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Aus dem Leben...

Eine kleine Geschichte
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Die Handlung spielt zwischen den Folgen 40 und 41. Komplett anzeigen

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Affection (V-Force)

Die Frühlingssonne kämpfte sich durch die lichten Wolken am Himmel. Akira ging ihre Liste an dem Klemmbrett durch, das sie in den Händen hielt. Der Wind streichelte sanft ihr Gesicht. Sie sah von dem Blatt Papier auf, schloss die Augen und genoss den Moment. Mit einem tiefen Atemzug nahm sie die vielen frühlingshaften Naturgerüche wahr. Das erste frisch gemähte Gras, Blumen, die sich gen Sonne steckten, die Rosen ihres Großvaters verteilten ein besonders starkes Aroma. Sie mochte diese Jahreszeit am Liebsten. Nicht nur weil das hieß, dass bald ihr Geburtstag war, sondern weil der Frühling für sie neues Leben bedeutete. Alles wachte aus dem Winterschlaf auf, spross und begann zu blühen. Es war jedes Jahr ein wundervoller Anblick, den sie niemals satt sein konnte.

Sie fokussierte ihre Gedanken wieder zu ihrer eigentlichen Aufgabe. Die Weltmeisterschaft stand so gut wie vor der Tür und dank diverser Störenfriede, wurden ihre Trainings die letzte Zeit leider ständig unterbrochen. Daher haben Kenny, Hilary und Akira gemeinsam beschlossen eine Art Trainingslager mit den Jungs zu veranstalten. Ein ganzes Wochenende raus aus Tokyo. Nur das Team an einem geheimen Ort, den nur sie drei Organisatoren kannten. Und natürlich ihr Großvater, da der den Kleinbus fahren würde, den sie gerade mit sämtlicher Campingausrüstung belud. Sie war gar nicht böse darum, dass sie das alleine machen musste, da der Rest für heute aus unterschiedlichen Gründen ausgeflogen war. So hatte sie wenigstens Ruhe vor ihrem exzessiv neugierigen Cousin, der sie schon die ganze letzte Woche mit unzähligen Fragen, was sie denn an diesem Wochenende genau machen würden, löcherte, wann immer er die Gelegenheit hatte.

Seit dem letzten Kampf gegen die Saint Shields war viel passiert. Akira hatte ihre Prüfungsergebnisse erhalten, die besser waren, als sie gedacht hatte, und vor zwei Wochen hatte auch das neue Schuljahr begonnen. Auf der anderen Seite hatte sie es geschafft sich die letzte Zeit so gut unter Kontrolle zu bekommen, dass ihr letzter Ausbruch ein paar Monate zurück lag. Und darauf war sie besonders stolz.

Mit Freuden stellte die Schwarzhaarige fest, dass nur noch wenige Dinge fehlten. Schwungvoll tänzelte sie zum Hauseingang, um den Rest zum Bus in der Einfahrt zu tragen. Es erstaunte sie immer wieder wie viel sie mittlerweile tragen konnte. Sie hatte schon immer einen Hang zum muskulöseren Körper gehabt, aber durch die vielen Monate intensives Kendo-Training hatte sich kräftemäßig einiges verändert. Das kam ihr besonders beim Einkaufen sehr gelegen. Und auch beim Beladen des Wagen war das ein ziemlicher Vorteil, da sie dadurch weniger hin und her laufen musste und außerdem schneller fertig war.

Mit Schwung setzte sie einen Fuß auf die Ladekante am Kofferraum und drückte sich nach oben, um für die letzten Teile passende Plätze zu finden und sich ein besseres Bild zu verschaffen und nachzuschauen, ob alles sicher verstaut war. Gerade als sie sich nach vorne beugend auf dem Gepäck abstütze, um weiter nach den hinteren Stücken zu gucken, wurde sie jäh unterbrochen.

„Willst du dich auch noch dazu legen?” Da Akira dachte, dass sie alleine war, rechnete sie keinesfalls damit angesprochen zu werden und schreckte so heftig auf, dass sie sich den Kopf an der Fahrzeugdecke stieß.

„Au...”, wimmerte sie leise, als sie sich kopfreibend aus dem Kofferraum zog und nachsah, wer sie so überrascht hatte.

„Oh, entschuldige. Ich wollte dich nicht erschrecken.” Ozuma schaute sie schuldbewusst an, konnte sich ein leises Lachen aber auch nicht verkneifen.

