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Vampire? Die gibt es doch gar nicht!

von

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Kapitel 77-78

Kapitel 77:
 


 

Nur einen Tag verbrachte ich im Anwesen dieser Irren und knallte die Tür zu deren Zimmer so stark zu, dass die Wände selbst fünf Zimmer weiter noch wackelten und man einiges aus irgendwelchen Schränken oder Regalen fallen hörte. Ich konnte sie kein bisschen leiden. Was war ihr Problem mit mir? Warum musste sie mich immer beleidigen? Als wenn ich freiwillig in ihrem blöden Haus gewesen wäre.

Die ganzen vorherigen Stunden hatte ich bei Alucard im Zimmer verbracht, wobei der Vampir nicht zurückgekommen war. Mittlerweile hatte ich erfahren, dass er außerhalb von London war und sich dort mit Sera um etwas kümmerte, zumindest hatte mir Walter das berichtet, als er eine neue Flasche Blut zu mir ins Zimmer gebracht hatte. Da war es doch wohl kein Wunder, das ich keine Lust hatte, noch länger nur in dem Raum meine Zeit zu verbringen. Ich war die ganzen Tage davor eingesperrt gewesen in einen fünf mal fünf Meter großen Raum. Alleine als ich daran zurückdachte, flammte in mir Wut auf. Aus diesem Grund hatte ich den Keller verlassen und ging durch die Eingangshalle. Den Ort hier konnte ich zwar ebenso wenig leiden, bis auf vielleicht ganz wenige Anwesende, doch zumindest konnte ich mich frei bewegen. Das hatte ich jedenfalls angenommen. Denn als ich die Treppe nach oben ging, das mehr als großzügige Bad in der Etage war mein Ziel, kam ich an einer geöffneten Tür vorbei, wo mich die Hausherrin direkt anspie. Ich hätte hier nichts zu suchen und was einer unwürdigen Kreatur wie mir einfallen würde, ihr unter die Augen zu treten. Fragend ging ich ein paar Schritte auf sie zu und wollte ihr klar machen, dass ich nicht freiwillig hier war. Doch als sie erneut irgendwelche Beleidigungen mir entgegen spie, reichte es mir und ich schrie zurück. Ich schrie alles das raus, was mir in den letzten Wochen passiert war und das sie keinerlei Recht hatte, so mit mir zu sprechen. Direkt danach ließ ich sie in ihrem Zimmer alleine zurück, ohne noch auf irgendwas zu warten von ihr und ließ meine restliche Wut an der Tür aus. Zurück in den Keller ging ich nicht, sondern verließ das Haus einfach und stand draußen auf dem Platz davor. Am liebsten hätte ich jemanden gehabt um an diesen meine Wut auszulassen, doch so musste ich tief durchatmen um niemanden versehentlich umzubringen. Keiner der an mir vorbeigehenden Menschen, sprach mich an. Deren Glück. Hätten sie es getan, hätte ich für nichts garantieren können. Nachdem ich etwas runtergekommen war, ging ich über den Platz. Das Anwesen ganz zu verlassen hätte ich zwar tun können, doch tief in mir drinnen wusste ich, dass dies keine gute Idee wäre. Ich sollte auf Alucard warten, auch wenn mir dies im Moment ziemlich schwer fiel. Ein Ziel hatte ich nicht und doch blieb ich in der Nähe des Schießstandes stehen. Als ich einigen der dort Trainierenden zusah, musste ich an meine Schusswaffe zurück denken. Ich hatte die Sabroa hier auf dem Gelände einst fallen lassen, als wir angegriffen wurden. Zu gut konnte ich mich noch daran zurück erinnern. Nur wo sie jetzt wohl war? Ob sie jemand an sich genommen hatte? Ich wusste nicht, ob es wirklich sinn machte. Dennoch ging ich zu dem Schrank, wo ich sie einst immer drinnen gelagert hatte. Als ich meinen Zeigefinger gegen den Scanner hielt, hatte ich keine großen Hoffnungen und wurde erst recht überrascht, als sich die Tür öffnen ließ. Doch noch mehr verwunderte es mich, dort drinnen tatsächlich etwas vorzufinden. Vorsichtig nahm ich die Waffe raus und strich mit den Fingern über den kühlen Lauf. Es war meine Sabroa und sie war sogar gereinigt und poliert. Ich nahm das Magazin raus, welches jedoch leer war. Da keine Kugeln im Schrank zu finden waren, ging ich mit der Waffe zu dem Gebäude, nahe des Schießstandes. Immerhin befand sich dort ebenso Munition. Während ich die 11,5 Millimeter Geschosse nachlud, gingen meine Gedanken an das erste Mal zurück, als ich dies tat. Nein, nicht ich, sondern Marcus. Was aus ihm wohl geworden war? Ob er noch hier war? Hatte er den damaligen Angriff überstanden? Seufzend verließ ich das Gebäude und stellte mich einer freien Zielscheibe gegenüber. Im Gegensatz zu früher saß jeder meiner Schüsse. Zudem konnte ich mich hierdurch etwas abreagieren, was wohl auch daran lag, das ich mir bestimmte Personen oder Kreaturen vorstellte. Genug Munition zum Nachladen hatte ich mitgenommen und war gerade bei der fünften Runde angekommen, als jemand anderes eine Kugel in meine Zielscheibe versenkte. Sie landete genau ins Schwarze und sofort drehte ich mich zu dem Schützen um. „Tschuldigung, da bin ich wohl etwas verrutscht.“ Meinte er grinsend und ich zog die Augenbraue nach oben. „Verrutscht? Wie kann man denn auf einem Schießstand im Ziel verrutschen?“

„Vielleicht, in dem man abgelenkt ist.“ Ich sah den Mann neben mir mehr als nur verwirrt an. Er war etwa einen Kopf größer als ich, schlank von Statur und scheinbar Scharfschütze. Zumindest nach dem Gewehr in seiner Hand. Jetzt richtete er doch tatsächlich jenes genau auf mich, dabei standen wir nur etwa 10 Meter auseinander. „Du zuckst ja nicht mal. Hast du gar keine Angst?“

