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Welt der Dinosaurier

von

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Allein

Kapitel 10

Allein
 

Fudo und Ely liefen durch den dunklen, nicht genau erkennbaren Wald, von einem riesigen Schatten verfolgt, der ebenfalls nicht genau zu erkennen war. Sie rannten beide, so schnell sie konnten, Schweiß lief als deutliches Zeichen dafür über ihr Gesicht und am Hals entlang. Fudo trug ein Gewehr auf dem Rücken, ebenso wie Ely, und hielt in einer Hand eine Pistole.

Ely lief knapp vor Fudo, welcher sie antrieb, schneller zu werden.

„Lauf... weiter“, stieß Fudo schließlich zwischen zwei Atemzügen hervor. „Egal was... passiert... lauf weiter... dreh dich... nicht... um!“ Fudo holte die kurze Strecke zu Ely auf, sah sie an und lächelte. Ely nickte, während sie weiterlief, den verängstigten Blick starr nach vorne auf den Boden gerichtet.

„Danke!“ Fudo blieb stehen, drehte sich um und richtete die Pistole auf den Schatten. Dann schoss er, so oft es das Magazin erlaubte. Er drückte auf den kleinen Knopf an der Seite der Waffe, das Magazin fiel heraus, und er lud sofort das zweite hinein, welches er dabeihatte. Auch dieses schoss er leer. Der Schatten, der die beiden verfolgte, zeigte sich davon jedoch wenig beeindruckt und rannte mit unverminderter Geschwindigkeit weiter. Nun konnte man erste Details erkennen. Der Schatten hatte einen großen Kopf, spitze, scharfe Zähne und muskulöse Beine.

'Verdammt', dachte Fudo, versuchte, sich umzudrehen und weiterzulaufen, aber noch während er dies versuchte, merkte er, dass es zu spät war. Der Kopf drehte sich, so dass das eine Auge zu Boden blickte, während das andere in den Himmel schaute, und öffnete das Maul. Fudo stand genau zwischen den Reißzähnen der Bestie.

„Nein!!!“, schrie Ely. Fudo, welcher bisher das Maul angeschaut hatte, welches sich gerade um ihn schloss, schien alles in Zeitlupe wahrzunehmen. Er drehte seinen Kopf zu Ely und sah, dass sie stehengeblieben war, trotz seiner Warnung. Er konnte ihren entsetzten, verängstigten, geschockten und traurigen Blick sehen. Er wollte noch Lauf! rufen, aber da schloss sich das Maul bereits um seinen Körper, spaltete ihn in drei Teile, die Beine, den Oberkörper und den Kopf. Er nahm noch kurz den Schmerz wahr, dann verblasste dieser, und er hörte nur noch den entsetzten Schrei von Ely, bevor alles schwarz wurde...
 

Atoeru erwachte schweißgebadet und mit einem leisen Schrei. Er öffnete die Augen und starrte in den Himmel, der klar und deutlich über ihm zu hängen schien. Die Monde, die die Nacht dieser Welt erhellten, standen schon hoch am Himmel, aber hatten den Zenit noch nicht überschritten, das wusste Atoeru jedoch nicht. Und wenn er es gewusst hätte, hätte er sich nicht dafür interessiert, jedenfalls nicht in diesem Moment. Der Junge sah sich panisch um, die Lichtung lag im Dunkeln, bis auf den kleinen Lichtkreis, den das Feuer warf. Nirgends konnte Atoeru Raidon erkennen, der mit ihm Wache halten sollte. Die Panik, die er gerade in seinem Alptraum gespürt hatte, brach aus ihm heraus. Er sprang auf, hatte nur noch ein Ziel im Kopf. Er musste zum Zelt. Er musste zu den anderen. Er musste... sich die Pistole holen, die Yokato hatte. Die Pistole bedeutete Sicherheit. Und das war, was er brauchte. Sicherheit.

Atoeru wollte losrennen, um möglichst schnell zum Zelt zu kommen, aber die Decke, die er um die Schultern getragen hatte, war von diesen heruntergerutscht und waren zu einer Stolperfalle geworden. Atoeru fiel nach vorne, aus reinem Reflex rollte er sich einigermaßen ab, was ihn vor einer schlimmen Verletzung bewahrte. Der Schmerz in seinem Rücken, als er hart auf den Boden prallte, raubte ihm jedoch kurzzeitig, für einige Sekunden, die Sicht, alles wurde schwarz um ihn herum. Als er die Augen wieder öffnete, kniete Raidon neben ihm.

„Alles in Ordnung, Atoeru? Du hast geschrien. Was ist passiert?“ Raidon sah den Jungen, der auf dem Boden auf dem Rücken lag, die Decke noch immer um sein rechtes Bein gewickelt, fragend und besorgt an.

„Es war nur ein Traum“, gab Atoeru kleinlaut zu und begann, sich selbst dafür zu tadeln, dass er sich wegen eines Traumes so aufgeregt hatte. Es war deutlich zu sehen, dass es Atoeru unangenehm war.

“Du musst dich nicht dafür schämen, dass du Angst hast”, meinte Raidon freundlich. “Es geht uns allen so, auch wenn es nicht so wirkt.”

Atoeru nickte und blickte zu den Sternen, die es bisher immer geschafft hatten, ihn zu beruhigen. Dieses Mal schafften sie es jedoch nicht.

„Wir sollten ins Bett gehen“, meinte Raidon. Er half Atoeru auf und gemeinsam gingen sie zum Zelt.
 

