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Deepening Friendships

Auf einem Ausflug der jungen Pros bilden und vertiefen sich Freundschaften [HikaAki]
von

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Schreien befreit

Er spielte drei Partien Speed-Go gegen Yashiro, dann ein Doppel mit ihm gegen Waya und Le Ping, das er und der Kyotoer überraschend gewannen, und danach noch eine lange Partie gegen Yashiro.

Die Partie war einfach toll gewesen. Sie waren sich danach lachend in die Arme gefallen, weil es so viel Spaß gemacht hatte. Yashiro spielte ganz anders als Touya – forsch und herausfordernd, aber nie so drängend und aggressiv. Es zeigte wunderbar, wie er sein konnte, wenn man ihm freie Hand ließ.

Als sie schließlich ihren Hunger aufeinander gestillt hatten, spielte Hikaru gegen Asumi Shidou-Go und danach zeitgleich gegen Waya und Isumi. Er hatte so viel Spaß, dass er kaum bemerkte, dass es fast Abend war, als sein Magen sich schließlich geräuschvoll meldete.

"Ich erinnere mich gerade daran, dass Waya uns allen noch etwas ausgeben wollte um seine Ehre wiederherzustellen", meinte er laut in den Raum hinein, als er gerade seine letzte Partie abgeschlossen hatte. Die anderen sahen auf und einige nickten zustimmend und auffordernd.

"Vielen Dank auch, Shindo!" murmelte Waya ihm zu und Hikaru erwiderte: "Kein Problem, sowas willst du doch nicht auf dir sitzen lassen!"

Als er aufstand, knackte es überall in seinem Körper und er hatte das Gefühl, zum ersten Mal seit Tagen zu stehen. "Lasst uns dann auch in den Park gehen."

~x~

Ramen sollte es sein. Was auch sonst?

Die Jungen trugen die Sommerkimonos aus Touyas Residenz und Asumi einen ihrer eigenen. Hikaru, der mittlerweile tatsächlich etwa so groß wie Yashiro war, war der Kimono ein wenig zu kurz an Armen und Beinen, während er Touya und Waya perfekt passte.

Sie quetschten sich zu acht in den Ramen-Shop und bestellten. Trotz der Winzigkeit des Restaurants fand Hikaru es ganz nett, auch wenn er gern auf Yashiros Knie und Touyas Ellbogen verzichtet hätte, die beide gegen ihn stießen.

Während des Essens beobachtete er Asumi und Waya interessiert und hoffte, dass der Junge wenigstens irgendwie versuchte, sie von seinen Qualitäten zu überzeugen.

"Willst du das nicht mehr?" fragte er Touya zehn Minuten später, dessen Ellbogen sich gerade aus seinen Rippen entfernt hatte um seine Stäbchen über der Schale zusammenzulegen. Mit einem Kopfschütteln schob er ihm die Schale zu und Hikaru machte sich freudig über die Reste her. Ramen war wirklich ein nicht wegzudenkender Teil japanischer Esskultur, dachte er. Nicht gerade gesund, aber schnell und einfach zuzubereiten und zu essen. Praktisch japanisches Fastfood.

Als alle fertig waren und Waya seufzend den Inhalt seiner Börse dem Ladenbesitzer übergeben hatte, quetschten sie sich der Reihe nach wieder aus dem Laden heraus und gingen dann in Richtung des von Kirschbäumen gesäumten Parks.

Ochi und Touya hatten Decken unter den Armen, Yashiro zauberte aus den Falten seines Kimonos mehrere Flaschen Sake hervor und mit diesen Utensilien machten sie es sich auf der Wiese im Park gemütlich. Nicht weit von ihnen entfernt feierten mehrere Familien und andere Gruppen Jugendlicher.

Hikaru lag lächelnd auf einer der Decken und betrachtete den Himmel, der hier so klar und mit Sternen bedeckt war, ganz anders als in Tokyo, wo durch die Lichtverschmutzung die Sterne fast unsichtbar waren. Nebenbei ließ er den Blick über die anderen schweifen. Waya und Asumi unterhielten sich – sehr gut. Le Ping war nirgends zu sehen. Isumi und Ochi redeten halblaut über Go; Ochis Stimme war tatsächlich lauter als normalerweise. Wieviel Sake er wohl schon getrunken hatte? Gleich bei ihm in der Nähe saßen Touya und Yashiro und quatschten wie alte Freunde. Hikaru wusste nicht, auf wen der beiden er eifersüchtig sein sollte. Schließlich entschied er sich für keinen, dafür gefiel ihm der Sternenhimmel viel zu sehr.