Akira verfiel in eine kurze Schockstarre als sie endlich aus dem Kofferraum geklettert war und starrte ihr Gegenüber ungläubig an. Sie hatte den Jungen seit dem Treffen im alten Freizeitpark nicht mehr wieder gesehen und durch den ganzen Stress mit Trainingslagervorbereitung und dergleichen, hatte sie glücklicherweise genügend Ablenkung gehabt, um nicht mehr näher über ihr verwirrtes Inneres nachzudenken. Mit einem Mal kamen die ganzen Emotionen jedoch zurück und sie versuchte sich nicht davon überrollen zu lassen. Mit einem kleinen Räuspern sammelte sie sich wieder und richtete sich auf.

„Ozuma. Was verschafft mir die Ehre?” Akira wechselte unmerklich in den defensiven Modus. Sie schloss den Kofferraum. Unsicher, ob sie nicht doch einfach gehen sollte, wanderte ihr Blick wieder zu Ozuma. Sie erwartete Erklärungen, wusste aber auf der anderen Seite nicht, ob sie überhaupt berechtigt war diese zu verlangen.

„Können wir reden?” Schonmal ein erster Schritt in die richtige Richtung. Sie nickte und überlegte. Es war niemand Zuhause. Ihr Großvater würde erst in frühestens einer Stunde von seinem Termin zurückkehren und Tyson würde sicher bis abends unterwegs sein. Da nun von Ozuma keine direkte Gefahr mehr ausging, fand sie es in Ordnung, wenn sie mit ihm in den Garten ging, wo sie sonst auch oft auf dem Engawa saß.

Ozuma schien selbst nicht richtig zu wissen wo er anfangen sollte und schwieg eine Weile.

„Wie geht’s dir?”, fragte er schließlich. Akira schnaubte leise und setzte sich seitlich auf den Holzbalkon.

„Ein bisschen gestresst mit der Schule und dann ist ja auch bald die Weltmeisterschaft. Ständig tauchen irgendwelche Idioten auf, die meinen, den Jungs die BitBeasts stehlen zu wollen. Das ist nicht hilfreich.” Der indirekte Seitenhieb auf Ozuma und sein Team war eigentlich nicht beabsichtigt gewesen, da Akira eher die mysteriöse Organisation meinte, aber es passte trotzdem. Sie sahen sich schweigend an, ehe Akira weiter sprach.

„Und wo hast du dich herumgetrieben?” Ozuma setzte sich neben sie ehe er antwortete.

„Wir sind zurück in unser Dorf und mussten unseren Ältesten über unsere Abmachung aufklären. Sie waren nicht gerade begeistert, aber wir konnten sie irgendwann beschwichtigen. Sie wissen, dass wir eine solche Entscheidung nicht einfach leichtfertig treffen, wenn wir es nicht für richtig halten würden.” Ozuma faltete die Hände in seinem Schoß und senkte seinen Blick darauf. Das Mädchen ahnte, dass er mächtig Ärger bekommen haben muss und plötzlich tat er ihr Leid.

„Und… Und jetzt?” Jetzt, wo die Mission der Saint Shields nicht mehr war, was war deren Plan für die Zukunft?

„Wissen wir noch nicht richtig. Wir werden auf jeden Fall weiterhin mit aufpassen, dass die BitBeasts nicht in die falschen Hände geraten, sofern das nötig ist. Wir wollen außerdem auch herausfinden welche Organisation das ist, die ständig neue Blader hinter euch her schickt. Ansonsten hatten wir überlegt nicht doch an offiziellen Wettkämpfen teilzunehmen.” Der letzte Teil überraschte die Schwarzhaarige nun.

„So richtig offiziell? Ohne Regelbrechen?”, fragte sie mit hochgezogener Augenbraue.

„Für was für Menschen hältst du uns eigentlich?” Empört sah er sie wieder an.

„Komm schon, sei ehrlich! Mit unserem Team gab es nicht oft die Chance auf Fairplay.” Er musste zugeben, dass sie Recht hatte und schaute in den Himmel.

„Das war aber eine andere Situation… Ich würde gerne offiziell gegen Tyson antreten. Der Kerl kann richtig kämpfen, das macht echt Spaß.”

„War bladen für dich sonst nicht spaßig?” Akira versuchte sich daran zu erinnern wie die letzten Kämpfe immer verlaufen sind und musste feststellen, dass sie jetzt im Nachhinein eher den Eindruck hatte, dass Ozuma es eher aus Pflicht getan hatte.

„Früher mehr als jetzt...“ Man merkte wie es in seinem Kopf ratterte. Dann lachte er verlegen und sie stupste ihn mit ihrer Schulter an.

„Erkenntnis ist der erste Schritt…”, antwortete sie leise und lehnte sich nach hinten. Ozumas Blick war weiterhin in die Ferne gerichtet. Es schien als würde er tief in seinen Gedanken stecken. Irgendwann schüttelte er unmerklich seinen Kopf und tat es Akira gleich, lehnte sich nach hinten und sah sie an.

