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Aus dem Leben...

Eine kleine Geschichte
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
*** Triggerwarnung (Selbstverletzung) ***

Die Handlung spielt zwischen der 21. und der 27. Folge Komplett anzeigen

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Revelation (V-Force) (Update)

Nur wenige Tage nach ihrer Heimkehr stand der lang erwartete Kampf gegen das Team Psykick an. Nachdem sie das böse Oberhaupt der Organisation, Gideon, zum ersten Mal kennen gelernt hatten, mussten sie sich schon behaupten. Nicht aber wie sie vielleicht gedacht hatten gegen ihre eigentlichen Gegner, sondern Maschinen, die ihnen zahlreiche Beyblades um die Ohren schmetterten. Und als sie dachten, sie hätten es geschafft, tauchten weitere Maschinen auf. Hilary wäre fast von einem dieser Blades getroffen worden, hätte ein anderer sich nicht dazwischen geworfen und ihn davon abgehalten. Da er genau hinter ihr gestartet wurde, hatte Akira sich entsprechend erschreckt und traute ihren Augen kaum, als sie sich umdrehen wollte und plötzlich Ozuma neben ihr stand.

„Wem gehört der?“, fragte Tyson und keine Sekunde später hatte auch er ihn gesehen.

„Ozuma...“ Tyson und Akira glitt der Name gleichzeitig von den Lippen. Die Betonung jedoch könnte nicht unterschiedlicher sein. Das Mädchen musste zu euphorisch gewirkt haben, da sie plötzlich einen stechenden Blick von Seiten ihres Cousins erntete. Ozuma hingegen setzte wieder sein typisches Schmunzeln auf und stieß leicht mit seiner Schulter gegen Akiras. Erst jetzt merkte sie, dass auch die anderen der Saint Shields dabei waren. Um genau zu sein, stand sie sogar genau zwischen ihnen. Etwas peinlich berührt löste sie sich von ihrer Position, drehte sich um und stand nun vor ihnen. Wie sich herausstellte, wollten sie den Bladebreakers helfen, um sicher zu gehen, dass sie die Kämpfe gegen Psykick gewinnen und ihre BitBeats beschützen konnten. Somit konnten sie endlich zur ersten Kampfstätte ziehen.

„Kennt ihr euch etwa?“ Und es ging los. Tyson hatte anscheinend wirklich etwas gemerkt.

„Ich würde es nicht wirklich kennen nennen. Wir haben uns nur zwei Mal per Zufall getroffen. Die Male mit euch ausgeschlossen.“ Sie hatte es nicht für unbedingt wichtig gehalten ihrem Cousin das zu sagen. Schließlich hatten sie und Ozuma ja auch nicht wirklich über Bladebreaker-Angelegenheiten gesprochen, auch wenn das Mädchen es versucht hatte. Jetzt wo sie daran dachte, wusste sie nicht einmal worüber sie genau gesprochen hatten. Es schien eher belanglos. Smalltalk eben.

„Und wieso weiß ich davon nichts?“ Tyson schien angesäuert über diese Tatsache.

„Du hast nicht gefragt.“, antwortete das Mädchen allerdings trocken. Ein solch stark vom Beschützerinstinkt geleitetes Verhalten kannte sie schon von Robert und seufzte über die Tatsache, dass sie, was das anging, anscheinend vom Regen in die Traufe gekommen war.
 

***
 

Der erste Kampf war Max gegen Jim. Es dauerte lange und trotz mehrerer Siege auf Max' Seite mussten sie dennoch mit ansehen, wie sein Draciel gefangen genommen wurde. Akira hatte Glück, dass Tyson vorerst abgelenkt war, sonst hätte der wahrscheinlich auch Ozuma, als er mit seinem Team nach dem Kampf wieder auftauchte, noch einen Spruch wegen vorhin reingedrückt. Auch die folgenden Matches waren spannend, doch letztendlich konnten die Bladebreakers die Aufgabe bewältigen. Schneller als sie jedoch reagieren konnten, fing das Gebäude an Stück für Stück zu kollabieren. Sie schafften es glücklicherweise noch rechtzeitig nach draußen, doch Tyson und Max waren immer noch darin. Akira stockte, als das Gebäude endgültig zusammenbrach.

