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Vampire? Die gibt es doch gar nicht!

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Kapitel 75-76

Kapitel 75:
 


 

Ich dachte wirklich, ich hätte es mir nur eingebildet, wie es unter mir wackelte, aber als es erneut geschah, drückte ich meine Handflächen auf den Boden. Ich versuchte mich irgendwie zu stabilisieren um nicht zur Seite weg zu fallen und zuckte zusammen, als ein heiden Lärm begann loszubrechen. Was war geschehen? Stürzte das Gebäude gerade ein? Wenn ja, hoffte ich sehr, hier noch schnell hinaus zu kommen. Einige Steine an der Wand begannen zu bröseln und kleinere Teile davon verließen ihre Verankerungen. Kurz versuchte ich aufzustehen, doch konnte ich keinen festen halt finden, und landete wieder auf meinem Allerwertesten. Als dann auch noch der Staub von der Decke hinunter prasselte, hielt ich meine Hände schützend über den Kopf. Erst recht, nachdem ein großer Stein auf der rechten Seite hinunterfiel. Ich konnte den Schreckensschrei nicht mehr unterdrücken und presste mich gegen die Wand hinter mir. Es gab nirgends eine Möglichkeit sich unterzustellen und ständig scannte ich die Decke ab, nur um sicher zu gehen, dass nicht der nächste Stein direkt auf mich fiel. Es kamen noch weiterer hinunter und ich erblickte einen kleinen Teil, von einem Raum über mir. Nur dort hochkam ich nicht, da ich nicht mal so hochspringen konnte. Aber vielleicht die Tür? Eventuell war das Mauerwerk um diese ebenso beschädigt? Oder ein anderer Teil der dortigen Wand? Ich lief schnell darauf zu und preschte mit der Schulter dagegen. Schmerzhaft rieb ich mir dann jedoch die Schulter und hatte mich etwas nach vorne gebeugt, als neben mir wieder Steine zu Boden fielen. Es waren aber keine von der Decke, sondern von der Nebenwand und ich musste meine Hand vor die Augen halten, als ein heller Lichtschein von dort rein kam. War dort vielleicht ein größeres Fenster als mir, in welchem die Sonne geradezu rein schien? Dabei dachte ich, es sei Nacht. Das Licht verblasste ziemlich schnell und ein Mann, etwa Mitte 30 stand plötzlich vor dem Loch in der Wand. Seine Kleidung sah schäbig aus, hing in Fetzen an ihm runter. Vor allem aber wirkte sie, wie aus einem komplett anderen Jahrhundert. Die dunkelblonden Haare gingen ihm weit über das Gesäß und sahen so aus, als bräuchten sie dringend eine Kur und einen Kamm, oder gar gleich einen Friseur. Die Gesichtszüge des Mannes wirkten hart, sein Kiefer war angespannt und die hellblauen Augen schienen selbst im Dunkeln etwas zu glühen. „Du bist wirklich noch ein Kind.“ Fassungslos sah ich zu ihm und erkannte die Stimme auf anhieb. „Michael?“ Fragte ich dennoch verwirrt und er stieß mit seinem Fuß einen weiteren Teil der Mauer zwischen uns nieder. „Hast du jemand anderen erwartet?“ Fragte er grinsend und kam näher auf mich zu. Ich schreckte dabei zur Tür weg und drückte mich mit dem Rücken dagegen. Warum auch immer, der Typ hatte eine Ausstrahlung an sich, die mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. „Überwinde deine instinktive Angst mir gegenüber. Heute werde ich dir kein Leid zufügen, Baobhan-Sith.“ Er stand nun direkt vor mir und ich zog meinen linken Mundwinkel nach oben. Was hatte er eben gesagt? Beziehungsweise, wie hatte er mich eben genannt? „Was?“ Fragte ich mit zittriger Stimme und wieder legte sich ein kaltes Grinsen auf seine Lippen. Meine Atmung hatte sich beschleunigt, genau so wie der Drang so schnell es nur ging, irgendwie von ihm wegzukommen. Nun beugte er sich nach vorne und schien tief zu inhalieren. Ich hätte fast angefangen zu heulen und konnte mich gerade noch so zurückhalten. „Unschuld lastet schon lange nicht mehr auf dir.“

