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100 Themes Challenge

every day is writing day
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#10 [Breathe]

Make me smile
 

Gähnend lungerte er auf der Couch herum, noch zu wach zum Schlafen, aber zu müde, um sich großartig zu betätigen. Glotzte schon seit Stunden in die Kiste, die ihm mit der ganzen Handyklingeltonwerbung mittlerweile ganz schön auf die Nerven ging und schielte alle paar Minuten zur digitalen Uhr, die ihm vom DVD-Spieler entgegenleuchtete. Exakte Zeit war das.

Ihm war das bisher eigentlich immer egal gewesen, er konnte sich noch gut an die Zeiten erinnern, in denen das Display penetrant geblinkt hatte. Hatte ihn damals nie gestört, aber Pascal hatte es ganz verrückt gemacht. Keine zwei Tage hier und er hatte sich davorgesetzt, im Schneidersitz, erstmal den ganzen Player konfiguriert oder eingerichtet, irgendwelche Einstellungen eben vorgenommen. Seitdem passte auch das Format und das Display zeigte beim Standby die genaue Uhrzeit. 'Atomzeit. Das ist pariser Weltzeit.', hatte er erklärt. Pariser, was? Haha. Für den schlechten Wortwitz hatte er sich ein schiefes Grinsen eingefangen. Lust, mal bei der Uhr vorbeizuschauen? Nah, so groß war das Interesse dann doch nicht.

Seitdem konnte er sich auf die Uhr im DVD-Player verlassen. Seit vielen Monaten. Beim nächsten Stromausfall würde er ein Problem haben. Dann würde die Anzeige wieder blinken, auf 00:00 stehend und drauf warten, dass jemand sie nach Atomzeit stellen würde. Die blaugrünen Ziffern leuchteten ihm ein nüchternes 2:54 entgegen, eigentlich höchste Zeit, sich ins Bett zu bequemen. Aber wozu, Schlaf würde er sowieso keinen finden. Nicht, bis das Telefon geklingelt hätte.
 

Sein Zeige- und Mittelfinger trippelten etwas lustlos auf dem Couchtisch herum, angelten sich irgendwann eine in dieser staubigen Sauerei herumliegende Zigarette. Er wusste gar nicht mehr, wieso er sie überm Tisch ausgeleert hatte. Vermutlich aus einem spontanen Wutanfall heraus, oder auch einfach aus Langeweile. Wütende Langeweile, haha. Here I am now, entertain me.

Mit Blick auf den Fernseher, der gerade ein neues Video seiner Erzkonkurrenten in sein Wohnzimmer spuckte, fingerte er nach dem Feuerzeug und entflammte die Spitze der Nikotinquelle, während er einen tiefen Atemzug nahm. Einen Moment hielt er inne, beobachtete den Sänger von Red Five, der mit seinem abgekupferten Falsettogegurre seinen neusten Song auf den ersten Platz der Charts katapultiert hatte. Schwarze, lange Haare, die Spitzen in feuriges Rot getaucht. Klammerte sich am Mikrofon fest, als wäre es eine fremde Kehle, die es zu erdrosseln galt. Der Gitarrist schüttelte indes seine truen Haare zwischen die Saiten. Wie Metal, ernsthaft.

Dann ließ er den Rauch aus der Lunge, ganz ruhig hauchte er die Wolke aus - er ärgerte sich schon lange nicht mehr. Der Dampf hielt sich einen Moment vor seinem Gesicht, bevor er nach oben verdunstete.. oder was er auch immer machte, war ihm auch egal. Mit der Linken griff er nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher auf stumm, das hohe Gekreische machte ihn ganz aggressiv und er wollte nicht schon wieder irgendwas kaputtmachen, über das er sich später dann aufregte. Reichte schon, wenn er dem Treiben da zusehen musste, den Text kannte er sowieso auswendig. "Take my breath, take my heart and make me smile. Settle down - in my mind, vandalize my wall and make me smile." Blöder Kitsch.
 

Das Telefon klingelte 3:04, während animierte Handys über den Bildschirm tanzten, eine Liste aktueller Klingeltöne zum Supersparpreis anboten. Er starrte auf die Liste, über 50 Songs. Er stand auf Nummer 47, gleich hinter "My chica chica lemonade" von B4One. Dann, nach dem fünften Klingeln nahm er ab. Ohne auf das Display zu sehen meldete er sich mit "Bonsoir Danny". Seine Stimme war rauer und wohl etwas tiefer, als noch vor einem halben Jahr.

"Tut mir Leid, dass ich so spät anrufe." Die Stimme am anderen Ende klang verschlafen, etwas monoton. Natürlich, du hast es vergessen. Mit geschlossenen Augen zog er seelenruhig an seiner Fluppe und lauschte den raschelnden Geräuschen, die zu ihm durch die Leitung drangen. Na, mit wem liegst du grade im Bett? Bist dort eingeschlafen, nicht wahr?

"Du bist noch wach? Wieso bist du nicht ins Bett?"

"Bin nicht müde."

"Hör mal, Fr.. Joyau. Du kannst nicht jeden Tag drauf warten, dass ich anrufe! Geh endlich ins Bett! Hast du deine..?"

Er schielte über den Tisch, der angebrochene Streifen lag etwas verdreht in Reichweite, neben dem Aschenbecher.

"Hab's vergessen."

Danny seufzte hörbar an seinem Ohr, er konnte die nicht sehr gut unterdrückte Genervtheit dabei deutlich heraushören und grinste schal. Du weißt, dass ich dir ins Gesicht lüge, gell?

"Dann nimm sie wenigstens jetzt! Und dann geh ins Bett. Ich.. ich komm morgen mal vorbei. Ich glaub, wir müssen reden."

Frankie antwortete nicht darauf, er nahm das mobile Telefon vom Ohr, sah es einen Moment lang an und drückte die Person am anderen Ende weg. Lehnte sich gemütlich in die Couch hinein und rauchte zuende.



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