„Tyson... TYSON! Scheiße!“ Sie konnte nicht glauben, dass er darunter verschüttet sein sollte und mit einem Satz war sie schon nach vorne gesprungen, fest entschlossen ihren Cousin zu finden. Durch die Rauchwolken sah sie jedoch wenige Sekunden später seine und Max' Statur auf sie zu rennen. Ihr Gesicht hellte sich auf, auch der Rest war sichtlich erleichtert. Mit Tränen in den Augen lief sie ihnen entgegen und Tyson konnte sie nur geradeso abfangen, während er selbst fast das Gleichgewicht verloren hätte.

„Hey, uns geht’s gut. Keine Sorge.“, lachte er schließlich und Akira löste sich leicht von ihm.

„Scheiße, warum stellt ihr auch sowas an??“ Immernoch mit feuchten Augen schnappte sie sich schließlich auch Max und hing mit beiden gleichzeitig in einer Umarmung. Nach kurzer Zeit löste sie sich endgültig.

„Sorry.“ Leicht zitternd wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht und lächelte die beiden an. Tyson grinste schelmisch und schließlich wurden sie auch von den anderen begrüßt. Hinter den beiden hatten es die Saint Shields auch in ganzen Stücken aus den Ruinen geschafft. Akira konnte sich denken, dass sie zusammen geflohen sein mussten.

„Danke...“ Ihre Stimme war brüchig und Ozuma strich ihr kurz über den Schopf, als er mit den anderen an ihr vorbei gingen. Die indirekte Kriegserklärung der Saint Shields an die Bladebreaker, die darauf folgte, kam dementsprechend überraschend.

//Was...?//
 

Am Abend waren alle wieder bei den Grangers. Akiras Nerven lagen blank, es war einfach schon wieder zu viel geschehen. Eigentlich wollte sie nur noch duschen und ins Bett, doch ihr Cousin hatte ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht. Während die anderen noch etwas den Tag ausklingen lassen wollten, war er ihr gefolgt und stoppte sie auf dem Engawa noch bevor sie ihr Zimmer betreten konnte.

„Du schuldest mir noch eine Erklärung.“ Irritiert drehte sie sich um.

„Was?“

„Du weißt schon. Wegen Ozuma. Er ist unser Feind, vergiss das nicht.“ Warum musste er gerade jetzt wieder damit anfangen?

„Er ist gar nicht so übel. Außerdem, was soll da schon sein?“ Ein genervtes Seufzen folgte und Akira massierte sich die Schläfen. So froh sie auch war, dass ihr Cousin den Tag überlebt hatte, warum konnte er es nicht einfach lassen? Sie wusste doch selbst nicht mal, wie man das bezeichnen konnte, was da zwischen ihnen beiden war. Dafür war alles einfach zu konfus.

„Du hast doch gehört, was er gesagt hat.“, bohrte er weiter.

„Und streite ja nicht ab, dass da was ist. Das sieht doch jeder Blinde!“ Jetzt hatte er sie wütend gemacht.

„Was geht es dich überhaupt an? Es ist doch wohl meine Sache, wenn ich ihn nett finde.“

„HAH! Du gibst es also zu!“ Tyson wurde lauter und baute sich auf.

„Der verarscht dich doch nur. Und du fällst voll darauf rein!“ Das reichte.

„Das sagt der Richtige! Lässt dich selbst nach Strich und Faden von Kai verarschen und nimmst ihn wieder auf, als wäre nichts gewesen, wenn er wieder angekrochen kommt!“, brüllte sie nun zurück. Sie hatte drastische Worte gewählt, doch jetzt war es raus. Eigentlich hatte sie es ihrem Cousin ja nicht sagen wollen, dass sie Kai immer noch irgendwo misstraute, doch der Ärger und ihre schwache mentale Verfassung taten ihr Übriges. Es stimmte, dass sie allmählich begann seinen Charakter zu verstehen, doch seltsam kam er ihr immer noch vor. Sein komisches hin und her zwischen Eisklotz und loyalem Freund verwirrte sie ungemein.