„Ähm...müsste das nicht anders heißen? Schuld lastet schon lange nicht mehr auf dir, oder so?“ Versuchte ich, meine Panik zu überspielen, dass mir jedoch kein bisschen gelang. „Tritt zur Seite, damit ich den Weg freimachen kann.“ Langsam rutschte ich von der Tür weg zur Wand daneben. Ich verließ jedoch die steinerne Mauer mit meinem Rücken keinen Zentimeter. Noch einmal setzte er ein Grinsen auf und ich glaubte fast, mir blieb dabei vor Schiss die Luft weg. Doch dann ging er einige Schritte zurück, nur um danach mit Anlauf gegen die Tür zu springen. Ich hielt meine Arme nach oben vors Gesicht und drehte mich schützend zur Seite, hockte mich sogar hin. Nur langsam wendete ich mich zur Tür hin, oder besser gesagt zu dem, was vorher mal die Tür gewesen war. Sie war komplett aus den Angeln..Nein, selbst diese waren nicht mehr im Mauerwerk vorhanden. Vorsichtig ging ich zu dem Loch hin und lehnte mich hinaus. Der Gang war dunkel und voller Trümmer. „Dieses Mal lasse ich dich und deinesgleichen am Leben, vorwiegend jedoch, da ich meine Kräfte neu sammeln muss. Sollten wir uns je wieder begegnen, werde ich dich dort hin schicken, wo du herkamst!“

„Nach Frankreich?“ Fragte ich zittrig und sah ihn mit großen Rehaugen an. Nun machte sich Überraschung auf seinem Gesicht breit und kurz darauf musste er heftig lachen. Er setzte sich in Bewegung und ging den Gang hinunter, wohingegen ich mich langsam an den Steinen runter rutschen ließ. Ich hockte mich hin, den Kopf zwischen meine Beine. Noch immer fühlte ich mich so, als wenn ich gerade dem Tod von der Schippe gesprungen wäre. So hatte ich mich in meinem ganzen Leben noch nie gefühlt gehabt. Diese Angst und Panik. Was war er? Und wie hatte er das gemacht?
 

„Nicht mal einen Tag kann man dich alleine lassen!“ Ich richtete meinen Blick auf und sah eine Schattenwolke auf mich zukommen. Das sollte mir alleine ja keine Sorgen bereiten, aber diese unzähligen roten Augen in dieser doch schon. Ich hielt mich an den Resten der Mauerwerk fest, als sich aus dem Gebilde jemand formte, den ich sehr gut kannte. „Alucard...ALUCARD!!“ Zu erst hatte ich seinen Namen geflüstert, doch dann lief ich auf ihn zu. Ich war einfach nur froh, ihn zu sehen. Doch bevor ich bei ihm ankam, machte er einen Schritt zur Seite. Rein aus Reflexen ließ ich mich zu Boden fallen. Eine enorm heiße Feuersbrunst breitete sich über mich aus und ich kauerte mich am Boden. „Welch ein Glück, ich muss dich nicht mal suchen.“

„Wie kannst du es wagen, mein Nest anzugreifen??“

„So, wie ich es getan hab.“ Erwiderte Alucard nur grinsend und drehte sich um. Die Feuersbrunst hatte sich verzogen und langsam hob ich meinen Kopf. Dieser alte Drache stand am hinteren Ende und Qualm kroch aus seiner Nase. „Kathrin, es wird Zeit, dass du verschwindest.“

„Hä? Aber..Aber...“

„Verschwinde!“ Er drehte sich zu mir um und sah mich finster an. Ich sprang sogleich auf und rannte in die entgegengesetzte Richtung von den beiden. Was auch immer los war. Er wollte nicht, dass ich weiter dort blieb und vielleicht lag es auch daran, dass gerade alles hinter mir zusammenfiel. Ich schrie dabei, denn immerhin wusste ich ja nicht mal, inwiefern die Schäden, welche ich vielleicht erleiden würde, sollte mich einer dieser tonnenschweren Steine treffen, schädigen. Ob ich es überhaupt überleben würde? Ungern wollte ich das ausprobieren. Auf meiner Flucht lief ich an anderen Gestalten vorbei, die gerade aus den anderen Kerkern hinaus kamen. Ich hatte keine Zeit, sie mir genauer anzusehen und bei manchen sollte es wohl auch mein Glück sein. Die Bilder würde ich ansonsten für sehr lange Zeit nicht mehr loswerden.

