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Aus dem Leben...

Eine kleine Geschichte
von

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Reunited

Konzentriert brütete Akira über den Aufgaben, die sie im Unterricht erledigen sollte. Ein kurzer Blick auf die Uhr verriet ihr, dass sie nur noch fünf Minuten vor dem erlösenden Klingeln trennten, das das Ende des heutigen Schultags bekannt geben würde. Es war Frühling. Die Kirschblüten färbten viele Teile Tokyos in zartes Rosa und sie war bereits seit eineinhalb Wochen auf der neuen Oberschule. Fast neun Monate waren seit dem Angriff vergangen und vieles hatte sich seitdem getan. Kentas Anhängerschaft an ihrer Mittelschule hatte ihr den Schulalltag nach ihrer Rückkehr, etwas verspätet nach den Sommerferien, wirklich nicht einfach gemacht. Umso erleichtert war sie gewesen, als sie dann vor einigen Wochen ihren Abschluss gemacht hatte und einen Neuanfang starten konnte. Der juristische Kampf um Kentas frühzeitige Entlassung und seine üble Nachrede inklusive Anzeigen, hatte eine jähe Wendung ergeben, nachdem sich nur eine Woche nach Kais Abschied ein renommierter Anwalt bei Grangers gemeldet und seine Unterstützung angeboten hatte. Akira wusste es zwar nicht mit Bestimmtheit, aber sie vermutete einen Deal zwischen dem Jungen und seinem Großvater, der noch einflussreicher war, als Kentas Eltern. Schließlich war er selbst auch angezeigt worden, was bei dessen Großvater mit Sicherheit auch nicht gut angekommen war. Nichtsdestotrotz war der Konflikt immer noch nicht geregelt, da die Gerichtsverhandlung schon einige Male durch die andere Seite verschoben wurde. Und auch Kai hatten sie seitdem nicht mehr wieder gesehen.

Stattdessen war Robert noch im August nach Japan gereist und zwei Wochen bei ihr geblieben, auch, wenn sie ihm mehrfach gesagt hatte, dass das nicht nötig war. Aber der Ältere hatte natürlich nicht auf sie gehört und war in der Zeit seines Besuches fast schon zu ihrem zweiten Schatten geworden – trotz Tyson im selben Haus, den er sonst nie zu lange aushalten konnte. Ihren besten Freund allerdings nochmal so lange nah bei sich zu wissen, hatte sie dennoch gefreut. Manchmal vergaß sie wie sehr sie den Deutschen eigentlich vermisste. Ihr Vorhaben den Besuch bei ihren Eltern auf die Herbstferien zu verlegen, hatte leider nicht funktioniert, da sie den langen Flug körperlich noch nicht geschafft hätte. Aber dafür hatte sie nach Jahren nochmal Weihnachten bei ihnen verbracht und zu sehen wie sehr sie beide sich darüber gefreut hatten, war Balsam für Akiras Seele gewesen. Ganz besonders, da sie länger als die üblichen paar Tage geblieben war und sie dabei nicht einen Aussetzer gehabt hatte, zeigte, wie sehr sie sich zum Positiven verändert hatte. Die körperlichen Wunden waren nach ein paar Monaten äußerlich verheilt gewesen. Nur wenn sie mit ihrem Großvater beim Kendotraining mitmachte, oder neuerdings Aikido praktizierte, spürte sie, dass ihr linker Arm immer noch nicht zu hundert Prozent einsatzbereit war – aber sicherlich bald. Die Physiotherapie unmittelbar nachdem sie die Fixierung losgeworden war, hatte unglaublich geholfen. Genau wie die regelmäßigen Sitzungen beim Psychologen, um das Trauma aufzuarbeiten, das ihre vielen Panikattacken getriggert hatte. Völlig weg waren sie zwar immer noch nicht, doch, genau wie ihre aggressiven Anfälle, haben sie sich deutlich reduziert und Akira fühlte sich so stark wie lange nicht mehr. Endlich hatte sie die Kontrolle zurückerobert, genau, wie sie es sich vorgenommen hatte. Und das war das beste Gefühl der Welt.

An den Wochenenden trafen sich die Freunde weiterhin regelmäßig, halfen Mr. Dickinson am neuen BBA Standort, der immer noch recht klein war. Offizielle Wettbewerbe Seitens der Organisation wurden stetig mehr und Tyson und Max nahmen auch fleißig daran Teil, während Kenny und Akira die beiden auf technischer Seite unterstützen und Hilary das Team organisierte. Auf diese Art hatten sie auch schon den ein oder anderen Freund wiedergetroffen. Das Level einer Weltmeisterschaft, oder gar japanischer Meisterschaft, war jedoch noch weit entfernt und es würde auch noch dauern, bis die BBA soweit war solche Wettkämpfe ausrichten zu können. In den Ferien waren Ray und Daichi vorbei gekommen, mit denen die Freunde auch sonst engen Kontakt hielten. Der Chinese hatte selbstverständlich nicht lange gezögert Akira zu fragen was sich mit Kai ergeben hatte, doch solange er nicht wieder da war und sie es ein für alle Mal besprechen würden, wollte sie nicht zu viel preisgeben, auch wenn es ihr Leid tat Ray so hinzuhalten. Das gleiche galt für Ozuma, der sie ebenfalls mit Fragen gelöchert hatte, nachdem sie es endlich geschafft hatte ihn nochmal im Dorf besuchen zu kommen. Nur mit Mühe hatte sie ihn mit den wenigen Informationen, die sie mitteilen konnte, ruhig bekommen, damit sie sich auf das konzentrieren konnten, weswegen das Mädchen eigentlich auch vorbei gekommen war. Was das anging, konnte der Junge wirklich hartnäckig sein. Schon damals vor fast zwei Jahren, als er sie plötzlich zweimal geküsst hatte, hatte sie gemerkt, dass er lieber nach seinen eigenen Regeln spielte. So zuvorkommend und verständnisvoll er auch war, aber sein Level an Zurückhaltung konnte mitunter überraschend niedrig sein, wie sie mittlerweile fand. Lieb hatte sie den Jungen trotzdem gewonnen und sie zählte ihn sogar zu einem ihrer besten Freunde.

