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Falling

von

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Vor einem Jahr, fast auf den Tag genau, hätte niemand daran geglaubt, dass die Sonne noch einmal aufgehen würde. Der bevorstehende Weltuntergang, der vom Winterkontinenten ganz im Norden ausgehen sollte, war selbst im entlegensten Winkel noch zu beobachten gewesen.

Doch was genau dieses Phänomen ausgelöst hatte oder wie es gestoppt worden war, davon wusste nur noch eine Handvoll Leute.

Eine dieser Personen lief gerade durch ein kleines Haus, das ebenfalls gerade einmal ein Jahr alt war. Die rosa Kleidung und die weißen Stiefeln, die bis zu ihren Oberschenkeln reichten, hatten sie schon bei ihrer Reise im vorigen Jahr begleitet. Quer über ihren Rücken trug sie mittels eines Lederriemens eine riesige in Bandagen gewickelte Waffe, die ein wenig größer und mit Sicherheit auch schwerer als sie war.

Vor einer bestimmten Tür blieb sie wieder stehen und trat heftig mit dem Fuß dagegen.

„Kyrie!“, rief sie gleich darauf. „Wach auf, es wird Zeit!“

Sie versuchte, die Stimme gedämpft zu halten, um alle anderen Bewohner nicht zu wecken, aber dennoch laut genug zu sein, um ihren ehemaligen Reisegefährten zu wecken.

Geduldig wartete sie vor der Tür, auch wenn sie für Umstehende wohl eher ungeduldig gewirkt hätte. Sie tappte mit ihrem rechten Fuß immer wieder auf den Boden, mit viel Fantasie war eine Melodie daraus erkennbar.

Sie wollte gerade noch einmal an die Tür klopfen, als sie Geräusche aus dem Inneren des Zimmers hörte. Einen Augenblick später öffnete sich die Tür und ein fröhlich aussehend junger Mann stand im Rahmen. Sein blondes Haar stand wie üblich von seinem Kopf ab, seine grünen Augen leuchteten ungewöhnlich gut gelaunt für diese frühe Uhrzeit.

„Guten Morgen, Morte~“

Sie gab es nicht gern zu, doch seine helle Stimme sorgte immer dafür, dass sie sich sofort besser fühlte. Genau wie sein Lächeln, denn es versicherte ihr, dass der furchterregende Kyrie, der die Welt auf ihren Wunsch hin zerstören wollte, nicht mehr da war – und hoffentlich auch nie wiederkommen würde.

Wenn sie heute darüber nachdachte, erschien es ihr selbst lächerlich. Die Bestienmenschen beherrschten diesen Planeten, der fast vollständig mit Sand statt Wasser gefüllt war und unterdrückten die Menschen. Morte hatte genau wie ihr Bruder dagegen angehen wollen, mit dem, was er ihr vermacht hatte: dem Destruct Code.

Es war eine einfache, schwarze Kugel gewesen, der man nachsagte, sie könne die Welt vernichten, wenn man ihr Geheimnis entschlüsseln konnte.

Auf ihrer Reise dieses Rätsel zu lüften, war sie Kyrie begegnet. Da der Code auf ihn reagiert hatte, war sie gemeinsam mit ihm weitergereist – nur um herauszufinden, dass der eigentliche Destruct Code Kyrie selbst gewesen war. Die Kugel hatte lediglich als Utensil gedient, seine Erinnerungen und damit seine Macht sicher aufzubewahren.

Doch in dem Moment, in dem der wahre Kyrie den Untergang der Welt eingeläutet hatte, war der Zweifel in Mortes Herz ins Unermessliche gewachsen.

Er erhörte ihre Bitte und stoppte den Vorgang schlussendlich.

Kyrie kehrte wieder in seinen naiven Zustand zurück, den Morte so sehr in ihr Herz geschlossen hatte, die schwarze Kugel endgültig zerstört und unbrauchbar, so dass nie wieder jemand den Destruct Code zur Zerstörung der Welt nutzen könnte.

Doch manchmal verfolgte dieser andere, der „wahre“ Kyrie sie weiterhin in ihren Träumen und an manchen Tagen befürchtete sie, morgens nicht den gut gelaunten blonden jungen Mann vorzufinden, sondern das verbitterte rothaarige Wesen, das so alt wie die Welt selbst war.

Aber bis heute war dies zu ihrem Glück nicht eingetreten. Nicht einmal eine rote Strähne, egal wie klein, schlich sich in sein Haar.

Der Anblick stimmte sie glücklich und zufrieden. Und inzwischen machte es ihr auch nichts mehr aus, dies Kyrie zu zeigen.

„Guten Morgen“grüßte sie lächelnd zurück.

„Soll ich dir Frühstück machen?“

Sie war ihm das erste Mal in einem Restaurant begegnet, wo er sich als Bestie ausgegeben hatte, um als Bedienung arbeiten zu können. Entweder von dort oder einer anderen Gelegenheit – da war Morte sich nicht sicher – hatte er einen meisterhaften Umgang mit einem Küchenmesser erlernt. Sein Essen wurde von sämtlichen Bewohnern des Hauses und den unmittelbaren Nachbarn, die aus den verschiedensten Schichten stammten, gern gesehen.

Doch an diesem Morgen schüttelte Morte mit dem Kopf. „Ich wollte dir eigentlich nur Bescheid sagen, dass ich zu Reibens Grab gehe und erst morgen wieder zurück bin.“

Kyries Blick zeigte sofort Besorgnis. „Du willst allein gehen?“

Demonstrativ zog sie an dem Riemen, der über ihrer Schulter spannte. „Ich kann gut auf mich allein aufpassen, mach dir keine Sorgen. Außerdem werde ich ja nicht länger als ein paar Tage weg sein.“

Sie hätte Kyrie liebend gern mitgenommen, einfach um der alten Zeiten willen, aber aus Erfahrung wusste sie genau, dass er sie nur aufhalten würde. Außerdem würden die Bewohner dieses Hauses sicher nur ungern auf seine Kochkunst verzichten.

Zuguterletzt wollte sie auch keine Zeugen haben, wenn sie emotional zusammenbrach. Auch wenn sie überzeugt war, dass sie den Tod ihres Bruders inzwischen weitgehend verarbeitet hatte. Aber sicher war sicher.

„Kommst du hier allein zurecht?“, fragte sie.

Kyrie nickte. „Natürlich. Mhm...“ - er legte nachdenklich den Kopf schräg - „ich hoffe es zumindest.“

Morte lachte leise, bevor sie zufrieden nickte. „Gut, dann bin ich jetzt unterwegs. Wir sehen uns in einigen Tagen wieder.“

„Sei vorsichtig, Morte.“

Sie versprach, auf sich aufzupassen (wenngleich sie sich mehr Sorgen um den zurückgelassenen Kyrie machte) und brach schließlich zu der Reise zu ihrem alten Zuhause auf.

Ihr neues Heim war eine Tagesreise von ihrem Elternhaus entfernt. Reibens Grab war ebenfalls nicht weit weg davon. Kurz nach dem Ende ihrer Reise war sie zuletzt dort gewesen, weswegen sie es für angebracht hielt, ihn wieder zu besuchen, damit er wusste, dass sie ihn nicht vergessen hatte.

Mit jedem Schritt, den sie in Richtung alter Heimat tat, schwand ihre innere Sicherheit und machte einem bedrückenden Gefühl Platz, das sie in dem Ausmaß noch nie zuvor gespürt hatte.

Ihre Knie wurden weich, ihre Arme begannen zu zittern, ihr Innerstes zog sich regelrecht zusammen. Doch die Ursache dafür konnte sie nicht ausfindig machen.

Egal, wie sehr sie ihre Gedanken schweifen ließ, nichts konnte ihr Auskunft über die Ursache geben. Also musste es etwas sein, was sie bislang noch nicht erfassen konnte.

Schon von weitem sah sie Reibens Grab, als ob es besonders hervorstechen würde. Das bedrückende Gefühl verstärkte sich. Lag der Anlass also dort?

Vielleicht hatte sie doch mehr Angst vor dieser Konfrontation, als sie angenommen hatte.

Doch dies war nicht der Grund, weswegen sie direkt vor der Grabstelle schließlich in die Knie sank, die Augen ungläubig geweitet.

Das kann doch nicht sein... es kann nicht... Wer tut so etwas?

Die Ruhestätte vor ihr war fein säuberlich ausgehoben worden, der Sarg geöffnet – und leer.

Ungläubig schüttelte sie immer wieder ihren Kopf. Sie erinnerte sich daran, als wäre es gestern gewesen, als sie den Sarg ihres Bruders geschlossen und ihn unter die Erde gebracht hatten.

Aber wer und warum würde Reiben – oder ihr – das antun?

Und wo war die Leiche hin?

Das ungute Gefühl in ihr übermannte sie. Plötzlich sah sie Kyrie vor sich. Ob das ein Zeichen war, eine Vorahnung?

Ich muss zurück! Zurück zu Kyrie!

Hastig richtete sie sich wieder auf. Ohne einen letzten Blick auf das offene Grab zu werfen, wirbelte sie herum und machte sich trotz der einsetzenden Abenddämmerung auf den Weg zurück nach Hause.

Ihr Gefühl sagte ihr, dass Kyrie in Gefahr war und nur sie konnte ihn beschützen.

Unverhofftes Wiedersehen

Kyrie ahnte unterdessen nichts von Mortes Entdeckung und ihrer Sorge um ihn. Stattdessen war er damit beschäftigt, die Jacke eines der bei ihnen wohnenden Waisenkinder zu flicken.

Die Kämpfe zwischen Menschen und Bestien hatten viele Opfer gefordert und nicht bei wenigen waren Kinder zurückgeblieben um die sich Kyrie und Morte nun kümmerten.

Kyrie machte es Spaß und Morte... nun, er war sich nicht sicher, weswegen sie das tat. Schuldgefühle, Wiedergutmachung oder vielleicht doch Überzeugung?

Er wusste es nicht und er hatte sie auch nie danach gefragt. Vermutlich würde er das auch nie tun. Er war sich sicher, dass Morte ihre Gründe besaß und das reichte ihm.

Mit seinem üblichen Lächeln im Gesicht reichte er dem Jungen, der ihm aufgeregt zugesehen hatte, schließlich die Jacke. „Hier, so gut wie neu.“

Der Junge bedankte sich strahlend, zog sich das Kleidungsstück an und rannte dann lachend davon, um mit seinen Freunden weiterzuspielen.

Kyrie dagegen erhob sich und ging in die Küche. Die Kinder und auch die Nachbarn erwarteten schließlich ihr Abendessen, für das er sich verantwortlich sah. Es ärgerte ihn zwar manchmal, das er immer in solch großen Mengen kochen musste, doch konnte er auch so schlecht Nein sagen, weswegen er es immer wieder tat. Wenigstens trugen die Nachbarn, die sie alle noch von ihrer Reise aus dem letzten Jahr kannten, auch ihren Teil bei und spendeten oft Nahrungsmittel. Anders könnte dieses Waisenhaus, das nur von Kyrie und Morte geleitet wurde, auch gar nicht existieren.

Das Kochen war ihm inzwischen ins Blut übergegangen, so dass er währenddessen seinen Gedanken freien Lauf lassen konnte. Meistens dachte er dabei an das letzte Jahr zurück, als er noch gemeinsam mit Morte und dem Zwergbären Toppy unterwegs gewesen war, um die Welt zu zerstören. Damals waren sie als das Weltzerstörungskomitee bekannt gewesen, hohe Belohnungen hatten demjenigen gewunken, der sie einfangen würde. Aus Erinnerungsgründen besaß er ein solches Flugblatt noch immer, auch wenn ihm die fies gestalteten Phantombilder ganz und gar nicht gefielen.

Er und Toppy waren nie von Mortes Ziel begeistert gewesen, doch sie hatten sie trotzdem weiterbegleitet. Warum der Zwergbär das getan hatte, war für Kyrie nicht klar, die Gründe für sein eigenes Handeln aber genausowenig, wenn er ehrlich zu sich war. Aber der Hauptgrund war wohl Morte selbst. Auch wenn sie manchmal gemein gewesen war, so hatte er von Anfang auch ihre sensible Seite gesehen. Die verletzte Seite, die sie zu dieser Aktion geradezu zwang.

Warum genau es am Ende nichts geworden war mit der Weltzerstörung wusste er nicht genau. Er war dabei gewesen, doch seine Erinnerung an jene Zeit war verschwommen, zerstückelt und alles andere als klar; schlimmer als bei einem fast verblassten Traum, den man sich immer wieder ins Gedächtnis rief, in der Hoffnung, ihn endlich vollständig rekonstruieren zu können, ohne zu merken, dass er damit immer weiter zerfiel.