„Du willst ihn doch nicht ernsthaft mit Ozuma vergleichen?! Kai ist mein Freund, wie kannst du so von ihm reden?“

„Und wie kannst du es wagen mich so an den Pranger zu stellen, wenn es dich gar nichts angeht?!“ Beide schrien sich regelrecht in Rage. Akira ballte die Hände zu Fäusten, sie bemerkte gar nicht, wie nahe sie am Rande eines Ausbruchs stand.

„Du spinnst doch! Ich dachte du hättest ein besseres Urteilvermögen was Le-...“ Tyson kam gar nicht so weit seinen Satz zu beenden, da hatte ihm Akira auch schon mit voller Wucht ins Gesicht geschlagen. Er landete mit einem dumpfen Aufprall auf dem Hintern und schaute sie schockiert an. Das Mädchen wollte weiter auf ihn losgehen, merkte jedoch was da wieder mit ihr passierte.

„Scheiße... Tyson...“ Die Worte pressten sich nur gerade so heraus und sie auf die Knie ging und anfing heftig zu schnauben. Erst jetzt realisierte wie sehr ihr Körper zitterte und sich nach Druckabbau sehnte. Verzweifelt krallte sie sich wieder in ihre Unterarme.

„Tyson... es tut mir Leid...“ Ihre Stimme war nicht mehr als ein Hauchen.

//Nein nein nein!!!// Mit dem Kopf sank sie bis auf den Boden und schrie, damit der Druck wenigstens etwas nachließ. Ein Poltern folgte und sie konnte hörte wie die anderen dazu kamen.

„Was...?“

//Scheiße... scheiße...// Ein weiteres Mal an diesem Tag füllten sich ihre Augen mit Tränen und mit einem Ruck wurde ihr Oberkörper nach oben gerissen. Ray hatte sie gepackt und versuchte ihre verkrampften Hände zu lösen.

„LASS MICH LOS!“, schrie sie weiter. Sie wollte nicht noch jemanden verletzen. Max kam hinzu um Ray zu helfen, doch gerade, als sie es schafften ihre Arme von der Penetration ihrer Fingernägel zu befreien, stieß sie ihn mit einer solchen Wucht weg, dass er ebenfalls rücklings auf dem Boden landete. Ein weiterer Schrei folgte und sie fiel wieder vornüber, die jetzt freie Hand in den Stoff ihres Shirts krallend. Im nächsten Moment kam Kai dazu und er und Ray hatten sie bald fest im Griff. Max schüttelte sich, mit so einer Kraft hatte er ehrlich gesagt nicht gerechnet.

„AKIRA! Reiß dich zusammen!“ Ray versuchte zu ihr durchzudringen, doch sie wehrte sich. So schlimm war es lange nicht mehr gewesen. Tyson hatte sie aber auch wirklich gekonnt provoziert. Tiefe Schluchzer folgten und ließen ihren Körper beben. Ihr Kopf war so voller Emotionen, dass es unmöglich schien an ihre Entspannungstechniken zu denken... So viel zu ihrem Training. Ein paar weitere Male versuchte sie sich aus den Griffen der Jungs zu winden, doch zu ihrem Glück vergeblich. Minuten verstrichen und sie schaffte es sich einigermaßen zu beruhigen, bis sie fast schon wie ein nasser Sack zwischen den beiden hing.

„Es tut mir so Leid...“ Ray und Kai ließen vorsichtig los, bereit sie wieder zu packen, sollte sie abermals die Fassung verlieren. Akira stützte sich auf einem Arm ab, die andere Hand versuchte ihre Schluchzer zu dämpfen.

„Es tut mir so Leid, Tyson... Das wollte ich nicht...“ Ihr Cousin starrte sie währenddessen immer noch schockiert an. Er hatte gewusst, dass so etwas passieren könnte, doch hatte sie sich doch bisher immer so gut im Griff gehabt, dass es für ihn immer schien, als wäre das Problem gar nicht so schlimm.

„Aki...“ Auch seine Stimme war hauchdünn und er reichte mit der Hand nach vorne, um ihr zu zeigen, dass er in Ordnung war. Seine schmerzende Nase ignorierte er dabei.