Er überlegte, ob man den Himmel auch mit Go vergleichen konnte. Vor vier Jahren, als er mit Go angefangen hatte, hatte er mal gesagt, er baue Galaxien mit den Steinen auf. Doch für den Vergleich fielen ihm momenten nicht genug Anhaltspunkte ein. Dafür schien der Himmel zu statisch, unabänderbar, monumental. Eher wie Touya Meijin als Go.

Er verschränkte die Arme hinter dem Rücken und sah den anderen weiter lächelnd zu. Dieser Ausflug war eine tolle Idee gewesen. Er mochte sie alle so sehr und lernte sogar, sie noch besser zu leiden und zu verstehen, dass es schade gewesen wäre, so etwas zu missen.

Asumi und Waya legten sich zu ihm und zu dritt begannen sie, sich gegenseitig Sternbilder zu zeigen. Besonders Waya kannte davon viele und malte sie mit dem Finger im Himmel nach. Schließlich legten sich auch die anderen zu ihnen, sodass sie mit ihren zusammengesteckten Köpfen einen Kreis bildeten. Ochi lallte schon beträchtlich und redete viel zu laut über viel zu viel. Waya warf Hikaru verdeckt einen belustigten Blick zu.

So lagen sie alle gemeinsam da, bis Le Ping unruhig wurde und Asumi zu frösteln begann. Die Sterne waren bereits ein Stück weiter über den Himmel gezogen.

Sie gingen zurück zum Haus, Ochi musste sich von Yashiro stützen lassen, weil er zu sehr torkelte. Noch auf dem Weg begann er, laut gegen Touya zu wettern.

"Touya Akira, pass nur auf! Du wirst mich noch früh genug als Rivalen anerkennen!! Ja, als RIVALEN!!"

Yashiro versucht, ihn zu beruhigen, doch es machte ihn nur wütender.

"Was hast du überhaupt immer mit SHINDO?? Nur weil er mich in einer Partie geschlagen hat... Jetzt ist er nichts gegen mich! Du wirst schon sehen!"

Yashiro rollte die Augen und war ernsthaft versucht, Ochi stehen zu lassen, auf dass dieser sich selbst den Weg suche. Hikaru und Touya sahen sich derweil an und tauschten ein verschwörerisches Grinsen. Schon seit Hikarus beginnender Go-Karriere hatten ständig Leute versucht, hinter das Geheimnis ihrer Rivalität zu kommen, und an Hikarus Stelle von Touya anerkannt zu werden. Im Gegensatz dazu hatte es niemanden gegeben, der um Hikarus Anerkennung gebuhlt hatte.

Doch, dachte er. Einen gab es. Hong Suyong, den Koreaner, gegen den er nach dem Hokuto-Pokal noch einmal gespielt hatte. Er war der erste gewesen, der von Hikaru akzeptiert werden wollte, nur deswegen hatte er Japanisch gelernt und sich bemüht, sich für den Hokuto-Cup zu qualifizieren, um Hikaru seinen Namen einzubläuen. Wie gern würde er den Jungen wiedersehen. Hätte er eher daran gedacht, hätte er den anderen vielleicht auch zu diesem Ausflug eingeladen.

Als sie wieder im Haus waren, zwangen die Jungen Ochi, sich im Wohnzimmer hinzulegen. Im Go-Zimmer hörten sie noch wenige Minuten sein betrunkenes Gezeter, dann wurde es still. Waya und Hikaru, die gerade gegeneinander gespielt hatten, unterhielten sich leise.

"Ochi scheint der aggressive Typ Trinker zu sein", meinte Waya und schob die Go-Steine zusammen. "Vermutlich schämt er sich morgen in Grund und Boden."

"Naja... so schlimm war es ja nicht. Es war ja kein Geheimnis, dass er Touyas Rivale sein will."

Touya sah bei seinem Namen auf, versenkte sich dann aber wieder in seine Partie mit dem kleinen Chinesen.

"Vermutlich will er nur Einlass in Touyas Privatgemächer, wie du jeden Abend", grinste Waya und schob das Goban beiseite. "Was macht ihr da immer?"

"Na was schon?" fragte Hikaru überrascht. "Wir spielen Go. Natürlich. Im Übrigen ziehen wir uns nur zurück, weil ihr alle schon so früh schlafen geht."

"Um zwei ist nicht gerade früh, Shindo", meinte Waya, doch Hikaru winkte ab.