„Wovor sollte ich den angst haben?“

„Na das ich dich erschießen könnte.“ Ich konnte gar nicht anders als zu grinsen und stemmte meine freie Hand in die Seite. Mit der anderen Hand hielt ich meine Sabroa fest. „Und hast du keine Angst, dass ich dich beißen könnte?“ Dabei fletschte ich die Zähne, woraufhin sich, auf dessen Gesicht ein Lächeln breitmachte. „Vielleicht stehe ich ja auf sowas.“ Das war ein Konter, der mich vollkommen aus der Bahn warf und zum Räuspern brachte. Schnell wendete ich den Blick von ihm ab und sah wieder zur Zielscheibe. „Oh, jetzt sag bloß, du bist prüde.“ Augenblicklich musste ich an Sorin denken, da er dies auch immer von mir behauptet hatte. „Ich bin nicht prüde! Ich gehe nur nicht auf solche Gespräche ein!“ Ich richtete meine ganze Aufmerksamkeit wieder der Zielscheibe und schoss das Magazin mit schnellen Schüssen leer.
 

Nachdem ich fertig war, wollte ich weggehen, doch stellte sich der Kerl mir direkt in den Weg. „Sag mal, bist du Lebensmüde?“

„Eher abenteuerlustig. Ich hab einiges von dir gehört, und du wirkst gar nicht so angsteinflößend.“ Ich ging an ihn vorbei und wollte ihn dort stehen lassen, nur leider folgte er mir zum Munitionsgebäude. Dabei erzählte er von den ganzen Gerüchten, welche über mich im Umlauf waren. Als wenn mich das interessieren würde. Nachdem ich die unverbrauchten 11,5 Millimeter Geschosse zurück in die Kiste legte, drehte ich mich mit verschränkten Armen um. „Willst du mir jetzt die ganze Zeit nach laufen? Hast du nichts anderes zu tun?“

„Um ehrlich zu sein, habe ich gerade nichts zu tun.“ Seufzend rieb ich mir über die Stirn. Vor etlicher Zeit, hätte ich es vielleicht angenehm empfunden, wenn hier jemand mit mir sich unterhalten wollte. Doch nach all dem was geschah, bevorzugte ich doch lieber einen gewissen Abstand zu jenen, die ich nicht kannte. „Okay, pass auf...ähm...wie heißt du eigentlich?“

„Dylan. Freut mich.“ Er reichte mir doch tatsächlich seine Hand, auf die ich mit hochgezogener Augenbraue sah. War das sein ernst? Doch schließlich gab ich seufzend auf und nahm sie an. „Nun, mich nicht wirklich und wie ich heiße, weißt du ja anscheinend bereits. Also hör zu, Dylan. Ich will keinen Ärger oder sonstiges. Ich suche keine Freunde hier, denn werde ich nicht lange hier bleiben und du solltest dich weitestgehend von mir fern halten, ansonsten könnte deine Abenteuerlust ein ziemlich jähes Ende finden.“ Damit ließ ich seine Hand los und wollte wieder an ihm vorbei gehen. „Wow, nun warte doch mal. Ich wollte mich doch nur etwas mit dir unterhalten.“ Verstand der etwa nicht, was ich sagte? War mein Englisch vielleicht zu akzentbelastet? Ich fletschte die Zähne in seine Richtung, was ihn nun doch dazu brachte, ein paar Schritte zurückzugehen. Dies nutzte ich aus, um an ihn vorbei aus dem Munitionsgebäude zu kommen. Auch wenn es mir nicht gefiel, sollte ich wohl doch wieder zurück in die Kellergewölbe gehen. Dort lief mir zumindest niemand über den Weg, der Lebensmüde war.

„Hey...Vampirbraut. Warte doch.“ Ich musste tief durchatmen und nahm mir eigentlich vor, ihn nicht zu beachten, doch nachdem er dies sagte, drehte ich mich knurrend zu ihm um. „Wie hast du mich genannt?“

„Was denn? Bist du das etwa nicht? Ein Vampir und eine heiße Braut?“ Meine Gesichtszüge entglitten mir. „Was?“ Mehr konnte ich einfach nicht sagen und ballte die Fäuste. Ich stand so kurz davor, ihm die Kehle raus zu reißen und es war eigenartig, dass ich diesen Impuls dennoch so gut kontrollieren konnte. Aber ebenso, dass es mir scheinbar weniger ausmachte wie früher, daran zu denken. „Du spielst gerade mit dem Feuer. Ich stehe so kurz davor, dich umzubringen.“ Die Chance musste ich ihm noch geben, bevor ich meine Gedanken wahr werden ließ. Doch der Kerl verschränkte die Arme hinter seinen Nacken und zwinkerte mir zu. „Was wäre, wenn ich Pyromane wäre?“

„Dann wäre ich Feuerwehrmann!“

„Ich stehe auf Rollenspiele.“ Er kam mir noch näher und ich wollte bereits schnell von ihm verschwinden, der Kerl hatte sie doch echt nicht mehr alle. Doch dann blieb ich stehen, sah jedoch zur Seite weg. Dieser Geruch, der mir entgegenschlug. Ich hatte vorher gar nicht darauf geachtet, doch ich kannte ihn. Irgendwoher kannte ich ihn. Ich wendete den Blick wieder zu diesem Dylan und neigte den Kopf zur Seite. „Du bist kein Mensch.“ Stellte ich fest und er sah mich erst überrascht und dann wieder grinsend an. „Na zum Teil schon.“ Gab er von sich und zuckte dabei mit den Schultern. „Du bist ein Werwolf?“ Fragte ich nach und ging nun einige Schritte zurück, während er mir folgte. „Ein Gestaltwandler, ja. Aber kein Wolf. Es gibt nicht nur Lykanthropen.“