„Ty...“ Den einen Meter Differenz hatte sie vorsichtig überwunden, nachdem sie gemerkt hatte, dass er ihr nicht böse war. Tyson griff nach ihr und zog sie zu sich heran.

„Ist alles okay. Nichts passiert.“, versuchte er sie zu aufzumuntern. Wie an einen rettenden Strohhalm klammerte Akira sich nun an ihn.

„Es tut mir Leid... Es tut mir so Leid... Bitte verzeih mir...“ Ihr Körper bebte immer noch und sie vergrub das feuchte Gesicht in seiner Schulter. Die sprachlosen Gesichter der anderen bekam sie dementsprechend auch nicht mit. Keiner von ihnen hatte je mit sowas gerechnet, so war Tyson der einzige von ihnen, der von ihrer Schwäche wusste.

„Hey, mir geht es wirklich gut. Es ist alles in Ordnung.“ Tyson hatte seine Lektion gelernt, niemals Akira provozieren. Es dauerte noch eine Zeit, bis sich das Mädchen komplett beruhigt hatte. Sanft strich er ihr über den Rücken und langsam löste sie sich wieder aus der Umarmung, wischte sie sich fahrig über die Augen. Erst jetzt sah sie die tiefen Striemen. Durch das ganze Gezerre sah es sogar noch schlimmer aus, als beim letzten Mal, obwohl es diesmal nicht so lange gedauert hatte. Erneut schossen ihr die Tränen in die Augen.

„Scheiße...“

„Aki-chan...“ Es war Hilary, die sich als erste der anderen traute näher zu treten. Sich neben die beiden hockend fasste sie dem anderen Mädchen sanft an den Arm. Akira schaute auf, in dem Moment wurde ihr bewusst, dass alle es mitbekommen haben. Ängstlich sah sie auch zu den vier Jungs, die sie immer noch wortlos anschauten.

„Leute... es... es tut mir so Leid… Ich-...“ Voller Scham schlung sie die Arme um ihren eigenen Körper, damit man die Wunden nicht sehen konnte. Aber sie waren dennoch da, das Brennen war Beweis genug. Max löste sich von seiner Position und kam auf allen Vieren nach vorne gekrabbelt.

„Mach dir keine Sorgen.“ Er versuchte zu lächeln um ihre Stimmung etwas aufzuheitern.

„Max... Hab ich dir weh getan? Es tut mir so Leid, dass ich dich gestoßen hab’.“ Sie traute sich gar nicht näher aus Angst, dass sie abgewiesen wurde. Doch schnell musste sie merken, dass dies nicht der Fall war.

„Jetzt hör endlich auf sich ständig zu entschuldigen. Es ist nicht passiert.“ Mit diesen Worten richtete sich Max auf und zog sie ebenfalls in eine halbe Umarmung.

„Wichtiger ist jetzt, dass du in Ordnung bist.“, sagte er schließlich und tätschelte ihren Kopf.

„Max...“ Akira konnte es gar nicht glauben. Sie hatte mit allem gerechnet. Spott, Verachtung, Angst, aber nicht damit. Und Max blieb nicht alleine, auch Ray hockte sich dazu, während Kai und Kenny dahinter standen.

„Keine Sorge, so leicht wirst du uns nicht los.“ Die anderen nickten zustimmend. Hätte sie noch Tränen übrig, wären diese spätestens jetzt raus.

„So, wir zwei gehen jetzt erstmal ins Bad und kümmern uns um deine Verletzungen.“, sagte Hilary schließlich und lächelte aufmunternd. Akira konnte gar schnell genug reagieren, da hatten ihr alle schon Platz gemacht und Tyson sie zusammen mit Hilary auf ihre wackeligen Beine gezogen.
 

Im nächsten Moment stand sie in der wärmenden Dusche. Hilary war währenddessen in ihrem Zimmer neue Kleidung am zusammensuchen. Wirklich viel hatte sie mit dem anderen Mädchen noch nicht gemacht, außer ihre gemeinsamen Abenteuer zusammen mit den Jungs und natürlich das letzte Wochenende in Kyoto. Gemocht hatte sie sie jedoch schon seit Anfang an. Es war beruhigend zu sehen, dass sie nicht alleine war, wenn sie Tyson wieder auf den Boden der Tatsachen herunterholen musste.