„Was habt ihr eigentlich vor? Fahrt ihr weg?”, fragte er schließlich und das Mädchen bemerkte ihren Fauxpas, dass eigentlich niemand Wind davon bekommen sollte. Unangenehm versuchte sie sich eine plausible Erklärung aus dem Ärmel zu ziehen.

„Ähm… wir wollten mal weg. Die letzten Wochen waren recht stressig und das ist die letzte Chance vor der Meisterschaft, wo wir mal was als Team machen können, ohne Training und Ärger durch andere.”

//Klasse, Aki. Sehr plausibel und überhaupt nicht nahe an der Wahrheit...// Sie schallte sich innerlich, dass ihr nichts besseres eingefallen war. Aber so abwegig war diese Aussage auch wieder nicht. Das Konzept des Teambuildings war durchaus eine reale Sache und zudem auch Teil des Trainingslagers. Nur halt eben nur ein Teil.

„Verstehe.” Das Mädchen hatte das Gefühl, dass Ozuma es doch nicht so ganz nachvollziehen konnte und sie überlegte, wie sie das näher erläutern konnte.

„Weißt du, wir sind zwar ein Team, aber an erster Stelle steht unsere Freundschaft. Denn gerade das macht uns als Team aus. Jeder weiß, dass er sich blind auf den anderen verlassen kann. Wir unterstützen einander. Das muss auch gepflegt werden. Und du glaubst gar nicht welchen Spaß man mit der Truppe haben kann, ... außerhalb der Matches.”, grinste sie und erntete einen belustigten Blick.

„Doch, das glaube ich dir.”, lachte der Junge und seine Miene verdunkelte sich leicht.

„Ich kannte bisher nur die ernste, verpflichtende Seite des Bladens. Ich bin aufgewachsen mit der Einstellung die Mission stets an erste Stelle zu stellen. Da war leider nicht viel Spaß darin involviert. Erst, als wir auf Tyson und euch getroffen sind, habe ich gesehen, wie andere damit umgehen. Das war neu für mich und erst mit dem letzten Kampf konnte ich den Sinn hinter dem Spaß an dem Ganzen wirklich verstehen.” Nun verstand Akira warum der Junge in der Vergangenheit so gehandelt hatte. Sie war froh, dass ihr Team den Saint Shields und vor allem Ozuma zeigen konnte, dass es auch eine andere Einstellung gibt. Von Max hatte sie vor einiger Zeit erfahren, dass Mariam sich ihm manches Mal etwas geöffnet und ebenfalls an den Kämpfen mit dem Amerikaner Spaß gehabt hatte. Ozuma schien dabei von der ganzen Truppe am Verbissensten an dem Ernst festgehalten zu haben. Diese Worte nun von ihm zu hören, waren demnach eine regelrechte Offenbarung. Dies brachte sie allerdings zu einer ganz anderen Frage: Wenn er so fixiert auf diese Mission war, warum hatte er ihr trotzdem Avancen gemacht? Das passte immer noch nicht zusammen. Ihr Gespräch mit Ray vor einigen Monaten kam ihr in den Sinn und sie beschloss seine damalige Frage an Ozuma weiterzuleiten.

„Was hättest du getan, wenn ihr die BitBeasts wirklich dauerhaft eingeschlossen hättet? Also ich meine wegen… “ Es war ihr immer noch ein wenig unangenehm es auszusprechen.

„Wegen dir?” Der Junge hatte verstanden und komplettierte den Satz. Sie nickte dankbar.

„Ganz ehrlich? Keine Ahnung.” Das war ein ziemlicher Dämpfer. Akira zog die Augenbrauen nach oben.

„Ich meine… Ich fand dich eben interessant und habe das nicht mit der Mission in Verbindung gebracht. Ich habe ehrlich gesagt auch nicht damit gerechnet, dass ihr schon eine so starke emotionale Verbindung zu diesen BitBeasts aufgebaut hattet. Ich wusste nicht, dass das überhaupt ging.” Er nahm seinen Flash Leopard in die Hand und betrachtete das Bild von seinem BitBeast. Die Schwarzhaarige versuchte unterdessen ihren Herzschlag zu zügeln und weiter zu schweigen.

„Aber…” Mit diesen Worten drehte Ozuma sich immer noch sitzend zu dem Mädchen und verstaute den Blade wieder in seiner Tasche.

„... ich habe eure Sichtweise verstanden und respektiere das. Das bedeutet, dass jetzt auch kein Interessenkonflikt mehr bestehen sollte.”, grinste er stolz auf sich selbst, da sich das Problem scheinbar in Luft aufgelöst hatte. Doch da stand er leider alleine mit da.