Yokato erwachte aus dem angenehmeren Schlaf durch eine Hand, die sich ganz leicht auf seine Schulter gelegt hatte. Er schlug die Augen auf und griff mit der rechten Hand nach der, die auf seiner linken Schulter lag.

„Ich bin wach, Raidon, du musst mich nicht schütteln“, flüsterte der Ältere der beiden Brüder. „Ist es Zeit für die Ablösung?“

„Ja, die Monde haben den Zenit erreicht. Die Nacht ist halb vorbei, jetzt seid ihr dran!“ Raidon gähnte. „Also mach, dass du rauskommst, ich will schlafen!“

Yokato legte die Hand auf die Schulter von Ryoudo, der nur Zentimeter vor ihm schlief, und rüttelte den Jungen sachte, aber dennoch energisch. Ein unartikuliertes Stöhnen zeigte, dass er wach und es ihm nicht wirklich recht war.

“Aufstehen Ryoudo, das Frühstück ist fertig”, flüsterte Yokato sarkastisch. Er war noch genauso müde wie Ryoudo sich angehört hatte. Trotzdem bewegte er sich langsam auf den Unterarmen zum Zelteingang, nahm seinem Bruder unterwegs die Pistole aus der Hand und erhob sich, als er den Eingang erreichte.

“Weckt uns, wenn es morgen wird und das Frühstück fertig ist”, meinte Raidon mit einem müden Grinsen, doch Yokato durchschaute seinen Bruder. Es war diesem unangenehm, keine Waffe zu haben, denn Waffen bedeuteten Schutz in dieser Welt. Yokato nickte und verließ das Zelt. Er wartete vor dem Eingang auf Ryoudo.

Ryoudo blickte sich im Zelt um, das von dem geringen Mondlicht, das durch den Eingang fiel, dürftig erhellt wurde. Er sah vor sich die schlafende Sakura, eine Art Grenze zwischen ihm und den Jüngeren, die zwischen ihr und der hinteren Zeltwand, die Fudo so gebaut hatte, dass niemand dort hinausgelangen konnte, lagen. Er drehte sich um, blickte Raidon an, nickte ihm zu und robbte zum Ausgang. Dort erhob er sich und verließ gähnend das Zelt. Draußen wartete Yokato auf ihn, der ihm eine der beiden Pistolen, die er jetzt trug, in die Hand drückte. Die beiden Wachen setzten sich ans Feuer, ließen die Augen über den Waldrand schweifen und stellten sich auf eine lange Wartezeit ein.

Raidon und Atoeru hatten sich hingelegt und waren schnell eingeschlafen. Atoeru hatte dieses Mal keinen Alptraum, Raidons Schlaf war ein wenig unruhiger, aber er erwachte nicht. Der Schweiß auf seiner Haut war das einzige Anzeichen, was er in seinem Traum durchzumachen schien.
 

Die Geräusche, die nachts in einem Dschungel herrschten, ließen Fudo schließlich wieder erwachen. Der Jugendliche blickte sich um und sah einen kurzen Moment lang gar nichts, denn es war beinahe absolut dunkel um ihn herum. Nach einigen Sekunden hatten sich seine Augen genug an die Dunkelheit angepasst, um ihm wenigstens eine wage Vorstellungskraft zu geben, wo er sich befand. Er erinnerte sich daran, sich mit Ely gestritten zu haben und weitergegangen zu sein, ohne auf sie zu achten. Er hatte sie zu dieser Zeit verloren, etwa eine halbe Stunde bevor er schließlich auf diesen Baum geklettert war.

Er zitterte stark, und auf seinen Armen, die aus dem T-Shirt herausragten, konnte er die Gänsehaut fühlen. Er rieb sich mit den Händen über die Arme, damit ihm etwas wärmer werden konnte. Während er dies tat, wurde ihm bewusst, dass Ely auch kalt sein musste, und wieder verfluchte er sich, weil er so überreagiert hatte. Er lauschte kurz in den Dschungel, konnte aber nichts bedrohliches hören. Er schloss die Augen und versuchte noch ein wenig zu schlafen, um fit zu sein, sobald die Sonne aufging. Er wollte sofort zurück, um nach Ely zu suchen.

Das Fauchen, das direkt unter dem Baum ertönte, verdrängte diesen Plan jedoch. Fudo blickte nach unten und sah eine undeutliche Gestalt. Das Fauchen kam eindeutig von ihr.

“Der hat mir grade noch gefehlt”, sagte er zu sich, als er den Schemen dank des Fauchens als Raptor identifiziert hatte. Das Tier blickte ihn an, jedenfalls kam es Fudo so vor, und schien zu warten.

“Sobald du wieder einschläfst und runterfällst, bist du tot”, schien er zu sagen. “Nur zu, schlaf ruhig wieder ein. Ich habe Zeit.”

