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Lost Prince

Krieg auf Aira
von

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3. Handelsstadt Comerence

Der Nachthimmel über Desteral zog sich mit dichten Wolken zusammen. Wo man noch vor kurzem die funkelnden Sterne sehen konnte, blitzte ab und zu der Donner auf. Tarrence hatte gerade sein schwarzes Pferd gesattelt und gab seinen Männer den Befehl zum losreiten, da berührten die ersten Regentropfen den erdigen Boden. Die Nacht wirkte durch den kommenden Regen noch dunkler und kälter, als sie ohnehin schon war. Kaum ritten die Dämonen los, vermehrte sich der Regen, ehe Donner zu hören war.

Durch den lauten Krach riss es Siri hoch – und knallte gegen die niedrige Steindecke. Danach ging sie zurück in die Hocke und hielt sich den Kopf. „Auaa! Hätten wir uns keine größere Höhle suchen können!?“

Tracy, wie immer hilfsbereit, krabbelte zu ihr hinüber und strich ihr über die kleine Beule. „Aaw, Siri. Wir müssen uns leider mit diesem Versteck zufrieden geben. Und hey, die niedrige Höhle hat seinen Vorteil: der Eingang ist schmal und im Walddickicht von Gestrüpp verdeckt – besser geht es nicht, wenn du mich fragst!“

„Ja, mag schon sein…“, ihr Blick schweifte kurz hinüber, zu Lyze, der erschöpft an der kalten Steinwand lehnte. „Großartig nach etwas anderem suchen können wir ja auch nicht mehr.“

„So ist es…“, auch Tracy sah traurig zu dem Halbengel, ehe sie sich dicht neben Siri setzte, um Platz und Wärme zu sparen.

„Uhm… sag mal, Tracy…“, Siri wartete, bis sie zu ihr sah, „Du musst es mir natürlich nicht verraten, aber… hast du viele Geschwister?“

Die junge Katzenfrau sah sie bei der Frage überrascht an, wobei Siri sich an den Nacken fasste. „Na ja, ich meine nur… weil du so hilfsbereit bist… vielleicht kommt es mir auch nur so vor und du bist einfach eine sehr schnell gewordene, gute Freundin.“

Jetzt musste Tracy kichern: „Ich helfe gerne Leuten, wenn ich sie mag. Wenn es Freunde sind, tue ich am Liebsten alles für sie. Feinde hingegen haben mit mir nichts zu lachen!“, sie seufzte kurz, „Und auf der anderen Seite hast du recht… ich habe viele Geschwister.“

„A-ach so?“

„Wir waren eine zwölfköpfige Familie.“

Während Siri nun der Mund offen stand, sah auch der müde Halbengel überrascht zu Tracy.

„Oh nein, nicht so, wie ihr denkt!“, sie kicherte, „Meine Mutter, Marget war nicht fleißig – nun ja, schon, aber auf eine Art und Weise: sie hatte ein großes Herz für Waisenkinder!“

„Dann… seid ihr also alle nicht verwandt?“, so Siri.

„Nicht alle, nein. Aber meine jüngere Schwester, Sunny und ich sind leibliche Kinder. Ich war die Älteste und half sehr oft im Haushalt und in der Erziehung…“

„Das klingt irgendwie hart…“, Siri lächelte, „Aber du freust dich bestimmt, alle wieder zu sehen, nicht wahr?“

„Das würde ich sehr gerne…“, sie senkte traurig schmunzelnd den Kopf, „Doch nachdem meine Mutter starb, verteilten sich meine Geschwister in alle Himmelsrichtungen.“

„Oh, Tracy…“, Siri legte ihr tröstend eine Hand um die Schulter, „Das tut mir so leid für dich… warst du deshalb in Desteral unterwegs?“

„Unter anderem, ja…“

Nun seufzte Siri tief. Mit ihrer einfachen Frage nach Geschwistern, hatte sie das Gefühl, in Tracy alte Wunden aufgerissen zu haben. Sie würde diese gerne wieder verdecken, doch wusste sie nicht, wie.