„Ja, ich weiß...Es gibt auch Drachen.“ Meinte ich und ging weiter zurück. „Was willst du von mir?“ Warum redete ich überhaupt mit ihm? Ich sollte ihn eher umbringen. Dennoch hielt mich etwas zurück. Immerhin hatte er mir bisher nichts getan, außer mir eben auf die Nerven zu gehen. Aber ich fragte mich auch, warum er überhaupt hier als Soldat rum lief. Ich glaubte mittlerweile kaum, dass er wirklich hier her gehörte. Denn immerhin hätte Alucard das doch sicher sofort bemerkt..oder wurde er genau so geduldet wie er und Seras? „Nur meine Neugier stillen. Du sollst immerhin außergewöhnlich sein. Das Kind zweier Untoter. Aus diesem Grund sollst du Nekyomantie beherrschen können. Ist das wahr?“

Als ich die Mauer des Gebäudes im Rücken spürte, blieb ich stehen. „Was? Was soll das denn sein?“ Von dem Wort hatte ich noch nie gehört. Er lehnte seinen Unterarm an die Mauer neben meinem Kopf und beugte sich zu mir vor. „Sind die Gerüchte wirklich falsch?“

„Solch eines mit Sicherheit! Ich hab keine Ahnung, von was du redest!“ Ich wollte ihn gerade von mir drücken, als er von sich aus zurück wich und einige Meter Abstand zwischen uns brachte. „Ich denke, wir werden uns bald wieder sehen. Bis dahin kannst du dir deine Antwort ja nochmal überlegen. Wir sehen uns.“ Er zwinkerte mir erneut zu und drehte sich dann einfach um, ging weg. Sollte es das gewesen sein? Wie bestellt und nicht abgeholt, ließ er mich hier stehen. Warum hatte ich mich überhaupt in die Enge treiben lassen? Ich rieb mir übers Gesicht. Nachdem ich gemerkt hatte, dass er kein normaler Mensch war, stieg sofort die Panik in mir hoch. Ich wollte nichts von dem nochmal erleben, was die letzten Monate zuvor geschah. Einfach nur etwas Ruhe. Auch wenn mir diese sicher nicht lange gegönnt war, nachdem was ja angeblich noch mit mir geschehen sollte.
 

Nachdem ich mich einigermaßen wieder im Griff hatte, ging ich schnell zurück und ins Gebäude hinein, nur um danach im Keller zu verschwinden. Doch ging ich nicht in Alucards Zimmer, sondern in jenes, das einst das meinige war. Zuerst dachte ich, es sei nicht mehr sonderlich wohnlich. Warum sonst hätte er mich in sein Zimmer gebracht? Doch es war dem nicht so. Es sah noch genau so aus wie das letzte Mal, als ich hier war. Ich ging zum Tisch und setzte mich an diesen ran. Was war da eben passiert und warum verdammt nochmal, habe ich den Kerl nicht einfach von mir geschleudert, wie ich es bei einem anderen, gewissen Vampir getan hatte? Ich hätte wirklich einfach nur hier unten warten sollen. Warum hatte ich das nur nicht getan? Es fiel mir schnell ein. Ich wollte ein heißes Bad nehmen. Aber anscheinend blieb nur die Option der Dusche hier unten. Meine ungeladene Sabroa legte ich auf den Tisch und stand auf. Ich ging zum Kleiderschrank, öffnete diesen. Mit viel hatte ich nicht gerechnet, aber es waren noch etliche meiner Sachen hier. Ich nahm eine bequeme, schwarze Leggins und ein langes, graues Shirt raus, welches mir gut bis zur Mitte der Oberschenkel reichte. Dazu noch frische Unterwäsche und schon war ich aus dem Zimmer raus und ihm nahegelegenen, kleinen Bad verschwunden. Das Wasser der Dusche brauchte einen kurzen Moment, bis es die von mir gewünschte Temperatur erreicht hatte und ich drunter stieg. Es tat so unbeschreiblich gut. Als wenn ich den ganzen Dreck dieses Gefängnisses von mir abwaschen würde. Ich muss bestimmt wie sonst was gestunken haben, ging es mir durch den Kopf. Ein Wunder, das ich mich selber noch riechen konnte, oder aber ich hatte mich einfach daran gewöhnt. Ganze drei mal, seifte ich mich ein und erst dann kam es mir so vor, als wenn ich nichts mehr davon an mir spüren würde. Meine Haare erhielten sogar das doppelte der Behandlung. Nachdem ich fertig war, genoss ich lediglich noch das heiße Wasser und hatte meinen Kopf in den Nacken gelegt, ließ mir das Wasser genau auf die Stirn prasseln. Ich wusste nicht warum, aber ich stellte mir in diesem Moment vor, dass mich ein gewisser Blutsauger mal wieder unerwartet aufsuchen würde. Als ich mir auf die Unterlippe biss und mir vorstellte, wie er vor mir knien würde, seine Zähne in die Innenseite meines Oberschenkels schlug, ganz nah an einer anderen Körperstelle, stöhnte ich auf und drehte das Wasser auf eiskalt. Kurz darauf verließ ich die Dusche und trocknete mich schnell ab, zog mich danach an. Diese Gedanken sollte ich nicht noch einmal haben. Nicht mit ihm. Nicht mit jemanden, der zwar meinte, ich sei kein Ersatz für jemand anderen und doch immer wieder mich mit ihr verglich. Ich steckte eindeutig zu tief in der Pubertät. Ob die irgendwann aufhörte? Was war eigentlich für ein Datum? Hatte ich meinen achtzehnten Geburtstag verpasst, oder stand er noch vor mir? Ich hatte bei dem Drachen komplett das Zeitgefühl verloren und machte nur Annahmen in dessen Bezug. Ich verließ das Bad ziemlich schnell und als ich draußen auf dem Gang mit einem gewissen Schwarzhaarigen kollidierte, schrie ich zum einen erschrocken und zum anderen ertappt auf. Hatte er irgendwas davon mitbekommen, an was ich gedacht hatte? Konnte er Gedanken lesen? Meine Atmung ging um einiges schneller und ich konnte ihm nicht in die Augen sehen. „Du bist wieder zurück, seit wann?“

„Eben.“ Gab er nur als Antwort und beugte sich nach vorne, während ich mich zurücklehnte. „Was ist geschehen, während ich weg war und warum hast du nicht in meinem Zimmer gewartet?“

