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Zehn Tage im Dezember

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Sonntag der 18. Dezember

Kapitel 3: Sonntag der 18.Dezember
 

Der Ausflug nach Hogsmeade war Hermines „Jungs“ wohl noch schlechter bekommen als vermutet, so dass die beiden, die Hagrid wohl wie durch ein Wind samt seiner selbst unbemerkt zurück in´s Schloss geschafft hatte, auch um 9 Uhr morgens noch in ihren Betten im Schlafsaal weilten, als sie schon drei weitere Kapitel ihres Zauberspruchbuches auswendig gelernt hatte.
 

Im Grunde war ihr das auch lieber so, dennoch, vielleicht weil sie nach all den Jahren schon wusste wie erfolglos es bleiben würde, beschwor sie einen gigantischen Greif aus dem Nichts hervor der sich sofort in die Luft erhob, in den Schlafsaal der Jungen entschwebte um dort unter ohrenbetäubendem Lärm „KUCK KUCK“ zu brüllen.
 

Gerade als sie sich zusammenduckte um den Gemeinschaftsraum durch das unpraktische Portaitloch zu verlassen, wurde sie von einem gequälten Aufschrei sowie dem Schatten mehrere grüner Lichtblitze erschreckt, die allesamt aus dem Jungenschlafsaal der Siebtklässler kamen.
 

Ein zufriedenes Nicken, und Hermine war an der aufschwingenden fetten Dame vorbei in den Korridor verschwunden. Nun waren sie wach, zumindest wacher als vorher. Die fette Dame schwang hinter ihr zu. „Was ist denn da drinnen los?“ rief sie Hermine neugierig nach und verreckte sich den Hals und rollte die Augen, als wollte sie in ihren eigenen Hinterkopf hineinspähen. Hermine winkte ab und wollte sich gerade auf den Weg nach unten machen, als die fette Dame mit einem Donnerschlag zur Seite gerissen wurde, Rauch einer Explosion und Schreie aus dem Gemeinschaftsraum hinausdrangen und wenige Sekunden später der Greif wie ein Pfeil durch den Eingang hinausschoss und eine Spur schwarzverkohlten Rauchs hinter sich herzog. Das letzte was Hermine von ihm wahrnahm war der beißende Geruch nach angesenkten Haaren und eine sanft verglühende Feuerzunge die am Schwanz des Greifs den Weg zur Treppe nach unten beleuchtete.
 

„Stümper.“ Hermine schüttelte genervt den Kopf. Nicht einmal treffen konnten diese Schnapsdrosseln. Sie würde nachher zu Hagrid gehen und ihm um Wundsalbe bitten. Schließlich hatte Hagrid gerade neulich ein Patent für !“Brandsalbe für Drachenwunden“ angemeldet, dass wohl dafür gedacht war, wenn sich Drachen im Kampf gegenseitig die Schuppen verkohlten. Bestimmt half so was auch jungen Greifen …
 

Das Frühstück war bis auf die Kleinigkeit ereignislos, das sie dabei erneut von einer weißen Taube begleitet wurde. Kein Grund zur Sorge. Ginny, die gerade neben ihr saß um mit ihr gemeinsam über die Jungs zu lästern, vollführte einfach lässig mit einem Schwung des Zauberstabes einen Katapultier-Zauber und die Taube wurde mit Karacho dahin zurückgeschossen, wo sie vermutlich herkam. Jedoch war Hermine umsichtig genug gewesen den kleinen Zettel, den sie auch heute dabei hatte unbemerkt vom Bein des Tiers zu entfernen.
 

Die blaue Rose, die der Vogel im Mund gehalten hatte als er platschend in ihrer Müslischüssel landete hatte sie ebenfalls vor Ginnys misstrauischen Blicken gesichert, indem sie auf die Größe einer Ansteckbrosche geschrumpft wurde und in Hermines Umhangtasche, gemeinsam mit dem Pergament, verschwunden war.
 

Mädchenhaft kichernd, entrollte Hermine das Pergament, als sie sich ein paar Minuten später unbemerkt in der hintersten Kabine einer verlassen wirkenden Mädchentoilette verbarrikadiert hatte. Es war ein Spiel, vielleicht ein klein wenig auch eines der vielen kleinen Geheimnisse die sie zu haben genoss. Malfoy war ein opportunistischer Billig-Gangster. Keine Sekunde lang schenkte sie auch nur einem seiner Worte glauben. Nicht einen Moment hielt sie es für möglich, dass er sich wirklich ändern wollte und dann auch noch ausgerechnet „das Schlammblut“ dabei an seiner Seite haben wollte.
 