„Woah, nicht so schnell. So einfach ist das nicht.” Wie gerne Akira sich dem auch einfach hätte hingeben wollen, so konnte sie ihre Enttäuschung nicht einfach ignorieren. Ihr Herz raste schier, während sie die Hände abwehrend hob und auch etwas überfordert von der Situation peinlich berührt lachen musste. Das Mädchen räusperte sich und fuhr fort.

„Ich war ehrlich enttäuscht von dir. Ich verstehe jetzt warum du so gehandelt warst, aber ich bin mir nicht sicher, ob sich da eine vertrauensvolle Basis bilden kann. Ich… ich mag dich zwar immer noch, … glaube ich, aber das war echt heftig. Ich konnte das Ganze auch immer noch nicht richtig verarbeiten, weil die ganze Zeit irgendwas war. Ich bin mir noch gar nicht im Klaren, was ich überhaupt will und ich bin mir auch sicher, dass Tyson da immer noch quer schießt. Nicht, dass das meine Entscheidung beeinflussen sollte, aber er ist mir trotzdem wichtig, genau wie seine Meinung.” Mittlerweile stand sie wieder und sah ihr Gegenüber in die Augen als sie sprach. Die ganzen Eindrücke der letzten Monate prasselten gerade auf einmal auf sie ein und sie versuchte zu verbalisieren wie es in ihr aussah – so wirr es auch klang. Der Junge unterdessen musste die Worte erst einmal verarbeiten und starrte sie schweigend an. Er schien nicht mit so einer Antwort gerechnet zu haben. Akira selbst eigentlich auch nicht, wenn sie ehrlich war. Doch alles kam ungefiltert aus ihrem Munde, ohne, dass sie ein zweites Mal darüber nachdachte. Die Verunsicherung und Verwirrung der letzten Zeit hatten ihres getan und ihr Herz und ihre Gedanken völlig auf den Kopf gestellt. Sie würde lieber nochmal in Ruhe darüber nachdenken als nun zu überstürzen.

Ozuma stand nun auf und stellte sich direkt vor sie. Sie schauten sich tief in die Augen und Akira spürte ihr Herz bis zum Hals schlagen, es war fast unerträglich. Aber auch das angenehme Kribbeln in ihrem Bauch konnte sie nicht ignorieren.

„Ich… ich muss mir erst darüber im Klaren sein, was ich überhaupt will.”, wiederholte sie.

Sie wollte die Möglichkeit nicht völlig ausschließen, aber sicher war sie sich auch nicht. Der Junge musste sich ebenfalls erst einmal sammeln und das Gesagte verarbeiten. Doch dann lächelte er.

„In Ordnung... Aber wir sind trotzdem Freunde?” Die Anspannung, die ihren Körper gepackt hatte, fiel plötzlich von ihr ab. Sie hatte gar nicht gemerkt wie sich alles in ihr verkrampft hatte. Akira wollte ihn nicht einfach von sich stoßen, sich aber auch nicht einfach auf etwas einlassen, für das sie noch nicht bereit war. Er respektierte das und eine Welle an Glücksgefühlen erfüllte sie.

„Natürlich!”, lachte sie erleichtert und konnte nicht umhin die letzten Zentimeter zwischen ihnen zu überwinden und ihn herzlich in eine Umarmung zu ziehen. Es war tatsächlich mehr aus Gewohnheit, aber in diesem Moment tat es besonders gut. Mit ihren Armen um seinen Hals drückte sie ihn an sich und spürte seine Arme auf ihrem Rücken, als er die Umarmung erst zögerlich, dann fest erwiderte. Es war das erste Mal, dass sie sich so nahe waren und sie musste sich eingestehen, dass sie sich die letzte Zeit nicht mehr so glücklich gefühlt hatte. Sie standen eine Weile so zusammen, ehe Akira begann sich langsam zu lösen. Sie spürte einen leichten Widerstand, da Ozuma seine Arme noch nicht öffnete. Wange an Wange registrierte sie wie er tief einatmete.

„Danke.” Es war so leise, dass sie es fast überhört hatte, trotz, dass er das Wort direkt in ihr Ohr flüsterte. Daraufhin löste auch er sich und küsste sie auf die Wange. Die Schwarzhaarige errötete und wurde erneut von den Schmetterlingen in ihrem Bauch überrumpelt. Doch noch bevor sie reagieren konnte, drehte er sich mit seinem typischen Grinsen um und ließ sie wieder alleine. Ungläubig blinzelte sie noch eine Zeit in die Richtung, in die er vorhin verschwunden war, und fasste sich wie in Zeitlupe an die Stelle, die er geküsst hatte. Es fühlte sich so an, als würden seine Lippen noch immer auf ihrer Haut verweilen.
 

