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Welt der Dinosaurier

von

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Schwierigkeiten

Kapitel 9

Schwierigkeiten
 

Fudo trieb die letzte Stange in den Boden. Er hatte bemerkt, dass Yokato ihn musterte, wahrscheinlich wunderte er sich darüber, wie ruhig Fudo in dieser Situation zu sein schien. Fudo war froh, dass nur Ely ihn so gut lesen konnte, um seine Ängste und Sorgen zu bemerken. Nicht einmal Ryoudo, sein eigener Bruder, konnte dies erkennen.

“Was ist, Yokato?”, fragte Fudo zwischen zwei Schlägen. “Wirke ich so komisch, dass du mich heimlich beobachten musst?” Yokato erschrak, als Fudo genau das aussprach, was er gerade gedacht hatte. Er hatte sich darüber gewundert, wie ruhig der Ältere wirkte, obwohl er in einer fremden Welt war, ohne es zu wollen eine Gruppe Jugendlicher zu führen hatte und dabei auch noch für seinen Bruder, seine Freundin und deren Geschwister da sein musste. Yokato schwieg, da er nicht wusste, was er sagen sollte. Fudo sah von seinem Bauwerk auf, und zum ersten Mal in diesen zwei Tagen, die sie hier in dieser Welt waren, sah er Erschöpfung in Fudos Gesicht stehen, so deutlich als würde er ein T-Shirt mit der Aufschrift 'Ich bin Müde!' tragen. Dieser Anblick ließ alle Motivation, die er in sich hatte, verschwinden.

“Entschuldige, wenn ich dich von der Überzeugung abgebracht habe, dass ich alles ruhig betrachte und so handle, wie es ein kühler Verstand tun würde. Man sieht es mir nicht an, aber ich kann nicht mehr!”

“Kann ich verstehen. Ich bin nervlich am Ende, seit wir hier gelandet sind. Dass ich noch nicht zusammengebrochen bin, das... naja... verdanke ich dir”, beendete er den Satz. “Du hast dadurch, dass du mir eine Arbeit aufgetragen hast, dafür gesorgt, dass ich kaum denken konnte. Danke!” Fudo schüttelte den Kopf.

“Das war nur eine Nebenwirkung. Hauptsächlich habe ich dir die Arbeit aufgetragen, weil sie getan werden musste. Hätte ich genug Zeit gehabt, hätte ich es selbst gemacht, aber Zeit war knapp gestern.” Fudo schlug die Stange die letzten Zentimeter in den Boden, dann nagelte er sie fest. “Das Gerüst steht. Kannst du mir bitte mit der Plane helfen?” Yokato nickte und griff zusammen mit Fudo nach der Plane. Sie zogen sie gemeinsam über das Zeltgerüst, dann gab Fudo Yokato einige Nägel, die er verbogen und zu provisorischen Heringen umgewandelt hatte. Yokato befestigte die Plane damit auf seiner Seite, nachdem Fudo ihm den Hammer gegeben hatte. Er nagelte die Plane am Boden fest.

Fudo schloss derweil eines der Enden des Zeltes ebenfalls mit Nägeln, allerdings nur provisorisch, da Yokato gerade den Hammer hatte. Er blickte dabei in das Zelt und versuchte zu schätzen, wie viele Menschen darin Platz hatten.

“Hey, Fudo, hier”, sagte Yokato laut genug, um ihn aus seinen Gedanken zu reißen. Fudo sah auf und fing den Hammer, den der Jüngere ihm zuwarf, automatisch. Er nagelte auch diese Seite des Zeltes am Boden fest, dann stand er auf.

“Ich hab schon besseres gesehen, aber es muss genügen”, sagte der Älteste.

“Aber das ist niemals groß genug für uns alle”, meinte Yokato. Da passen vielleicht sechs Leute rein, aber mehr nicht. Das weißt du, oder?”

“Es hat Platz für vielleicht acht Leute, nicht nur für sechs, aber ja, es ist zu klein, das gebe ich zu. Ich bau demnächst noch ein zweites, aber wenigstens haben wir jetzt ein Dach über dem Kopf!” Fudo steckte den Hammer in seinen Gürtel, dann hob er das Gewehr auf und ging zur Feuerstelle.

Yokato folgte ihm. Er blickte dabei zum Himmel auf und merkte, dass es schon Nachmittag war.

“Ely, wenn du und die anderen hier nichts zu tun habt, könntet ihr mir einen Gefallen tun?” Fudos Stimme hatte einen ruhigen, jedoch erschöpften Klang, man konnte allerdings nicht sagen, ob er Angst hatte oder nicht. Ely merkte trotzdem, dass er sie hatte. Sie nickte jedoch und lächelte ihrem Freund zu. Der setzte sich dankbar auf den Boden zu den vier Mädchen.

“Wir haben nichts anderes vor, oder, Sakura?” Das andere ältere Mädchen schüttelte den Kopf.

“Gut. Wenn ihr wollt, schnappt euch noch die Jungs, dann geht es schneller. Ich wollte euch bitten, Farnblätter zu sammeln, viele Farnblätter, und sie zum Zelt zu bringen. Der Boden ist zu hart, um darauf zu schlafen, und die Decken werden wir noch zum Zudecken brauchen. Ich würde es ja gerne machen, aber ich kann nicht mehr!” Seine ehrliche Stimme und die Erschöpfung in seinem Geischt, zusammen mit einer gewissen Art der Zufriedenheit, überzeugten seine Freundin. Sie nickte.

“Gut, wir schnappen uns die Jungs, wenn du dafür auf die beiden hier aufpasst”, entgegnete Ely grinsend und deutete auf Kichi und Yoko, welche aneinandergelehnt dasaßen und schliefen. “Die beiden werden sicher nicht mit in den Dschungel wollen... und wecken werde ICH Kichi auf keinen Fall!”

Fudo seufzte resigniert. “Gut, abgemacht. Aber geht nicht unbewaffnet, und passt auf, ok?” Ely griff als Antwort zu dem Gewehr, das sich schon beinahe zu ihrem Eigentum entwickelt hatte. Yokato reichte ihr zusätzlich noch seine Pistole.

“Im Notfall hat Raidon noch eine”, meinte er. “Und die hol ich mir jetzt auch. Bis gleich!” Er stand auf und verschwand in Richtung des Seeufers, wo er Raidon zuletzt gesehen hatte.

Auch die beiden älteren Mädchen erhoben sich und gingen zum Waldrand, um die Jüngeren zum Arbeitsdienst einzuziehen. Fudo blieb allein an der Feuerstelle zurück, um auf die beiden kleinen Mädchen aufzupassen, die zu ihrer Gruppe gehörten. Die beiden schliefen immer noch, und Fudo hoffte, dass sich daran vorerst nichts ändern würde. Er wusste genau, dass nur Ely Kichi beruhigen konnte, sollte sie einen ihrer Angstanfälle bekommen. Und bei Yoko wusste er nicht, wie sie reagierte, wenn sie bemerkte, dass ihre Schwester nicht da war. Fudo war gut darin, Probleme zu lösen, aber als Aufpasser von kleinen Kindern, und er zählte die beiden Mädchen in diese Kategorie, hatte er bisher immer versagt.

Yokato sah sich am See um und entdeckte Raidon schließlich, wie er bis zu den Knien im Wasser stand, halb vom Schilf verborgen, das am Rande des Wassers wuchs. Er blieb stehen und beobachtete seinen um wenige Minuten jüngeren Bruder.

Raidon stand ruhig im Wasser, seine Augen auf die Oberfläche gerichtet, die Arme leicht angehoben und angewinkelt, die Hände sahen aus, als wolten sie gleich zugreifen. Die Haltung erinnerte Yokato spontan an einen Kampfsportler, der seine Reflexe testete, indem er versuchte, einen Fisch durch bloßes Zugreifen aus dem Wasser zu fischen. Raidon stieß seine Hand ins Wasser, dann verlor er das Gleichgewicht und fiel auf die Knie. Das Wasser ging ihm über die Gürtellinie.

“Mist”, fluchte er und richtete sich wieder auf. Er sah seinen Bruder am Rand des Sees stehen, mit einer belustigten Miene auf seinem Gesicht. “Was ist los, Bruder?” Raidons Stimme klang wütend, und man konnte sehen, das er viel wütender war als man es aus seiner Stimme herausgehört hatte.

“Ich habe mich nur gefragt, was du da machst”, entgegnete Yokato und musste ein Grinsen unterdrücken, als er seinen vor Seewasser triefenden Bruder betrachtete. “Und ich wollte die Pistole holen, da sonst nur noch Fudos Gewehr zur Verteidigung des Lagers da ist! Die Anderen sind in den Wald gegangen.”

“Die Waffe liegt da, wo du grade stehst”, meinte Raidon, dann wendete er den Blick von seinem Bruder ab und richtete ihn wieder auf die Wasseroberfläche. “Diese verfluchten Fische sind schwerer zu erwischen als ich dachte”, flüsterte er und stand wieder bewegungslos da.

Yokato sah die Waffe zu seinen Füßen liegen, er war beinahe auf sie gestanden. Er bückte sich, hob sie auf und ging ins Lager zurück.

“Ich bring das Feuer schonmal zum Brennen”, rief er seinem Bruder zu. “Dann kannst du trocknen, wenn du kommst!” Raidon ignorierte seinen Bruder jedoch, und Letzterer ging zurück zur Feuerstelle. Die Pistole hatte er in seinen Gürtel gesteckt, nachdem er sie gesichert hatte, und setzte sich zum Feuer. Er nahm die zwei Steine, mit denen Raidon gestern das Feuer in Gang gebracht hatte, legte sie kurz zur Seite und stapelte Holz auf. Dann versuchte er, Funken zu schlagen.

Fudo betrachtete die Szene, dann nahm er eine Hand voll trockenen Laubes, das er kurz zuvor am Waldrand geholt hatte. Er legte es zwischen das Holz, und nachdem es Yokato endlich gelungen war, einige Funken zu schlagen, begann das Laub schnell zu brennen und das Feuer sprang schließlich auf das dünnere Holz über. Das Geräusch der aneinanderschlagenden Steine hatte die beiden jüngeren Mädchen geweckt, die sich ängstlich umsahen.

“Wo ist Ely?”, fragte Kichi Fudo sofort. Der lächelte.

“Sie ist im Wald und sammelt Farn, zusammen mit Sakura und den Jungen”, meinte er, dann wandte er seinen Blick wieder dem Feuer zu das langsam in Gang kam. Sein Blick wanderte immer wieder vom Feuer zum Waldrand, er suchte nach Anzeichen von Gefahr für die kleine Gruppe, die er gerade beaufsichtigte. Die Richtung, aus der der Hilferuf, den Fudo schon lange erwartet hatte, überraschte ihn aber. Er kam vom See. Noch bevor Fudo jedoch aufgesprungen war, war Yokato bereits auf den Beinen, hatte die Waffe gezückt und rannte zum See. Er sah seinen Bruder in einem tieferen Bereich des Sees, wie er mit den Armen ruderte und versuchte, sich über Wasser zu halten. Yokato warf die Waffe zur Seite, watete einige Schritte ins Wasser und begann zu schwimmen, sobald das Wasser tief genug dazu war. Nur wenige Sekunden später hatte er seinen Bruder erreicht und versuchte, ihn aus dem Wasser zu ziehen, aber er konnte ihn nicht von der Stelle wegziehen, an der er sich strampelnd über Wasser hielt. Yokato hörte ein platschendes Geräusch, dann sah er, wie Fudo mit schnellen Bewegungen auf ihn zuschwamm. In einer Hand hatte er ein aufgeklapptes Messer, das Yokato bei ihm noch nie gesehen hatte. Bevor er fragen konnte, was Fudo damit wollte, war dieser allerdings schon untergetaucht. Anhand der Luftblasen konnte man sehen, dass er neben der Stelle tauchte, an der Raidon festzustecken schien. Dann spürte Yokato, wie der Widerstand nachließ und wie er Raidon zum Ufer ziehen konnte. Als Yokato schon dachte, Fudo wäre ertrunken, tauchte dieser wieder auf und schwamm ebenso schnell, wie er gekommen war, zum Ufer zurück, man konnte ihn deutlich keuchen hören.

“Was war das denn?”, fragte Yokato, als er und Raidon gleichzeitig mit Fudo das Ufer erreichten.

“Schlingpflanzen”, entgegnete Fudo. Er keuchte immer noch, man konnte sehen, dass er zu lange unter Wasser gewesen war. Das Messer hatte er zugeklappt, als er das Ufer erreicht hatte, und es wieder in seiner Tasche verschwinden lassen. Nur die Metallklammer, die es in der Tasche hielt, war noch zu sehen. Yokato merkte erst jetzt, wie unauffällig Fudo eigentlich wirkte. Er hätte nie damit gerechnet, dass er ein Messer dabei haben würde.

Fudo bemerkte Yokatos Blick, sagte jedoch nichts dazu. Er deutete nur in Richtung Feuer, das durch einige Büsche verdeckt war. “Wir sollten zurück, uns aufwärmen und die Kleider trocknen lassen”, sagte er im Plauderton, erhob sich und ging zum Feuer zurück. Die Zwillinge folgten ihm. Fudo bog auf dem Weg zum Feuer kurz in Richtung Wald ab und kam zwei Minuten später mit drei großen Ästen zum Feuer zurück. Er hielt in seiner anderen Hand wieder das Messer. Während die beiden Zwillinge ihn ansahen, schnitt er mit der Klinge, die sehr scharf zu sein schien, in zwei der Äste oben einen Spalt hinein. Dann rammte Fudo diese Äste neben dem Feuer in den Boden, so dass die Spalte nach oben zeigten. In diese klemmte er den dritten Ast hinein.

“So, da können wir unsere Kleider dranhängen, dann trocknen sie besser”, meinte der Älteste während er bereits sein T-Shirt auszog. Sein Messer befand sich schon wieder in der Hosentasche, aber weder Yokato noch Fudo hatten bemerkt, wie er es zurückgesteckt oder überhaupt nur zugeklappt hatte.

Raidon machte sich Gedanken darüber, ob er Fudo nicht unterschätzt hatte. Der Ältere hatte ihm gerade das Leben gerettet, obwohl Raidon und Fudo nicht gerade einen guten Start hingelegt hatten.

“Danke”, sagte Raidon daher nur knapp und setzte sich ans Feuer. Fudo hängte sein T-Shirt über die Astkonstruktion, die ein wenig an eine Limbostange erinnerte, und setzte sich ebenfalls ans Feuer.

Die beiden Mädchen betrachteten die drei Jungs mit erstaunten Augen. Sie hatten auch den Hilferuf von Raidon gehört, aber nicht gesehen, was am See passiert war. Sie tuschelten leise miteinander, als sie sahen, dass alle drei vollkommen durchnässt waren, da sie dachten, sie wären in den See gefallen, was gar nicht so falsch war.

“Wie hast du dich eigentlich in den Schlingpflanzen verheddert, Raidon?”, fragte Fudo sachlich und holte wieder sein Messer aus der Hosentasche. Er hatte nun auch einen kleinen, schon leicht angerosteten Schraubenzieher in der Hand, den er scheinbar ebenfalls aus der Tasche geholt hatte. Fudo begann, das Messer in seine Einzelteile zu zerlegen und erwartete eine Antwort von dem jüngeren Igumi.

“Ich habe versucht, Fische zu fangen”, entgegnete dieser wahrheitsgemäß. Er beobachtete Fudo mit nervösem Blick, wie dieser ohne hinzusehen das Messer fachmännisch zerlegte und die Einzelteile an der Decke abtrocknete, auf der er saß. “Dabei muss ich wohl ausgerutscht sein... und als ich versucht habe, mich zu orientieren und zurück an Land zu schwimmen, habe ich mich wohl verfangen... danke nochmal, dass du mich da rausgeholt hast!” Raidon sah etwas verlegen zu Fudo, der noch immer mit seinem Messer beschäftigt war.

“Ohne deinen Bruder wäre das nicht so schnell möglich gewesen”, entgegnete Fudo jedoch nur. “Hätte ich nicht gesehen, dass du festhängst, wäre ich ebenso wie er zu dir geschwommen und hätte versucht, dich rausuziehen!”

“Aber das hast du nicht, du hast ihn von den Schlingpflanzen befreit!” Yokatos Stimme hatte einen Ton an sich, der klarstellte, dass dieses Gespräch über dieses Thema beendet war.

Die Mädchen sahen die Jungs während des Gespräches mit immer größeren Augen an, als sie nach und nach begriffen, was passiert war. Sie blickten Fudo und die anderen erschrocken und verängstigt an und hielten einander - ohne es zu bemerken – fest an den Händen.

“Es ist nichts passiert, ihr müsst keine so ängstlichen Gesichter ziehen”, meinte Yokato, als er die Haltung und den Gesichtsausdruck der beiden Mädchen sah. Der Junge sah sie mit einem offenen, herzlichen und aufmunternden Lächeln an, das die Angst der beiden Jüngsten Mitglieder der Gruppe vertrieb.

Fudo hatte gemerkt, dass Yokato besser mit Kindern umgehen konnte als er selbst und hatte ihm diese Aufgabe stillschweigend übertragen, dieser hatte das auch bemerkt und akzeptiert. Fudo blickte am Rand der Lichtung entlang und suchte nach Ely und den anderen, die auf seine Bitte hin in den Wald gegangen waren. Sie waren, wenn er der Uhr an seinem Handgelenk überhaupt noch trauen konnte – er hatte gerade erst gemerkt, dass er sie noch trug – schon seit einer halben Stunde fort. Gerade, als er begann, sich Sorgen zu machen, kehrten Ryoudo, Riro und Sakura mit den Armen voller Farn zurück ins Lager. Fudo erhob sich und ging ihnen entgegen, um zu helfen. Er nahm einen Teil des Farns und ging damit zum Zelt, um es damit auszupolstern. Die drei legten den Rest des Farns vor dem Zelt ab und gingen zum Wald zurück.

“Wo sind die anderen?”, fragte Fudo Ryoudo, der stehenblieb.

“Wir sind ein wenig tiefer in den Wald gegangen, dort wachsen viele Farnpflanzen, wie du siehst. Und jetzt muss ich los, ich bin der einzige dieses Teils, der eine Waffe hat!” Ryoudo rannte den beiden anderen hinterher und ließ Fudo alleine am Zelt stehen. Der sah der Gruppe kurz hinterher und machte sich ein wenig Sorgen um diejenigen, die im Wald waren. Dann begann er, das Zelt zu polstern, da die Sonne schon tief stand. Fudo hatte das Gefühl, als würden die Tage in dieser Welt schneller vergehen als in der, aus der sie kamen. Das interessierte ihn jetzt allerdings wenig, denn er wollte vorerst nur das Zelt soweit wie möglich fertigstellen damit sie einen trockenen Platz zum Schlafen hatten. Er war froh, dass er ein Ziel hatte, denn so musste er nicht allzuviel nachdenken. Wenn er Ruhe hatte, dachte er über Dinge nach, die nichts nutzten, so wie zum Beispiel die Frage, ob die Zeit hier schneller verging als auf der Erde. Diese Frage fand er sinnlos, aber sie kam ihm trotzdem in den Sinn. Er versuchte, seine Gedanken zu fokussieren, um nicht mehr über die Zeit nachzudenken, aber es war wie fast immer auch jetzt so, dass er immer mehr darüber grübelte, je mehr er versuchte, nicht darüber nachzudenken.
 

Raidon war aufgestanden und hatte seinen Bruder allein mit den beiden Mädchen am Feuer gelassen. Er wusste, dass sein Bruder besser darin war, auf Kinder aufzupassen, er hatte schon bei mehreren Ausflügen als Betreuer der Schüler ausgeholfen und daher einige Erfahrung auf diesem Gebiet. Raidon ging zum Waldrand, um sich ein wenig von den Anwesenden zu entfernen, und lehnte sich dort gegen einen der Bäume. Er schloss die Augen und genoss die Stille, die um ihn herum herrschte, nur durch gelegentliches Zwitschern von Vögeln, die sich ähnlich anhörten wie Vögel auf der Erde, aber doch vollkommen anders klangen. Er hatte noch keinen dieser Vögel gesehen, und nachdem er auf die Raptoren getroffen war, wollte er das auch nicht mehr. Dann hörte er einen besorgten Schrei aus dem Wald, oder dem Dschungel, Raidon war sich nicht sicher, wie er den Ort, in dem sie gelandet waren, nennen sollte. Er stieß sich vom Baum ab und wollte loslaufen, dann wurde er jedoch beinahe von einer Gestalt umgerannt, die vom Lager gekommen zu sein schien. Als er das Gewehr sah, dass die Person in einer Hand hielt, wurde ihm klar, dass es Fudo war. Dessen Tempo verblüffte Raidon, und der Jugendliche blieb einige Sekunden stehen. Dann rannte er dem Älteren hinterher.
 

Ely und Atoeru rissen die langen Blätter des Farns, der zwischen den Bäumen wuchs, aus und legten sie auf einen Haufen, den die beiden anderen Jungen und Sakura dann zum Lager zurücktragen sollten. Sie waren gerade unterwegs, um den Farn, den sie bisher gesammelt hatten, zum Lager zurückzubringen. Ely blickte zum Himmel und sah, dass die Sonne den Zenit schon lange überschritten hatte.

“Es wird Abend”, sagte sie, und riss weiter Farn aus.

Atoeru blickte ebenfalls kurz zum Himmel auf, dann arbeitete auch er weiter. Er versuchte einigermaßen erfolgreich, sich nicht anmerken zu lassen, was in ihm vorging, aber man konnte merken, dass er nicht so ruhig wie Ely zu sein schien, denn seine Bewegungen waren hektischer und er drehte sich bei jedem ein wenig lauteren Geräusch kurz in dessen Richtung.

Ely beobachtete den Jungen. Sie hatte Mitleid mit ihm, da er der einzige war, der niemanden hatte, an den er sich wenden konnte, niemand, der ihm einen Halt geben konnte. Sie wollte ihm gerade sagen, dass er immer zu ihr kommen könne, wenn er Probleme hätte, als sie ein Schnauben hinter sich hörte. Sie drehte sich zeitgleich mit Atoeru um und blieb wie versteinert stehen, eine Hand schon am Gewehrlauf, der über ihre Schulter ragte. Nichts rührte sich, es war absolut still, jegliches Vogelzwitschern war verstummt, und sowohl Ely als auch Atoeru hielten den Atem an, so dass sie ihren eigenen Herzschlag hören konnte, ebenso wie das Blut, das in ihren Ohren rauschte.

Zwischen zwei Bäumen, nur etwa zehn Meter entfernt, konnte sie einen Dinosaurierkopf ragen sehen. Sie konnte sofort die Reißzähne erkennen, die Nasenlöcher und die kleinen Augen, die er an den Seiten des Kopfes hatte. Der Kopf war gigantisch, beinahe einen Meter lang, und der dazugehörige Körper maß alles in allem acht Meter, auch wenn sie das nicht sehen konnte. Trotz seiner Größe und seines Gewichtes war das Tier leise genug gewesen, um sich den beiden auf diese kurze Distanz nähern zu können. Sie blickte dem halbwüchsigen T-Rex, der seinen Kopf zu ihnen gestreckt hatte, in die Augen. Dann begann Atoeru zu schreien, und die Starre, die die Welt scheinbar belegt hatte, war aufgehoben. Der Tyrannosaurier öffnete sein Maul und begann zu brüllen, ein schauerlicher Klang, der Ely das Blut in den Adern gefrieren ließ. Sie löste den Lederriemen des Gewehrs von der Schulter und legte an, aber da war der Dinosaurier schon direkt vor ihr, und sie konnte gerade noch so dem Maul ausweichen, das nach ihr schnappte. Dazu musste sie allerdings das Gewehr wegwerfen, es landete auf der anderen Seite des Tyrannosaurus. Sie blickte sich um, während sie dem Biss auswich, und sah, dass Atoeru weggerannt war, in Richtung des Lagers, wie es schien. Sie wertete das als gut, aber sie machte sich auch Sorgen, da sie nicht wusste, ob sich noch mehr gefährliche Dinosaurier in der Nähe befanden.

Dann biss der Dinosaurier wieder nach ihr, und nur durch einen Hechtsprung hinter einen Baum konnte sie ihm entkommen. Der Tyrannosaurus biss in den noch relativ jungen, gerade einmal dreißig Zentimeter langen Baum und zerbiss ihn. Der Stamm fiel zur Seite und landete nur knapp neben Ely. Diese hatte endlich die Pistole, die Yokato ihr gegeben hatte, gezogen und auf den Dinosaurier gerichtet. Sie bewegte sich langsam und zitternd rückwärts, in Richtung einiger dickerer Bäume, und hoffte, dass der Dinosaurier ein Gebiss hatte, dem diese Bäume widerstehen konnten. Dabei stolperte sie über eine Wurzel und fiel zu Boden, und der Dinosaurier näherte sich ihr langsam und mit halb offenem Maul. Sie konnte den Geruch von verwesendem Fleisch riechen, den der Dinosaurier verströmte, und wunderte sich, dass sie diesen Geruch nicht eher wahrgenommen hatte. Dann sah sie eine schattenhafte Bewegung auf der anderen Seite des Dinosauriers, in der Richtung, aus der sie gekommen waren und in der das Lager lag.

Ein Schuss ertönte und der Tyrannosaurier heulte gequält auf. Ely sah Fudo auf der anderen Seite der riesigen Echse stehen und mit einem Gewehr auf dessen Bein zielen. Sie richtete die Pistole weiterhin auf den Dinosaurier, doch der schien genug zu haben, als Fudo ein weiteres mal schoss. Er brüllte noch einmal, dann stürmte er an Ely vorbei und verschwand im Wald. Fudo kniete beinahe sofort neben Ely.

“Alles in Ordnung?”, fragte er sie und legte einen Arm um ihre Hüfte, um ihr aufzuhelfen.

“Ja, alles in Ordnung. Aber wo ist Atoeru?”, fragte Ely besorgt. Fudo lächelte und half ihr hoch. Er hängte sich das Gewehr über die Schulter und nickte in Richtung Lager.

“Er ist bei Ryoudo, Riro, Sakura und Raidon. Er ist in Sicherheit, und wenn ich Raidon und Ryoudo richtig einschätze, schon lange wieder im Lager.” Ely atmete hörbar auf. Fudo löste seine Umarmung und ging zu dem Farn, den Atoeru und Ely noch gesammelt hatten. Er bückte sich und hob ihn auf.

Erst jetzt steckte Ely die Pistole, die sie noch immer in ihrer linken Hand gehalten hatte, wieder in die Tasche, nachdem sie sie gesichert hatte. Sie merkte, dass sie stark zitterte, und beeilte sich, Fudo einzuholen, der an einen Baum gelehnt auf sie wartete. Sie hob das Gewehr, das sie weggeworfen hatte, auf, hängt es sich über die Schulter und ging mit Fudo zusammen zurück in die Richtung, von der sie glaubten, dass sich dort das Lager befand.
 

Atoeru rannte durch den Wald, in die Richtung, von der er glaubte, dass sich dort das Lager befand. Er achtete nicht darauf, wohin er wirklich rannte, er achtete nicht einmal genau, wohin er seinen nächsten Schritt setzte. Der Gedanke an den Dinosaurier, den er gerade gesehen hatte, der sie angegriffen hatte, war zu erschreckend gewesen. Er rannte und rannte, ohne genau zu sehen, wohin, und bemerkte die Gestalt vor sich zu spät. Er rannte ungebremst in den Jungen, der ihm entgegenkam, und beide fielen zu Boden.

“Atoeru? Was ist passiert?”, stieß Raidon keuchend hervor, nachdem er wieder zu Atem gekommen war. Der Jüngere hatte ihm alle Luft aus den Lungen gepresst als er in ihn hineinrannte, und Raidon fühlte, dass er mehr davongetragen hatte als nur ein wenig Atemnot. Aber diese Gedanken wurden von Atoerus panischem Blick in die hintersten Winkel seines Gehirns verschoben. Er blickte sich um und versuchte, sich zu orientieren. Dann hörte er einen Schuss und sofort danach einen lauten Schrei, den er nicht identifizieren konnte.

Atoeru zuckte zusammen und stieß einen leisen, ängstlichen Schrei aus. Raidon blickte ebenso entsetzt in die Richtung, aus der der Schrei gekommen war, denn Fudo war genau in dieser Richtung unterwegs gewesen, als er ihn aus den Augen verloren hatte. Das war nur wenige Sekunden, bevor Atoeru in ihn hineingerannt war, geschehen.

“Hey, Atoeru, ist alles in Ordnung?” Raidon sah den zitternden Jungen an, welcher seinen Blick angsterfüllt erwiderte. Die Angst in Atoerus Blick überzeugte den Älteren, dass nicht alles in Ordnung war. Er erhob sich zusammen mit Atoeru und zog diesen zum Lager zurück.

“Ely... Dinosaurier...”, brachte der Jüngere hervor, dann verstummte er wieder. Raidon spürte das Zittern des Jungen, obwohl er ihn nur am Handgelenk festhielt, und beeilte sich, zum Lager zurückzukommen.

“Was ist passiert? Wo sind Ely und Fudo?”, rief ihm Ryoudo zu, der zusammen mit Riro und Sakura ein Stück in Richtung des Lagers wartete, auf Anweisung von Fudo. Der Älteste war an der Gruppe vorbeigestürmt, nur Sekunden nach dem Schrei, und hatte ihnen zugerufen, hier zu warten. Ryoudo hatte seinen Bruder noch nie so ängstlich gesehen wie zu dem Zeitpunkt, als er an ihm vorbeigerannt war.

Raidon schüttelte nur den Kopf auf die Frage und ging mit Atoeru schweigend an der Gruppe vorbei. Diese schloss sich ihm an, und sie beeilten sich, um zum Lager und in die relative Sicherheit, die ihnen die Lichtung zu geben schien, zurückzukehren. Ryoudo blickte Raidon besorgt an, dann folgte er ihm jedoch, ebenso wie der Rest der Gruppe. Er schwieg, da er gesehen hatte, wie panisch sich Atoeru verhielt. Als sie die Lichtung erreicht hatten, kam Yokato sofort auf sie zugerannt, die Pistole, die er sich von Raidon zuvor geholt hatte, in der Hand. Als er sah, dass alle bis auf Ely und Fudo die Lichtung erreicht hatten, blickte er den Rest der Gruppe an, vornehmlich seinen Bruder.

“Was ist passiert?”, rief Yokato seinem Bruder zu, der am Waldrand stehengeblieben war. Ryoudo hatte den Rest der Gruppe, darunter auch Atoeru, überzeugt, weiterzugehen und die Zwillinge kurz alleine zu lassen.

Raidon sah seinen Bruder mit einem merkwürdigen Blick an, den Yokato noch nie gesehen hatte und somit nicht deuten konnte. Er meinte, Angst, Panik, aber auch Genugtuung darin zu sehen, und diese Kombination bereitete ihm Sorgen, auch wenn er sich fast sicher war, dass er einfach zu nervös dazu war, um es wirklich sagen zu können. Er bildete sich diesen Blick nur ein, versuchte er sich selbst einzureden.

“Ich weiß es nicht”, antwortete Raidon. Ich bin Fudo gefolgt, aber dann ist Atoeru in mich reingerannt, und ich habe Fudo verloren. Und von Atoeru weiß ich auch nicht wirklich etwas.” Yokato sah in den Wald, in die Richtung, aus der die anderen gerade gekommen waren, und wunderte sich, dass sich dort immer noch niemand näherte.

“Sie werden sicher gleich kommen”, sagte er zu sich selbst, da Raidon schon weiter zu den anderen gegangen war. Yokato drehte sich ebenfalls um und ging zur Feuerstelle zurück, an der die anderen saßen und versuchten, Atoeru zu beruhigen.
 

“Wir müssten schon längst zurück sein”, sagte Fudo leise und sah sich um. Er war nervös, das sah man ihm deutlich an, obwohl er versuchte, es zu unterdrücken. Er blickte sich im Wald um und merkte, dass er jegliche Orientierung verloren hatte. Ely, welche durch ihre Begegnung mit dem Tyrannosaurier noch immer unter Schock stand, hielt sich an seiner rechten Hand fest, während Fudo in der linken die Pistole hielt, die er dabeigehabt hatte. Beide hatten ihre Gewehre auf dem Rücken, und Ely hatte ihre Pistole in die Hosentasche gesteckt. Die Farnblätter, die er am Anfang getragen hatte, waren schon lange im Wald gelandet, da es wichtigeres zu tun gab.

“Haben wir uns verlaufen?” In Elys Stimme schwang bei dieser Frage deutlich Sorge mit, aber es war weniger die Sorge um sich oder Fudo, denn sie hatten Waffen und Munition dabei, sondern eher Sorge um die anderen im Lager.

“Wir finden schon zurück, Ely, keine Sorge”, meinte Fudo beruhigend und sah sich um. Sie waren in einen dichten Teil des Waldes geraten, in dem sie sich seit nunmehr einem Tag befanden, so dicht, dass man kaum zehn Meter weit sehen konnte. Es waren hauptsächlich tropische Bäume, die hier wuchsen, darunter auch mehrere Palmen, die überhaupt nicht in diesen Dschungel zu gehören schienen, aber sie waren auch schon an einer Tanne und einer Erle vorbeigekommen. Fünf Meter vor sich sah Fudo einen Haselnussbaum neben einem jungen Olivenbaum stehen, wieder ein deutliches Zeichen, dass sie nicht mehr in ihrer Welt waren. Er achtete nicht weiter darauf, sondern sah sich um, in der Hoffnung, irgendetwas zu sehen, das ihm bekannt vorkam, aber auch, um nicht von irgendwelchen Dinosauriern überrascht zu werden. Vor sich war eine Lücke im Geäst, und als er nach oben sah, konnte er erkennen, dass die Sonne bereits dabei war, zu sinken. Er hatte es schon vermutet, da das Licht ein wenig schwächer gewesen war, aber als er es nun sah, bereitete es ihm doch Sorgen.

Das Lager war geschützt, sie hatten Waffen und ausreichend Munition, es gab Essen und Wasser, und außerdem hatten sie ein Feuer, dass einige Dinosaurier abschreckte, also machte er sich darum nicht so viele Sorgen. Aber seine und Elys Situation war eine ganz andere. Sie waren allein, in einem unbekannten Dschungel oder Wald oder wie auch immer man es nennen wollte, und hatten die Orientierung verloren. Essen gab es zwar, es wuchsen immer wieder Bäume, an denen Früchte wuchsen, aber Wasser war ein Problem, und die Munition für ihre Waffen war auch spärlich gesäht. Sie hatten insgesamt zwei Pistolenmagazine für jede Pistole, zwei vollgeladene Gewehre und zehn Kugeln zum Nachladen der letzteren. Sollten sie einem Rudel Raptoren begegnen, wären sie schutzlos.

Fudo blickte sich um, suchte nach Anhaltspunkten und lief mit Ely weiter durch den Dschungel.

Eine halbe Stunde später war es beinahe vollends dunkel.

“Fudo, wir haben uns verirrt”, flüsterte Ely, die sich inzwischen wieder etwas beruhigt hatte. “Ich hoffe nur, die anderen machen sich keine Sorgen um uns”, fügte sie leise hinzu.

Fudo sah sie an, man konnte an seinem Blick sehen, dass sie ein Thema angeschnitten hatte, das ihm unangenehm war.

“Den anderen geht es sicher gut. Und ja, wir haben uns verlaufen, aber das ist kein Grund zur Sorge.” Fudo sah sie an und lächelte.

“Ich hoffe nur, wir kommen zu den anderen zurück”, flüsterte Ely leise.

Wir finden schon zurück”, antwortete Fudo mit einem leicht gereizten Tonfall, der Ely sofort auffiel, auf ihr Geflüster.

“Du musst dich nicht gleich aufregen, Fudo”, erwiderte Ely ebenfalls gereizt. Fudo drehte sich zu ihr um und ließ ihre Hand los.

“Ich rege mich nicht auf, Ely. Ich bin ganz ruhig. Aber du solltest nicht über Dinge reden, die man gerade nicht ändern kann. Ja, wir haben uns verlaufen, aber daran können wir gerade nichts ändern. Also finde dich damit ab. Wir werden schon zu den anderen zurückkommen!”

“Mich damit abfinden? Ich soll mich damit abfinden?” Ely sah ihren Freund geschockt an. “Ist dir überhaupt klar, was du da redest? Unsere Geschwister befinden sich bei den anderen! Soll ich mir etwa keine Sorgen um sie machen?”

“Unsere Situation ist bedenklicher als ihre. Sie haben noch genug Munition, nicht so wie wir. Sollten wir auf gefährliche Tiere treffen, dann sind wir erledigt! Also kümmer dich erstmal um unsere Situation. Es bringt unseren Geschwistern nichts, wenn wir tot sind!”, schrie Fudo sie an. Dann drehte er sich um und lief, ohne darauf zu achten, ob Ely ihm folgte oder nicht, in den Dschungel davon. Er verschwand zwischen zwei Bäumen aus Elys Blickfeld.
 

Ely stand kurzzeitig wie angewurzelt da, dann lief sie ihm hinterher. Sie lief zwischen den beiden Bäumen hindurch, aber Fudo war nicht mehr zu sehen. Sie sah sich um, aber konnte ihn nicht mehr entdecken. Sie lief noch einige Meter in den Dschungel, wobei sie vollends die Orientierung verlor. Schließlich spürte sie, wie ihre linker Fuß nass wurde. Sie sah nach unten und entdeckte einen kleinen Bach, in den sie getreten war.

'Daran ist nur Fudo schuld', dachte sie. 'Wenn er nicht mit dieser dummen Diskussion angefangen hätte, wäre das alles nicht passiert... nein, schon seine Bitte, Blätter zu holen, war schuld an dem hier!'

Es knackste im Unterholz hinter ihr. Ely drehte sich um und erwartete halb, Fudo dort stehen zu sehen. Aber es war nur ein kleiner grüner Dinosaurier, wie ihn Yoko und Sakura beschrieben hatten. Sie blickte sich weiter um, ein wenig in Sorge um Fudo, aber schließlich siegte ihr Ärger, dass er nicht auftauchte oder nach ihr suchte.

“Dann bleib eben weg”, rief sie in den Dschungel hinein. Sie blickte nach oben in das Blätterdach, wo es schon stockdunkel war. Die Sonne war untergegangen. Sie ging zum nächsten Baum und kletterte nach oben, das Gewehr noch immer auf dem Rücken befestigt. Nachdem sie auf etwa vier Metern einen gegabelten Ast gefunden hatte, der ihr Gewicht trug, setzte sie sich auf ihn, lehnte sich an den Stamm und schloss die Augen. Schnell war sie eingeschlafen.
 

Fudo lief noch eine halbe Stunde durch den nunmehr stockdunklen Dschungel, bevor er sich einen Ort zum Ausruhen suchte. Er hatte noch mitbekommen, dass Ely etwas gerufen hatte, aber war schon zu weit entfernt gewesen, um noch zu hören, was sie genau gerufen hatte. Er war immer noch zornig auf Ely, weil sie einfach nicht verstanden hatte, in welcher Situation sie sich befanden, aber er hatte auch das Gefühl, einen Fehler gemacht zu haben, als er sie angeschrien hatte. Aber erstaunlicherweise war ihm das im Augenblick egal. Alles, was er wollte, war, zu den anderen zurückzukommen. Aber als er einen Baum gefunden hatte, auf den er einigermaßen leicht klettern konnte, begann er, wirklich nachzudenken und bemerkte, was für Mist er gebaut hatte. Er verfluchte sich selbst dafür, dass er Ely, seine Freundin, so behandelt und dann im Wald zurückgelassen hatte, um zu den anderen zurückzukommen.

'Wenn ihr etwas passiert, dann bin ich schuld daran', dachte er sich. Er legte das Gewehr auf eine dünnere Astgabel neben dem Ast, auf dem er saß, steckte die Pistole in den Gürtel und sah sich um. Er war auf einen Apfelbaum geklettert, der gerade zu blühen angefangen hatte.

“Im Lager waren sie schon am verwelken”, sagte er zu sich selbst, einmal, um es sich wirklich zu verdeutlichen, andererseits, um die Stille, die um ihn herum herrschte, zu vertreiben. Er fühlte, dass er sich immer unwohler fühlte.

'Ely, ich hoffe, dir geht es gut', dachte er, bevor er sich an den Baum lehnte. 'Sobald es Morgen ist, werde ich nach dir suchen. Bitte, bitte, dir darf nichts geschehen sein. Wenn dir etwas geschehen sein sollte...' Er führte den Gedanken nicht zu Ende, wollte ihn nicht zu Ende führen. Stattdessen lehnte er sich an den Baum und schlief kurz darauf ein.
 

Es war inzwischen Nacht geworden, und Fudo und Ely waren noch immer nicht ins Lager zurückgekehrt. Yokato hatte die Jüngeren und die Mädchen ins Zelt geschickt, um zu schlafen, und nur noch er, Atoeru, Raidon und Ryoudo waren draußen. Die vier saßen schweigend am Feuer und warteten.

“Sie kommen heute nicht mehr zurück”, meinte Raidon schließlich. “Und wir sollten nicht alle wachbleiben. Wir müssen Wachen einteilen, auch wenn die beiden nicht da sind. Wir halten wieder zu zweit Wache, und da wir drei Leute sind, die Wache halten können...”

“Vier”, unterbrach ihn Atoeru. “Ich kann auch Wache halten!”

“Du siehst nicht gut aus, Atoeru, du solltest dich auch hinlegen und versuchen, ein wenig zu schlafen, wirklich”, meinte Yokato. Er deutete auf das Zelt. “Es ist noch genug Platz für dich.”

“Ich will aber nicht schlafen. Nicht, bevor die anderen wieder da sind!” Atoerus Stimme war trotzig, aber auch voller Angst um Ely und Fudo, und Raidon nickte schließlich nach einigen Sekunden.

“Gut, dann hälst du mit mir Wache, Atoeru. Aber du versprichst mir jetzt eines. Sobald du deine Schicht geleistet hast, legst du dich schlafen, ok?”

Atoeru nickte. “Versprochen”, flüsterte er.

“Dann wäre das geklärt”, meinte Raidon. “Wir übernehmen die erste Wache. Legt euch schlafen, ihr beiden. Wir wecken euch später!”

Yokato warf seinem Bruder einen Blick zu, der alles andere als freundlich war, dann gab er ihm seine Pistole, stand auf und ging zum Zelt, gefolgt von Ryoudo, der die Pistole, die er den ganzen Tag bei sich getragen hatte, im Gürtel stecken ließ und keine Anstalten machte, sie abzugeben, jedenfalls nicht an Raidon oder Atoeru. Als die beiden das Zelt erreichten, das Fudo errichtet hatte und das zu etwa drei vierteln bereits mit Farn ausgelegt war, übergab der Junge die Pistole an Yokato. Dann verschwanden die beiden im Zelt.
 

Raidon setzte sich ans Feuer und legte ein wenig Holz nach, damit es nicht ausging. Die Pistole hatte er auf den Boden neben sich gelegt. Atoeru hatte auf der anderen Seite des Feuers Platz genommen, er starrte in die Flammen, als würde sonst nichts mehr um ihn herum existieren. Raidon beobachtete den Jungen, den er mehr oder weniger in diese Welt gebracht hatte, dann wandte er den Blick ab und ließ ihn am Waldrand entlangwandern.

'Ich hoffe, den beiden ist nichts passiert', dachte Raidon. Aber dieser Gedanke hatte weniger damit zu tun, dass er der Meinung war, sie würden die beiden brauchen, sondern eher damit, dass die Verschwundenen die beiden Gewehre dabei hatten. Ohne diese Waffen war es nur eine Frage der Zeit, bis die Gruppe schutzlos war, da die Pistolenmunition nicht gerade reichlich gesäht war. ER blickte zurück zu dem Jungen am Feuer, der die Augen geschlossen hatte und ruhig und gleichmäßig atmete.

'Schlaf gut', dachte Raidon, stand auf und ging zu dem Jungen. Er hob die Decke auf und legte sie Atoeru um die Schultern, damit der Junge nicht fror. Dann konzentrierte er sich wieder auf den Wald.
 

Yokato und Ryoudo legten sich nahe des Zelteingangs schlafen, sie hatten sich eine Decke genommen, die von Raidon und Yokato mit in diese Welt gezogen worden war. Sie waren froh über diesen glücklichen Zufall. Ryoudo blickte zu den schlafenden Gesichtern der restlichen Gruppe und wurde traurig, als er Kichi und Riro sah, die bereits friedlich schliefen. Sie würden morgen sicher nur schwer zu beruhigen sein, wenn Ely immer noch nicht wieder da sein sollte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2010-04-22T00:33:21+00:00 22.04.2010 02:33
Sorry dass ich mich erst jetzt melde ;) Ich finde die FF ist wirklich gut gelungen, meiner Meinung nach die beste die ich von dir bisher gelesen habe ;) Wann kommt endlich das nächste Kapi? :D


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