„Nichts!.. und..ich war duschen.. Mehr nicht..“ Irgendwie wollte ich an ihm vorbei, konnte mich aber nicht bewegen. „Du warst auf den Schießstand.“

„W..Woher weißt du das?“ Fragend sah ich nun doch zu ihm hoch. Hatte er auch das andere alles mit bekommen? „Deine Schusswaffe liegt auf dem Tisch und wurde vor kurzem benutzt.“ Gab er von sich und ich musste erleichtert aufatmen. Daher also. „Ja...naja..Kurz. Ich dachte, etwas Übung schadet nicht...wenn du mich jetzt entschuldigst..ich gehe mal die dreckigen Sachen verbrennen.“ Meinte ich und wollte nun wirklich an ihm vorbei. Er ließ mich auch, doch nicht sehr weit. Denn ehe ich mein Zimmer erreichen konnte, schlang er den Arm um meine Hüfte und zog mich an sich ran, was mich zum quietschen brachte. „Alucard! Lass mich los!“ Verlangte ich von ihm und erschauerte, als er an meinen Haaren roch. „Du verheimlichst mir etwas. Ich will es wissen.“ Ein Kloß bildete sich in meinem Hals und ich krallte mich in seinen Arm, mit welchem er mich festhielt. Mit der freien Hand strich er eine meiner nassen Haarsträhnen zur Seite und strich mit seiner Nasenspitze an meinem Hals entlang. „Dann lass mich los...lass mich los und ich erzähle es dir.“ Das unter der Dusche nur über meine Leiche, doch das mit diesem Gestaltwandler, konnte ich ihm sagen. „Hmm...dann sollte ich diesmal meiner Neugier nicht nachgeben.“ Hauchte er gegen meine Haut und ich schrie auf, als er seine Zähne in mir versenkte. Ich wollte ihn von mir drücken, doch dauerte es keine zwei Sekunden, ehe ich begann mich gegen ihn zu lehnen und meine Hand in seinen Nacken legte. Ich drückte ihn an mich ran, hatte ganz vergessen, wie es sich anfühlte, wenn er das tat. Es fühlte sich einfach zu gut an, als sich der Schleier über meinen Verstand legte und ich alles um mich herum zu vergessen schien. Erst als er von mir abließ, kam auch mein normaler Menschenverstand wieder zurück und ich legte die Hand auf die Stelle an meinem Hals, drehte mich sofort zu ihm um. Er leckte sich über die Zähne und ein kleiner Rinnsal lief ihm den Mundwinkel hinab, welchen er aber mit dem Daumen wegwischte und von diesem die rote Flüssigkeit leckte. „Warum?“ Fragte ich und ging weiter zurück. Die dreckigen Sachen hatte ich auf den Boden fallen lassen und stand mit dem Rücken zur Tür zu meinem Zimmer. „Weil ich es wollte.“ Meinte er und ging an mir vorbei. „Morgen werde ich dich von hier wegbringen, bis dahin ruh dich aus.“ Er ging ohne mich anzusehen an mir vorbei und ich sah ihn tatsächlich mal eine Tür benutzen, als er in seine Räumlichkeiten verschwand. Dennoch brachte ich es für etliche Zeit nicht über mich, mich vom Fleck zu bewegen. Meine Knie zitterten und ich wünschte mir so sehr, er hätte einfach weiter gemacht. Nein! Warum wünschte ich mir das? Ich griff die dreckigen Klamotten und verschwand schnell ins Zimmer, wo ich die Sachen in die Ecke schmiss und wirklich später irgendwo verbrennen würde. Mit dem Gesicht voraus ließ ich mich aufs Bett fallen und schrie ins Kopfkissen. Hatte er vielleicht doch etwas bemerkt gehabt? Ich hoffte es nicht. Nachdem ich mich auf den Rücken drehte, sah ich hoch zur Decke und schlug schließlich die Hände vors Gesicht. Was sollte ich nur machen? Was sollte ich davon halten? Mit Sicherheit war dies für ihn nur ein Spaß, wie alles andere auch, oder eben ein Ersatz. Ich sollte dafür sorgen, dass es nicht nochmal geschah. Jedenfalls nicht solange ich keinerlei Ahnung hatte, was er wirklich damit bezweckte. Doch sollte ich mir wohl nun auch über andere Sachen den Kopf zerbrechen. Morgen also wollte er mich wo anders hinbringen. Wohin nur, war da die Frage und dann, was hatte das mit dem Gestaltwandler vorhin auf sich. Was für eine Fähigkeit wurde mir angedichtet? Irgendwas mit Nekyo...sobald ich die Möglichkeit fand, sollte ich in eines der Bücher nachschlagen, nur befanden sich keine Solchen hier. Doch wie ich Alucard kannte, würde er mir sicher irgendwann jene bringen, um noch mehr von dieser Welt zu erfahren, in welcher ich wohl den Rest meines Daseins fristen musste. Seufzend schloss ich meine Augen und spürte erneut seine Zähne an meinem Hals. Das durfte doch nicht wahr sein!! Frustriert zog ich die Decke über mich und hoffte, dass alles schnell vorbei ging und ich vielleicht doch einen weg in ein normales Leben fand.
 

Kapitel 78:
 

Ständig drehte ich mich im Bett hin und her. Egal wie sehr ich versuchte zu schlafen, damit die Zeit schneller vorbei ging, ich konnte einfach nicht. Aus diesem Grund murrte ich Alucard an, als er in meinem Zimmer erschien. „Ich hab selbst gesehen, dass du eine Tür benutzen kannst! Warum also machst du es dann nicht?!“ Dabei stand ich auf und strich die Haare nach hinten, welche mir ins Gesicht fielen. „Weil ich nicht will.“ Eine andere Antwort hätte ich wohl nicht mal erwarten sollen, oder? Ich zog eine meiner Augenbrauen nach oben und beließ es dann einfach dabei. „Komm.“ Er reichte mir seine Hand und ich sah, dass er bereits dabei war, in die Schatten einzutauchen. „Vergiss es! Erst einmal will ich wissen, wo es überhaupt hingeht! Und kann ich nicht selber ein Mitspracherecht haben? Du hast bestimmt mehr als nur einen Ort, wo es hingehen könnte, oder?“ Denn die ganze Zeit über, als ich wach dagelegen hatte, hatte ich mir schon ausgemalt, wo er mich diesmal wohl hinbringen würde. Mit Sicherheit erneut ein Ort irgendwo in England, wie die ganzen anderen Male zuvor. Ob er auch Ortschaften in Frankreich zur Auswahl hatte? Irgendwie hoffte ich darauf. „Diese Entscheidung werde ich dir nicht überlassen und dich nicht daran beteiligen.“ Finster sah ich ihn darauf hin an. „Dann muss ich wohl hierbleiben.“ Und weigerte mich weiterhin auf ihn zuzugehen. Ein Grinsen begann sich auf seinem Gesicht breit zu machen, was mich nur zum Knurren brachte. „Du willst spielen?“