Das Läuten der Glocke riss das Mädchen aus den Gedanken und erleichtert, dass sie einen weiteren Schultag hinter sich gebracht hatte, packte sie alles zusammen, schulterte ihre Umhängetasche und ging. Auch wenn sie hier neu angefangen hatte, hatte sich ihre Zugehörigkeit zu Tyson und den anderen dennoch rasch verbreitet. Zumeist wurde sie aber trotzdem in Ruhe gelassen, worüber sie sehr dankbar war. Und das Erlebnis vom letzten Sommer hatte ihrer Menschenkenntnis einen so herben Schlag verpasst, dass sie mittlerweile noch vorsichtiger war mit wem sie wie kommunizierte, was sie zwangsläufig noch wortkarger gemacht hatte, sobald sie nicht mit ihren Freunden unterwegs war. Nicht, dass sie das stören würde. Ihre Freunde reichten ihr vollkommen.

Seufzend trat sie aus dem Gebäude in die warmen Sonnenstrahlen. Auch auf dem Schulgelände standen ein paar Kirschblütenbäume und einige Sträucher blühten gleichermaßen, verströmen einen frühlingshaften Geruch in der Gegend. Lächelnd sah sie in den blauen Himmel und sog den Duft der Blüten ein. Frühling war für sie einfach die beste Jahreszeit. Sie richtete ihren Blick wieder nach unten, ging geradewegs auf das Eingangstor der Schule zu und stoppte abrupt, als sie eine bekannte Statur an der Mauer gelehnt stehen sah. Sie wollte ihren Augen kaum glauben, doch als sie näher kam, lächelte Kai sie an, stieß sich von der Mauer ab. Er schien selber gerade von der Schule gekommen zu sein, da er seine eigene Schuluniform trug, die Akira vorher, wie sie gerade bemerkte, noch nie an ihm gesehen hatte. War er jetzt nicht sogar schon im dritten Jahr der Oberschule?

Als die Information endlich von ihrem Bewusstsein verarbeitet wurde, beschleunigte sie ihren Schritt, bis sie schließlich so schnell sie konnte auf ihn zurannte. Zu lange hatte sie auf sein Auftauchen gewartet, als dass sie sich nun zurückhalten konnte. Wenige Meter vor ihm warf sie ihre Tasche von der Schulter und schmiss sich schwungvoll an ihn, die Arme fest um seinen Hals geschlungen, als hätte sie Angst er würde direkt wieder verschwinden.

“Whoah, Aki…” Der Junge hatte Mühe nicht von der Schwarzhaarigen umgeworfen zu werden und erwiderte die Umarmung, hielt sie dabei fest, da sie so hoch gesprungen war, dass sie den Boden nicht mehr berührte. Leicht irritierte Mitschüler gingen an ihnen vorbei, doch die beiden störten sich nicht daran.

“Ich hab’ dich vermisst.”, flüsterte sie und spürte wie er sie daraufhin noch enger an sich drückte. Nach einer Weile ließ Kai Akira wieder zu Boden und auch sie löste sich von ihm, ehe sie dem Jungen gegen die Schulter boxte.

“Au!”

“Ein dreiviertel Jahr hast du mich warten lassen! Neun verdammte Monate, Kai!” Schmollend sah sie ihn an, aber er konnte spüren, dass sie nicht ernsthaft sauer war. Entschuldigend lächelte er sie an, während er sich die schmerzende Stelle rieb.

“Es tut mir Leid, aber es ging nicht früher.”, versuchte er zu erklären, aber Akira verschränkte nur weiterhin schmollend die Arme vor der Brust. Er sah sie an und sie nahm wahr, wie sich sein Blick veränderte.

“Das ist das erste Mal, dass ich dich seitdem nochmal in einer Uniform sehe.” Seine Worte überraschten sie und traurig lächelnd öffnete sie wieder die Arme, strich sich etwas verlegen eine Strähne hinter das Ohr. Die Uniform ihrer neuen Schule sah der alten in der Tat ziemlich ähnlich und das Mädchen hatte gar nicht mehr darüber nachgedacht, dass sich das Bild mit ihr und ihrer blutbeschmierten Montur, die danach im Müll gelandet war, garantiert in Kais Bewusstsein gebrannt hatte. Als sie damals an ihrem ersten Schultag nach den Sommerferien wieder eine Uniform getragen hatte, hatte Tyson sie mit dem gleichen Gesichtsausdruck angesehen. Das hatte sie bis gerade völlig vergessen gehabt.

“Aber deiner Schulter scheint’s wieder gut zu gehen.”, sagte der Ältere dann und lächelte, was das Mädchen erwiderte.