Am nächsten Morgen versammelte sich das ganze Team im Vorhof der Grangers. Die letzten Packstücke der Bladebreakers, sowie die Verpflegung wurden nun ebenfalls in den Bus geladen und es konnte losgehen. Seit dem Vorabend hatte das Mädchen keine ruhige Minute vor ihrem Cousin gehabt, der seine wilde Fragerei fortgesetzt hatte, mal angesehen von der Zeit, wo er schlief. Zu aller Überraschung hatte Akira allerdings nicht reagiert. Selbst während der Fahrt war sie völlig von ihrer Gedankenwolke eingelullt und konnte alles andere erfolgreich ausblenden. Seit Ozuma am Vortag gegangen war, fühlte sie sich, als würde sie auf Wolken schweben und hatte eine derart gute Laune, dass es sogar Tyson nicht schaffte sie zu nerven.

Die Fahrt über saß sie mit Hilary zusammen in der vorderen Reihe und starrte gedankenverloren auf die vorbeirauschende Landschaft. Da nun auch Zeo zum Team gehörte, war der Bus gerappelt voll und die Fahrt nicht gerade kurz. Entsprechend waren alle froh, als sie auf dem abgelegenen Campingplatz ankamen, auf dem Akira einige Stellplätze für sie reserviert hatte. Es war so gut wie nichts los und die Nähe zu einem Wald und großflächigen Wiesen machte den Ort ideal für ein Trainingslager. Das Wetter spielte auch mit und bescherte ihnen ungetrübten Sonnenschein.

„Cool! Endlich nochmal zelten!” Tyson sah sich begeistert den Platz an.

„Eigentlich hatte ich erwartet, dass du meckerst.” Hilary war dabei den Bus auszuladen und warf Tyson eine der Taschen in die Arme, um ihm zu signalisieren, dass er helfen sollte. Auch seine Cousine war überrascht auf Anhieb positive Worte von dem Blader zu hören. Sie konnte sich noch gut an seine Beschwerde in Kyoto über die traditionelle Unterkunft erinnern.

Die Zelte wurden in Zweierteams aufgebaut und Akira und Kenny kümmerten sich um den gemeinsamen Platz, wo sie einen Klapptisch für die Essenszubereitung und einige Klappstühle für abends aufbauten. Hilary verteilte schließlich Wasser an alle und gemeinsam standen sie nun zusammen und besprachen das Vorgehen für das Wochenende.

Hilary hatte Strecken für das Cardiotraining recherchiert und einige Gewichte für das Krafttraining mitgenommen. Kenny hatte unterdessen Dizzy vorbereitet und sich ein paar Strategien zurechtgelegt, die sie besprechen und üben wollten. Akira hingegen hatte ihren gesamten Fundus an Ersatzteilen eingepackt und war mit ihrem Klemmbrett auch jederzeit bereit zu notieren, wenn ihnen beim Training auffallen sollte in welche Richtung sie die Blades weiter modifizieren und verbessern wollten.

Zeo war vollkommen überwältigt von so einer professionellen Trainingsvorbereitung.

„Das ist so krass! Meine Freunde und ich haben immer nur gegeneinander gekämpft. Das war unser Training.”, schwärmte er und war aufgeregt, dass er Teil hiervon sein durfte.

„Tja, so ist das, wenn Profis das machen.”, grinste Tyson stolz und klopfte dem neuesten Mitglied der Gruppe auf die Schulter.

„Ehrlich gesagt haben wir vieles davon unseren drei ehrgeizigen Genies zu verdanken. Die machen die ganze Arbeit.”, lachte Max und während Kenny mit rotem Gesicht abwinkte, schwellte sich Hilarys Brust stolz und sie grinste von einem Ohr zum anderen. Akira hingegen konnte nur lachen und knuffte Max in die Schulter.

„Keine Schleimereien vor dem Training!”, säuselte sie und klatschte schließlich in die Hände.

„So und jetzt ab! Aufwärmen!”

Erst am Nachmittag waren sie mit dem normalen Training durch. Nachdem es mittags nur eine kleine Pause mit Snacks gab, hatte Akira für abends zusammen mit ihrem Großvater das Essen vorbereitet, das nun fröhlich vor sich hin köchelte. Den Tag über hatte sie sich schon einige aufschlussreiche Notizen machen und mit Kenny absprechen können. Nun waren die Jungs bei ihrer letzten Laufrunde, die von Hilary mit Stoppuhr getriezt wurden.

