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Four Nights

... to reach my Heart
von

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Second Night: LOVE ADDICT

Die Adresse, die Hyde mir gegeben hatte, entpuppte sich als eine Art Club, der nicht allzu schlecht besucht zu sein schien. 'Seventh Heaven' verkündete die Leuchtschrift über dem Eingang, an dem sich die Leute in eine Schlange eingereiht hatten, um von den Türstehern entweder hereingelassen oder abgewiesen zu werden. Hm ... ich fragte mich, was hier sein sollte und vor allen Dingen, wo Hyde steckte. Es war zwar erst 20 vor acht, aber wenn er mich schon herbestellte, sollte er doch vielleicht auch etwas früher da sein. Doch nachdem er auch eine viertel Stunde später nicht aufgetaucht war, entschloss ich mich dazu hineinzugehen.

Am Eingang kam dann auch schon die erste Überraschung des Abends, denn die Leute, die ich für Türsteher gehalten hatte, stellten sich eher als Kassierer heraus. Scheinbar fand hier ein kleines Konzert statt. Hätte mir aber auch vorher auffallen können, denn überall an den Wänden klebten Werbeposter von ein und derselben Band, die heute spielen würde. Viel konnte man dem aber nicht entnehmen: Nur der Bandname, den ich nicht kannte, der Showbeginn um 20 Uhr und ein in gelb und schwarz gehaltenes, ziemlich entfremdetes Bild der Künstler. Vielleicht war es Hydes Lieblingsband, vielleicht würde Musik gespielt werden, die mich aufheitern sollte ... ich wusste es nicht, aber ich war gespannt darauf, was Hyde sich ausgedacht hatte.

Ich bezahlte also die Eintrittskarte und ging hinein. Dort wurden meine Hoffnungen, Hyde zu treffen, allerdings nahezu begraben. Der Saal war nur schwach beleuchtet und auf der Bühne hinter der Tanzfläche herrschte sogar nur Schwarzlicht, sodass man ein Schlagzeug, Verstärker und drei Mikrophonständer gerade noch so erkennen konnte. Und die Leute drängelten sich auf genau diese Bühne zu, echte Fans eben. Eigentlich interessierte mich das Ganze nicht, da ich ja auch wegen Hyde und nicht wegen dieser Band gekommen war, aber ihn jetzt in diesem Getümmel zu finden ... am Ende stand er noch in der ersten Reihe. Wobei ... ich konnte mir irgendwie nicht wirklich vorstellen, dass Hyde, so wie ich ihn kennengelernt hatte, in so einer ausgeflippten Menge stehen, tanzen, schreien, mitsingen und sich überhaupt wie ein Fan aufführen könnte. Dazu wirkte er einfach zu ... geheimnisvoll.

Und dann kam mir auch noch ein Gedanke, der mir nicht gefallen wollte: Was, wenn er mich tatsächlich nur wegen der Musik und der Euphorie der Fans hierher geschickt hatte und selbst gar nicht auftauchen würde?

„Komm heute um 20 Uhr da hin“, hatte er gesagt, nicht „triff mich dort.“ Nein! Ich wollte mir nicht einmal vorstellen, dass er zu so etwas fähig war. Er hatte mir mehrmals beteuert, dass er mich kennenlernen und mit mir zusammen etwas unternehmen wollte. Aber dieser unangenehme Verdacht erhärtete sich leider mehr und mehr, als es immer später wurde, schließlich der Gong einer Turmuhr ertönte und das Licht im Zuschauerraum ausging. Kurz darauf begann sich auch auf der Bühne etwas zu regen: Vier Gestalten kamen von links – drei davon mit Gitarren in der Hand, die vierte gleich auf das Schlagzeug zugehend. Einer der drei Gitarristen trug ein weißes T-Shirt mit dem Aufdruck 'ROCK ROCK ROCK'. Das Weiß strahlte regelrecht in dem Schwarzlicht, als er an das Mikro ganz vorne traf. Man konnte zwei seiner Atemzüge hören, dann einen Anschlag der Gitarrensaiten und schließlich ging es los.

Der Drummer zählte an, legte den Takt vor und verstummte dann für den mittleren Gitarristen, der nach dem dritten Schlag auf das Becken einsetzte. Es war eine einfache, aber griffige Melodie, die sofort ins Ohr ging. Er spielte sie einmal und begann dann von vorn, diesmal aber mit der Unterstützung der anderen beiden, die mit ihm vorn standen. Sie spielten diese erste Wiederholung noch allein, bevor dann beim dritten Durchlauf die ganze Band am Werk war. Noch etwas später setzte dann auch die Gesangsstimme ein und die Beleuchtung ging endlich an.
 