Nur knapp hatte ich es geschafft hinaus zu rennen und wurde dennoch von einem Brocken am Rücken getroffen. Ich lag schmerzerfüllt im Schnee, mit dem Gesicht genau in diesem. Mit viel Mühe schaffte ich es, mich umzudrehen und konnte nur zusehen, wie auch die letzten Reste des Schlosses einen Abgang über die klippe machten oder zur Seite weg fielen. Den Himmel konnte man nicht mehr sehen, denn ein überdimensionaler Drache hatte sich aufgetan, und spuckte eine Fontäne Feuer in Richtung der Klippe. Als diese erlösch, konnte man inmitten vom geschmolzenen Schnee und Gestein nur eine einzige Gestalt noch ausmachen, die sich den Dreck vom Ärmel strich, als sei nichts gewesen. Ich glaubte schon, dass Alucard bestimmt etliches drauf hatte, aber das Ding über mir war sicher so groß wie eine ganze Kleinstadt. Das konnte er doch nie und nimmer schaffen. Nachdem ich mich irgendwie auf die Beine gehievt hatte und den Schmerz unterdrückte, rannte ich einfach weiter. Zuerst war in mir ein Drang, ihm zu helfen. Doch was konnte ich schon ausrichten? Eher würde meine Anwesenheit ihn behindern, wenn er dann überhaupt Rücksicht dabei auf mich nahm. Mehreremale wurde ich durch eine heftige Druckwelle nach vorne oder zur Seite geschleudert. Ich schmeckte bereits Blut in meinem Mund und war mir sicher, das es mein eigenes war. Zudem spürte ich kaum noch einen Muskel in meinem Körper. Was ich aber genau fühlen konnte, waren meine Knochen. Wie viele angeknackst oder gar gebrochen waren? Ich wusste nicht einmal, dass es überhaupt soviel in einem Körper gab. Wenigstens schien ich nun in Sicherheit zu sein. Hinter einem Abhang war ich den Schnee hinuntergerutscht und riss mir an einer scharfen Eiskante das linke Bein von der Mitte des Oberschenkels bis zur Hüfte auf. Der weiße Schnee um mich herum verfärbte sich immer mehr rot. Ich konnte einfach keinen Schritt weiter gehen und lag mit dem Blick nach oben dort. Sollte das mein Ende sein? Hier blutend verrecken im Nirgendwo? Ich musste tatsächlich lächeln. Von wegen Unsterblichkeit. Da konnte ich nur drüber lachen und schloss meine Augen.
 

Ich riss diese jedoch auf, als ein heftiger Schmerz durch meine Brust ging. Mein Oberkörper bäumte sich auf und es fühlte sich an, als wenn ich meine gesamten inneren Organe auskotzen musste. „Zu sterben ist zwar ein Segen, doch diesen werde ich dir nicht gewähren.“ Mit der Hand auf meiner Brust saß ich vornübergebeugt dort und krallte die Fingernägel in mein Brustbein. Ich konnte ihn hören. Aber...das hieß doch nicht etwas..oder doch? Hatte er etwa wirklich das getan, was ich gerade glaubte. Vorsichtig erhob ich mich und biss die Zähne zusammen, als ich meine Knochen an ihre ursprüngliche Position zurückbewegte. In mir begann es zu kochen und ich spürte, wie sich etwas nach oben schlängeln wollte. Nur mit Müh und Not konnte ich es unterdrücken und bei Sinnen bleiben. Es war jetzt nicht die Zeit um Hunger zu entwickeln und erst recht nicht, das ich die Führung meinem anderen Ich übergab, welche sich immer wieder gewaltsam gegen mein Innerstes drückte. Gerade als ich dabei war, meinen rechten Unterarmknochen wieder reinzudrehen in den Arm, drehte ich mich fauchend um. Hinter mir landete gerade ein anderer Drache. Er war Nichtmal ansatzweise so groß wie der, gegen den Alucard noch immer kämpfte. Während er den Boden berührte, begann er sich zu verwandeln in ein junges Mädchen. Obwohl sie hauptsächlich menschlich aussah, blieben dennoch viele Erscheinungen die eines Drachen. Zum Beispiel ihre Zähne und ihr Schwanz. Ihre blonden Haare wehten im Wind und sie grinste mich überheblich an. „Heute werde ich meinen Bruder rächen.“ Sprach sie und sprintete auf mich zu. Ich sprang zur Seite und landete in einer Grätsche auf dem Boden, stützte mich mit dem linken Arm an Boden ab und fauchte sie noch immer an. „Ich habe keinen von euch je etwas getan.“ Zischte ich ihr zu. „Du bist der Grund, warum Juraj nicht mehr da ist!!“ Schrie sie mich an und wollte mich erneut angreifen. Bei einer Drehung griff ich ihre Schulter und schleuderte sie über diese nach hinten weg. Sie landete mit einem Aufschrei auf einem Felsen unter dem Schnee und sah zu mir hoch. „Antonia!!“ Hinter mir tauchte Reko auf, wobei ich mich sofort anspannte und ihm am liebsten die Gliedmaßen ausgerissen hätte. „Warte!“ Schrie er nun zu mir und hielt seinen Arm ausgestreckt. Sollte das ein Trick sein? Es war schwer mich zu beherrschen und noch immer hatte ich den Drang sie beide zu zerreißen und komischerweise am liebsten auch zu verschlingen. „Sie ist noch ein Kind! Sie kann nichts für alledem!“