„Nein! Ich will einfach Mitspracherecht an meinem Leben haben!“ Gab ich ernst von mir und wollte direkt danach weiter reden, doch verschwand er bereits in die Schatten. „Alucard!!“ Das durfte doch nicht wahr sein! Ließ er mich jetzt etwa wirklich hier zurück? Als wenn, das hätte ich mir gleich denken können, denn er tauchte hinter mir auf und griff nach meinem Oberarm, woraufhin ich mich zu ihm umdrehte. Doch noch während ich mich umdrehte, zog er mich bereits mit sich in die Finsternis hinein. „Verdammt...Was soll das?“ Fragte ich aufgebracht. Doch meine Wut begann ziemlich schnell zu verblassen, als ich mich umsah. Es war noch immer erstaunlich, dass die Schatten mich regelrecht akzeptierten und ich mich nicht mehr wie ein Fremdkörper, in diese für mich vollkommen anderen Welt, fühlte. „Schließ die Augen.“ Eine Gänsehaut breitete sich auf meinen Armen aus, als er mir dies geradewegs zuflüsterte. „Gerade jetzt, wo ich sie endlich richtig öffnen kann?“ Denn früher hatte ich damit immer wieder Probleme gehabt, und musste kurz schmunzeln, als ich an damals zurückdachte. „Wenn dir schlecht wird, gib nicht mir die Schuld.“ Was meinte er denn damit? Aber noch ehe ich weiter darüber nachdenken, oder ihn fragen konnte, verschwamm die gesamte Umgebung und ich krallte mich geradewegs an ihm fest. Es dauerte keine Minute, bis wir die Schatten hinter uns ließen und er mit mir irgendwo auf einem Felde aus diesen auftauchte. Ich ließ mich auf die Knie sinken und musste mir den Bauch halten. Doch zu meinen Gunsten musste ich auch sagen, dass ich mich nicht übergeben hatte. Auch wenn der Drang verdammt groß gewesen war. „Du solltest auf mich hören.“ Gab er grinsend von sich und ich wünschte mir so sehr, ich hätte ihm etwas erwidern können. Langsam beruhigte sich mein Magen und ich konnte aufstehen. Die Sonne war gerade dabei aufzugehen, als ich meinen Blick über das weite Feld schweifen ließ. Was genau angepflanzt wurde, konnte ich nicht erkennen, doch war es irgend eine Getreideform. „Hier ist weit und breit nichts.“ Stellte ich fest und drehte mich dabei um meine eigene Achse. „Wir sind zwischen Swindon und Bristol.“

„Ah ja....klar...wie konnte ich nur selber darauf nicht kommen?“ Kopfschüttelnd rieb ich mir über die Schläfe. Als wenn ich eine Ahnung hätte, wo das liegen würde. Ich hatte nicht mal eine Ahnung, ob es in England oder wo anders war. „Und was wollen wir hier? Dem Getreide beim Wachsen zu sehen?“ Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf ihn und schaffte es, den Anblick von der aufgehenden Sonne zu nehmen. „Es sind Meilen weit keine Menschen anwesend und somit niemand, dem du schaden könntest. Doch nah genug, dass wir dir im ungünstigsten Fall schnell Nahrung beschaffen können.“ Er sagte es, als würde er dies nur nebenbei von sich geben, während ich den Kopf etwas zur Seite neigte und ihn fragend ansah. „Wir?“ War das Erste, was mir dazu als Frage an ihn gerichtet einfiel und er mir noch immer seinen Rücken zugedreht hatte.
 

„Er lässt auf sich warten.“

„Wer denn?“ Ich stellte mich neben Alucard und sah in dieselbe Richtung, in welche auch er blickte. Doch bis auf die weiten Felder und dem angrenzenden Wald, konnte ich nichts erblicken. Nun gut, bis auf ein paar Rehe in der Ferne, die uns aber nicht beachteten. Als er den Kopf leicht nach unten neigte, drehte er diesen etwas zur Seite, wodurch er über den Rand seiner Brille hinweg sah. „Kannst du mir nicht einfach sagen, auf wen wir hier warten?“ Vor allem da ich immer dachte, er würde lieber alles alleine machen. Doch dann drehte ich mich zur Seite und konnte einen mehr als großen Hund sehen, der auf uns zu gerannt kam. Nein, es war kein Hund, wurde mir schnell klar und meine Augen weiteten sich. Noch ohne irgendwas zu Alucard zu sagen, rannte ich direkt auf den großen Wolf zu, der etliche Meter vor mir vom Boden absprang und direkt gegen mich prallte, wodurch zu Boden ging. Einige Meter rutschte ich durchs Feld und musste lachen, als er mir übers Gesicht leckte, was aber nicht für lange anhielt, da er plötzlich jaulend von mir runter gezerrt wurde. Alucard hatte ihn weggeschleudert. „Du tust ihm weh!“ Beschwerte ich mich und stand auf, wobei ich meine Schulter wieder einrenkte. „Das bisschen sollte er aushalten. Zudem hätte ich etwas anderes mit größerer Freude getan.“ Meinte er noch und erläuterte dieses andere jedoch nicht weiter. Augenrollend wendete ich mich von ihm ab und sah wieder zurück zu dem Wolf, dessen Knochen begannen zu knacksen und sich unwirklich verdrehten. Sofort wendete ich den Blick wieder ab. Daran würde ich mich wohl nie gewöhnen können. „Wie habe ich dich vermisst, Kleines!“ Auf der einen Seite freute ich mich über diese Umarmung, auf der anderen Seite jedoch schloss ich sofort die Augen, da ich ganz genau wusste, dass er nackt war. „Bitte sag mir, dass du was zum Anziehen mit hast?“