Hey, keep on rolling

Baby, I want to explode

Oh yes, need you darling

With a growling exhaust note
 

A love addict, come light my fire

A love addict, I'm already a love addict
 

Hyde! Zwar mit einer etwas raueren Stimme, als gestern Abend, aber eindeutig Hyde! Jetzt wusste ich, wieso er sich nicht hatte blicken lassen: Er stand da vorne auf der Bühne und brachte das Publikum zum Toben. Das ging auch total mit und brüllte den Text so laut, dass Hyde Probleme zu haben schien, gegen seine Fans anzukommen.
 

Yeah! Just free your mind!

Yeah! Let's get it on now!

Yeah! Just free your mind!

Yeah! Let's get it on now!
 

Ich kam mir ein bisschen fehl am Platze vor, wie ich so zwischen den ganzen Leuten stand und nicht mitsingen konnte ... noch nicht einmal den Refrain, obwohl er nicht sonderlich schwer zu merken war. Eigentlich traf mich auch gar keine Schuld, da ich Hyde ja gestern erst kennengelernt hatte, und trotzdem ... wenn der Song nicht so ein Ohrwurm gewesen wäre, hätte mich das wieder deprimiert.
 

Mom, I'm sorry

Am I playing some bad games?

We starve like cherries

Baby, I want to explode
 

A love addict, come light my fire

A love addict, I'm already a love addict
 

Ich gab mir Mühe, wenigstens mit der Musik mitzugehen, wenn ich schon beim Text passen musste, aber das fiel mir auch nicht allzu schwer. Um mich herum waren haufenweise Menschen, die mindestens genauso begeistert waren wie ich – ich ließ mich von der Stimmung und dem Feeling und natürlich von Hyde mitreißen. Er tobte sich auf der Bühne dermaßen aus, feuerte die Menge an, noch ausgelassener zu tanzen und lieferte allgemein eine großartige Show.
 

Yeah! Just free your mind!

Yeah! Let's get it on now!

Yeah! Just free your mind!

Yeah! Let's get it on now!
 

Diesmal konnte ich mitsingen und tat es auch so laut wie es nur ging. Ich hatte mich vollkommen in die Menge eingefunden und war nun einer von ihnen. Auch Hyde schien dies bemerkt zu haben, denn er schaute auffallend oft in die Richtung, in der ich stand, und zog sein ohnehin schon breites Grinsen noch breiter. Vielleicht bildete ich mir das aber auch nur ein und er war bei jedem Live so. Mich stachelte das Leuchten in seinen Augen jedenfalls noch mehr an.
 

Ride on time, let go (wohoow)

Ride on time, let go (wohoow)

Ride on time, let go (wohoow)

Ride on time, let go
 

Die beiden Männer links und rechts von Hyde, die nicht minder ausgelassen waren, hatten nun auch eingesetzt und übernahmen ihren kleinen Gesangspart. Es wirkte wie eine Antwort auf seine Aufforderung und das Publikum machte fleißig mit, gab ihm noch mehr Feedback, dass ankam, was er da oben trieb.

Doch dann wurde es mehr oder weniger still, Hyde ließ von seinem Instrument ab und griff sich stattdessen das Mikrophon samt Ständer. Seine Stimme glich einem Reibeisen.
 

I'm already a love addict, love addict

I'm already a love addict

Come light my fire

I'm already a love addict, love addict

I'm already a love addict
 

Nach dieser 'Ruhe' war es so, als würde der Saal explodieren, als der Refrain plötzlich und beinahe unerwartet – zumindest für mich – dann wieder mit seiner vollen Lautstärke und Energie losbrach und die Menge erneut ausflippte. Scheinbar kam jetzt das Finale.
 

Come light my fire!

Yeah! Just free your mind!

Yeah! Let's get it on now!

Yeah! Just free your mind!

Yeah! Let's get it on now!
 

Ride on time, let go (wohoow)

Ride on time, let go (wohoow)

Ride on time, let go (wohoow)

Ride on time, let go~
 

Hydes Stimme überschlug sich fast bei den letzten Zeilen, ehe er dann vom Mikrophon zurücktrat und zusammen mit den anderen nur noch das Lied ausklingen ließ. Der letzte Ton war kaum verklungen, als schon die Begeisterungsstürme des Publikums einsetzten. Sie schrien und jubelten und riefen sogar nach ihm („Haido!“). WOW ... wirklich einfach nur wow. Seine Stimme eignete sich also nicht nur perfekt zur musikalischen Untermalung in einer Bar, sondern harmonierte auch mit rockigen Gitarrenklängen.

