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Zehn Tage im Dezember

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Samstag der 17. Dezember

Kapitel 2: Samstag der 17. Dezember
 

Der Ausflug nach Hogsmead war recht durchwachsen gewesen. Nachdem heute Morgen erneut eine noch viel blütenweißere Taube als gestern, genau in ihrer Müslischale gelandet war und ihr schon wieder eine eindeutig nach Malfoy riechende Nachricht überbrachte, war Ron bedauerlicherweise einen Tick zu schnell und zu groß gewesen, als dass sie ihm auch heute das Pergament hätte einreißen können.

Die Zornesader schwoll auf seiner Stirn und er wurde rot und röter, als er gemeinsam mit dem zutiefst besorgt wirkenden Harry „Vollkommen. D.M.“ laut in der Halle herumposaunte.
 

Da Draco allerdings nicht da war, und Harry ihn auch nicht auf der Karte des Rumtreibers im Schloss ausmachen konnte, beeilten sich nun alle mit dem Frühstück so schnell wie möglich fertig zu werden, um sich ebenfalls auf den Weg nach Hogsmead zu machen.
 

Schneeflocken, so groß und flauschig wie Engelsflügel, doch leider auch so kalt wie der Atem eines Toten, tanzten zu Scharen um sie herum, als sie sich durch den tief eingeschneiten Weg von Hogwarts nach Hogsmead hinunter kämpften. Glücklicherweise war es so kalt, dass sich Hermine ihren Schal fest um den Kopf, vor allem um die Ohren wickeln konnte und so keine weitere Ausrede brauchte um zu erklären, warum sie nicht auf Ginnys unzählige Erläuterungen zum Thema Flederwichtelfluch gegen Malfoy, Harrys Theorie, das Malfoy eine Verschwörung gegen Kinsgley Skackelbolt anzetteln wollte, und auch nicht auf Ron´s düstere Morddrohungen gegenüber Draco, antworten musste.
 

Ihre Freunde schimpften, orakelten und drohten, sie hingegen Schritt frierend und still den weißen Pfad entlang und überlegte wie Malfoy es mit seinem Slytherin-Gewissen vereinbaren konnte, seinem eigenen Haus so viele Punkte abzuziehen.

Ron war keineswegs der Einzige, der heute Morgen schlecht von Draco geredet hatte. Nein, Hermine hatte während dem Frühstück ganz sicher leises, boshaftes Geflüster vom Tisch der Slytherins herüber dringen gehört. Aber wenn Malfoy das doch getan hatte um SIE zu verletzen - und welch andere Erklärung war denkbar- warum wurde SIE dann nicht wie üblich von seinen Hauskameraden verspottet und ausgelacht, sondern all der Groll den sie vom Slytherinflügel herkommend wahrnahm, galt dem zweiten Schulsprecher Malofy.
 

Hermine hatte sich durch fünf Ladengeschäfte hindurch gegrübelt, bis sie zwar endlich eine große Wagenladung von Geschenken für alle Elfen in Hogwarts hatte, sich jedoch immer noch keinen Reim auf Malfoys Verhalten in den letzten beiden Tagen machen konnte.
 

Nach dem recht anstrengenden Einkaufsbummel, nun ja, eher Geschiebe, ließ sie sich gemeinsam mit Harry und Ron - Ginny war mit Luna gemeinsam zu Madame Puddifoot verschwunden, als Hermine sie bat einige Kleidungsstücke für die Elfen doch mal probehalber anzuziehen – in den drei Besen nieder um dort ein oder zwei Butterbier zu trinken.
 

Sie waren gerade sehr gemütlich dabei gewesen Malfoys Brief zu analysieren, als Rita Kimmkorn zu ihnen gestoßen war. Ganz zufällig hatte sie sämtliche Daten der Hogsmeadeausflüge auswendig gelernt und hatte ihnen wohl hier drinnen wie eine Spinne im Netz aufgelauert.
 

