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Eragon - Kind des Mondes

Murtagh x OC
von

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Abendmahl

Schritte hallten auf der Treppe wider, während Araya ihre neue Unterkunft noch immer vorsichtig in Augenschein nahm. Das offensichtlich künstliche Sonnenlicht behagte ihr nicht, ebenso wenig wie die unheimlichen Schatten, die es warf, doch es war besser, als wieder in absoluter Schwärze zu leben. Als das hallende Geräusch verklang und sich in den Klang von Schuhen auf harter Erde verwandelte, drehte sie sich um und erblickte eine Dienerin, die auf Murtagh einredete. Er verzog widerwillig das Gesicht, schüttelte dann jedoch trotzig den Kopf. Araya musste lächeln. Mit diesem Gesichtsausdruck sah er nicht sehr erwachsen aus. Es erstaunte sie selbst, dass Murtagh es schaffte, sie für einen kurzen Moment vergessen zu machen, dass sie völlig allein war.

Sie vernahm Dorns dröhnende Schritte in ihrem Rücken, als sie die Dienerin mit wütender Miene von Murtagh abwandte und auf sie selbst zuging. Unter ihren Arm hatte sie mehrere Kleidungsstücke gezwängt und sie trug einen geflochtenen Korb bei sich. „Dies ist für Euch!“, sagte sie mit angesäuerter Stimme und drückte ihr den Korb in die Hände. Darin befanden sich verschiedene Seifen, ein Kamm und Unterwäsche. Verwirrt starrte sie das Mädchen an. „Das soll ich Euch von Seiner Majestät auch geben“, setzte sie noch widerwillig und verachtend hinzu und legte die Kleidung unter ihrem Arm auf den Korb. Erst jetzt erkannte Araya ein Kleid darin.

Höflich bedankte sie sich bei dem Mädchen und wimmelte es so schnell wie möglich ab. Sie hasste sich dafür, auf die Gnade Galbatorix‘ angewiesen zu sein, doch leider schien der Tyrann nur allzu gut zu wissen, wie es um ihre Kleidung stand. Araya war von oben bis unten verdreckt, der Schlamm war so dick auf ihrer Haut abgelagert, dass sie sich schon oft gefragt hatte, ob sie ihn jemals wieder ab-waschen konnte. Dementsprechend sah auch das einst weiße Kleid aus, das sie an jenem schicksalhaften Tag getragen hatte. Außerdem war es völlig zerrissen.

Verstimmt zog sich die Dienerin zurück und Murtagh trat auf sie zu. „Dort drüben fließt ein unterirdischer Fluss. Das Wasser ist zwar kalt, aber sauber“, sagte er, während seine Hand auf einen dunklen Teil der Höhle zeigte. Dankbar nickte Araya und verschwand schließlich in den Schatten. Von hier aus konnte sie zwar noch Murtagh sehen, er war jedoch nicht mehr in der Lage, sie zu erspähen.

Vorsichtig schälte sie sich aus ihrer Kleidung und bettete sie neben den Fluss. Dann stieg sie in die kalten Fluten und schnappte nach Luft. Murtagh hatte sie zwar vorgewarnt, doch so kalt war kein Gewässer in Drakon-Ryuu gewesen. Sie schlotterte am ganzen Körper, trotzdem griff sie nach der Kernseife und schrubbte sich den Schmutz ab.

Unter dem zentimeterdicken Schlamm entdeckte sie die zurückgebliebenen Verbände, die ihr wegen der Verbrennungen umgebunden worden waren. Zuerst hatte sie sich gegen die Behandlungen durch die Heiler gewehrt, hatte sich die Verbände abgerissen und die Wunden erneut geöffnet, nur um ihren Protest auszudrücken. Auch das Essen hatte sie verweigert, hatte es in ihrer Zelle vergraben und das Wasser ausgeschüttet. Allerdings war es zu offensichtlich geworden, als sie immer schwächer wurde und Galbatorix hatte veranlasst, sie zu fesseln und gewaltsam zu ernähren.

Seufzend löste sie das Leinen und betrachtete die geheilte Haut darunter. Keine einzige Narbe war zurückgeblieben. Sie musste also wirklich schon sehr lange hier sein. Am besten, sie fragte Murtagh demnächst, welche Jahreszeit sie hatten. Die Armee von Galbatorix war mitten im immer sehr milden Herbst gekommen, also ließe sich das leicht errechnen.

