Zum Inhalt der Seite

My Blood, Your Blood!

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Silber

„Vielen Dank, Walter.“ Das Orakel lächelte dankbar. Der Butler stellte das Silbertablett auf dem alten Bett ab und verneigte sich. „Jederzeit.“ Seine Schritte hallten im hohen Raum wieder, als er das Gemach verließ.

„Hmm~ Tee.“ Freudig machte sich die Weißhaarige über ihr dampfendes Getränk her. Es wärmte sie schon nach dem ersten Schluck von innen heraus. Aus der Tasse wabten die Dampfwolken durch das Gemach und verteilten den Duft von süßen Tee.

Munter saß Seras neben dem Orakel und fuhr mit einer silbernen Bürste durch das weiße Haar. Die Vampirin fand ihren Spaß daran, die Strähnen mit der Bürste zu pflegen. Das Haar war weich wie feinste Seide und glänzte auch so im munter flackerndem Licht der Kerzen. Diese standen auf der hölzernen Kommode am anderen Ende des Raumes. Halb herunter gebrannt spendeten sie das warme, umschmeichelnde Licht und warfen die großen Schatten der beiden Frauen an die Wand.

„Ihr habt schönes Haar, Orakel!“ Begeistert ließ Seras die silbrig schimmernden Strähnen über ihre Finger gleiten und zupfte an ihren eigenen Spitzen. „Meine sind leider nicht so schön.“

„Ach was. Sie sind bestimmt auch sehr hübsch, meine liebe Seras. Ich wünschte, ich könnte sie sehen.“ Es machte die Blinde traurig, Seras nicht betrachten zu können. Sie hatte zwar gelernt, mithilfe ihrer Aura zu erkennen wo Menschen und Gegenstände standen, doch Farben und Details waren in dunklen Nebel gehüllt. Ein Seufzen wich über ihre zarten Lippen und sie senkte den Kopf. „Der Tee ist sehr gut. Ich werde Walter bitten müssen, ihn mir mehr als einmal am Tag zu servieren.“

„Und ich wünschte, ich könnte Tee trinken..“; murmelte Seras darauf. Die Vampirin ließ die Haarbürste sinken und zog die Beine aufs Bett. Sie wechselte in den Schneidersitz und lehnte sich gegen die Wand hinter sich. Die Steine waren kalt, doch in diesem Raum war alles kühl und trostlos. Einzig das Bett, die Kommode und der Thron Alucards erfüllten den Raum.

„Orakel, sagt-“

„Bitte, meine Liebe, nenn mich doch Salome.“ Seras nickte, erstaunt über diese Unterbrechung. „Ja, Salome. Also, ich wollte mal wissen... Wie haben mein Meister und Ihr euch kennen gelernt?“ Neugierig auf eine Antwort richtete die Blonde sich auf und starrte auf die Hände der Seherin, die nach einem Kekse auf dem Tablett vor ihr griffen. Sie biss zaghaft ab und kaute ausgiebig. Sie überlegte lang, bis sie zu einer Antwort ansetzte.

„Ein anders Mal, liebe Seras. Ich fürchte, eine Sterbliche wie ich braucht Schlaf in der Nacht.“

„Oh verzeiht! Ich vergesse manchmal noch, dass ihr nicht untot seid...“ Seras stand auf und lächelte. „Gute Nacht!“ Mit zügigen Schritten verließ sie den großen Raum und schloss die eiserne Tür hinter sich.
 

Still war es, nachdem die Vampirin ihres Weges gegangen war. Salome tastete nach den Griffen des Tablettes und hob es vorsichtig auf den Boden, bedacht darauf, nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Sie zog ihren Oberkörper am Laken zurück aufs Bett und legte sich auf die Seite. Ihr helles, langes Haar strich sie zurück, so dass es hinter ihr wie ein Fächer auf der harten Matraze lag. Wie Wellen ergoss es sich über die Falten der Decke, die alt und muffig war. Ihr Gewand, dass einem Kimono ähnlich sah, raffte sie an sich und blieb eine kurze Weile still liegen. Die Frau lauschte den Geräuschen des Anwesen. Die Kerzen knisterten sacht, brannte der Docht und das Wachs doch stets herunter und tropfte auf das Holz der Kommode. Schritte der Diener erklangen und Verstummten auf den Böden über ihr. Ihre Sinne hatte sie so hart trainiert, grundes ihrer Blindheit, dass sie das kleinste Geräusch vernahm, sogar, dass Alucard beinahe lautlos durch die Wand glitt.

Seien Schritte hallten unsagbar laut auf dem Steinboden, als er zu seinem Thron ging. Sacht hob er eines der beiden Gläser, die auf dem schmalen Tisch neben ihm standen. Salome hörte das Klingen des Glases, als er die Weinflasche nahm. Er sagte nichts, es lag eine erdrückende Stille auf den beiden. Ungeduld stieg in dem Orakel auf, sie wünschte sich, er würde doch etwas sagen, nur um dieses Schweigen zu durchbrechen.

