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Unter dem Banner des weißen Raben

eine Wichtelgeschichte für Wieldy - Winterwichteln 2008
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Kapitel 4

4. Kapitel
 

Der Herold begleitete die Handvoll Halland-Wikinger zum Feldlager Halfdan Ragnarsson welches sich etwas außerhalb in der übersehbaren, waldarmen dafür aber umso mehr wasserreichen, flachen Ebene des kleinen Ortes Hoxne befand. Zwischen einzelnen Katen, die einst hier lebenden armen Bauern gehört hatten, standen mehrere Zelte. Verborgen im Schatten eines dieser Lagerzelte stand Fridleiv und beobachtete die Ankömmlinge. Das größte Bauernhaus hatte der Heeresführer kurzerhand zur Audienzhalle erklärt. Dort erwartete er die Männer von Halland. Das Banner des weißen Raben hing überall und flatterte im leichten Sommerwind.

Halfdan Ragnarsson hielt Hof wie ein König. Laute Flüssterstimmen sagten ihm nach er wäre von königlichem Blut und der jetzige König von Schweden sei ein Onkel von ihm. Bei den verzwickten Verwandtschaftsverhältnisse, die in Ragnarsson Familie herrschten war alles möglich. Jedenfalls verstärkte die ihn umgebenden Gerüchte seine Position als einer der drei Führer des Großen Heeres nicht gerade unerheblich. Der Mann, der auch wegen seiner auffälligen Kleidung Weißkleid genannte wurde galt als der mächtigste, fähigste und auch als der grausamste der Ragnarsson Brüder. Er umgab sich mit einer Reihe von Seiðmenn und Völvas, die ihm bisher bei seinen Raubzügen den nicht zu unterschätzenden magischen Vorteil verschafft hatten. So glaubten es jedenfalls seine eigenen Männer und seine Feinde schlossen sich dieser Meinung an auch wenn sie überwiegend dem christlichen Glauben anhingen.

Seit sein berühmter Vater, der legendäre Krieger Ragnar Lodbrod in der Schlangengrube des northumbrischen Königs Alles II. einen schmählichen Tod fand, war Halfdan von Rache beseelt. Er würde nicht ruhen bis das fruchtbare Land, die Reichtümer und das Leben seiner angelsächsischen Feinde ihm gehörten. Seine beiden Brüder Ubba und Ivor schlossen sich seiner Kampagne an, da sie wie er in einem Zug ihren Vater rächen und die Besitztümern dieses Landes an sich reißen wollten. Die Größe ihrer gemeinsamen Streitmächte überstiegen alle bisher dagewesenen Dimensionen in denen Wikinger ihrer Herkunft auf Beutezüge gingen. Ihre angelsächsischen Feinde erkannten die Gefahr, die von dem Großem Heer aus ging sehr gut. Noch immer waren sie untereinander zerstritten, konnten sich nicht auf ein eigenes Bündnis gegen die Eindringlinge einigen und genau diesen Umstand nutzten die das Land verheerenden Wikinger seit Jahren zu ihrem Vorteil aus. Einige der angelsächsischen Siedlungen zahlten vor einigen Jahren ein Danegeld an die Ragnarsöhne um sich vor Verwüstungen zu schützen. Für die Nordmänner ein äußerst lukratives Geschäft.

Harteknuth erkannte, als er in die Audienzhalle geführt wurde, dass der Heeresführer höchsten Respekt verlangte und es ihm auch zustand. So kniete er sich in gebührendem Abstand vor ihm nieder.

Der Herold verhielt sich wie es für seinen Stand üblich war und kündete seinem Herrn den Gast an. „Mein Herr, dies ist Harteknuth, Sohn von Sigurd und er reiste von Halland bis hier in die Gefilde der Angelsachsen und bietet Euch nun seine Dienste an.“

Der Seiðmenn nutzte die Gunst der Stunde um den wie alle anderen Wikinger seines hohen Standes in einem mit Pelz verbrämten eisernen Harnisch gehüllten Anführer näher zu betrachten. Seine Augen hatten sich im Dunkel der damaligen Nacht nicht getäuscht. Es war das Gesicht des Mannes, den ihm der Wahrheitszauber vor vielen Jahren auf der spiegelblanken Fläche des heimatlichen Sees gezeigt hatte. Daran bestand nun kein Zweifel mehr.