Araya tauchte unter. Die Geräusche, die um sie herum waren, wurden durch das Wasser gedämpft und sie fühlte sich wie in einem warmen Kokon. Nachdem sie den Schmutz auch endlich aus ihren Haaren entfernt hatte, stieß sie durch die Wasseroberfläche und schnappte leise nach Luft. Das Wasser des Flusses hatte sich tiefbraun verfärbt und verschwand leise blubbernd im Boden. Sie zog sich ans Ufer und schlüpfte in die Unterwäsche und das weiße Unterkleid. Dann legte sie umständlich das Kleid an, das der König ihr geschickt hatte.

Als sie aus der Dunkelheit trat, blendete sie das Licht so sehr, dass Araya ihre Augen schließen musste. Vorsichtig öffnete sie sie wieder, nur um sie wieder fast vollständig zusammenzukneifen. Langsam passten sich ihre Pupillen an die Lichtverhältnisse an und sie konnte wieder uneingeschränkt sehen. Murtagh starrte sie mit großen Augen an, woraufhin Araya an sich heruntersah. Das Kleid, das Galbatorix ihr geschickt hatte, war äußerst edel und sie fragte sich, warum dieser Sadist ihr ein derart kostbares Stück bereitstellte.

Die Grundfarbe des Kleides war ein dunkles Moosgrün, das ihre Augen wohl sehr betonten würde. Es bestand aus einem schwarzen Korsett, das ein großes Dekolleté bildete, und mit weißer Seide und baumgrünen Seidenbändern bestückt war. Nahtlos schloss sich ein ebenfalls schwarzer Rock an, der ihr gerade einmal bis zur Hälfte ihrer Oberschenkel ging und gänzlich ohne Verzierungen blieb. Darüber trug sie eine Art grünen Überwurf, der die Ärmel mit einschloss, die ihr bis zur Hälfte der Unterarme reichten, geradezu kunstvoll auffächerten und bei denen zahlreich teure Spitze untergenäht war. Dieser Überwurf war ebenfalls mit einer Halskrause versehen, die sich geschmeidig an ihren Hals schmiegte und mit weißer Spitze, einer hellblauen Schleife und einem herzförmigen weißen Anhänger verziert war. Der Überwurf endete an ihren Kniekehlen und bauschte sich elegant nach vorn.

Doch was sie wirklich erstaunte, war ihre unnatürlich helle Haut. Schneeweiß und durchscheinend sah sie aus und man konnte genau die blau schimmernden Adern sehen. Ihr war danach, das Kleid zu zerreißen und Galbatorix zu verfluchen für das, was er ihr angetan hatte. Nun hatte er ihr nicht nur ihre Heimat genommen. Araya ballte die Fäuste und atmete tief ein und aus.

„Du siehst … unglaublich aus!“, riss Murtagh sie aus ihren düsteren Gedanken. „Vielen Dank“, erwiderte sie. „Aber ich verstehe den Sinn nicht.“ Araya sah ihn fragend an, doch auch er schüttelte den Kopf und brachte damit sein Unverständnis zum Ausdruck. „Sag, welche Jahreszeit haben wir?“, fragte Araya völlig aus der Luft gegriffen und sah Murtagh unsicher in die Augen. Auf irgendeine Weise machte ihr die Antwort jetzt schon Angst, doch sie musste es wissen.

„Der Frühling endet bald. Warum?“, antwortete der Brünette und sah Araya verständnislos an, als sie traurig den Kopf senkte. „Seven months …*“, murmelte sie und seufzte. „Wann war das letzte Mal Vollmond?“, fragte sie jedoch unbeirrt weiter und wartete ungeduldig auf die Antwort. Als Murtagh eine Weile nicht geantwortet, sondern an die Decke gestarrt hatte, stellte sie die Frage anders: „Wann geht der Vollmond auf?“

„Mmh … Das dürfte in ungefähr drei Tagen sein.“

„Was?!“, schrie sie hysterisch und begann, auf- und abzulaufen. Wenn Vollmond wirklich schon so nah war und sie die Chance hatte, die Opferkräuter zu bekommen, es aber nicht versuchte, würde man sie bestimmt fürchterlich bestrafen. Sie zerbrach sich noch immer den Kopf über ihr Problem, während Murtagh ihr verwirrt mit seinen Blicken folgte, als die Dienerin, die Araya auch das neue Kleid gebracht hatte, den Raum betrat.