„Hey!“, ertönte schließlich wieder seine normale Stimme, er atmete nur ein wenig schneller, „Wir sind VAMPS! Wie geht es euch heute Abend?“ Er hatte das Mikro rechtzeitig aus der Halterung genommen und hielt es nun zum Publikum, damit es antworten konnte. Wieder ein Begeisterungssturm, der Hyde zum Lachen brachte.

„Uns auch“, erwiderte er darauf grinsend, „Denn heute ist ein ganz besonderer Abend. Wollt ihr wissen warum?“

JA!!!“, kam es im Chor vor der Menge.

„Heute dürft ihr entscheiden, was wir spielen, solange es einer von unseren Songs ist.“ Noch mehr Begeisterung. Gab es hier überhaupt eine Grenze nach oben? Wohl eher nicht.

„Also was wollt ihr?“

Sofort brachen Rufe mit den verschiedensten Wünschen los.

Horizon!

Countdown!

Evanescent!

Masquerade!

Mission!

Und noch jede Menge mehr, die ich nicht verstehen konnte, weil alle durcheinander brüllten. Hyde währenddessen stachelte sie nur noch mehr an, indem er die freie Hand an sein linkes Ohr hielt und auf weitere Wünsche zu warten schien. Dann schüttelte er aber lachend den Kopf und beugte sich zu einer Person in der ersten Reihe hinunter.

„Wie heißt du?“, fragte er sie über das Mikrophon, damit wir es alle hören konnte.

„Mayuko“, antwortete eine kichernde Mädchenstimme.

„Ah~ Mayu-chan“, meinte Hyde darauf charmant – er suchte sich also für jedem gleich einen Spitznamen und nicht nur für mich, „Und welchen Song möchtest du hören?“

Sie kicherte erneut, bevor schließlich die schüchterne Antwort kam: „Hello.“ Dann richtete Hyde sich wieder auf und steckte das Mikro zurück in die Halterung, um beide Hände frei zu haben.

„Ihr habt es gehört, Leute: Hello!“, kündigte er an und legte dann auch schon los, brachte das Publikum wieder zu jubeln und auch ich war wieder mit dabei.
 

Es wurde ein wirklich genialer Abend mit vielen unterschiedlichen Songs – fröhlichen, traurigen, schnellen, langsamen, lauten und leisen. Den Abschluss bildete ein recht kurzes Stücken, welches Hyde unter dem Murren des Publikums mit 'Hideaway' angekündigt hatte.

It's tiiime! Are you ready nooow~?!“, lautete die letzte Zeile, nach der Hyde das Mikrophon samt Ständer umkippen ließ und zusammen mit seinen Bandkollegen einfach von der Bühne verschwand. Der Beifall hallte jedoch so lange nach, bis sie nochmal herauskamen und sich unter aller Augen verbeugten, ehe sie endgültig gingen.

Es dauerte dann auch noch einige Minuten, bis wieder Musik gespielt wurde und sich die Menge langsam zerstreute. Einige suchten sich Sitzplätze an den Tischen, andere begaben sich zur Bar, manche gingen ganz und der Rest blieb auf der freien Fläche und begann zu tanzen. Ich gehörte zu denen, die sich hinsetzten, weil ich von dem ganzen Gehüpfe ziemlich außer Atem war.

Ich hatte mir gerade etwas zu trinken bringen lassen, als Hyde sich zu mir setzte, mit einer Flasche Wasser in der Hand. Dieser versetzte die Bedienung einen schnippischen Blick, sagte aber nichts und verschwand wieder. Hyde blickte ihr kurz glucksend nach und wandte sich dann mir zu.

„Hey!“, begrüßte er mich.

„Hey!“, sagte ich ebenfalls und konnte es auch nicht lassen, ihn gleich mit Komplimenten zu überhäufen, „ihr wart echt klasse! Ich hab selten so eine großartige Performance gesehen! Und die Songs erst ... Ich kann mich gar nicht entscheiden, welcher mir am besten gefallen hat, sie waren alle wirklich toll!“

„Danke“, meinte Hyde darauf, grinste verschmitzt und kratzte sich am Hinterkopf, „aber du machst mich noch ganz verlegen, wenn du mich so mit Lob überschüttest.“ Sein Kichern, was darauf folgte, sagte mir aber, dass er dies nicht ganz so ernst meinte. Es hätte mich auch gewundert, wenn ihn irgendetwas wirklich verlegen machen könnte.

„Ich finde sie trotzdem gut“, betonte ich noch einmal und trank einen Schluck von meiner Cola. Kein Alkohol heute Abend, ich wollte nicht schon wieder einen Blackout riskieren. Nicht, dass ich Hyde nicht glaubte, wenn er mir sagte, dass nichts passiert wäre, aber es war kein schönes Gefühl, von anderen zu hören, was man so angestellt hatte.

