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The Bitter & the Sweet

von

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Der Auftakt.

Einen wunderschönen guten Tag, meine lieben Leser. Ich war ein fleißiges Bienchen und habe Dahlies Hausaufgabe erledigt, brav die Charakterbeschreibung fertig zu machen. Das mach ich eigentlich nicht so gerne, weil man in einem Roman ja auch keine Personenauflistung hat. Nun ja, aber ich habe es getan - kann man damit was anfangen? Nun das dritte Kapitel und endlich einen Schritt nach vorn: jetzt kommt Roses siebtes Schuljahr. (Kapitel 1 musste aber trotzdem sein, weil man sonst nicht gewusst hätte, was da eigentlich los ist im Hause Weasley/Malfoy.)
 

Viel Spaß damit.
 

Hinterlasst einen Kommentar, damit ich wenigstens ein bisschen Feedback habe.
 

liebe Grüße
 

Asketenherz
 


 

Kapitel 2
 

„Der Auftakt.“
 

Rose starrte nach hinaus auf den Bahnsteig. Die meisten verabschiedeten sich von ihren Eltern bis zu den nächsten Ferien, Mütter weinten und Väter vergaben anerkennende Schulterklapse. Dazwischen fuhren zu spät gekommene Familien mit den Gepäckwagen durch die Abschiedsszenen. Dabei waren auch die Potters, die sich eilig daran machten, ihre Kinder zu verabschieden und Rose zuzuwinken, die sie im Zugfenster erspähen konnten.

Dies war Roses siebtes Schuljahr. Das letzte. Als sie zwölf war, war es ihr wie eine Ewigkeit vorgekommen, bis sie das siebte Schuljahr erreichte. Hogwarts hatte ihr einen Zufluchtsort gegeben, der an dem Leben davor oder danach nicht interessiert war. Und nun neigte sich diese glorreiche Zeit ihrem Ende zu.
 

Es gab schon einen Termin – gerade hatte es ihr Draco Malfoy mitgeteilt, als er auf sie zu geschlendert kam und ihr die Hand reichte, während ihr Vater gerade damit beschäftigt waren, Hugo mit den Büchern und den Koffern zu helfen. Es war der Tag nach ihrem Abschlussball.

Ihr lief es immer noch in kalten Schauern über den Rücken, wenn sie daran dachte, was es für sie bedeutete.
 

Die Abteiltür wurde aufgeschoben und Lily kam hinein, dicht gefolgt von Alice, die ihre Koffer umständlich auf die Gepäckablage hievte. Dann begrüßten sie ihre Freundinnen mit einer Umarmung und lenkten sie für eine kurze Zeit – bis der Zug losfuhr – mit den neusten Gerüchten ab.
 

„Sag mal, Rose, ich will nicht darauf herumreiten, aber was mir nicht aus dem Kopf will, ist: Malfoy ist doch aber immer noch gemein zu dir und hinzu kommt, dass er ein Mädchen nach dem anderen vernascht.“, sagte Alice nach einer Weile in der sie geschwiegen hatten.
 

Rose hob die Schultern. Natürlich hatte sie eine Erklärung dafür.
 

„Malfoy und ich haben einen Deal.“, sagte sie nur. Die Mädchen rutschten näher zusammen und sahen sie verschwörerisch an.
 

„Er darf in seiner Schulzeit machen, was er will. So lange wir in Hogwarts sind, existiert diese Verlobung nicht. Ich mache, was ich will und er macht, was er will. Ich meine, wenn nicht jetzt, wann denn dann?“, endete sie. Rose lehnte sich zurück in den Sitz und sah in die schockierten Gesichter ihrer Freundinnen, die sie immer machten, wenn es um diese „Malfoy-Sache“ ging.
 

Lily schüttelte verständnislos den Kopf, wieder einmal.
 

„Kannst du das deinem Vater jemals verzeihen?“, fragte sie.
 

Rose hob die Schultern. Ja, das konnte sie.
 

Nachdem sie das Anwesen der Malfoys verlassen hatte, hatte ihr Vater ihr versprochen, es für die nächsten Jahre nie wieder betreten zu müssen. Er hatte sich entschuldigt. Doch Rose wollte es damals noch nicht hören.
 

Dass Ronald seiner Tochter so etwas angetan hatte, konnte er nicht einmal sich selbst verzeihen. Während das Geschäft nun also wieder lief, man sich neue Strategien in Sachen Werbung und Finanzierung ausgedacht hatte und alle hätten glücklich sein sollen – ja, sogar Rose war froh – verzog sich ihr Vater in seinem Arbeitszimmer. Dort trank er einen Feuerwhiskey und starrte in den Kamin. Er war unglücklich, er hatte sich zurückgezogen und er stritt sich öfter mit seiner Frau.
 

Und dann war das wahre Unglück über die Familie herein gebrochen. Eine autonome Untergrundbewegung von Zauberern, die den Zusammenschluss beider Welten genauso wenig tolerierten, wie die Muggel, hatten die Nase voll von Zaubereragenten der Abteilung Zauberkriminalität. Bis heute hatte Rose keinen blassen Schimmer, weswegen ihre Mutter an dem Montag, den sie eigentlich frei hatte um sich in den Ferien um ihre Kinder zu kümmern, doch noch einmal schnell ins Büro gefahren ist um ein paar Unterlagen zu holen. Vielleicht lag es an dem schlimmen Streit mit Roses Vater an diesem Tag – Grund war noch immer Roses Zukunft – jedenfalls war es ihr Todesurteil. Man hatte eine Briefbombe geschickt, die zwei ganze Räume in die Luft jagte, einschließlich das Büro der Abteilungsleiterin – ihrer Mum. Sie starb noch im Ministerium und Tage später war die Zeitung immer noch überfüllt von Artikeln und Neuigkeiten über die Aufklärung diess Verbrechens. Rose wusste nur, dass sie zur Beerdingung ihrer Mutter nicht weinen konnte, es aber bis zur vierten Klasse jede Nacht tat. Ansonsten hatte sie nicht viele Erinnerungen aus dieser Zeit ausßer der einen:
 

Eines Abends, als Rose es nicht mehr aushalten konnte, wütend auf ihren eigenen Vater zu sein, weil er der einzige war, den sie noch hatte und er aus der Not heraus genau das Falsche getan hatte und es nun bereute, kam sie zu ihm ins Arbeitszimmer, nahm einen großzügigen Schluck aus seinem Glas – es störte ihn nicht einmal, dass sie erst dreizehn war – und setzte sich auf die Tischkante. Dann sah sie ihren Vater lange an – er wich ihrem Blick aus, so sehr schämte er sich. Überhaupt war er in dieser Zeit in dunkler Stimmung, rasierte sich nicht mehr und trank jeden Abend allein vor dem Kamin. Sie hatte ihn manchmal ihre Mum rufen hören, nachts, wenn sie vor Tränen nicht schlafen konnte.
 