Für den Abend, nach dem Essen, hatten sich die drei noch etwas Unkonventionelles überlegt und dafür waren Kenny und die Schwarzhaarige nun auf einer der nahegelegenen Wiesen am Vorbereiten.

Nur zwei Stunden später saßen alle mit vollen Bäuchen auf den Stühlen und sammelten wieder Energie.

„Oh man, der Tag war heftig. So lange haben wir lange nicht mehr geackert.” Tyson murmelte mehr vor sich hin und saß halb heruntergerutscht in dem Klappstuhl.

„Also…” Kenny hob den Finger

„... wir sind noch nicht fertig für heute.”

„Waaaas?” Diese Antwort kam unisono aus sämtlichen Richtungen und brachte Akira wieder zum Lachen.

„Noch mehr??” Tysons Stimme wurde weinerlich.

„Nichts Anstrengendes, mehr was Spaßiges.”, wollte ihn seine Cousine beschwichtigen. Erntete jedoch nur einen leidigen Blick.

„Danach gibt es auch Nachtisch.”, versuchte sie es dann und Tyson wurde aufmerksam, was sie erneut lachen ließ. Hilary stand auf, um etwas zu holen und kam mit einem weichen Ball zurück, den sie in die Luft schmiss und wieder fing.

„Wir spielen jetzt eine Runde Völkerball! Dank Zeo sind wir sogar genug, um zwei gleich große Teams bilden zu können. Das heißt, dass Kenny, Aki-chan und ich natürlich mitspielen.”

„Super Idee. Das habe ich lange nicht mehr gespielt.” Ray erhob sich und gab Hilary ein High Five. Der Rest erhob sich ebenfalls, teils motiviert, teils resigniert.

„Opa, kannst du den Schiedsrichter machen?”, fragte Akira und bekam ein begeistertes Nicken als Antwort.

„Ist das nicht unfair? Ihr habt euch heute nicht so verausgabt wie wir!” Tyson versuchte immer noch zu diskutieren.

„Ja, und deshalb dürft ihr entscheiden wie die Teams aussehen.” Akira legte einen Arm um die Schulter ihres Cousins.

„Und außerdem soll das auch eure Augen-Hand-Koordination trainieren. Es ist also nicht nur aus Spaß.”, meinte sie dann. Es hatte schon einen Grund gegeben, warum Hilary das Krafttraining erst auf den nächsten Tag gelegt hatte. So waren sie nur von der Kondition her ausgepowert. Doch die Jungs waren immer schnell wieder einsatzbereit. Sie konnten alle ziemlich was ab, auch wenn Tyson dabei als Lautester schimpfte.

„Ich will Aki in meinem Team!”, schrie er daraufhin, damit jeder es mitbekam.

„Bist du dir sicher?”, sie fragte lieber nochmal nach. Eigentlich hatte sie gedacht er wolle sich an ihr für das heftige Training rächen, da es ja auch auf ihrem Mist gewachsen war.

„Du bist zwar echt schlecht was das Werfen angeht, aber im Ausweichen macht dir keiner was vor.” Das war leider die Wahrheit, das musste Akira zugeben. Ihr Talent zum Ausweichen hatte ihr besonders ihr Großvater im Kendo-Training eingebläut.

Die Teams wurden schnell beschlossen. Tyson, Akira, Max und Zeo gegen Hilary, Kenny, Ray und Kai. Sie verteilten sich in den vorhin mit Bändern abgesteckten Spielfeldern und Tysons und Akiras Großvater pfiff an.

Es ging ziemlich hitzig zu. Max stand nun als letzter normaler Spieler in ihrem Feld, nachdem Akira einem Doppelangriff vom gegnerischen Team keineswegs mehr ausweichen konnte. Ray hingegen als König durfte nur noch zweimal getroffen werden, ehe sein Team verlieren würde. Sie hatten sich für die Variante entschieden, wo die rausgeflogenen Spieler zusammen mit ihrem König weiterspielen und sich die Chance zurück ins Feld zu können erspielen durften. Bei so wenig Spielern wären sie sonst zu schnell fertig geworden.

Tyson tat sein bestes Ray zu treffen, aber der Chinese war wie eine Schlange und wich jedes Mal aus. Gerade als Ray wieder den Ball gefangen hatte und weiter zu seinen Teammitgliedern werfen wollte, konnte Akira mit einem Hechtsprung dazwischen gehen und den Ball an Max weiterleiten, der sofort reagierte und Ray erwischte. Er freute sich leider zu früh, da Kai den abprallenden Ball erwischte, ehe er auf dem Boden aufschlagen konnte und damit Max traf. Sie alle konnten sich leidenschaftliche Rufe und Freudenschreie nicht verkneifen. So ausgelassen hatte das Mädchen das Team lange nicht mehr gesehen. Es war wirklich eine gute Idee gewesen auch noch etwas anderes im Training zu machen, als sonst.