Fudo war klar, dass er sich das alles nur einbildete. Der Raptor sprach nicht und er war auch sicherlich nicht intelligent genug, um solch berechnende Gedanken zu haben. Aber war er sich da wirklich so sicher? Fudo zweifelte an seinen Gedanken, direkt nachdem sie begannen, in seinem Kopf herumzuspuken. Er hatte gesehen, wie sie Jagd auf die Gruppe gemacht hatten, er hatte gehört, wie sie sich anscheinend untereinander unterhielten, er hatte gesehen, wie sie sich bewegten, vorsichtig, abschätzend, wie stark und wie gewandt der Gegner war, dem sie gegenüberstanden, und gesehen, wie sie flohen, sobald klar war, dass der Gegner zu mächtig war. Alle diese Erlebnisse ließen ihn an seiner Meinung zweifeln, diese Tiere wären nicht klug genug, um so etwas zu denken. Nur weil sie nicht sprechen konnten, jedenfalls nicht auf die Weise, die Fudo und die anderen Menschen als Sprechen bezeichneten, war der Raptor noch lange nicht dumm. Hatte Fudo nicht erst vor zwei Wochen eine Dokumentation darüber gesehen? Er verfluchte sich, weil er nicht so aufmerksam gewesen war. Der Fernseher war im Hintergrund gelaufen, Ryoudo und Riro hatten sich diese Dokumentation über Dinosaurier angeschaut - sie waren beide vernarrt in Dinosaurier gewesen -, während Ely und er selbst leise miteinander diskutiert hatten, was sie machen würden, sobald Fudos Eltern fort wären. Diese Zeit kam Fudo so vor, als läge sie zwei Jahre zurück und nicht erst zwei Wochen.

Er griff zu der Pistole, die in seinem Gürtel steckte, nahm sie in die Hand und begann zu warten.

“Was du kannst, kann ich schon lange”, flüsterte er, einfach, um seine Stimme zu hören, um sich zu beruhigen. 'Wir werden sehen, wer länger warten kann. Ich beeile mich, Ely!', dachte er, dann richtete er seinen Blick und den Lauf der Pistole auf den Schemen, den er als Dinosaurier identifiziert hatte. Seine Augen waren gebannt von der undeutlichen Form des Sauriers. Er konnte undeutlich eine Erhebung ausmachen, die der Kopf sein konnte, aber er war sich nicht sicher, ob es so war. Aber das Tier würde warten, dachte Fudo. Und das würde auch er.
 

Fudo saß noch immer auf dem Baum, als es heller wurde. Der Schemen unter dem Baum war nun deutlich zu erkennen, es war wirklich ein Raptor. Und er war nicht allein. Fudo konnte die anderen Raptoren sehen, er schätzte, dass es mindestens fünf waren. Und sie waren anders gefärbt als die, denen er bisher begegnet war. Er hatte in Biologie, als er noch zwölf gewesen war, also vor fünf Jahren, mal von Kobras gehört, die je nachdem, wo sie lebten, ein anderes Muster aufwiesen. Und er hatte so eine ungefähre Ahnung, dass dies in dieser Welt nicht anders war, nur dass es ihn hier sehr viel mehr beunruhigte. Denn wenn verschiedene Färbungen bedeuteten, dass es verschiedene Rudel in verschiedenen Gegenden gab, dann hatte er sich viel weiter vom Lager entfernt als er zunächst angenommen hatte.

'Ich muss zu Ely zurück', dachte er, dann richtete er die Pistole auf den ersten Raptor und schoss. Er hatte gut gezielt, der Raptor sank getroffen zu Boden. Fudo zielte auf den nächsten, auch dieser ging getroffen zu Boden. Die anderen Raptoren blickten auf ihre Gefährten, dann sahen sie verwirrt und, wie Fudo meinte, nervös zu Fudo auf und fauchten ihn an.

“Noch zehn... plus das zweite Magazin... plus das Gewehr mit seinen zwölf Schuss... Minus den drei Schuss, die ich dem Dinosaurier gestern ins Bein geschossen habe, macht neun... plus einer Hand voll Ersatzkugeln für das Gewehr... ich bin erledigt, wenn ich nicht schnell Ely finde!” Er richtete die Waffe auf den nächsten Raptor. Dieser legte seinen Kopf schief und sah ihn mit einem komischen Blick an, der Verwunderung oder Erstaunen ausdrücken konnte, oder auch unverhohlene Mordgier. Fudo konnte es nicht genau sagen. Er bewegte seinen Zeigefinger, und der Raptor sank zu Boden.

“Neun”, kommentierte Fudo den Schuss für sich, um sich selbst zu beruhigen und sich die Anzahl der Kugeln, die er noch hatte, wirklich zu merken. Die beiden übrigen Raptoren richteten die Blicke noch kurz auf Fudo, dann verschwanden sie im Wald.

“Na endlich”, meinte Fudo, steckte die Pistole wieder ein und griff nach dem Gewehr. Er befestigte es auf seinem Rücken und begann langsam, vom Baum herunterzuklettern, den Blick immer auf die Umgebung gerichtet, aus Angst vor Raptoren. Er blickte sich immer und immer wieder um und griff schließlich ins Leere. Er stürzte zu Boden, aus etwa drei Metern Höhe, und landete hart auf dem Rücken, das Gewehr wurde wie ein Stein in seinen Rücken getrieben. Sein Schrei hallte durch den Dschungel.

Fudo drehte sich langsam auf den Bauch und stöhnte, es fühlte sich an, als wäre seine Knochen an mehreren Stellen gebrochen. Er richtete sich auf und schaffte es, sich auf die Knie zu setzen, bevor ihn wieder der Schmerz überwältigte. Wieder schrie er, und dieses Mal wurde sein Schrei erwidert. Allerdings nicht von einer menschlichen Stimme. Es war ein Knurren, wie Fudo es gestern schon einmal gehört hatte. Er drehte seinen Kopf nach hinten und sah den einen Raptor, den er am Morgen fliehen gesehen hatte... zumindest dachte er, dass es derselbe war.

