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Unter dem Banner des weißen Raben

eine Wichtelgeschichte für Wieldy - Winterwichteln 2008
von

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Kapitel 2

2. Kapitel
 

35 Tage später im Mündungsgebiet der Großen Ouse, Ostanglien
 

Die Fahrt über das Meer bis an die Ostküste von Ostanglien war ereignislos und bei gutem Wetter verlaufen. Harteknuths Vetter und Onkel beschlossen sofort unter dem Banner des Raben in das Landesinnere vorzustoßen und vereinigten ihre Schiffe und Truppen unter einem gemeinsamen Kommando. Um weitere Konfrontationen mit seinen königlichen Verwandten aus dem Weg zu gehen, die weitaus mehr Männer an Bord hatten als er und um unabhängig seinen eigentlichen Plan, dem der Landbesitznahme weiter verfolgen zu können, beschloss Harteknuth mit seinen beiden Schiffen ein Stück an der Küste entlang bis zum Mündungsgebiet der Großen Ouse zu fahren und von dort landeinwärts mit der einsetzenden Flut vorzustoßen. Einer ihrer Nebenflüsse war die Kleine Ouse und an einer Furt befand sich die wichtigste Siedlung von Ostanglien – Thetford, die Hauptstadt der Angelsachsen und gleichzeitig ein Bischofssitz der Christen. Die Eroberung jener Stadt war das Ziel der drei Söhne von Ragnar Lodbrod. Hier erhofften sie neben der Stadt York in Northumbria ein weiteres Machtzentrum der Dänen und anderer Wikinger zu errichten. Ostanglien war nach Berichten von durchziehenden Händlern und Späher, was sie meistens beides waren, ein fruchtbares Land, welches reich an Wälder war, Weinanbau und Sonnenblumenfelder zu bieten hatte. Große Teile bestanden aus Moor und moorähnlichen Landschaften – vieles was an zu Hause in Halland erinnerte und deshalb um so begehrenswerter erschien.
 

Fast lautlos glitt Harteknuths schmales Wikingerschiff im Dunkel der Nacht auf dem Fluss landeinwärts. Vorsichtig tauchten die Männer ihre Ruder im Gleichtakt in das träge fließende Wasser. Der Mast lag gekappt im Schiff, so wie es üblich war vor einem Überraschungsangriff auf eine ahnungslose Handelsniederlassung. Sie hatten ihr Langboot über die Ebene von einem Nebenfluss her bis zu dem Ufer dieses Flusses getragen. Das Schwesternschiff unter dem Kommando seines Freundes Bjørn befand sich auf dem Landweg der knapp oberhalb der Siedlung und weiter flussaufwärts führte. Der zweite Trupp war mit ihrem Schiff auf den Schultern bereits seit Mitternacht zu Fuß auf den Weg über die sanften Hügel und würden dann oberhalb der Siedlung das Schiff den Fluss Richtung Meer befahren bis sie wie nach Absprache noch vor dem Morgengrauen gemeinsam auf die kleine Handelssiedlung treffen würden. Es war eine typische Wikingerkriegslist, der schon so große und gut befestigte Städte wie Paris im Frankenland mehrfach zum Opfer gefallen waren.

Unverhofft tauchte in der Uferböschung eine schmale Gestalt in einem hellem Gewand auf, die mit brennenden Augen zu ihnen herüber sah und genauso schnell wie sie auftauchte wieder verschwand.

Verblüfft sah Harteknuth der Erscheinung einen Augenblick hinterher. Ein Späher? In einem hellem, sehr auffälligen Gewand?! Hatten seine Augen etwa verrückt gespielt? Seine Männer hatten aufgehört zu rudern und flüsterten leise miteinander. Nach seinen Berechnungen und den Angaben von Ubbas Späher mussten sie sich in unmittelbarer Nähe zur Siedlung befinden. Wie Recht er mit seiner Vermutung hatte bewies ihm zorniges Hundegekläff, welches aus geringer Entfernung zu ihnen herüberschallte. Die Wikinger griffen zu ihren Waffen und die Hälfte der Männer nahm wieder ihre Ruder in die Hände und bewegten ihr Schiff weiter flussaufwärts, angestrengt in die Dunkelheit vor ihnen nach irgendeinem Anzeichen für die Handelsniederlassung suchend.