„Konnte ich für das alles etwas?“ Fragte ich zurück und ließ meine Fingerknöchel knacken. Mein Körper hatte sich bereits begonnen zu regenerieren und es würde nicht mehr lange dauern, bis die gröbsten Verletzungen geheilt waren. Damit stand zumindest fest, dass Alucard tatsächlich das Schutzamulett in mir drinnen irgendwie erloschen ließ. Zu meiner Verwunderung ging er plötzlich in die Knie. „Bitte...wenn, dann lasse deine Wut an mir aus, aber nicht an ihr.“

„Villads! Was tust du da? Sie ist nichts weiter als ein...“

„Schweig!“ Brüllte er zu ihr und sie verstummte tatsächlich. Ein Knurren stieg meiner Kehle hinauf. Dennoch ballte ich meine Hände zu Fäusten. „Genug haben heute ihr Leben gelassen! Beim nächsten Mal jedoch werde ich mich nicht mehr zügeln!“ Spie ich ihm entgegen und konnte Unglauben in seinem Blick erkennen. Doch sofort streckte er die Hand nach dem Mädchen aus, welches zu ihm gerannt kam. „Wir können sie zusammen mit Leichtigkeit vernichten.“ Sagte sie zu ihm und erntete dafür einen finsteren Blick, woraufhin sie wieder schwieg und er sich in seine Drachengestalt zurückverwandelte. Ich hatte kaum den Glauben, ihn in dieser bezwingen zu können, doch zu meiner Verwunderung stieg er in die Luft und das Mädchen folgte ihm direkt danach. Ob das eine gute Entscheidung war? Ich war mir nicht sicher, doch die Zukunft würde es zeigen. Der Lärm des Kampfes in der Ferne schien ebenso zu verblassen, wie es meine Kraft tat. Ich sackte in den Knien zusammen und lag auf allen vieren auf den Boden. „Die Zeit ist gekommen.“

„Wir sollten nicht länger warten.“

„Und den Kreis schließen.“

„Kann ich nicht mal für fünf Minuten eine Pause haben???“ Schrie ich in den Himmel und sah mich dann um. Ich erkannte die Wesen, welche nach und nach um mich herum auftauchten. Es waren jene, welche ich einst begegnet war, als Juraj mich irgendwohin mitgenommen hatte. Nur das sie dieses Mal in einer Sprache sich unterhielten, dich ich auch verstehen konnte. „Was wollt ihr von mir?“

„Dem Erwachen beiwohnen.“

„Einem Ereignis Zeuge leisten.“

„Welches es seit mehreren Jahrhunderten nicht mehr gegeben hat.“

„Kann nicht einer in einem Satz reden??“ Verlangte ich. Denn ständig musste ich zwischen den Wesen hin und her blicken, wenn einer sprach. Sie wendeten die Köpfe zur Seite, und begannen sich alle gegenseitig anzusehen, nickten sich zu und sahen wieder zu mir. „Der Drache wollte sie für sich.“

„Der andere hat sie preisgegeben.“

„Die Schuld wurde mit Blut gesühnt.“ Ich schmiss die Arme in die Luft und rollte mit den Augen. „Das wars! Ich bin raus! Ich hab keinen Schimmer, von was ihr da labert, verdammt nochmal!“ Ich richtete mich wieder auf und wankte kurz hin und her. „Also, wem soll ich die Fresse einschlagen?“ Fragte ich dann und drehte mich im Kreis umher. „Zu jung?“

„Zu impulsiv.“

„Noch nicht brauchbar für den Kreis.“ Wieder nickten sie sich alle zu und verschwanden von einem auf den anderen Moment. Am liebsten hätte ich vor Frust geschrien...Warum eigentlich nicht? Ich tat es einfach. Warum konnte mir denn keiner sagen, was hier eigentlich vonstatten ging?