„Seine Majestät wünscht, dass ihr mit ihm zu Abend esst“, berichtete sie reserviert und verzog das Gesicht. „Sag diesem Tyrannen, er kann sich sein E-“, schimpfte Araya, doch bevor sie ausreden konnte, hielt Murtagh ihr die Hand vor den Mund und sagte: „Wir leisten dem König beim Dinieren gerne Gesellschaft.“ Dann schickte er die Dienerin mit einer Handbewegung fort.

Kaum war das Mädchen in der Dunkelheit verschwunden, schlug Arayas Murtaghs Hand beiseite und fauchte jetzt ihn an: „Was fällt dir eigentlich ein? Nie, niemals werde ich mit diesem Unmensch an einem Tisch sitzen und essen!! Das ist nun wirklich zu viel verlangt und das weiß er auch!“

„Und trotzdem hast du Hunger“, stellte Murtagh ruhig fest und er erntete ein zerknirschtes Nicken. „Siehst du! Glaubst du, er würde dir dein Essen hier runterbringen lassen?“ Araya kniff vor Wut die Augen zusammen. „Natürlich nicht! Aber mir macht es nichts aus, zu hungern. Lieber hungere ich, als mit diesem selbst ernannten König Kontakt zu haben!!“, zischte sie.

Du wirst tun, was Murtagh dir sagt. Habe ich mich klar ausgedrückt?, ertönte es ohne Vorwarnung hinter ihr. Die Worte wurden von einem bedrohlichen Knurren begleitet. „Ich frage mich wirklich, warum du mich hasst, Drache Dorn!“ Aber sie stimmte widerwillig zu.

Kaum hatte sie den Satz beendet, in dem sie ihre unfreiwillige Zustimmung bekundete, trat ein Mann aus dem Schatten und verkündete, dass es nun Zeit war, in den Thronsaal zurückzukehren und sich umzuziehen. Das galt jedenfalls für Murtagh, doch Galbatorix hatte wohl befohlen, sie nicht alleinzulassen. Und der Einzige, der seiner Meinung nach dieser Aufgabe gewachsen war, war offensichtlich eben dieser. Sie fragte sich, was Galbatorix nur ausheckte.

Murtaghs Zimmer – eigentlich müsste man es schon Gemach nennen – war sehr prunkvoll eingerichtet und hell war es auch. Er verschwand kurz in einem angrenzenden Raum, während Araya mit dem fremden Diener allein zurückblieb. Plötzlich durchzuckte sie ein unerträglicher Schmerz, der sich von ihrem rechten Arm in alle Winkel ihres Körpers ausbreitete. Als sie auf ihren Arm hinabblickte, erkannte sie die Hand des Dieners, die sie hart gepackt hielt. Araya unterdrückte einen Aufschrei und versuchte, die Qualen abzuschütteln.

„Ich soll dich von einer guten Freundin warnen: Halte dich von dem ehrenwerten Argetlam Murtagh fern oder du wirst es bereuen!“ Dann ließ er sie ruckartig los, als hätte er sich verbrannt. In diesem Moment betrat Murtagh den Raum. Araya stand zwar der Schweiß auf der Stirn, doch sie wusste, es zu verbergen. Mit einem freundlichen Lächeln hielt der Diener ihnen die Tür auf und ließ sie wieder auf die marmornen Gänge hinaustreten.

Schnell schloss er zu ihnen auf und übernahm die Führung. Diese Gelegenheit ließ sich Araya nicht entgehen. „Was ist ein »Argetlam«?“, flüsterte sie Murtagh zu. „Wer hat dieses Wort zu dir gesagt?“, fragte dieser jedoch nur zurück. Mit dem Finger auf den vorausgehenden Diener zeigend antwortete sie: „Er nannte dich so!“

Murtagh seufzte. „»Argetlam« bedeutet »Silberhand«. Es ist eine Anrede für Drachenreiter, wie ich einer bin.“ Als er ihren unverständlichen Blick bemerkte, zog er sich den Handschuh von der rechten Hand und legte somit eine silbern schimmernde Narbe frei. „Ein Drachenreiter ist ein Mensch oder Elf, der eine Art Bündnis mit einem Drachen eingegangen ist. Die Drachen verleihen demjenigen dann zum Beispiel magische Kräfte. Ein Drache und ein Drachenreiter können fast unmöglich voneinander getrennt leben“, erklärte er.