Dennoch … Hermines Handrücken presste sich an ihre trockenen Lippen um das laute Geräusch ihres Atems zu verbergen, als sie Dracos neusten Gruß aus grüner Tinte auf alabasterfarbenem Pergament las. „MEIN STERN. D.M.“ Wäre jemand mit ihr in der Toilette gewesen, dann hätte diese Person nun sicher Hermines neuerliches Kichern gehört, denn statt auf ihren Lippen lagen ihre Finger nun auf dem Gruß und strichen langsam, prüfend über die schön geschwungene, verschnörkelte Schrift als wolle sie sich vergewissern, dass die Schrift auch immer noch da war, wenn ihre Finger darüber weggestrichen hatten. Das es keine Sinnestäuschung war.
 

Hermine schloss die Augen und ließ sich langsam an der Kabinentür entlang nach unten gleiten. Den Mund leicht geöffnet, ein sanftes Lächeln auf den Lippen gab sie sich der Fantasie hin, wirklich, nicht nur weil Malfoy sich über sie lustig machte, eine begehrenswerte Frau zu sein.
 

Malfoy, Draco Malfoy war es, der ihr all diese kleinen Zettelchen schickte, die sie jeden Morgen von neuem zum Erröten brachten. Hermine wusste, dass die allermeisten anderen Jungen sie etwa so erotisch wie einen nackten Bücherwurm fanden. Sie war nicht gerade hässlich, aber mit ihrer buschig abstehenden Mähne, den (wenn auch durch Madame Pomfrey weniger auffälligen) Hasenzähnen, der untrainierten Figur und des unauffälligen Gesichtes, sah sie einfach nicht wie jemand aus, der Blicke, oder solch glühende Verehrer auf sich ziehen würde. Aber auch die Jungen, die sich mit Durchschnittlichem Aussehen zufrieden gaben, machten einen großen Bogen um Hermine, weil sie ihnen schlicht zu langweilig, erwachsen und zu wenig Risikofreudig war.
 

Gut Viktor, sie hatte nie verstanden was er an ihr fand. Vielleicht hatte sie ihn auch deswegen auf Abstand gehalten, weil sie alles für einen großen Irrtum hielt. Und Ron, durch ihre jahrelange Freundschaft waren sie einfach immer näher zusammengewachsen. Er war ihr Freund und das war auch gut so. Hermine fühlte sich wohl bei Ron. Aber Ron war nicht … aufregend. Ron war kein Don Juan, kein glühender Verehrer und schon gar kein Cyrano von Bergerac, der sie mit seinem Wortwitz hätte umgarnen können. Bis vor wenigen Tagen war Hermine allerdings auch absolut davon überzeugt gewesen, dass sie mit so etwas sowieso nichts hätte anfangen können.
 

Bis Malfoy mit der ihm eigenen Eleganz vor sie in die große Halle getreten war, und nun so tat, als ob er Hermine ein Kompliment machte. Auch danach, die Briefchen, die Blicke, der gemeinsame Weg, wenn auch unfreiwillige, von Hogsmeade zurück nach Hogwarts. Dieses ganze Spiel war auf eine geradezu unheimliche Art und Weise erotisch. Eine Schmeichelei ihres Egos in exorbitantem Ausmaß.
 

Gerade WEIL es Draco Malfoy war. Seine Schmeicheleien, auch wenn sie letztendlich sicher nur eine besonders bösartige Stichelei sein sollten, waren gerade deswegen so köstlich, wärmten ihre Seele deswegen so behaglich, weil er es vorher nie getan hatte. Das zutiefst aufbauende Gefühl dass Hermine in sich aufsteigen fühlte, als ihre Augen erneut auf die kleinen Pergamentröllchen fielen, die sie allesamt in einem Geheimfach ihrer Schultasche vor Rons´ s eifersüchtigen Augen versteckt hatte, war Resultat der Traumvorstellung, dass Draco Malfoy nach all den Jahren endlich erkannt hatte, wie wertvoll sie war.
 

Das er seinen bisherigen Spott als Fehler erkannt hatte und sie nun so sah wie sie war … nun ja. Toll. Hermine kicherte verlegen und erneut wurde ihr Gesicht von der sich darauf ausbreitenden Röte erwärmt. Mit schwermütigem Seufzen roch sie an seinen Nachrichten, die allesamt seinen Geruch trugen. Schwermütig, denn sie wusste dass es nicht wahr war.
 

Trotzdem labte sie sich an der Idee, dass Draco Malfoy in diesem Moment zu Tode betrübt im Kerker der Slytherins saß und es aus tiefster Seele bedauerte, sie in der Vergangenheit so schlecht behandelt zu haben. Wie mit verweintem Gesicht in seinem Bett lag und gigantische Krokodilstränen auf einen Zeitungsartikel über das goldene Trio versprühte, weil ihm klar geworden war, dass SIE die ultimative Frau war und er sie aber wegen seiner bisherigen Art nie die Chance haben würde, ihr nahe zu sein.

Oh ja, dachte Hermine voll zuckersüßer Schadenfreude, nun will er mich, aber er kriegt mich nicht. Soll er doch Bitten und Betteln, er hat keine Chance.
 

Mit diebischem Vergnügen verfolgte sie die Szene, die sich gerade vor ihrem Geist abspielte. Eine Szenerie in der Ron und Draco gleichermaßen vorkamen. Beide triefend nass, Schweiß und Blut tropfend, einen unerbittlichen Kampf austragend. Ron, ihr Ritter, gewann und schlug Malfoy zu Brei. Sterbend lag Malfoy auf dem Boden, das spitze Gesicht kreidebleich und nur ein dünner, roter Blutfaden der aus seinem Mund troff lies erkennen, dass der bleiche, blonde Mann kein Geist war. Mit letzter Kraft murmelte er mit ersterbender Stimme „Hermine, Hermine… ich war ja so dumm.“
 

Glucksend raffte sich Hermine wieder auf, verstaute Malfoys Botschaften erneut in ihrer Tasche, schulterte diese und machte sich auf den Weg zurück zur großen Halle um ihr Frühstück zu beenden.
 

Tief in Gedanken versunken beachtete Hermine weder den wild mit dem Schwert herumfuchtelnden blutigen Baron, durch den sie einfach hindurchging. Beachtete nicht Peeves der ihr frei in der Luft schwebend seinen blanken Hinter zeigte und … aber davon bekam sie ja auch nichts mit. Genauso wenig wie sie Hagrid bemerkte, der sich von einer Säule der Eingangshalle zur anderen schlich, dabei vergeblich versuchte sich dahinter zu verstecken und einen geheimnisvollen grünen Sack hinter sich herschleppte, aus dessen Inneren eine schleimige, grüne Substanz auf den pergamentfarbenen Mamor tropfte.
 

Leise die Opfer „Carmen“ vor sich hinsummend, gab sich Hermine vollständig weiterer Malfoy Phantasien hin. Wieder kämpfte er mit Ron. Wie zwei Löwen gingen die beiden auf einander los. Schlugen, boxten, traten … schließlich wollte jeder unbedingt dieses unwiderstehliche Wesen, sie, gewinnen. Entweder Hermine oder der Tod, sonst gab es keine Alternative für ihre beiden Verehrer. Merkwürdigerweise gewann Malfoy.
 

Hermine durchquerte die Eingangshalle, schwenkte zur Marmortreppe die zum Festsaal hoch führte und malte die Szene vor ihrem inneren Auge weiter aus. Malfoy kniete vor ihr und umklammerte winselnd ihre Beine. Flehte darum, dass sie ihn erhörte. Aber sie wies ihn nur mit höhnischen Reden ab. Äußerst befriedigend und belustigend zugleich, dieses verzogene Balg so zu sehen. Am Boden … seine Nase berührte ihre Füße die er ehrfürchtig küsste.

Hermine warf ihr (keineswegs buschiges sondern seidenweiches, schimmerndes) Haar in den Nacken und verspotte ihn, wie er sie immer verspottet hatte.
 

Doch anstatt sich davon entmutigen zu lassen, küsste er sie unbeirrt weiter. Seine warmen Lippen glitten an ihren Füßen entlang. Seine weiche, warme Zunge strich über die Oberseite ihrer Füße. Seine zarten, feingliedrigen Finger umfassten ihre Fesseln und verharrten dort mit sanftem Druck, bis sie sich fordernd nach oben schoben. Alleine die Vorstellung daran wie es sich anfühlen könnte, als seine Fingerspitzen sich über ihre Kniekehlen hinwegstrichen, ihren Rock hoch bis über ihre Unterhose schoben, und seine Zunge wie heißes Feuer ihre Oberschenkel liebkoste, ließ sie erschaudern.
 

Beschämt über diese alberne Vorstellung gab sie sich die größte Mühe, diese Szene für alle Zeiten aus der Welt ihrer Ideen zu verbannen. Stattdessen wiederholte ihre innere Stimme wortgerecht die letzte Vorlesung, die sie bei Professor Binns gehört hatte. Dem unerotischsten Lehrer, den sie sich vorstellen konnte.
 

So bemerkte sie auch nicht eben die Person, der die vorherige Fantasie gegolten hatte, die Hermine mit ausdruckslosem, ja fast gestorbenem Gesicht von seinem Platz aus, weit über ihr am oberen Ende der Treppe verfolgte. Silbergraue Augen wurden schwarz, verengten sich und der sanft geschwungene Mund, eben noch so dünn wie eine Messerklinge, kräuselte sich zu einem Lächeln.
 

Ginny war nicht mehr in der großen Halle, als Hermine erneut ihren Platz am Gryffindortisch erreicht hatte. Parvati ließ ihr ausrichten, dass Ginny schon gegangen wäre um sich für das Quidditch-Training umzuziehen. Außerdem würde sie Hermines Hilfe benötigen, da es außerdem galt, Harry und Ron aus den Betten zu schmeißen und sie unter die Dusche zu zerren. Jede sollte dazu ihren eigenen Freund schnappen, um ihn Quidditchfähig zu kriegen.
 

Bei der Erwähnung der „Dusche“ fing sich Hermine einen finsteren Blick von Lavender ein. Immer noch verübelte sie Hermine, dass sie ihr einst den Freund ausgespannt hatte.
 

Nun ja, aber war das nicht logisch? So unwiderstehlich war Hermine, dass sie selbst Draco Malfoy verrückt gemacht hatte. Im gleichen Moment wo sie das dachte, schämte sie sich auch schon wieder für soviel Eitelkeit. Mit dünnem Lächeln nickte sie Lavender zu, verabschiedete sich etwas selbstbewusster von Parvati und schob sich an einer Horde Slytherins vorbei zur Tür. Aus den Augenwinkeln spähte sie verstohlen die Sitzreihen zu ihrer Linken entlang. Kein Draco. Merkwürdig … immer seltener sah sie ihn bei Frühstück und Abendessen.
 

Im ersten Moment als Hermine die Große Halle verließ dachte sie wohl wirklich, dass sie aus dem kaminwarmen Inneren des Schlosses hinaus in die kalte Winterluft getreten war. Tausende, vielleicht hunderter kleiner, weißer Punkte schwebten so sacht und leise auf sie herab, als wäre sie erneut inmitten des winterlichen Lebkuchenhäuschenwaldes und der Schnee, der sich überall ausgebreitet hatte, wo ihre Augen auch hinsahen, dämpfte alle Geräusche der Welt um sie herum ab.
 

Dann, als sie realisierte, dass sie nicht auf dem Schlossgelände sondern nahe der Marmortreppe stand glaubte sie, der Schnee wäre dem missglückten Zauber eines Schülers, oder einfach nur Peeves, zu verdanken.

Als wäre es wirklich kalt geworden, schlang Hermine ihre Arme um sich und da sie damit rechnete, dass ihr sogleich kalter Schnee in die Augen rieseln würde, kniff sie die Augen leicht zusammen und kräuselte die Nase, als sie die Decke nach Peeves absuchend nach oben spähte.
 

Das, was sich Sekunden später auf ihr Gesicht legte war überraschenderweise jedoch nicht kalt und feucht, sondern warm, trocken und weich. Sie atmete tief ein und sog den sanft verführerischen Duft des weißen Flieders in sich auf.
 

Tatsächlich, das, was so wunderschön und doch so befremdliche von der Decke herabrieselte war kein Schnee, nein, Millionen kleiner, duftender Fliederblütenblätter, die sanft und leicht wie Schnee im Windhauch tanzten, der aus der geöffneten Tür der großen Halle herausdrang.
 

Die Stille die über der Treppe lag war keineswegs durch die dämpfende Wirkung von Schnee, oder durch irgendeine Art Zauber verursacht, sondern war einzig und allein der Tatsache zuzuschreiben, dass niemand, weder Schüler noch Lehrer, fähig schienen ein Wort zu sprechen während sie mit offenen Mündern und ungläubigen Mienen die Treppe hinauf zu dem blonden Jungen starrten.
 

Dieser stand dort, lässig an einem Marmorsockel gelehnt, den Zauberstab auf einen unsichtbaren Punkt über Hermine gerichtet hielt und dort, in der Luft, nahe des Kronleuchters eine wahre Quelle für herabschwebende Blütenblätter beschworen hatte, die nun allesamt in einem großen Kreis um Hermine herum zu Boden schwebten und den ganzen Boden des Treppenabsatzes, der Stufen sowie die Korridore, die an diese Treppen angrenzten, mit einer dicken, weißen Schicht Blütenblätter bedeckt hatten.
 

Hermine starrte hinauf zur Decke, suchte Rat in den Gesichtern ihrer Mitschüler, die ihre Köpfe jedoch alle auf Malfoy gerichtet hatten. Draco nun sehr zufrieden mit sich selbst wirkend seinen Zauberstab senkte, die Hand lässig auf das Treppengeländer legte und einige Schritte zur starrenden Menge hinab nach unten ging.
 

„Ich sagte es doch Hermine, du bist mein Stern. Mein Weihnachtsstern.“
 

Malfoy, der wohl offenbar noch nicht sämtliche Feinheiten seines Verhaltens bedacht hatte, die er ändern sollte, ging einige Schritte weiter nach unten, rempelte dabei ganz nebenbei eine Schar starrender Zweitklässlerinnen um, von denen Eine sehr schmerzhaft die Treppe hinunter kullerte und sich Hilfe suchend auf Professor Flitwick warf, der jedoch bestenfalls als weiche Unterlage Schutz anbieten konnte.
 

„Nun, Hermine?“ Malfoy lächelte mit überheblichem, grenzenlos selbstverliebtem Grinsen auf Hermine hinab. Stolz deutet er auf das Fliedermeer um sie herum. „Bist Du beeindruckt? Was sagst du nun?“
 

Hermine klammerte sich an dem vorhin per Eule gelieferten Tagespropheten so fest, als hoffe sie dahinter unsichtbar zu sein. Oder vielleicht, dass der Tagesprophet ein Geheimtürchen hatte, hinter dem nun gleich eine große Faust rauschnellen würde, um Malfoys Nase zu zerquetschen. Da weder das eine noch das andere geschah, sie immer noch von allen angestarrt wurden und nun das lauter werdende Gemurmel der Leute wahrnehmen konnte, die nun feixend oder entsetzt mit ausgestrecktem Finger auf sie zeigten, musste sie wohl doch etwas sagen.
 

„Flieder“ krächzte sie heiser. Rot, röter, knallrot von der Nasespitze bis hinter die Ohren hob sie ihr Gesicht langsam über den vor sich gehaltenen Tagespropheten hinweg.
 

Malfoy zuckte mit den Achseln und zog die Augenbrauen hoch. „Ich weiß.“
 

Hermine schüttelte heftig den Kopf und lies erneut eine Vielzahl von Blütenblättern, die aus ihren Locken herausfielen, auf die Erde schweben.

„Nein weißt Du nicht. Du hast keine Ahnung. 15 Punkte Abzug für Slytherin, weil du Flieder nicht von Weihnachtssternen unterscheiden kannst.“
 

Malfoy stand einfach nur da, glupschte sie verblüfft an. Doch bevor er wusste, was sie eben gemeint hatte, war Hermine auch schon mit wehendem Haar an ihm vorbei gerannt. Nun ja, geschlittert, denn sie rutschte sehr unelegant auf den am Boden verstreuten Blumen aus.

Sie stürzte die Treppe hinunter, immer drei Stufen auf einmal nehmend, und verschwand aus Malfoys Blickfeld. Der sich jedoch, den Eingangsbereich am Treppenende nach ihr absuchend, über das Geländer lehnte und ihr laut, durch alle Korridore hindurch hallend nachrief. „Gib´s schon zu Hermine, Wealsey hat das noch nie für dich getan.“
 

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Nein, hatte er nicht. Ron hatte Hermine noch nie mit einem Meer auf sie herabschneiender Blumen überrascht. Ganz abgesehen davon, dass sie nicht sicher war ob ihr das überhaupt gefallen würde … Ron war im Grunde auch eher der praktische, als der romantische Mann. Das war Hermine ganz recht, war sie doch selbst eher rational als Püppchen-Rosa veranlagt.

Deshalb beschloss sie, so rational es unter diesen Umständen ging, Ron am allerbesten selbst von Malfoys Aktion zu erzählen.
 

Es musste am Kater liegen. Ganz bestimmt. Sämtliche Versuche Ron und Harry zu so etwas bewegungsfreudigem wie Quidditchtraining verliefen im Sand. Im Moment war Hermine soviel Schläfrigkeit jedoch gerade recht. Ron hatte noch nicht einmal genug Energie, um herumzutoben und Harry hätte ihn wohl sowieso per Avada Kedavra augenblicklich ruhig gestellt, wenn Ron geschrien hätte. So lag er nur leicht grünlich in seinem Bett, nuckelte mit dem Gebaren eines Sterbenden an einer Butterbierflasche herum und knurrte genervt
 

„Ja dann sag ihm halt, dass er dich in Ruhe lassen soll. Ignorier ihn. Wenn er´s dann nicht einsieht, dann mach ich ihn platt.“ Seiner Meinung nach, war das Drohung und Ratschlag genug, so drehte er sich relativ zufrieden wirkend auf die Seite, küsste, wenn auch eher beiläufig, Hermines Hand die auf seinem Kopfkissen lag und war in Sekundenschnelle eingeschlafen.
 

Hermine seufzte und erhob sich, schulterte ihren Rucksack, war schon bei der Tür und hatte schon die Hand am Türknopf, als sie Harry leise, etwas matt klingend zurückrief. „Komm her.“ Hermine verdrehte ob dieses Jammertons die Augen, schlich sich dann jedoch, rücksichtsvoll wie sie war, an dem schnarchenden Ron vorbei und setzte sich zu Harry an die Bettkante. Ächzend und stöhnen wie ein alter Mann drückte er sich zum Sitzen hinauf, fummelte so ungeschickt an Hermine Knie herum, dass sie im ersten Moment dachte er wolle sie nun auch noch begrapschen, doch dann stellte sich heraus, dass er lediglich nach seiner Brille gesucht hatte. „Hör mal Hermine“ mahnte er sie in zwar leisem, doch bedachtem Ton. „Du weißt, dass Malfoy nichts als ein kleiner Schleimer ist, ja?“
 

Hermine zog eine Schnute und fühlte sich zu einem dummen, naiven Kind degradiert. Natürlich wusste sie das.
 

„Malfoy hat kapiert, dass die Todesser Geschichte sind. Gut. Vielleicht war er auch nie so überzeugt oder er hat es sich jetzt wirklich anders überlegt, kann sein. Trotzdem.“ Grüne Augen drangen tief und beschwörend in sie ein. „Er mag dich kein bisschen mehr als vorher. Das ist dir doch klar, oder? Er sucht nur neue Leute, bei denen er sich einschleimen kann. So denkt ein Malfoy. Aber du wirst nie was anderes sein als ein Schlammblut. Und außerdem.“ Seine Augen verengten sich. Mit einer etwas ungeschickten Bewegung griff er unter sein Kopfkissen und zog einen ausgeschnittenen Zeitungsartikel daraus heraus, mit dem er Hermine dann vor der Nase herumwedelte. „Ein Interview mit Lucius Malfoy. Der sagt, dass er die richtige Seite nun kennt und dass ihn niemand unterschätzen sollte. Verstehst du? Unterschätze ihn nicht.“
 

Hermine biss sich auf die Lippen, schlug den Zeitungsartikel von sich weg und rutschte vom Bett. „Ich kann schon auf mich selbst aufpassen und ich bin nicht dumm. Vertrau mir, ich habe mich noch nie in einem Menschen geirrt.“
 

Damit verschwand sie, wesentlich lauter als nötig, aus dem Schlafsaal der Jungen und verzog sich stattdessen mit ihren Büchern in ihren eigenen Schlafsaal. Um für den Rest des Tages zu lernen. Vollkommen malfoylos und sicher.



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