„Danke“, sagte Hyde noch einmal, „das freut mich wirklich. Es ist das Größte für mich, wenn anderen gefällt, was ich geschaffen habe.“

„Dann hast du jetzt einen Fan mehr.“ Nachdem ich das gesagt hatte, breitete sich doch ein leichter Rotschimmer auf Hydes Wangen aus und er quittierte meine Bemerkung mit einem beinahe schüchternen Lächeln, weshalb erst einmal ungewöhnliche Stille zwischen und herrschte, in der wir beide ab und an einen Schluck von unseren Getränken nahmen.

„Uhm“, begann ich dann wieder, um das Schweigen zu durchbrechen, „wie lange spielt ihr jetzt eigentlich schon zusammen?“

Hyde schien froh über die Frage und lächelte mich an, als er antwortete: „Seit ungefähr zwei Jahren. Aber wir haben leider immer noch keinen Vertrag.“

„Echt? Dabei seid ihr doch so gut.“

Hyde zuckte mit den Schultern: „Irgendwann wird es schon klappen. Wir arbeiten auch schon daran, das Geld für die Produktionskosten selbst zusammen zu bekommen, damit wir ein Album aufnehmen können.“

„Läuft es denn gut?“

„Ja, in letzter Zeit kommen immer mehr Leute zu unseren Gigs. Ungefähr die Hälfte haben wir dadurch schon.“ Er wirkte wirklich optimistisch – was ich nicht anders erwartet hatte.

„Aber die Hälfte ist immer noch eine ganze Menge“, meinte ich, „Wenn ich euch irgendwie helfen kann, ich bin-“

„Nein, lass mal!“, fiel Hyde mir ins Wort und schüttelte den Kopf. „Du musst uns dein sauer verdientes Geld nicht geben. Wir schaffen das schon.“

„Aber du hast mir doch auch deine Hilfe angeboten.“

„Allerdings keine finanzielle, sondern mentale.“

„Was eigentlich viel mehr wert ist“, argumentierte ich.

„Gaaa-chaaan~“, widersprach er mir in einem leicht jammerigen Tonfall, was mich etwas enttäuschte. Wieso durfte ich ihm denn nicht helfen, wenn er mir doch gerade so half?

„Hyde ...“

„Sag 'Haido' und komm tanzen.“ Damit brachte er mich wirklich zum Schweigen. Hatte ich mich verhört?

„T-tanzen?“

„Ja, tanzen! Ich liebe diesen Song!“ Danach stand er auf, nahm meine Hand und zog mich mit zur Tanzfläche.

„Aber, H-Haido ... ich kann doch gar nicht ...“

„Ich auch nicht“, schlug er meinen Einwand mühelos und begann sich zur Musik zu bewegen.

„Na los, Ga-chan“, forderte er mich erneut auf, als ich mich noch immer nicht vom Fleck bewegt hatte. „Sei kein Spielverderber!“ Ich kam mir wie ein Idiot vor, als Hyde dann auch noch nach meinen Händen griff und mich so dirigierte, dass es zu seinen Bewegungen passte. Er drehte sich in meinen Armen ein, schmiegte sich kurz ganz dicht an mich und drehte sich anschließend wieder heraus, schenkte mir ein aufmunterndes Grinsen. Ich konnte nicht anders, als auch wenigstens zu lächeln und alles über mich ergehen zu lassen.

Nach einer Weile ließ er mich dann wieder los, drehte sich um sich selbst, wackelte mit der Hüfte und dem Kopf, sang den Song mit und war einfach nur gut gelaunt. Mich konnte das leider alles nicht so recht anstecken, sodass ich von der Tanzfläche flüchtete sobald das Lied zu ende war. Hydes schmollenden Blick konnte ich noch von meinem Platz aus sehen, war allerdings froh, dass er sich seinen Spaß nicht verderben ließ und allein weitermachte. Irgendwie lag mir Tanzen nicht so sehr ... zumindest dann nicht, wenn mich dabei jemand ansah – vorhin beim Konzert war das kein Problem gewesen, weil sie sich alle auf die Bühne konzentriert hatten.
 

Lange saß ich jedoch nicht einsam an meinem Tisch, sondern bekam schon ungefähr zehn Minuten später Besuch von einer Frau mit platinblond gefärbten Haaren.

„Na~ so einsam hier?“, raunte sie mir zu und klimperte mit den Wimpern.

„Eigentlich nicht“, antwortete ich ihr unbeeindruckt.