Nun war es an Tyson als König sein Team noch zu retten. Doch auch er musste sich, wenn auch lautstark meckernd, geschlagen geben. Ray schaffte es erfolgreich den Ball nicht aus seinem Feld zu seinen rausgeflogenen Gegnern zu lassen und so wurde Tyson von ihm, Kai und Hilary regelrecht bombardiert.

Der Japaner lag geschlagen auf dem Gras und blickte schmollend in den Himmel. Akira ging zu ihm, wollte ihm aufhelfen, aber er zog sie stattdessen Richtung Boden, wo sie lachend neben ihm landete und sich ebenfalls auf den Rücken drehte.

„Das nächste Mal wähle ich dich nicht mehr!”

„Ich habe dich extra gefragt, ob du dir sicher bist.” Sie hatte ihre Chancen eigentlich gar nicht so schlecht eingeschätzt, aber besonders Ray und Kai waren zusammen unschlagbar. Und Hilarys Wurf war auch nicht zu verachten. Kenny hingegen hatte eher versucht sich hinter den anderen zu verstecken. Solche Spiele waren wirklich nicht so sein Ding, aber Akira rechnete es ihm hoch an, dass er überhaupt mitgemacht hatte.

Nachdem alle duschen waren, hatten sie ein kleines Lagerfeuer gemacht, auf dem sie Marshmallows rösteten. Eine Schüssel mit frischem Obst ging ebenfalls herum. Die wohlige Wärme war angenehm, nachdem es am Abend aufgefrischt hatte. Die Gespräche waren eher leicht und Akira schaltete sich gedanklich wieder ab, während sie in das Feuer schaute, und resümierte über ihren Vortag und das Gespräch mit Ozuma. Ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen ohne, dass sie es merkte. Sie registrierte ebenfalls nicht, dass sie dabei beobachtet wurde. Erst als sich die meisten Richtung Zelte aufmachten und sie als letzte die Überreste für die Nacht aufräumte, fiel ihr auf, dass sie doch nicht alleine war.

„Darf ich fragen, ob etwas passiert ist?” Ray stand direkt neben ihr und flüsterte, damit die anderen nichts hören konnten. Akira sah ihn nur verwirrt an.

„Komm schon. Ich kenne diesen verträumten Blick, den du heute schon den ganzen Tag an dir hast.”

„Vor dir kann man auch nichts verheimlichen, oder?” Das Mädchen schwankte zwischen Bewunderung über so viel Einfühlungsvermögen und auch Scham, dass sie sich doch nicht so unauffällig verhalten hatte. Andererseits war es immer noch Ray, mit dem sie ja schon mal ein aufschlussreiches Gespräch über dieses Thema geführt hatte. Der Junge signalisierte, dass sie sich wieder an das ausglimmende Feuer setzen könnten, die Zelte dabei im Blick behaltend. Akira folgte ihm und begann leise zu erzählen.

„Ozuma ist gestern wieder aufgetaucht. Das erste Mal seit euren Kämpfen im Freizeitpark.” Ray hörte schweigend zu und nickte verstehend.

„Er hatte das mit der Mission nochmal näher erklärt, mit welchen Ansichten und Einstellungen er aufgewachsen ist. Ihr habt ihm quasi die Augen geöffnet, dass es auch anders geht. Er versteht jetzt auch, dass es eine Verbindung zwischen BitBeast und Blader geben kann. Das war auch der Grund warum er das mit mir und seine Mission euch betreffend so getrennt voneinander gesehen hatte.” Wieder ein verständnisvolles Nicken.

„Und wie seid ihr verblieben?”, fragte er schließlich.

„Er wollte mich, glaube ich, offiziell fragen, aber ich habe ihm direkt zu verstehen gegeben, dass ich mir nicht sicher bin, weil ich so enttäuscht von seinem Verhalten war. Ich habe ihm gesagt, dass ich seinen Standpunkt jetzt im Nachhinein zwar verstehe, aber ich trotzdem erst meine Gefühle sortieren und herausfinden muss, was ich eigentlich wirklich will.”

„Oh… Okay… Und deswegen hängst du in Wolke 7 fest, weil du es jetzt weißt…?” Akira lachte leise.

„Nein, ehrlich gesagt hat er mich daraufhin gefragt, ob wir dann zumindest erstmal Freunde sein können, worauf ich so erleichtert war, dass er meine Entscheidung so anstandslos respektiert, dass ich ihn umarmt hatte und dann… hat er sich bei mir bedankt und mich geküsst.” Das Mädchen wurde schon wieder Rot, als sie daran dachte.