"Ich könnte die ganze Nacht spielen." Er ballte die Faust und sah sie euphorisch an. "Ich weiß, dass ich besser werde. Ich spüre es."

Waya sah ihn an und senkte dann die Augen. Es stimmte, Shindo schien mit jedem Tag seine eigenen Grenzen zu sprengen. Als sie sich kennengelernt hatten, war er so selbstsicher und doch nichtmal gut genug gewesen, in die erste Gruppe der Inseis aufzusteigen. Er war immer geschwankt, von großem Selbstvertrauen zu Hoffnungslosigkeit, wie bei der Go-Prüfung, als er gegen Tsubaki einfach nicht gewinnen konnte. Auch daraus hatte er im Nachhinein Kraft gezogen. Und nach dem Aufstieg in die Go-Welt und der Rückkehr aus seinen Wochen der Abstinenz war er plötzlich nur noch ein Schatten am Horizont gewesen, den zu erreichen Waya kaum hoffen konnte.

Was war passiert? Warum war Shindo so verdammt gut geworden? Seufzend legte Waya Hikaru die Hand auf die Schulter. "Dann schlag doch endlich Touya", sagte er grinsend in dem Wissen, einen wunden Punkt gefunden zu haben. Hikaru verzog das Gesicht. "Das werde ich schon noch früh genug!"

Asumi kam zu ihnen und legte dem Blonden beruhigend die Hand auf den Arm. Angenehm, dachte er. Ihre Nähe war einfach so angenehm und natürlich. Mal wieder fühlte er sich an Akari erinnert.

"Ich werde jetzt schlafen gehen. Gute Nacht, Waya. Nacht, Hikaru."

~x~

"Bahnt sich da etwas mit Asumi-san an?" fragte Touya, als sie gemeinsam in seinem Zimmer saßen. Yashiro neben ihnen war auf Touyas Futon eingeschlafen und schnarchte nun halblaut.

"Was? Wie kommst du auf so etwas?" Wo Waya ihn ganz richtig eingeschätzt hatte, lag Touya mal wieder ganz falsch.

"Ihr wirkt plötzlich so... eng."

Hikaru schüttelte den Kopf und legte einen Stein auf eine Stelle, die Touya eine Weile beschäftigen sollte. "Ich komme gut klar mit ihr, das ist alles. Ein paar mehr Freunde würden dir auch nicht schaden, Touya." Schon legte dieser einen Stein und überraschte damit Hikaru.

Touya griff ein paar seiner schwarzen Steine und erwiderte: "Das hier ist alles, was ich brauche."

"Denkst du gar nicht an dein späteres Leben? Heiraten, Kinder?"

"Mit was für einem Gedankensprung bist du jetzt zum Heiraten gekommen?" Touya lächelte selbstgefällig, doch Hikaru winkte nur ab. "Nein, ich denke nicht darüber nach. Ich schätze, wenn es soweit ist, wird meine Mutter mir ein paar Omiais organisieren. Vielleicht entscheide ich mich auch davor schon. Aber das hat noch zehn Jahre Zeit."

"Das klingt ganz schön kaltherzig, Touya. Willst du das nicht selbst entscheiden können?"

"Meine Eltern haben sich auch über ein Omiai kennengelernt und es passt gut."

Hikaru nickte. Er kannte die Touya-Familie nicht gut genug um, sich ein Urteil zu erlauben.

Sie spielten noch fast eine Stunde bis sie auszählten. Hikaru hatte mit eineinhalb Moku Rückstand verloren und schob es auf die Müdigkeit. Yashiro zuliebe beschlossen sie, die Diskussion auf den nächsten Tag zu verschieben. Ratlos sahen sie den großen Jungen auf Touyas Futon an.

"Mein Futon drüben ist noch frei. Du kannst dich zu ihm legen", sagte Hikaru, doch Touya widersprach: "Ihr steht euch näher, leg du dich zu ihm. Oder auf den Boden, wie die letzten Tage auch."

"Ich bin aber größer als du, ich will meinen eigenen Futon."

"Dafür bewege ich mich mehr im Schlaf."

"Das ist unfair, das kann ich nicht einschätzen!"

"Also habe ich gewonnen – schließlich schläfst du sowieso gleich ein, also ist es doch egal, wo du liegst."

Hikaru konnte nichts mehr erwidern und lenkte murrend ein: "Aber alleine tu ich mir das Geschnarche nicht an! Hol den Futon hierher."