„So wie du und Dorn“, stellte sie fest und bekam ein Nicken als Antwort. „Verstehe.“ Der Diener räusperte sich und forderte so ihre Aufmerksamkeit. Kaum sah auch Araya zu ihm, stieß er die beiden großen und reich verzierten Flügeltüren auf und legte somit das Esszimmer frei.

Für Arayas Geschmack sah man darin viel zu wenig Persönlichkeit, dafür aber viel zu viel Reichtum. Dieses Zimmer diente Galbatorix offensichtlich nur dafür, Leuten zu imponieren, die er einschüchtern oder für sich gewinnen wollte. Der Raum war über und über mit Seide und Elfenbein geschmückt, die Teller nur aus Gold und das Besteck aus reinstem Silber. Das konnte Araya schon von der Tür aus problemlos erkennen. Abschätzig verzog sie den Mund, als der Diener sie übertrieben freundlich an ihre Plätze führte. Wie sollte es anders sein, trennte der König Murtagh und sie natürlich. Er saß zu seiner rechten – als Zeichen dafür, dass Murtagh für ihn wertvoll war – und Araya zu seiner Linken.

Galbatorix Lächeln widersprach allem, was der äußere Schein wohl darstellte: Gastfreundschaft, Wärme, Freiheit. Denn er zeigte ganz offen, dass er weder sie noch Murtagh mochte, sie für ihn gar nur Ungeziefer waren, das er vielleicht brauchte, aber sicher nicht mochte. Und er schien seine Macht sehr zu genießen.

„Ah, das wilde Mädchen! Wie schön, dich einmal in angemessener Kleidung vorzufinden und nicht in dieser Bauerntracht“, begrüßte er Araya, der ob dieser falschen Freundlichkeit ein kalter Schauder den Rücken hinunterfuhr. „Nun, es ist ja nicht so, als hätte ich eine gewisse Auswahl an Kleidungsstücken gehabt“, erwiderte das Mädchen mit unverblümter Verachtung in der Stimme und wandte ihr Gesicht schließlich Murtagh zu, als würde der König sie nicht weiter interessieren.

Das Lächeln des Königs verrutschte ein Stück, wie sie aus den Augenwinkeln feststellte, und enthüllte einen Teil der Wut, die sie in ihm geschürt hatte. Und wie auf ein Stichwort begann wieder dieses nervenaufreibende Pochen hinter ihren Augen, das ihr ankündigte, dass Galbatorix versuchte, in ihren Kopf zu schauen.

„Du hast wirklich sehr gut verborgen, dass du unsere Sprache zu sprechen gelernt hast. Ich dachte immer, du verstündest kein einziges Wort.“

„Oh, die meisten Ausdrücke, die Ihr in meiner Gegenwart benutzt habt, habe ich tatsächlich nicht verstanden. Es klang, als hättet Ihr etwas Bestimmtes gesucht!“, erkundigte Araya sich unauffällig. Unsicherheit spiegelte sich für einen kurzen Moment in der Mimik ihres Gegenübers, während Murtaghs Gesicht aschfahl wurde. Anscheinend wusste er genau, wonach Galbatorix gesucht hatte.

„Das hast du dir nur eingebildet!“, wies der König sie etwas zu scharf zurecht, ließ seine Stimme aber gleich darauf um einiges sanfter klingen. „Das Unverständnis einer Sprache spielt einem manchmal Streiche.“

Ab da wurde wortlos gespeist, wobei Araya sorgfältig darauf achtete, ob etwas an ihrem Essen komisch roch oder dergleichen seltsam anmutete. Immerhin wurden die Teller für jeden einzeln vorbereitet, da wäre es ein Leichtes gewesen, gewisse Substanzen in das Mahl zu mischen.

Araya war unendlich erleichtert, als auch der letzte Gang abgeräumt wurde. Ihr Kopf schmerzte und drohte, zu explodieren, doch all dies ließ sie sich natürlich nicht anmerken. „Nun, ich hoffe, das Essen hat euch beiden gemundet und wir können so ein Ereignis bald wiederholen!“, beendete Galbatorix schließlich die Tortur und Araya wollte sich schon zusammen mit Murtagh erheben, doch der König packte ihren Unterarm und fesselte sie somit einige weitere schmerzliche Sekunden lang an den Tisch, während das unerträgliche Pochen noch zunahm und brennender Schmerz durch ihren Arm zuckte.