“Ja, so gut wie. Noch ein paar Wochen und ich kann endlich wieder alles im Training geben. Die Panikattacken sind auch deutlich weniger geworden.” Er wirkte erleichtert und sie hatte so viele Fragen an ihn. Neun Monate waren eine lange Zeit und sie war mehr als neugierig herauszufinden was er derweil getrieben hatte. Als hätte er ihre Gedanken gelesen, sah er sich kurz um und nickte ihr anschließend zu, signalisierte ihr ihm zu folgen.

“Komm. Lass uns wo hingehen, wo wir reden können.” Akira spürte wieder wie unruhig ihre Mitte wurde. Sie hatte dieses Kribbeln schon länger nicht mehr bewusst wahrgenommen, aber es war, als sei der Junge nie weg gewesen. Trotz der langen Zeit waren ihre Gefühle immer noch so stark wie das letzte Mal, als sie ihn gesehen hatte. Und dass er nun endlich hier war und mit ihr klären wollte, was fast ein Jahr hatte warten müssen, machte sie nun doch etwas nervös. Nickend hob sie ihre Tasche vom Boden auf und gemeinsam gingen sie los. Kai führte sie in einen Park, an dem sie sonst auf ihrem Nachhauseweg immer vorbei lief. Die Anlage war recht klein und hatte mehr Sträucher und Bäume als freie Grünfläche, perfekt um sich irgendwo an der Seite ungestört zu unterhalten. Als sich der Junge schließlich gegen eine niedrige Mauer am Rand des Parks hinter einem blühenden Rhododendron-Strauch lehnte, setzte die Schwarzhaarige wieder ihre Tasche ab, blieb vor ihm stehen und sah ihn erwartungsvoll an. Bevor sie ihren Status miteinander genau definieren würden, verlangte sie eine Erklärung von ihm, warum er so lange weg gewesen war. So leicht kam er ihr sicher nicht davon. Und Kai wusste das, konnte es schon fast von ihrem Blick ablesen.

“Herrn Andou hast du ja schon kennengelernt, wie ich gehört habe.”, begann er und Akira erinnerte sich zurück an das erste Mal, als der Anwalt vor ihrer Tür gestanden hatte. Es war ein hochgewachsener, freundlicher Mann in seinen Vierzigern, der sein Handwerk durchaus verstand. Er hatte schnell einige Strippen ziehen können, wodurch Kenta wieder in Untersuchungshaft musste und auch, wenn er nicht viel über seine Verbindung zu Kai erzählt hatte, hatte Akira daraufhin schnell verstanden, dass Voltaire Hiwatari und die, die für ihn arbeiteten, genug Macht in Tokyo hatte, um die eine oder andere Gelegenheit diskret aber wirkungsvoll zu regeln.

“Ich musste meinem Großvater etwas versprechen, damit er ihn zu euch schickt und er sich um das Problem kümmert. Er hat die Fujiawaras noch nie ausstehen können, deswegen habe ich ihn auch gar nicht lange überreden müssen.” Das hatte sie ja vorher schon geahnt, also nickte sie verstehend, wartete darauf, dass er fortfuhr.

“Die Anzeige von Kentas Eltern hat ihn sowieso schon aufgebracht, besonders nachdem ich die Anschuldigungen richtig gestellt hab’. Aber ganz umsonst wollte er natürlich auch nichts machen, also hat er mich auf dem Versprechen festgenagelt, dass ich seine Firma irgendwann doch übernehmen werde.” Entsetzt weiteten sich die Augen der Schwarzhaarigen. Kai hatte sich, seit sie ihn kannte, immer dagegen gestellt einmal in die Fußstapfen seines Großvaters zu treten. Dieser Mann hatte ihm wegen dessen Machthunger so viele Steine in den Weg gelegt, wollte stets unterbinden, dass er seiner eigentlichen Leidenschaft folgt, Kontakt zu seinem Vater hat und ihn zu einem folgsamen jungen Mann heranziehen. Nur um damit kläglich zu scheitern. Dass Kai sich nun doch von ihm breitschlagen lässt und zwar streng genommen nur wegen ihr, erschütterte sie.

“Kai, ich…” Doch, bevor sie den Satz weiterführen konnte, unterbrach er sie.

“Ich will das, Akira. Mach dir keine Vorwürfe.” Jetzt war sie irritiert.

“Die ganze Zeit wusste ich nicht so recht was ich mit meinem Leben anfangen soll, außer zu bladen. Aber nachdem die BBA jetzt bei Null anfangen musste, habe ich den Weg als Profi schnell begraben. Ich habe stets an dir bewundert wie zielstrebig du die letzten Jahre deinen Werdegang beschreitest. Du weißt genau was du später machen willst und setzt alles daran das auch zu erreichen. Diese Motivation hat mir bis jetzt gefehlt.” Akira blieb der Mund offen stehen. Niemals hätte sie geahnt, dass er so über sie dachte und es brachte ihr Herz wieder aufgeregt zum Hüpfen.