Da sah die Katzenfrau zu ihr auf: „Und… was ist mit dir, Siri?“

„Huh?“

„Hast du eine Familie?“

Gleiches Recht für alle. Siri musste lächeln, als sie diese Frage gestellt bekam; irgendwie erleichterte es ihr Gewissen, genauso nur schwer darüber reden zu können. „Tja… das wüsste ich auch gerne.“

„Wie meinst du das…?“

„Ich kann mich nicht erinnern…“

„Wie? An gar nichts?“

„Genau. Vor einem Tag bin ich im Wald aufgewacht… ohne auch nur eine Erinnerung an meine Vergangenheit…“

„Wie schrecklich – meine Familie und Freunde würde ich echt nicht gerne vergessen… ich weiß nicht, aber ich denke, mein Leben hätte ohne Erinnerungen keinen Sinn mehr. Oh-“, sie hob kopfschüttelnd die Hände, „Oh nein! Siri, so war das nicht gemeint, bitte entschuldige-!“

„Ist schon gut.“, Siri schmunzelte, „Wenn man alles vergessen hat, kann man sich nicht erinnern, ob man überhaupt gute Freunde, Familie und einen Sinn im Leben hatte – ich denke, ich muss einfach nach vorne sehen.“

„…Nach vorne sehen ist bestimmt das Beste.“, bei Lyzes Worten aus dem Hintergrund sahen die beiden Frauen auf: „Das Einzige, was deine Erinnerungen zurückbringen kann, sind möglichst viele Ereignisse zu durchleben. Dadurch bekommst du sicher Stück für Stück deiner Vergangenheit zurück und kannst dich schneller an die genaue Mission, den Prinzen von Azamuth zu finden, erinnern… so wie Oben, als wir über den Krieg gesprochen haben.“

„Da hast du Recht.“, Siri nickte dankbar, während Tracy zu ihm rüber gekrabbelt kam: „Geht es dir schon besser? Wir dachten, du willst schlafen.“

„Es ist schwer, in einer Höhle einzuschlafen…“, Lyze setzte sich ein Stück weiter auf, „Besonders, wenn ihr über vergangene Zeiten und Familie redet.“

„Also wirklich, Lyze.“, Siri stemmte die Hände in die Hüfte, „Wir versuchen uns näher kennen zu lernen, während du vor dich hinvegetierst!“

„Du verstehst das falsch, Siri. Es stört mich nicht beim Einschlafen, wenn ihr redet-“

„Was dann? Magst du es nicht, wenn wir über Familie reden?!“

Tracy zog den Kopf ein und sah das drohende Unglück kommen: „Du solltest dich einbremsen, Siri, ich denke-“

„Nicht jeder hat eine so tolle Familie wie du und einen Engel als Mutter!“

„Was weißt du schon über meine Familie!?“, Lyze wäre am Liebsten aufgesprungen, „Meine letzten Jahre waren der reinste Horror!“

Richtig. Hatte Lyze beim ersten Treffen nicht gesagt, er hätte seine Eltern im Alter von zehn Jahren verloren…?

„Lyze- ich… ich- es tut mir leid, bitte Entschuldige-!“

„Ist schon gut…“, er seufzte traurig, bevor er den Kopf von dem Mädchen wegdrehte. „Mir tut es Leid… ich hätte nicht so wütend werden dürfen.“

„Doch! Doch, natürlich darfst du wütend sein!“, nun krabbelte Siri zu den beiden, „Du hast deine Familie verloren… wenn du dich nicht darüber aufregen darfst, worüber dann?“

Leise meldete sich Tracy dazwischen: „Du hast deine Familie verloren?“

„Ja, Tracy… mit ihnen starb meine Kindheit.“

„Drück das doch nicht so dramatisch aus-“, Siri seufzte, als Tracy den Halbengel eine Umarmung verpasste: „Ich weiß, dass es schwer ist… aber dürfen wir erfahren, wie das passiert ist?“

Die junge Frau kam kaum zu Wort. „Tracy-“

„Ich will nicht darauf herum hacken, jedoch hilft es einem, möglichst oft über ein Trauma zu sprechen. Ich tu das Gleiche, wenn es um meine Mutter geht.“

Lyze antwortete nicht.