Vorsichtig löste sie ihre Hände von der Wand, wo sie waren um nicht zu viel Wasser abzubekommen. So gut das warme Nass auch tat, es brannte höllisch auf ihren Wunden. Immernoch konnte sie nicht glauben, was vor nur wenigen Minuten passiert war. Sie hatte immer vorgehabt es den anderen mal zu erzählen, hatte allerdings irgendwie nie die richtige Situation während der letzten Monate gefunden. Und jetzt hatten sie es auf die brutalste Art und Weise herausfinden müssen.

//Ich muss mit ihnen reden und das wieder gerade biegen...// Der Wasserstrahl versiegte und sie stieg aus der Dusche um sich abzutrocknen. Ein Klopfen signalisierte, dass Hilary ebenfalls soweit war. Nachdem Akira sich also in ein Shirt und Shorts geschmissen hatte, saßen die beiden auf dem Boden, während Hilary ihre Arme verarztete. Das Blut hatte die Wunden zum Glück doch schwerwiegender aussehen lassen, als sie eigentlich waren. Die Kratzer waren zwar tief, aber nicht so, dass sie ins Krankenhaus gemusst hätte.

„Hast du das häufiger...?“, fragte Hilary schließlich in die Stille.

„Nicht mehr, das war früher schlimmer. Da habe ich's allerdings immer raus gelassen und nicht versucht mich selbst so aufzuhalten“ Akira biss sich auf die Lippe. Das andere Mädchen versuchte zwar ihr Bestes, doch weh tat es dennoch.

„Ich war ziemlich gestresst von heute und dann fing Tyson mit diesem blöden Thema an. … Ich hab garnicht gemerkt, wie weit ich schon war, als...“ Auch ihr Herz schmerzte. Damals hatte sie Robert zwar auch ab und an bei ihren Ausfällen erwischt, er wusste jedoch davon und war entsprechend immer darauf vorbereitet gewesen. Tyson hingegen hatte sie eiskalt erwischt, der Schock in seinen Augen hatte Bände gesprochen. Währenddessen merkte sie nicht, wie sie genauestens beobachtet wurde. Hilary und auch die anderen hatten einen Teil des Streites mitbekommen, in der Lautstärke war es auch nicht wunderlich. Die Fragen brannten ihr selbst auf den Lippen, doch sie blieb stumm.

„Das hätte nicht so weit kommen dürfen...“ Akiras Stimme war nicht mehr als ein Flüstern.

„Hey, ihm geht es gut. Ich schätze, wenn er sein Gesicht etwas kühlt, ist es morgen schon wieder gut.“ Sie leicht zog an Akiras Arm, um die Aufmerksamkeit des Mädchens auf sich zu lenken.

„Er war nur überrascht.“, fuhr sie fort und befestigte das letzte Stück Mullbinde mit Tape.

„So, fertig. Du solltest da morgen nochmal nach sehen und frische Salbe drauf machen.“, lächelte sie sie an.

„Danke, Hilary.“ Akira versuchte auch ein kleines Lächeln.

„Quatsch.“ Sie winkte lächelnd ab und wurde dann wieder ernster.

„Bist du in der Stimmung auch mit den anderen zu reden, oder willst du direkt ins Bett?“

„Ich...“ Natürlich wollte sie sich am liebsten die nächsten Tage in ihrem Zimmer verkriechen, doch sie wusste, dass das nicht fair wäre. Sie musste den anderen Rede und Antwort stehen, das war sie ihnen wirklich schuldig.

„Nein, ist schon okay.“ Hilary musterte sie kritisch. Sie schien, als würde sie sie dennoch jeden Moment ins Bett schicken, doch auch sie wollte mehr wissen.
 