„Papa“, hatte sie gesagt und ihn damit gezwungen, sie anzusehen. „Was ist los mit dir?“, fragte sie, auch wenn sie die Antwort schon kannte.
 

„Es tut mir so leid, Rose. Es tut mir so unendlich leid. So etwas hätte ich dir nie abverlangen sollen.“, beteuerte er und begann zu weinen, wie nur Männer weinen konnten.
 

Und weil sie das so traurig fand, fing sie ebenfalls an, zu weinen. Dann setzte sie sich zu ihrem Vater auf den Schoß und umarmte ihn so fest sie konnte.
 

„Es ist schon okay, ich komme damit klar. Mach dir um mich keine Sorgen.“, versuchte Rose zu sagen, doch das brachte ihn noch mehr zum Weinen. Hilflos strich sie über sein inzwischen graumeliertes Haar.
 

„Ich bin dir nicht mehr böse, Papa. Ich verzeihe dir.“, versuchte sie erneut und endlich brachte sie ihn dazu, sie anzusehen. Rose fand, dass ihr Vater katastrophal alt aussah in diesem Moment. Die Sorgen hatten tiefe Falten in sein Gesicht gegraben.
 

„Es ist für mich viel schlimmer, jetzt auch noch meinen Vater zu verlieren. Du siehst mir nicht mehr in die Augen – ich denke die ganze Zeit, ich habe was falsch gemacht.“, seufzte sie.
 

Ihr Vater schloss die Arme fest um seine Tochter und gab ihr schließlich einen Kuss auf die Stirn. Dann sah er sie besorgt an.
 

„Du hast nichts falsch gemacht, Liebling. Nichts. Ich habe einen schlimmen Fehler begangen und werde es wohl für den Rest meines Lebens bereuen. Aber wenn du mir das verzeihen kannst, machst du es mir ein bisschen leichter.“
 

Rose lächelte. Und damit waren ihr Vater und sie für die nächsten Jahre unzertrennbar.

Sie sah auf, ein schmales Lächeln zierte ihre Lippen und ihre Augen glühten vor Zuneigung.
 

„Wow“, sagte Lily und Alice sah Rose ebenfalls ehrfürchtig an. „Du bist echt stark. Ich hätte meinen Vater einen Kopf kürzer gemacht.“
 

Rose begehrte diese Komplimente nicht. Sie hatte sich nach ihrem Herz entschieden und damals hatte ihr der Vater gefehlt, der an ihrer Seite stand und sie unterstützte. Sie hatte es vermisst und wollte es wieder, also hatte sie ihm verziehen. Mehr war nicht dabei gewesen.
 

„Jetzt verstehe ich auch, warum Scorpius es nicht duldet, dass dich jemand anderes beleidigt, außer er selbst. Wer dich beleidigt, beleidigt demzufolge auch ihn selbst.“, schlussfolgerte Alice. Sie zog eine Packung Schokolade aus ihrer Umhangtasche und reichte sie Rose zur Stärkung.
 

„Weiß er denn, dass du aus Frankreich zurück bist?“, fragte Lily. Rose nickte und dachte an die Szene zwischen ihr und ihrem zukünftigen Schwiegervater. Rose hatte in Frankreich oft an die Familie Malfoy geschrieben. Auch wenn es Scorpius nie interessiert hatte und auch Draco Malfoy kein Interesse zeigte, beantwortete sie zumindest Astoria eifrig. Wahrscheinlich fühlte sie sich verpflichtet, zumindest ein bisschen mütterlich zu ihr zu sein, jetzt, da sie keine Mutter mehr hatte um nach Rat zu fragen.
 

„Was hast du vor diesbezüglich zu tun?“, fragte Alice nach einer Weile, die sie sie nachdenklich angesehen hatte.
 

„Nichts, noch bin ich ja frei.“, entgegnete sie, aber sie sah, dass die Mädchen davon nicht gerade überzeugt waren.
 

„Aber ihr müsst doch irgendwie miteinander klarkommen, wenn ihr heiraten sollt.“, grübelte Lily.
 

„Es könnte dich wirklich schlimmer treffen, Rose. Scorpius sieht nicht schlecht aus und der dümmste ist er auch nicht.“, fügte Alice hinzu. Rose gefiel die Richtung nicht, in die dieses Gespräch führte.
 

„Redet ihr über den Scorpius, den ihr noch letztes Wochenende als Abschaum bezeichnet habt?“, fragte Rose und versuchte mit einem Lachen abzuwenden, was sich anbahnte.
 

„Das war, bevor wir deine Situation kannten, Rosie. Jetzt ist das anders.“
 

Rose bezweifelte, dass irgendwas anders war. Es war für sie genau, wie die Zeit, nachdem sie diesen unbrechbaren Schwur geleistet hatte. Es war so lange nicht existent, bis sie aufhörte nach Hogwarts zu gehen und volljährig zu sein.
 

„Was wollt ihr mir damit sagen? Dass ich mich mit ihm anfreunden soll oder hättet ihr das gerne romantischer? Wahrscheinlich wäre es perfekt, wenn Scorpius jetzt noch merken würde, wie toll ich bin und dann verliebt er sich in mich und ich mich in ihn und wir heiraten sogar freiwillig.“ Rose war ärgerlich.
 

„Bleibt mal lieber in der Realität. Scorpius hasst mich und ich bringe diesem arroganten Scheißer auch nicht gerade warme Gefühle entgegen. Wir werden uns nach der Hochzeit arrangieren, vielleicht sogar miteinander leben, ohne uns jeden Tag umbringen zu wollen. Aber mehr erhoffe ich nicht und mehr will ich auch nicht.“
 

Demonstrativ abweisend schlug sie irgendeines ihrer Schulbücher auf und begann irgendwo inmitten eines Kapitels zu lesen. Innerlich brodelte es in ihr. Sie hatte gewusst, dass sie es nicht verstehen würden. Dass sie ihre aussichtslose Lage mit verklärtem Blick betrachten würden, als sei es ein Roman aus dem 18. Jahrhundert, wo es so etwas wie Vernunftehen noch gab und man darauf hoffen konnte, dass die Heldin ihren Prinzen noch für sich gewinnen konnte. Doch das war kein Buch, das war bittere Realität im 21. Jahrhundert. Und wenn Rose ablehnen würde, hatte sie nicht mit Schande für sich und ihre Familie zu rechnen, sondern mit dem Tod. Sie hatte im Alter von zwölf Jahren nicht nur ihre spätere Freiheit verloren, sondern auch ihr Leben aufs Spiel gesetzt. Hätte sie damals nur genauer darüber nachgedacht. Hätte sie gewusst, dass Draco Malfoy keine halben Sachen machte. Ihre Entscheidung wäre anders ausgefallen und sie müsste nicht sterben. Sicherlich hätte es eine andere Möglichkeit gegeben, das Familiengeschäft zu retten. Doch wenn sie ehrlich war, so wusste sie, dass es diese Möglichkeit nicht gegeben hätte.
 