Kyrie und Morte hatten sich nach der Reise niedergelassen, während Toppy weitergezogen war, um weitere Abenteuer zu erleben und anderen Menschen zu helfen. In unregelmäßigen Abständen meldete er sich bei seinen Freunden. Allerdings war seit seinem letzten Brief wieder ziemlich viel Zeit vergangen.

Kyrie gab gerade das Gemüse in einen Topf, als er plötzlich hörte, wie die Tür aufging. Im ersten Moment wollte er es ignorieren, da es sich immerhin um eines der Kinder handeln könnte, doch die schweren Schritte verrieten ihm etwas anderes. Selbst dann überlegte er noch, es zu ignorieren, da es einer ihrer Nachbarn sein könnte, der nur wieder Nahrungsmittel vorbeibrachte – aber Kyries Nackenhaare stellten sich auf. Es war als ob etwas Gefährliches den Raum betreten hatte. Es war dasselbe Gefühl wie damals auf ihrer Reise, wenn sie in Gefahr geraten waren.

Aber warum sollte die Gefahr nun zu ihm ins Haus kommen?

Er wollte sich umdrehen, doch seine Vernunft sagte ihm, dass er das nicht unvorbereitet machen sollte. Während sich die Gestalt näherte, fasste er den Griff einer Pfanne. Seine Adern schienen hell durch die weiße Haut hindurch.

Direkt hinter ihm blieb die Person erneut stehen, er konnte sie atmen hören.

Entschlossen wirbelte Kyrie mit der Pfanne in der Hand herum.

Die Gestalt duckte sich hastig unter dem Angriff weg. Kyrie reagierte sofort und zielte mit der Pfanne nach unten, als er mit der Rückhand wieder angriff.

Ein erstickter Schmerzenslaut, gefolgt von einem Poltern, als das Opfer gegen eine Küchenzeile fiel und ein empörtes „Au!“ war das Ergebnis.

Kyrie wollte sich gerade entschuldigen, doch als er die Person erkannte, stutzte er. Noch einmal sah er sich selbst zurückversetzt in das Fort, in dem die Menschen ihren Widerstand gegen die Bestien formiert hatten. Er spürte den Schmerz und die Hitze des Feuers, als sie mit Kanonen beschossen worden waren, kurz bevor er das Bewusstsein und seine Erinnerungen – den vermeintlichen Destruct Code – verloren hatte. Das wild abstehende braune Haar, die dichten Augenbrauen, der entschlossene Blick, er erkannte all dies wieder. Doch es war unmöglich – diese Person konnte nicht Reiben Asherah sein!

Nicht nur hatte Morte oft betont, dass ihr Bruder tot war, nein, Kyrie wusste nicht weswegen, aber er hatte es in ihren Gedanken sehen können. Den leblosen Reiben in seinem Sarg, die Beerdigung, Mortes Trauer... all dies hatte er gesehen, sie konnte nicht gelogen haben.

„Musst du so hart zuschlagen?“, beschwerte Reiben sich. „Ich dachte, du würdest dich über ein Wiedersehen freuen. Stattdessen willst du mich umbringen...“

Er rieb sich den schmerzenden Kopf und sah Kyrie schelmisch lächelnd an. Er stutzte einen Augenblick. „Nanu? Deine Haarfarbe hat sich ja geändert. Hast du sie gefärbt?“

Als ich Reiben traf, war ich jemand anderes... damals war auch mein Haar rot...

Reibens Blick wandelte sich in Besorgnis. „Warum siehst du mich so seltsam an? Habe ich dir was getan?“

Kyrie zuckte zusammen. „N-nein, hast du nicht...“

„Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen“, lachte Mortes Bruder, während er sich aufrichtete.

So ähnlich..., dachte Kyrie, während er den jungen Mann immer noch verdutzt ansah.

Wäre er nicht von der Pfanne getroffen und dann mit dem Kopf gegen die Küchenzeile geschlagen, hätte Kyrie tatsächlich angenommen, dass es sich bei dieser Erscheinung um seinen Geist handelte. Doch die Gestalt war genauso real wie er selbst. Wie konnte das also sein?

Sein Blick fiel auf Reibens Kleidung. Sie war gänzlich schwarz, auf der Brust war ein grünes Zeichen aufgestickt, das ihm absolut fremd war. An seiner rechten Hand trug Reiben einen Ring mit demselben Zeichen, der bis vor seinen Tod garantiert noch nicht dagewesen war. Etwas Böses schien von diesem Schmuckstück auszugehen.

„Wie... wie kommst du hierher?“, fragte Kyrie mit zitternder Stimme.

Überrascht über diese simple Frage, zog Reiben eine Augenbraue hoch. „Zu Fuß natürlich. Wie kamst du hierher?“

„Äh...“ - Kyrie räusperte sich - „Das meinte ich nicht. Du bist doch tot.“

So, da hab ich es gesagt!

Reiben lachte herzhaft. „Bist du heute zu Scherzen aufgelegt, Kyrie? Ich stehe doch lebendig vor dir. Hier, du kannst meine Hand nehmen, dann siehst du es.“

Um seinem Angebot nachzukommen reichte er ihm die Hand. Als ob er zu ergründen versuchte, was er damit tun sollte, sah Kyrie diese nur untätig an. Etwas in ihm sagte, dass es besser wäre, die Hand nicht zu ergreifen – und ihm Moment vertraute er dieser Stimme voll und ganz.

Er schüttelte den Kopf. „Schon gut. Ich glaube dir auch so, ganz sicher.“

Zufrieden mit dieser Aussage ließ Reiben seine Hand wieder sinken. „Ihr habt es euch hier richtig nett gemacht. Das ist schön.“

Kyrie hielt den Stiel der Pfanne immer noch so fest umklammert, dass seine Hand bereits schmerzte. Sein Misstrauen diesem Mann gegenüber wuchs mit jeder Sekunde weiter. „Ja, finde ich auch.“

„Wo ist denn Morte?“, fragte Reiben neugierig.

Es war nur natürlich, dass er seine Schwester sehen wollte, doch etwas in seiner Stimme ließ Kyries Alarmglocken schrillen. Was immer dieser Reiben von Morte wollte, es konnte nichts Gutes sein.

Kyrie zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, sie ist nicht hier. Sie hat mir nicht gesagt, wo sie hingehen will.“

Für den Bruchteil einer Sekunde war Verärgerung in Reibens Gesicht zu sehen, doch diese war schnell wieder verflogen. „Du bist kein guter Lügner, Kyrie. Sag mir doch, wo sie hin ist. Ich möchte sie unbedingt wiedersehen. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich sie vermisst habe.“

Kyrie wollte einen Schritt zurückweichen, doch direkt hinter ihm stand immer noch der Herd, so dass er nur mit dem Arm gegen den heißen Topf stieß. Ein erschrockener Aufschrei entfuhr ihm dabei. Reiben schmunzelte leicht. „Tut es sehr weh?“

Es schien ihn geradezu zu freuen, dass Kyrie sich verletzt hatte.

„Es geht schon“, versicherte der Verletzte.

„Du bist irgendwie anders als früher, kann das sein?“

Diesmal antwortete Kyrie nicht. Er wollte Reiben gerade auffordern, wieder zu verschwinden, als ihm plötzlich die Luft wegblieb. Panisch versuchte er, wieder zu Atem zu kommen, doch ihm wurde schnell klar, dass das nicht funktionierte – Reibens Hand war wie ein Schraubstock um seinen Hals geschlossen, er schaffte es sogar, noch fester zuzudrücken.

Von Freundlichkeit war in seinem Gesicht nichts mehr zu sehen. „Sag mir, wo Morte ist!“

Der Umschwung allein hätte Kyrie Furcht eingeflößt, aber in Verbindung mit dem Würgen machte sich Panik in ihm breit. Mit letzter Kraft holte er aus, um Reiben mit der Pfanne zu schlagen, doch diesen störte es offensichtlich gar nicht.

„Wo ist Morte!?“

Die Pfanne fiel aus Kyries kraftloser Hand und kam mit einem lauten Geräusch auf dem Boden auf. Sterne tanzten vor seinen Augen, während er erfolglos versuchte, sich zu wehren.

Ist etwa... alles aus...?

Er wollte es nicht so enden lassen, nicht hier. Was sollte aus Morte und den Kindern werden?

Doch gerade als er glaubte, dass er endgültig ohnmächtig werden würde, hörte er einen Schuss, der die Stille zerriss.

Reiben gab einen lauten Schrei von sich, Kyrie stürzte zu Boden, als der Griff um seinen Hals gelockert wurde. Hektisch schnappte er nach Luft, atmete den wertvollen Sauerstoff so schnell ein, dass er sich verschluckt hätte, wenn es Wasser gewesen wäre.

Er hörte Reiben leise fluchen, im nächsten Moment erklang ein Klirren, als Glas zu Bruch ging – sein Angreifer war durch das Fenster geflüchtet. Doch wer hatte ihn gerettet?

Kyrie sah zur Seite und lächelte erleichtert, als er die beiden Personen sah. „Naja! Lia!“

Noch vor einem Jahr wäre er nicht so erleichtert gewesen die weißhaarige Halbbestie und das blonde Mitglied des Drachenclans zu sehen. Damals waren sie Teil des Welterrettungskomitees gewesen, das Gegenstück zum Weltzerstörungskomitee. Inzwischen waren sie allerdings Freunde – zumindest sagte Kyrie das gerne.

„Alles in Ordnung?“, fragte Naja, während er seine Brille zurecht schob.

Wären seine seine roten Augen und der weiße Schweif, der an den eines Wolfs erinnerte, nicht, hätte wohl niemand je geglaubt, dass er zu Teil eine Bestie war.

Kyrie nickte wortlos. Sein Hals schmerzte noch ein wenig.

Lia steckte ihren Revolver, mit dem sie auf Reiben geschossen hatte, in den dazugehörigen Holster an ihrem Oberschenkel. Sie sagte nichts, sondern sah ihn nur mit einem leichten Rotschimmer im Gesicht an. Kyrie hatte nie ganz verstanden, warum die so wilde Lia, die schnell ihre Fassung verlor, bei ihm so wortkarg und verlegen war. Aber es hatte sich seit ihrer ersten Begegnung nie etwas daran verändert.

„Wer war das?“, fragte Naja weiter, wobei er in Richtung des zerbrochenen Fensters deutete.

In knappen Worten – da er immer noch kurzatmig war – erzählte er von Reiben, Mortes verstorbenem Bruder. Er erwartete, dass die beiden ihm nicht glauben würden, doch ihre Gesichter verfinsterten sich lediglich.

„Dann müssen wir uns beeilen“, sagte Lia. „Wo ist Morte?“

„Warum?“, fragte Kyrie verwirrt. „Was geht hier vor?“

Naja winkte ungeduldig ab. „Das erklären wir dir später. Wo ist sie?“

Die ernsten Blicke des Duos und die Hektik, die sie verbreiteten, verrieten ihm, dass es wirklich wichtig war. Also erzählte er ihnen, dass sie in Richtung ihrer Heimat aufgebrochen war, um Reibens Grab zu besuchen. Anschließend erklärte er noch, wo sich diese Heimat befand, bevor Naja und Lia überstürzt wieder aufbrachen.

Zurück blieb nur ein verwirrter Kyrie, der nicht wusste, dass er soeben auch dem sich versteckt gehaltenen Reiben, die gewünschte Information gegeben hatte und ein unfaires Wettrennen begann.

Bist das wirklich du?

Wie lange sie bereits gelaufen war, konnte sie im Nachhinein nicht sagen, nur, dass es bereits dunkel und der Halbmond hoch am Himmel stand, als sie erschöpft innehielt.

Der Gedanke an Kyrie hatte ihr bislang Kraft gegeben, doch auch diese war inzwischen versiegt. Geblieben war nur der neue Schmerz über das Öffnen von Reibens Ruhestätte. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass ein Mensch das tun würde. Dafür gab es keine Ursache.

Aber sie war sich auch sicher, dass es kein Werk von Bestien war. Zumindest würden sie nicht nur ein Grab ausheben und den sich darin befindenden Leichnam stehlen.

Es gab einfach keinen logischen Grund, warum jemand so etwas machen sollte, egal wie sehr Morte es drehte und wendete.

