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Shaman King- Avatar Style

a new beginning
von

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Ruhe

Er und sein Yoh sahen sich einige Momente lang nur schweigend an. Er wusste, dass er auf sie hätte warten sollen, als er den Abhang hinunter gerutscht war. Er wusste, dass er sie nicht allein hatte lassen sollen. Aber… der Turm war so faszinierend gewesen, und nun wusste er auch, warum. Er verstand zwar nicht alles, aber… er hatte eine vage Ahnung von einigen Dingen bekommen. Er lächelte matt, küsste seinen Liebsten noch einmal. Dann bemerkte er Leiinas Blick auf sich, wandte sich zu ihr um. „Du kannst Luft bändigen?“ Hao zögerte einen Moment lang, doch dann nickte er. Ja, er konnte es. Neuerdings. Yoh musterte seinen Bruder kurz, dann grinste er. „Dann fehlt dir ja nur noch Wasser! Und da kann ich dir helfen…“ Wieder sahen die zwei sich an. Ein kleiner Moment, in dem sie die Frau bei ihnen vollkommen ignorierten. Haos Herz schlug höher, Wärme durchfloss seine Adern. Er würde auf jeden Fall verhindern, das sein Yoh so wurde, so wie in dieser Vision. Oder was auch immer es genau gewesen war. Er liebte ihn zu sehr, um ihn so werden zu lassen… er musste ihn beschützen! Das schwor er sich an diesem Tag.

Nachdem Hao seinen Begleitern eröffnet hatte, dass die Wächter sie verfolgten machten sie sich an den Aufstieg, was sich mit einem Luftbändiger durchaus als leichter gestaltete. Wenn immer der Boden unter ihren Füßen wegbrach, was nun sehr häufig geschah, konnte Hao sie mit der Luft festhalten, bis sie wieder sicheren Stand gefunden hatten.
 

Nach etwa drei Stunden standen sie wieder auf den Klippen, die das Tal umgaben. Ihr Blick ruhte noch einige Momente auf der Stadt, die sie für eine Nacht beherbergt hatte. Dass sie nun schon wieder gingen war seltsam, aber Hao hatte gelernt, hatte begriffen, wenn auch nur zum Teil, was er hatte begreifen sollen. Sein Blick wanderte zu Yoh, dessen Blick ebenfalls auf der Stadt unter ihnen ruhte. Er wollte gerade etwas sagen, als Leiinas Stimme erklang: „Wir sollten weiter gehen…“ Hao wandte sich um, musterte sie. „Wohin?“ und sie schenkte ihm dieses schwer deutbare Lächeln, dass sie so oft trug. „Weiter nach Osten. Zu den anderen Städten.“ Hao runzelte die Stirn. Hatte sie nicht gesagt, dass sie hier sicher sein würden? Was unterschied dann die Städte weiter im Osten von dieser hier? Warum weiter gehen? Sicher, der Freiheit, des Lebens willen, aber… Warum dann dort hin, wo man sie sicher erwarten würde? Warum nicht in die entgegengesetzte Richtung? Dorthin, wo sie zwar ungeschützt, aber nicht erwartet wurden?

Yoh bekam von den misstrauischen Gedankengängen seines Bruders bisweilen nichts mit. Er sah nur schweigend zu diesem Weißen Turm hinab. Noch immer konnte er nicht nachvollziehen, was Hao so interessant an diesen Stück altem Stein fand. Es war doch nur ein Turm. Ein alter, zerbröckelnder Turm! Denn so sah er für Yoh aus. Tiefe Risse durchfurchten seine Oberfläche, das Weiß, zwar noch sichtbar, bröckelte, blätterte ab. In ein paar Jahren würde dieses steinerne Monument der Vergangenheit vollständig zerfallen sein. Was also war so interessant an diesem Teil? Er bekam das „Gespräch“ zwischen seinem Bruder und Leiina auch nicht mit, er seufzte nur leise. Er sah aus den Augenwinkeln, wie Hao einen letzten Blick auf den Turm warf, sich dann abwandte und weiter ging. Weiter nach Osten. Zu den Städten. Dort würden sie sicher sein! Yoh wusste es. Er spürte es einfach, es war eine grundlegende Wahrheit, die tief in ihm schlummerte. Unumkehrbar und unumstößlich.
 