Gerade wollte Siri sagen, dass sie dies kommen sah, da gab er einen überlegenden Seufzer von sich.

„Komm schon… sprich dich aus, Lyze!“

„Hm. Na ja…“, er sah schließlich auf, „Wenn verdrängen nichts bringt… könnte ich es wirklich mit Reden versuchen.“

„Ja!“

„Aber ich warne euch: ich habe es bis jetzt noch niemanden erzählt, außer den Engeln beim Einzug in die Armee – und die haben verständnislos den Kopf geschüttelt.“

„Wieso das?“

„Vielleicht, weil sie menschliches Handeln nicht verstehen können…“

„Oh.“

Während Lyze anfing zu erzählen, rutschten die Mädchen an ihn heran.
 

„Meine Mutter, wie ihr wisst, war ein Engel. Sie fiel auf dem Boden kaum auf, da sie ihre Flügel so gut wie nie zeigte. Selbst ich wusste erst von ihrer Herkunft, als die Engel vor mir standen und meinten, ich sei dazu „Auserwählt“ für die Armee des Lichts zu kämpfen, da sie jeden Mann brauchten.

Sie hieß Airyn und hatte langes, blondes Haar. Typisch für einen Engel, habe ich sie wunderschön in Erinnerung.

Mein Vater hieß Xasa und hatte direkt pechschwarze Haare.“, er deutete auf seinen Kopf, „Ich glaube, bis auf die Haarfarbe, sehe ich ihm wohl noch am ähnlichsten. Er war ein ruhiger und ernster Mann, verstand aber Spaß und spielte mit uns.

Mit „uns“ meine ich im Übrigen mich und meinen älteren Bruder, Akyu. Er war viel mutiger als ich; und beim Spielen mit Holzschwertern war er immer der Gewinner.

Wir lebten in einem Haus, nahe der östlichen Grenze. Man nennt es heute noch das „Noshyru-Anwesen“, da zu unserem Grund und Boden ein großer Teil eines Waldes mit vielen Obstbäumen gehört. Mein Großvater, so heißt es, hat das Haus einst erbaut. Als mein Vater heiratete, baute er es für die kommende Familie aus. Vor zwei Jahren kehrte ich zurück, um es zu renovieren… es fehlt immer noch die Küche, da die Engel mich unterbrochen hatten.

Jedenfalls… war ich zehn, als ich an jenem Tag mit Akyu in den Wald ging. Ich kann es bis heute nicht erklären, doch verloren wir uns aus den Augen; trotz langer Suche habe ich ihn nicht mehr gefunden – meine Vermutung ist es nach wie vor, dass er sicherheitshalber Heim kehrte und dort auf mich warten wollte. Noch ehe ich damals darüber nachdenken konnte, zog mir bissiger Rauch entgegen. Der Wind blies ihn vom höchsten Punkt aus bis in den Wald: von unserem Haus.

Ein Feuer war ausgebrochen. Besser gesagt, es brannte mit purer Absicht. Ich sah meinen Vater oft mit einem Mann zusammen… einen Mann mit roten Augen, vermutlich ein Vampir aus Azamuth. Genau dieser stand zufrieden neben dem brennenden Haus. Als er mein entsetztes Gesicht sah, schmunzelte er mir gemein zu. Ich wollte auf ihn zulaufen – doch bevor ich ihn erreichte, richtete er seine schwarze Magie auf mich, woraufhin ich zu Boden ging.

Als ich aufwachte, war alles voller Ruß. Das Haus war abgebrannt und von meinen Eltern fehlte jede Spur…

Ich war allein. Allein, ohne Familie und ohne Zuhause.

Vergeblich wartete ich einen ganzen Tag vor der Ruine, hoffte insgeheim auf die Rückkehr meines Bruders und auch, dass meine Eltern zu dem Zeitpunkt des Feuers nicht gerade im Haus waren… doch dem war nicht so.

Als mich an diesem Ort nichts mehr hielt, ging ich weg.