„Ein anderes Gebaren hatte ich schon vorausgesetzt, als ich beschloss, her zu kommen.“ Schnell drehte ich mich um und sah plötzlich den Vampir auf der Anhöhe stehen. Er lebte noch? Und er schien unverletzt zu sein? „Ich will nach Hause.“ Rutschte es aus mir heraus und er kam in langsamen Schritten auf mich zu. „Ich habe wohl noch nicht alles erlebt in meinem unsterblichen Leben.“ Kam es nun von ihm und ich humpelte dennoch auf ihn zu. Er ließ seinen Blick umherschweifen, als wenn er jemanden suchen würde. „Alucard.“ Er rutschte den Abhang hinunter und ich fiel ihm einfach in die Arme. Alles andere war mir gerade egal. Er konnte auch ruhig denken, was er wollte. „Eben noch waren hier andere.“ Ich nickte nur. „Ich hab keine Ahnung, wer die sind oder was die wollen und es ist mir auch egal. Ich will wirklich einfach nur nach Hause.“ Als er mir eine Haarsträhne nach hinten strich, sah ich zu ihm hoch. „Du reichst streng.“ Eben noch hatte ich mich gefreut ihn zu sehen, nun trat ich ihn gegen das Schienbein, woraufhin er lachen musste und mich mit sich in die Schatten zog. Wenn ich nicht gerade so dankbar dafür gewesen wäre, dass er hier war, ich hätte ihm sonst was gegen den Kopf gedonnert. Doch so hielt ich mich einfach nur an ihm fest und war froh, dass es vorbei war. Selbst im Reich der Dunkelheit fühlte ich mich unendlich wohl und geborgen. Es fühlte sich an, als wenn eine ganze Last von meinen Schultern fiel und die Beschwernis meinen Körper verließ. „Kathrin, öffne deine Augen.“ Ich schüttelte den Kopf, wollte das nicht. „Kathrin.“ Seufzend machte ich, was er sagte. Um uns herum war es schwarz und wir schwebten über einen bodenlosen Abgrund. Doch begann sich plötzlich die Umgebung zu ändern und nicht mehr nur schwärze bestimmte die Gegend. Ich konnte kleinste Wellen wahrnehmen, während sich kleine, leuchtende Punkte an verschiedensten Orten zu sammeln schienen. „Was ist das?“ Fragte ich verwirrt. „Du beginnst zu sehen, dich zu orientieren.“ Verwirrt sah ich mich um und verstand nicht, was er damit meinte. „Sie schließen dich nicht mehr nur aus.“

„Wer?“

„Die Schatten. Sie heißen dich willkommen.“ Überraschung machte sich auf meinem Gesicht breit. Hatten sie mich denn vorher nie willkommen geheißt? Ich dachte schon. „Was bedeutet das?“

„Das ich schnell dafür sorgen muss, dass du nicht an deiner wachsenden Macht zu Grunde gehst und unschuldige Leben zerstörst.“ Ich sah zu ihm nach oben und verzog mein Gesicht. „Was?“

„Wir reden später darüber, nachdem du dich ausgeruht hast.“ So schnell wollte ich ihn nicht davon kommen lassen und sofort eine Erklärung haben, doch bevor ich diese verlangen konnte, spürte ich eine ungemeine Müdigkeit über mich hineinbrechen. Ich wusste, dass er etwas damit zu tun hatte, und verfluchte ihn lautstark dafür, bevor ich in seinen Armen vollständig zusammenbrach.
 


 

Kapitel 76:
 


 

Langsam, sehr, sehr langsam erwachte ich aus meinem Dämmerzustand und öffnete die Augen. Wo war ich? Es war dunkel, kein Licht an. Doch gewöhnten sich meine Augen schnell daran und ich konnte die Umgebung schließlich wahrnehmen. War ich hier wirklich in dem Zimmer, von dem ich es annahm? Vorsichtig drehte ich mich auf die Seite, doch ich spürte keine meiner Verletzungen mehr. Sollten sie alle schon geheilt sein? Es schien so und ich hatte mich auf die Bettkante gesetzt, strich mit der Hand über einige Rippen. Tatsächlich. Sie waren verheilt, und zwar vollkommen. Auf dem Tisch konnte ich eine Weinflasche erkennen. Doch Wein war in diesem nicht drinnen. Meine Kehle fühlte sich wie ausgetrocknet an und ich griff direkt danach, benutzte nicht einmal das Glas, als ich sie in wenigen Zügen leerte und wieder zurück auf den Tisch stellte. Danach streckte ich mich durch. Obwohl ich mich noch immer benommen fühlte, schien es mir so, als ginge es mir besser als je zuvor. Nur eine Frage stellte sich mir. Warum war ich in Alucards Zimmer? Warum hatte er mich nicht in das andere gebracht, welches ich immer bewohnt hatte, seit dem ich auf dem Anwesen dieser Irren war? Und vor allem, warum hatte er mich hier her zurückgebracht. Ach ja, das Haus meines leiblichen Vaters bestand nicht mehr. Betrübt sah ich mich hier etwas um. Wo steckte er überhaupt? Ich ging zur Tür, öffnete diese und sah mich auf dem Gang um. Keiner, der dort irgendwo stand. Doch dann entsann ich mich auch wieder, dass ja kaum jemand hier hinunter kam in dem Keller. Ich musste seufzen. Warum nur musste ich wieder hier her zurück kommen, wo ich mich jedes Mal wie ein Fremdkörper fühlte. „Du bist wach?“ Auf der Stelle drehte ich mich um, als im Zimmer Alucard aus den Schatten trat. „Warum hast du dafür gesorgt, dass ich eingeschlafen bin?“ War meine erste Frage an ihn und ich ging direkt auf ihn zu. „Es ist mir ebenso eine Freude, dich zu sehen und zu erkennen, dass es dir gut geht.“ Ich rollte mit den Augen, doch dann musste ich auch ein wenig schmunzeln. „Ja, das auch.“ Meinte ich dann und ließ mich wieder auf der Bettkante nieder. Die Ereignisse der letzten Tage schwirrten mir wieder im Kopf herum, aber nicht nur diese, sondern auch all jene davor. Dann griff ich erneut an mein Brustbein. „Das Amulett!! Du hast es deaktiviert! Hast du es wieder aktiviert?“ Wollte ich direkt wissen und hatte vollkommene Panik, dass mein anderes Ich zum Vorschein kommen könnte. „Sollte eine Gefahr bestehen, werde ich es tun, aus diesem Grund habe ich es in dir belassen.“ Ich sah ihn fragend an, als er auf mich zukam. „Wie fühlst du dich?“ War das sein ernst? Konnte man mir nicht ansehen, wie ich mich fühlte? Körperlich schien es mir besser den je zu gehen, aber was das andere betraf, da wusste ich es einfach nicht. Zu viele offene Fragen und erst recht, als ich wieder an all diese Wesen denken musste, die um mich herum gestanden hatten und so komisches Zeug von sich gaben. Warum konnte mir denn nicht einfach jemand erklären, was hier abging? Warum mussten soviel Fragen unbeantwortet bleiben? „Es geht.“ Gab ich schließlich als Antwort und legte die Hände vors Gesicht. „Du wirst für ein, zwei Tage hierbleiben. Danach jedoch werde ich dich woanders hinbringen müssen.“ Das war ja mal ein Themenwechsel. Ich sah wieder zu ihm hin. „Was meinst du damit?“

„Du spürst es selber nicht, nicht wahr?“ Um was ging es hier eigentlich? Verwirrt sah ich ihn an. „Kannst du bitte aufhören in Rätseln zu sprechen? Ich bin dafür gerade nicht in Stimmung."

„Als du dem Tode nahe warst, hat sich deine Macht vervielfältigt. Deine wahre Natur ist zum Vorschein gekommen und beginnt sich in dir auszubreiten. Sie wird in den nächsten paar Tagen vollkommen von dir Besitz ergreifen und ich muss gestehen, dass ich nur aus Erzählungen weiß, was dir und anderen bevorstehen wird. Doch bin ich bereits mehr als nur gespannt darauf, es mit zu erleben.“ Darum ging es also mal wieder. „Kannst du das Ding in mir nicht wieder anschalten? Oder was ist mit der Sache, jemanden zu finden, der diesen Zauber, der auf mir lag, irgendwie wieder drauf zu packen? Ich habe wirklich keine Probleme damit, als ein Mensch durch die Gegend zu laufen, alt zu werden und in ein paar Jahrzehnten zu sterben.“ Den Mensch setzte ich dabei mit den Fingern in Anführungszeichen. „Vielleicht will ich das nicht.“ Erneut bekam er von mir einen fragenden Blick zugeworfen.
 

Plötzlich verschwand er, aber nur um innerhalb weniger Millisekunden direkt vor mir zu erscheinen und mich nach hinten aufs Bett zu drücken. „Was...wird das?“ Unsicherheit machte sich in mir breit. „Vladiana hatte ich einst gehen lassen, doch bei dir werde ich diesen Fehler kein zweites mal begehen.“ Als er den Namen meiner leiblichen Mutter aussprach in diesem Kontext, schnürrte es mir das Herz zu. „Ich bin kein Ersatz für sie.“ Spie ich ihm entgegen und er musste daraufhin lachen. „Nein, das bist du wahrlich nicht und das will ich auch nicht. Ich will nur nicht denselben Fehler zweimal begehen.“ Was meinte er damit? Doch sprach er dann schon weiter. „Es ist mir gleich, was du willst. Ich werde nicht zulassen, dass du dich vor mir zurückziehst oder das du deine wahre Natur unterdrückst.“ Er drückte mich noch weiter nach unten und es reichte mir. Ich fauchte ihm ins Gesicht und wollte meine Wut raus schreien, das er scheinbar so egoistisch war, um über meinen Kopf hinweg zu entscheiden, als er plötzlich von mir mit einer gewaltigen Druckwelle geschleudert wurde. „Damit hatte ich nicht gerechnet.“ Er stand langsam auf und ich konnte hören, wie er dabei einige Knochen in sich zurechtrückte. Der ganze Raum hatte gewackelt und ich stand vorsichtig auf. „War ich das etwa?“