Der Tag verging nur schleppend, die Sonne brannte auf sie hernieder. Der Boden unter ihren Füßen wurde immer karger. Und obgleich Hao dies nie für möglich gehalten hatte, schien ihm die Umgebung in dieser Bergregion sogar noch karger als in der, durch die sie zuvor gewandert waren. Da er in Gedanken weit weg war bemerkte er nicht, wie er mit seinem Fuß gegen einen kleinen Stein stieß. Jener freute sich über die ihm plötzlich zugeführte Energie, hüpfte ein paar Meter, fiel dann den nahen Abhang hinunter. Unten angekommen schlug er auf ein paar großen Steinen auf. Jene, schon seit Urzeiten instabil dort ruhend glitten aus einander. Was folgte war ein ohrenbetäubender Lärm. Hao sah irritiert den Abhang hinunter, betrachtete fasziniert, wie sich eine gesamte Ebene eines kleinen Berges, der mit Geröll, Steinen in jeder Größe, bedeckt war, anscheinend verschob. Nach etwa zehn Minuten kam das ganze wieder zum Stillstand. Staubwolken hatten sich hoch in die Luft erhoben. „Wow…“ Leiina murmelte nur etwas uns schob ihn dann weiter. Was diese Frau wohl hatte? Vermutlich würde sie durch diese Steine jetzt entdeckt werden. Ja, sicher! Hao verdrehte innerlich die Augen. Man konnte meinen ihre Reiseführerin litt unter Paranoia. Nicht, dass es nicht so wäre, das stand außer Frage, aber hätte Hao gewusst, dass jene Steine später tatsächlich der eine letzte Hinweis für ihre Verfolger gewesen war, hätte er das ganze nicht so komisch gefunden.

Nun jedoch, mit seinem momentanen Wissen, fand er es äußerst komisch! Was ein kleiner Stein alles anrichten konnte…
 

Yoh derweil betrachtete seinen Schatz seit einer Weile. Hao war ruhiger als sonst. Nicht, dass er sonst viel reden würde. Aber er war ruhiger, verschlossener. Auf irgend eine Weise. Und Yoh konnte es nicht so ganz in Gedanken, in Worte kleiden. Da war nur so ein seltsames Gefühl. Ein Gefühl, dass ihm große, große Sorgen bereitete. Den Tag hatten sie in Stille verbracht. Den gesamten Weg, bis sie schließlich in einer Höhle, genauer genommen einer kleinen Spalte im Felsen, Schutz für die Nacht gefunden hatten. Leiina hatte sich wieder davon gestohlen, Yoh vertraute ihr allerdings. Sie würde sicher die Umgebung auskundschaften, sicher gehen, dass nichts Gefährliches in der Nähe war. Schließlich, diese Frau hatte lange Tage und Nächte mit ihnen verbracht, wenn sie ihnen etwas Böses wollte konnte sie sie genauso gut im Schlaf ermorden, oder nicht?
 

Hao selbst sah sich gerade in ihrer Unterkunft für die Nacht um, als Leiina sich aus dem Staub machte. Sie hatte nicht einmal ein Wort gesagt. Er drehte sich um, sah ihr in der aufkommenden Dunkelheit nach. Was zum?! Sie könnte doch wenigstens etwas sagen, oder nicht? War das so schwer? Aber eine andere Frage stahl sich leise in seinen Kopf. Was hatte diese Frau zu verbergen? Was tat sie, wenn sie allein durch die Nacht wanderte? Er schüttelte Sekunden später den Kopf. Warum sollte er seine Zeit mit so etwas vergeuden? Wieder wandte sich sei Blick der Höhle zu. Ihre Wände waren uneben und rissig. In einer Ecke tropfte beständig Regenwasser herab. Wahrscheinlich in irgendwelchen unsichtbaren Rissen im Berg gesammelt, tropfte es dann gerade hier herunter. Ein mattes Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Er warf einen Blick zu Yoh. Sein Bruder war heute ungewöhnlich still gewesen. Nicht, dass er seit ihrer… Reise viel gesagt hätte, aber… dennoch, irgendetwas war seltsam. Hao verschloss also mittels Erdbändigen die Höhle, Yoh wollte erst protestieren, lies es dann aber doch, und entzündete danach ein Feuer. Er wusste, dass er wegen der Rauchentwicklung acht geben musste, aber das würde schon klappen. Irgendwie halt. Oder nicht?

Yoh seufzte wieder leise, lies sich auf den Boden fallen und betrachtete seinen Bruder, wie dieser seinerseits die Höhle unter die Lupe nahm. „Was ist los?“ Hao wandte sich um, sah ihn an. „Was meinst du?“ Yoh seufzte leise. „Du bist heute so ruhig.“ Hao, der gerade irgendetwas machen oder sagen wollte lächelte nur schwach, ging dann auf Yoh zu und setzte sich neben ihn. „Das ist alles irgendwie…“ Yoh konnte sehen, wie sein Bruder nach dem richtigen Wort suchte, dann sah er in dessen Augen, wie er es fand. Es war dieses aufblitzen, was er so gut kannte. Das war sein Bruder. Der Mann, den er liebte. „Verwirrend.“ Yoh nickte nur, lächelte warm. Dann zog er seinen großen Bruder näher an sich heran, küsste ihn liebevoll. Nach ein paar Augenblicken lösten sich ihre Lippen voneinander und Yoh leckte sich vielsagend über die Lippen. „Das hab ich gebraucht“ er grinste und Hao lachte. Es war beinahe wieder normal. Beinahe. Ein paar Augenblicke verbrachten sie wieder in Schweigen, aber diesmal war es ein gutes Schweigen, ein warmes Schweigen. Die beiden betrachteten das Flackern des Feuers. Seine vielen Farben, obgleich es immer nur das ruhige rot-orange war, dass allen Feuern eigen ist. Aber… es war so beruhigend. So… Yoh ergriff Haos Hand, drückte sie. Hao sah zu ihm auf, lächelte.
 