„Noch immer prüde? So langsam solltest du dich dran gewöhnen... Hey!! Verdammter Blutsauger!“ Er ließ von mir ab und ich drehte mich nur ein ganz kleines Stück zurück. Ich wollte wirklich nicht hinsehen...aber ein bisschen luchsen konnte doch nicht schaden. Er hatte doch tatsächlich den roten Mantel von Alucard gegen sich geworfen bekommen und wollte sich weigern, ihn anzuziehen. „Bitte Sorin..für mich...“ Bat ich ihn und er sah zu mir, nickte dann mit seinem mir nur allzugut bekannten Grinsen. „Ich werde ihn danach verbrennen.“ Meinte Alucard, nachdem Sorin sich den Mantel übergezogen hatte und damit zumindest etwas seine Blöße bedeckte. Denn er hätte ihn nicht zubekommen, wenn er ihn sich über die Schultern legte. Darum hatte er ihn sich mehr als recht um die Hüfte gewickelt. Mit ausgebreiteten Armen kam er auf mich zu und zu gerne hätte ich ihn richtig umarmt, wurde jedoch am Kragen von Alucard nach hinten weg und hinter ihn gezogen. „Was soll das?“ Fragte ich aufgebracht und murrte, als er mich nicht weiter zu beachten schien. „Du bist spät, Köter.“

„Hättest mir auch sagen können, dass dies hier am Arsch der Welt ist! Dann hätte ich nen Flug eher nach England genommen. Weißt du eigentlich, dass ich die halbe Nacht durch gelaufen bin, um her zu kommen? Eines kannst du mir glauben, die Wälder von hier können es mit denen aus meiner Heimat nicht aufnehmen. Zudem, wenn es dir so wichtig gewesen wäre, dass ich rechtzeitig hier bin, dann hättest du mich auch einfach her bringen können! Und geh zur Seite! Du versaust hier ein freudiges Wiedersehen!“

„An deiner Stelle würde ich froh sein, dass du noch lebst und ich dir überhaupt gestatte, sie wieder zu sehen! Elender Köter!“

„Ach halts Maul Blutsauger! Du hast keine....“

„Hey! Jetzt reicht es aber!“ Mischte ich mich ein und trat nach vorne, auch wenn ich mit bekam, dass Alucard darüber nicht sehr begeistert war. „Ich freue mich ja, das ihr beide euch noch genau so benehmt wie zuvor, aber noch mehr würde ich mich darüber freuen, wenn ihr euch nicht immer in die Wolle bekommen würdet.“

„Bei diese Freude müssen wir dich wohl Enttäuschen. Ich bezweifle, dass der Blutsauger auch nur annähernd versteht, was es heißt, einen Freund zu begrüßen..oder gar eine Freundin.“ Sorin grinste dabei geradezu provozierend in Alucards Richtung. Bevor dieser etwas erwidern konnte, hob ich meine Hand und wollte dann schnellstens das Thema wechseln. Es schien bei den Beiden einfach keinen Sinn zu haben. „Wie geht es deiner Familie?“ Immerhin erinnerte ich mich noch daran, was Reko einst sagte, bevor er ihm fast das Genick gebrochen hatte. Sein Blick wurde trübe, was mir auf der Stelle ein schlechtes Gewissen bescherte und ich näher auf ihn zuging. Er jedoch schüttelte den Kopf und legte ein gekünsteltes Lächeln auf, das sofort von seinem echten zu unterscheiden war. „Meinen Schwestern geht es allen gut, aber ich habe drei meiner Brüder und meinen Vater verloren...und meine Mutter ist kurze Zeit später meinem Dad gefolgt...“ Er zuckte beim erzählen mit den Schultern, als wenn es überhaupt nichts wäre und doch vernahm ich den Schmerz in seiner Stimme und konnte einfach nicht anders als die paar Meter zu ihm zu überbrücken und ihn in meine Arme zu nehmen. „Es tut mir so leid.“

„Schon gut, meine Kleine. Du kannst nichts dafür. Wir waren einfach zu unvorsichtig und hatten uns zu sehr der Bequemlichkeit hingegeben, auf unsere Sicherheit zu vertrauen, anstelle sie zu verteidigen oder mal in Frage zu stellen.“
 

Für etwa eine Minute drückte ich ihn weiter an mich und konnte bereits spüren, dass er seine Anspannung verlor und wohl kurz davor war, seinen wahren Gefühlen freie Bahn zu lassen. Doch bevor es dazu kam, drückte er sich doch von mir weg und ging einige Schritte zurück. Mit einem Grinsen richtete er sich wieder an Alucard. „Also, wie läuft es diesmal ab, Blutsauger? Soll ich wieder nur Wachhund spielen, während du dich sonst wo rum drückst?“

„Als Wachhund hast du mehr als versagt. Höchstens als Schoßhündchen taugst du was.“