„Ich sehe hier nur niemand anderen“, zeigte sie sich ebenso unbeeindruckt.

'Aber da steht eine Flasche Wasser, aus der ich meine Cola garantiert nicht hab', wollte ich schon zurückgeben, riss mich aber zusammen.

„Du erlaubst doch?“, fragte sie rein formell und griff sofort nach dem Strohhalm in meinem Glas, um daraus zu trinken. Das war doch ... Jetzt starrte sie mich auch noch unverwandt an, während sie an dem Strohhalm nuckelte. So eine aufdringliche, dumme Kuh! Ich presste die Lippen aufeinander. Diese-

„Du betrügst mich doch nicht etwa?!“, kam es dann auf einmal von der andere Seite, wo Hyde plötzlich stand und die Frau abschätzig musterte.

„Wie?“ Ich war verwirrt.

„Hä?“ Die Blondine wohl auch, weshalb sie sofort aufhörte, aus meinem Glas zu trinken.

„Na, weil das meiner ist“, erklärte Hyde wie selbstverständlich, setzte sich auf meinen Schoß und schlang demonstrativ die Arme um meinen Hals, „Nicht wahr, Schatz?“ Ich brauchte zwei Sekunden, um zu registrieren, dass die Frage an mich gerichtet war.

„Äh, ja ... klar“, stimmte ich noch etwas verwirrt zu. Unser kleines Theater schien etwas Wirkung zu zeigen, denn der verführerische Augenaufschlag dieser Klette verflog endlich und sie blickte ziemlich miesepetrig drein. Da sie aber immer noch nicht von allein auf die Idee kam, zu verschwinden, griff Hyde zu drastischeren Mitteln: Er drückte seine Lippen einfach auf meine und schob mir ohne Vorwarnung die Zunge in den Mund. Ich hätte beinahe draufgebissen, so unerwartet kam das für mich. Aus dem Augenwinklen konnte ich allerdings sehen, wie sich Blondies Augen erschrocken weiteten, ehe sie peinlich berührt wegschaute, um sich dann zu verkrümeln.

„Haido“, nuschelte ich in den Kuss hinein und schob seinen Körper gleichzeitig von mir, „sie ist weg.“

„Oh ... echt?“, fragte er in einem gespielt unschuldigen Tonfall. Er klang dabei verblüffend echt, ganz so, als ob er wirklich gern noch weitergemacht hätte.

„Ist sie“, murmelte ich, „und danke, du bist gerade rechtzeitig gekommen. Ich hätte unfreundlich werden müssen, um sie loszuwerden.“

„Und man will ja nicht unfreundlich werden, nicht wahr?“, scherzte Hyde darauf und strich mir mit dem Zeigefinger über den Nasenrücken bis zur Spitze.

„Genau“, stimmte ich zu, grinste wieder ein bisschen.

„Na, dann lass uns gehen, bevor du wirklich unfreundlich werden musst“, schlug er vor und rutschte von meinem Schoß herunter.

„Und wohin?“

„Zu mir natürlich, Schatz.“ Hyde gluckste, während er das sagte und das letzte Wort noch einmal besonders betonte.

„Ah~ selbstverständlich.“

Da ich meine Cola noch bezahlen und Hyde seine Sachen aus der Garderobe holen musste, trennten wir uns kurz und trafen uns fünf Minuten später draußen vor dem Eingang wieder. Von dort aus nahmen wir uns ein Taxi, um zu Hydes Wohnung zu gelangen. Auf dem Weg unterhielten wir uns über dies und das, hauptsächlich aber über seine Musik und dass ich wirklich begeistert davon war. Er hingegen wollte eher wissen, was ich so den ganzen Tag lang angestellt hatte.

„Nicht sehr viel“, antwortete ich und zuckte mit den Schultern, „Ich hab nur meine Wohnung ein bisschen aufgeräumt, damit sowas wie gestern nicht noch mal passiert.“

„War doch gar nicht so schlimm“, versuchte er mich zu beruhigen, „Bei mir sieht es auch manchmal so aus.“ Darauf lächelte ich ihn kurz müde an, fuhr mir verlegen durch die Haare und schaute schweigend aus dem Fenster. Die Gegend kam mir nicht bekannt vor, aber sie wirkte wie ein ruhiges Wohnviertel mit dem ein oder anderen grünen Fleckchen. Doch noch bevor ich mich weiter umsehen konnte, hielt das Taxi an und Hyde zückte seine Brieftasche, um die Fahrt zu bezahlen.

Dann stieg er aus und ich tat es ihm gleich. Er ging direkt auf ein Mehrfamilienhaus zu, schloss die Haustür auf und ließ mir den Vortritt.