Agnar, der Bogenschütze, spähte mit seinen scharfen Augen nach vorn und bevor Harteknuth die Hand zum Angriff erheben konnte, schoss er mehrfach in Richtung des Gekläffs. Der getroffene Hund jaulte noch einmal auf und verstummte. Ebenso wurden die aufgeschreckten feindlichen Wachposten von Pfeilen getroffen. Jetzt konnten auch diejenigen mit weniger scharfen Augen sehen, dass vor ihnen eine Brücke mitten im Fluss aufragte und dahinter waren die schwachen Umrisse vieler kleinerer und größerer Händlerboote versteckt, die dort vor Anker lagen. Harteknuth warf sein Ankerseil hinüber und vertaute das Langschiff sicher. Danach schwang er sich auf die Bretter der Brücke und stürmte zusammen mit seinen Leuten zur befestigten Siedlung, in die der Trupp vseines Freundes Bjørn wahrscheinlich bereits eingedrungen war.

Es überraschte ihn nicht, dass aus der Nähe mit einem Mal menschliche Schreie und Klagen, Hundegekläff und das Knistern von brennenden Holz und Stroh zu hören waren. Jedoch konnte er nirgends seinen Freund oder ihm bekannte Männer finden. Ein ungutes Gefühl beschlich ihn welches sich im nächsten Moment sogleich bestätigte. Lichterloh standen inzwischen alle Holzgebäude und Strohdächer in Flammen. Es roch nach Blut, verbranntem Fleisch und Exkrementen. In ihrem Schein plünderten und zerstörten Wikinger unter einem unbekanntem Banner die kleine ostanglische Flusssiedlung. Von Bjørns Mannschaft war weit und breit keine Spur zu sehen. Harteknuths Männer konnten nur verbittert zuschauen wie ihre erhoffte Beute vor ihrer eigenen Nase von anderen geraubt wurde. Die Reichtümer der Siedlung waren nicht für sie bestimmt.

Harteknuth nickte seinen Männer grimmig zu und sie zogen sich zu ihrem Schiff zurück. Der junge Wikingeranführer suchte in dem durch das Feuer erhellten Bootssteg nach seinem zweitem Schiff und entdeckte statt dessen ein unbewacht erscheinendes, großes Langschiff.

Ihr Anführer hoffte, falls sein Freund wie vermutet verspätet am vereinbarten Treffpunkt eintraf sich ebenso wie er von den fremden Wikinger zurückziehen würde ohne das Schwert zu erheben. Die hier anwesende Streitmacht war stärker als seine und er würde ohne Zweifel den Kürzeren ziehen falls er ihnen ihre Beute streitig machen wollte.

Vorsichtig ruderten Harteknuths Männer ihr Schiff den Fluss wieder in Richtung Meer um in einem gebührenden Abstand zur brennender Siedlung wieder auf Anker zu gehen. In dieser Nacht schlief niemand. Der Himmel über ihnen war vom Flammenmeer wo einmal eine Siedlung stand, hell erleuchtet und Brandgeruch wehte unablässig zu ihnen herüber.

Am nächsten Morgen fiel feiner Regen über den Fluss und nach kurzer Zeit waren die Männer bis auf die Knochen durchnässt. Der Brandgeruch hatte mit dem Einsetzen des Regens spürbar nachgelassen. Den junge Wikinger quälte die Sorge um das unbekannte Schicksal von Bjørn und der Mannschaft vom Schwesternschiff. Ihm gingen die Warnung der Völva nicht aus dem Kopf. War am Ende er der Schuldige, der die Einheit der Drei aufs Spiel gesetzt und jetzt dadurch von Missgunst bestraft wurde?



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Thetis
2009-02-09T15:03:14+00:00 09.02.2009 16:03
es gefällt mir sehr wie du hintergrundwissen über die wikinger mit in die geschichte einbringst. ich selbst hab zwar keine ahnung von ihrer kultur und du könntest wahrscheinlich auch irgendwas schreiben, ich würd es als wahr hinnehmen XD wichtig ist aber das man dadurch merkt das du dir mühe mit der geschichte gegeben hast. ^^


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