“Ich will diese Firma umkrempeln, das viele Unrecht aus der Vergangenheit wiedergutmachen. Und das ist die Chance dafür. Leider musste ich mich für das Versprechen aber erst beweisen. Deswegen hat es auch so lange gedauert, bis ich zurück kommen konnte. Mein Großvater hatte damit gedroht seine Unterstützung, auch die von Herrn Andou, einzustellen, sofern er den kleinsten Zweifel daran hat, dass ich mein Versprechen halte. Aber mittlerweile hat er es kapiert, hoffe ich zumindest. Außerdem hat er eigentlich keine andere Wahl. Er ist immerhin auch nicht mehr der Jüngste und seine bisherigen Geschäftspartner sind, wie er sagt, nicht zu gebrauchen.” Sie sah ihn weiterhin nur an und versuchte ihm zu folgen. Der Junge hatte sich einiges aufgehalst, das war klar. Aber es war immerhin Kai, der geborene Anführer, selbst mit seiner distanzierten Art. Ein niedrig gestecktes Ziel würde auch gar nicht zu ihm passen. Leise lachend schüttelte sie den Kopf.

“Du bist unglaublich.”

“Ist das gut oder schlecht?” Kai grinste verschmitzt und Akira wurde wieder schmerzlich bewusst wie sehr sie den Älteren vermisst hatte.

“Ein bisschen was von beidem, würde ich sagen.”, feixte sie schulterzuckend und ging nun auf ihn zu, legte eine Hand auf seine verschränkten Arme, damit er sie öffnete und trat direkt an ihn heran. Fast schon andächtig legte sie ihre Hände an seine Brust, ließ sie nach oben wandern, während er sie beobachtete und seine an ihre Taille legte. Dadurch, dass er angelehnt dastand, war der Größenunterschied zwischen ihnen nicht mehr ganz so verschieden, obwohl auch er ein gutes Stück gewachsen war seit ihrem letzten Treffen. Akira sah ihm in die Augen, eine Hand an seiner Wange, den anderen Arm lose um seinen Nacken gelegt. Ihre Nasenspitzen berührten sich und sie konnte spüren, dass er gleichermaßen aufgeregt war wie sie.

“Ich dachte wir reden zuerst darüber.”, witzelte er und brachte sie zum Lächeln. Sie hatte lange genug gewartet. Das hier war für sie schon längst überfällig.

“Hat sich der Status quo geändert?”, fragte sie stattdessen grinsend, strich sanft mit ihrer Nase gegen seine.

“Nein.” Seine Stimme nur ein Flüstern, aber sie hatte es laut und deutlich gehört. Mehr brauchte sie in diesem Moment nicht zu wissen und so lehnte sie sich weiter vor, versiegelte endlich ihre Lippen. Akira glaubte zu explodieren. Jede Faser ihres Körpers war angespannt und sie konnte regelrecht spüren wie das Dopamin durch ihre Adern schoss. Es fühlte sich besser an, als sie es sich je erträumt hatte und nach einer Weile löste sie sich etwas von ihm, die Augen immer noch geschlossen, ihre Lippen nur Millimeter voneinander entfernt und beide um Luft ringend. Das Herz schien ihr durch die Brust schlagen zu wollen. Es war so laut, dass sie sicher war, dass Kai es hören musste. Doch ehe sie reagieren konnte, hatte er den Abstand erneut verringert, ließ seine Hände über ihren Rücken wandern und zog sie noch näher an sich, sofern das überhaupt möglich war. Auch ihr anderer Arm schlang sich wie von selbst um seinen Hals und erwiderte die innige Umarmung nicht minder fest. Sie waren beide so immens hungrig aufeinander und es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, die dennoch zu kurz war, bevor sie sich erneut voneinander trennten. Akira konnte nicht umhin daran zu denken wie sie sich damals bei Ozuma gefühlt hatte. Das hier war anders, intensiver, atemberaubender – wörtlich. Es hatte Zukunft und obwohl sie sich so lange nicht gesehen hatten, fühlte das Mädchen noch genauso wie vor ungefähr einem Jahr, als sie es das erste Mal erkannt hatte. Und diese Gefühle waren so unglaublich überwältigend, dass sie fürchtete sich nicht mehr auf den Beinen halten zu können, wenn er sie nicht festhalten würde. Langsam öffnete sie wieder die Augen, blickte direkt in seine dunklen. Beide atmeten abgehackt, wollten sich aber nicht weiter voneinander entfernen, als das bisschen nun, wo sich wieder ihre Nasenspitzen berührten und sie den Atem des jeweils anderen auf der Haut spürten. Diese Nähe war alles was sie gerade brauchten, was ihnen so lange verwehrt wurde.

//Verdammt, wie sehr ich ihn liebe…// Stimmen erklangen im Park und die Jugendlichen verstanden, dass sie nicht mehr alleine waren. So schwer es auch war, wurde es Zeit etwas Distanz zwischen ihnen zu bringen. Nach einem letzten, flüchtigen Kuss lösten sich die beiden wieder und Akira versuchte ihr rasendes Herz wieder zu beruhigen.

“Kommst du noch mit zu uns, oder hast du was vor? Tyson freut sich sicher auch dich endlich nochmal zu sehen.” Das Mädchen versuchte die Hitzewallungen zu verdrängen, die ihren Körper durchzuckten, und sah ihn lächelnd an, war jedoch verwirrt, als er plötzlich leise lachte.

“Ich war erst bei Tyson, bevor ich herkam.”, erklärte er und erntete einen weiteren irritierten Blick der Schwarzhaarigen.