Ein Leben an Scorpius Malfoys Seite – sie würde lieber sterben, denn nichts war schlimmer als ein liebloses Leben an der Seite eines Ekels und einer unterkühlten Familie. Das einzig Positive in ihrer Situation war, dass ihre künftige Schwiegermutter sie offensichtlich mochte. Sie würde einfach so wenig Zeit wie möglich mit ihm verbringen und oft ihre Freundinnen besuchen. Sie würde ewig auf der Flucht vor ihrer Bürde sein, doch wenn sie sich davon auch nur ein paar glückliche Stunden erhoffen konnte, war es ihr das wert. Sicherlich würde Scorpius es nicht anders machen.
 

Sie seufzte und schlug das Buch zu. Dass ihre Freundinnen Optimisten waren, sollte man ihnen nicht zum Vorwurf machen und auch nicht ihre Naivität. Sie hatten den Umgang in Malfoy Manor nie erlebt, denn sie waren lediglich Zeugen von Scorpius Charme geworden – wer konnte es ihnen verübeln, dass sie sich doch noch ein Happy End ausmalten.
 

Lily und Alice sahen sie abwartend an. Wahrscheinlich hatten sie das schon die ganze Zeit getan. Ihre Mienen waren besorgt, vielleicht auch verzweifelt über ihre missliche Lage.
 

„Es tut mir leid, ich wollte euch nicht dumm kommen. Es ist nur so, dass ich mit diesem Wissen schon fast fünf Jahre lang lebe und es für mich eben keine Neuigkeit mehr ist. Ich habe mir früher auch ausgemalt, dass vielleicht alles ganz anders kommt – diese Vorstellung hielt bis zum nächsten Furunkulus von Malfoy, dann starb sie in meinen Händen.“, erklärte sie schließlich. Lily zog ihre Knie an den Oberkörper und schien nachdenklich. Alice sah einen Moment aus dem Fenster.
 

„Dann sollten wir dein letztes Jahr in Freiheit zumindest ordentlich rocken.“, sagte sie schließlich und sah ihr mit dem üblichen, wachen und stets amüsierten Blick in die Augen. Rose musste lächeln, denn diese Reaktion sprach für Alices ganzes Weltbild und ihre Lebenseinstellung. Alice war auch ein Mensch, der jeden Tag lebte, als gäbe es den darauf folgenden nicht. Sie nutzte auch nur die Zeit, in der sie sich gerade befand und kam damit super klar.
 

„Wir lassen einfach keine Party aus, feiern uns in jeder freien Minute und du vernascht einfach jeden, der dir über den Weg läuft und den du annehmbar findest. Du entjungferst einfach Hogwarts letzte unschuldigen Jungs. Soviel Spaß wirst du nie wieder haben, das schwöre ich dir.“, stimmte Lily mit ein und grinste.
 

In Rose' Gesicht schlich sich endlich ein breites Grinsen. Sie aß noch ein Stück Schokolade, dann hatte sich ihre Laune maßgeblich gebessert und sie lauschte den den Partyplänen ihrer Freundinnen und bekam zum ersten Mal mit, wie viel in Hogwarts eigentlich los war, wenn man zum Kreis der Eingeweihten gehörte. Einige siebzehnjährige Geburtstage standen an, auch achtzehn jährige Feiertage.

Unter anderem auch der von Scorpius Malfoy zu dem er sie schlecht ausladen konnte. Sollte er es doch tun, würde er einige Tage später einen anständigen Brüller seiner Eltern erhalten, soviel stand fest.

Und die Party bei Malfoy versprach großartig zu werden, war er doch zusammen mit Alice Longbottom zum Schulsprecher ernannt und besaß das Privileg einer eigenen kleinen Wohnung innerhalb des Schulgebäudes. Diese Räumlichkeiten waren berühmt für ausschweifende Feierlichkeiten – fast so berühmt, wie der Raum der Wünsche. Alice würde auch ihren eigenen Geburtstag dort feiern. Und dann planten sie schon einmal ihren Geburtstag.
 

Als sie in Hogwarts ankamen, hatte Rose ihre Sorgen komplett vergessen und war frohen Mutes an ihr siebtes Schuljahr herangetreten – freudig die Ereignisse erwartend, die sie sich die letzten Jahre hatte entgehen lassen. Vielleicht würde das ihr letzter brutaler Imagewandel werden – sie freute sich darauf einmal in ihrem Leben rücksichtslos sein zu können. Einmal nur, nicht an andere denken, sondern nur an sich selbst. Und mit einem Mal fühlte sie sich so frei, wie noch nie in ihrem Leben.
 

Als sie beim Aussteigen in ihren Verlobten rannte, der dumm in der Gegend herumstand und auf Albus zu warten schien, zuckte sie nicht einmal mehr zusammen oder fürchtete sich vor einem Fluch seinerseits. Er drehte sich mit einem Fluch auf den Lippen zu ihr um und stellte überrascht fest, dass es sich um Rose handelte, die ihn strahlend anlächelte.
 

„Hallo, Scorpius.“, begrüßte sie ihn mit einem Lachen in der Stimme. Der Angesprochene zog fragend eine Augenbraue hoch, kannte er Rose doch nur als Trauerklos, der sich gern in sich selbst zurückzog.
 

„Rose...“, sagte er so verblüfft, dass er sogar vergessen hatte, ihren Nachnamen zu verunstalten, wie üblich. Rose hatte schon ganz vergessen, wie ihr Name aus seinem Mund klang, deswegen grinste sie noch etwas breiter.
 

„Wie waren deine Ferien?“, fragte sie rasch, bevor die Stille noch mehr anschwellen konnte.
 

Er kratzte sich verlegen am Kopf und sah sich um, dass man ihn auch ja nicht mit ihr sah. Darauf war er immer sorgsam bedacht gewesen. Niemand sollte etwas ahnen.
 

„Erholsam, ich habe die Potters besucht.“, meinte er angebunden und ließ seinen Blick über die Menge schweifen.
 

„Das ist schön. Na gut, ich muss dann los. Sorry nochmal, dass ich dich angerempelt habe.“, kicherte sie und zog mit ihren ebenfalls kichernden Freundinnen ab.
 

Scorpius sah ihnen verwirrt nach und fragte sich, wann er und Wiesel das letzte Mal ganz normal und ohne Verletzungen davonzutragen, miteinander gesprochen hatten. Und wieso war sie so aufgedreht und fröhlich? Er wusste sehr gut, dass sein Vater ihr am Morgen noch den Termin für die Hochzeit verraten hatte. Diese Reaktion wollte gar nicht zu ihr passen.

Er entdeckte Albus, der auf ihn geschlendert kam und sich eine Zigarette ansteckte. So cool, wie Merlin ihn schuf, kam er bei ihm an und lächelte das Lächeln, dass Reihen von Mädchen in Ohnmacht fallen ließ.
 

„Alles klar?“, fragte er so knapp, wie gewöhnlich.
 