Akira musste erst noch einmal tief durchatmen, bevor sie das Dojo betreten konnte. Sie hatte Angst vor dem Gespräch, doch sie versuchte auch die vorige Reaktion aller im Kopf zu behalten. Sie hatte wirklich Glück solche Freunde zu haben. Sie bemerkte wie Kai etwas abseits an der Wand gelehnt saß, während der Rest in der Mitte einen Halbkreis bildete. Seinen Blick konnte sie ebenfalls auf sich spüren. Er stach regelrecht und sie wusste, was das bedeutete.

//Er hat es mitbekommen...// Sie schrumpfte etwas in sich zusammen und setzte sich dazu, während sie es vermied weiter in seine Richtung zu sehen.

„Wieder alles okay?“, fragte Tyson, der neben ihr saß und sie besorgt ansah.

„Ja... Und du?“ Sein Gesicht untersuchend, stellte sie erleichtert fest, dass es wirklich nicht schlimm sein konnte. Es war nichts geschwollen und bluten tat er auch nicht.

„Ich hau’ mir gleich ein Eispack drauf, aber ansonsten geht’s.“ Er versuchte es mit einem Grinsen. Das wirkte allerdings eher schief, weil sein Gesicht dazu dann doch zu sehr schmerzte. Direkt kamen wieder die Schuldgefühle hoch und ihr Blick wanderte Richtung Boden. Erneut versuchte sie tief durchzuatmen.

Keiner wollte so recht anfangen, handelte es sich doch um ein sehr sensibles und auch privates Thema.

„Kannst... Was genau war das vorhin?“, fragte schließlich Ray. Man merkte, dass er um die richtigen Worte rang. Akira blickte wieder auf und besah sich die neugierigen und auch besorgten Gesichter. Sie suchte nach einem guten Anfang.

„Mein Therapeut sagte, man nennt es Wutsyndrom. Einen richtig offiziellen Namen gibt es wohl nicht, aber man kann es als eine mentale Störung sehen.“, begann sie.

„Das heißt, dass das eine... Krankheit ist?“ Hilary fragte vorsichtig, nicht sicher ob sie die richtige Wortwahl traf, da sie Akira ja auch nicht beleidigen wollte.

„Ja... irgendwie schon. Das ist... wie als wenn ein Schalter im Kopf umgelegt wird und man nicht mehr rational denken kann. Man verliert vollkommen die Kontrolle.“, versuchte sie den anderen ihre Situation und auch ihre Gefühle nahe zu bringen.

„Seit wann hast du das?“ Auch Kenny klinkte sich ein.

„Mit elf hatte ich meinen ersten Anfall. Ich war wohl nie ganz leicht gewesen, aber ab da wurde es selbst für meine Eltern unerträglich. Deswegen habe ich auch bei Robert gewohnt bevor ich hierher kam. Er hatte Kontakt zu einem guten Psychologen, da der davor mir nicht mehr helfen konnte... Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er mir nur noch Medikamente verschrieben, doch das wollten meine Eltern nicht. Zuhause hatte es allerdings dann auch irgendwann nicht mehr funktioniert und ich habe mich gezwungen gesehen auszuziehen.“ Es tat weh, wann immer sie an die Gesichter ihrer Eltern dachte, als sie es ihnen gesagt hatte. Sie erst 13 gewesen als sie den Entschluss gefasst hatte und ihre Eltern hatten lange gebraucht, um zu akzeptierten, dass es trotz ihren jungen Alters besser war, besonders als die Anfälle mehrfach wöchentlich auftraten. Vor allem ihre Mutter war dadurch an den Rand der Verzweiflung getrieben worden, da sie meist allein mit Akira Zuhause gewesen war, wenn es passiert war.

//Das ist jetzt schon über ein Jahr her…//

„Ich... Während der Zeit bei Robert habe ich große Fortschritte gemacht. Die Anfälle kamen nur noch in immer größer werdenden Abschnitten.“ Akira hatte begonnen mit ihren Fingern zu spielen. Sie war wirklich nervös.

„Wie groß sind die Chancen auf Heilung?“, fragte Max.

„Gleich Null.“ Sie erntete große Augen von den anderen.