“Er ist mein bester Freund und das Letzte was ich will, ist Ärger mit ihm zu haben. Ich wollte ihn also vorher fragen, ob es okay für ihn ist. Das mit uns.” Ein weiteres Mal innerhalb weniger Minuten sah sie ihn mit offenem Mund an. Natürlich waren sie beide imstande eigene Entscheidungen zu treffen mit wem sie ausgingen oder nicht, aber dass es Kai so wichtig war Tysons Segen zu bekommen, dass er ihn vorher fragte, zeigte mal wieder wie sensibel er eigentlich hinter seiner harten Schale war. Auch wenn es in der Vergangenheit ein paar Situationen gab, in denen man nicht den Eindruck hatte, waren seine Freunde mit das Wichtigste für ihn.

“Was hat er gesagt?”, fragte sie, obwohl sie die Antwort schon erahnen konnte, da der Ältere ja gerade vor ihr stand.

“Er hat gelacht und gesagt, dass es auch langsam mal Zeit wurde.”

“Er hat was?!?” Die ganze Zeit über hatte ihr Cousin kein Sterbenswörtchen darüber verloren, dass er etwas zwischen ihnen beiden vermutete. Sie musste sich eingestehen, dass sie ihn doch falsch eingeschätzt hatte, was wahrscheinlich an seiner extremen Abwehrhaltung gegenüber Ozuma vor zwei Jahren resultierte. Diesmal verhielt er sich komplett gegensätzlich, hielt die Klappe und vor allem ließ er sie in Ruhe. Aber immerhin handelte es sich hier auch um einen seiner besten Freunde, der Junge, der streng genommen sogar ihr Leben gerettet hatte. Leise lachend schüttelte sie den Kopf. Diese Kerle brachten es immer noch zustande sie zu überraschen.
 

***
 

Bereits in der Woche darauf war es soweit. Die lang erwartete Gerichtsverhandlung stand an und so sehr sie sich auch freute die Geschichte endlich hinter sich zu bringen, so aufgewühlt und nervös fühlte sie sich auch. Akira stand in ihrem Zimmer vor dem Kleiderschrank und zog grübelnd eine dunkelblaue Bluse hervor, die sie über die schwarze Jeans und das Top, die sie bereits trug, streifen wollte. In Gedanken versuchte sie den heutigen Ablauf durchzugehen. Seit dem Angriff im letzten Sommer, hatte sie Kenta durch die Untersuchungshaft nicht mehr zu Gesicht bekommen. Dementsprechend wusste sie auch nicht, wie ihr Körper und vor allem ihr Kopf auf ihn reagieren würde. So viele Monate hatte sie darum gekämpft mental einigermaßen stabil zu werden und sie hatte mächtig Angst, dass sie das wieder viele Schritte zurückwerfen könnte, da alles wieder hochkam. Auch dass sie das ganze Drama erneut bis ins kleinste Detail schildern musste, bereitete ihr Sorgen. Sie stand mit dem Rücken zur offenen Zimmertür und drehte den Kopf, als sie Schritte vernommen hatte. Kai trat ins Zimmer und an sie heran. Die Schwarzhaarige lächelte ihm zur Begrüßung kurz zu und wandte sich wieder ihrem Vorhaben zu die Bluse anzuziehen. Ehe sie jedoch den Stoff über die Schultern streifen konnte, spürte sie eine Hand an ihrem Rücken, die sie davon abhielt. Das Mädchen stoppte und fühlte wie Kais Finger sanft über die Haut strichen, zu ihrer linken Schulter wanderte und den Träger des Oberteils etwas zur Seite schob. In dem Moment wurde der Schwarzhaarigen bewusst, dass der Junge die Wunde bisher noch nicht gesehen hatte. Bis er verschwunden war, hatte sie immer einen Verband oder Pflaster darüber gehabt. Akira atmete lautlos aus und wand sich langsam zu ihrem Freund, der gedankenverloren mit dem Daumen über die Narbe fuhr, den Blick nun auf die Vorderseite ihrer Schulter legte, wo ein weitere heller Strich ihre Haut zeichnete. Auch diesen schien er zu studieren und sie beobachtete den Älteren stumm. Er trug einen marinefarbenen Anzug. Ein Anblick, in dessen Genuss sie bisher noch nicht gekommen war. Er stand ihm außerordentlich gut und machte ihn älter als er mit seinen 17 Jahren sowieso schon wirkte. Erneut versank sie in ihren Gedanken, starrte mit leerem Blick geradeaus.

“Was, wenn ich nachher wieder eine Panikattacke hab…?”, fragte sie leise und sah auf, direkt in Kais Augen, die nun ihr Gesicht musterten.

“Ich will ihm nicht schon wieder die Genugtuung geben mich so zu sehen.” Bilder von Kenta blitzten vor ihrem inneren Augen auf. Sein selbstgefälliges Grinsen, als er die blanke Panik in ihr hervorgekitzelt hatte. Wie mächtig er sich in diesem Moment gefühlt haben muss sie so schwach vor sich zu haben. Frustriert atmete sie aus, während der Ältere sanft ihr Gesicht fasste.

“Du bist da nicht alleine drin, Aki. Wir sind alle da. Und egal was passiert, er wird dir nichts mehr anhaben können.” Sie wusste das, doch als sie Luft nehmen wollte, um das zu entgegnen, fuhr Kai fort.