Scorpius nickte langsam und rang sich schließlich ebenfalls ein Lächeln ab.
 

„Bereit für das glorreiche siebte Jahr, Scorp?“, fragte Albus.
 

„Auf jeden Fall.“
 

Der Beginn des neuen Schuljahres war für Rose vielversprechend. Sie hatten noch am Abend ihres Erscheinens zehn Punkte Abzug für Gryffindor kassiert, weil sie sich nachts noch auf den Gängen herumgeschlichen hatten auf der Suche nach der Karte des Rumtreibers, die James in seinem letzten Schuljahr irgendwo versteckt hatte.

Am nächsten Tag schafften sie es tatsächlich ungesehen die verbotenen Gänge abzugrasen und wurden bei der buckligen Hexe fündig. Wer James kannte, wusste, dass es wohl kein anderes Versteck für die Karte gab, als den verbotenen Weg in den Honigtopf.
 

Am Abend trafen sie sich bei Alice in den Schulsprecherräumen. Rose fand Alices Zimmer sehr geschmackvoll eingerichtet. Auch wenn es ein Bett war, wie jedes andere auch in Hogwarts, hatte sie ihre Habseligkeiten, die hauptsächlich aus Schals und teuren Stoffen bestand, kunstvoll darum drapiert. Die Bücher lagen im Gegensatz zu den sorgsam behüteten Tüchern unordentlich auf dem Boden verstreut.
 

Böse Zungen sagten, dass sie die Ehre der Schulsprecherin nur bekam, weil ihr Vater der Schulleiter von Hogwarts war. Vielleicht hatten sie recht, vielleicht auch nicht – Alice machte sich seit Jahren keine Gedanken mehr darum, dass andere Leute dachten, sie sei übervorteilt. Es war ihre Art ein sorgloses Leben zu führen.

Am Abend würde eine geheime Schulanfangsfeier im Raum der Wünsche stattfinden und alle Siebtklässler waren eingeladen. Ein paar Sechstklässlerinnen würden ebenfalls zu der Ehre kommen, wenn man sie als Begleitung dazu eingeladen hatte. Alice, Lily und Rose würden, wie immer, ohne Begleitung kommen.
 

Diese Feiern waren immer eine schicke Angelegenheit, denn alle nutzten die Gelegenheit, einmal nicht in Schuluniform kommen zu müssen. Deswegen hatte sich Alice den vergangenen Abend den Kopf zerbrochen, was sie anziehen wollte, hatten sie sich doch vorgenommen in diesem Schuljahr nichts anbrennen zu lassen. Rose liebte Lily und Alice für ihre Loyalität – sie würden Roses letztes Schuljahr tatsächlich zu etwas Besonderem machen. Ganz, wie sie es versprochen hatten.
 

„Ich habe gehört, dass Cameron Finnigan wieder Single ist. Wie wäre es mit einem Ausflug in schottische Gefilde, Rose?“, kicherte Alice, während sie sich anzog. Rose zog fragend eine Augenbraue hoch. Eigentlich war er nicht gerade ihr Typ. Sie stand nicht wirklich auf Blondinen – ihr war der verwegene dunkle Typ am liebsten, der leidenschaftliche Liebhaber, sozusagen. Dunkle Haare, braune Augen, groß, gut gebaut.

Groß und gut gebaut war Cameron zwar, aber er war eben auch ein schöngeistiger Hufflepuff. Sie kannte nicht eine seiner Stärken – im Unterricht schien er zumindest eher mittelmäßig zu sein. Aber für einen Abend mochte es vielleicht gehen und da seine Freundin ihn verlassen hatte, war er ein leichtes Opfer. Sie würde es sich überlegen.
 

„Albus ist auch Single, Alice.“, merkte Lily trocken an. Auch wenn es sich um ihren Bruder handelte, machte sie kein Geheimnis daraus und es störte sie auch nicht, ihn anzupreisen wie Sauer-Bier.
 

Alice wollte davon nichts hören und versuchte es mit einem anderen Thema.
 

„Komm schon, Alice. Er hat dich bisher vor jedem Hogsmeadewochenende gefragt, ob du mit ihm ausgehst und du hast nie zugesagt.“, maulte Lily.
 

Rose musste zustimmen. „Außerdem hast du gesagt, dass du ihm in der siebten Klasse sein Date gewährst, wenn er so hartnäckig bleibt.“
 

„Ich will doch nicht eine seiner Einwegbeziehungen werden, Rose.“, fauchte Alice getroffen. Sie fauchte immer, wenn sie in die Ecke gedrängt wurde.
 

„Die hat er ja nur deinetwegen. Er wartet bis heute auf dich.“, seufzte Lily, dann musste sie kichern. Kaum ein Mädchen auf Hogwarts wusste, wie sehr sich der immer sehr distanzierte Albus um Alice Aufmerksamkeit bemühte. Es war ein wohl gehütetes Geheimnis um Alice vor den Eifersuchtsattacken anderer Mädchen zu schützen.
 

„Unsinn! Das einzige, was ihn jetzt noch reizt, ist, dass ich bis heute widerspenstig geblieben bin. Und das kann meinetwegen auch so bleiben. Ich habe kein Interesse an ihm.“, erwiderte die Schulsprecherin.
 

„Aber zu deinem Date musst du stehen, Alice.“, meinte Rose und zog eine Augenbraue hoch. Mit Versprechen kannte sie sich bestens aus.
 

„Da dachte ich auch noch, dass er es eh nicht so lange aushalten würde.“
 

„Versprochen ist versprochen.“, zwitscherte Lily mit einem hämischen Grinsen auf dem hübschen Potter-Gesicht.
 

„Na gut, so soll es sein. Zum nächsten Wochenende gehe ich mit ihm aus, sofern er mich fragt.“, gab Alice nach und bürstete sich ihre langen dunklen Haare. Sie schlüpfte in ein knielanges, schwarzes Kleid und dazu hohe Pumps.
 

Rose trug ein langes Flanellhemd für Frauen. Eigentlich war es zu kurz, um es ohne eine Leggins anzuziehen, doch sie trug es trotzdem so knapp, hatte dazu einen breiten schwarzen Gürtel angelegt und flache, schwarze Schuhe. Ihr Haar hatte Alice zu einem gekonnt nachlässigen Knoten verarbeitet, sodass ihr einige Strähnen verloren im Gesicht oder auf den Schultern hingen. Es war das perfekte unschuldige Aussehen.
 

Lily trug fast immer, wenn sie ausging ein traditionelles Kleid im Stil der Fünfziger mit hochgeschlossenem Kragen, dafür aber mit Strumpfhosen, die eine Naht hatten, was viele fast wahnsinnig machte. Die Jungs gingen diesem anständigem Aussehen regelmäßig auf dem Leim. Von ihr wusste Rose auch, dass es nicht immer nötig war, viel Haut zu zeigen um das zu bekommen, was man wollte.
 