"Du denkst, nur er schnarcht?" erwiderte Touya.

"Was soll das heißen? Hey-" doch Touya war bereits aus dem Raum und kehrte kurz darauf mit der Matte zurück. Er legte sie Yashiro zu Füßen und sich dann darauf. "Zufrieden?"

Hikaru nickte und legte sich schließlich neben den Blonden. Er schob ihn etwas zur Seite, ohne dass der andere sich überhaupt regte. Sogar das Schnarchen hielt an. "Super, Touya, wirklich super", knurrte er. Der andere lachte leise und war dann still.

Er würde recht behalten: Hikaru schlief nach nichtmal zehn Minuten und sein leises Atmen war während Yashiros Schnarchpausen schwach zu hören.

~x~

Es war das erste Mal, das Touya noch schlief, als Hikaru aufwachte. Erst sah er natürlich Yashiro, der neben ihm alle viere von sich streckte und Hikaru an den Rand des großen Futons quetschte. Wieder schob er den Blonden von sich und hielt ihm bei der Gelegenheit gleich die Nase zu, um das laute Rasseln zu unterbrechen.

Dann kroch er vor zu Touya und betrachtete den Jungen. Er lag zusammengerollt auf dem Laken, ein Arm als Kissen unter dem Kopf, der andere umklammerte den Rand der Decke. Gerade als er ihn ein paar Sekunden angesehen hatte, kniff Touya leicht die Augen zusammen und öffnete sie dann. Anscheinend hatte er wie Hikaru ein Gefühl dafür, wenn ihn jemand beobachtete. Hikaru seufzte und setzte sich an das Goban zu Touya. Der andere setzte sich auf, gähnte und rieb sich müde die Augen.

"Morgen, Prinzessin", grinste Hikaru, Touya erwiderte nichts. Er war anscheinend kein Morgenmensch. "Lass uns die ersten Sonnenstrahlen bei einer erfrischenden Partie Go genießen!"

"Ach, sei still", murrte Touya, seine Stimme noch rauh vom Schlafen. "Yashiro schnarcht wie ein ganzes Sägewerk, es kommt mir vor, als wäre ich gerade erst eingeschlafen."

"Also ich hab super geschlafen!" Hikarus Feststellung verdüsterte Touyas Stimmung nur weiter. Der Blonde kitzelte Yashiros Füße, doch eine Reaktion blieb aus und das Schnarchen hielt an.

"Wenn er morgen wieder hier ist, schlafe ich wirklich bei den anderen. Egal, zu was du mich zwingen willst."

"Oooh nein, da kannst du schön in deinem Futon bei unserem Sonnenschein schlafen! Ich hatte kaum einen Zentimeter Platz zum Bewegen." Touya verdrehte die Augen und legte sich wieder hin.

"Weck ihn auf und schaff ihn hier raus, sonst zerreiß ich dich bei unserer nächsten Partie in tausend Stücke." Das saß. Hikaru kroch zurück zu Yashiro und rüttelte ihn wach, was sage und schreibe fünf Minuten dauerte, in denen Touya sich genervt sein Kissen auf die Ohren drückte.

"Guten Morgen, Sonnenschein. Der Herr des Hauses möchte seinen Schönheitsschlaf nachholen und beordert uns deswegen höflichst aus seinem Zimmer."

~x~

Als er Touya das nächste Mal sah, kam dieser im Yukata zu ihnen und sah viel ausgeschlafener aus als am Morgen. Hikaru spielte gerade gegen Ochi, und Touya setzte sich interessiert dazu. Hikaru dominierte eindeutig, aber schien sich zurückzuhalten, um die Laune seines Gegners nicht zu verschlechtern. Wenn er so weitermachte, würde Ochi mit zweieinhalb Moku Rückstand verlieren, erkannte Touya. Dabei könnte Shindo ihn mit links haushoch schlagen, um mindestens acht Moku. Ochi schien nicht einmal zu merken, dass er mit Samthandschuhen angefasst wurde.

"Das ist nur, weil ich total verkatert bin", redete er sich heraus, nachdem er aufgeben musste. "Ich hab keine Ahnung, was gestern passiert ist."

"Das ist wohl auch besser so", meinte Isumi vom Goban daneben aus. Le Ping kicherte und nahm einen von Isumis Steinen an sich. Sein Gegenüber sah auf und wuschelte ihm grinsend durch die Haare.

"Eine Partie", verlangte Touya von Hikaru. Ochi schaute säuerlich drein und machte Platz am Goban. "Lass uns draußen spielen."

Die anderen trugen ihre Bretter ebenfalls nach draußen und trafen dort Waya, Asumi und Yashiro an, die auf der Terrasse saßen und den Garten bestaunten. Touya winkte Yashiro zu, der ihm zurief: "Entschuldige die Ruhestörung in der Nacht!!" Er winkte ab und setzte sich dann mit Hikaru an das Spielbrett.

"Ich will eine schöne Partie", sagte er. "Gib mir alles, was du hast." Hikaru verdrehte die Augen. Als ob er gegen Touya je halbherzig spielen würde. Vermutlich sagte dieser es wegen seiner Spielweise gegen Ochi. Natürlich würde Touya es bemerken, dachte er. Nicht umsonst hatten sie weit mehr als einhundert Partien gegeneinander gespielt, er musste seine Stärke in- und auswendig kennen.

Hikaru griff nach dem Fächer in seiner Hosentasche und drehte ihn in der Hand. Touya machte seinen ersten Zug nach dem Nigiri und setzte den ersten Stein zielsicher auf den unteren linken Stern. Hikaru überlegte kurz, fuhr immer wieder die Konturen des Fächers nach und entschied sich dann dafür, den Mittelstern Tengen zu besetzen. Touya sah auf, seine Augen schienen verräterisch zu blitzen. Er fand es wohl interessant. Vermutlich, ja.

Hikaru tobte sich in dieser Partie einmal richtig aus. Er ließ seine defensive Art außer Acht und attackierte stattdessen an ungewöhnlichen Punkten. Er merkte, dass Touya zufrieden war mit seiner Spielweise und sich darauf einließ. Natürlich hatte er keine Chance, es war viel zu ungewohnt für ihn, so zu spielen, doch es waren schließlich nur zweieinhalb Moku Rückstand.

"Das war sehr interessant, Shindo", lobte Touya.

"Ich wusste, dass es dir gefallen würde."

Touya schüttelte den Kopf. "Ich hoffe, das hast du nicht nur getan, um mir zu gefallen."

"Nicht nur. Ich wollte etwas Neues ausprobieren."

"Wolltest du hiermit -" Er deutete auf einen Stein. "- nur verwirren?"

"Nein, damit habe ich die rechte obere Ecke gesichert. Ich hatte auch gehofft, dass du die Bedeutung nicht klar siehst, sonst wäre das Ganze nach hinten losgegangen."

"Du hast dich allein darauf verlassen? Sonst spielst du selten so riskant."

"Aber du willst doch immer, dass ich die defensive Spielweise lasse, Touya!"

"Nein, ich will nur, dass du dich verbesserst, egal mit welcher Spielart."

Hikaru schüttelte den Kopf. "Du und deine Launen, Touya." Er zeigte mit seinem Fächer auf den anderen. "Sieh lieber zu, dass du selbst besser wirst."

"Ich dachte, man verbessert sich nur im Spiel gegen Gegner, die besser sind als man selbst?"

"WAS WILLST DU DAMIT SAGEN?!" Hikaru sprang auf und stieß an das Goban, sodass ein paar Steine herunter und ins Gras fielen.

"Kein Grund, gleich zu schreien, wir sind doch keine Kinder mehr!"

"ICH SICHER NICHT!! DU SOLLTEST NICHT AUF MICH HERABSEHEN, DAS WIRD DICH NOCH TEUER ZU STEHEN KOMMEN!"

Ihre Köpfe knallten zusammen und sie schrien schmerzerfüllt auf. Neben ihnen stand Yashiro, je eine Hand an Hikarus und Touyas Schopf. "Werdet ihr wohl aufhören? Das ist Ruhestörung."

"Er hat doch angefangen", murrte Hikaru.

"Und du sagst, du bist kein Kind mehr?" entgegnete Touya. Yashiro drückte ihre Köpfe wieder gegeneinander, diesmal nicht mit solcher Wucht, aber er ließ sie in dieser Position. "Ihr seid solche Holzköpfe, alle beide! Ihr solltet euch in eine Ecke setzen und über eure Taten nachdenken, aber das würde ja sowieso nichts bringen! Zur Strafe werdet ihr das Mittagessen zubereiten, jetzt sofort!"

Hikaru stieß einen Laut aus, der einem Knurren am Nähsten kam, doch erwiderte nichts mehr, weil der Druck gegen seinen Kopf langsam zu schmerzhaft wurde. "Ist ja gut, ist ja gut!!"