“Du bist unglaublich stark, vergiss das nie. Und sieh es vor allem nicht als Zeichen von Schwäche, wenn du einen Anfall haben solltest. Du bist in der Lage dich mittlerweile selber wieder zu beruhigen und das ist dein eigener Erfolg, deine innere Stärke, die mehr zählt, als das Ego von diesem Bastard.” Die Worte steckten ihr im Hals fest, als sie ihm zuhörte. Kai schaffte es, dass sie förmlich dahinschmolz und sich gleichzeitig fühlte, als könne sie alles bezwingen. Die Schmetterlinge in ihrem Bauch tanzten wild umher und sie merkte mal wieder wie sehr sie diesem Jungen verfallen war. Stumm lächelte sie ihn dankbar an, erntete ebenfalls ein Lächeln vom Größeren, der sich daraufhin vorbeugte und sie küsste. Kai war zwar bereits seit ein paar Tagen zurück, doch Gelegenheit zur Zweisamkeit hatten sie seitdem eher weniger gehabt, da auch die anderen mehr als erfreut waren, dass der Älteste der Truppe endlich wieder zurück war. Akiras Körper entspannte sich und sie ließ ihre Hände zu seinem Rücken wandern, schloss auch die letzten Millimeter zwischen ihnen, als sie sich sanft an ihn drückte. Kai, der ihr Gesicht immer noch ein seinen Händen hielt, löste sich etwas, drückte ihr noch einen Kuss auf die Stirn und zog sie vollends an sich in eine innige Umarmung. Tief einatmend sog das Mädchen seinen Geruch ein, als sie das Gesicht in seiner Halsbeuge vergrub, und schloss glücklich die Augen. Es war irgendwie immer noch ungewohnt diese Seite an dem Jungen zu erleben, auch, da er sie weiterhin nicht so oft zeigte. Aber umso mehr freute sie sich über solche Moment wie jetzt. Zu sehen wie liebevoll er sein konnte und den engen Körperkontakt zu genießen.

Sie beide hörten Schritte im Flur, ehe man Tyson in der offenen Zimmertür stehend leise fluchen vernahm.

“Aki, die verdammte Krawatte will mal wieder nicht. Kannst du mir helfen?” Das Mädchen schnaubte amüsiert und entfernte sich von Kai, der gleichermaßen grinste, zog endlich die Bluse über ihre Schultern und ging am Älteren vorbei zu ihrem Cousin, während sie sich das Oberteil zuknöpfte.

“Wo ist Opa?”, fragte sie als sie begann den chaotischen Knoten, den Tyson gebunden hatte, wieder zu entwirren und einen ordentlichen daraus zu machen.

“Keine Ahnung. Ich glaub’ draußen am Auto.”

“Ist Hilary schon da?” Das andere Mädchen wollte zusammen mit ihnen zum Gericht fahren. Die anderen würden sie dann vor Ort treffen.

“Ne-...”

“Ja, bin ich.”, schallte es aus dem Genkan und Akira sah über Tysons Schulter in den Flur, wo die Brünette gerade die Schiebetür hinter sich schloss.

“Hey, Leute.”, lächelte das Mädchen, als auch sie in Akiras Zimmer trat und wurde von den anderen Jugendlichen begrüßt.

“So, fertig.” Die Schwarzhaarige zupfte nochmal kurz am Krawattenknoten herum und ließ anschließend von Tyson ab.

“Danke.” Akira lächelte und beobachtete wie Tyson dem anderen Mädchen zunickte, da er vorher mit dem Rücken zu ihr gestanden hatte. Die beiden waren gerade mal ein halbes Jahr zusammen gewesen, ehe sie sich so häufig gestritten hatten, dass es in die Brüche gegangen war. So schade sie alle das auch gefunden hatten, so war der Seelenfrieden innerhalb der Gruppe dann doch wichtiger. Es hatte einen ganzen Monat gedauert, ehe beide wieder normal miteinander reden konnten und mittlerweile war es fast wie vorher.

“Seid ihr soweit? Euer Großvater steht so wie es aussieht auch schon in den Startlöchern?”

“Ja.” Tyson folgte dem Mädchen in den Flur, als auch Akira und Kai hinterher kamen.
 

Während der Fahrt waren sie alle ruhig. Je näher sie ihrem Ziel kamen, desto mehr konnte man die Anspannung spüren. Besonders Akira versuchte ihre Nervosität herunterzuschlucken und dachte wiederholt an Kais Worte. Als sie im Zentrum ankamen, konnten sie schon den Rest vor dem Gebäude sehen. Ray und Daichi waren beide erst diesen Morgen in Tokyo angekommen und zunächst bei Max gewesen, ehe sie alle zusammen mit dessen Eltern hergekommen waren, die es sich beide nicht hatten nehmen lassen wollten dabei zu sein. Zeitgleich kam auch Kenny an, der ihnen bereits von Weitem zugewunken hatte.

“Hey.” Ray sah grinsend zwischen der Schwarzhaarigen und Kai hin und her und auch Akira konnte nicht umhin zu lächeln. Es war auch das erste Mal seit dem letzten Sommer, dass die beiden Ältesten der Truppe nochmal aufeinander trafen.

“Kai, endlich wieder zurück?”, fragte der Chinese. Den neckischen Unterton brachte auch den Größeren zum Grinsen. Es war ja für keinen von ihnen etwas Neues, dass der Junge mal einfach so verschwunden war, doch auch sie hatten bemerkt, dass es diesmal anders gewesen war. Akira hatte zwar nichts erzählt - so hatte sie selbst ja auch bis vor kurzem gar nicht gewusst warum genau - aber auch die anderen Jugendlichen hatten schnell dahinter geblickt, dass der Grund wichtig gewesen sein musste. Nachtragend war auch vorher niemand von ihnen gewesen, aber allein scherzeshalber konnte der Schwarzhaarige nicht umhin ihn etwas aufzuziehen. Auch um die gespannte Stimmung etwas aufzulockern.