„Geküsst??” Ray hatte Schwierigkeiten seine Stimme leise zu halten und nicht die Aufmerksamkeit der anderen auf sie zu ziehen.

„J-... ja, also auf die Wange!” Jetzt wurde sie noch roter beim Gedanken daran, wie der andere sie missverstanden hatte. Der Chinese machte eine stumme -Ohhh- Geste und nickte ein weiteres Mal.

„Es ist zwar einige Zeit vergangen, in der ich darüber hätte nachdenken können, aber ständig war irgendwas und ich hab’s dann doch nach hinten geschoben, weil ich zu abgelenkt war.”, erklärte sie weiter.

„Ich bin mir echt unsicher, aber das gestern… Das war einfach...” Sie rang um die Worte und gestikulierte mit ihren Händen. In dem Moment stellte sie fest, dass Ray der einzige war, mit dem sie über Ozuma reden konnte und sie war unglaublich erleichtert, dass er das Gespräch sogar von sich aus gesucht hatte. Sie ließ die Hände wieder sinken und knuffte den anderen leicht in die Seite.

„Danke, Ray. Es tut gut mal mit jemandem darüber reden zu können.” Doch der winkte ab.

„Kein Problem. Halte mich nur auf dem Laufenden. Ich muss wissen, wann ich ihm eine Lektion erteilen soll.”, grinste er und zwinkerte. Akira hatte das Gefühl, dass er sich gerne einreihen konnte. Tyson und Robert würden ihm sicher zuvor kommen, sobald sie den Braten rochen.
 

Auch der Folgetag war vollgepackt mit verschiedenen Trainingseinheiten. Kenny hielt die Jungs mit Matches auf Trapp, Hilary sorgte anschließend dafür, dass sie vorerst keinen Muskel mehr bewegen konnten. Am frühen Nachmittag waren sie mit dem Programm durch und beschlossen die letzten Stunden auf dem Campingplatz zu relaxen. Die drei Organisatoren hatten schon einiges zusammen und in den Bus geräumt und während ihr Fahrer schnarchend im Schatten saß, lagen sie verteilt und entspannten sich ebenfalls in der Frühlingssonne. Die Zelte hatten sie bereits abgebaut und es fehlen nur noch Kleinigkeiten, doch sie alle genossen im Moment die Ruhe. Es war lange her, seitdem sie ohne Stress so zusammen waren. Akira war schon etwas verwundert, dass sie dieses Wochenende wirklich kein Mal gestört wurden, aber sie wollte auch nicht zu viel darüber nachdenken, da sie die Ruhe nicht verhexen wollte. Sie saß im Schneidersitz vor Hilary im Gras, während das andere Mädchen spontan beschlossen hatte ihr Zöpfe zu flechten. Akira kam sich ein bisschen vor wie in einem Klischee-Teenie-Film und musste leise über den Gedanken glucksen. Sie ließ ihren Blick über ihre Freunde schweifen und spielte mit den Grashalmen vor sich, als ihre Gedanken wanderten. Zeo war eine frische Bereicherung für das Team. Er war noch jünger als Akira selbst, doch sein Ehrgeiz war wirklich nicht zu verachten. Ihm fehlen noch einige Techniken und, dass er kein BitBeast besaß, war leider auch ein Nachteil, wenn er gegen die anderen im Training kämpfte. Das hieß jedoch nicht, dass er sich einfach geschlagen geben würde. Er war für seine Verhältnisse durchaus ebenbürtig und nahm jeden Tipp dankend an. Akira hatte auch an seinem Blade herumgetüftelt und verbessern können. Nichtsdestotrotz war er so intensives Training überhaupt nicht gewohnt und hatte mächtig kämpfen müssen, um mit den anderen mithalten zu können. Aber er hatte nicht aufgegeben und sich durchgebissen.

Morgen würden sie alle wieder zur Schule müssen und der Alltag hatte sie wieder. Bald würden auch die Vorentscheidungen für die Weltmeisterschaft beginnen. Sie waren alle gespannt wie die Vorrunden laufen würden – und vor allem mit wem.

//Ob die Saint Shields dann auch dabei sind…?// Ozuma hatte es zwar erwähnt, aber es würde trotzdem eine Überraschung werden, ob sie bei den Vorrunden auftauchen würden oder nicht. Die Japanerin beschloss die Zeit, bevor sie aufbrechen mussten, mit meditieren zu verbringen. Hilarys Bewegungen waren ehrlich gesagt recht entspannend und sie schloss einfach die Augen, machte die Gedanken frei.



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