Also musste es einen andere Ursache geben, irgendeine, die auch Sinn machte, auch wenn sie es im Moment noch nicht sehen konnte. Fest stand nur, dass es etwas mit ihr zu tun haben musste.

Zumindest war dies eine für sie logische Schlussfolgerung. Warum sonst sollte ausgerechnet Reibens Grab geöffnet werden?

Aber was sollte jemand mit einem Skelett anfangen wollen?

Sie fand den Sinn dahinter einfach nicht.

Ein letztes Mal schüttelte sie den Kopf, um den Gedanken loszuwerden, dann lief sie weiter. Doch kaum hatte sie einen Schritt getan, erblickte sie etwas aus dem Augenwinkel, was sie noch einmal innehalten und herumdrehen ließ.

Aber das konnte doch nicht sein, oder?

Ihre Augen waren vor ungläubigem Erstaunen geweitet, während sie die Person vor sich betrachtete. Doch das spitz abstehende Haar und die ihr so vertrauten Gesichtszüge, die sanften braunen Augen, all das war für sie unverkennbar. Es konnte niemand anderes sein, es musste einfach er sein.

„Reiben...“

Ihre Stimme war nur ein leises Flüstern, dessen Existenz sie nicht einmal wahrnahm.

Er lächelte sanft. „Hallo, Morte. Lange nicht gesehen.“

Langsam schüttelte sie mit dem Kopf. „Aber das ist unmöglich.“

Sie hatte ihn selbst gesehen, als sein Sarg geschlossen worden war. Es war ganz eindeutig er gewesen, da war keinerlei Zweifel möglich. Der Schmerz über seinen Verlust griff auch in diesem Moment so stark nach ihrem Herzen wie am damaligen Tag. Es schien in ihrer Brust bersten zu wollen.

Er war tot gewesen, ganz sicher.

Aber doch stand er nun vor ihr. Angst, Verwirrung und Sehnsucht tobten in ihrem Inneren. Sie wollte sich in seine Arme werfen und alles vergessen, was seit seinem Tod geschehen war – aber andererseits war da dieses nagende Gefühl in ihr, das ihr zuflüsterte, dass etwas an dieser Szenerie nicht stimmen konnte, dass sie Angst haben sollte vor der Person vor ihr.

„Wer bist du?“, fragte sie leise.

So leise, dass sie die Worte selbst kaum hören konnte. Doch er verstand sie offenbar, denn er antwortete ihr bereitwillig: „Was für eine Frage. Reiben Asherah. Ich dachte, du würdest mich erkennen. Habe ich mich so sehr in meiner kleinen Schwester geirrt?“

„Aber das ist unmöglich“, wiederholte sie ihre Worte von vorhin. „Ich habe dich gesehen, ich habe dich beerdigt. Du müsstest tot sein.“

Reiben machte eine wegwerfende Handbewegung als könne er damit diesen Einwand beiseite wischen. „Dennoch stehe ich nun leibhaftig vor dir. Wie erklärst du dir das?“

Das frage ich mich auch.

Sie konnte es sich nicht erklären, es war einfach unmöglich und diese Erkenntnis verstärkte ihre Angst um ein Vielfaches. Nein, sie konnte nicht glauben, dass die Person vor ihr wirklich ihr geliebter Bruder war.

Sie streckte die Hand aus und strich vorsichtig über seine schwarze Kleidung, die aus einem ihr unbekannten Material bestand und schließlich über seine Haut. Die Kälte eben dieser ließ sie frösteln – allerdings befanden sie sich auf dem Frühlingskontinent, wo die Nächte reichlich kalt werden konnten. Seine Kleidung bot ihm mit Sicherheit nicht unbedingt ausreichend Schutz davor.

Der Ring an seiner Hand zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Es war das erste Mal, dass sie einen solchen sah, nicht nur an seiner Hand, sondern überhaupt. Genau wie das Symbol, das sich nicht nur auf diesem Schmuckstück, sondern auch auf seiner Kleidung wiederfand. Es war ihr gänzlich fremd.

„Was ist das?“, fragte sie, während sie darauf deutete.

Es wunderte sie selbst ein wenig, wie sie in diesem Moment die Nerven aufbringen konnte, diese Frage so klar und nüchtern zu stellen – oder sich überhaupt darüber Gedanken zu machen.

Allerdings war das auch der einzig klare Gedanke, den sie fassen konnte.

„Oh, nichts Wichtiges“, wehrte er ab.

Ihr Misstrauen schwand allerdings nicht, es verstärkte sich sogar noch einmal. Immer mehr schwand dafür die Sicherheit, dass es ihr Bruder sein könnte.

Wer immer diese Person war, er war nicht Reiben.

Mit dieser Erkenntnis beseelt wollte sie ihre Waffe ziehen und ihn angreifen, dafür, dass er es gewagt hatte, sich als ihr Bruder auszugeben. Doch er sah immer noch wie er aus und er klang auch genauso. Sie konnte nicht ihre Waffe gegen ihn erheben.

„Wer immer du bist,“, warnte sie eindringlich, „ich gebe dir nur diese eine Gelegenheit, dich endlich zu erkennen zu geben.“

Ihre Worte entlockte ihm nur ein Lächeln. „Ich habe dir bereits gesagt, wer ich bin. Glaubst du mir etwa nicht?“

Sie schüttelte mit dem Kopf und fasste den Griff ihrer Waffe. Sie müsste sie nur noch aus den Bandagen wickeln und dann könnte sie ihn angreifen. Aber sie zögerte immer noch.

Auch wenn er nicht Reiben war, er sah aus wie er und das genügte, um in ihrem Inneren Skrupel entstehen zu lassen.

Seine Stimmung schwang urplötzlich um. Sein sanftes Lächeln erlosch und machte einem verärgerten Gesichtsausdruck Platz. Es kam Morte vor, als hätte er seine Taktik geändert – was auch immer er damit bezwecken wollte.

„Morte!“

Sie zuckte zusammen, als seine Stimme schneidend kalt wurde. Das einzelne Wort klang wie ein Peitschenhieb und Morte fühlte sich, als wäre sie davon getroffen worden.

„Meine Geduld ist langsam am Ende! Ich habe nicht ewig Zeit, um mich um dich zu kümmern!“

Sie hatte bereits einigen Gefahren ins Auge gesehen, aber niemals war die Angst in ihrem Inneren stärker gewesen. Noch niemals hatte ihr kleiner Bruder so mit ihr geredet. Schlagartig fühlte sie sich in ihre Zeit als Kind zurückversetzt, nur dass sie diesmal etwas Schlimmes getan hatte und dafür nun Ärger bekam.

Das hinterhältige Lächeln auf seinem Gesicht sorgte auch nicht dafür, dass ihre Furcht abnahm.

„Endlich.“

Sie verstand nicht, weswegen er das sagte oder warum er plötzlich seine Hand nach ihr ausstreckte.

Morte konnte diese nur anstarren – als plötzlich ein Schuss die eingetretene Stille zerriss.

Reiben schrie auf und wich zurück. Er hielt sich die verletzte Hand aus der eine schwarze, zähe Flüssigkeit tropfte. Sein suchender Blick ging in die Richtung, aus welcher der Schuss gekommen war. Morte sah ebenfalls zur Seite, aber so richtig glauben konnte sie nicht, was sie da sah. „Lia... und Naja...“

Sie konnte sich keinen Grund vorstellen, warum das beste Duo des ehemaligen Welterrettungskomitee sie retten sollte, aber offensichtlich war es gerade geschehen. Zumindest wenn Morte das fremdartige Verhalten von Reiben richtig interpretierte.

Ihr Bruder fluchte laut, was ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihn lenkte. Ungläubig beobachtete sie, wie die Wunde an seiner Hand verheilte, als wäre nie eine dagewesen.

Sie wich zurück.

Das ist nicht Reiben! Ich hatte recht!

Er knurrte. „Ihr schon wieder. Wie konntet ihr so schnell hierher kommen?“

Naja hob belehrend seinen Zeigefinger und wedelte mit diesem vor seinem Gesicht herum. „Unterschätze uns nicht. Wir können mehr, als du ahnst.“

Dennoch griff er nicht nach seinen Waffen, sondern stemmte seine Hände in seine Hüften. Lia dagegen zielte weiter mit ihren Revolvern auf Reiben. Ihr Blick verriet Konzentration – und dass sie bei der kleinsten Bewegung schießen würde. Ihm war das offensichtlich ebenfalls bewusst, denn er zuckte nicht einmal mit einer Wimper, während er sie ansah.

Mortes Blick huschte zwischen Reiben und den beiden Neuankömmlingen hin und her. Die Zeit schien stillzustehen, die Aufregung nahm ihr fast den Atem.

„Gut, so scheine ich nicht weiterzukommen...“

Reibens nachdenkliche Stimme durchbrach die eingetretene Stille. Morte sah sofort wieder zu ihm hinüber. Er wirkte gelassen und keineswegs so angespannt wie kurz zuvor. Schließlich lächelte er sogar, doch es war eines der hinterhältigen von zuvor. „Aber ich habe bereits einen neuen Plan.“

Ein heftiger Sprung, dann befand er sich plötzlich mehrere Meter in der Luft – und keine Sekunde später, war er auch schon fort.

Verwirrt sah Morte sich um, drehte sich sogar einmal um die eigene Achse, aber von Reiben war nicht einmal mehr eine kleine Spur zu entdecken, als ob sein Erscheinen eben nur ein Trugbild gewesen wäre. Hätte es das schwarze Blut auf dem Boden nicht gegeben, hätte Morte dies sogar geglaubt, wenn auch nur, um sich selbst zu schützen.

„Wir sind gerade rechtzeitig gekommen“, sagte Naja, was ihre Aufmerksamkeit auf ihn lenkte.

Sie wollte etwas sagen, doch ihr blieben die Worte im Hals stecken. Reiben, der ihr etwas antun wollte; Naja und Lia, die zu ihrer Hilfe gekommen waren; all das verwirrte sie und nahm ihr die Kraft, etwas zu sagen.

Lia sah sie wütend an. „Du könntest dich wenigstens bedanken.“

Naja hob seine Hand, um seine Begleiterin zu beruhigen. „Ganz ruhig. Morte wird gerade nicht wissen, was sie sagen soll. Sie muss verwirrt sein. Aber wir sollten nicht zu lange hier bleiben.“

„W-was geht hier vor?“, brachte Morte stammelnd hervor. „Was ist da gerade passiert?“

Naja und Lia sahen sich an, nach kurzer Zeit nickten sie beide und blickten wieder zu Morte.

„Ich denke, wir haben nicht sonderlich viel Zeit, die wir hier vergeuden könnten“, meinte der wortgewandte Brillenträger. „Ich bin mir sicher, dass dieser Mann nun hinter Kyrie her ist.“

„W-warum?“, fragte Morte.

Wütend stampfte Lia mit dem Fuß auf, ihr Gesicht war vor Zorn völlig rot geworden. „Stell nicht immer so dumme Fragen! Wir müssen uns beeilen, um Kyrie zu helfen!“

Damit fuhr sie herum und rannte bereits wieder in die Richtung davon, aus der sie gekommen war.

Naja sah ihr schmunzelnd hinterher. „Ihr Eifer, wenn es um diesen Jungen geht, ist bewundernswert.“

„Was geht hier vor?“, wiederholte Morte ihre Frage, diesmal ein wenig gefasster.

Er sah sie wieder an und wurde sofort ernst. „Ich erkläre es dir unterwegs. Es ist ein bisschen kompliziert und wir sollten uns wirklich beeilen.“

Sie wollte widersprechen, darauf bestehen, dass er ihr sofort Auskunft erteilte, doch dann erschien ihr wieder Kyrie vor ihrem inneren Auge und verdrängte alle anderen Gedanken. Sie nickte hastig und folgte Lia mit großen Schritten.

Die neue Angst um ihren Freund verlieh ihr abermals Kraft, beflügelte sie förmlich und ließ sie jegliche Erschöpfung vergessen.

Es ging um Kyries Leben – und sie würde dieses retten, koste es, was es wolle.

'Black Lantern'

Auf dem Rückweg hatte Morte immerzu dasselbe Bild vor Augen – und zwar Lias Rücken. Die Füße der Schützin schienen kaum den Boden zu berühren, so sehr beeilte sie sich.

Ob es die Kräfte der Drachenbestien in ihr waren oder die pure Sorge um Kyrie oder beides – die müde gewordene Morte beneidete sie in diesem Moment darum.

Naja lief neben ihr anstatt bei seiner Partnerin, scheinbar, um sie zum Weitergehen zu animieren und aufzupassen, dass sie ihnen nicht abhanden kam.