'Ich bin tot', dachte Fudo, zog seine Pistole und richtete sie auf den Kopf des Dinosauriers, bereit, sofort zu schießen, sollte das riesige Tier sich auf Fudo zubewegen. Der junge Mann starrte in die Augen des Tieres, während er langsam, sich mit einer Hand abstützend, drehte und rückwärts kroch, weg von dem Fleischfresser. Er hatte die Waffe noch immer auf das Tier gerichtet, aber seine Hand fing an zu zittern, so dass er nicht mehr genau zielen konnte. Er zielte mehr auf die Bäume als auf den Saurier.

Der Schmerz in seinem Rücken war inzwischen beinahe unerträglich geworden, und Fudo stöhnte erneut.

Der Raptor richtete seine Augen direkt auf Fudo, schien allerdings durch ihn hindurchzusehen, und legte den Kopf leicht schief. Fudo schätzte diese Kopfhaltung als eine nachdenkliche ein, aber im Moment war im das egal. Die Nüstern des Tieres bewegten sich, es schnupperte. Dann richtete es seine Augen direkt auf Fudo, und schnupperte noch einmal.

Erst jetzt bemerkte Fudo, wie etwas warmes an seinem Kopf herunterlief. Es floss aus seinen Haaren am Ohr vorbei über seine Wange und dann den Hals entlang unter sein T-Shirt. Er griff mit der freien Hand an die Stelle, an der er fühlte, dass es von dort kam, und zuckte zusammen, da es schmerzte. Als er die Hand betrachtete, sah er Blut. Er hatte sich beim Fall vom Baum seinen Kopf am Gewehrlauf angeschlagen, es aber wegen der Schmerzen im Rücken nicht bemerkt.

'Er riecht das Blut', dachte Fudo entsetzt und kroch schneller rückwärts. Nur wenige Sekunden später knallte er gegen einen Baum, mit dem Gewehr zwischen diesem und seinem Rücken. Der Schmerz, der durch seinen Körper schoss, war so stark, dass ihm kurz schwarz vor Augen wurde. Dieses Mal stöhnte er jedoch nicht.

Als Fudo wieder sehen konnte, sah er als erstes, dass der Dinosaurier sich bewegte. Er sah die mächtigen Muskeln unter der ledrigen Haut des Raptors arbeiten, dann hob er langsam sein Bein und näherte sich Fudo. Als das Tier seinen Fuß wieder auf den Boden stellte, sah Fudo, dass die Blätter unter dem Fuß nicht einmal die Blätter knirschten. Fudo ahnte nun, dass die Tiere gefährlicher waren als gedacht, denn sie konnten sich anschleichen, ohne bemerkt zu werden. Er blickte in die Augen des Tieres, dann legte er die zweite Hand ebenfalls an die Pistole, um sie zu stabilisieren. Er zielte auf den Kopf des Dinosauriers und wartete darauf, dass dieser noch näherkam. Es dauerte nur wenige Sekunden, dann wurde Fudos Warten bereits belohnt. Der Dinosaurier machte einen weiteren Schritt auf ihn zu. Fudo atmete tief durch und bereitete sich auf das Unausweichliche vor. Die Waffe zitterte noch immer ein wenig, aber Fudo konnte seine Hände so ruhig halten, dass er nicht mehr auf die Bäume zielte. Er hoffte, dass er, wenn er schoss, eine Stelle treffen würde, bei der er den Raptor auf der Stelle töten würde.
 

Ely erwachte, weil sie glaubte, einen Schrei gehört zu haben. Noch halb im Traum, wollte sie aus dem Bett springen und nachschauen, woher der Schrei gekommen war. Gerade noch rechtzeitig realisierte sie, dass sie nicht in ihrem Bett lag, sondern auf dem Ast eines Baumes saß, in luftiger Höhe. Sie griff zu einem der dünneren Äste neben sich, um sich abzustützen, da sie sonst schneller wieder auf dem Boden gewesen wäre, als sie wollte, und blickte nach unten. In beinahe fünf Metern Höhe hatte sie geschlafen, wie ihr jetzt auffiel. Und nachdem sie nach unten geblickt hatte, war sie auch sehr froh darüber. Die Erde unter dem Baum war aufgewühlt, und bis auf eine Höhe von vier Metern hinauf war der Stamm von Krallen, deren Besitzer Ely seit kurzem nur zu gut kannte, zerkratzt.

Sie erinnerte sich jetzt wieder, dass sie in der Nacht aufgewacht war und die Raptoren gesehen hatte, wenn auch undeutlich. Beinahe eine halbe Stunde lang waren sie am Baum hinaufgesprungen, hatten versucht, sie zu erreichen und dabei einigen Lärm verursacht, als sie wieder auf den Boden zurückfielen. Ely sah, dass sie mehrere dickere Äste abgebrochen hatten, die sie gestern zum Hochklettern genutzt hatte. Dann waren sie verschwunden, Ely glaubte, irgendwo in weiter Ferne ein leises Knallen gehört zu haben, war sich aber nicht sicher. Die Raptoren wirkten jedoch verwundert, als sie flohen.