Der Anwalt kam ebenfalls bald, ehe die Gespräche vertieft werden konnten, und die Gruppe setzte sich in Bewegung die Treppe zum Haupteingang hinaufzusteigen. Ein paar Schritte davor blieb Akira, die das Schlusslicht bildete, stehen und sah verunsichert am Gebäude hinauf. Sie versuchte die Aufregung zu neutralisieren, aber jetzt, wo sie nur noch Minuten davon entfernt war, ihrem Angreifer erneut in die Augen blicken zu müssen, holte es sie wieder ein. Kai, der ein paar Meter vor ihr war, stoppte und drehte sich zu ihr um. Wortlos ging er die paar Stufen hinab und stand vor ihr, sah sie schweigend an, bis sie ihren Blick wieder senkte und seinen erwiderte. Die Unsicherheit stand ihr ins Gesicht geschrieben, doch als sie ihm in die Augen sah, die sie förmlich anschriehen ‘Gib’ diesem Bastard endlich was er verdient!’, reagierte ihr Körper wie von selbst. Den Rücken gerade und die Schultern zurück gezogen, schnaufte sie lautlos. Und wie sie diesem Bastard das geben würde, was er verdiente. Kai lächelte sie stolz an und wendete sich wieder ab, um seinen Weg fortzusetzen, wissend, dass seine Freundin ihm folgen würde.
 

Es waren nervenaufreibende Stunden gewesen, die die Freunde über sich ergehen lassen mussten. Jedes Detail wurde ausgeführt, jedes gesagte Wort analysiert, jeder geschilderte Hergang genauestens miteinander verglichen. Akira hatte zwischenzeitlich mit sich zu kämpfen gehabt, nicht einfach mit hängendem Kopf sich die Schläfen reibend alles auszublenden, insbesondere als es um den Übergriff nach der Messerattacke ging, der sie lange genug in ihren Albträumen verfolgt hatte. Kenta war genauso überheblich wie zuvor, auch wenn ihm dessen Anwalt oft genug über den Mund fuhr, damit er es nicht noch schlimmer machte, bekam man einen Eindruck was seinen Charakter betraf. Die gegnerische Strategie ihn als eigentliches Opfer darzustellen, war am Ende glücklicherweise nicht aufgegangen und Akira hatte sich gewundert, warum sie es überhaupt versucht hatten. Aber sie wollte sich nicht beschweren.

Das Ergebnis war, dass er schuldig gesprochen wurde und über das Urteil des Strafmaßes würden nochmal zwei Wochen vorbei gehen. Doch wenn das Mädchen ehrlich war, interessierte sie das nicht mehr. Sie hatte erreicht, was sie wollte.

Die späte Nachmittagssonne färbte die Stadt bereits in gleißendes Gold, als die Gruppe aus dem Gerichtsgebäude trat. Akira und Herr Andou als letzte, besprachen noch die finalen Ergebnisse aus der Verhandlung, ehe Kai dazukam.

“Vielen Dank für die Unterstützung, Herr Andou. Ohne Sie hätten wir das nicht geschafft.” Das Mädchen verbeugte sich zur Verdeutlichung. Sie war wirklich mehr als erleichtert, dass endlich alles sein zufriedenstellendes Ende gefunden hatte.

“Es war mir eine Freude, Akira. Und ehrlich gesagt, war die Sache ja schon von Anfang an klar. Ich musste gar nicht viel machen.” Der Mann lachte und auch Akira musste lächeln. Befreit seufzend drehte sie sich zu ihren Freunden und Tyson, der grinsend auf sie zukam, während Kai und Herr Andou noch ein paar Worte wechselten.

“Endlich geschafft.” Ihr Cousin sprach ihr aus der Seele. Wortlos fiel sie ihm in die Arme und die Schwarzhaarige spürte wie die ganze Anspannung des Tages von ihr abfiel und ohne, dass sie etwas dagegen tun konnte, schossen ihr die Tränen in die Augen. Sie presste die Lippen aufeinander und sah in den Himmel. Sie hatte bereits genug geweint und wollte nicht schon wieder die Führung einfach ihrem Körper überlassen. Tief ein- und ausatmend wollte sie sich wieder beruhigen, was ihr auch einigermaßen gelang. Als Tyson die Umarmung löste, fuhr sie sich kurz über die noch feuchten Augen und lächelte ihn anschließend an. Er hatte es bemerkt, sagte jedoch nichts und wuschelte ihr durch die Haare. Als er sich wieder zu den anderen abwendete, spürte das Mädchen eine Hand an ihrem Rücken, die bestimmt zu ihrem Hinterkopf hinauf wanderte. Kai stand nun neben ihr und zog Akira, die erneut mit den Tränen kämpfte und das Gesicht in ihren Händen vergraben hatte, bestimmt an seine Brust.

“Dein Anzug wird dreckig.”, schniefte sie, wehrte sich aber nicht und löste ihre Arme, um sie um Kais Mitte zu legen.