Was sie nun aber mehr brauchte, war eine Ablenkung. Ansonsten würden sich ihre Gedanken für den ganzen Rest der Reise nur darum drehen, was ihr Bruder Kyrie wohl gerade antat.

„Naja, du wolltest mir unterwegs erzählen, was es mit all dem auf sich hat.“

Die Halbbestie wandte sich ihr zu, ein leichtes Lächeln lag auf seinem Gesicht. „Ah, du hast es noch nicht vergessen, gut. Fragt sich nur, wo ich anfangen soll.“

Er runzelte seine Stirn und griff sich nachdenklich an sein Kinn.

„Am besten damit, wie ihr darauf kamt, mir zu helfen zu müssen“, schlug sie vor.

Morte war den beiden dankbar für die Hilfe, aber sie verstand nicht, wie das Duo darauf gekommen war, besonders da sie vor einem Jahr noch erbitterte Feinde gewesen waren.

Naja nickte, scheinbar erleichtert. „Es ist nur ein paar Tage her, dass Toppy zu uns kam.“

Sofort sah sie wieder den gelben Zwergbären vor sich. Er war auf ihrer Reise ihr unfreiwilliger Begleiter gewesen und oftmals auch derjenige, der in irgendeiner Art und Weise ihr Leben oder das von Kyrie gerettet hatte. Anscheinend erfüllte er seine Beschützerrolle immer noch.

„Er erzählte uns etwas ziemlich Besorgniserregendes“, fuhr Naja fort. „Er war dabei gewesen, als eine vermeintlich verstorbene Person auf dem Totenbett wieder auferstanden war.“

Genau wie Reiben, fuhr es ihr durch den Kopf. Nur zu einem anderen Zeitpunkt.

„Und wie konnte das passieren?“

„Toppy sprach von einem Ring an der Hand des Wiederauferstandenen. Mit der Vernichtung desselben wurde auch der Tote wieder zu einer leblosen Leiche.“

Morte hob eine Hand. „Ich verstehe das nicht. Was für ein Ring? Und was wollte die Person tun?“

„Dazu komme ich gleich“, sagte er völlig gelassen. „Es war ein schwarzes Schmuckstück genau wie jenes, das Reiben trug. Die Person bezeichnete sich als 'Black Lantern' und sprach davon, dass er Herzen ernten wolle.“

Alles in Mortes Kopf begann sich zu drehen. 'Black Lantern', Herzen ernten... was hatte all das mit ihr, Reiben und dem Ring zu tun?

„Toppy sah mit an, wie diese Person jemanden angriff, der dem Lebenden nahegestanden hatte. Eurer Bärenfreund hat ihm natürlich geholfen. In dem folgenden Kampf wurde das Schmuckstück zerstört und die 'Black Lantern' fiel tot zu Boden.“

Er machte eine Pause, während er Morte ihren eigenen Schluss daraus ziehen ließ.

Dann ist dieses Ding, aus welchem Grund auch immer, für die Wiederbelebung verantwortlich. Offenbar aber auch für die Veränderungen, die mit den Personen einhergehen. Reiben zielte auch genau auf mein Herz... Also wollen 'Black Lantern' diese aus irgendeinem Grund haben... Aber wozu?

„Toppy sagte, es wäre mehr ein Gefühl, aber er war sich absolut sicher, dass du eines der nächsten Opfer sein würdest, wenn wir dir nicht rechtzeitig helfen.“

„Wo ist Toppy jetzt?“

Nicht, dass sie ihnen nicht dankbar war, aber es interessierte sie doch mehr, wo sich der Zwergbär befand und warum er ihr nur das Duo des Welterrettungskomitee geschickt hatte, statt selbst zu kommen.

„Er wollte noch etwas nachprüfen“, antwortete Naja. „Aber er sagte, er würde so bald wie möglich nachkommen. Ich weiß aber nicht, wo er ist.“

Er nahm Mortes nächste Frage direkt vorweg.

Wo war Toppy nur? Was wollte er nachprüfen? Und wie lange würde das dauern?

„Naja, Re-... ich meine, dieser 'Black Lantern', was bezweckt er mit seinen Worten? Er hat eine ganze Weile auf mich eingeredet, was sollte das bewirken?“

Sehr zu seinem offensichtlichen Unwillen hob Naja die Schultern. „Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht einmal, was er mit dem Herzen machen will. Und ich bezweifle, dass wir je eine Antwort darauf erhalten werden. Zumindest nicht, bis einer von ihnen freiwillig mit uns redet.“

Darauf können wir wohl lange warten, dachte Morte.

Plötzlich blieb Lia stehen – Morte war gar nicht aufgefallen, wie groß der Vorsprung der Blonden inzwischen geworden war – und fuhr herum. Ihr Gesicht war Wut verzerrt. „Hört endlich auf zu quatschen und beeilt euch! Wir haben es eilig!“

Die beiden Zurückgebliebenen zuckten zusammen, bevor sie versicherten, fortan schneller zu laufen. Offensichtlich zufrieden damit, wirbelte Lia wieder herum und rannte weiter.

„Ist sie immer so... anstrengend?“, fragte Morte leise.

Naja schmunzelte. „Ich würde es nicht als anstrengend bezeichnen... aber ja, sie ist immer so.“

Wütend fuhr Lia noch einmal zu ihnen herum. „Bewegt euch endlich!“

Die beiden zuckten erneut zusammen und setzten sich schweigend wieder in Bewegung.
 

Wie jede Nacht prüfte Kyrie bevor er selbst ins Bett ging, ob die Kinder bereits schliefen. Aus jedem Zimmer drang ihm das gleichmäßige Atmen mehrerer Schlafender entgegen. Es machte ihn selbst schläfrig, was auch ein Grund dafür war, dass er diesem Ritual so gerne nachging.

In dieser Nacht diente es aber auch dafür, dass er sichergehen konnte, dass es allen Kindern gutging und keines von ihnen fehlte.

Wer immer dieser Reiben war, es bestand die Gefahr, dass er zurückkommen und einem von ihnen etwas antun würde. Auch wenn Kyrie hoffte, dass dies nicht geschehen würde. Noch einmal wollte er diesem Mann nicht begegnen.

Er öffnete die letzte Tür und lauschte hinein. Ein besorgter Zug schlich sich auf sein Gesicht, als er nichts hören konnte. Aus Erfahrung wusste er, dass die Kinder, selbst wenn sie nicht schliefen, so taten als ob und vergeblich versuchten, die ruhige Atmung zu imitieren – aber im Moment war absolut gar nichts zu vernehmen. Stattdessen spürte er einen kalten Lufthauch.

Kyrie öffnete die Tür vollständig, um den Raum zu betreten. Das Fenster war offen, die Gardine bauschte sich im kühlen Nachtwind. Drei der vier Betten waren leer, auf dem letzten klammerten sich drei Kinder dicht aneinander, die Blicke erschrocken auf das Fenster gerichtet.

„Was ist passiert?“, fragte Kyrie.

Sofort wandten sich ihm alle Köpfe zu. Es dauerte allerdings einen Moment, bis einer der Jungen den Mut fand, etwas zu sagen: „Ein Mann mit stacheligen Haaren... er ist durchs Fenster hereingekommen und er hat Lance mit sich genommen...“

„Wann war das?“

Die Jungen zuckten bei seiner scharfen Stimme zusammen. Wieder dauerte es seine Zeit, bis ein anderer den Mut fand, um zu antworten: „Vor ein paar Minuten.“

Kyrie versuchte, sich ein Geräusch in Erinnerung zu rufen, das ihm das hätte verraten müssen, doch er konnte sich an keines erinnern. Mit Sicherheit war es Reiben gewesen, aber wie war er so lautlos ins Haus gekommen? Und wo war er hin?

Es brachte nichts, nur herumzustehen, Kyrie musste handeln. Er sah wieder die Kinder an. „Geht zu den anderen und bleibt zusammen.“

Zwar glaubte er nicht, dass Reiben so schnell zurückkommen würde, aber sicher war sicher.

Die Jungen nickten und verließen das Bett. Immer noch dicht zusammengedrängt tappten sie auf den Flur hinaus.

Kyrie wartete einen Moment, bis er sicher war, dass sie auch das taten, was er gesagt hatte, dann ging er ebenfalls wieder hinaus. Er verließ das Haus – und entdeckte tatsächlich ein Stück Papier, als er die Tür schloss. Es war mit einem Dolch im Holz festgepinnt worden und keineswegs zu übersehen.

Hastig las er sich die Nachricht durch, die ihm verriet, wo Reiben sich befand, dann fuhr er herum und beeilte sich in die Richtung zu laufen, von der im Brief berichtet worden war.
 

Die Morgendämmerung setzte bereits ein, als Lia, Naja und Morte endlich am Waisenhaus ankamen. Auf den ersten Blick wirkte alles ruhig und normal, ganz genau wie immer.

Morte spürte das erleichterte Gefühl heimgekehrt zu sein, schon als sie das Gebäude aus der Ferne sah. Am Liebsten wäre sie in ihr Bett gefallen, um für die nächsten zwei Tage durchzuschlafen und alles zu vergessen, bis Kyrie sie mit einem leckeren Frühstück und dem altbekannten Lächeln wieder wecken würde.

Doch dafür war keine Zeit.

Wenige Schritte vom Haus entfernt konnte Morte ebenfalls das Stück Papier erkennen, das von einem Dolch im Holz gehalten wurde. Ihre inneren Organe schienen sich ineinander verknoten zu wollen, immer unwilliger wurden ihre Schritte. Sie musste nicht erst die Worte lesen, die offensichtlich von dem 'Black Lantern' stammten, um zu wissen, dass etwas Schlimmes geschehen war.

Genauer gesagt konnte sie die Worte auch gar nicht lesen. Vor ihren Augen verschwamm alles.

„Was steht drauf?“, fragte sie Naja mit krächzender Stimme.

Schlagartig fühlte sie sich viel älter als noch zuvor, es erschien ihr wie Jahre, dass sie von hier losgezogen war, um das Grab ihres Bruders zu besuchen. Hätte sie nur geahnt, dass sie bald in einem Albtraum feststecken würde, ohne die Möglichkeit, aufzuwachen, wäre ihr Abschied von Kyrie und auch von den Kindern ganz anders ausgefallen.

Naja schob seine Brille zurecht, während Lia bereits wieder in Stimmung zu sein schien, weiterzuhetzen. Ihr Gesicht war immer noch vollkommen rot, allerdings nicht vor Anstrengung, sondern wegen ihrer Wut auf denjenigen, der es wagte, ihrem Kyrie etwas antun zu wollen.

„Der Brief sagt uns, dass Reiben eines der Kinder entführt hat“, erklärte Naja an Morte gewandt. „Und wo wir ihn finden können, wenn wir es retten wollen.“

„Was ist mit Kyrie?“, fragten die beiden Frauen gleichzeitig, bevor sie sich gegenseitig einen beißenden Blick zuwarfen.

Die Halbbestie schmunzelte amüsiert. „Er redet hier nur von einem Kind. Vielleicht liegt Kyrie selig schlummernd in seinem Bett.“

Morte blickte ihn skeptisch an, worauf er eine Hand hob. „Das war nur eine Vermutung. Ich glaube ja selbst nicht daran.“

„Kyrie sieht jede Nacht nach, ob alle Kinder da sind und schlafen“, meinte sie. „Manchmal büxen sie nämlich aus, um im Dunkeln draußen Abenteuer zu erleben.“

„Fragt sich nur noch, ob das Kind vorher oder nachher entführt wurde.“

Lia wippte ungeduldig auf ihren Füßen herum. „Sehen wir doch einfach nach!“

Sie presste es zwischen den Zähnen hervor, scheinbar um zu verhindern, dass sie laut wurde.

Ihre Begleiter stimmten nickend zu und betraten das Haus. Wie erwartet war sein Zimmer leer, das Bett unberührt. Er war also nicht zum Schlafen gekommen.

Lia bestand sofort darauf, den im Brief angegebenen Ort aufzusuchen, aber Morte wollte unbedingt erst noch einmal nach den Kindern zu sehen. Sie fand alle im selben Zimmer auf die vier Betten verteilt, teilweise eng aneinandergeschmiegt, um sich gegenseitig Sicherheit zu spenden, aber alle friedlich schlafend. Lediglich einer der Jungen fehlte – es musste derjenige sein, der von Reiben entführt worden war.

Ohne die Kinder zu wecken, ging sie wieder hinaus.