„Oh, der Schoßhund von ihr wäre ich mit dem größten Vergnügen.“ Dabei kam er doch wieder näher und legte den Arm um meine Schulter. Doch kurz darauf schien er Schmerzen zu haben und ließ wieder von mir ab. „Verdammter Blutsauger!“ Meinte er zischend, woraufhin ich finster zu Alucard sah. „Wir sollten beginnen.“ Gab dieser nur von sich und schien sich nicht an meinem Blick zu stören. „Womit denn?“ Fragte ich murrend, verschränkte dabei die Arme vor meiner Brust. „Damit, den letzten Schritt zu gehen.“ Ich verstand genauso viel, wie vorher auch schon. „Du hast ihr nichts darüber gesagt? Wow. Na dann halte ich lieber etwas Abstand.“ Womit der Wolf etliche Meter zwischen uns brachte. „Muss ich mir Sorgen machen? Oder sollte ich Angst haben?“ Fragte ich an Sorin gerichtet, da er bei Weitem auskunftsfreudiger in solchen Angelegenheiten war, als ein gewisser anderer. „Keine Panik. Für dich sicher nicht so sehr, wie für andere in deiner Nähe...daher...werde ich mal kurz nach dort hinten mich verziehen.“ Ich wollte ihn aufhalten und noch was fragen, doch rannte er da bereits über das Feld und war bestimmt gut zweihundert Meter von uns entfernt stehen geblieben. Das klamme Gefühl in meiner Bauchgegend nahm daraufhin weiter zu. „Was hat das zu bedeuten?“ Ich wendete mich an Alucard, der ebenso einige Schritte von mir wegging. „Wie ich bereits sagte, wir werden beginnen.“

„Und womit?“ Denn darauf hatte ich noch keine Antwort bekommen und würde wohl auch weiterhin auf eine verzichten müssen. Zumindest in gesprochener Form. Es ging alles so schnell, dass ich nicht reagieren konnte. Er war von einem auf dem anderen Moment verschwunden und direkt hinter mir aufgetaucht. Ich spürte einen heftigen Schmerz durch meinen Rücken, der danach durch meinen ganzen Körper schoss. Als ich an mir runter sah, erkannte ich Alucards Handschuh, von dem Blut runter floss. Er hatte seinen Arm durch mich gestoßen und dies genau unterhalb meines Rippenbogens. Blut floss mir an der Seite des Mundes hinunter, als dieses meine Speiseröhre nach oben floss und ich es ausspuckte. Mit einem Ruck zog er seinen Arm zurück und ich sackte nach unten weg, auf die Knie. Fassungslos sah ich auf die unter mich ausbreitende Blutlache. Langsam begann der Schmerz zu verebben und dennoch konnte ich nicht begreifen, was eben geschehen war. Warum hatte er das getan? Er kam um mich herum und sah von oben auf mich herab. Sollte ich ihn hassen? Ich wusste es nicht. Ich begriff es nicht. Doch ich spürte eine Wut in mir aufsteigen. Mein Blick schien ihn zu amüsieren. Er griff nach meinem linken Arm um brach mir diesen mit einer gezielten Drehung dessen durch. Ich schrie vor Schmerzen auf, als sich meine gebrochene Speiche durch die Haut bohrte und sah auf den durchgebrochenen Knochen, an welchem Gewebe hing. Kurz darauf wollte er nach meinem anderen Arm greifen, doch jagte dabei wie ein Stromschlag durch meinen Körper und ich schleuderte ihn gut über 50 Meter von mir weg, wobei er ab und an bekanntschaft mit dem Boden machte, ehe er sich abbremsen konnte und sich aufrichtete. Langsam erhob ich mich ebenso, da meine Bauchverletzung bereits begann zu heilen. Den Armknochen schob ich wieder an die richtige Stelle und verfluchte Alucard dabei. „Was soll das?...Warum tust du das?“ Fragte ich und konnte die Tränen dabei nicht aufhalten, welche begannen sich einen Weg über meine Wange zu suchen. „Um es zu beschleunigen.“ Hörte ich ihn sagen und verstand es einfach nicht. Er verschwand, doch schnell drehte ich mich um und wehrte seinen nächsten Angriff ab, der genau so gewesen wäre, wie der erste vorhin. Er war nicht drauf aus, mich umzubringen, ansonsten hätte er etwas anderes getan, da war ich mir sicher. Und weil er mich wohl ansonsten bei jeder anderen Gelegenheit schon hätte umlegen können. Doch was war dann sein Ziel? Mir Schmerzen zufügen? Wollte er, dass ich mich gegen ihn verteidige? Warum? Wieder verschwand er ins Nichts, doch ließ ich das nicht auf mir sitzen und folgte ihm diesmal in die Schatten. Sie schlängelten sich um mich und es schien so, als wenn sie sich genau über meine Verletzungen legen würden, doch war mir das egal. Meine Aufmerksamkeit galt dem Vampir, der mir hier gegenüberstand, oder besser gesagt, etwas über den Boden zu schweben schien. Ob ich das auch konnte? Unten im Keller hatte ich es doch geschafft gehabt, auch wenn ich keine Ahnung hatte, ob ich es abbremsen konnte. Dennoch versuchte ich mein möglichstes und konzentrierte mich darauf. Jedoch blieb mir nicht die Zeit, es weiter auszuprobieren, da er um sich herum die Schatten verdichtete. Wie bekam er das hin? Diesen Trick hatte er mir bisher noch nie gezeigt gehabt. Sprachlos sah ich ihm dabei zu und riss meine Augen auf, als er sie in meine Richtung entließ. Ich riss schreiend meine Arme nach oben und ließ mich zu Boden fallen. Sie fühlten sich wie tausende Rasierklingen an, die über meine Haut schliffen.
 