„Im Dachgeschoss“, sagte er noch und nickte mit dem Kopf in Richtung der Treppen.

„Okay. Ist bestimmt eine schöne Aussicht von da oben.“ Hyde lachte erst einmal und stieg die Treppe hinter mir hoch.

„Ja, das schon, aber im Sommer steht die Hitze förmlich da drinnen. Dann kann ich machen, was ich will – Fenster auf, Türen auf, nackt schlafen – es bringt kaum was.“

„Schon mal nach was anderem umgesehen?“

„Naa~“, er verzog das Gesicht, „hab ich versucht, aber eine Wohnung war schlimmer als die andere.“

„Ach so.“

Als wir oben angekommen waren, klapperte er wieder mit den Schlüsseln.

„Da wären wir dann.“

'Takarai' – das stand auf dem Klingelschild und ich fragte mich in dem Augenblick zum ersten Mal, warum ich bisher nicht nach seinem Namen gefragt hatte, obwohl er meinen bereits wusste. Hyde schien meinen Blick bemerkt zu haben, denn er fragte: „Gefällt dir mein Name?“

Ich riss mich von dem Schuld los, schaute ihn wieder an und nickte.

„Wie ist eigentlich dein Vorname?“

„Hideto“, sagte er, während er die Tür endlich aufschloss und mich mit einer Handbewegung hineinbat. Hideto ... irgendwie passte es zu ihm.
 

Das Erste, was ich vom Inneren seiner Wohnung sah, war ein ausgiebiger Blick in sein Schlafzimmer mit dem breiten Doppelbett, da die Tür dorthin sperrangelweit offen stand und es unglücklicherweise auch noch genau gegenüber dem Eingang lag.

„Oups“, war Hydes einziger Kommentar.

„Schöne Bettwäsche“, erwiderte ich jedoch darauf.

„Danke.“

Wir legten unsere Jacken ab und zogen die Schuhe aus. Dann schloss Hyde auch endlich die Tür zum Schlafzimmer, öffnete allerdings eine andere, die in die Wohnküche führte. Ich hatte mich noch gar nicht richtig umgeschaut, fühlte mich aber sofort wohl in dieser Umgebung aus hellen Farben. Es schien, als hätte Hydes Wohnung die gleiche Aura, wie er selbst.

„Fühl dich wie zu Hause“, sagte Hyde dann auf einmal und legte seine Tasche neben einer Art Tresen ab, der sowohl als Raumtrenner und auch als Arbeitsfläche benutzt werden konnte, „Willst du was trinken?“

„Irgendwas ohne Alkohol, bitte“, antwortete ich und setzte mich auf das Sofa, ganz nach Hydes Aufforderung, mich wie zu Hause zu fühlen.

„Also, ich hätte Wasser, Wasser, Wasser und ... Wasser. Entschuldige.“ Er lachte leise auf und ich winkte ab: „Macht nichts, dann eben Wasser.“

„Okay.“ Ich konnte hören, wie er zwei Gläser aus dem Regal und eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank holte, während ich mich weiter umsah und den Blick über die Einrichtung schweifen ließ. Beides brachte er mit zu mir hinüber, stellte es auf den Tisch und goss uns dann ein. Ich nippte nur an meine Wasser, Hyde hingegen trank seines in einem Zug aus.

„Puh ... das hab ich jetzt gebraucht“, sagte er und setzte sein leeres Glas wieder auf den Tisch ab, „uhm, Ga-chan? Macht es dir was aus, wenn ich kurz duschen gehe? Ich hab mich bei dem Auftritt ziemlich ausgepowert.“

„Nein, geh ruhig“, meinte ich gelassen, ich würde schon mal ein paar Minuten lang alleine klarkommen.

„Okay, dann bis gleich.“ Damit verschwand er wieder in den Flur und ließ die Tür ein Stück offen, sodass ich schon kurz darauf das Rauschen von Wasser hören konnte und schließlich auch wieder Hydes wundervolle Gesangsstimme: „I will show to you the stars! There's so much that you should know! I won't cause you any tears! Believe me, believe me~ ...“ Ich schmunzelte – er war wirklich durch und durch Musiker.