Lia und Naja warteten bereits vor dem Haus auf sie. Er wie immer vollkommen gelassen, sie dagegen wie üblich voller Energie, die danach verlangte, endlich freigesetzt zu werden.

„Können wir endlich gehen?“, fragte sie.

Morte nickte. Es gab keinen Grund mehr zu zögern, im Gegenteil: Je schneller sie fertig war, desto eher würde sie endlich wieder nach Hause kommen und ihrem Wunsch zu schlafen nachkommen können.

„Dann los!“

Lia fuhr herum und rannte bereits in die angegebene Richtung weiter. Naja hob seufzend die Schultern. „Na dann, nach dir.“

Er machte eine einladende Bewegung, die ihr sagte, dass er warten würde.

Wortlos lief Morte an ihm vorbei, um der bereits Aufgebrochenen zu folgen.

Die Halbbestie schmunzelte wieder, schob noch einmal seine Brille zurecht und bildete schließlich das Schlusslicht des Trios.

Entscheidung?

Als er die angegebene Stelle erreichte, blieb Kyrie stehen. Die Sonne ging bereits wieder unter, der Weg war länger gewesen als ursprünglich erwartet. Der Mond war noch nicht aufgegangen, weswegen er keine Details erkennen konnte.

Aber die Felsen, die vor einem dichten Wald eine natürliche Bühne bildeten, waren auch in der Dunkelheit deutlich zu sehen. Kyrie konnte sich nicht erinnern, jemals zuvor hier gewesen zu sein, ohne eine genaue Erklärung von Reiben hätte er den Weg nie gefunden – allerdings sah der Ort verlassen aus. Er schien völlig allein zu sein.

Für einen Moment überlegte er, auf sich aufmerksam zu machen, doch dann besann er sich anders. Er versuchte, so zu denken wie Morte. Was würde sie in dieser Situation machen?

So sehr er sie auch mochte, es dauerte seine Zeit – Sekunden, Minuten, Stunden? Er konnte es nicht sagen – , bis ihm tatsächlich etwas einfiel. Er griff nach seinem Messer, auch wenn er es sowieso nicht nutzen konnte. Im Kämpfen war er nicht sonderlich geschickt, aber es war besser, als einem Feind völlig unbewaffnet gegenüber zu stehen.

Mit der Waffe in der Hand bewegte er sich langsam vorwärts. Sein Blick ging dabei aufmerksam umher, in jedem Schatten eine Bedrohung sehend. Doch alles war nur ein Fehlalarm.

Innerlich lachte er über sich selbst.

Ich sollte nicht so angespannt sein, das hilft mir nicht weiter. Morte würde das mit Sicherheit auch lächerlich finden.

Der erneute Gedanke an sie lenkte ihn von der vorherrschenden Situation ab. Er würde sich viel sicherer fühlen, wenn sie bei ihm wäre. Sie würde mit ihrer ruhigen Art dastehen und ihn anfauchen, dass er gefälligst nicht so nervös sein sollte, weil er sie nur ablenkte. Und Toppy würde dann einen klugen Spruch abgeben.

Eine Welle von Sehnsucht nach der Reise vom letzten Jahr überkam ihn. Sein jetziges Leben war ruhig und ausgeglichen – wenn man von Reiben absah – und es gefiel ihm, aber die gemeinsame Zeit damals fehlte ihm. Es gab nur ihn, Morte und Toppy – und das Rätsel um den Destruct Code.

Mit dem Ende dieser Reise hatte sich alles verändert, auch er selbst und es würde nie wieder so werden wie früher, was er außerordentlich bedauerte.

Aber sein neues Leben gefiel ihm auch gut. Es war anders, aber nicht schlechter. Es gab ihn, Morte, einen selten vorbeisehenden Toppy und auch viele Waisenkinder, die alle drei zu lieben schienen.

So in Gedanken versunken bemerkte er gar nicht, wie weit er sich in den Wald vorgewagt hatte. Erst ein leises Rascheln holte ihn wieder in die Realität zurück.

Abrupt blieb er stehen, wandte seinen Blick in alle möglichen Richtungen, aber nirgends war die Ursache zu sehen. Sein Körper begann zu zittern, doch er redete sich ein, dass es die – nicht vorhandene – Kälte war, anstatt Angst, die ihn zu lähmen drohte, wenn er sie zuließ.

Ein Vogel schoss aus einem Gebüsch und sauste haarscharf an seinem Kopf vorbei. Kyrie zuckte mit einem leisen Kreischen zusammen, perplex sah er dem Tier hinterher, bis es aus seiner Sicht verschwunden war. Kaum war dies geschehen, brach er in nervöses Gelächter aus.

Es ist nur ein Vogel. Nur ein...

Die plötzliche Erkenntnis paralysierte ihn. Etwas stimmte hier ganz und gar nicht.

Moment! Es ist mitten in der Nacht! Wohin sollte er jetzt fliegen?

Das war nicht normal für Vögel, das wusste sogar er – also musste jemand ihn aufgescheucht haben.

Das Leben kehrte fast zu spät in ihn zurück. Er konnte sich gerade noch zu Boden werfen. Zischend zog etwas über seinen Kopf hinweg und bohrte sich geradewegs in einen Baumstamm.

Kyrie hob den Blick und versuchte zu sehen, von was er da angegriffen worden war. Doch es steckte zu tief im Holz, um es von seiner Position aus erkennen zu können.

„Du hast Glück gehabt“, ertönte eine Stimme. „Aber glaubst du, das wird dir hier wieder heraushelfen?“

Diese Stimme... Reiben...

Kyrie stand wieder auf. Sein Griff um das Messer festigte sich – als ihm plötzlich klar wurde, dass er es gar nicht mehr in der Hand hielt. Panisch ließ er den Blick schweifen, konnte es aber nicht mehr finden. Wann war es ihm überhaupt entglitten?

„Suchst du das hier?“

Er fuhr herum. Als er ein helles Blitzen wahrnahm, konnte er gerade noch zurückstolpern. Im nächsten Moment steckte die Klinge direkt vor ihm im Boden. Eilig nahm er es wieder an sich, bevor er erneut einen Blick um sich warf.

Von Reiben war immer noch nichts zu sehen. Wie schaffte er es nur, so sehr mit den Schatten zu verschmelzen? Oder wusste er einfach, wo man sich am besten verstecken konnte?

Immer wieder drehte er sich im Kreis, aus Angst, zu lange seinen Rücken zu präsentieren. Schließlich hörte er Reiben seufzen. „Du langweilst mich. Ich habe kein Interesse an dir, sondern nur an Morte – aber offensichtlich hast du die nicht mitgebracht.“

Kyrie hörte ein Geräusch hinter sich, er wirbelte herum, doch sein Angreifer war schneller und verpasste ihm einen Schlag in den Nacken, der ihn zu Boden stürzen ließ. Ein dunkler Schleier legte sich vor seine Augen.

„Du solltest als Köder für Morte reichen“, meinte Reiben abschätzend.

Morte...

Kyrie ließ seinen Kopf auf den Boden sinken und schloss die Augen, bevor er endgültig das Bewusstsein verlor.
 

Der Mond näherte sich bereits wieder dem Westen, was auf eine baldige Dämmerung schließen ließ, als Morte, Lia und Naja endlich den angegebenen Ort erreichten. Wie Kyrie zuvor, blieben die drei stehen und sahen sich eingehend um. Und wie zuvor war nichts Außergewöhnliches zu sehen.

Lia warf Naja einen genervten Blick zu. „Bist du sicher, dass wir hier richtig sind?“

Er nickte. „Natürlich bin ich das. Ich irre mich nie.“

Sie zog ihre Stirn kraus. „Das weiß ich aber besser.“

Die Halbbestie lachte nur als Erwiderung. Er sah zu Morte hinüber, die bereits einige Schritte vorausgelaufen war.

Sie wusste es nicht, aber im Moment dachte sie dasselbe wie Kyrie wenige Stunden zuvor: Sollte sie irgendwie auf sich aufmerksam machen oder sollte sie sich lieber anschleichen und versuchen, den Feind ausfindig zu machen und zu überraschen?

Andererseits war sie zum ersten Mal hier, weswegen sie nicht einschätzen konnte, wo sich jemand verstecken könnte. Würde sie zu weit laufen und den Wald betreten, würde sie mit Sicherheit überrascht werden. Noch dazu war sie Zeuge der Fähigkeiten eines 'Black Lantern' geworden – er wäre um einiges schneller gewesen, als sie hätte reagieren können.

Nein, das Risiko war zu groß, weswegen sie bei den anderen beiden stehenblieb.

Doch selbst wenn sie genau gewusst hätte, wo sich dieser 'Black Lantern' versteckte, mit Sicherheit hätte sie es nicht über sich gebracht, ihn einfach so zu töten – auch wenn er nicht ihr Bruder war, er sah aus wie dieser und er schien auch über dessen Erinnerungen zu verfügen. Emotional gesehen war er also noch Reiben, egal wie sehr sie es zu verdrängen versuchte.

Eine plötzliche Bewegung von Lia riss sie aus ihren Gedanken. Die Schützin zog blitzschnell ihre Revolver hervor, sie zielte auf irgendetwas und drückte ab. Zwei Schüsse zerfetzten die Stille.

Morte sah in die Richtung, in die Lia geschossen hatte, doch konnte sie nichts erkennen.

Die Schützin fluchte leise. „Daneben!“

Im nächsten Moment erklang ein leises Lachen. „Das mit dem Zielen solltest du aber noch einmal üben, meine Liebe.“

Es war die Stimme von Reiben.

Naja und Morte zogen ebenfalls ihre Waffen und sahen in Richtung der Steinbühne, auf der sich plötzlich etwas zu regen schien. Im silbernen Licht des Mondes konnte Morte die Umrisse dreier Leute ausmachen. Zwei waren erwachsen, einer war ein Kind – der entführte Junge.

Aber wer...?

Die Konturen wurden deutlicher und plötzlich erkannte sie-

„Kyrie!“

Naja griff nach Mortes Arm und hielt sie so davon ab, direkt auf die Bühne zu laufen.

Reiben stand zwischen Kyrie und dem Junge, die beide sorgfältig verschnürt zu sein schienen.

„Da bist du ja endlich, Schwester. Ich befürchtete schon, du wolltest mich ewig warten lassen.“

„Lass die beiden auf der Stelle gehen!“, verlangte Morte eindringlich.

Er schüttelte bestimmt mit dem Kopf. „Das werde ich sicher nicht. Zumindest nicht beide.“

Fragend sah sie ihn an. „Was?“

Seufzend schüttelte er seinen Kopf. „Verstehst du das nicht? Du kannst einen der beiden zurück haben. Entweder deinen kleinen Freund Kyrie oder diesen armen kleinen, unschuldigen Jungen, der nie jemandem etwas getan hat.“

Während seiner Worte deutete er auf die jeweilige Person. „Entscheide dich gut, Schwester.“

Morte konnte nicht anders, als ihn fassungslos anzusehen. Sie verstand, was er da von ihr verlangte, aber nicht, wie er das verlangen konnte.

Dieser Mann trug die Erinnerungen ihres Bruders in sich, also warum verhielt er sich nicht auch wie er? Warum tat er ihr das an? Oder überhaupt jemandem? Das sah Reiben einfach nicht ähnlich.

„Lächerlich!“, urteilte Naja. „Morte wird nicht auf dein Spiel eingehen. Also gib gefälligst beide her – oder Lia wird noch ein paar Mal auf dich schießen. Und glaub mir, sie ist eine verdammt gute Schützin.“

„Als ob ich vor ihr Angst hätte“, höhnte Reiben. „Ich dachte, ihr wüsstet mehr über mich, als Morte. Aber anscheinend ist das doch nicht der Fall. Ihr könnt mich nicht töten und das wisst ihr.“

Morte warf einen Blick zu Naja und Lia hinüber. Wenn die Halbbestie vorhin gelogen hatte?

Doch er wirkte nach wie vor selbstsicher und gelassen, er lächelte sogar.

„Ich denke sehr wohl, dass wir dich töten können“, sagte Naja. „Alles, was existiert, kann getötet werden, das ist die Grundessenz des Lebens.“

„Wenn man denn lebt“, meinte Reiben unbeeindruckt. „Was ich aber nicht tue, wie ihr wisst.“

Morte betrachtete ihn eingehend. War es wirklich nicht möglich, den 'Black Lantern' zu töten, ohne ihrem Bruder etwas anzutun? War es nicht möglich, die fremde Entität in seinem Inneren zu töten und Reibens Seele selbst zu erhalten?

