann mit den eisblauen Augen und McGee überlegte kurz: „Sie… müssten noch in den jeweiligen Verhörräumen sein, wieso?“

„Gut. Weitermachen.“, machte Gibbs, drehte sich um und ging in Richtung der Toiletten.

McGee tat, wie ihm geheißen, versuchte immer noch, heraus zu finden, welche Daten kopiert worden waren – und vor allem, was dahinter steckte.

Er war so in die Arbeit vertieft, dass er gar nicht mitbekam, was um ihn herum geschah – erst als er ein mädchenhaftes Räuspern hörte, blickte er auf und war verwundert. Direkt vor ihm stand eine junge Frau, die um die 25 sein mochte. Sie war hochgewachsen und kam ihm bekannt vor.

„Tim? Ich bin’s. Sarah Knox.“

Sarah Knox hatte er vor knapp einem Jahr kennengelernt, als die junge Frau ihm und dem Team als Praktikantin über die Schulter geschaut hatte. Damals hatten sie ein verschwundenes Mädchen finden müssen.

„Sarah?“, fragte McGee verwundert, „Wo kommst Du denn her?“

„Ich mach hier einen Aushilfsjob. Akten sortieren.“, lächelte sie.

Er lächelte zurück, als er die drei lauten und hässlichen Geräusche, jeder ein beinahe-Überschallknall, hörte, schreckte er auf.

„Was war das?“, fragte Sarah erschrocken und Tim war auf den Beinen: „Ein Schuss! Und er kam aus Richtung der Verhörräume!“

Er rannte los.

Nur ein Gedanke schoss ihm durch den Kopf: „Gibbs!“
 

Der Mann, der sich selbst Cal nannte, trieb Ziva gerade in den Wahnsinn. Das Grinsen lies sein Gesicht ein wenig idiotisch wirken, das Funkeln in den Augen trug auch nicht dazu bei, ihn in irgendeiner Art und Weise sonderlich mental-gesund da stehen zu lassen.

„Entschuldigen Sie vielmals, Miss Ziva.“, sagte er, machte eine große Runde und betrachtete sich selbst im Spiegel: „Die Ohren hätten besser kommen können. Na ja, die nächste Regeneration sieht wieder anders aus. Ich könnte ohne Nase herumlaufen.“

Grinsend schaute er zu Ziva: „Stellen Sie sich vor: Ich ohne Nase.“

Die Israelin bedachte ihn mit einem sehr sparsamen Blick, der mit der Grenze zur bloßen Genervtheit flirtete: „Bitte?“

„Doctor Who.“, sagte er und grinste: „Ich versuche hier gerade ein wenig Kultur in den Laden zu bringen.“

„Kultur?“, echote Ziva und stand auf: „Ein Navy-Offizier wurde ermordet. Die Tat ist bar jeder Menschlichkeit und Sie wollen Kultur in den Laden bringen?!“

„Cal“ schaute die schöne Frau verdattert an, dann nickte er: „Ach so – der.“

Er schüttelte den Kopf und ging zu seinem Sitzplatz.

„Ist nicht wirklich tot. Der kommt wieder. Ich kenn das.“, sagte er und sein Tonfall verriet eine gewisse Unbekümmertheit.

„Sie sind wirklich verrückt, oder?“, fragte Ziva und „Cal“ schaute sie an. Er überlegte, nickte dann mit dem Kopf: „Ja.“

Als die Tür aufging, schauten der Befragte und die Befragerin überrascht auf. Gibbs stand in der Tür, schaute zu Ziva und fixierte dann Cal mit den eisblauen Augen. „Agent David? Lassen Sie uns beide bitte allein.“

Verwundert hob die Israelin die Augenbrauen, stand auf und fand sich im nächsten Moment gegen Cal gepresst wieder. Sie spürte, wie seine Hand an ihre Hüfte und zu ihrem Halfter glitt, dann die Waffe nahm und ihr einen Stoß gab, der sie zu Boden gehen ließ.

Die Waffe auf Gibbs gerichtet, starrte Cal den leitenden Ermittler des NCIS an, der seinerseits still stehen blieb, die Hände ausgebreitet, so, wie man es ihm, Ziva und den anderen Aussendienstmitarbeitern des NCIS als Geste der De-Eskalation beigebracht hatte.

„Was…“

Weiter kam Gibbs nicht, denn in diesem Moment drückte der Mann, der vorher noch so nett und freundlich lächelnd geplaudert hatte, mit todernstem Gesichtsausdruck drei Mal ab.

Zivas Reaktion war schnell.

Mit einem Kampfschrei trat sie Cal zuerst die Waffe aus der Hand, wirbelte herum und trat ihm dann noch mal gegen das Kinn. Benommen – oder bewusstlos – taumelte der junge Mann gegen die nächste Wand und rutschte an ihr herunter.

Dann erschien DiNozzo im Raum, starrte entsetzt auf Gibbs Körper, der einfach im Türrahmen kollabiert war. Die Rothaarige, die sie ebenfalls festgenommen hatten, schaute schockiert aus grasgrünen Augen auf den bewusstlosen – oder benommenen Mann – der sich in diesem Moment aufrappelte und aufstand.

Und als McGee ebenfalls in den Raum kam, prallte er entsetzt zurück und warf einen Blick auf das Bild, das er vor sich sah.

Ein leblos daliegender Gibbs
 

tbc



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