Galbatorix zog sie ein gutes Stück zu sich herunter, wobei Araya das Gesicht verzog. „Ich rate dir, dich zu benehmen und keinen Ärger zu verursachen. Wir wollen doch nicht, dass du noch weitere schmerzliche Verluste mit ansehen musst, Araya!“ Obwohl er die Stimme gesenkt hatte, hallte sie deutlich durch den Saal, sodass auch Murtagh seine Worte verstehen konnte.

Brennende Wut wallte in ihr auf, brachte ihr Blut zum Kochen und ließ sie den Schreck darüber vergessen, dass er ihren Namen kannte. Das lodernde Feuer in ihren Adern verdrängte nicht nur das Pochen in ihrem Kopf, sondern auch den Schmerz, den seine Berührung mit sich brachte. Obwohl sie vollkommen erschöpft war, brachte sie noch die Kraft auf, ihm ihren Arm zu entreißen. „Murderer!!!“, dröhnte ihre Stimme durch den Saal, bevor sie ebenjenen verließ, während sich das Kleid hinter ihr bauschte.

Araya war wütend genug, um jeden umzurennen, der ihr im Weg stand. Die meisten fing Murtagh vor der Bekanntschaft mit dem Marmorboden auf, wie sie am Rande ihres Bewusstseins registrierte, doch es interessierte sie nicht wirklich. „Jetzt beruhige dich doch! Du kannst mit Galbatorix nicht so umgehen“, rief Murtagh ihr hinterher. Aufgebracht darüber, dass er diesen Mörder auch noch verteidigte, wirbelte sie zu ihm herum.

You! Why do you still defend this bastard?!! Why do you do this? Are you his subject now?!! Do you serve him now completely?!! You are so pathetic!!”, schrie sie ihn völlig von Sinnen an und achtete gar nicht darauf, wer ihre Worte hörte oder nicht.

Araya?“, erklang plötzlich eine verunsicherte Stimme leise hinter ihr. Araya war zwar immer noch so wütend wie noch nie in ihrem Leben, doch sie riss sich zusammen, denn diese Stimme kannte sie nur zu gut. „Saliha?“, hauchte sie. Kaum hatte sie den Namen über die Lippen gebracht, spürte sie warme Arme um sich und blondes Haar nahm ihr die Sicht.

„Hey, was machst du da, Mädchen?!!“, rief Murtagh aufgebracht. „Wirst du wohl von ihr weggehen, Dienerin!!“ Doch das Mädchen hörte nicht auf ihren Herrn, schluchzte in Arayas Kleid und wollte sie anscheinend nie wieder loslassen.

I thought you are dead! Thank goodness you’re alive!“, rief Saliha aus und nun erkannte Araya ihre Stimme vollkommen. Die Berührung verursachte nicht die erwarteten Schmerzen, anscheinend wusste ihr Körper, dass Saliha sie nie verletzen würde.

I’m so glad to see you, Saliha! Even, if I don’t really see you. Your hair is in my face!!”, flüsterte Araya lächelnd. Sofort wurde sie losgelassen und sah in ein wirklich vertrautes Gesicht. Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie war nicht länger allein auf dieser Welt. Auch wenn niemand anderes überlebt hatte, ihre beste Freundin war noch hier.

„Du kennst sie?“, fragte Murtagh neben ihr und musterte Saliha misstrauisch. „Ihr sprecht dieselbe Sprache.“ Araya war immer noch wütend auf Murtagh, doch sie entschied sich, ihn nicht mit Schweigen dafür zu bestrafen, dass er seinen Herrn verteidigt hatte. „Sie ist meine beste Freundin!“ Nachdem sie sich endlich wieder ein paar Sätze lang in ihrer Heimatsprache verständigt hatte, kam ihr Murtaghs Sprache seltsam rau und klanglos vor. Nur unbeholfen kamen ihr die Worte über die Lippen.