Sie wollte Naja danach fragen, aber etwas hielt sie zurück. Sie war sich sicher, dass er ohnehin ablehnen und ihr sagen würde, dass es keinen Weg gab, das von ihr Gewünschte zu erreichen.

„Also wie lautet deine Entscheidung?“, fragte Reiben nachdrücklich. „Kyrie oder der Junge?“

Morte sah wieder zu der Bühne hinauf. Die beiden Gefangenen schienen ohnmächtig zu sein, jedenfalls regten sie sich nicht. Aber Morte wusste dennoch, was Kyrie sagen würde – er war der typische Opfercharakter und würde mit Sicherheit verlangen, dass sie den Jungen retten sollte.

Aber konnte sie das wirklich tun?

Lia knurrte leise. „Das reicht! Ich werde dir die Entscheidung abnehmen, Frau!“

Bevor Morte etwas sagen konnte, stürmte Lia auf die Bühne. Wie erwartet packte sie Kyrie und brachte ihn blitzschnell zu ihren Begleitern zurück.

„So, erledigt.“

Mit so etwas schien Reiben tatsächlich nicht gerechnet zu haben, denn er sah perplex auf die Gruppe hinunter. Es dauerte eine Weile, bis er sich wieder fangen konnte, aber seinen Feinden ging es ähnlich.

„Warum hast du das getan?“, fauchte Morte.

Lia warf den Kopf in den Nacken. „Weil du dich nie alleine entschieden hättest. Und ich werde nicht zulassen, dass Kyrie deswegen zu einem Opfer wird!“

Sie konnte nicht glauben, was sie da hörte. Morte war sich sicher, dass Kyrie diese Entscheidung niemals gutgeheißen hätte, aber Lia schien das völlig egal zu sein. Sie stand nur da, den Kopf in den Nacken geworfen, die Arme in die Hüften gestemmt und absolut von sich überzeugt, so wie eh und je.

Reiben lachte leise. „Gut, die Wahl wurde getroffen, wenn auch von einer anderen Person.“

Er zog ein Messer hervor und ging zu dem Jungen hinüber. „Tut mir ja Leid für dich. Nun, nicht wirklich.“

Morte sah wie hypnotisiert hinauf, unfähig, sich zu rühren oder etwas zur Rettung des Kindes tun zu können. Reiben hob die Klinge, Morte wollte etwas tun, irgendetwas, doch wieder war da der Gedanke, dass es sich um ihren Bruder handelte und sie konnte ihn einfach nicht töten.

Doch kurz bevor Reiben das Messer niedersausen lassen konnte, war eine weitere Bewegung zu sehen. Ein dumpfer Schmerzenslaut erklang, Reiben ging in die Knie. Im nächsten Moment konnte Morte die Bewegung noch einmal wahrnehmen. Es war eine kleine Gestalt, die mühsam das Kind nahm und eilig zur Gruppe herüberbrachte.

Selbst in der Dunkelheit erkannte sie den gelben Zwergbären mit dem blauen Kopftuch und der Augenklappe. „T-Toppy...“

Ihre Stimme war nur noch ein leises Hauchen, ganz anders, als sonst.

Mit einem Ächzen überließ der Zwergbär ihr das Kind, bevor er sich an Naja wandte: „Nimm Kyrie und dann lasst uns verschwinden, kuma!“

Die Halbbestie reagierte sofort und hob den immer noch bewusstlosen Kyrie auf seine Arme. Zufrieden fuhr Toppy in eine bestimmte Richtung herum und rannte eilig davon. Naja und Lia folgten ihm sofort.

Morte sah noch einmal zu der zusammengekrümmten Gestalt Reibens, die sie nur als Schemen in der Dunkelheit ausmachen konnte. Er hätte beinahe dieses Kind umgebracht...

Wieder sah sie das Bild vor sich, wie er das Messer hob.

Hastig schüttelte sie den Gedanken ab, fuhr herum und rannte ebenfalls davon, ohne sich noch einmal umzusehen.

Emotionen

Das leise Knistern des Feuers war das einzige Geräusch, das in der Höhle zu hören war. Naja und Lia saßen am Eingang und blickten prüfend in die Dunkelheit hinaus, um nach einem Zeichen von Reiben Ausschau zu halten. Bislang schien er sie allerdings nicht zu verfolgen oder er hatte die Spur noch nicht wieder aufgenommen.

Toppy saß neben den beiden Bewusstlosen, die zuvor von ihm und Lia gerettet worden waren. Sein niedliches Gesicht machte es schwer zu sagen, aber er schien sie tatsächlich immer wieder besorgt anzusehen.

Morte kauerte in der hintersten Ecke der Höhle, den Blick fest auf den Boden gerichtet. Erinnerungen an ihren Bruder, die gemeinsame Kindheit, tanzten durch ihren Kopf, zu schnell, um sie festhalten zu können, aber langsam genug, um sie deutlich wahrzunehmen. Jede dieser Erinnerungen, so tröstlich sie zuvor gewesen waren, trieb den Schmerz nun noch tiefer.

Natürlich verhielt sich dieser 'Black Lantern' nicht wie Reiben, aber er sah aus wie er und das genügte, um in Morte Skrupel entstehen zu lassen. Könnte sie wirklich jemanden töten, der aussah wie ihr Bruder – auch wenn sie wusste, dass das nur so war, da er seinen Körper gestohlen hatte?

Die Antwort darauf lautete eindeutig „Nein“. Niemals könnte sie so jemanden töten, allerdings...

Toppy riss sie aus ihren Gedanken. „Morte.“

Erschrocken zuckte sie zusammen und sah den Zwergbären fragend an. Er erwiderte ihren Blick mit seinem schwarzen Knopfauge, das Gesicht völlig ernst. „Woran denkst du gerade, kuma?“

Ohne zu antworten, senkte die den Kopf, doch das schien ihm vollauf zu genügen. „Dachte ich es mir doch. Du solltest nicht so darüber denken, kuma. Dieser Mann ist nicht mehr dein Bruder, er ist ein anderes Wesen.“

Sie sagte nichts darauf, sie wusste doch, dass er recht hatte. Ihr Kopf war sich bereits im Klaren darüber, doch ihr Herz verweigerte diese Erkenntnis. Es sagte ihr, dass dieser Mann, wenn er auch nicht Reiben war, er genau so aussah, genau so sprach und damit doch noch ihr Bruder war. Normalerweise war sie keine Person, die sonderlich viel auf ihre Empfindungen hörte, doch in einer solchen Situation konnte sie nicht anders, auch wenn es sie schmerzte.

Toppy seufzte leise. „Zwecklos, hm?“

Morte wandte das Gesicht ab, konnte aber nach wie vor seinen Blick auf sich spüren. Sie beschloss, den Mund zu öffnen und die Fragen zu stellen, die sie schon eine Weile beschäftigten: „Toppy... warum wollen die 'Black Lantern' Herzen haben? Was bringt ihnen das?“

Doch genau wie Naja, schien der Zwergbär keine Antwort darauf zu besitzen. Ratlos hob er die Schultern. „Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht einmal, wo diese Ringe herkommen, kuma. Aber sie scheinen aus keinem Material zu bestehen, das aus dieser Welt ist.“

„Wie der Destruct Code?“

Sie wusste heute noch nicht, aus welcher Substanz die schwarze Kugel gefertigt worden war. Bislang war es ihr egal gewesen, doch plötzlich erschien ihr die Frage danach vollkommen natürlich.

„So ähnlich, kuma.“

„Warum sind Reiben und ich davon betroffen, was haben wir getan?“

Tatsächlich schien Toppy für einen Moment darüber nachzudenken, doch betrübt schüttelte er mit dem Kopf. „Ich weiß es nicht. Die Ringe selbst scheinen nach Herzen zu suchen und dann den entsprechenden toten Gegenpart, kuma. Du scheinst wohl einfach das zu haben, was sie wollen.“

Vermutlich sollte Naja recht behalten, wenn er sagte, dass sie es wohl nie erfahren würden.

„Gibt es irgendeine Möglichkeit, die 'Black Lantern' zu besiegen und die ursprüngliche Person wieder zurückzubekommen?“

Auch wenn sie geglaubt hatte, mit Reiben endlich erfolgreich abgeschlossen zu haben, so sehnte sich ihr Herz immer noch nach ihrem kleinen Bruder. Inzwischen mehr als je zuvor.

„Ich glaube nicht“, antwortete Toppy. „Offensichtlich müssen die Körper für einen 'Black Lantern' bereits tot sein. Die Personen an sich kommen nicht zurück.“

Mit dieser Antwort hatte sie bereits gerechnet, doch sie hatte sie einfach stellen müssen. Sie schwieg, es gab keine weiteren Fragen mehr. Ihr Blick blieb immer noch auf die Felswand geheftet.

Sie konnte hören, wie Toppy wieder davonging und sich woanders niederließ.

Für einen Moment verspürte sie den Impuls, in Tränen auszubrechen, doch dafür war noch keine Zeit, noch würde sie nicht weinend zusammenbrechen. Sie musste weiterhin tapfer sein.

Stille zog in die Höhle ein.

Irgendwann musste Morte eingeschlafen sein, denn als ein lautes Geräusch erklang, brauchte sie einen Moment, um sich wieder zu orientieren.

Naja und Lia standen am Höhleneingang, beide hielten ihre Waffen in den Händen. Alarmiert stand Morte auf, wenngleich sie ein wenig wackelig auf den Beinen stand. Kyrie und der Junge lagen immer noch tief schlafend auf dem Boden, Toppy saß neben ihnen. Er sah zu Morte hinauf. „Er kommt.“

Sie griff nach ihrer Waffe und ging ebenfalls zum Höhleneingang. Naja warf ihr nur einen kurzen Blick zu, bevor er sich wieder auf den Rand des Waldes konzentrierte. Morte konnte dort nichts erkennen, aber die Augen der beiden Bestien waren wohl einfach schärfer als ihre. Doch selbst wenn sie nichts sehen konnte, spürte sie die Anspannung, die deutlich in der Luft lag.

Es dauerte nicht lange – doch für Morte kam es wie Stunden vor, dass sie dort standen und auf die Bäume starrten – bis schließlich jemand aus dem Wald hervortrat.

Unwillkürlich schnappte sie nach Luft, obwohl Reibens Gestalt nicht überraschend für sie kam.

Bevor einer der anderen beiden sie abhalten konnte, lief sie ihm bereits entgegen. In einiger Entfernung zueinander blieben sie wieder stehen. Ein leichtes Lächeln zierte Reibens Gesicht, nur in seinen Augen war der Ärger über Toppys Überrumpelung zu erkennen.

„Ah, Schwesterherz, da bist du ja...“

„Nenn mich nicht so!“, erwiderte sie schrill. „Du sollst mich nicht so nennen!“

Sein Lächeln wurde breiter. Wieder versuchte sie, ihr Herz zu ignorieren, sich immer wieder zu sagen, dass er nicht mehr ihr Bruder war. Seine Worte halfen ihr aber nicht sonderlich dabei.

„Warum verleugnest du es?“, fragte er. „Wir teilen uns dasselbe Fleisch – wenn auch nicht mehr das Blut.“

Er lachte, als ob er gerade einen äußerst lustigen Scherz gemacht hätte. Morte dagegen fand es ganz und gar nicht amüsant. Sie warf einen raschen Blick über ihre Schulter, der ihr sagte, dass keiner der anderen näherkam. Lediglich Lias Revolver zielten auf Reiben, bereit, bei jeder falschen Bewegung abzudrücken – wenngleich Morte befürchtete, dass die Schützin extra warten würde, bis sie zerfetzt auf dem Boden lag.

Hastig schüttelte sie den Gedanken ab und wandte sich wieder dem 'Black Lantern' zu, der inzwischen zu schmunzeln begonnen hatte. „Kein Vertrauen in deine Gefährten? Komm schon, du kannst es deinem großen Bruder sagen.“

Morte umklammerte den Griff ihrer Waffe so fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten. Der Gedanke, dass dieser... wer auch immer er eigentlich war, sich für ihren Bruder ausgab, machte sie langsam, aber sicher krank. Je länger sie vor ihm stand, seiner Stimme lauschte, in der ein vollkommen neuer Ton lag und dieses selbstgefällige Lächeln betrachtete, das ihr absolut fremd war, desto mehr wuchs die Wut in ihrem Herzen. Diese Person wagte es, sich für ihren Bruder auszugeben und all diese schlimmen Dinge in seinem Namen zu tun, nur um sie, Morte zu quälen und ihr Herz zu ernten, was immer das auch bedeuten sollte.