Rita war gar nicht so übel gewesen. Wirklich nicht. Harry hatte seinen großzügigen Tag und so hatte er ihr nicht nur sämtliche Details vom Tod Voldemorts, sondern noch dazu unbegrenzt selbstauffüllende Drinks spendiert. Nach zwei Stunden war Rita dann davon überzeugt worden, dass Voldemort durch eine Armee Schrumpfhörniger Schnarchkackler in einen Butterkeks verwandelt worden war, die Rotschwan-Verschwörung der Auroren diesen Keks entführt hatten und nun feindliche Planeten damit bedrohten Voldemorts Keks, äh, nein, Voldemort selbst auf sie loszuhetzen, falls sie ihnen nicht 20 nackte Frauen aus Gold schicken würden.
 

Bestens gelaunt hatte man daraufhin Rita Kimmkorn verlassen, um Aberforth Dumbledore im Eberkopf zu besuchen. Hagrid war auch schon da. Hagrid war mächtig durstig, Aberforth mächtig spendabel und das peinliche Ergebnis davon verbrachte nun schon die gesamte letzte Stunde auf der Toilette des Eberkopfes.

Hermine hatte es den Jungs ja gesagt, mehrere Male, ununterbrochen, dass so viel Alkohol am Tag nur zu Ärger führen würde. Aber wer wollte auf die hören? Keiner…
 

Deswegen war sie nun alleine auf dem Weg zurück, da Harry und Ron wohl erst nach einem Besuch von Madame Pomfrey wieder dazu in der Lage sein würden, selbst den Weg nach Hause zu finden.
 

Missmutig „Ich hab´s ja gleich gesagt, aber auf mich hört ja keiner“ vor sich hingrummelnd, stapfte sie durch den Schnee. Warme Luft strömte aus ihrem Zauberstab und föhnte ihr eine angenehm breite Gasse durch den Schnee, so dass sie zwar immer noch das behagliche knistern von Pulverschnee bei jedem Schritt unter ihren Füßen hörte, aber zumindest nicht mehr bis zu den Knien darin einsank.
 

Den Schal mehrere Male um den Kopf gewickelt, den Kragen ihres Winterumhangs hochgestellt, nahm sie kaum etwas anderes war als ihre eignen Füße, die sie nun schon seit zehn Minuten zornig anfunkelte.
 

„Hallo Hermine!“
 

Hermine blieb so abrupt und mit einem Ausdruck auf dem Gesicht stehen, als wäre sie eben im Eiltempo an eine Steinmauer geprallt. Jemand stapfte durch den Schnee hindurch von hinten auf sie zu.
 

„Na, so ganz alleine?“ fragte Draco Malfoy, der gemächlich durch die von ihr freigeföhnte Gasse an ihr vorbei schlenderte, und sich breitbeinig und mit verkreuzten Armen vor ihr aufbaute. „Du solltest hier nicht alleine unterwegs sein.“ Er hob eine rosig gefrorene, schlanke Hand und deutete mit bibbernden Fingern auf den grauen, wolkenverhangenen Himmel. „Es wird schon dunkel und heute Abend soll es noch schneien. Du solltest nicht alleine gehen, es konnte dir jemand auflauern.“
 

Richtig. Genau.
 

Zum ersten Mal in ihrem Leben stimmte Hermine Malfoy zu 100% zu. Sie zog eine einzige Augenbraue hoch und neigte ihren Kopf leicht in seine Richtung. Er erwiderte ihren finsteren Blick mit einem jungenhaften Lächeln, freundliche zwinkerte er ihr zu und legte den Kopf dabei leicht zur Seite.

Seine rosigen Finger verschwanden für einen kurzen Moment in seinem Umhang, und zogen dann ein paar dunkelgrüne Kaschmirhandschuhe heraus, die er sich elegant über die Hände stülpte.

Jeder andere Junge hätte in diesem Moment … süß … ausgesehen. Er aber nicht. Weil es eben Malfoy war und der war aus Prinzip genau das Gegenteil von … süß eben.
 

Wütend zog Hermine den Kopf ein, stellte ihren Kragen noch etwas steiler nach oben und rauschte ohne einen Blick oder ein weiteres Wort zu verschwenden, an ihm vorbei.
 

Hermine wollte nicht rennen, denn dann hätte es so ausgesehen als ob sie Angst vor Malfoy hätte. So stampfte sie nur schnell, ziemlich schnell, weiter durch den nun wieder dichter werdenden Schnee, da sie sich nicht mehr die Zeit nahm sich vorher eine Gasse mit dem Zauberstab frei zu schmelzen. Etwas Feuchtes fiel ihr auf die Nase, dann auf die Stirn. Es hatte zu schneien begonnen. Hermine verlangsamte kurz ihre Schritte um fasziniert die über ihr leise herabschwebenden, im aufkommenden Wind tanzenden Flocken zu bewundern, doch als sie erneut Schritte hinter sich hörte, eilte sie rasch, so schnell es unter diesen Umständen eben ging, weiter. Zu langsam, den schon packte sie eine kräftige Hand am Arm und hielt sie fest. „Nun warte doch mal, wieso rennst du vor mir weg?“
 

Hermine riss überrascht und empört zugleich die Augen auf, fuhr herum und starrte fasungslos in das selbstgerechte Gesicht von Malfoy, der dem scheinbar gerade entfallen war, dass sie ja eigentlich Erzfeinde waren und er sie die letzten Jahre wie ein Stück Dreck behandelt hatte.

Malfoys selbstzufriedenes Grinsen wuchs nun immer breiter über sei Gesicht, bis es zu beiden Seiten die Ohren erreicht hatte. „Na bitte, wirst du nun mit mir sprechen?“
 

Nein! Wollte sie nicht. Was immer das hier auch werden sollte, es war unheimlich, fühlte sich falsch und gefährlich an. Malfoy, warm verpackt in einen dicken, schwarzen Winterumhang hatte sich einen besonders langen, smaragdgrünen Schal um seinen langen Hals gewickelt so dass es ein wenig so aussah, als ob er gerade von einer Boa erwürgt werden würde, dennoch, unwillkürlich musste Hermine sich selbst eingestehen, dass sein blasses Gesicht in Kontrast dazu, regelrecht zu leuchten schien. Ein Leuchten, dass sich auch in seinen grauen Augen spiegelte die er bewundern von Hermines eingeschneiten Schuhen, über ihren knallroten Umhang, bis hoch zu ihrer gelben, selbst gestrickten, etwas verunglückten Mütze hinauf, aus der zur unteren Seite dicke, braune, verstrubbelte Locken heraushingen.
 

Hermine presste die Lippen zusammen und blickte beschämt auf ihre Füße. Keinesfalls war es für sie alltäglich, schön genannt zu werden. Schon gar nicht von jemandem wie Malfoy. Ein wenig nach vorne spitzelnd konnte sie erkennen, dass zwei schwarze, Drachenlederschuhe in ihr Blickfeld gekommen waren. Würde sie ihren Kopf wieder anheben, dann würde er sicher das sanfte rosa bemerken, dass ihr Gesicht überzogen hatte. Keinesfalls wollte sie ihm noch mehr Stoff geben, über den er sich nachher mit den anderen Slytherins lustig machen konnte. Und das würde er sicher, oder? Also drehte sie sich um, schüttelte seinen Arm der nun auf ihrer Schulter lag mit einem Schlenker ihres Armes ab und trottete etwas benommen weiter in Richtung schloss.
 

„Du willst doch sicher wissen, warum ich dich nicht mehr Schlammblut nenne, oder? Deswegen bist du so ängstlich?“ Dracos Stimme klang nüchtern, sachlich, als würde er es ehrlich meinen. Natürlich wollte Hermine das wissen, wieso er sie nicht so behandelte wie sonst. Da sie aber auf keinen Fall von irgendeinem Menschen dabei gesehen werden wollte, sie sich mit ihm unterhielt, schüttelte sie nur abwehrend den Kopf und beeilte sich die Distanz zwischen ihm und ihr zu erweitern.
 

„Der Krieg ist vorbei, wir haben verloren. Potter hatte Recht.“ Draco war schon wieder unangenehm nah hinter ihr. „Er hat dir doch sicher davon erzählt, dass wir uns im vierten Stock getroffen haben?“
 

Hermine nickte in einer abgehackt wirkenden Geste, doch drehte sie sich nicht um. So konnte sie sich auch nur vorstellen wie sein Gesicht aussehen mochte, als er danach fragte, fast melancholisch, weitersprach. „Das ist nun alles nicht einfach für mich. Mein ganzes Leben, alles was ich war, alles woran ich geglaubt habe, ist besiegt und gestorben.“
 

Hermine schnaubte, zuckte mit den Achseln und ging stoisch den Kopf nach vorne gerichtet, weiter. Ja das konnte ja alles sein, aber warum erzählte er es ihr.
 

Das Knirschen seiner Schuhe auf dem Schnee klang nun wieder lauter, er war schon wieder näher. Eine ängstliche Sekunde lang dachte sie, dass es für sie hier, ganz alleine in der Dämmerung, kein entkommen für sie gab. Dann schallte sie sich jedoch selbst einen Feigling und versuchte stattdessen zu erinnern, ob sie hier noch weit genug vom Hogwarts weg war, um apparieren zu können.
 

„Die Dinge haben sich geändert, Hermine. Viele meiner Freunde und Verwandten sind tot, weißt Du?“
 

Hermines Mundwinkel sanken langsam nach unten. Sie seufzte schwer als ihr das Bild der Toten der Schlacht vor Augen kam. Auch Bilder, der toten Bellatrix. Seiner Tante, ob er um sie trauerte? Oder um Crabbe? Eigenartig, bisher hatte sie nie einen Gedanken daran verschwendet, dass ihre toten Feinde von irgendjemand betrauert werden könnte.
 

Ein Schritt, sie stolperte über einen Stein, den sie vorher nicht erkennen konnte, da er ebenfalls vom Schnee bedeckt war und fast wäre sie gefallen, hätte Draco nicht von hinten ihre Arme umfast um sie aufzufangen. Ärgerlich knurrend löste sie sich von ihm. Eine Sekunde lang sah sie in sein Gesicht, das ungewohnt ernst und nachdenklich wirkte. Einen Herzschlag lang sah sie in seine Augen, die befremdlich traurig wirkten.
 

Eine Sekunde lang, verharrten sie so. Gegenseitig zugewandt stehend, einander in die Augen sehend, den warmen Atem des jeweils anderen auf der kalten Haut fühlend.
 

Dann gab sich Hermine wieder einen Ruck, wirbelte herum und stampfte eilig weiter. Sie konnte Hogwarts jetzt schon recht gut erkennen. Vielleicht noch eine Viertelstunde in der Kälte, dann waren sie dort.
 

Draco war immer noch nah hinter ihr. So nah, dass sie den weißen Nebel seines kondensierten Atems sehen konnte, als er hustete. Er räusperte sich, dann klang seine Stimme wieder klarer, fester, als er nun wieder gewohnt träge, doch ohne jede Spur von Spott in der Stimme, erklärte. „Die Dinge haben sich geändert. Nicht wahr? Ihr habt gewonnen.“
 

Ihre Antwort bestand aus einem grimmigen „Hmm.“ Vielleicht nur um ihm ein triumphierendes Lächeln zu schenken, wandte sie den Kopf zu ihm um. Er war nun fast gleichauf mit ihr. Kein Wunder, er war ja viel größer und musste sich trotz ihrer Eile kaum anstrengen, um mit ihr auf gleicher Höhe zu sein. Seine Augen waren leer, die Lippen kaum mehr als ein dünner Strich, er fröstelte.
 

„Wir Malfoys sind nicht dumm musst Du wissen. Wir wissen, wann eine Sache aussichtslos ist. Es sieht so aus, als ob das, was vorher gegolten hatte falsch war. Aber ein Malfoy gibt nicht so einfach auf. Also, wenn der Weg des dunklen Lords falsch war, dann werde ich es nun auf dem neuen Versuchen. Ich will mich ändern, Hermine.“
 

Hermine gab ein spitzes, empörtes Geräusch von sich, dass an das Pfeifen einer Dampflok erinnerte und beschleunigte ihre Schritte wieder. Ihre Hände suchten nach dem Zauberstab in den tiefen ihres Umhanges. Es war nicht leicht ihn herauszuholen, da sie ihn durch ihre wollenen Handschuhe hindurch nur sehr erfühlen konnte, doch sobald sich ihre Finger schutzsuchend um ihn schlossen, fühlte sie sich etwas sicherer.
 

Einige Minuten später, Malfoy folgte ihr immer noch auf dem Fuß, bemerkte Hermine, dass sich der vorhin schlicht aschgraue Himmel, leicht in´s rötliche zu verfärben begann. Die Dämmerung setzte ein. Die Bäume die links und rechts am Rande der Allee entlang wuchsen, wirkten nicht an ihren Ästen und dem Stamm nicht mehr braun sondern schwarz und zeichneten sich durchdringend vor dem Hintergrund der Schneelandschaft ab. Blütenweiß, kein bisschen grau durch Autoabgase oder auch nur Schlamm, wirkte alles so friedlich, als wäre sie geradewegs in den Lebkuchenhäuschentraum eines Kindes aus Watte und Zuckerguss hineingeraten.
 

Ein Lächeln stahl sich über ihr Gesicht als sie daran dachte, dass sie ja nun wirklich auf dem Weg in ein wundersames Hexenhäuschen war. War Hogwarts auch nicht aus Lebkuchen gemauert und mit Süßigkeiten bedeckt, so war es doch unbestreitbar so bezaubernd, wie es nur ein Kindertraum zu sein vermochte.
 

Ob Kinder auch Alpträume hatten? Mit leichtem Schaudern dachte Hermine an die große Schlacht im Frühjahr, an den toten Dumbledore zu Füssen des Astronomieturms, an das schwarze Blut das aus Snapes Hals tropfte, als er in der der heulenden Hütte starb … und an Katie Bell die an genau der Stelle wo sie jetzt stand, Hogwarts schon vor Augen, fast gestorben war, weil Draco Malfoy, der nun wieder näher kam, die fast mit einem verfluchten Halsband getötet hatte. Noch nicht einmal mit Absicht, einfach so … ein Betriebsunfall … nur um es noch einmal zu versuchen, wobei dann fast ihr Ron sein Bauernopfer geworden wäre.
 

Es war schon ziemlich dunkel als sie endlich das Schloss erreichten, dass durch die hunderte von bereits erleuchteten Fenstern wie ein gewaltiger, feierlicher Weihnachtsbaum aussahen, der ihnen zur Begrüßung entgegenleuchteten.
 

Als die das zu beiden Seiten weit aufgeschwungene Einganstor des Hogwartsgeländes erreichten, die beiden geflügelten Eber unter der Last weißen Neuschnees kaum noch ausmachen konnten, spürte sie, wie etwas in Kaschmir gehülltes ihre Finger streifte.
 

Wütend überwand sie sich endlich Malfoy anzusehen. Von oben bis unten musterte sie ihn, als sei er eine Art besonders hässliches modernes Kunstwerk. Die Mundwinkel missbilligend nach unten verzogen hatte ihr Gesicht einen Ausdruck angenommen, als würde sie sich gerade fragen, was sich seine Eltern wohl dabei gedacht hatten, ein Kind wie ihn zu zeugen.
 

„Sag mal Malfoy …“ keifte sie wütend, als sie so nahe an ihn herantrat, dass sie ihr eigenes Spiegelbild in seinen eisgrauen Augen erkennen konnte „… was zum Teufel soll das ganze Gelaber?“ Hermine schnaubte, schüttelte fassungslos den Kopf und hob anklagend die Hände. „Ich meine, ist dir wirklich so langweilig, bist du so unterbeschäftigt, dass dir nichts besseres einfällt als mir jetzt mit wehleidigen Sprüchen und Versuchen mich vorzuführen auf die Nerven gehen musst?“
 

Dracos Gesicht verzog sich zu einem schelmischen Grinsen, er kippte den Kopf leicht zur Seite und verkreuzte mit unverkennbarer Vorfreude in den Augen die Arme.

Hermine stampfte wütend auf den Boden. War zuvor nur ihre Nase rosig gewesen, so überzog nun eine kräftiges Pink ihr ganzes Gesicht. „Also wenn du dich schon über mich lustig machen musst, dann tu es wenigstens so wie immer. Glaub mir, das war absolut ausreichend. Was soll das Ganze eigentlich?“
 

Malfoy lachte gelassen und schüttelte mit einem ungläubigen Grinsen auf den Lippen den Kopf. Hermine hatte es schon einmal getan, vielleicht war er deswegen auf der Hut, denn als sie erneut zum Schlag ausholte um ihn in sein hämisches Gesicht zu boxen, reagierte er schnell genug und fing ihre Hand geschickt ab, knapp bevor sie seine Nase geschrammt hätte.
 

Einen Moment lang blieb er so stehen, maliziös grinsend und mit ihrer Faust in seiner Hand. Hermine zappelte und versuchte sich loszumachen. Ruckte und zerrte, doch weiterhin hielt er sie fest. Sie war so damit beschäftigt sich loszureißen, dass sie seine sich langsam nähernde andere, freie Hand erst bemerkte, als die sich sanft und warm auf ihre Wange legte.
 

Hermine versteifte sich und hob gerade die Hand und die von Draco, die sachte über ihre Wange strich, wegzuschlagen, als sie registrierte, dass er sie gerade eben auf die Stirn geküsst hatte. Das ging so schnell, dass sie es tatsächlich erst an dem Nachhall der Berührung merkte, als es schon wieder vorbei war.
 

„Was glaubst Du wohl was ich hier tue, du dummes Mädchen?“ da Hermine von dem zu spät registrierten Kuss immer noch unter Schock stand, und deswegen zu keiner Antwort fähig war, gab er ihr selbst die Antwort. Er beugte sich erneut nach vorne, ganz nah an sie heran, das sich die winzigen Härchen auf ihrem Ohr aufrichteten, als sein Atem sie kitzelte, während er leise wisperte. „Merkst Du nicht, dass ich mit Dir zusammen sein will?“
 

Diesmal war sie schneller. Eine eiskalte Nasenspitze berührte ihre Schläfe und bevor noch weitere Teile seines Körpers folgen würden um sie erneut einzufrieren, riss sich Hermine los und stolperte mit einem spitzen Aufschrei zurück.
 

Ganz kurz, vielleicht nur solange wie es dauert, um einmal mit den Augen zu blinzeln, starrte sie ihn an. In dieser wirklich sehr kurzen Zeit schossen ihr hunderte von Beschimpfungen durch den Kopf, die sie sich in all den Jahren für in ausgedacht hatte. Gleichzeitig überlegte sie fieberhaft, welchen Fluch ihr Ginny am Vormittag so ausführlich zu erklären versucht hatte.
 

Malfoy stand vor ihr, die Hände in den Taschen vergraben und sein eben noch fast zärtlicher Gesichtsausdruck verzog sich zu dem so gewohnt überheblichen Grinsen.

Zorn, Wut und ein erstickendes Gefühl von Demütigung flammte in ihr auf, als er zu allem Überfluss auch noch zu lachen begann. Dieses… dieses…dieser…
 

Hermines Problem war nicht, dass sie keine Flüche gewusst hätte, die sie ihm auf den Hals hätte jagen können. Sie blieb auch nicht still, weil sie es ablehnte Schimpfwörter zu gebrauchen. Es war wohl eher so, dass sich von beidem gerade etwa gleichzeitig tausende aus ihrem Gehirn drängelten um sich zu ihrem Mund hinaus auf Malfoy zu stürzen. Da aber nicht mal Hermine vermochte so viele Dinge gleichzeitig auszusprechen, war alles was heraus kam, als sie es doch endlich schaffte sich aus ihrer Starre zu lösen und den Mund zu öffnen, ein Laut der an das gurgelnde Geräusch eines ertrinkenden erinnerte.
 

Entsetzt schlug sich Hermine die Hand vor den Mund, kirschrot vor Scham packte sie ihre heruntergefallene Handtasche, drehte sich um und ergriff panikartig die Flucht. Verfolgt vom schallenden Gelächter Malfoys, das jedoch schnell durch den eisig pfeifenden Wind der ihr um die Ohren wehte verlor.



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