„Ihr sprecht eine ziemlich barbarisch klingende Sprache. Ich verstehe schon, warum Galbatorix so froh darüber war, dass du die unsere gelernt hast. So blieb uns diese kantige Sprache erspart“, sagte er mit gesenkter Stimme. Araya verengte ihre Augen zu Schlitzen und funkelte Murtagh wütend an. „Das musst gerade du sagen! Du, der diese grässliche Sprache spricht, die so überhaupt keine Harmonie zu kennen scheint!“ Nun verzog sich auch Murtaghs Gesicht vor Wut.

Aus heiterem Himmel stürzte Saliha vor Araya, als wolle sie sie vor Murtagh beschützen. Der schien nur noch wütender zu werden, während Araya ihre Freundin verwirrt anstarrte. „Bitte nicht … be-bestrafen. Sie nicht wissen … wer Meister seid!“, stotterte Saliha mit einem seltsamen Akzent, den zumindest Araya als die Betonung ihrer Muttersprache identifizieren konnte. Trotzdem schien Murtagh zu verstehen, was ihm das Mädchen in den braunen Leinenlumpen sagen wollte.

Er schnaubte. „Wenigstens sie scheint begriffen zu haben, dass man sich den einflussreichen Leuten in diesem Schloss nicht in den Weg stellt. Vielleicht solltest du ihrem Beispiel folgen.“

„Vielleicht sollte ihr jemand einmal eure Sprache beibringen!“, erwiderte Araya schnippisch, woraufhin Saliha zusammenzuckte und versuchte, ihr den Mund zuzuhalten. „It’s fine. I’m safer than you. I’m able to say whatever I want to say!“, erklärte sie ihrer besten Freundin flüsternd, als sie deren Hand sanft von ihrem Mund gelöst hatte.

Könntest du freundlicherweise damit aufhören, in dieser verfluchten Sprache zu reden, während ich anwesend bin?!!“, fauchte Murtagh plötzlich und wie auf Knopfdruck machte es bei Araya »Klick«. „Du kannst es einfach nicht leiden, dass du nicht ein Wort von dem verstehst, was wir sagen“, stichelte sie lächelnd. Und sie schien genau ins Schwarze getroffen zu haben, denn Murtaghs Miene wurde noch ein Stück finsterer.

„Es reicht, wir gehen zu Dorn zurück!“, murrte er, stieß Saliha unsanft zur Seite und zog Araya trotz ihres Widerstandes ohne große Mühe in den Thronsaal. Sie hatte gerade noch genug Zeit, ihren Kopf Saliha zuzuwenden und mit ihrem Mittel- und Ringfinger einmal ihre Stirn zu berühren – eine geläufige Abschiedsgeste in Drakon-Ryuu.

Kaum hatte Murtagh die Wand geöffnet, die zum Drachenhort führte, stieß er sie unsanft hinein und verschloss das Gestein wieder, sodass jeder, der nicht wusste, dass es hier einen geheimen Gang gab, gedacht hätte, sie wären spurlos verschwunden. Kaum war der Felsen zurückgeglitten, packte Murtagh sie erneut am Arm und schleifte Araya die Treppe herunter, während sie die Füße in den Boden stemmte. Allmählich fragte sie sich, ob man als Drachenreiter auch körperlich stärker war als normale Menschen.

Sie schaffte es erst, ihren Arm aus seinem schmerzenden Griff zu reißen, als sie bereits den Fuß der langen Treppe erreicht hatten. Allerdings dünkte es ihr, dass Murtagh ihren Arm freiwillig losgelassen hatte. Sie wollte Murtagh gerade anschreien und ihn fragen, was bitte in ihn gefahren war, als sich Dorn drohend im Rücken seines Reiters aufrichtete und die Zähne bleckte. Wütend biss sie sich auf die Unterlippe, um all die unfreundlichen Worte in ihrem Mund einzusperren.

„Weißt du, da, wo ich herkomme, schleift man Mädchen nicht einfach so von ihren besten Freundinnen weg!“, brachte Araya zerknirscht hervor und war sich Dorns drohendem Geist überdeutlich bewusst. Ohne den Drachen aus den Augen zu lassen, rieb sie sich ihren Oberarm, an dem Murtaghs Hand sicherlich ihre Spuren hinterlassen hatte.

„Hätte Galbatorix herausgefunden, dass du dieses Mädchen kennst, hätte er dich in der Hand gehabt. Du solltest mir dankbar sein. Ich habe ihr vielleicht noch das Leben retten können“, knurrte der Drachenreiter und funkelte Araya an. Doch die verzog nur das Gesicht.