Und dann, plötzlich, oder eher nicht plötzlich, aber keiner konnte sich recht daran erinnern, wie es gekommen war, waren ihre Lippen wieder aufeinander, Hao über Yoh, seine Hand unter Yohs Kleidung. Die warme, nein, heiße Haut seines Bruders unter seinen kühlen Fingern zu fühlen war einfach unglaublich. So unglaublich! Wieder küssten sie sich, lang und leidenschaftlich. Bis sie schließlich voneinander ablassen mussten, da Menschen tatsächlich Luft zum Atmen brauchen. Hao sah Yoh in die Augen. Einen scheinbar langen Augenblick erfüllte nur Stille den Raum, den die beiden sich teilten, dann lächelte Yoh, und Hao wusste…
 

Hao schmiegte sich schläfrig an Yoh. Das, was sie gemacht hatten, war schön gewesen. Sehr schön. Er gähnte leise, dann war er auch schon eingeschlafen. Yoh aber blieb länger wach, betrachtete seinen großen Bruder, wie er in seinen Armen lag, sein Kopf auf seiner Brust gebettet, sein Atem ruhig und warm auf seiner nackten Brust. Wie er diesen Mann liebte! Wie sehr, konnte sich keiner vorstellen! Zumindest Yoh zu folge. Er würde alles tun, um ihn zu beschützen. Absolut alles… nach diesem Gedankengang hatte ihn auch schon die Traumwelt ereilt.
 

Leiina tat nichts von beidem. Sie beachtete nicht die Umgebung und sie grübelte auch nicht darüber nach, wie die beiden jungen Avatare am besten zu verraten wären. Sie saß schweigsam unter dem Licht der Sterne, sah hinauf und hoffte um Antwort. Aber die Sterne waren ebenso wie sie, schweigsam und still. Sie glitzerten schweigend zu ihr herab und behielten ihre eigenen Geheimnisse für sich. Früher hatte das Licht der Sterne ihr immer geholfen die Zukunft zu erahnen, aber seitdem ihre verehrte Schwester wieder glasklare Visionen wahrnahm war die Welt schweigsam geworden. Sie sah nur mehr die Schatten einer ungewissen Zukunft. Sie fühlte ein vages Grauen vor jenen Schatten, ein vages Gespür für eine Gefahr, die beinahe greifbar vor ihren Augen lag. Aber eben nur beinahe greifbar. Das Gefühl erinnerte sie an jenes Grauen, das sie verspürt hatte, als sie vor rund einhundert Jahren zum ersten Mal die Oberfläche betreten hatte. Damals war die Welt kalt und feindlich gewesen. Nur das Licht der Sterne hatte sie behütet. Hatte ihr Kraft geschenkt. Doch nun waren auch ihre Freunde von einst stumm geworden. Harrten der Dinge, die da kommen würden. Was, wenn sie das falsche tat? Was, wenn sie die beiden den Wächtern in die Arme führen würde…? Was, wenn… aber was brachte es, sich über die Zukunft den Kopf zu zerbrechen? Was kommen würde, würde kommen. Unaufhaltsam und leise, wie die Nacht. Nach ein paar Stunden erhob sie sich seufzend. Es war kalt geworden, sehr kalt. Doch sie spürte die Kälte kaum. Sie sah sich kurz um, blickte noch einmal mit einem bedauernden Blick hinauf zu den Sternen. Hoffte für einen kurzen Moment, ob ihr nicht doch noch eine Vision zu teil werden würde. Doch nicht dergleichen geschah. Die Welt vor ihren Augen blieb dieselbe, die sie schon immer gewesen war. Ein stummer Zeuge vergangener Dinge. Und dann wandte sie sich ab, ging zurück in die Höhle. Beziehungsweise nicht in die Höhle. Sie setzte sich davor, schlag die Arme um die Knie und schwieg. Und Schweigen umhüllte sie. Und die Nacht schloss sich um sie. Und schließlich schlief sie ein. Und nachdem sie schließlich eingeschlafen war wurde das Funkeln der Sterne heller und wärmer. Und schließlich, nachdem sie aufgegeben hatte, wurde sie von einem vagen Schatten des Grauens erfasst. Ein Schatten, der die Zukunft beinhaltete, aber ebenso schweigsam wie alle anderen Dinge zu sein schien.
 

Als der Morgen graute wachte die Frau in ihrer Reisegemeinschaft augenblicklich auf. Sie riss die Augen auf und sah sich angsterfüllt um, ehe sie begriff, dass das, was sie gesehen, gespürt hatte, doch nur ein Traum gewesen war. Ein grauenhafter, kalter Traum. Hätte sie es doch nur als das wahrgenommen, was es wirklich war. Ein Geschenk der Sterne, ihren Freunden. Eine Vision. Eine Letzte, ehe die Welt gewandelt wurde.



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