Als es vorbei war, schmerzte mein ganzer Körper. Überall hatte ich aufgerissene Haut, vor allem am Rücken, wo es sich anfühlte, als wenn meine Wirbelsäule keinerlei schützende Haut mehr drumherum hätte. Vorsichtig richtete ich mich wieder auf und schwankte dabei. Dennoch hielt ich mich irgendwie aufrecht und sah mehr als wütend zu ihm, während er mich nur weiter angrinste, und erneut begann die Schatten um sich zu bündeln. Meine Finger begannen zu kribbeln und ich knirschte mit den Zähnen. Ich hatte keine Ahnung, was ich danach machte, oder wie es dazu kam, doch ehe ich mich versah, wurde die Umgebung dichter und kurz darauf konnte man schon nicht mal mehr die eigene Hand vor Augen sehen. Doch das was ich sah, waren noch überall diese kleinen, leuchtenden Punkte, von denen ich noch immer keine Ahnung hatte, was sie waren. Ich konnte genau spüren, wie von ihnen Wellen abzugehen schienen. Sie waren schwach, doch eine war mehr als stark und präsent und jene musste genau vor mir sein. Konnte das wirklich sein? Ich dachte nicht länger darüber nach und begann rein instinktiv zu handeln, als ich losrannte. Es war fast so, als wenn die Schatten mir den Weg frei machen würden und sie dafür sorgten, dass ich mich schneller bewegen könnte. Ob ich richtig stehen blieb, konnte ich aufgrund der Finsternis um mich herum nicht feststellen. Dennoch schlug ich mit voller Kraft zu und war erstaunt, als ich etwas traf und es sich anhörte, als wenn ein Knochen dabei zu Bruch ging. Auf der selben Stelle blieb ich nicht stehen und bewegte mich etwas, nur um erneut zuzuschlagen und danach wieder. Der dritte Schlag jedoch ging ins Leere und ich wurde am Handgelenk gegriffen. Er zerrte mich daran zu sich und drehte sich selber leicht zur Seite, nur um seinen Ellbogen genau gegen mein Brustbein zu donnern. Als wenn mein Herz einige Schläge aussetzte, fühlte es sich an. Ich wollte dem keine Beachtung schenken, doch jagte er mir kurz darauf ein Knie gegen die erst eben verheilte Bauchdecke. Erneut spuckte ich Blut. „Hör auf, dich zurückzuhalten.“

„Ich halte mich nicht zurück...“

„Wenn dem so wäre, hätte ich nicht so leichtes Spiel. Und jetzt streng dich endlich an. Oder war alles, was ich in dir zu sehen geglaubt habe nichts wert? Vielleicht hätte ich meine Zeit nicht mit dir vergeuden sollen. Eventuell war es doch nur die Sentimentalität zu Vladiana, welche mich dazu brachte, in dir mehr zu sehen.“ Während er dies alles sagte, hatte er weiterhin den Griff fest um mein Handgelenk und schlug dennoch mit der anderen Hand, oder trat mich weiter. Mein Kopf fühlte sich an, als würde er in Watte stecken und mein ganzer Körper schien mir kaum noch zu gehorchen. Doch nach seinem letzten Satz, packte mich eine noch größere Wut, als jene zuvor. Und diese richtete sich nicht alleine gegen ihn, sondern ebenso gegen meine angebliche Mutter, die noch immer mehr als es mir passte, Alucard etwas bedeutete. „Hör auf...hör auf....HÖR AUF!!!“ Schrie ich. Wie eine Welle ging eine Energie von mir ab, die sämtliche Schatten um mich herum wie von einer Druckwelle erfasst, wegschleuderte. Ich sackte auf dem Feldboden in die Knie und griff in den Boden. Mein Körper zitterte und dies nicht nur von Anstrengung und Schmerzen. Langsam richtete ich mich wieder auf, um einen eventuellen Angriff von Alucard auszuweichen oder abzuwehren. Doch jener kam nicht. Ich sah mich fassungslos um. Das ganze Feld um mich herum war zerstört. Der Boden aufgewühlt. Ich drehte mich in die Richtung, wo Sorin vorhin hingerannt war, und konnte selbst dort nur zerstörten Boden ausmachen. Von ihm aber keine Spur. Zuerst wollte ich in die Richtung rennen um nach ihm zu sehen, doch vernahm ich die Anwesenheit des Vampirs und drehte mich sofort in Abwehrhaltung zu ihm um. Er jedoch kam nur gemächlichen Schrittes auf mich zu. Seine Kleidung war dreckig und an einigen Stellen eingerissen. Die Brille hing schräg in seinem Gesicht und er nahm sie in einer lässigen Bewegung von sich, ließ sie einfach zu Boden fallen. „Für den Anfang sollte dies erst mal reichen. Wir machen weiter, sobald du dich gestärkt hast.“

„Wo...mit...“ Ich verstand es einfach nicht. Erst griff er mich an und jetzt sollte ich mich ausruhen? Wozu? „Deine Macht zu entfesseln und dir das zurückgeben, was durch den Unterdrückungszauber gehindert wurde.“ Fassungslos sah ich ihn an. Als ich meine Anspannung aufgrund seiner Worte fallen ließ, konnte ich mich nicht mehr auf den Beinen halten und ging in die Knie. „Wahnsinn!! Jetzt sag nicht, das war die Kleine.“ Ich sah zur Seite, wo der Wolf angerannt kam und dabei etliche Schürfwunden hatte und sich nur irgendwie den Mantel von alucard um die Hüfte hielt, was er sicher nur wegen mir tat. „Sorin.. habe ich dich verletzt?“

„Ach schon gut. Beim nächsten Mal, bringe ich lieber noch mehr Abstand zwischen uns. Also, lass mich raten, ich bleibe hier und du besorgst ihr was zu trinken?“ Er bekam keine Antwort darauf, denn Alucard war bereits verschwunden und ich zuckte nur die Schultern, was ich augenblicklich bereute. „Vorsichtig Kleine. Du hast einiges einstecken müssen.“

„Ihr hättet mir auch sagen können, was das werden sollte!“ Beschwerte ich mich bei ihm und war dennoch dankbar, als er sich zu mir auf den Boden kniete und mir durch seine Schulter halt gab, damit ich nicht vornüber in den Dreck landete. „Ich dachte, er hätte es.. Aber ich verstehe ihn schon. Oftmals ist es besser jemanden ins kalte Wasser zu werfen. Dann sind seine Reflexe um einiges besser. Machen wir bei uns auch ab und an. Da wird ein junger Wolf einfach mal so in das Gebiet eines anderen Rudels geschickt. Wenn er lebend wieder kommt, ist er um einiges mehr zu gebrauchen für unser Rudel.“

„Wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert! Ist denn sowas noch nötig??“ Fragte ich ihn aufgebracht. „Tja. Unseren Instinkten ist es scheißegal, welches Jahrtausend wir haben. Glaub mir.“ Er grinste mich an und ich beließ es einfach dabei, schloss für diesen kurzen Moment meine Augen. Ich konnte noch immer spüren, wie ein Echo der vorhin gebrauchten Energie durch mich hindurchfloss und irgendwie...war es ein mehr als gutes Gefühl.



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