„Können wir?“, fragte Alice. Rose nickte und zog die Karte des Herumtreibers aus ihrer Brusttasche. Sie durften sich nicht erwischen lassen, wenn die Feier geheim bleiben sollte.
 

„Ich schwöre feierlich, dass ich ein Tunichtgut bin.“, sagte Rose und tippte mit dem Zauberstab auf die Karte. Das Stück Pergament gab sofort seine Informationen preis. Filch schlich zusammen mit seiner Katze auf der Etage herum, allerdings noch am anderen Ende.
 

Gemeinsam machten sich die Freundinnen auf den Weg. Sie versuchten leise zu sein, doch der grimmige Hausmeister schien trotzdem etwas gehört zu haben, denn sein Punkt auf der Karte kam den Mädchen gefährlich nahe. Doch Rose merkte es erst, kurz bevor sie um die Ecke gebogen und Filch in die Arme gelaufen wären.

Rose drückte die Mädchen an eine Wand und bedeutete ihnen ruhig zu sein. Doch als Rose sich anlehnte, gab die Wand hinter ihnen nach und sie fielen in einen Raum, der sich sofort nach ihnen schloss. Draußen hörten sie Filchs Schritte widerhallen und auch sein leises Gemurmel. Seine Schritte verloren sich, als er weiterlief.
 

„Wo sind wir hier?“, flüsterte Alice, kurz bevor sie „Lumos Maximus“, sprach und mit ihrem Zauberstab den Raum erhellte.
 

„Ist das der Raum der Wünsche?“, fragte Lily.
 

„Nein, der ist im dritten Stock. Wir sind im zweiten.“, meinte Rose und sah sich um. Hier war seit Jahren, wenn nicht gar Jahrzehnten niemand mehr gewesen. Sie warf einen Blick auf die Karte, doch sie sah sich selbst und ihre Freundinnen nicht darauf.
 

„Der Raum ist nicht einmal auf der Karte der Herumtreiber verzeichnet.“, meinte sie und bestaunte die Staubberge. Ein paar antike Möbelstücke standen mit weißen Laken abgedeckt im Raum.
 

Es hingen alte Portraits an den Wänden. Die Insassen schliefen und es sah so aus, als täten sie es seit Ewigkeiten. Eine öffnete müde ein Auge und schüttelte sich, als sie die Mädchen erblickte. Es war eine alte Dame in einem altertümlichen hellblauen Kleid.
 

„Wacht auf, Leute!“, rief sie plötzlich. „Wir haben Besuch!“
 

Ihre Stimme war freudig. Plötzlich öffneten die anderen Bilder ihre Augen und sahen sich die Mädchen erstaunt an. Ein grimmiger alter Mann war unter ihnen.
 

„Was ist das für ein Raum?“, fragte Rose etwas lauter.
 

„Ein geheimer, du dummes Mädchen. Sonst hätten wir öfter Besuch.“, antwortete die alte Dame mit kratzender Stimme. Rose zog eine Augenbraue hoch und sah sich abermals um. Sie hatte nie hiervon gehört und sie war sich auch sicher, dass sonst niemand mehr hier gewesen war.
 

„Wofür hat man ihn früher genutzt?“, besann sie sich.
 

„Es war ein geheimer Clubraum. Hier sind viele Feste gefeiert worden, vor... einhundertfünfzig Jahren, denke ich.“, erklärte der grimmige Mann. Seine Stimme war ein wunderschöner Bariton.
 

„Wieso ist er so lange nicht mehr genutzt worden?“, wollte Lily wissen und schreckte dabei vor einem großen Spinnennetz zurück.
 

„Ich glaube, dass die, die von diesem Raum wussten, längst gestorben sind.“, sagte die Dame schulterzuckend.

„Da ist ja aufregend! Wir haben einen geheimen Raum gefunden, von dem niemand mehr etwas weiß!“, freute sich Lily und hüpfte aufgeregt auf und ab.
 

Alice zog hingegen nur skeptisch eine Augenbraue hoch und sah sich weiter um. In einer Ecke des Raumes war ein prunkvoller Kamin mit vielen Keramikfiguren. Auf dem Sims standen filigrane, schwarz angelaufene Silberkerzenständer. Es gab sogar ein Fenster. Alice sah nach unten und entdeckte eine dichte Wolkendecke. Dieses Fenster durfte es an dieser Innenwand eigentlich nicht geben. Es zeigte zumindest nicht die Wirklichkeit.
 

Dann kam ihr die Idee.
 

„Das da unten ist die Große Halle, Rose.“, rief sie aus. Sie konnten nur schwach die Tische darunter erkennen. Um diese Uhrzeit war niemand mehr dort unten.
 

„Aber man sieht ihn gar nicht von unten.“, bemerkte Rose.
 

Das Portrait räusperte sich. „Natürlich nicht. Er ist doch, wie schon gesagt, geheim. Das Fenster sieht man nur von dieser Seite.“
 

Rose fragte sich, ob es eine gute Idee war, hier zu verweilen. Sicherlich war er nicht umsonst geheim. Wer wusste schon, was hier für Praktiken stattgefunden hatten. Sie betrachtete die alten Bücher im Regal und stellte mit Schrecken fest, dass sie eigentlich nur in der verbotenen Abteilung in der Bibliothek zu finden waren und hier. Alles alte Schinken – Rituale, große Zauber, verbotene Zauber. Rose war dieses Zimmer nicht geheuer.
 

„Wir könnten diesen Raum aufpäppeln und ihn für uns nutzen, was haltet ihr davon?“, schlug Alice vor. Ein freudiges Lachen hatte sich in ihre Züge geschlichen. Natürlich war sie erfreut, schließlich war es etwas Verbotenes.
 

„Ich weiß nicht.“, meinte Rose. Doch sie war sich bewusst, dass ihre Meinung hier kein Gewicht hatte, wenn sie Lilys verschwörerisches Glimmen in den Augen sah.
 

Ein eigener Raum war in Hogwarts eine Besonderheit. Man hatte nirgendwo wirklich seine Ruhe, wenn man allein sein wollte. Den Schafraum teilte man sich meistens mit allen anderen, die Toiletten waren gut besucht und auch auf dem Gelände lief man vielen über den Weg, die eine ebensolche Abgeschiedenheit suchten. Es war verständlich, dass die Mädchen hellauf begeistert waren.
 

„Lass uns morgen wiederkommen und uns den Raum vornehmen. Mal sehen, was hier noch für Schätze vergraben sind.“, meinte Alice mit einem Nicken und nahm Rose an die Hand. Sie zog sie zu der Mauer, durch die sie gefallen waren und suchten einen Ausgang. An einem Hebel an der Wand, konnte man die Tür öffnen. Rasch schlüpften die Mädchen nach draußen und die Tür schloss sich hinter ihnen wieder.

Die Mädchen prägten sich die Position ein und machten sich anschließend auf den Weg in den Dritten Stock zum Raum der Wünsche.
 