„Ich habe lediglich die Chance zu erlernen, wie ich mich selbst in den Griff bekomme, dass ich mich entweder gar nicht erst aufrege oder weiß, wie ich mich schnell wieder runterfahren kann. Aber das ist ein langer Weg. Als ich hierher kam, hatte ich das als Neustart für mich gesehen. Ich wollte andere Dinge ausprobieren und nicht gleich jedes Mal zum Therapeuten rennen müssen. Deswegen hänge ich mich auch so in das Kendo-Training rein und meditiere täglich.“ Kenny wackelte auf deinem Hintern herum. Er hatte sich schon gewundert, warum sie ihm nicht doch häufiger zur Hand gehen konnte, sondern sich stattdessen alleine in den hinteren Teil des Gartens zurückzog.

„Gibt es bestimmte Situationen, die diese Reaktion hervorrufen?“ Tyson wollte wissen, warum genau er es geschafft hatte sie aus der Fassung zu bringen.

„Stress und Konflikte sind mein Hauptproblem... besonders wenn es persönlich wird.“ Und damit schaute sie ihn direkt an. Der Streit zwischen ihnen war sehr persönlich gewesen, für sie beide.

„Und bei eben war beides der Fall gewesen.“ Das erklärte vielleicht auch die Heftigkeit mit der es aus ihr herausgebrochen war.

„Wäre es dann nicht besser, wenn du dir erst die Zeit gibst, bevor du mit uns zusammen bist? Ich meine... seien wir mal ehrlich, wir erleben eine Menge Stress. Und so wie ich euch beide einschätze, könnte es auch öfters knallen.“ Eigentlich wollte Ray den Vorschlag gar nicht raus lassen, doch irgendwo stimmte es schon.

„Mich verschanzen wäre das Schlimmste, was ich tun könnte. Das Leben ist voll von Stresssituationen und wenn ich mich denen nicht auch aussetze, werde ich es nie wirklich lernen. Außerdem bin ich nicht hier hingekommen, um die ganze Zeit alleine in meinem Kämmerchen vor mich hin zu vegetieren.“ Akira versuchte ein kleines Lächeln. Ein weiterer Grund war zudem, dass sie die Bande wirklich lieb gewonnen hatte. Auch und vor allem ihren nervigen Cousin.

„Es tut mir wirklich leid, dass ihr es so erfahren musstet. Ich hatte ehrlich vorgehabt es euch zu sagen.“ Sie senkte ihren Kopf um ihrer Entschuldigung Deutlichkeit zu verleihen.

„Hey, wir können alle verstehen, dass es schwer ist darüber so offen zu reden. Und wie gesagt, es ist nichts Schlimmeres passiert.“ Hilary nahm Akiras Hand in ihre, um sie zu ermuntern sich nicht so viele Sorgen zu machen.

„Ja... dank euch.“ Sie spielte auf Ray, Kai und auch Max an. Letzterer hatte zwar nicht so viel Erfolg gehabt, aber dennoch. Wären sie nicht gewesen, hätte sie nicht gewusst wie weit sie ihr Körper mit der Selbstverletzung getrieben hätte.

„Das ist doch selbstverständlich. Vergiss nicht, wir sind Freunde.“ Max grinste sie breit an und auch die anderen stimmten mit ein. Akira merkte, wie ihre Augen wieder feucht wurden.

„Ahhh, jetzt bringt ihr mich schon wieder zum Weinen!!“, lachte sie und erntete herzhaftes Lachen, während ihr Cousin sie halb in eine Umarmung zog.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  KradNibeid
2015-08-18T13:58:12+00:00 18.08.2015 15:58
Hui, als ich meinte "Großereignis" hatte ich nicht mit soetwas gerechnet. D:

Aber es war auch irgendwie zu erwarten, dass es bald knallt... die Spannung im Team war ja schon im letzen Kapitel deutlich zu spüren. Und dass Akira sich offen gegen Kai ausgesprochen hat hilft da bestimmt auch nicht weiter. Ich fürchte, da wird noch einiges auf uns zu kommen... :/

Ich hoffe nur, dass sie sich wieder alle zusammenfinden und dass Akira es schafft, ihre Anfälle unter Kontrolle zu bringen. Und ich bin schon gespannt darauf, wie sich Ozuma weiter einbringen wird...


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