Fridleiv drängte es danach diesen Hallandmann näher kennen zu lernen. Gleichzeitig fürchtete er die mehr als wahrscheinliche Ablehnung die er durch Harteknuth erfahren würde.

Ein Seiðmenn zu sein galt unter den Nordmännern als unmännlich, denn wer mit Magie kämpfte anstatt das Schwert zu nutzen wurde in der Gesellschaft der Wikinger für nicht vollwertig anerkannt.

Sein älterer Bruder Halfdan war in dieser Beziehung eher die Ausnahme, denn er umgab sich mit mehr als einem Seiðmenn um seine Feinde und mögliche verwandte Konkurrenten im Ringen um die Macht zu schlagen. Er selbst galt bei seinen Männern als ein Zauberer, der aber lieber mit dem Schwert als mit Zauberformeln zuschlug. Seiner Gesinnung zeigte sich im Tragen auffälliger weißer Kleidung welche ihm den Beinamen Weißkleid einbrachte.

Er war kaum dem Kindesalter entwachsen als sein älterer Bruder Halfdan auf ihn und seine Fähigkeiten aufmerksam wurde und unter seine Fittiche nahm. Als Sohn eines armen Bauernmädchens wäre ihm ein hartes Leben in Knechtschaft beschieden gewesen. Die Anerkennung seiner Existenz durch Halfdan ermöglichte ihm seine verborgenen Talente zu entfalten und letztendlich den Weg einzuschlagen, der ihm im Blut lag.

Seine Gedanken gingen einige Jahre in die Vergangenheit zurück, als er fast noch ein Kind war und sich an einem kalten Wintertag gemeinsam mit seiner Halbschwester Gudrun und den anderen Halbwüchsigen mit ihren selbst gefertigten Schlitten aus Holz und Tierfellen den kleinen schneebedeckten Hügel hinter der heimatlichen Siedlung in Richtung des vor Kurzem zugefrorenen Sees hinunterfuhren. Ein paar Erwachsen hatten ebenfalls Schlitten gebaut und mischten sich unter sie. Es war ein Riesenspaß für jedermann gewesen. Bis sein Schlitten ungewöhnlich viel Fahrt aufnahm und auf die halbgeforene Eisfläche des Sees hinab schoss und diese dem Gewicht zweier Kinder nicht standhalten konnte. Die dünne Eisdecke brach und eisiges Wasser verschlang beide Geschwister. Das Mädchen konnte nur noch tot geborgen werden, da sie unter die bestehende Eisschicht gerutscht war und von den zu Hilfe eilenden Männern der Siedlung nicht schnell genug geborgen werden konnte. Der Verlust seiner Lieblingsschwester und sein eigener Beinahetod brach etwas in ihm auf – etwas wie eine Eisschicht. Danach war nichts mehr wie es vorher war. Etwas in ihm war erwacht.
 

Harteknuth wurde nach der Ehrerbietung und Gruß in den Dienst von Halfdan Weißkleid aufgenommen. Ihm wurden die restlichen Männer der Hallandkrieger unterstellt, da sowohl sein Onkel als auch der Sohn des Königs in Scharmützel mit den Angelsachsen gefallen waren.

Die ganze Zeit hatte er das Gefühl im Nacken, dass ihn jemand beobachtete. Als er wieder aus der Audienzhalle heraustrat fiel sein Blick auf eine hell gekleidete Gestalt, die ihn wie damals vom Ufer des Flusses aus vor mehr als einem Mond beobachtet hatte. Die Kleidung entsprach dem eines Höflings aber es war auch deutlich an den vorhandenen Ketten und langen, offenen Haaren zu erkennen, dass es sich hier um einen Seiðmenn handelte.

Harteknuth wandte seine Augen ab und beschloss die Existenz des Zauberers zu ignorieren. So vermisste er das erst verletzte und dann wütende Aufflackern in den Augen des anderen.



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