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Charlie und die Schokoladenfabrik

von

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Vatertag

Es war Abend geworden. Bis auf das Rauschen des Wasserfalls war nichts mehr zu hören. Überall herrschte Totenstille. Die Umpa-Lumpas hatten aufgehört zu arbeiten und das Licht war fast gänzlich gelöscht worden. Es schien beinahe so, als hätte das Herz der Fabrik aufgehört zu schlagen.
 

Charlie betrat den Fahrstuhl und drückte auf einen der obersten Knöpfe, neben dem einfach nur ´ WW `stand. Kurz kam er noch aus dem Gleichgewicht, als der Fahrstuhl lossauste, zu dem Raum, in dem der Junge bisher noch nie gewesen war. Zu dem einzigen in der gesamten Fabrik, den noch nicht mal die Umpa-Lumpas ohne Erlaubnis betreten durften: Zu Willy Wonkas R… ok, nennen wir es Suite!
 

Zaghaft klopfte Charlie an die dunkelbraune Holztür. Er musste einfach noch einmal mit Mr. Wonka reden. Die Idee, die ihm grade gekommen war, duldete keinen Aufschub! Er wollte soeben noch einmal klopfen, da er sich nicht sicher war, ob man es drinnen gehört hatte, als die Tür aufging. Überraschung zeichnete sich auf dem Gesicht des Mannes ab. „Tut mir Leid, wenn ich störe, aber ich brauche Ihre Hilfe!“, sagte Charlie schnell, ehe Willy Wonka überhaupt dazu kam den Mund zu öffnen.

„Äh … okay …“, dieser trat zur Seite und wies ihn an reinzukommen, „Bitte!“

Der Junge stellte noch schnell seine Schuhe neben die Tür - auch Wonka trug lediglich schwarze Socken - und trat ein.
 

Die gegenüberliegende Wand war fast nichts weiter, als ein riesengroßes Fenster. Einen Meter davon entfernt, mit Blickrichtung zur Tür, stand ein bequem aussehendes schwarzes Sofa, davor ein ebenso langer, gläserner Couchtisch. Der dunkelrote Teppich mit den kleinen, geschwungenen, weißen Ws, erstreckte sich über den gesamten Boden. Etwas weiter links, war ein Esstisch aus hellbraunem Holz, mit den dazu passenden Stühlen. Durch einen Torbogen, neben dem Eingang, konnte man einen Blick in die Küche werfen und zwei Türen in der rechten Wand, grenzten ebenfalls noch andere Räume ab. Wahrscheinlich das Schlafzimmer und ein Bad, vermutete Charlie.
 

„Also, was kann ich für dich tun?“, ohne die Antwort abzuwarten verschwand Wonka in der Küche. Man hörte eine Schranktür auf und zu gehen und gleich darauf erschien der Chocolatier wieder in Charlies Sichtfeld. In der einen Hand zwei Gläser, in der anderen eine noch ungeöffnete Flasche Traubensaft. „Ich bräuchte ein Geschenk für meinen Vater“, begann der Kleine. „Ach? Hat er Geburtstag?“, Willy schraubte die Flasche auf und fing an einzuschenken. „Nein! Übermorgen ist doch Vatertag, wussten Sie das nicht?“

Wonka erstarrte. Nein, er hatte es tatsächlich nicht gewusst. Um genau zu sein, war er schon fast soweit gewesen, zu vergessen, dass es diesen Tag überhaupt gab!

Wie sollte man sich denn auch bitteschön ohne Vater an den Vatertag erinnern?
 

„Äh, Sir?“, Charlies Stimme holte ihn wieder in die Wirklichkeit zurück. Gerade rechtzeitig, denn das Glas, über das ja immer noch die Flasche gehalten wurde, begann überzulaufen und die rote Flüssigkeit bahnte sich ihren Weg erschreckend schnell auf die Tischkanten zu. „Oh Gott!“, wie der Blitz hechtete Mr. Wonka in den Nebenraum, schnappte sich ein Geschirrtuch und schaffte es tatsächlich noch den Saft aufzufangen, bevor der treuere Teppich Flecken bekommen konnte.