Jahrelang zog ich ziellos durch Desteral. Für mich schien jede Zeit verloren… bis vor einem Monat vor dem Haus plötzlich dieses Mädchen, Aira stand und behauptete, meine kleine Schwester zu sein.“

Lyze schaute auf, zu seinen traurigen Zuhörerinnen: „Ich muss sie finden. Zwar weiß ich nicht viel über Familie, aber ich weiß, dass man als großer Bruder die Kleinere beschützen muss.“

„Endlich verstehe ich es.“, Siri nickte entschlossen, „Keine Sorge Lyze, wir werden deine kleine Schwester schon finden. Wir klappern alle Dörfer und Städte nach Informationen ab und finden sie somit ganz schnell, du wirst schon sehen!“

Lyze musste über ihren Optimismus lächeln. „Danke, Siri. Vielleicht hast du Recht.“

„Ich helfe euch sehr gerne dabei.“, nun lächelte Tracy, „Wir brauchen nur ein erstes Ziel und schon können wir uns morgen auf den Weg machen.“

„Das ist lieb von dir.“

„Hm tja...“, begann Siri, „Aber wohin können wir denn? Wir sind schließlich Flüchtlinge und… so wie ich Ritter Tarrence einschätze, sucht er bestimmt nach uns.“

„Am Besten gehen wir in eine Stadt, in der die Dämonen noch keine Macht haben.“, so Lyze, „Zum Beispiel… eine Handelsstadt. Und ich weiß, dass hier ganz in der Nähe zufällig die größte aller Handelsstädte Desterals liegt.“

Da schwang Siri die Arme hoch: „Handelsstadt Comerence, jawohl!“, ihre zwei Kameraden sahen dabei überrascht zu ihr, ehe sie sich verlegen duckte. „Tut mir leid – ich habe mich plötzlich an den Namen erinnern können und mich darüber gefreut.“

Die Katzenfrau kicherte über Siri, ehe sie nickte: „Also ist es entschieden: gleich morgen brechen wir auf nach Comerence!“

„Sehr gut… dann lasst uns schlafen legen, damit wir morgen früh los können.“

Die beiden jungen Frauen nickten, ehe sie, wie Lyze, sich eine gute Stelle auf dem Boden der Höhle suchten.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Azahra
2012-05-01T17:43:33+00:00 01.05.2012 19:43
Hi :),

Ah! Jetzt wird einiges übers Lyzes Geschichte klar!
Ein wenig verstehe ich ihn das er seine kleine Schwester suchen will. *selber eine bin und kenne das von meinen großen Bruder :P*

So ... bis auf bald!
Ach ja noch eines: Das Cover zu deiner FF ist mir erst jetzt so richtig aufgefallen XD
Es sieht wirklich toll aus! Wie hast du das gemacht? *sehr neugierig sei*

cucu
Azahra
Von:  SunnyFlower
2009-09-30T21:35:41+00:00 30.09.2009 23:35
Oh~ *-* Es geht weiter x3~ *sich freu*

„Wir haben es geschafft!! Wir sind frei- !“ - Mensch, Tracy ist ja die Fröhlichkeit in Person, ich musste so sehr bei der Stelle lachen x3 Da wollte jemand wohl schnell aus dem Gefängnis rauskommen :P

Bei Lyzes Geschichte habe bestimmte Bilder im Kopf, das ist irgendwie schlimm |D Ich bin gespannt, wo seine kleine Schwester steckt >.< x3 Hoffentlich findet Siri auch wieder etwas, was sie an etwas größeres erinnert^^

Ich hoffe, Siri hat das „Nehmt euch ein Zimmer…“ nicht ernst gemeint, sondern nur aus Müdigkeit gesagt óo Zum einen, weil der arme Lyze darunter zu leiden hat (xD), zum anderen hat Tracy Lyze anscheinend eben sehr lieb |3 Oder hat sie alle sehr lieb? ôo Wer weiss x3

Tolles Übergangskapitel :D Ich hoffe, es geht bald weiter :3 *brav wartet* Mmm...Ich habs! :D *eine Schüssel Schokolade hinstell* (Magst du überhaupt Kekse? xD)

Lieben Gruss,

Sunny^^


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