„Wie lange?“, fragte sie plötzlich und setzte sich auf. Sie schüttelte ihren Kopf, dass ihr Haar in einem Silbervorhang vor das hübsche Gesicht fiel. „Wie lange willst du mich mit Schweigen strafen, nur weil ich ihr die Wahrheit zeigte?“
 

Alucard brodelte innerlich. Seine Wut auf die junge Frau in dem Bett schien ihm unendlich. Er bereute es nicht, seine Waffe gegen sie verwendet zu haben, er bereute es nur, sie nicht gleich getötet zu haben. Doch, im anderen Sinne, hätte sie es ihm sicherlich nicht leicht gemacht. Ihr Körper war zwar schwach und ausgezehrt, doch ihr Geist war unbändig und stark. Er schenkte sein Glas mit dem feinen Getränk halb voll und nahm seine Sonnenbrille ab, um diese auf den kleinen Tisch zu legen. Er widerstand nur schwer dem Drang, seine Waffe erneut zu ziehen, doch wenn sie reden wollte, sollte sie das tun. Er würde nicht antworten, es fehlte ihm die Lust. Gern hätte er in ihre Gedanken geschaut, doch sie verwehrte ihm den Einblick. In diesem Moment hasste er sie allein dafür, dass sie sich gegen ihn verschließen konnte.

„Du verabscheuungswürdiger Vampir.“; giftete sie los. „Ich wünschte ich hätte dich sterben lassen! Du verdankst mir so viel... Und gingst ohne eine Gefühlsregung oder ein Wort von mir.“ Auch wenn sie blind war, spürte er deutlich ihren sichtlosen Blick in seinem Rücken. Eine leichte Gänsehaut kündigte ihm die Gefahr an, die von dem Orakel aus ging. Sie war wütend. Er genoss es in vollen Zügen, sie so haltlos zu erleben. Einmal hatte er sie die Beherrschung verlieren sehen und es war ein Spaß für ihn gewesen. Ja, Spaß hatte er schon lange nicht mehr gehabt. Er liebte Krieg, und dies war eine Art kleiner, persönlicher Krieg zwischen ihnen.

Er drehte sich um und sah sie anteilnahmslos an. Sein Blick ruhte auf ihre, musterte sie genau. Von ihren zitternden Händen, die sich voller Wut in die Decke krallten, über ihre dünnen Arme, die unter den weiten Ärmeln ihres Gewandes bebten. Ihre Schultern, welche sich unter ihren Atemzügen auf und ab bewegten.Ihr weißes Haar, das so seidig über ihren Rücken fiel, die in den Spitzen auf dem Bett endeten. Weiter schaute er sie an, bis er zu ihrem Gesicht kam. Er sah es sich genau an. Die leeren Augen starrten leer in seine Richtung, funkelten im Kerzenlicht und waren voll brennendem Hass. Sie biss sich auf die Unterlippe, als würde sie die Worte, die in ihr brodelten, zurück halten wollen.

„Du widerst mich an!“ Es war kaum mehr als ein leises Zischen. Er hörte die Worte zwar, doch spürte, dass sie es nicht so meinte.

„Du lügst.“ Er wollte nicht antworten, tat es aber automatisch. Er genehmigte sich einen tiefen Zug aus seinem Weinglas und stellte es dann zurück auf den Tisch. Gespannt wartete er auf die Reaktion von Salome. Doch sie warf sich voller Wut wieder aufs Bett und atmete laut ein und aus. Sie spürte, wie er in ihre Gedanken eindrang, doch verschloss sich gegen seine Macht.

Seine schweren Stiefel klangen dumpf auf dem Boden, als er zum Bett ging. Die Matraze senkte sich, als er sich darauf nieder ließ. Er stützte sich mit einem Arm ab und legte den Kopf schief. Sein Mund war von einem Lächeln umspielt und seine Hand glitt zu ihrem zarten Haar. Ihre Lider senkten sich und die Trauer stieg in ihr auf. Amüsiert verfolgte er ihren Gefühlswandel und nahm zärtlich eine ihrer Haarsträhnen in seine Hand. Sanft beugte er sich herunter an ihr Ohr. Sein warmer Atem streifte ihre bleiche Haut und Gänsehaut kribbelte ihr im Nacken. Er lächelte breiter, als sie zart den Mund öffnete, um etwas zu sagen.

„Unglaublich... In den über einhundert Jahren hast du dich kaum verändert... Mich interessiert... Wie hast du das nur gemacht, wo du doch sterblich bist?“ Sie wandte ihren Blick wieder zu ihm. Ihre Trauer war beinahe greifbar, so empfand Alucard es. Doch worüber sie traurig war, ließ sie ihn nicht in ihren Gedanken sehen. Aber er musste keine Gedanken lesen, der Vampir erahnte es auch so. Verlassen hatte er sie, nachdem sie ihn gerettet hatte. Der Grund war berechtigt, doch war er so voller menschlicher Emotionen, dass er es sich selbst kaum eingestehen wollte.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück