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Lost Prince

Krieg auf Aira
von

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Gewässer, Magie und Wein

Immer tiefer tauchte Siri ins pechschwarze Meer hinab. Sie schlug mit ihrer blauen Flosse, die sie dank Avrials Zauber hatte, große Wellen und konnte somit sehr schnell durch das Wasser gleiten.

Das, was zuerst schwarz und trüb schien, löste sich nun mit der Tiefe stetig auf, bis das kühle Nass dunkelblau und rein war. Dies war durchaus seltsam und warf die Frage auf: Wieso?

Sicher hatte der Wassergott seine Gründe. Vielleicht wollte er sich von der oberen Welt abschotten – von allen Menschen? Sicherlich würde er nicht seine eigene Umgebung verdunkeln; das wäre auch eine Antwort.

Als Siri die vorbeischwimmenden, bunten Fische und die farbenfrohe Korallenvielfalt bestaunte, sah sie anschließend nach oben, an den silbrigen Fischschwarm vorbei, zum Licht, dass bis an den sandigen Boden des Meeres reichte. Es war der Mond, der trotz der tiefen Nacht den Wasserkreaturen und somit auch Siri Licht spendete.

Nun konnte mit der Suche begonnen werden. Doch wo sollte sie anfangen? Sie wusste schließlich nicht, welche Gestalt ein Wassergott hatte. Er konnte demnach so gut wie alles und jeder sein: die Krabbe unter ihr am Korallenstein, die Koralle selbst, irgendeine Fischart, Pflanze, oder sogar das Wasser selbst. Siri könnte Fische befragen – jedoch wusste sie nicht, ob sie dies konnte. So schwamm sie erst einmal voran, um nach Hinweisen und einer Spur zu suchen.
 

Inzwischen, in einem Wohnzimmer des Schlosses, saß Avrial im gemütlichen Sofa und trank Tee. Neben ihm knisterte das Feuer im Kamin, während Lyze unruhig auf und ab ging. Nervös machte das den Magier nicht, aber Juls, Rina und Christy wurden auf den Halbengel aufmerksam. Sie schauten hinter dem Stuhl hervor und beobachteten ihn beim Auf- und Abgang, wie neugierige Kinder, die eine fremde Person zum ersten Mal sahen.

„Der ist süß.”, es hätte so schön ruhig sein können, wenn da nicht Christy gewesen wäre, die unüberhörbar ihre Meinung äußerte. Auf ihren Satz hin wurde sie von ihren Gesellinnen langsam angeschaut.

„Du findest alles süß.”, tönte es von unten, als Avrial wieder an seinem Tee nippte.

„Ja stimmt. Du findest wirklich alles süß!”

„Ach sei still, Rina.”, war Christys Antwort, „Du findest auch alles süß. Was war noch mal neulich mit dem Eichhörnchen?”

„Aber Eichhörnchen sind doch süß!”

„Meister!”, mischte Juls hinzu, „Auf dem Weg nachhause haben wir ein süüüßes Eichhörnchen gesehen!”

„Das ist schön.”

„Jaaa!” – die drei hüpften urplötzlich auf, was Lyze aufschauen ließ: „Toll. Jetzt wundert mich nichts mehr.”

Natürlich bekam Avrial mit, dass Lyze mit seinem Satz provokativ auf ihn anspielte, antwortete aber trotzdem gelassen: „Etliche Jahre der Einsamkeit sind Gift für jede Seele. Es tut gut, Gesellschaft zu haben; egal welcher Art.”, er nippte an dem Tee, „Ich würde dir gerne ein Getränk anbieten, aber du würdest es nicht annehmen. Also, Noshyru. Ich habe gehört, du bist mit Magie begabt?”

„Begabt?”, der Halbengel blieb stehen, „Ich kann es, ein bisschen. Aber jeder Engel beherrscht die Lichtmagie, das ist nichts Besonderes.”

„Mag sein. Aber ich spreche auch nicht von Spielereien, sondern von richtiger Magie.”, Avrial stellte seine Tasse ab, ehe er sich von seinem Platz erhob und zum misstrauischen Lyze hinüber trat. „Lass mich dir etwas zeigen.”
 

Es war kurz vor Mitternacht, der Mond schien hell und Siri war noch immer am Grund des Meeres auf der Suche nach dem Wassergott. Nicht einmal das war sicher: der Aufenthaltsort. So gesehen müsste Siri das gesamte Gebiet, rund um die Insel Ikana und dem Festland Desterals absuchen, was allerdings länger als eine Nacht dauern würde. Von daher stand fest: sollte sie bis zum Morgen in diesem Gebiet, zwischen Ikana und dem Festland, nicht fündig werden, musste abgebrochen werden und das Wasser erstmals in diesem Zustand verweilen.

Einiges hatte sie schon untersucht, hochgehoben und Tiere genervt, aber noch nichts herausgefunden – bis auf die Tatsache, dass sie eindeutig nicht mit Wasserwesen sprechen konnte… na ja, es war irgendwo doch nur ein Zauber.

Sie hatte gerade die Hoffnung aufgegeben, als vor ihr in der Ferne eine verdächtige Höhle lag. Nun wieder lächelnd, schwamm sie voran zu diesem Unterwasserversteck. Wie an einer Türe auch, klopfte sie an die Höhlenwand, ehe sie hinein schwamm. Wieder fand die junge Frau so allerlei an Leben: Einsiedlerkrebse, Seesterne und sogar kleine, weißliche Höhlenkäfer… wohl eine Wasserspezies. Jedenfalls fand sie dort alles Mögliche, nur keinen Wassergott – und im Wasser „Hallo?” konnte man schließlich auch nicht fragen.

Gerade als sie sich zum wegschwimmen umdrehte, machte sie noch eine grausige Entdeckung: hinter ihr tauchten aus der dunklen Höhle große Tentakelarme auf, bis ihr schließlich das riesige Tintenfischauge direkt ins Gesicht blickte.

Wenn man unter dem Meer schreien könnte, hätte es bestimmt mehr als nur der gesamte Ozean gehört – und Siri wusste gar nicht, wie schnell sie um ihr Leben schwimmen konnte!

Ihr Glück war es, dass dieser riesige Tintenfisch wohl keinen Appetit auf verzauberte Meerjungfrauen-Mädchen hatte und sie auch erst gar nicht verfolgte…
 

„Was soll das?”, Lyze schaute fragend in Avrials offene Hand, in der ein kleiner Lichtschein tanzte.

„Frage nicht. Versuche das gleiche in deiner Hand – oder bist du doch nicht so begabt, wie ich annahm…?”

Von dem schmunzelnden Magier angestachelt, imitierte Lyze seine Bewegungen; hob die linke Hand, drehte einen leichten Kreis und öffnete diese: nun bildete sich auch in seiner Handfläche ein kleines Lichtlein.

„Wunderbar, es geht doch!”, Avrial ließ den Zauber verschwinden, „Und jetzt eine Stufe schwieriger.” Er begann mit beiden Handflächen ineinander gedreht einen Kreis zu bilden, bis eine kleine Lichtkugel aufleuchtete und nun vor sich her flackerte.

Lyze hielt dies für Kinderkram. Wieder imitierte er Avrials Handbewegungen und formte in seinen Händen diese flackernde Lichtkugel.

„Hervorragend!”

„Mag sein…”, meinte der Halbengel, „Aber was soll daran so besonders sein? Lichtmagie eben. Leuchtet im Dunkeln, wenn dir eine Fackel fehlt, toll.”

Mit einem Mal schüttelte der Magier die Hände, bis das Licht verschwand. „Oh, nein Noshyru, das ist viel mehr als Lichtmagie – das sind Grundkenntnisse von richtigen Zaubern. Die ersten Schritte eines wahren Meisters, von Magiern, die schon seit ewigen Zeiten mit dieser übernatürlichen Macht zu tun haben.”

Kopfschüttelnd schaute Lyze in sein Gesicht und machte einen kleinen Schritt zurück: „Ehrlich. Ich weiß wirklich nicht, worauf du hinaus willst… was willst du mir denn damit sagen? Dass ich ‚tatsächlich’ begabt bin?”

„Nein. Viel mehr noch:”, Avrial beugte sich nach vorne, „Noshyru, durch deinen Adern fließt Arcanerblut.”
 

Drei Stunden suchte sie jetzt schon. Mitternacht war vorbei und die eigentliche, dunkle Nacht kündigte sich an. Der Mond wanderte, stellte sein Licht schief, sodass es nur noch zart bis zum Grund reichte.

Neben einer großen, grün-violetten Koralle ließ sich Siri auf einen Stein nieder und dachte nach. Es blieben nicht mehr viele Stunden, um mit dem Wassergott sprechen zu können; und den Eindruck er tauche in den nächsten Minuten auf, hatte sie auch nicht. Was nun? Umkehren, zurück an den Strand? Dies schien Siri die beste Entscheidung zu sein. Doch, als hätte man es nicht schon geahnt, sprach eine sanfte Stimme aus dem Nichts zu ihr, gerade als sie wegschwimmen wollte: „Gehe nicht.”

Die junge Frau drehte sich um, suchte mit hochgezogener Augenbraue umher. „Wer ist denn da?”, diese Worte, muss man erwähnen, sprach sie nicht aus, sondern dachte sie; denn sprechen unter dem Meer ist nicht so einfach.

„Ich bin der Hüter des Wassers…”

„Des Wassers…?”, sie blickte gen Wasseroberfläche, „Aber ich kann dich nicht sehen! Bist du denn der Wassergott?”

„…Ich habe viele Namen.”

„Ich muss mit dir reden. Wo bist du?”

Hinter sich spürte Siri plötzlich jemanden – sie drehte sich abermals um und sah, wie ein Mann praktisch aus dem Nichts Gestalt annahm. Blasse Haut. Meerblaue Augen und tiefblaue Kleidung mit langen Ärmeln. Mit seinen bloßen Füßen berührte die menschliche Gestalt den Sandboden und ging wie in Zeitlupe über den Grund, auf Siri zu. „Was suchst du in meinem Reich? Du gehörst nicht hierher.”

„Ich weiß. Und ich habe auch nicht mehr viel Zeit!”, sie verbeugte sich, „Herr Wassergott, der Drache der Güte hat mich zu dir geschickt.”

„Ist das wahr? …Und weshalb?”

„Es geht um Ikana – nein, ganz Desteral! Du musst dem tödlichen Wasser seine ursprüngliche Form zurück-”

„Nein, niemals.”, er wendete ihr langsam den Rücken zu, „Die Menschheit hat mir das Kostbarste geraubt, jetzt werde ich ihr Kostbarstes nehmen: ihr Leben. Gehe, oder auch deines wird für immer dem Meer gehören.”
 

„Ganz ehrlich: deine Witze sind grausam!”

„Das ist kein Witz, Noshyru. Es tut mir leid, falls du es so empfunden hast.”

Gegenüber Avrial ließ sich der Halbengel in das Sofa fallen. Rumhängend pustete er sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und starrte fassungslos ins Feuer, dies für einige Minuten. Währenddessen schenkte sich Avrial noch eine Tasse Tee ein und nippte daran; kurz schaute er etwas skeptisch und gab sich zwei Stück Würfelzucker in die Tasse. Nach einer kleinen Weile des Umrührens kostete er noch einmal und nickte dann zufrieden.

„Ein Arcaner also…”, begann Lyze, „Und was tue ich jetzt?”

„Nun, weißt du denn, wer aus deiner Familie ein Arcaner war?”

„Nein. Woher denn auch?”

„Deine Mutter war ein reiner Engel?”

Lyze nickte.

„Gut. Dann steckt das Gen in deinem Vater. Ist dir denn jemals etwas Seltsames an ihm aufgefallen?”

„Ja… aber darüber spreche ich äußerst ungern…”

„Ach so ist das…”, Avrial schenkte eine zweite Tasse ein und schob sie Lyze zu. „Trink das. Es wird dir gut tun.”, abermals nippte er an seinem Tee.

Nun doch endlich schien Lyze langsam sein Misstrauen gegenüber dem Magier abzubauen, griff nach seiner Tasse und nickte. „Danke. Kann ich dich etwas fragen?”

„…Wenn es dir hilft, über deinen Vater zu sprechen, natürlich.”

„Wieso ist deine Frau gestorben?”, schief wurde er daraufhin von Avrial angestarrt.

„Ich verstehe nicht ganz…”

„Siri hat mir – wenn auch nur grob – erklärt, dass du deine Frau verloren hast… warum ist sie gestorben?”

„Das weiß ich leider nicht.”, er seufzte, „Tatsache ist, dass sie erstochen wurde, mit einem Dolch. Warum sie sterben musste, oder wer es war, weiß ich bis heute nicht… Also!”, er faltete seine Hände zusammen, „Wir haben in meinem Topf gewühlt und jetzt bist du dran: Was ist dir so Seltsames an deinem Vater aufgefallen?”

„Mein Vater, Xasa… traf sich oftmals mit einem Vampir… ich habe mal seinen Namen gehört, er hieß Kenji. Meine Mutter sah es nicht gerne, wenn er mit diesem Dämon sprach. Der Typ war der, der mein Leben ruinierte.”

„Mhm, verstehe. Darum dein Hass gegen Dämonen – aber das erklärt nicht deinen Zorn gegen Magier. Jedenfalls nicht bewusst.”

„Wie meinst du das?”

„Xasa war auch nur ein Mischling und ein Opfer seiner selbst. Der Drang, Magie zu erlernen, stieg mit dem Alter; also suchte er sich einen Lehrmeister – nur leider den Falschen und somit den Henker seiner Familie. Kannst du mir folgen? Dein Großvater muss ein reiner Arcaner gewesen sein, anders kann ich es mir nicht erklären… wenn ich mich irre, musst du es mir sagen – aber sehr viel kannst du scheinbar nicht über deinen Großvater gewusst haben.”

„Es stimmt… ich weiß nicht viel über ihn. Meine Großmutter hatte mir nur kurz in der Kindheit von ihm erzählt. Er verließ meine Familie, als mein Vater noch klein war.“

„Ich schätze, da haben wir unsere Antwort.“

„Ja…“, Lyze beugte sich nach vorne und zog überlegend die Brauen zusammen. Als Avrial dies sah und ihn beruhigen wollte, sprach der Halbengel weiter: „Es ist in Ordnung, denke ich. Aber… bei dem Gedanken daran, mein Großvater könnte noch immer jung durch Desteral streifen, wird mir schlecht.“

Nun musste der Magier schmunzeln. „Der Gedanke ist durchaus seltsam. Es ist traurig, dass er nicht bei der Familie blieb… er hätte deinen Vater unterrichten können.“

„Also bin ich zu einem Viertel Arcaner und zur Hälfte Engel…” er schwang kurz seine Arme, „Wunderbar, besser geht’s nun wirklich nicht mehr.”

„Doch – wenn du noch einen Dämonen in dir hättest!”

„Was?!”

„Nein, keine Angst – das war wirklich ein Scherz; ehrlich.”

„.Und… was nun?”

„Damit du nicht so wie dein Vater endest – und eines Tages deine Familie ruinierst – solltest du anfangen Magie zu üben.”, Avrial stand von seinem Sofa auf und ging ein bisschen durch den Raum. „Klug wäre es, du beginnst damit, dir einen umher ziehenden Lehrmeister, am besten einen waschechten Arcaner, zu suchen.”

„Ja, das ist auch einfach zu sagen.”, Lyze ging ihm nach, „Wo soll ich denn so einen finden?!”
 

Dem Mädchen war mulmig zumute, als die Kreatur davon sprach, ihr das Leben zu nehmen. Sie schluckte, packte all ihren Mut zusammen und schüttelte deutlich den Kopf: „Herr Wassergott, ich gehe nicht, ehe wir nicht vernünftig mit einander gesprochen haben!”

Das Wesen der Tiefe drehte sich sacht zu ihr um und sagte nichts. Stumm sah er nur auf die vorbeischwimmenden Fische herab und überlegte. Hätte er Siri umbringen wollen, wäre dies sicher längst geschehen. So setzte er sich nieder, auf einen niedrigen Stein und schaute auf den weichen Sand zu seinen Füßen hinab. Siri blieb einen Moment an ihrem Fleck. Scheinbar war dieses Wesen zum Reden bereit, weshalb sie zögerlich zu ihm schwamm und sich setzte.

„Du willst also reden.”, begann der Wassergott, „Nun gut. Dann rede.”

„Das habe ich doch schon… bitte, verrate mir den Grund für deinen Zorn.”

„…Warum sollte ich das tun.”

„Na weil…”, Siri suchte eine Erklärung, „Weil oft über schlimme Erlebnisse reden das beste Mittel ist, um vom Schmerz der Vergangenheit loszulassen. Das… sagte mir eine Freundin.”

„Deine Freundin ist sehr weise.”

„Huh?”

„Allerdings, sie hat Recht. Nur mit Fischen zu reden, ist nicht die optimale Lösung…”

Siri musste kichern: „Na ja, sie sind gute Zuhörer!”, verkniff es sich aber dann, als der Wassergott sehr ernst zu ihr schaute.

„…Mein kostbarster Besitz wurde mir gestohlen. Keiner auf der Welt kann mir diesen zurückbringen. Und daran sind allein die Menschen schuld.”

„Was wurde dir gestohlen…?”

„…Meine Geliebte.”

„Huh!? Du hattest eine Frau? Vielleicht… die See?”

„So ist es. Sie hieß Sea. Sie war im Übrigen eine Meerjungfrau; eine Echte.”

„Verstehe! Fischer müssen sie gefangen haben…”, das Mädchen seufzte und senkte ihren Kopf, „Meerjungfrauen sind nicht gerade häufig anzutreffen. Gut möglich, dass die Fischer- ähm… ich… es tut mir leid für dich…”

„Dann verstehst du auch meinen Schmerz.”

„Ja… ich wünschte, ich könnte irgendwie helfen, aber das kann niemand mehr.”

„Dann ist es also entschieden…”

„Nein, ist es nicht!”, Siri schwamm auf, „Es waren die Fischer, nicht die Menschheit! Du kannst doch nicht eine ganze Spezies für etwas bestrafen, dass fünf-sechs Männer angerichtet haben! Die… sicherlich schon dank deines Fluches verschlungen wurden… warum dann weiter Rache an Unschuldigen ausüben? Da draußen tobt ein Krieg – ist die Menschheit denn nicht schon genug gestraft!?”

Und da – plötzlich begann der Wassergott zu schmunzeln, dann zu lachen. Nachdem er sich wieder beruhigt hatte und Siri verschreckte, begann er zu sprechen: „Du bist ein sehr außergewöhnliches Wesen. Ein Mensch, das ist gewiss, aber dieses Feuer…”

„…?”, schief wurde er von ihr angesehen. Er stand auf, ging umher und sah gen Oberfläche: „Du bist ein Kind des Wassers. Das Einhorn ist dein Wappenzeichen. Mitgefühl und Schlagfertigkeit sind deine Stärken – es würde mich nicht wundern, wenn du ein außergewöhnliches Schicksal trägst.”, er drehte sich zu ihr, „Übrigens habe ich dich und deinen Freund beim überqueren des Meeres nur darum verschont.”

„Du hast uns am Leben gelassen?”

„Natürlich. Ich wusste mit jeder Faser meines Körpers, dass ihr anders seid. Du suchst deine Vergangenheit? Dann gehe an den belebtesten Ort Desterals – in der Hauptstadt Destercity findest du die Person, die du suchst.”

„Destercity… ja aber, warum hilfst du mir?”

„Das hat seine tiefen Gründe. Nun geh, dir bleibt nicht mehr viel Zeit, um an die Wasseroberfläche zurückzukehren.”

Sie nickte, blieb aber vorerst am Fleck: „Ist gut. Doch… möglicherweise finden wir eine Lösung für beide Seiten: Du hast deine Ruhe vor den Menschen und die Menschen haben ihre Ruhe vor dem Ozean…”
 

„Hm, tja. Eine gute Frage.”, Avrial, der durch den Raum ging, blieb urplötzlich stehen, sodass Lyze ihm fast hineingelaufen wäre: „Wo findet man einen guten Arcaner als Lehrmeister…”

„Kennst du denn keine anderen?”

Er schüttelte den Kopf: „Nicht sehr viele. Wenige, um genau zu sein. Einen kenne ich, er wohnt nahe von hier am Festland – aber den als Lehrer…”, er schmunzelte, „Da kannst du genauso gut diesen Mörder deiner Familie um Hilfe fragen.”

Während sich beide daran machten, scharf über einen möglichen Lehrer nachzudenken, kamen die drei Hausfrauen Avrials hereingehüpft. Sie blieben neben der Eingangstüre stehen und begutachteten einen sehr alten, hohen Schrank – sie wirkten, als wäre ihnen dieser bis heute nicht aufgefallen. Es dauerte keine zwei Minuten, da begannen sie den Kasten zu untersuchen und an den Türchen zu rütteln.

Sichtlich von den drei gestört, warf Avrial ihnen einen bösen Blick zu: „Seid doch still, ich versuche zu denken! Wenn ihr den Schrank öffnen wollt, sucht doch nach einem passenden Schlüssel!”

Daraufhin maulten Christy und Juls zurück. Als Lyze die Diskussion beobachtete, fiel ihm plötzlich auf, wie lehrreich Avrial eigentlich war…

„Ich habe eine großartige Idee, wer mein Lehrmeister sein könnte.”

„Oh.”, überrascht sah der Magier zu ihm, „So? Und wer könnte es sein?”

„Du!”

„W-wie bitte? Nein. Nein, das geht nicht!”, schnell wies Avrial ab und ging ein paar Schritte durch das Zimmer, Lyze ihm hinterher.

„Wieso denn nicht? Du bist ein Arcaner, der sich hervorragend mit Magie auskennt!”

„Das mag ja sein, aber wie soll ich dich denn unterrichten? Das braucht Jahre, und hier im Schloss bleiben kannst du nun wirklich nicht.”

„Dann komm doch mit uns!”

„Mit euch?”

„Genau – wir könnten Unterstützung gut brauchen.”, Lyze kam zu ihm rüber, „Und mal unter uns: Siri braucht einen Bodyguard; Ritter Tarrence wartet garantiert bei der Küste Desterals auf uns.”

„Mitkommen…”, ein bisschen geistesabwesend und doch nachdenklich drehte sich Avrial zur Seite, „Euch begleiten… hinaus in die Welt… ja.”, nun schaute er lächelnd auf, „Ja! Das ist eine großartige Idee!”

Auch schmunzelnd blickte Lyze dem aufgeregten Magier nach, wie er auf den Flur hinaus eilte, dabei irgendetwas unverständliches von sich gab und anschließend mit einem Koffer wieder hinein kam. Als er den Raum betrat, konnte man den Rest seiner Worte hören: „…und das Schloss zerfällt ja auch schon. Ich könnte es in meiner Abwesenheit wieder aufbauen und dir nebenbei die Magie beibringen! Hach, das ist herrlich!”

Weiterhin beobachtete Lyze, wie Avrial allerhand Zeugs und Bücher in den kleinen Koffer stopfte und wunderte sich, warum der denn nicht voll wurde. Als der Magier das halbe Schloss leer geräumt hatte – und nebenbei noch mehr unverständliches Zeug vor sich her murmelte – klappte er den Koffer zu und hielt die Handflächen über ihn: plötzlich war das Gepäck weg!

„Den habe ich jetzt bei mir und kann ihn herbeiholen, wenn wir irgendwo eine Pause einlegen. Nützlicher Zauber, bringe ich dir bei, wenn du fortgeschritten bist, Noshyru!”

„Oh. Okay.”, Lyze hatte den Überblick verloren.

Da krachte es, als die drei Hausfrauen den großen Schrank neben der Tür geknackt hatten und nun mit einer Flasche Wein umherschwanken: „Meister! Wir haben da etwas gefunden – sieht alt aus!”

„Lasst sehen, lasst sehen…”, Avrial kam zu den drei irren Damen und drehte das Flaschenetikett zu sich: „Oh, der ist knapp 88 Jahre alt – welch guter Jahrgang, und so passend! Rina, Christy, Juls – holt doch mal die alten Gläser aus der Küche, wir wollen anstoßen!”

„Anstoßen…?”, sprach Lyze halblaut, während er fragend eine Augenbraue hochzog.

„Ja, lass uns feiern!”

„…Ich glaube nicht, dass das so gut wäre. Es ist bald Morgen und wir sollten fit sein, wenn-”

„Och, das geht schon. Hast du eine Allergie oder so gegen Wein…?”

„Keine Ahnung”, er zuckte mit den Schultern, „Ich habe noch nie welchen getrunken.”

„Noch nie? Ehrlich? Dann wird es aber Zeit. Mädchen, wo bleibt ihr?”

„Schon da, Meister!”, die drei Hausfrauen waren wieder da. Sie hatten sogar ein Tablett mit zwei Weingläsern dabei, ohne etwas zu verschütten.