Nachdem Yashiro sie losgelassen hatte rieben sich beide die Stirn, Hikaru warf Touya einen beleidigten Blick zu und ging dann an ihm vorbei ins Haus. Touya seufzte und sah Yashiro kurz Augen verdrehend an, dann folgte er Hikaru.

Yashiro setzte sich wieder zu Waya und Asumi, die ihn respektvoll ansahen. "Warum macht ihr das nicht auch, wenn sie streiten?"

Die beiden zuckten die Schultern. "So sind sie einfach, beieinander kommt ihre Natur heraus. Dagegen ist einfach nichts zu machen", erklärte Waya kopfschüttelnd. "Sie keifen sich nach jedem Spiel an, aber dann spielen sie doch wieder eine Partie gegeneinander. Es liegt in ihrem Wesen, schätze ich." Er suchte nach einem guten Vergleich und erklärte dann grinsend: "Sie sind wie ein uraltes Ehepaar, das sich vor den Gästen streitet, welchen Tee man servieren soll. 'Du willst immer Früchtetee, dich interessiert nicht, was die anderen wollen.' - 'Du willst immer nur grünen Tee, das ist genauso!' - 'Grüner Tee ist toll!' - 'Nein, Früchtetee!' - 'Grün!' - 'Früchte!' und so weiter und sofort, bis sie ihre Herztabletten nehmen müssen und die Gäste sich Kaffee gekocht haben." Asumi kicherte und stimmte Waya zu.

Drinnen überlegten die beiden, über die geredet wurde, derweil, was sie den anderen auftischen sollten. Viel war von ihren ersten Einkäufen nicht mehr übrig, vermutlich mussten sie sowieso noch einmal zum Laden gehen.

"Wir könnten Hamburger machen", schlug Hikaru vor. Touya sah skeptisch aus. "Wir hatten schon ein westliches Frühstück, warum nicht auch ein westliches Mittag?"

"Ich weiß nicht... Sollten wir nicht lieber etwas Gesundes essen?"

Hikaru verdrehte die Augen. "Du bist so ein Moralapostel, Touya! Wir sind im Urlaub, wir sind unter Freunden, kein Erwachsener wird uns tadeln, weil wir zu ungesund essen."

"Hier geht es auch nicht darum, was Erwachsene denken, sondern um unsere Körper. Sind die nicht fit, dann ist es auch unser Kopf nicht." Hikaru konnte nichts erwidern, und das nervte ihn gleich noch viel mehr. Dabei wollte er doch so gern Burger essen... Touya sah sein unbewusst schmollendes Gesicht und bot schließlich an: "Machen wir es so: Du machst deine westlichen Fettschleudern und ich einen Salat." Hikarus vorher hängende Mundwinkel zogen sich nach oben zu einem Lächeln. "Gute Idee! Lass uns einkaufen gehen."

"Sollten wir nicht Yashiro mitnehmen, um beim Tragen zu helfen?"

"Sei kein Mädchen, Touya, das schaffen wir schon."

Nach ihrem Streit im Garten waren ihre Gemüter praktisch mit dem Betreten der Küche abgekühlt gewesen. Hikaru hatte nichts mehr dazu gesagt, also hatte auch Touya die Angelegenheit vergessen. Es kam ihm etwas zu einfach vor, wie sie manchmal ihre Streitigkeiten beilegten, doch das schien Teil von Shindos Persönlichkeit zu sein. Solange Touya nicht gerade wieder impulsiv etwas Verletzendes gesagt hatte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Saika_a
2010-07-20T15:32:15+00:00 20.07.2010 17:32
HEy!
ich freue mich riesig, hier eine so gute FF zu HnG gefunden zu haben! Du schreibst klasse und hältst dich wirklich nah an die eigentlichen Charaktere, was mir persönlich sehr gut gefällt. Auch die Story ist interssant und ich freue mich schon auf nächsten FreitagXDD
Am Anfang bin ich zwar noch über ein paar arge Rechtschreibfehler gestolpert, aber hey, da sollte ich die Klappe wahrscheinlich gar nicht soweit aufreißen... außerdem ist das jetzt in den weiteren Kapiteln weniger geworden. Erzähltechnisch ist das auch auf einem super Niveau, aber kann es sein, dass Waya sie jetzt zweimal zum Essen einladen musste? Kann aber auch sein, dass mir das nur so vorkam, schließlich hab ich das alles ziemlich schnell hintereinander weg gelesen:PP
bis Freitag dann
a_A


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