Sie blickte noch kurz zu Boden, wo die Krallen der mannshohen Tiere ihre Spuren hinterlassen hatten, dann dachte sie an die anderen, allen voran ihre Geschwister, die sich wohl sicher im Lager befanden, und an Fudo, woraufhin sie wieder ein wenig wütend wurde. Allerdings war sie auch besorgt, was sie ein wenig verwunderte. Schließlich war es Fudo gewesen, der daran schuld war, dass sie sich verirrt hatten, und dass sie nun allein in diesem komischen Wald voller Dinosaurier herumirren würde. Wenn er sich nicht mit ihr gestritten hätte, dann...

'Hat er sich mit mir gestritten? Ich hab den Streit doch ausgelöst', rief sie sich ins Gedächtnis. Aber sie verwarf diesen Gedanken sofort, sie hatte Fudos Worte noch im Ohr. Sie konzentrierte sich wieder auf die Situation, in der sie sich gerade befand. Daher griff sie zu dem Gewehr, hängte es sich an seinem Lederband um den Hals, so dass es an ihrem Rücken hing, und begann, vom Baum zu klettern. Sie kletterte langsam, um nicht zu fallen, und sah sich immer wieder nach Dinosauriern um. Da die Raptoren einige Äste, die sie zum hochklettern benutzt hatte, abgerissen hatten, musste sie eine andere Kletterroute finden, und brauchte somit beinahe drei Minuten, bis sie wieder auf dem Boden stand.

Als sie den Boden endlich erreicht hatte, spürte sie mehrere Dinge. Zum einen spürte sie ein leichtes Kitzeln in ihrem Hals, der viel zu trocken war, ein Zeichen dafür, dass sie sich wohl ein wenig erkältet hatte. Auch hörte und spürte sie, dass sie Hunger hatte. Das dringendste Gefühl war jedoch weder der Hunger noch das Kitzeln im Hals. Das dringendste war der Druck auf ihrer Blase, der, obwohl sie gerade erst aufgewacht war, schon beinahe unerträglich war. Sie blickte sich um und verschwand dann in ein dichtes Gebüsch, auch wenn weit und breit niemand zu sehen war. Es war ihr einfach peinlich, wenn jemand sie sehen sollte.

'Es ist peinlich, dass ich es peinlich finde, in der Situation', dachte Ely. Aber bis vor zwei Tagen hätte sie sich nicht einmal vorstellen können, dass sie in einem Wald leben müsste, der von gefährlichen Tieren überbevölkert zu sein schien, und um ihr Überleben und das Überleben ihrer Geschwister zu kämpfen. Und jetzt war sie auch noch auf sich gestellt. Sie hatte schon öfter in der Klemme gesteckt, das war nur natürlich, wenn man in Amerika aufwuchs, zur High School ging und mit dem wohl beliebtesten Jungen derselben zusammen war, aber sie hatte sich nie alleine darin befunden. Oder doch, es gab einige wenige Situationen, in denen sie alleine gewesen war, aber sie hatte gewusst, dass sie nicht in Gefahr war. Sie hatte ein wenig von Fudo gelernt, Nahkampftechniken, die sie nicht gerne anwendete, aber wenn es unvermeidbar war, dann bereuten die anderen immer, sich mit ihr angelegt zu haben. Aber auch diese Techniken nützten nichts gegen die Dinosaurier. Und sie hatte nicht genug Munition, um sich zur Wehr zu setzen, das wusste sie auch. Sie versuchte, nicht darüber nachzudenken, in was für großer Gefahr sie eigentlich schwebte, und blickte sich um, in der Hoffnung, etwas zu sehen, das sie wiedererkennen würde. Aber das war nicht der Fall. Sie wollte gerade aufs Geratewohl in irgendeine Richtung losgehen, als sie einen Schrei hörte. Dieses Mal war sie sich sicher, dass es ein Schrei gewesen war, denn er war deutlich zu hören gewesen. Es war ein Wort gewesen. Was genau, konnte sie nicht sagen, aber es war eine männliche Stimme gewesen. Und sie hatte noch nie solche Angst und Panik in einer menschlichen Stimme gehört. Aber das schlimmste war, sie kannte die Stimme. Es war die von Fudo. Sie rannte in die Richtung der Stimme, ohne genauer darüber nachzudenken, warum Fudo so panisch war.
 

Yokato blickte sich auf der Lichtung um, als gerade die Sonne hinter den Bäumen aufging. Er blickte zu Ryoudo, der am Feuer saß und seinen Blick starr auf das Zelt gerichtet hatte, in dem die anderen schliefen.

“Alles in Ordnung bei dir?”, fragte Yokato den Jüngeren und setzte sich zu ihm. Ryoudo erschrak und blickte Yokato an.

“Tut mir leid, ich hab grade nachgedacht”, entgegnete er mit einem traurigen Lächeln.

“Du machst dir Sorgen um deinen Bruder, stimmts?” Ryoudo nickte auf die Frage hin.

“Ich hoffe, den beiden gehts gut”, sagte der Jüngere, und in seinen Augen sammelten sich bereits einige Tränen. Yokato verfluchte sich selbst, dass er Ryoudo überhaupt auf dieses Thema gebracht hatte. Der Jüngere begann, leise zu weinen, und Yokato wusste nicht, was er tun sollte. In Ermangelung einer anderen Idee legte Yokato einen Arm kameradschaftlich um den Jüngeren, wobei er seinen Blick nochmals über den Waldrand streifen ließ.

“Sie werden es schon schaffen, Ryoudo, da bin ich sicher”, sagte er leise. Ryoudo nickte leicht, aber in seinen Augen hätte man sehen können, dass er sich da nicht so sicher war. Aber Yokato konnte Ryoudos Augen nicht sehen, und hoffte, dass dieser sich wieder beruhigen würde.
 

Fudo blickte in dem Augenblick, als Yokato versuchte, Ryoudo zu trösten, auf seine Hände und sein linkes Bein, welches ein wenig zerquetscht aussah, der Dinosaurier interessierte ihn in diesem Augenblick nicht mehr. Die Waffe lag etwa vier Meter links von ihm. Der Raptor war nach vorne geschnellt, hatte Fudos Hand mit seinen Zähnen durchbohrt und ihn ein wenig hin und hergeschüttelt. Dabei hatte Fudo die Pistole losgelassen, geschrien und die Wunden betrachtet, die in seiner Hand klafften. Gleichzeitig hatte das Tier Fudo seine lange Zehenkralle in den Oberschenkel gerammt und dort einen langen Schnitt erzeugt, der den Muskel zum Teil durchtrennt hatte. Einer der Zähne hatte seine Hand komplett durchbohrt, Fleischstücke herausgerissen und ein Loch erzeugt, in dem man die Muskeln und die Knochen von Fudos Hand sehen konnte. Mehrere andere Zähne hatten Löcher hinterlassen, aus denen unaufhörlich Blut floss. Seine Haut hing von seinen Händen und wehte leicht im Wind. Wenn er die Blutung nicht schnell stillen würde, dann würde er seine Hand nicht mehr nutzen können, vielleicht sogar sterben - nein, nicht nur vielleicht, er war sicher, dass er auf jeden Fall sterben würde -, das wusste Fudo, auch wenn er nicht wirklich viel über Verletzungen wusste. Er wusste genug, um das zu erkennen. Denn das Tier vor ihm tat das alles nicht nur, um ihn zu quälen.

Der Schmerz, der durch seine Hände pochte, die beide mehr oder weniger unbrauchbar geworden waren, und in seinem Bein machte Fudo beinahe rasend, aber im Augenblick war es ihm eigentlich egal, er ignorierte ihn. Er starrte den Dinosaurier nur verwundert an. Der Dinosaurier hatte Fudo entwaffnet. Er hatte bemerkt, dass die Gefahr von seinen Händen und dem Gegenstand darin ausgegangen war, und diese Gefahr hatte das Tier soeben gebannt. Fudo bewunderte die Reaktion des Tieres ebenso wie seinen scharfen Verstand, auch wenn er zu spät merkte, wie scharf dieser in Wirklichkeit war.

“Na komm”, meinte Fudo sarkastisch. Er wunderte sich, wie ruhig er im Angesicht seines bevorstehenden Todes war. Er blickte nochmals auf seine verletzten Hände. Das Blut sickerte aus den Wunden, seine Hände waren rot, seine zerrissene Jeans, sein T-Shirt und der Boden ebenfalls vom Blut gefärbt. Seine Hände waren so stark verletzt, dass er, selbst wenn er gewollt hätte, das Gewehr nicht hätte benutzen können, welches sich - jetzt nutzlos geworden - auf seinem Rücken befand.

Der Raptor näherte sich Fudo wieder, er umkreiste ihn, schätzte ab, ob Fudo noch eine Gefahr darstellte. Dann, nachdem er ihn zweimal umkreist hatte, blieb er direkt vor ihm stehen. Die Pistole lag noch immer außerhalb von Fudos Reichweite - er hatte sich keinen Millimeter wegbewegt, aus Angst vor dem Tier -, weit außerhalb, während der Raptor immer näher kam. Das Tier hielt den Kopf gesenkt, auf Höhe von Fudos Augen. Seine Augen starrten in die von Fudo, und Fudo erkannte die wahre Intelligenz des Tieres. Sie überstieg seine neue Einschätzung, die er nach dem Angriff, der ihn entwaffnet hatte, rasch vorgenommen hatte, um Lichtjahre.

Der Raptor öffnete sein Maul und entblößte seine Zähne.

'Er grinst', schoss es Fudo durch den Kopf. 'Er weiß, dass ich keine Bedrohung mehr bin, er grinst, er weiß, dass ich wehrlos bin, dass ich sein Futter bin, dass ich tot bin... tot... TOT!' Fudo war einem Nervenzusammenbruch nahe, aber schaffte es, diesen gerade so zu verhindern, denn das hätte wirklich seinen sicheren Tod bedeutet. Aber Fudo hatte noch nicht aufgegeben, er hatte noch einen kleinen Funken Hoffnung, auch wenn er nicht wusste, warum er noch welche hatte.

Der Raptor näherte sich mit dem geöffneten Maul dem Hals des jungen Mannes, um ihm das Genick zu brechen, damit er in Ruhe essen konnte. Fudo bewegte sich nicht, er war vor Angst wie gelähmt. Die Zähne berührten den Hals bereits, hatten ihn aber noch nicht in ihrem eisernen Griff, da hörte Fudo ein Klicken, direkt gefolgt von einem Knall, wie ihn nur eine Kugel, die aus einer Waffe abgefeuert wurde, von sich gab. Er starrte den Raptor an, dessen Augen plötzlich allen Glanz verloren hatten, starrte das Blut an, das aus dem Tier schoss, auf ihn tropfte - ihm auch ein wenig in die Augen geriet - und stieß seinen Kopf mit den Unterarmen nach oben, kurz bevor dessen Muskeln kontrahierten und das Maul sich mit einem Klacken schloss. Dabei wurde er mit noch mehr Blut des Dinosauriers übergossen, dass sich mit seinem eigenen mischte und unangenehm in den Wunden brannte. Und in seinen Augen. Aber in den Wunden war es eindeutig schlimmer.

“Was... Fudo, was ist passiert?” Elys Stimme durchschnitt die Stille, die nach dem Schuss geherrscht hatte. Fudo blickte nach hinten und sah seine Freundin. Ely stand gerade wieder auf, sie hatte das Gewehr, mit dem sie den Raptor erschossen hatte, noch in beiden Händen. Sie rannte zu ihm und war entsetzt, als sie das Blut auf seinen Kleidern, seinem Gesicht, seinen Armen, Händen, auf seinem ganzen Körper sah. Dann sah sie genauer hin und erkannte unter dem Blut auf den Händen etwas weißes, das nur ein Knochen sein konnte. Der Biss des Raptors hatte ihn freigelegt, das Fleisch hing als Strang an der Seite der Hand herab. Ely begann zu schreien und fiel nach hinten, als sie das sah. In ihren Augen hatten sich bereits Tränen gesammelt, die jetzt hemmungslos über ihre Wangen liefen. Sie hatte solche Verletzungen noch nie gesehen, außer in Filmen, wobei man wusste, dass sie dort nicht echt waren. Es jetzt zu sehen, die Verletzungen zu sehen und dabei zu sehen, dass ihr Freund so verletzt war, beraubte sie ihrer Beherrschung. Die Tränen verschleierten ihre Sicht, und sie war froh, dass sie das nicht mehr sehen musste. Aber es zu wissen, zu wissen, dass Fudo nicht einmal einen Meter entfernt gegen einen Baum gelehnt dasaß und BLUTETE, dass er SCHWER VERLETZT war, raubte ihr den Verstand.

“Ely, es tut mir leid, er war zu schnell”, flüsterte Fudo. Er sah sie an und legte alle Ruhe und Gelassenheit, die er noch besaß, in diesen Blick.

Ely konnte nicht wirklich verstehen, was er gesagt hatte, aber sein Blick sagte alles. Sie kroch auf ihn zu, bedacht, so wenig wie möglich auf seine Hände zu schauen.

Fudo blickte sie an, dann spürte er, wie der Schock über die Attacke des Dinosauriers nachließ. Er spürte den Schmerz, der in in den Wunden zu entstehen schien. Er spürte, wie sein Körper zitterte, als die Wirkung des Adrenalins nachließ. Das unangenehmste Gefühl war allerdings nicht der Schmerz in seinen Händen und in seinem Bein, obwohl es ebenfalls dort entsprang. Fudo spürte, wie eine Flüssigkeit über seine Haut lief, er wusste, dass es sein Blut war. Er war froh darüber, dass es ganz langsam zu gerinnen begann, aber darauf verließ er sich nicht.

“Ely”, flüsterte er wieder. Seine Freundin blickte ihn an, und er musste trotz der Schmerzen lächeln. “Bitte tu mir einen Gefallen, ok?” Ely nickte. Der Streit des Vortages war für den Augenblick vergessen, sie hatten sich stillschweigend darauf geeinigt, ihn nicht mehr zu erwähnen.

“Im meiner Hosentasche... oh, verdammt, tut das weh... ist mein Messer... hol es bitte raus!” Ely griff nach der Metallklammer, mit der das Messer an seiner Hosentasche hing, und zog es heraus. Fudo nickte. “Schneid damit das T-Shirt an meinem Rücken auf. Ein Schnitt...” Fudo stöhnte laut. “Ein Schnitt von oben... bis unten”, brachte er mit zusammengebissenen Zähnen hervor. Ely starrte ihn ungläubig an. Er nickte ihr zu, dann verzog er sein Gesicht, als eine Schmerzwelle durch seinen Köper fuhr. Er beugte sich vor, damit Ely an seinen Rücken kam.

“Wozu, Fudo? Wozu soll ich dein T-Shirt aufschneiden?” Elys Stimme war verunsichert. War Fudo etwa schon dabei, Dinge tun zu wollen, die überhaupt nichts brachten? Halluzinierte er schon? Hatte er schon so viel Blut verloren, dass er... verrückt wurde? Nicht mehr denken konnte? Sie war sich nicht sicher, aber konnte nicht weiter nachdenken, da Fudo weiterredete.

“Weil du damit meine Wunden...”, begann Fudo, dann schrie er kurz auf, da der Schmerz immer stärker wurde. “Du musst damit meine Wunden verbinden”, erklärte Fudo mit nun grausam verzerrtem Gesicht, aber dennoch vollkommen ruhig, was Ely beruhigte und verängstigte. Sie wusste nicht, warum sie Angst hatte, aber zu sehen, dass Fudo so schwer verletzt war - das Blut floss noch immer und der Blutfluss war nur geringfügig schwächer geworden - und dennoch so ruhig sprach, als säße er im Wohnzimmer neben ihr auf der Couch und versuchte, ihre schlechte Laune zu vertreiben, verwirrte sie. Aber so war Fudo nun einmal. Er setzte sich ein Ziel, und verfolgte es eisern.

“Ely, bitte... beeil dich!” Fudo stöhnte wieder.

“O... ok... wenn du meinst”, flüsterte sie, klappte das Messer auf und schnitt damit das T-Shirt an Fudos Rücken in zwei Hälften.

“Gut. Jetzt noch die... die Ärmel... bis zum Schnitt... oh, beeil dich, ich halt das nicht mehr aus!” In Fudos Augen hatten sich Tränen gesammelt, wie Ely sah, und sie flossen bereits ein wenig über sein Gesicht. Sie blickte auf das Messer in ihrer Hand, dann machte sie sich still an die Arbeit. Nur Sekunden später konnte sie das T-Shirt von seinem Oberkörper abziehen. Es war noch immer in einem Stück, aber Ely verstand nun, was Fudo vorgehabt hatte. Er musste nichts mehr sagen. Sie schnitt das T-Shirt in vier Streifen, dann klappte sie das Messer zu und legte es auf den Boden. Fudo streckte ihr mit schmerzverzerrtem Gesicht seine linke Hand hin, die nicht so schwer zugerichtet war. Es waren nur einige Fleischwunden, von den Zähnen verursacht, und ein langer Riss. Ely nahm einen Streifen und band ihn so um die Hand, dass die Wunden abgedeckt waren. Dann nahm sie einen der Ärmel, die sie abgetrennt hatte, drehte ihn zu einer acht und erzeugte damit eine schwache Imitation eines Druckverbandes, indem sie sie über dem Streifen platzierte.

Der Stoff quetschte Fudos Hand etwas ein, was ihm einen Schmerzensschrei entlockte, aber als Ely die acht wieder entfernen wollte, zog Fudo die Hand weg.

“Es ist gut so”, stöhnte er. Er griff mit seinen Fingern nach dem herunterhängenden Fleischstück seiner rechten Hand und legte es wieder dorthin, wo es seiner Erinnerung nach hingehörte. Die ganze Szene, als der Raptor ihn angegriffen hatte, schien für ihn in Zeitlupe geschehen zu sein, er hatte alles ganz genau beobachten können. Es tat höllisch weh, aber er biss die Zähne zusammen. Die Hautstreifen, die ebenfalls von seiner Hand baumelten, legte er darüber, als erste Stabilisierung. Er wunderte sich selbst ein wenig, wie normal ihm seine Handlungen vorkamen. Es war, als wäre er auf Autopilot geschaltet worden. Er streckte Ely die noch unverbundene Hand entgegen. Sie schloss die Augen, nahm ein Stück Stoff, das sie nach einigem Tasten fand, öffnete die Augen kurz, um es über Fudos Hand zu platzieren, und schloss sie wieder. Dann band sie es um seine verletzte Hand, und der Schmerz brachte Fudo, der gerade ein wenig am Wegdämmern war, zurück in die Realität.

“Nicht so fest”, flüsterte er, und Ely blickte auf seine Hand, die sie gerade verband. Sie hatte das Stoffstück darumgebunden, als wollte sie seine Hand abbinden.

'In gewisser Weise stimmt das sogar', dachte sie. Sie lockerte den Verband ein wenig, dann zog sie ihn so straff, wie sie meinte, dass er sein müsse - für Fudos Ansicht war er VIEL zu straff -, hob ein zweites Stück Stoff auf und wickelte es um das erste, dann machte sie aus dem zweiten T-Shirt-Ärmel ebenfalls eine acht und fixierte damit den provisorischen Verband.

Fudo versuchte, seine Finger zu bewegen. Es war möglich, aber er hatte starke Schmerzen dabei. Dennoch griff er zu seinem Gürtel, zog ihn aus und band damit sein Bein ab, das noch immer blutete. Er griff nach dem letzten Streifen seines ehemaligen T-Shirts und verband damit den Riss, der in seinem Bein klaffte.

“Wir müssen schnell ins Lager... dort haben wir einen Erste-Hilfe-Koffer”, flüsterte Ely Fudo ins Ohr. Sie half ihm, aufzustehen.

“Die Pistole...” Fudo deutete auf seine Waffe, und Ely lief hin und holte sie. Sie steckte sie in den Gürtel, hob das Gewehr, das sie neben Fudo gelegt hatte, auf, hängte es sich über die Schulter und legte ihren rechten Arm um Fudos Taille. Er legte seinen linken Arm um ihre Schultern, damit sie ihn ein wenig stützen konnte. Er spürte, dass er eine Menge Blut verloren haben musste, und sein Bein schrie protestierend auf, als er versuchte, es zu belasten, jedenfalls kam es ihm so vor.

“Also, diesmal führe ich”, meinte Ely und ging in einfach in den Wald hinein. Sie hoffte, dass es die richtige war. “Wir müssen schnell deine Wunden säubern und richtig verbinden”, flüsterte sie. “Zum Glück haben wir den Erste-Hilfe-Koffer!”

“Hoffentlich sind da auch Schmerzkiller drin”, entgegnete Fudo. “Wenn ich nämlich nicht bald irgendetwas gegen die Schmerzen bekomme, dann werde ich noch wahnsinnig!”

'Bist du das nicht schon?', dachte Ely, ohne genau zu wissen, warum, und gegen ihren Willen musste sie bei diesem Gedanken lachen. Sie verstummte jedoch schnell wieder, als sie Fudos verwunderten Blick sah, und dann liefen sie schweigend weiter, er mit einem Arm auf ihren Schultern auf sie gestützt, sie mit einer Pistole in der einen Hand, Fudo mit dem anderen Arm stützend.



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