Sie mussten sich nur einen Raum wünschen, in dem man gerade feierte und schon erschien eine unscheinbare Tür an der Wand. Sie traten ein und bemerkten, dass die Feier schon auf Hochtouren lief. Es waren gefühlte hundert Menschen in diesem Raum. Vielleicht sogar mehr.

Rose sah sich um. Links von ihr, bekam man Butterbier und Feuerwhiskey, rechts von ihr standen große, ramponierte Sofas, auf denen sich vereinzelte Grüppchen tummelten, tuschelten und kicherten. Vor ihr standen ein paar Mitschüler und unterhielten sich. Dahinter befand sich eine Tanzfläche.
 

„Wow“, staunte Alice und betrachtete die hunderte schwebenden Kerzen über ihren Köpfen.

Rose erspähte ihren Cousin Albus in der Menge. Sie wollte ihm von dem Raum erzählen, doch sie tat es nach genauerer Überlegung lieber nicht, wenn sie den Raum für sich behalten würde. Wüsste Albus davon, hätte er nur Unsinn damit vor. Eine Scherzzentrale, das würde er daraus machen.
 

Deswegen schlenderte sie langsam auf ihn zu und begrüßte ihn mit einer knappen Umarmung, auch wenn sie ihn dabei in einem Gespräch mit Emylie Jones unterbrach, einer hübschen, braun haarigen Sechstklässlerin.
 

„Rosie, wie geht’s dir?“, wollte er wissen und wandte seine volle Aufmerksamkeit auf sie. Emylie sah betreten zur Seite, dass sie so schnell sein Interesse verloren hatte, schien sie zu beschämen. Nach kurzer Zeit ging sie weg und steuerte die Bar an.
 

„Gut, danke. Was hast du in den Ferien so getrieben?“, fragte sie. Sie hatte die Ferien zur Hälfte in Frankreich verbracht und zur Hälfte bei ihren Eltern. Von Albus hatte sie das letzte Jahr über kaum etwas gehört – es war kein Wunder, denn er war ein unzuverlässiger und fauler Briefschreiber. Rose nahm es ihm nicht übel.
 

„Scorpius war bei uns zu Hause. Wir haben viel Zeit auf dem Besen verbracht und auf Partys.“, meinte er und grinste Rose an. Sie konnte sich vorstellen, wie die Partys für beide ausgegangen waren, wenn sie ihn so lächeln sah.
 

„Es ist schön, dass du wieder da bist.“, meinte er ehrlich und schloss sie noch einmal kräftig in die Arme. So viel Herzlichkeit auf einmal war sie nicht von ihm gewohnt, deswegen vermutete sie, dass etwas faul war.
 

„Genieße dein letztes Jahr in Freiheit, Rosie.“, flüsterte er in ihr Haar. Rose riss die Augen auf und drückte ihn von sich.
 

„Du weißt davon?“, fragte sie erschrocken und wurde im selben Moment kalkweiß im Gesicht. Sie war erschüttert, denn gerade vor ihrer engsten Familie wollte sie es nie zu einem Thema machen und sie war sich sicher gewesen, dass auch Scorpius nie ein Wort darüber verloren hätte. Hatte Lily sich verplappert?
 

„Ich weiß es schon seit Jahren.“, erklärte er.
 

Rose zog eine Augenbraue hoch. „Wieso hast du dann nie etwas gesagt?“, wollte sie wissen.
 

„Ich bat ihn darum, Wiesel. Du weißt doch, so lange wir hier sind...“, mischte sich eine zweite Stimme ein. Rose wandte sich um und stand Scorpius Malfoy gegenüber. Sie staunte, wie groß er war. Als sie sich das letzte mal so direkt gegenüber standen, war sie zwölf und bedeutend kleiner.
 

„Spielt das davor oder danach keine Rolle, schon klar.“, beendete sie seinen Satz gelangweilt. Trotzdem ärgerte es sie, dass Scorpius einfach nicht seinen Mund halten konnte. Natürlich hätte es schlimmer sein können, als es nur seinem besten Freund anzuvertrauen.
 

„Rosie, Rosie, Rosie!“, wurden sie unterbrochen, als Alice und Lily sich zwischen sie und Albus schoben. Alice bedachte Scorpius lediglich mit einem abschätzigen Blick, Albus sah sie hingegen etwas länger an und bedachte ihn mit einem Lächeln.
 

„Was ist denn?“, fragte Rose. Alice nahm den Blick von Albus und sah in ihre braunen Augen.
 

„Wir haben Cameron gefragt, wie er dich findet!“, kicherte Lily.
 

„Und er meinte, dass du ihm gleich aufgefallen bist, als du den Raum betreten hast.“, endete Alice und ein triumphierendes Lächeln hatte sich in ihre Züge geschlichen. Scorpius zog eine Augenbraue hoch. Rose konnte sich vorstellen, dass er diesen Auftritt ihrer Freundinnen und ihr Verhalten mehr als kindisch und albern fand. Doch das war ihr egal.
 

„Das ist doch kein Wunder, Rose ist jedem aufgefallen, als sie hereinkam.“, murmelte Albus mit einem Grinsen. Rose wusste, dass sie das als Kompliment auffassen konnte und schenkte ihm ein warmes Lächeln. Albus besserte immer, wenn er konnte, ihr Selbstwertgefühl auf.
 

Alice zwinkerte ihm zu und grinste. Offensichtlich fand sie es genauso nett von ihm, wie Rose.
 

„In so knapper Kleidung hat man dich auch noch nie gesehen. Du scheinst es darauf anzulegen, Wiesel.“, meinte Scorpius arrogant und musterte sie vom Scheitel bis zu den Zehen.
 

Rose Lächeln erlosch und sie kniff beide Augen zusammen. Wenn er Streit suchte, sollte er ihn nur haben – sie war alles andere als abgeneigt.
 

„Rose, du bist ja wieder da.“, bemerkte eine sechste Stimme.
 

Wenn Rose noch eisiger gucken könnte, hätte sie Morgana Greengrass zu einer Essäule erstarren lassen. Die Siebtklässlerin aus Slytherin hatte es schon immer darauf angelegt, Rose zu Tode zu nerven. Doch es hatte ihr zu ihrer Enttäuschung immer kalt gelassen. Nun wollte sie sich den Abend nicht verderben lassen und wechselte in Sekundenschnelle ihren Gesichtsausdruck. Mit einem nachsichtigen Lächeln sah sie ihr in die hellblauen Huskyaugen.
 

„Es scheint ganz so.“, meinte sie freundlich.
 

Morgana schien verwirrt zu sein, dass man ihr mit solcher Höflichkeit begegnete und nicht mit Ignoranz. Rose gratulierte sich innerlich zu ihrem Sieg über die niederen Umstände. Rose lief es eiskalt den Rücken hinunter wenn sie daran dachte, dass Morgana in Zukunft wohl oder übel auch auf den Familienfesten erschien. Und wenn Alice sich nicht beeilte, in doppelter Hinsicht, denn sie lief Albus schon lange hinterher und er hatte sich immer wieder aus Mitleid oder purem Verlangen dazu herabgelassen, sie für ein oder zwei Nächte zu beglücken.
 