Niemals könnte sie so etwas verzeihen, niemals!

„Endlich!“, rief Reiben plötzlich aus.

Seine Stimme klang wie durch einen Nebel zu ihr. Sie konnte sehen, wie er mit erhobener Hand auf sie zustürzte, doch sie rührte sich nicht.

Schüsse peitschten über die Ebene, die Kugeln fetzten Fleisch aus dem Körper des 'Black Lantern', der einen Augenblick zurücktorkelte, sich aber sofort wieder fing. Sein Ziel, Morte, ließ er dabei keinen Augenblick aus den Augen – bis er plötzlich stutzte und wieder innehielt. Seine Augen huschten nervös an ihr hinauf und herunter.

„Ich war so nah dran!“, fluchte er.

Morte wusste nicht, wie gut die Nerven eines durchschnittlichen 'Black Lantern' waren, aber zumindest seine waren offenbar nicht sonderlich reißfest. Was immer ihn gerade verwirrte, verlieh ihr eine gehörige Portion Mut, die sich zum Zorn und der eben erwachte Liebe gesellte. Erinnerungen an ihren Bruder brachen wieder über sie herein, doch diesmal sorgten sie nicht für Trauer, sondern dafür, dass sie sich wieder an ihre Zuneigung zu ihm erinnerte. All die Zeit, die sie miteinander geteilt hatten, all die Erinnerungen, ließen sie wieder an all die Gefühle denken, die dadurch entstanden waren. Die Liebe, die sie immer verbunden hatte, selbst jetzt noch in seinem Tod. Er war es nicht, der ihr gegenüberstand, es war jemand anderes und dieser jemand würde dafür bezahlen, ihr beinahe all diese Erinnerungen zerstört zu haben.

Reiben schluckte schwer, als Morte ihre Waffe auf ihn richtete. Sie selbst glaubte, Farben darauf tanzen zu sehen: Grün, Violett und Rot, doch sie schob es auf die gerade aufgehende Sonne, die ihr einen Streich spielte.

Morte lächelte leicht, das erste Lächeln seit der 'Black Lantern' erschienen war. Es kam ihr vor wie Monate, dabei war es gerade einmal ein Tag gewesen.

„Du willst mich nicht wirklich angreifen, Schwester, oder?

Er wagte einen letzten Versuch, doch der perlte an Morte ab wie Wasser. „Du wirst mich nicht länger beeinflussen! Es ist vorbei!“

Mit diesen Worten schnellte sie auf den ratlos dreinblickenden Reiben zu. Ein letztes Mal zuckten Erinnerungen an ihren Bruder durch ihren Kopf, dann steckte ihre Klinge schon zur Hälfte in seinem Körper.

Für einen Augenblick schien die Zeit stillzustehen. Morte verharrte in der Stellung, in der sie getroffen hatte, Reiben sah auf die Waffe hinunter, die drei Beobachter hielten den Atem an.

Als sie bereits befürchtete, dass nichts mehr geschehen würde, verzog Reiben plötzlich sein Gesicht zu einer furchterregenden Grimasse. Erneut glaubte sie, Lichter tanzen zu sehen, wenngleich sie es diesmal auf seinem Körper taten, statt auf ihrer Waffe.

Er gab noch einmal einen schmerzerfüllten Laut von sich, dann war er plötzlich... fort.

Anders konnte Morte es nicht beschreiben, als sein Körper in unzählige kleine Teile zerfetzt zu werden schien.

Dabei sagte sie sich immer wieder, dass es nicht Reiben war, der gerade gestorben war, sondern jemand, der sich nur für ihn ausgegeben hatte. Jemand, der ganz anders als ihr geliebter Bruder gewesen war, der nun hoffentlich wieder in Frieden ruhen könnte. Dieser Gedanke erfüllte sie endlich wieder mit Ruhe und dem Wunsch nach einem weichen Bett.

Eine plötzliche Bewegung riss sie aus ihren Gedanken. Bislang war es ihr nicht aufgefallen, aber der schwarze Ring, der bislang Reibens Hand geziert hatte, lag auf dem Boden und vibrierte heftig. Sie kniete sich hin, um ihn aufzuheben, doch mit einer heftigen Bewegung schoss er in die Luft davon.

Schockiert sah sie ihm hinterher – als ein weiterer Schuss peitschte. Sie konnte sehen, wie der Ring in zahllose kleine Stücke zerfiel, die zu Boden regneten.

Ein Blick zur Höhle und in Lias' befriedigtes Gesicht genügte, um ihr zu sagen, was geschehen war.

Zufrieden mit sich selbst blies sie den Rauch weg, der aus dem Lauf ihrer Waffe kam, bevor sie diese wieder einsteckte.

Morte lächelte wieder, als sie bemerkte, wie Kyrie gähnend aus der Höhle trat, als ob er vor der Ohnmacht nicht gerade in Lebensgefahr geschwebt wäre.

Beruhigt wandte Morte den Blick in Richtung der aufgehenden Sonne und schloss die Augen.

Es ist vorbei... und alles ist gut. Endlich...

Sie holte noch einmal tief Luft, dann fuhr sie herum, um zurück zur Höhle zu gehen – und erst einmal Kyrie für seine eigenwillige Aktion zu schelten, bevor sie wieder nach Hause gehen und gemeinsam mit allen Anwesenden essen würden. So wie sie es jeden Tag taten.



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Kommentare zu dieser Fanfic (8)

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Von:  Justy
2010-02-16T17:30:21+00:00 16.02.2010 18:30
So, nun zum letzten Kapitel.

dein Abschluss ist ein Happy End, was mir persönlich gefällt. Und das Morte erst einmal Kyrie zusammenstauchen wird, hab ich mir fast denken können. Das ist echt typisch Morte xD

Freue mich schon auf eine weitere WD FF von dir.
Werde sie auf jeden Fall lesen, dann.^^


Und hier die letzte Fehlerauflistung:

> Sie sagte nichts darauf, sie wusste doch, dass er recht hatte. Ihr Kopf war sich bereits im Klaren darüber, doch ihr Herz verweigerte diese Erkenntnis. Ihr Herz sagte ihr, dass dieser Mann, wenn er auch nicht Reiben war, er genau so aussah, genau so sprach und damit doch noch ihr Bruder war. Normalerweise war sie keine Person, die sonderlich viel auf ihr Herz hörte, doch in einer solchen Situation konnte sie nicht anders, auch wenn es sie schmerzte.

Wortwiederholungen, bezogen auf das Wort Herz. Zumal du das Wort später noch benutzt und es in diesen Absatz schon ganze dreimal vorkommt.


> Auch wenn sie geglaubt hatte, mit Reiben endlich erfolgreich abgeschlossen zu haben, so sehnte sich ihr Herz immer noch nach ihrem großen Bruder.

Ich weiß gar nicht ob du das schonmal geschrieben hast. Wenn ja, habe ich es übersehen. Reiben ist Mortes jüngerer Bruder, nicht ihr älterer.
Dieses Bild zeigt dies ganz gut:
http://www.thatanimeblog.com/wp-content/uploads/2008/09/wd-12-13.jpg


> „Nenn mich nicht so!“, erwiderte sie schrill. „Du sollst mich nicht so nennen!“

Mir persönlich gefällt die Wiederholung des Satzes nicht so. Wenns Beabsichtigt ist, habe ich aber nichts dagegen zu sagen.


> Was immer ihn gerade verwirrte, verlieh ihr eine gehörige Portion Mut, die sich zum Zorn und der eben erwachte Liebe gesellte.

Ab diesen Satz an, denke ich, dass du das Wort Liebe zu oft aufeinander benutzt. Ist zwar nur drei Mal, aber mich persönlich stört es etwas beim lesen.


> Dabei sagte sie sich immer wieder, dass es nicht Reiben war, der gerade gestorben war, sonder jemand, der sich nur für ihn ausgegeben hatte.

Da fehlt ein "n", bei "sondern".

Und nicht viel weiter unten, solltes du vielleicht das Wort "Ring" einmal umtauschen. Vielleicht in dem Satz, wo es so dichtauf folgt.


> Ein Blick zur Höhle und in Lias' zufriedenes Gesicht genügte, um ihr zu sagen, was geschehen war.
> Zufrieden mit sich selbst blies sie den Rauch weg, der aus dem Lauf ihrer Waffe kam, bevor sie diese wieder einsteckte.

Du beschreibst hier zweimal, das Lia zufrieden ist. Ist ja okay, aber wirkt komisch so dicht aufeinander.
Von:  Justy
2010-02-16T17:01:10+00:00 16.02.2010 18:01
Okay, ich komme nun auch endlich zum kommentieren, der restlichen beiden Kapitel. Mir fehlte bislang die Zeit^^""

Ich hab mir endlich mal richtig durchgelesen, was mit den "Black Lanterns" auf sich hat. Nun versteh ich das ganze ein wenig mehr, zudem finde ich deine Umsetzung zu den Thema sehr gelungen. <3

Eigentlich weiß ich gar nicht so recht, was ich noch sagen soll. Kann nur mein Lob aussprechen, da ich deine Kapitel sehr interessant und spannend zu lesen finde. (Ich mochte hier vor allem die Stelle, wo Lia sich einfach Kyrie schnappt und so Morte die Entscheidung abnimmt. Und natürlich Toppys Auftritt^^)

> Es gab ihn, Morte, einen selten vorbeisehenden Toppy und auch viele Waisenkinder, die alle drei zu lieben schienen.

Hehe, das muss ich mir jetzt bildlich vorstellen, besonders auf Toppy bezogen. Die Kinder werden ihn mögen xD


Ansonsten gucke ich nochmal das Kapitel nach Fehlern durch:

> Für einen Moment überlegte er, auf sich aufmerksam zu machen, doch dann überlegte er es sich anders.

Ich glaube, dazu brauche ich nichts zu sagen, oder? *Auf überlegte deutet*


> Es gab nur ihn, Morte und Toppy – und das Rätsel um den Destruction Code.

Jetzt wo ich den Begriff wieder lese. Darauf wollte ich dich noch aufmerksam machen. Kyrie ist der "Destruct" und deswegen heißt die Kugel auch "Destruct Code" und nicht Destruction Code.
Es wird sowohl in englischen subs, als auch im Spiel selbst so bezeichnet.


> Ein Vogel schoss aus einem Gebüsch und sauste haarscharf an seinem Kopf vorbei. Kyrie zuckte mit einem leisen Schrei zusammen,

Ich frage mich an dieser Stelle, ob man leise Schreien kann.


> Er schüttelte bestimmt mit dem Kopf. „Das werde ich bestimmt nicht. Zumindest nicht beide.“

Ist kein wirklicher Fehler, mich persönlich stört es nur, dass ich zweimal so dicht aufeinander "bestimmt" lese. "Das werde ich sicher nicht", wäre vielleicht besser.


> Selbst in der Dunkelheit erkannte sie den gelben Zwergbären mit dem blauen Kopftuch mit den Sternen darauf und der Augenklappe.

Toppy hat lediglich einen Stern auf seiner Augenklappe. Auf seinen Kopftuch sieht man hingegen eine Art Schlüsselloch.
http://kankeishorui.files.wordpress.com/2008/07/world_destruction.jpg

Ansonsten, war mir ab und an das Wort Bühne zu oft vorhanden, zur Beschreibung des Steinplatzes und ab der vorletzten Seite ganz unten, sowie auf der letzten Seite, folgt mir das Wort Messer zu viel aufeinander. Obwohl ich hier schon wieder keine Alternative wüsste und ich sowieso die einzige bin, die das bemängelt mit meinen Wortwiederholungstick. (Dabei mache ich solche Fehler selbst noch ab und zu und bemerke es nicht)
Von:  Maniak
2010-02-15T10:38:21+00:00 15.02.2010 11:38
Erst einmal, glückwunsch dass du es beendet hast.
Es war wirklich eine nette, lesenswerte FF auf ihre Art und ich fand jetzt doch das Ende mit der Lichtsache wo du es aber nciht zu "schnulzig" gemact hast ganz gut. Ich werde diese FF halt jetzt auch nochmal im Detail kkomplett durchlesen ehe ich mir mein finales urteil mache, aber dennoch, erstmal glückwunsch. Glückwunsch und auch danke für deine Teilnahme an dem Wettbewerb.
Von:  Justy
2010-02-06T15:45:26+00:00 06.02.2010 16:45
Lia ist toll in deiner FF, ich mag diese agressive Art. <3
Ich wünschte sie wäre im Game genauso, wie im Anime...