„Ach, übermorgen ist das schon …“, nahm Willy Wonka das Thema von eben wieder auf, während er an der Glasplatte herum tupfte, „Und wieso fragst du deinen Dad nicht einfach, was er sich wünscht?“ „Na, weil es dann keine Überraschung mehr wäre. Außerdem will ich ihm nichts Materielles schenken. Es soll irgendetwas sein, was nur ich als Sohn ihm geben kann und na ja, da dachte ich … vielleicht könnten Sie Ihren Vater mal fragen. Vielleicht weiß der ja was!“ „Stop, stop, stop! Jetzt mal langsam!“, mit gerunzelter Stirn blickte Wonka auf den Kleinen hinab, „Nur damit ich das richtig verstehe: DU willst, dass ich MEINEN Vater frage, womit man DEINEM Vater eine Freude machen könnte?“ Charlie nickte grinsend: „Genau!“

Jetzt musste Willy Wonka lachen: „Ich bitte dich! Woher soll denn mein Dad wissen, worüber sich dein Dad freut?“ „Na, weil Doktor Wonka doch auch Vater ist! Und wer sollte besser wissen, mit welchen Gesten oder Worten ein Kind seinen Vater glücklich machen kann … als ein Vater!“

Über diese Aussage dachte der Chocolatier erst mal eine Weile nach. „Hm, stimmt. Hast eigentlich recht!“, meinte er schließlich, „Und wieso soll ich da nachfragen? DU willst doch immerhin was erreichen!“ „Ja schon, aber ich denke, Ihnen wird er vermutlich eher antworten als mir. Immerhin sind Sie sein Sohn!“ Charlie sah, dass sein Mentor von der Idee nicht gerade begeistert war: Mit zusammengepressten Lippen, starrte dieser an ihm vorbei an die Wand. „Bitte, Willy!“, fügte er noch hinzu. Wonka stöhnte auf und verdrehte die Augen: „Sag mal, schenkst du eigentlich immer so kompliziert?“
 

*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*
 

Nachdem er mindestens zwei Minuten auf das vergoldete Messingschild gestarrt hatte, gab er sich einen Ruck und betätigte die Klingel. //Da sieht man mal wieder, wie sehr mir der Kleine doch inzwischen ans Herz gewachsen ist.\\, dachte er seufzend. Die Tür öffnete sich. Wilbur Wonka blickte zuerst etwas verwundert auf den Ankömmling, lächelte dann aber: „Willy! Was tust du denn hier?“

Bevor dieser sich eine Antwort überlegen konnte, trat der Arzt schon zu Seite: „Komm doch rein!“ „Danke!“, Willy hängte seinen Zylinder an einen Garderobenhaken, „Du hast jetzt doch Mittagspause, oder?“ „Ja, ja! Keine Sorge: Du störst nicht!“
 

Als er das Wohnzimmer betrat, kam Willy Wonka nicht umhin, leise aufzukeuchen. Mit, vor Überraschung geweiteten Augen, sah er sich in dem Raum um.
 

An den Wänden hingen Bilder! Haufenweise eingerahmte Photographien. Und zwar alle von ihm! Als kleiner Junge auf der Schaukel. Bei einem Fest des Kindergartens. Sein erster Schultag. In den Ästen einer Eiche, strahlend, da er es ganz alleine geschafft hatte hochzuklettern. Beim Steine flippen an einem See. Sein 12. Geburtstag, an dem er endlich diese Spange losbekommen hatte, und noch viele Weitere.

Ansonsten hatte sich in dem Raum nichts verändert: Die gleichen dunklen Möbel, wie damals, sogar diese zwei schrecklich unbequemen Ledersessel standen noch an Ort und Stelle. Nur die Bilder! Die waren neu. Früher waren hier nie Bilder gehangen und jetzt plötzlich so viele! Alle in Rahmen unterschiedlicher Größe und Materials: Manche aus Holz, andere aus Kupfer oder Messing. Drei waren vergoldet und einer sogar aus buntem Glas. Jedes Foto, das jemals von ihm gemacht worden war, hatte seinen Platz an dieser Wand gefunden. Wirklich jedes, ohne eine einzige

Ausnahme …
 

„Trinkst du Sekt?“, fragte eine tiefe Stimme. Willy fuhr zusammen. „Was?“, verwirrt sah er zu seinem Vater, der aus einem hohen Schrank zwei Gläser herausnahm, „Äh, nein …“, er schmunzelte leicht, „Nur Rotwein!“ „Hab ich auch da! Warte kurz …“
 

„Also, die Sache ist die …“, begann der Chocolatier geschäftig, als sie sich gegenüber saßen, „du kennst doch Charlie? Das ist dieser kleine Junge, der bei meinem letzten Besuch hier, mit dabei war. Er wohnt jetzt zusammen mit seiner Familie in meiner Fabrik und er braucht ein Geschenk für seinen Dad zum …“, plötzlich stoppte er in seinem Redefluss, sprach dann aber nach einer ungeduldigen Handbewegung weiter, „ … für morgen! Er will nichts kaufen. Es soll so richtig von ihm kommen, von ihm als Sohn … verstehst du?“ „Ja …“, nachdenklich blickte Wilbur ihn an, „Und? Konntest du ihm da keine Antwort drauf geben?“ „Nein!“, leichte Wut war auf einmal in Willys Stimme hören, „Wie denn auch? Ich bin kein Vater! … Ich bin nur Sohn …“ Dr. Wonka fixierte ihn mit einem undurchdringlichen Blick: „Und er denkt, dass ich als Vater ihm weiterhelfen könnte? Wieso kommt Charlie dann nicht persönlich?“ „Er hat gesagt, du würdest mir vermutlich eher antworten als ihm. … Oh Mann, die ganze Geschichte hört sich ja total bescheuert an!“, murmelte er leise zu sich selbst, sah dann aber seinem Gegenüber fast flehend in die Augen, „Hör zu, ich weiß das klingt jetzt mehr als merkwürdig, … aber es ging wirklich alles von dem Jungen aus, ehrlich!“ //Himmel, was red‘ ich denn da? Das glaubt der mir doch sowieso nie! \\, ein ganz klein wenig zog Willy nun den Kopf ein und wartete darauf, dass sein Vater ihn schallend auslachen würde.
 

Tat er aber nicht! Der alte Mann stand auf, drehte seinem Sohn den Rücken zu und trat vor die Wand mit den vielen Fotos. „Das was wir uns eigentlich wünschen, ist, dass es unseren Kindern gut geht. Wir wollen sie in Sicherheit wissen und sie vor jeglichen Enttäuschungen bewahren, die das Leben zu bieten hat. … Das schönste Geschenk, das sie uns machen können, ist … uns Zeit zu schenken, die wir miteinander verbringen können, eine Umarmung, einfache Worte, die uns sagen, dass wir gemocht werden, … oder dass wir sie nach einer längeren Zeit des Getrenntseins wieder in unsere Arme schließen dürfen. Wir wünschen uns nichts sehnlicher, als dass sie gerne nach Hause kommen … und dass sie uns die Fehler verzeihen, die wir gemacht haben … und diese Wünsche ändern sich niemals …“, jetzt wandte sich Dr. Wonka dem Chocolatier wieder zu, „ … auch dann nicht, wenn unsere Kinder bereits erwachsen sind!“
 

Willy war sogar noch eine Spur blasser geworden, als er es ohnehin schon war. Krampfhaft umklammerte er mit den Händen seine Knie um das Zittern zu verbergen. Starrte mit weit aufgerissenen Augen auf seine Schuhspitzen, ohne sie richtig wahrzunehmen. Es kam ihm so vor, als hätte sich seine Seele in zwei unterschiedliche Persönlichkeiten aufgespalten, die nun um die Kontrolle seines Körpers kämpften: Das Kind, welches sich all die Jahre nach seinem Dad gesehnt hatte und der erwachsene Mann, der alles daran gesetzt hatte, die Erinnerung an jenen Vater auszulöschen! Er wusste einfach nicht was er tun sollte: Er wollte sich bei dem Arzt anlehnen und vor ihm davonlaufen! Er versuchte verzweifelt die Tränen zurückzuhalten und wartete aber gleichzeitig auf die Erlaubnis sie fließen zu lassen!
 

Nach einer Ewigkeit, wie ihm schien, schaffte er es endlich ruckartig aufzustehen. Er musste hier raus. Sofort! „Ich werd’s ihm ausrichten. Er … er wird sich freuen …“, brachte er unsicher hervor, nickte seinem Vater noch einmal kurz zu, „Danke für den Wein!“

Wilbur Wonka sah ihm nach, wie er fluchtartig den Raum verließ, hörte eilige Schritte und gleich darauf die, ins Schloss fallende, Haustür. Kurz starrte er auf den schwarzen Ohrensessel, in dem sein Sohn bis eben gesessen hatte und wandte seinen Blick dann dem Weinglas zu, welches immer noch völlig unberührt auf dem Tisch stand …
 

*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*
 

Alle paar Minuten drehte Willy die Bettdecke um. Das kühlte ein bisschen, aber sehr viel besser wurde es davon nicht. In dem Zimmer herrschte eine unangenehme Hitze. Keine wohlige Wärme wie sonst, die ihn mit sanften Armen umfing und ihn behütet einschlummern ließ.

Ganz ohne Decke daliegen mochte er aber auch nicht!

Die Worte seines Vaters kreisten immer noch durch seinen Kopf und wollten partout keine Ruhe geben.

Irgendwann schwang er seufzend die Beine aus dem Bett. Er würde so oder so nicht einschlafen können, ganz gleich ob er sich nun auf der Seite zusammenrollte oder, die Arme im Nacken verschränkt, an die Zimmerdecke starrte. Da konnte er auch genauso gut aufstehen.
 

Er ging zu dem großen Mahagonikleiderschrank und schlüpfte in seinen bordeauxfarbenen Seidenmorgenmantel. Dieser reichte bis zu den Knöcheln. Der Saum, die Ärmelenden und der Kragen waren aus Samt und um die Taille verlief eine goldene Kordel, mit der man das Ganze zusammenhalten konnte.

Im Wohnzimmer machte er erstmal Licht und betrat dann die Küche. Dort erhitzte er in einem Topf etwas Milch und verrührte sie mit jeder Menge, seines selbst hergestellten Kakaopulvers zu einer köstlich aussehenden dunkelbraunen Flüssigkeit. Die heiße Schokolade füllte er schließlich in eine einfache, weiße Porzellantasse. Noch ein Kleks Sahne obendrauf. Fertig!
 

Willy Wonka setzte sich, die Armlehne im Rücken, auf das weiche Sofa. Strich mit der Hand einmal über den schwarzen Bezug: Kuschliger Stoff, kein hartes Leder.

Er nahm einen Schluck und hielt dann nachdenklich inne. Ja, … früher hatte er immer heiße Milch mit Honig getrunken. Damit war sein Vater einverstanden. War ja schließlich auch gesünder, als Kakao. Den hatte er nämlich nicht bekommen. Doch das war ihm damals egal gewesen. Hauptsache süß! Wonka sah bis heute nicht ein, weshalb er seine Zunge mit so etwas bitterem, wie Kaffee quälen sollte, und das schon am frühen Morgen. Ja Igitt!
 

Einmal war ihm beim Frühstück schwindlig geworden. Sein Vater hatte ihn gestützt und ins Bett gebracht. Er hatte sofort Fieber gemessen (39°), ihm anschließend eine Wärmflasche gemacht und sogar noch die blaue Wolldecke aus dem Wohnzimmer geholt. Doch all das hatte er mit solch einer Hektik erledigt, dass Willy sich wie ein großer schwerer Klotz an dessen Bein gefühlt hatte und am liebsten gestorben wäre, nur um seinem Vater nicht weiter zur Last zu fallen!

Es war einer der Tage gewesen, an dem in der Praxis unglaublich viel los war. Zu allem Überfluss waren auch noch drei von Dr. Wonkas Assistentinnen ausgefallen: Zwei waren krank und eine hatte Urlaub. Da konnte er sich keine Pause leisten.

Mittags hatte Wilbur seinem Sohn schnell einen Tee und eine Suppe gekocht und war dann sofort wieder nach unten verschwunden. Willy hatte sich noch niemals so allein gefühlt, wie in dem Moment, als die Tür hinter seinem Dad ins Schloss gefallen war …
 

//Genau genommen hab ich mich heute ihm gegenüber ja auch nicht anders verhalten. Ich bin ja auch einfach gegangen.\\ Der Chocolatier stellte seine, inzwischen fast leere Tasse, auf den Glastisch. Gegen Einsamkeit half die Schokolade nur minimal. Er schluckte hart, zog dann seine Knie näher an seinen Körper und schmiegte sich trostsuchend noch etwas enger in die Kissen.
 

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Doch auch Charlie konnte in dieser Nacht nicht schlafen. Und zwar weil er sich Sorgen machte, wegen Mr. Wonka! Der Mann war bei seiner Rückkehr wortlos an ihm vorbeigestürmt. Seine Augen waren leicht gerötet gewesen, das hatte der Junge erkennen können. Hatte er etwa geweint? Charlie stand auf und schlich sich aus dem Haus. Barfuß und im Schlafanzug tapste er durch die Gänge. Er musste wissen, was da bei Dr. Wonka passiert war! Ob die zwei gestritten hatten?
 

//Da brennt ja noch Licht! \\, stellte er überrascht fest, als er den hellen Schein im Schlüsselloch und an der unteren Türritze sah. Vorsichtig klopfte er an.
 

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Wonka schreckte hoch: „Ja? … Charlie!“, als er sah, wer da eintrat, strömte warme Freude durch seinen Körper, doch gleich darauf wurde er wieder ernst, „Wieso bist du denn nicht im Bett?“ „Ich hab mir Sorgen gemacht!“ „Um was denn?“, fragte Willy verwundert nach. „Um Sie!“, murmelte der Kleine schüchtern. „Um mich?“, Willy Wonka konnte plötzlich nicht anders als zu lächeln, „Wirklich?“ Der Junge nickte: „Sie sahen heute Nachmittag so traurig aus. Und ich hab mich nicht getraut nachzufragen. Was hat Dr. Wonka denn gesagt?“

Willy zögerte: „Na ja, dass … dass Väter Zeit mit uns verbringen wollen, … sie wollen, dass … wir sie … umarmen und ihnen sagen, … dass wir sie mögen. Sie wollen, dass … es uns gut geht … und dass wir ihnen die Fehler verzeihen, die sie gemacht haben …“ Charlie hatte sich gesetzt und dem Chocolatier geduldig zugehört. Jetzt lächelte er. „Wusste ich’s doch!“, sagte er leise, wie zu sich selbst.

Allerdings hatte Mr. Wonka es gehört. „Wie, ‚Wusste ich’s doch‘?“, und plötzlich begriff er, „DU HAST MICH REINGELEGT!“, schrie er und sprang auf, „Du hast die Antwort von Anfang an gewusst. Mein Gott, bin ich blöd … NATÜRLICH hast du sie gewusst! Immerhin bist du mehr Sohn als ich! … Warum hast du mich zu ihm geschickt?“ Der Junge ließ sich von Willys Wut nicht einschüchtern: „Ich hatte einfach das Gefühl, dass Sie Ihrem Vater noch nicht so wirklich vertrauen. Ich dachte, es würde Ihnen mal gut tun, zu hören, was er fühlt! … Und außerdem hätten Sie ja sonst den Vatertag total vergessen!“ „Na toll!“, beleidigt ließ Wonka sich wieder auf die Couch fallen, „Und ich hock da und fühl mich wie’n Achtjähriger!“ „Darf man das denn als Erwachsener nicht?“, fragte Charlie leise, „Sich in Gegenwart seiner Eltern wie ein Kind fühlen?“ „Weiß nicht …“, murmelte Willy traurig, „Weißt du, die Sache ist die … ich kann irgendwie immer noch nicht so richtig glauben, … dass er mich wirklich lieb hat. Dass ich ihm wirklich gefehlt hab … und dass er stolz auf mich sein soll. … Dass hat er mir früher nie gezeigt, geschweige denn gesagt. Er war immer so streng … und jetzt … kann ich diesem neuen Dad einfach nicht vertrauen!“
 

Die Stille, die sich nun zwischen ihnen ausgebreitet hatte, tat gut. Beide schwiegen, eine Viertelstunde lang, bis Charlie anfing zu gähnen. Müde griff er nach einem der Kissen und rollte sich zusammen. Wonka, der merkte, was der Kleine vorhatte, hob warnend den Zeigefinger: „Hör zu … ich weiß, das ist wahnsinnig verlockend, aber es wäre besser du lässt das!“ „Wieso denn?“, kam schläfrig gemurmelt die Gegenfrage. „Die Couch ist viel zu weich. Da kriegst du nur Rückenschmerzen von!“

„Ach Blödsinn!“ „Doch ehrlich!“, sagte Mr. Wonka, „Ich hab den Fehler nur EINMAL gemacht und hier geschlafen!“ „Ihr Rücken ist ja auch schon älter!“, antwortete Charlie. Das saß! Wonka riss den Mund auf und bekam ihn so schnell nicht wieder zu. Ein Buntspecht hätte sich locker seine Nisthöhle darin einrichten können.

„Ey für DIE Bemerkung kitzel ich dich noch durch, verlass dich drauf!“, zischte er böse. Doch gleich darauf ruhte sein Blick wieder freundlich auf dem Jungen. Himmel, er war noch so klein! Manchmal vergaß er das richtig. „Möchtest du eine Decke haben? Ich hab hinten so ´ne dünne, die ist aus dem gleichen Kuschelstoff wie das Sofa und …“, Willy stoppte, da er plötzlich merkte, dass der Kleine ihm gar nicht mehr zuhörte, „sie wird auch recht schnell warm … wenn man erst mal drin liegt!“, brachte er den Satz noch zu Ende. Doch Charlie war bereits eingeschlafen. „Na gut, dann eben nicht!“, Wonka zuckte gleichgültig die Achseln, trank den letzten Schluck aus seiner Tasse und trat dann, die Hände hinterm Rücken verschränkt, an das große Fenster.
 

Die ersten Sonnenstrahlen erhellten die Stadt.

Ein neuer Tag war angebrochen.
 

Vatertag!
 

*~* Ende *~*



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  _Eisblume
2009-07-10T13:55:08+00:00 10.07.2009 15:55
mhm das is auch auch schon wieder so schön
willi is genau so wie er sein soll
die gespräche zwischen willi und seinem vater hast du super hinbekommen
was soll ich noch groß sagen hat mir echt sehr gut gefallen
hat richtig spaß gemacht diese one shot zulesen
Von: abgemeldet
2009-06-29T17:18:55+00:00 29.06.2009 19:18
Nun, auch hier wieder ein großes Lob an dich! Wieder einmal hast du Mr. Wonka brilliant getroffen: Alle seine Charaktereigenschaften sind perfekt getroffen und harmonieren wunderbar mit dem Originalfilm! Ich schätze, stellenweise liegt es wohl am Film selbst, dass ich mir diesen schüchternen, schrägen, schönen Mann mit all seinen Gedanken, Gefühlen und Handlungen so gut vorstellen kann, aber zum Großteil liegt es an deiner Erzählkunst selbst. Mir ist mal wieder aufgefallen, dass du ein unglaubliches Talent besitzt, Sachverhalte in kurzen, aufschlussreichen Sätzen zu schildern, die sich dennoch niemals langweilig oder fehlplatziert anhören. Alles hat seine richtige Reihenfolge und bei dir liest sich alles so mühelos, dass man sich förmlich in die Welt der Schokoladenfabriken und Wonkahüte hineingesogen fühlt… Herrlich, du machst wirklich tolle Fortschritte! (sage ich als eigentlicher Laie, aber ich finde das eben so! xDD)
Dass dein Vater diese Geschichte immer noch nicht gelesen hat (oder hat er das inzwischen?), finde ich eine ziemliche Sauerei. Allein schon aus Höflichkeit, respektvollem Umgang mit den Mitmenschen und nicht zuletzt purer Neugierde sollte er sich auf den Text gestürzt haben wie ein Bekloppter. Nun, wer nicht will, der hat schon – oder eben auch nicht. Hmpf. *kopfschüttel*
Die Idee zum Vatertag hast du sehr schön umgesetzt und gefällt mir wirklich gut: Für mich erscheint auch hier wieder alles in sich selbst schlüssig und inhaltlich passend – man merkt eindeutig, mit wie viel Mühe und Liebe du die Geschichte geschrieben hast. ^_^
Wie Hakura schon so schön gesagt hat und was auch mir später aufgefallen ist: Deine Geschichte könnte wirklich als originales Zusatzmaterial zum Film durchgehen, so originalgetreu ist alles dargestellt. Schließlich wird Mr. Wonkas Suite mit keinem Wort im richtigen Film erwähnt, aber du schaffst es trotzdem, mit solchen profanen Dingen eine Geschichte zu konstruieren: Alles würde so perfekt auf den wahren Willi Wonka passen!
Besonders hat mir auch der Hauptteil der Geschichte gefallen: Das Gespräch mit dem Vater. Wonkas Reaktion auf die sorgsam gewählten Worte des Vaters ist sehr realistisch und spiegelt perfekt wieder, wie zerissen und aufgewühlt sich Wonka in diesen Momenten gefühlt haben muss. Nicht zuletzt war das auch der Schlüssel, um seinen Vater besser verstehen zu lernen, ihm näher zu kommen und ihm letztendlich für all das zu verzeihen, was vorher zwischen den beiden stand… Eine wunderbare Geschichte mit einem wunderschönen Ende.

PS: Ich wünschte, zwischen dir und deinem Vater wäre nicht auch so eine große Schlucht wie bei Wonka und seinem Vater… aber anscheinend kapiert DEIN verständnisloser Vater nicht wirklich, was er für Mist verzapft und wie man das eventuell ändern könnte. T.T°
Fühl dich geherzt und gekekst, sobald du auf Schwanberg bist, bist du frei! xD

Von:  SweeneyLestrange
2009-05-15T22:37:11+00:00 16.05.2009 00:37
Hi,
wie soll ich sagen? Ich fand, das war eine wunderbare Idee, die wirklich total gut zu diesem Film passt!
Zwar kann ich zu diesem OS nicht mehr ganz so viel sagen, wie zum ersten, da ich mich ansonsten nur wiederholen würde, was deinen Schreibstil und die Darstellung der Charaktere betrifft, aber ich gebe mir trotzdem Mühe^^
Jedenfalls hast du meiner Meinung nach, allein schon dieses Gespräch zwischen Willy und seinen Vater sehr gut gut beschrieben, ich konnte mir das richtig gut als eine nicht gezeigt Szene des Films vorstellen.
Besonders Willys Reaktionen bezüglich des "Vater-Themas" waren wirklich klasse! Am besten gefiel mir die Stelle, wo er kurz davor ist, den Tisch mit Traubensaft zu überschwemmen. Einfach fantastisch!
Außerdem mag ich den Gedanken von Willys Suite. Das ist irgendwie so typisch für ihn und zudem beweist es, wie viel man eigentlich noch für FFs zu diesem Film da herausholen könnte. Deswegen noch einmal ein großes Lob an dich und wie du weißt, diese eher alltäglichen Dinge zu nutzen, sodass man immer noch das Gefühl bekommt, es handle sich um irgendein Zusatzmaterial des Films!
Und auch das Ende war schön! Wenn ich so darüber nachdenke, bekomme ich irgendwie das Gefühl, dass Charlie ja auf eine gewisse Weise der Sohn ist, den Willy nie haben wird.
Na ja ich freue mich auf jeden Fall auf weitere One-Shots^^
lg -Hakura
Von:  finetuna
2009-04-19T14:49:06+00:00 19.04.2009 16:49
waaah! XD wie klasse... ich liiiiiebe diesen schluss!!!
der buntspecht... *giggel* (ein schicker vergleich, muss ich mir merken, ich steh doch so auf schräge vergleiche und metaphern...)
ich finde du hast willi wonka mal wieder brilliant getroffen! ^^ das ist genau sein charakter. ^^


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