„Du hast dich ganz schön...verändert.“, stellte Morgana fest und betrachtete Rose, wie es zuvor schon Scorpius getan hatte. Musste wohl in der Familie liegen.
 

„Ja, ich lege es dieses Jahr drauf an.“, meinte Rose nur mit einem glockenklaren Lachen.
 

Morgana schien sich nicht ganz sicher zu sein, ob sie lachen sollte, denn sie hatte den Eindruck Rose mache sich über sie lustig. Sie lächelte schwach.
 

Damit hatte Rose das erste Gerücht dieses Schuljahres geboren, soviel stand fest, als Morgana sich zu dem schwarzen Schaf der Familie Weasley gesellte: Lucy Weasley, dem Namen nach die erste Weasley, die man nach Slytherin geschickt hatte und Roses persönlicher Alptraum. Sie wandte sich wieder an Albus und beobachtete für den Bruchteil einer Sekunde, wie er Alice ansah.
 

„Zurück zum Thema“, erinnerte Alice und zog Rose am Ärmel von der Gruppe weg.
 

„Wir dürfen das Wesentliche nicht aus den Augen verlieren.“, meinte sie noch und zerrte sie in Richtung Bar, wo sie sich ein Butterbier genehmigten.
 

„Cameron ist zur Zeit in einem kleinen Tief. Vielleicht kannst du ihn trösten.“, meinte Lily schließlich und nahm einen großzügigen Schluck aus ihrer Flasche, dann sah sie sich die anderen Gäste an. Es erschien Rose, als suche sie sich ebenfalls ein passendes Opfer für diesen Abend.
 

„Also, ich würde mir heute gerne selbst jemanden aussuchen, Alice. Cameron befindet sich sicherlich auch morgen noch in einem Tief.“, meinte Rose und nahm einen Schluck Butterbier.
 

Alice und Lily nickten verständnisvoll.
 

„Stört es dich dann, wenn ich ihn nehme?“, fragte Lily kichernd. Rose musste lachen, dann schüttelte sie ihre rote Mähne und schob sie in die Richtung Camerons.
 

Alice und Rose Blicke folgten ihr, als Lily sich schamlos an den Schotten heranmachte. Lily fiel fast in seine Richtung, doch nur die Mädchen wussten, dass das pure Absicht war. Cameron fing sie aus Reflex auf und half ihr wieder auf die Beine. Nun musste Lily sich genötigt fühlen, sich zu bedanken oder zu entschuldigen. Sie entschied sich für den Dank und spendierte ihm ein Butterbier, während sie mit erhitzten Wangen ein Gespräch anfing.
 

„Diese 'Betrunkenes, tollpatschiges Mädchen'-Nummer, sollte verboten werden. Es ist erschreckend, wie viel Erfolg sie damit hat.“, meinte Alice kopfschüttelnd und wandte sich wieder an Rose.
 

„Ich habe gesehen, dass du mit Albus Augenkontakt hattest.“, wechselte Rose das Thema und ihre Augen funkelten verschwörerisch.
 

„Oh, Merlin, Augenkontakt!“, echauffierte Alice sich künstlich, dann lachte sie.
 

„Ihr habt doch gesagt, dass er seine Chance kriegen soll. Jetzt bringe ich ihn erstmal dazu, dass er denkt, er hätte sie.“, erklärte sie rasch.
 

Rose gefiel es nicht, dass Alice mit ihrem liebsten Cousin spielte. Als sie ihn noch die blanke Ablehnung hatte spüren lassen, spielte sie zumindest nicht mit ihm und er wusste immer, woran er war. Dass er nie aufgegeben hatte, war seine Dummheit, nicht ihre. Doch nun machte sie ihm Hoffnungen ohne sicher zu sein, dass sie diese erfüllen konnte. Aber Albus war nicht dämlich, hoffte Rose zumindest.
 

„Wer ist also dein Auserwählter für heute Abend?“, fragte Alice schließlich und suchte die Menge nach einem passenden Jungen für Rose ab.
 

Doch Rose hob nur die Schultern und meinte mit langweiliger Stimme:

„Ich glaube, ich kokettiere heute Abend erstmal. Ich rede mit jedem, scherze mit jedem und zum nächsten Wochenende werde ich mich vor Dates für Hogsmeade nicht mehr retten können.“
 

Alice sah sie mit großen Augen an.
 

„Du durchtriebenes Stück!“, rief sie aus.
 

„Ich war in Frankreich, Alice. Was denkst du, was ich dort gelernt habe? Meine erste Lektion war, sich interessant für andere zu machen.“, meinte Rose nur verächtlich und log nicht einmal, wenn sie das sagte. Von ihrer Cousine Dominique hatte sie tatsächlich viel gelernt, genau, wie den Freundinnen, die sie dort gefunden hatte. Und sie war überrascht gewesen, wie schnell das funktionierte.
 

Alice nickte schließlich und dann verabschiedete sie sich für den Moment von Rose, um Albus schöne Augen zu machen, der wieder in das Gespräch mit Emylie Jones vertieft war. Sie konnte sich lebhaft vorstellen, dass das ihre beste Freundin nicht auf sich sitzen ließ, wenn sie ihm endlich schöne Augen machte und er nicht sofort darauf ansprang. Also beobachtete sie, wie penetrant Alice sein konnte, wenn sie sich einmischte. Sie schüttelte abermals ihren Kopf, dann wandte sie sich zur Bar und ließ sich einen Feuerwhiskey reichen. Das Zeug hatte sie seit Ewigkeiten nicht mehr angerührt, doch nun schüttete sie sich gleich zwei hintereinander rein, um sich etwas Mut für ihr Vorhaben zu borgen.
 

Und am Ende hatte Rose sich wirklich an ihren Plan gehalten, zu kokettieren. Sie redete mit Mädchen, die sie eigentlich nicht leiden konnte, tratschte mit ihnen und am Ende redete sie mit verschiedenen Jungs, die für sie in Frage kämen. Sie war überrascht, dass es mehr als eine Hand voll waren – eigentlich hatte sie nie damit gerechnet, jemand hübschen in ihrem eigenen Jahrgang zu finden.
 

Am Ende des Abends fiel Rose zertanzt ins Bett und dann in einen traumlosen Schlaf. Wann Lily hereinkam, bemerkte sie nicht mehr und auch nicht, dass es schon in den grauen Morgenstunden war, als sie das tat.