Nun ja ... was jetzt also anstellen? Erst einmal trank ich noch einen Schluck von meinem Wasser, ehe ich das Glas wegstellte, aufstand und um den Couchtisch herum zum Fenster schlenderte. Viel konnte man natürlich nicht mehr sehen, da es draußen mittlerweile stockfinster geworden war. Also drehte ich weiter meine Runde, besah mir die offenen Regale, inspizierte die Sammlung an Konzertkarten, die an einer Wand arrangiert war und sah mich allgemein um. Und dabei ... öffnete ich auch den ein oder anderer Schrank. Ich weiß, ich weiß, sowas sollte man eigentlich nicht tun, aber Hyde machte einen einfach neugierig und außerdem hatte er mich dazu eingeladen, mich wie zu Hause zu fühlen. Meine Neugier wurde allerdings ziemlich schnell bestraft, als ich eine Schublade aufzog und mir ein Sammelsurium aus Kondomen und Gleitcremetuben entgegenblickte. Wieso zur Hölle lagerte er das im Wohnzimmer? Schnell schloss ich das Versteck wieder und setzt mich zurück auf die Couch ... direkt auf die Ritze zwischen den beiden Polstern und spürte dabei etwas Hartes am Hintern. Die Fernbedienung, vermutete ich arglos und fischte das Ding unter mir hervor. 'Gleit- und Massagegel' stand auf der Flasche. Arg! Reflexartig sprang ich auf und wollte die Flasche wieder zurückstopfen, als ...

„Ga-chan, was machst du denn da?“, ertönte Hydes fragende Stimme unerwarteterweise hinter mir. Wieso war er schon so schnell fertig? Ich drehte mich zu ihm um, wie er da in einer Pyjamahose, ohne Hemd, aber mit Handtuch um den Nacken und noch feuchten Haaren in der Tür stand.

„Ich ... äh ...“, stammelte ich zusammen und wusste nicht, wie ich mein 'Fundstück' möglichst unauffällig wieder loswerden sollte. Nicht, dass ich verklemmt wäre, aber eigentlich wollte ich solche Dinge nicht unbedingt finden, nachdem ich jemanden erst einen Tag lang kannte. Auch Hydes Blick wanderte jetzt zu meinen Händen und erhellte sich und kurz und entgleiste schließlich wieder.

„Oh! Du hast es gefunden“, sagte er in einem erleichtert klingenden Tonfall, kam auf mich zu und nahm mir die Flasche ab, „Ich ähm ... hab schon überall danach gesucht. Wo war es denn?“ Dieser scheinbar lockere Smalltalk war zu offensichtlich.

„Im Sofa ...“, gab ich immer noch etwas hibbelig zurück.

„Ähm ... ja.“ Den Rest behielt er für sich und ich wollte ehrlich gesagt auch gar nicht wissen, was das Zeug in der Couch zu suchen hatte. Die Vorstellung, Hyde könnte hier regelmäßig Frauen vernaschen, verdrängte ich erfolgreich.

Nachdem er das Gel zu dem ganzen anderen Kram in die Schublade gebracht hatte, kehrte er zu mir zurück und setzte sich hin. Damit ich mich auch wieder zu ihm gesellte, klopfte er auf das Polster neben sich. Als ich mich neben ihm niederließ, kramte Hyde die Fernbedienung von der Ablage unter dem Couchtisch hervor und schaltete den Fernseher ein.

„Ich glaube, da läuft heute noch ein Film, den wir uns ansehen können ... ich hab es in der Zeitung gelesen ...“, plapperte er drauflos und zappte quer durch die Kanäle. Sich weiter von diesem kleinen Vorfall eben ablenken zu lassen, wäre auch ziemlich belastend gewesen.

„Warte~ ... ah, da ist er ja! Kennst du den schon?“

Ich sah einige Momente lang zu und verneinte schließlich: „Nein, sagt mir nichts.“

„Schön!“ Ein Grinsen breitete sich auf seinen Lippen aus. „Dann kennst du das Geheimnis der beiden Magier noch nicht.“ Aha ... Magier ... etwa ein Fantasy-Film? Nein, es stellte sich als ein völlig realistischer Film heraus ... ein sehr spannender, realistischer Film. Ich verfolgte die Geschichte gebannt, doch anstatt der Auflösung immer näher zu kommen, warf das Geschehen auf dem Bildschirm eher noch mehr Fragen auf.
 

Hyde unterdessen wurde wohl mit der Zeit müde und rückte immer näher an mich heran, um schlussendlich den Kopf gegen meine Schulter zu legen. Dabei kuschelte er sich auch gleich dermaßen an mich heran, dass ich den Arm ein wenig zur Seite schob und ihn dabei irgendwie um Hyde legte. Was ich da eigentlich gerade tat, wurde mir allerdings erst klar, als es schon zu spät war. Ich schaute zu Hyde hinunter und sah, dass er zufrieden lächelnd am Dösen war.

„Haido?“, fragte ich leise, um zu prüfen, ob er vielleicht doch noch einigermaßen ansprechbar war.