Und hey, endlich erfährt man etwas mehr. Find ich toll, dass du nicht alles sofort verräts, sondern das erst nach und nach kommt.
Bringt mehr Spannung rein.

> „Was ist mit Kyrie?“, fragten die beiden Frauen gleichzeitig, bevor sie sich gegenseitig einen beißenden Blick zuwarfen.

Hehe, den Satz fand ich toll. Kommt schon fast so rüber, als wären die beiden heimliche Konkurrentinen, die sich um Kyrie streiten. xD
Lia hätte mal im Anime zugeben sollen, dass sie auf Kyrie steht. Fands immer toll, wie sie manchmal plötzlich so anderes geworden ist in seiner
Anwesenheit.


Komm ich mal zu dem, was mir in der FF aufgefallen ist:

> Naja lief neben ihr statt seiner Partnerin, scheinbar, um sie zum Weitergehen zu animieren und aufzupassen, dass sie ihnen nicht abhanden kam.

Der Anfang des Satzes, bis zum ersten Komma klingt so, als würde da etwas fehlen. Jedenfalls habe ich das noch nie so gelesen. Heißt es vielleicht: "Naja lief neben ihr anstatt bei seiner Partnerin,..."?


> In dieser Nacht diente es aber auch dafür, dass er sichergehen konnte, dass es allen Kindern gutging und keines von ihnen fehlte.

Wird gut ging nicht auseinander geschrieben? Oder irre ich mich da jetzt?


> Hastig las er sich die Nachricht durch, die ihm verriet, wo Reiben sich befand, dann fuhr er herum und beeilte sich in die Richtung, von der im Brief berichtet worden war.

Kann es sein, dass der Satz nicht vollständig ist? Da fehlt glaube ich was nach "Richtung", vielleicht "zu laufen" oder so etwas in der Art.


> „Manchmal büchsen sie nämlich aus, um im Dunkeln draußen Abenteuer zu erleben.“

Es heißt "ausbüxen", kommt glaube ich von Büx = Hose, obwohl ich mir da nicht ganz sicher bin. Hab vorsichtshalber im Duden nachgeguckt und dort heißt es auch ausbüxen.


> Lia bestand sofort darauf, den im Brief angegebenen Ort aufzusuchen, aber Morte bestand darauf, erst noch einmal nach den Kindern zu sehen.

Für mich persönlich ist hier einmal "Bestand darauf" zuviel im Satz. Vielleicht eher "...aber Morte wollte unbedingt, erst noch einmal nach den Kindern sehen." oder so.


> „Können wir endlich gehen?“, fragte sie.

Les mal ab den Satz hier, die FF weiter, besonders in Bezug auf "gehen". Klingt wirklich merkwürdig, wenn erst Morte ihre Zustimmung gibt, danach aber Naja noch einmal damit kommt. Jedenfalls mir persönlich gefällt es nicht. Zumal danach auch noch kommt, "Wortlos ging Morte an ihm vorbei, um der Vorangegangenen zu folgen"

Versuch mal was gegen das ganze "gehen" zu unternehmen.
Und guck, mal ob du das mit Morte und Naja nicht umformulieren kannst, oder Naja etwas anderes sagen lässt.


Ansonsten, was ich an dieser Stelle nicht auflisten möchte, achte mal auf das Wort "Ring" in deiner FF. Ich weiß, dass dieser eine wichtige Rolle spielt, aber teilweise nahm es schon wieder überhand. Eine richtige Alternative zu dem Wort weiß ich selbst nicht, aber ich denke ab und an kann man auch "dieser" oder etwas ähnliches schreiben, wenn es davor klar wird, dass der Ring gemeint ist.
Von:  Justy
2010-01-18T17:26:03+00:00 18.01.2010 18:26
Ich hoffe Naja erklärt im nächsten Kapitel was das ganze zu bedeuten hat. Ich bin nämlich ziemlich neugierig darauf.
Schönes Kapitel, jedenfalls <3

Fehler habe ich aber leider auch wieder gefunden, aber es sind wieder nur Wortwiederholungen oder kleinere Dinge die mich persönlich ein wenig stören und nicht unbedingt berichtig werden müssen.

> Sie konnte sich nicht vorstellen, dass ein Mensch das tun würde.

Ab diesen Satz auf an, lies die folgenden weiter. Dann siehts du das dieses "tun würde" ganze dreimal aufeinander folgt. Habe gerade keinen Verbesserungsvorschlag parat, aber das sollte man vielleicht nochmal ändern.


> Ein letztes Mal schüttelte sie den Kopf, um den Gedanken abzuschütteln

Der Satz ist nicht falsch, nur klingt er etwas merkwürdig, finde ich. Besser würde "loszuwerden" oder so passen, da du dieses schütteln, schon kurz vorher hast, auch wenns nicht direkt das gleiche Wort ist.


> Die Kälte eben dieser ließ sie frösteln – allerdings befanden sie sich auf dem Frühlingskontinenten, wo die Nächte reichlich kalt werden konnten

Das kommt mir bekannt vor, ich persönlich würde eher "Frühlingskontinent" bevorzugen.


> Sie verstand nicht, weswegen er das sagte oder warum er plötzlich seine Hand nach ihr ausstreckte.

Ab diesen Satz, beim darauf folgenden Text, steht dreimal das Wort Hand. Dort würde ich mich nach einer Alternative für umgucken.


> Ein heftiger Sprung, dann befand er sich plötzlich mehrere Meter in der Luft – und dann war er auch schon fort.

Zweimal dann, für mich ein dann zu viel in diesen Satz.
"und keine Sekunde später, war er auch schon fort" könnte man als Alternative nehmen.


> ...als ob sein Erscheinen eben nur ein Trugbild gewesen wäre. Wenn das schwarze Blut auf dem Boden nicht gewesen wäre, hätte Morte das sogar geglaubt und wenn es nur gewesen wäre, um sich selbst zu schützen.

Durch das sich wiederholende "gewesen wäre" klingt der Abschnitt etwas merkwürdig.


> Die neue Angst um ihren Freund verlieh ihr neue Kraft

So das ist auch das letzte was mir Aufgefallen ist. Klingt nicht so gut, wenn da zweimal "neue" steht.

Es gab noch 1-2 Stellen mehr in der FF wo ich Wortwiederholungen gefunden habe, aber die haben mich nicht direkt gestört beim lesen, also habe ich sie nicht mit erwähnt.


Von:  Maniak
2010-01-06T19:07:12+00:00 06.01.2010 20:07
Bisher soweit nichts, was ich bemängeln würde großartig und was Justine betrifft, irgendwie bin ich erfreut, dass es tatsächlich noch Kommentarschrieber gibt, die wirklich an sich auch analysieren, ohne dass sie gleich die Pflicht dazu sehen.

Also an sich muss ich sagen, ich bin zufrieden mit dem zweiten Kapitel. Generell ein netter Spannungsaufbau, jetzt wo man tatsächlich die Frage aufwirft, warum ist er wieder da, Charaktere soweit ich mich jetzt auch informiert habe sind IC und das mit der Pfanne an sich... ich mag es, wenn es nen guten Versuch in FFs eingibt ein "leichtes" Potential an humor noch miteinzubauen, das gleichzeitig auch in der Lage ist Spannung aufzubauen.

Viel Erfolg noch.
Von:  Justy
2010-01-06T17:23:05+00:00 06.01.2010 18:23
Die Idee mit den Waisenhaus gefällt mir und das Kyrie und Morte dies zusammen leiten. Auch bin ich hier mehr begeistert von einigen deiner Fomulierungen, dieser Absatz hat mir sehr gefallen:

> Er war dabei gewesen, doch seine Erinnerung an jene Zeit war verschwommen, zerstückelt und alles andere als klar; schlimmer als bei einem fast verblassten Traum, den man sich immer wieder ins Gedächtnis rief, in der Hoffnung, ihn endlich vollständig rekonstruieren zu können, ohne zu merken, dass er damit immer weiter zerfiel.


Was mir aufgefallen ist:

> Ein erstickter Schmerzenslaut, gefolgt von einem Poltern, als das Opfer gegen eine Küchenzeile fiel und ein empörtes „Au!“ war das Ergebnis.

Irgendwas an diesen Satz stört mich. Weiß gerade nicht was, vllt. fehlt da ein Wort hinter "Schmerzenslaut". Kann mich aber auch irren.


> Sein Blick fiel auf Reibens Kleidung. Sie war gänzlich schwarz, auf der Brust war ein grünes Zeichen aufgestickt, das ihm gänzlich fremd war.

Wäre schön, wenn eines der "gänzlich" gegen ein Sinnverwandtes Wort ausgetauscht werden könnte. Zweimal hintereinander liest sich es meiner Meinung nach nicht so gut.

Irgendwie ein wenig weiter ist etwas ähnliches nochmal mit dem Wort "wieder", aber ich liste hier mal nicht jede Kleinigkeit auf.


> Wären sein weißer Schweif nicht, der an den eines Wolfs erinnerte und seine roten Augen nicht, hätte wohl niemand je geglaubt, dass er zu Teil eine Bestie war.

Hmm...hier stört mich schlicht und einfach das doppelte "nicht". Etwas unformuliert würde es sich bestimmt schöner anhören.


> Er erwartete, dass die beiden ihm nicht glauben würden, doch die Gesichter der beiden verfinsterten sich lediglich.

Sry, das ich hier die Wortwiederholungsfehler alle anstreiche, auch wenn sie andere Leser sicherlich nicht stören würden. Ich finde es nur ein wenig unpassend, zweimal in einen Satz "beiden" zu verwenden. Schreib doch lieber beim ersten "...dass sie ihm..." oder alternativ beim zweiten "...doch ihre Gesichter verfinsterten..."

Puh okay, wenige Sätze weiter unten beginnst du wieder damit noch zweimal "die beiden" zu schreiben. Damit ist es dann doch eine auffällige Wortwiederholung.

So, dann bin ich auch damit durch. Hab nichts gefunden was mich Sinnmäßig stören würde, weil du meintest ja es könnte sein, dass etwa falsch sein könnte, da du World Destruction nicht noch einmal wieder geguckt hattest.

Ich mochte Lia und Najas Auftritt und wie Reiben in der FF herüberkommt. Bei dem Ende des Kapitels bin ich doch glatt mal gespannt wie es weitergehen wird. Wie viele Kapitel sind denn noch geplant? Werden noch mehr Charaktere vorkommen?


Von:  Justy
2010-01-06T16:51:29+00:00 06.01.2010 17:51
Okay, dann hier mal meine Meinung zum ersten Kapitel.

Ich bin erfreut zu sehen, dass du die Charaktere schön und originialgetreu wiedergegeben hast. Aber das liegt dir allgemein, hab ja schon ein wenig mehr von dir gelesen.
Was in meinen Augen auch immer sehr gut herüberkommt ist dem Leser ein wenig Hintergrundwissen zu vermitteln und das sehe ich hier auch passend mit eingebaut. Kleine Rückblicke durch Gedanken, allgemein die Beschreibung was sich zugetragen hat. Da können sich auch Leser wenigstens ansatzweise hereinfinden, die World Destruction nicht kennen.

Was ich hingegen etwas seltsam fand ist folgendes:

> „Ich wollte dir eigentlich nur Bescheid sagen, dass ich zu Reibens Grab gehe und erst morgen wieder zurück bin.“

> „Ich kann gut auf mich allein aufpassen, mach dir keine Sorgen. Außerdem wird es nicht lange dauern.“

Du sagts aus, dass sie erst am morgen wieder zurück sein wird und wie ich es aus der Geschichte herausgelesen habe, ist es gerade erst morgen. Dann einige Sätze weiter steht dann, 'es wird nicht lange dauern'. Die Formulierung klingt für mich eher so, als würde sie nur bis zum Nachmittag oder so weg sein.


Und andere kleinere Dinge:

> ...und brach schließlich zu ihrer Reise zu ihrem alten Zuhause auf.

Mir persönlich gefällt es nicht, dass dort "ihrer" und "ihrem" so dicht aufeinander stehen. Ein Fehler ist es nicht, ist wohl eher Geschmackssache. Hätte glaube ich "der Reise" geschrieben.

Teilweise sind ein paar Wortwiederholungen drinne, du benutzt mehrfach Grund und Grab. Da könnte man auch alternativen finden.
Mir passiert das ab und zu auch unbewusst, aber wenn ich es bemerke gucke ich gerne mal nach Synonymen und wenn mir selbst keine einfallen, findet man passende Seiten im Internet, die weiterhelfen.


Hat sich aber alles in einem schön gelesen <3



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