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Kommentare zu diesem Kapitel (9)

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Von:  darkbird
2012-10-19T19:44:49+00:00 19.10.2012 21:44
Hermine ist tot? Oh man, das kommt ja alles Schlag auf Schlag bei der kleine Rosie. *schnüff*

Wie in einem Roman aus dem 18. Jahundert, Romantisch verklärt. die Formulierung find ich klasse :)

Hihi, Al fragt Alice immer wieder nach Dates. Da fühlt man sich an Lily & James erinnert *g*

Hihi ich find es klasse wie die Mädels Scorp gekonnt ignorieren.
Sich erst bei allen beliebt machen und dann einen nach dem anderen Vernaschen, ja so gehört sich das *grins*
Scorp wird schon sehen, das er nicht der einzige ist, der sich amüsieren kann

LG
Von:  LittleBastard
2011-01-07T15:54:24+00:00 07.01.2011 16:54
Hach wieder ein herrliches kapitel. und so schön lang. :)
mir gefallen deine rose, alice und lily sehr...sie sind werder streber, noch tussis sondern ein cooles mittelding :)
und auch das rose das letzte jahr so richtig geniessen will, hast du gut rübergebracht.
also die gründe, wieso sie jetzt so wird, wie sie wird :)
ich würde es an ihrer stelle auch so machen.
wenn ich wüsste, das ich nur noch dieses eine jahr "frei" sein würde.
dann würde ich auch voll die sau rauslassen...

auch das mit dem neuen raum ist interessant. :)
bin gespannt, was der noch für ne rolle spielen wird...

und die sprüche waren wieder mal der hammer.
ich musste paarmal richtig losprusten :D

deine geschichte hält echt überraschungen bereit.
z.b das hermine starb, das war...kras...
oder allgemein das mit der verlobung...
und das liebe ich an geschichten, wenn sie oft unvorhersehbar sind :)

leider schleichen sich hi und da, tippfehler rein.
oder z.b ein einer stelle stand:
Innerlich brodelte es in ihr. --> innerlich brodelte sie. (oder so...innerlich/in ihr ist ja irgendwie das gleiche...)

oder die stelle, als sie sagt, das sie in frankreich war und sonst bei ihren eltern zu hause...naja, irgendwie fände ich "vater" angebrachter, weil hermine ja nicht mehr ist...und eltern sind ja vater und mutter...
aber das sind so kleinigkeiten, die man auch nicht beachten muss ;)

also auf jeden fall, die geschichte wird mir immer sympatischer :D

lg, LB
Von:  Herzkirsche
2011-01-06T22:12:41+00:00 06.01.2011 23:12
Diese 'Betrunkenes, tollpatschiges Mädchen'-Nummer, sollte verboten werden.

jajajaja. zu geil. :D
Von:  JO89
2010-12-20T18:02:21+00:00 20.12.2010 19:02
ich kann mir nicht helfen, aber ich mag Rose unheimlich.
Und ich bin gespannt wie es weitergeht.

glg
Von: abgemeldet
2010-11-18T22:24:31+00:00 18.11.2010 23:24
Huff, was für ein langes Kapitel!
Ich muss sagen, am Anfang hatte ich ein wenig Mühe mit lesen, aber sobald die Clique in Hogwarts angekommen ist, lief es wie von allein.
Dein Stil gefällt mir sehr gut und du hast sehr liebenswerte Charaktere geschaffen.
Ich hoffe, Alice spielt nicht zu sehr mit Albus...zumindest nicht so heftig, dass er sich wieder Morgana zuwendet.

Liebe Grüsse
Meyra
Von:  blumenmaedchen
2010-11-06T10:59:21+00:00 06.11.2010 11:59
heey
super idee! :))
dashab ich auch noch niergens gelesen.
die umsetzung gefällt mir auch sehr, sehr gut!!
und Rose tut mir Leid, das nennt man mal drama-familien-geschichte.
ich hoffe, du schreibst baaald weiter!
ganz liebe grüße!
Von:  Dahlie
2010-11-06T10:59:21+00:00 06.11.2010 11:59
ARG, ich habe mine ellenlangen Kommentar selbst gelöscht *am boden ist* verzeih also, wenn ich hier nicht alles widerhole D:

Zuerst einmal, deine Länge (vom Kapitel) ist wirklich beeindruckend. ich lese selbst lieber lange und neige auch dazu, welche zu schreiben. Ich finde, so kann man viel besser auf Geschehen, gefühle und aufbau eingehen - etwas was dir ürbigens hervoragend gelingt :D

Eine weitere Tatsache, die mir auch immer wieder bewusst wird, ist die Lebendigkeit deiner "Figuren" Die Art und Weise wie sie sich verhalten und wie du beschreibst, wie sie eine Party empfinden, dann hat man immer das Gefühl man wäre eine von ihnen, oder findet ein stück von sich selbst wieder. Deine Wortwahl ist mehr als nur treffend und lässt mich immer wieder schmunzeln ;]

Du weißt, dass ich The Bitter & the Sweet total verfallen bin und es nimmt kein Ende XD (sieh was du angerichtet hast) - und was die kommentare angeht, lass dich nicht deprimieren, sondern schreib wirklich fleißig weiter, damit die Leser, die sich äußern und die deine FF wirklich gerne lesen nicht eines qualvollen todes sterben XD

Von:  taluna
2010-11-06T10:24:38+00:00 06.11.2010 11:24
Hach je!

Ich muss gestehen, ich habe deine FF schon etwas länger in den Favos, war aber bislang zu faul zum kommentieren und in einem Rutsch durchzulesen. Jetzt habe ich mich zwingen lassen [Dada kann echt unausstehlich sein] und muss gestehen: Ich liebe es! Wirklich! Die ganze Idee schreit nach etwas ganz großen und nach sehr viel Dramatik.
Mit einem vorschnellen Urteil will ich mich zurückhalten ;) schließlich genießt Frau und schweigt, aber trotzdem, ich habe solch hohe Erwartungen, dass ich wirklich schwer hoffe, sie werden nicht enttäuscht.

Wobei ich aber nicht glaube, dass das bei einem Stil wie deinen überhaupt möglich ist. Deine Charaktere scheinen so gut ausgearbeitet und die Storyline so gut durchdacht, dass man als Leser wirklich pures Vergnügen verspürt und beim lesen auch irgendwie spürt, wie viel spaß du am Schreiben hattest (und ich hoffe mal schwer, den hattest du wirklich)

Dein Titelbild gefällt mir wirklich sehr gut, es hat etwas romantisches, aber auch irgendwie trauriges, keine Ahnung warum (?) Und was hier diese unverschämte Kommiflaute angeht, macht dir nichts raus. Mit mir zumindest hast du eine artig und fleißige Leserin gefunden und andere, die lieber nur lesen und schweigen, vergessen scheinbar, dass kommentare auch aufbauend wirken können :/ Ich schätze allerdings das die Favoritenzahl für sich spricht.

Also, sei weiter fleißig und mach hier [wenn ich Dada zitiere] das Meisterwerk raus, was sie so liebt und überzeuge ;)

Von:  teufelchen_netty
2010-11-04T16:32:38+00:00 04.11.2010 17:32
ich hoffe doch, dass es schnell weitergeht, denn ich bin neugierig wie es sich entwickelt.
das scorpius al alles schon vor jahren sgate erstautn mich. rose hat es ja dann wirklich länger ausgehalten 0)


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