„Du bist stärker, als du glaubst. Ich sollte froh sein, dass ich so alt bin und schon ganz anderes überstanden habe. Aber lass das niemals an Seras oder einem anderen aus. Außer es ist jemand, den man entbehren kann, oder auslöschen will. Eines von beiden.“ Er lachte, als er dies von sich gab, während ich noch immer völlig fassungslos war und auf meine Hände blickte. „Mit denen hat das nichts zu tun. Es kam durch den Einsatz deiner Kraft im Allgemeinen.“

„Meine...Kraft?“ Ich sah wieder ihn an und das vorherige Thema schien damit beendet zu sein, obwohl ich nicht mal wusste, ob er es überhaupt ernst gemeint hatte. Bei ihm war ich mir nie richtig sicher darüber. „Du scheinst deine unkontrollierbare Seite beseitigt, oder aber dich mit ihr irgendwie verständigt zu haben. Ich hätte es zu gerne miterlebt, wie es dazu kam. Aber anderseits hatte mir der Kampf mit dem Drachen auch gefallen ... auch wenn er am Ende doch schwächer war, als ich annahm. Welch eine Schande. Doch hat er sich schließlich ziemlich gut als Hundefutter gemacht.“ Ich verzog die Lippen und sah ihn weiterhin sprachlos an. Der Drache sollte schwach gewesen sein? Das riesen Ding? „Verdammt...wie stark bist du eigentlich?“ Wollte ich nun mal wissen und er ließ seinen Hals kurz knacken, als wenn er da einen Wirbel wieder einrenkte. „Noch stärker als du. Aber wird das sicher nicht von bleibender Dauer sein. Daher bin ich schon darauf gespannt und freue mich darauf, wenn ich endlich mal an meine Grenzen komme und eventuell diese nicht überschreiten kann.“ Ich rieb mir über die Stirn. Was sollte ich darauf auch antworten? Doch dann wollte ich zu einem anderen Thema wechseln. „Was ist übrigens mit Sorin? Ist er auch hier?“

„Tse. Der Köter ist bei seines gleichen und leckt sich die Wunden. Wenn es nach mir geht, musst du ihn nie wieder sehen.“

„Das hat nichts mit müssen zu tun, ich will ihn wieder sehen. Immerhin ist er mein Freund.“ Jedenfalls ging ich mal davon aus. „Vergiss ihn!“ Wie der Vampir mich dabei ansah, ein Schauer ging über meinen Körper. „Das kannst du wiederum vergessen.“ Erwiderte ich und sah ihn ernst an, zumindest versuchte ich es.
 

Er wollte gerade auf mich zukommen, blieb dann aber stehen. Es legte sich ein diabolisches Grinsen auf seine Lippen, das mir durch Mark und Bein ging. „Warte hier, ich komme gleich zurück.“ Und damit verschwand er in den Schatten. Was sollte das denn nun schon wieder? So leicht wollte ich mich nicht abspeisen lassen und wo ging er hin? Ich wollte ihm nach, doch hatte ich keine Ahnung, ob ich dies überhaupt konnte. Sollte ich es versuchen? Immerhin hatte ich meine Fähigkeiten wieder und laut seiner letzten Aussage in den Schatten, schien ich diese so langsam doch zu verstehen. Ob ich...mich auch in denen endlich bewegen konnte, ohne das es sich so anfühlte, als würde es mich zerreißen? Einen Versuch war es doch wert, oder etwa nicht? Ich beschloss es einfach. Was würde schon im schlimmsten Fall passieren? Naja, höchstens dass ich mich in diesen verlor und nie wieder daraus kam. Ich atmete tief durch und überwand meine Angst. Zu viel hatte ich in den letzten Tagen erlebt, da war dies doch gar nichts dagegen. Ich ging auf die Schatten drauf zu und spürte sie schon nach mir lechzen. Es dauerte nicht lange, bis ich von ihnen eingehüllt wurde und in die Dunkelheit eintauchte. Zu meiner Überraschung fiel es mir kaum schwer, die Augen dort drinnen zu öffnen. Wieder sah ich alles in grautönen und die Wände wirkten erneut schummrig, als seien es mehrere übereinander. Doch nicht nur die konnte ich wahrnehmen, sondern auch erneut diese leuchtenden Punkte. Aber sie waren überall verstreut. Manche schienen nahe zu sein, und andere sehr weit entfernt. Ich ging auf die Wand zu und war erneut erstaunt, dass es sich so leicht anfühlte, als könnte ich geradezu schweben..Moment mal, tat ich das gerade? Ich schrie auf, als ich die Decke über mir spürte und hielt die Hände über den Kopf. Doch bevor ich gegen die Decke stieß, wurde ich am Arm gepackt und fand mich schnell an Alucard gedrückt wieder. „Ohne mich solltest du das vorerst nicht wagen.“ Sprach er grinsend aus und ich drückte mich an ihn ran. Auch wenn ich es eigentlich nicht wollte, fühlte ich mich zumindest in diesem Moment bei ihm sicher. „Du musst erst lernen, dich hier richtig zu orientieren, bevor du einfach so durch die Schatten wanderst. Ansonsten kann es sein, dass du an einem vollkommen fremden Ort auftauchst und sollten dich dabei irgendwelche Menschen bemerken, könnte es zu einer Hysterie führen. Auch wenn mir das gleich wäre, gibt es einige hier, die davon nicht sehr viel halten.“ Ich krallte mich an seinen Ärmeln fest, als er dies sagte. „Warum kann ich nicht einfach normal sein?“ Fragte ich mit zitternder Stimme, da das eben mich schon wieder vollkommen durcheinander gebracht hatte. Ich wollte eigentlich keine Angst mehr zeigen und doch konnte ich es nicht verhindern. „Warum willst du normal sein?“ Musste ich auf diese Frage antworten? Ich sah zu ihm hoch. „Weil ich dann um einiges weniger Probleme habe?“

„Nur andere, nicht weniger.“ Kam es als Antwort und er strich mir eine Strähne hinters Ohr. „Kehre zurück und warte auf mich.“

„Was ist, wenn ich nicht will?“

„Dann werde ich dich aus den Schatten werfen und dich in meinem Bett festketten.“ Und das er das ernst meinte, konnte ich an seinen Blick erkennen. Ich zog dabei scharf die Luft ein und konzentrierte mich darauf, von hier zu verschwinden. Die Dunkelheit ließ augenblicklich von mir ab, was ich erneut ziemlich erstaunlich fand, da sie ansonsten mich immer versucht hatte eher zu verschlingen. Doch leider war ich irgendwie mitten in der Luft raus gekommen, und fiel geradewegs auf die Kante des Tisches. Ächzend drehte ich mich auf den Rücken. Das musste ich definitiv noch lernen. Der Schmerz hielt eine Weile an und als die Tür aufging, sah ich fragend dort hin. Immerhin ging ich nicht davon aus, dass Alucard die Tür benutzen würde. „Ich wollte euch nicht erschrecken, junge Dame.“ Zu meiner Überraschung tauchte der Butler auf und hatte eine frisch gefüllte Flasche bei sich. Jene, welche auf dem Tisch gestanden hatte, war bei meinem Fall zu Boden gegangen und sofort hob ich sie hoch. „Danke Walter.“ Meinte ich und reichte ihm die Leere. Er stellte die Volle auf den Tisch und nahm die andere an sich. „Sehr gerne. Ich freue mich übrigens, Sie wieder hier im Hause willkommen zu heißen.“

„Tja, ist nur die Frage wie lange. Anscheinend bin ich morgen, oder Übermorgen schon wieder weg.“

„Doch werdet Ihr sicher bald erneut hier her kommen. Ich muss nun leider weiter.“ Er deutete eine Verbeugung an und ich konnte nicht anders als zu lächeln. Noch immer war er einer der wenigen hier, die ich wirklich mochte und leiden konnte. „Ist gut, und danke nochmal.“ Ich deutete dabei auf die Flasche. „Solltet ihr etwas brauchen, gebt mir Bescheid.“ Und schon war er wieder verschwunden. Ich setzte mich an den Tisch ran und streckte die Beine aus. Danach ließ ich meinen Gedanken freien lauf. Ich wusste jetzt schon, dass in den nächsten Tagen einiges auf mich zukam und hoffte einfach, dass ich es überstand. Aber ebenso hoffte ich auch, noch viele Fragen der letzten Wochen und Monate klären zu können, mit oder ohne die Hilfe eines gewissen Vampires. Doch irgendwie musste ich mir auch wieder eingestehen, dass ich es am liebsten mit seiner Hilfe machen wollte.



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