Don’t make me laugh! Wenn er wirklich etwas von mir will, dann sollte er nicht den Fehler begehen und sie umbringen oder foltern lassen. Dann könnte er mit mir anstellen, was er wollte, allein um ihr Andenken zu wahren, würde ich bis in den Tod schweigen!!“, zischte sie verächtlich und hob überlegen den Kopf. Sofort erdröhnte Dorns Knurren. Er schien es nicht zu dulden, dass sich jemand über Murtagh erhob.

„Was bedeutet dieser Satz?“, fragte Murtagh, ohne Dorns drohende Gebärden weiter zu beachten. Verwirrt warf sie ihm einen fragenden Blick zu, woraufhin der Drachenreiter den Anfang ihres Satzes wiederholte. Bevor Araya ihn allerdings aufklären konnte, brach sie in schallendes Gelächter aus. In Drakon-Ryuu gab es zwar einige bizarre Abwandlungen ihrer Sprache – von der Aussprache bis hin zu den eigentlichen Wörtern –, sodass sich einzelne Bevölkerungsgruppen untereinander nur noch mit großen Schwierigkeiten verständigen konnten, doch so verzerrt hatte sie ihre Muttersprache noch nie gehört.

Murtagh hingegen schien nicht zu verstehen, warum sie ihn auf einmal auslachte, und bekam einen peinlich berührten Rosaschimmer um die Nase herum. Allerdings verwandelte sich dieses Rosa sofort in ein ausgereiftes Rot, als er endlich zu realisieren schien, dass Araya über seine Aussprache lachte und nicht über etwas, dass er eventuell getan hatte. Wütend donnerte er: „Letta!!!

Das Lachen blieb Araya im Halse stecken. Sie konnte kein einziges Geräusch mehr mit ihren Stimmbändern erzeugen. Entsetzt starrte sie Murtagh an. Was war das? Wie konnte ein Mensch einem anderen die Stimme nehmen?

„Das hast du davon, mich auszulachen!“, grinste der Drachenreiter höhnisch, als er Arayas bestürzten Gesichtsausdruck sah. Man sollte sich eben nicht mit einem mächtigeren Magier anlegen!!, blaffte auch Dorn aggressiv und stellte seine Flügel hinter Murtagh auf. »Magier«. Das Wort weckte in Araya das Gefühl, etwas vergessen zu haben, sich aber unbedingt daran erinnern zu müssen. Dabei hatte sie das Wort nie zuvor vernommen. Jedenfalls nicht in dieser Sprache.

Immer noch von Entsetzen erfasst, fragte Araya sich, ob sie nie wieder würde sprechen können. Dann hatte sie keine Möglichkeit mehr, ihrer Göttin zu huldigen. Es gab zwar Mittel und Wege für die Stummen – ob so geboren oder so gemacht –, trotz des wirklich bedauernswerten Fehlens einer Stimme, Gebete abzuhalten, doch dies wurde von den Betroffenen strengstens geheim gehalten. Nur, wer bewies, dass er seine Stimme tatsächlich verloren hatte, wurde in dieser geheimen Kunst unterrichtet.

Doch selbst dazu würde sie keine Gelegenheit haben, denn jeder, der es ihr hätte beibringen können, lag nun Tod in der eigenen Blutlache oder wurde vom Feuer zu Asche verbrannt. Ehe sich Araya jedoch weitere Gedanken machen konnte, verschwand ein Druck aus ihrem Hals, den sie vorher überhaupt nicht wahrgenommen hatte. Und als sie probierte, einen Ton aus ihrem Hals hervor zu pressen, vernahm sie wieder ihre eigene Stimme.

Erleichterung überschwemmte ihre Sinne, blendete ihre Umwelt aus, ertränkte alle anderen Gefühle, ließ eine Leere zurück, die sie noch nie in ihrem kurzen Leben gespürt hatte, und ließ ihre Beine so schwach werden, dass sie auf dem Boden zusammensackte und zu weinen begann. Still und leise liefen ihr die Tränen die weißen Wangen hinunter.
 


 

* Ja, Araya spricht eigentlich Englisch. Wer’s nicht versteht, kann mir schreiben oder schaut in seinem Wörterbuch nach. Ich war einfach zu faul, mir eine völlig andere Sprache auszudenken und Englisch ist die Einzige mir bekannte, die ich einigermaßen fehlerfrei kann …



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