„Hm?“, bekam ich als Zeichen, dass er hörte, ohne dass er sich jedoch die Mühe machte, aufzusehen.

„Du schläfst fast, ich sollte besser gehen.“

„Nein“, lautete seine klare Antwort, zu der er bekräftigend auch noch die Arme um meinen Bauch schlang, „bleib hier, morgen ist Sonntag.“

„Uhm ...“

„Kein 'aber'!“

„Ich hab doch noch gar nichts gesagt.“

„Ist egal, bleib einfach hier.“ Jetzt sah er endlich auf, was mir die Sache nicht gerade einfach machte, denn Hyde demonstrierte mir nun den bettelndsten Dackelblick, den ich je gesehen hatte. Er wollte mich damit weichkochen, das wusste ich genau und zu meiner Schande, muss ich sagen, dass er mich damit auch tatsächlich mühelos umstimmte.

„Also gut ...“ Wieso gab ich nur so schnell nach? Andererseits ... wenn ich mich auch bei Shizuka immer so benommen hatte, war es kein Wunder, dass sie mich so leicht hatte kontrollieren können (abgesehen von allem, was mit meiner Arbeit zu tun hatte). Ein Beweis mehr dafür, dass ich mich selbst in diese Lage gebracht hatte. Wenn ich ihr stets gegeben hatte, was sie wollte und dann doch einmal auf stur schaltete, weil mir etwas wichtig war, fühlte sie sich natürlich sofort vernachlässigt!

„Danke“, säuselte Hyde darauf, riss mich aus meinen Grübeleien und zog auch die Füße auf die Couch. Dabei lehnte er sich so sehr gegen mich, dass er mich ebenfalls in die Liegende drückte und gleich halb auf mich rutschte. Das war aber jemand wirklich extrem kuschelbedürftig.

„Gute Nacht, Ga-chan.“ Hydes Stimme war nur noch ein müdes Murmeln: „Schlaf schön.“

„Ja, dir auch, Haido ...“
 

TO BE CONTINUED
 

~~~ ** + ** ~~~
 

Hier nun endlich (nach ewig langer Zeit ><) das zweite Kapitel.

Kleine Anmerkung: VAMPS aus dieser FF ist nicht unbedingt die Band, so wie sie auch in real existiert (was man schon daran merkt, dass es hier nur vier Leute sind), ich brauchte nur einen Namen und hab gleich den genommen, da LOVE ADDICT eben von ihnen released wurde - wieso also extra einen ausdenken?

Nun denn, soweit von mir, wir sehen uns und Kommis sind immer gern gesehen :3



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Ina-Tenshi
2009-10-28T09:00:02+00:00 28.10.2009 10:00
jaja ich war auch überrascht, das hyde so harmlos war, wobei gackt sich doch schon in der höhle des löwen befindet. XDDDDD
ob er da noch so einfach wieder rauskommt? O.o
^//////^
und wie vermutet ist hyde tatsächlich ein ganz schlimmer finger.XDDD
gackt sollte angst haben *lach* gerade weil man ihm(hyde) so schnell verfallen kann... oh man er ist wirklich in die falle getappt. Geil, geil, geil!!!!
aber hyde hat doch bestimmt noch was vor, oder? ^_-
er kann gackt doch nicht so einfach "unangetastet" gehen lassen. *kopfschüttel*
freu mich aufs nächste kapitel. *hüpf*
Von:  snowdrop
2009-10-14T16:32:07+00:00 14.10.2009 18:32
.__. .. ich bin ja dieses mal ganz schön spät dran.
Da hat man nicht einmal das 2. Pitel gelesen und es gibt schon ein Drittes.. XD
Auf jeden Fall wieder ein echt schönes Kapi.. und ein kuschelbedürftiger Hyde ist ja immer gern gesehen,ne. *lach*
Und die Sache mit dem Gleitgel war echt genial.. XDD

Ich werd mal jetzt das dritte Kapi lesen gehen. <33
Von:  Kimiko02
2009-10-01T23:39:44+00:00 02.10.2009 01:39
Hach, schön wars *fiebs* *_*
Wobei es mich echt überrascht hat, dass Hyde in dem Kapitel jetzt so harmlos gewesen ist. Ich hatte schon irgendwie mit einer Verführung gerechnet *lach*
Aber wahrscheinlich hätte er Gackt nur verschreckt, vor allem nach der Sache mit dem Gleitgel XDD
Jedenfalls süß, dass er scheinbar so kuschelbedürftig ist ^^
Ich bin schon sehr gespannt wie es weitergeht! Hoffe du lässt uns diesmal nicht so lange auf das nächste Kapitel warten!! *liebguck*


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