“Ich werd’s überleben.” Die Schwarzhaarige konnte nicht umhin zu lächeln, gab es schließlich auf ihre Tränen aufhalten zu wollen. Der Stress des Tages, die vielen aufgewirbelten Erinnerungen und zuletzt die enorme Erleichterung übermannten sie gerade. Es war nicht wie sonst bisher die Trauer und Wut über das, was passiert war, sondern die Freude, dass es endlich ein Ende gefunden hatte.

Nur wenige Minuten später hatte sie sich wieder beruhigt. Das schwere Gefühl in ihrer Brust war vollends zerfallen und gefasst löste sie sich wieder von ihrem Freund, fuhr sich fahrig durch das Gesicht und hoffte, dass ihre Augen nicht zu sehr gerötet waren. Der Ältere strich ihr noch einmal durch das Haar und gemeinsam schlossen Sie zu dem Rest auf, der gewartet hatte und sich angeregt zu unterhalten schien. Hilary legte lächelnd einen Arm um das Mädchen, das in die Runde blickte. Die Erwachsenen hatten sich bereits verabschiedet und nun standen die Jugendlichen zusammen, nicht bereit sich nun schon wieder zu trennen.

“Also ich weiß ja nicht, wie’s euch geht, aber ich hab’ Hunger.”, tönte es aus Tyson und brachte einige zum Grinsen.

“Essen klingt super.” Daichis Augen leuchteten fast schon und Kenny kicherte.

“Meine Eltern meinten heute Morgen, wenn wir Lust haben, könnten wir noch zu ihnen ins Restaurant, wenn wir fertig sind. Ich habe mir fast gedacht, dass das Angebot sicher gelegen kommt.”, erklärte er und viele Augenpaare schauten ihn aufgeregt an.

“Ramen? Oh yes!!”, jauchzte Max sichtlich glücklich.

“Na dann, worauf warten wir noch?”, grinste auch Ray und setzte sich als erster in Bewegung.
 

Am Laden von Kennys Eltern angekommen, trat die ganze Schar ein. Das Restaurant war nicht sehr groß, daher war es nicht verwunderlich, dass die acht Jugendlichen fast das ganze Geschäft in Beschlag nahmen. Der Braunhaarige rückte ein paar Tische um, damit sie zusammen sitzen konnten, während sich die anderen bei seiner Mutter, die sie in Empfang nahm, für die Einladung bedankten und es dauerte auch nicht lange, bis jeder eine dampfende Schüssel Nudelsuppe vor sich stehen hatte. Während des Essens wurde viel geredet. Besonders Kai wurde gnadenlos ausgefragt, was er die letzten Monate getrieben hatte. Der Älteste und Ray, der zwischen ihm und Akira saß, waren in ein tiefes Gespräch verwickelt, bei dem auch Max zwischendurch seinen Kommentar hinzufügte, als Akira ihren Blick über den langen Tisch gleiten ließ. Zu ihrer Rechten war Hilary, die sich mit Kenny, der ihr gegenüber saß, über die neuen Trainingszeiten des BBA-Centers unterhielt. Akira vis-à-vis war Daichi, der zu vertieft in seine Mahlzeit war, um sich um etwas anderes zu kümmern. Zwischen ihm und Max war Tyson, bei dem sie ein ähnliches Bild erwartet hatte, der jedoch eher in Gedanken zu sein schien und eher beiläufig aß. Irritiert zog sie die Brauen zusammen, doch ehe sie ihn fragen konnte, wirbelte sein Kopf hoch zum anderen Ende der Tafel. Die Schwarzhaarige ließ vor Schreck fast die Stäbchen fallen, sah ihn mit hochgezogenen Brauen an, doch sein Blick glitt zielstrebig an ihr vorbei.

“Hilary…”, platze es aus ihm raus und die Lautstärke sorgte dafür, dass die restlichen Gespräche mit einem Mal verstummten. Das andere Mädchen schaute nicht minder überrascht.

“Hm?”

“Hast du Lust morgen was zu machen?” Es war für jeden deutlich, dass er nicht meinte, dass sie was wie sonst üblich mit allen zusammen machen. Tyson fragte nach einem Date und das verstand nun auch Hilary, die ihn blinzelnd anstarrte. Die Rädchen in ihrem Kopf arbeiteten sichtlich auf Hochtouren. Unsicher blickten die Freunde zwischen den beiden hin und her, trauten sich fast nicht zu atmen, um den Moment nicht zu unterbrechen. Sie wussten was beim letzten Mal passiert war, als die zwei miteinander gegangen waren. Akiras Cousin muss lange gebrütet haben, ob es eine gute Idee war dem ganzen doch nochmal eine Chance zu geben oder nicht. Doch das zeigte eigentlich nur, wie ernst es ihm war. Vielleicht schafften sie es ja wirklich ihre Differenzen zu überwinden, die vielen Streitigkeiten in den Griff zu bekommen. Es waren zwar nur drei Monate seit dem Ende der Beziehung vergangen, aber möglicherweise hatten sie beide ausreichend darüber reflektiert, was falsch gelaufen war, damit sie es nun besser machen konnten. Vorausgesetzt beide Parteien wollten das auch.

Eine leichte Röte legte sich um Hilarys Nase. Sie schien die Frage wohl am wenigsten erwartet zu haben und brauchte ein paar Sekunden, bis sie schließlich reagierte. Ein noch zögerliches Lächeln stahl sich auf ihre Lippen.

“Okay.”



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