Zuerst griff Avrial zu, dann nach zögern Lyze. Er hatte noch nie ein alkoholisches Getränk gekostet – und seltsamerweise schien dies den Magier zu interessieren; er schmunzelte immerzu, als er schließlich sein Glas hob: „Auf uns, Noshyru! Auf Siri, die hoffentlich bald wieder unter uns ist – und auf die Reise, auf der ich euch fortan Gesellschaft leisten werde! Na, was sagt man wenn man angestoßen hat? Zum Wohle!”

„Zum… Wohle.”

„Genau!”, nun stieß Avrial überfröhlich sein Glas gegen das von Lyze und trank.

Der Halbengel tat dasselbe, schnupperte allerdings vorher an dem Wein, ehe er sein Glas zum Mund führte: „Riecht eigentlich gut…”

Im nächsten Moment schielte Avrial über sein Glas hinweg. Lyze hatte gerade einen Schluck vom Wein gemacht, als er ziemlich überrascht aufschaute – und anschließend regungslos zusammenbrach.

Über ihn beugten sich die drei erschrockenen Frauen und rüttelten an ihm. Avrial stellte währenddessen sanft sein Glas zur Seite, ehe er zu dem verschüttetem Wein am Boden sah: „Tja… der Teppich ist ruiniert.”

Anschließend blickte er seufzend zu Lyze: „Bringt ihn ins Gästezimmer.”

„Zum ausruhen? Zu Befehl, Meister!”

Die drei Hausfrauen trugen den bewusstlosen Lyze aus dem Raum, als Avrial ihnen kopfschüttelnd nachsah: „Ach, Noshyru. Du hast mehr von einem Engel, als du wahrhaben möchtest.”



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Azahra
2012-12-16T18:31:04+00:00 16.12.2012 19:31
Hallöchen, da bin ich wieder :)

*beigesternd in die Hände klatsch*
Ach das ist toll, das Avrial kommt mit Lyze und Siri mit :)
Das wird bestimmt noch lustig.

Ich war ganz überrascht, als Avrial Lyze erzählt hat, was er wirklich ist. Ich dachte eigentlich, dass er es schlimmer auffasst. Er hat das ganz gut weggesteckt :) Vielleicht werden die beiden dennoch Freunde.
Und jetzt kann ich auch Lyzes Hass auf Dämonen nachvollziehen. Diese sind wirklich kein guter Umgang *kopfschüttel*

Auch Siris Unterhaltung mit dem Wassergott war ganz interessant. Zum Glück hat er sie nicht gefressen und sie konnte ihm beruhigen. Ich dachte schon, gleich ist sie weg O_o
Ich fand deine Beschreibung ganz am Anfang zu der Unterwasserwelt echt toll. Es war so schön detailreich und authentisch geschrieben, dass ich es mir bildlich vorstellen konnte.
Sehr schön ^^

Naja .... dann heißt es jetzt wohl: Auf nach Destercity!

cucu
Azahra
Hab dich! Du bist dran (Nicht wundern. Geschieht ihm Rahmen eines Zirkels:))
Von:  SunnyFlower
2010-01-03T20:20:11+00:00 03.01.2010 21:20
Hier folgt ein (sehr lustiger) Kommentaranfang aus den Leben gegriffen:

Ich:*lese das Kapitel bis zu der Stelle mit Christys "Süßomanie"* Nein, das kann doch nicht wahr sein!
Mein BF: Was ist denn?
Ich: Da klingt etwas sehr nach mir! *lese ihm die Stelle vor* [...] - Das könnte ich sein!
Mein BF: *lacht* Ja, das stimmt!
Ich: Na toll! xD

....Ich finde auch alles süß, ist das so schlimm? |D

„Begabt?“ - Das ist ein hübsches Wort :D Genauso wie "gescheit" x3

Riesentintenfische sind cool^^ Die arme Siri hat sich aber sicherlich zu Tode erschreckt xD°

"„Noshyru, durch deinen Adern fließt Arcanerblut.“" - Bei den Satz dachte ich nur "Ohje, der arme Lyze", aber dafür ist es endlich raus und Siri musste es Lyze nicht beibringen x3

Der Wassergott ist ganz schön gemein, dass er Siri sogar mit den Tod droht óo Das, was ihm widerfahren ist, muss unheimlich wehgetan haben óo

Gruß,

Sunny^^



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