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Der Geburtsort der Götter

von

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Traumwelten?

Die Sonne war gerade aufgegangen und brach sich zwischen den Gebäuden, die sich vor mir in den Himmel erhoben. Ich lag auf der Erde, die würzig roch und ein kleines bisschen feucht vom Morgentau war. Um mich herum sangen Vögel und schwirrten die ersten Insekten, so als ob ich gar nicht da wäre. Aus Richtung der Häuser hörte ich leise Geräusche. Steine die über Holz gezogen wurden, so klang es. Ich richtete mich auf um mich besser umsehen zu können. Vor mir, auf einer riesigen Fläche erkannte ich eine Stadt, allerdings nicht so eine wie ich sie bis jetzt kannte. Es gab keine Hochhäuser, die Dächer der Gebäude die ich sehen konnte hatten flache Dächer und waren wohl aus Lehm gebaut. Sie wirkten schlicht, hatten nichts persönliches an sich, was auf den Bewohner hätte schließen können. Ich ging auf die Stadt zu und es dauerte nicht lange, bis ich sie durch ein Tor betrat. Obwohl der Weg von meinem Ausgangspunkt sehr weit ausgesehen hatte, brauchte ich nicht einmal fünf Minuten, bis ich unter dem Torbogen stand. Genau in diesem Augenblick wollte ein Ochsenkarren die Stadt verlassen. Ich ging zu Seite und der Kutscher grüßte mich, als würde er mich bereits sehr lange kennen. Das wunderte mich, denn ich hatte diesen Mann noch nie in meinem Leben gesehen. Eines wurde mir aber bei seinem Anblick klar, was mir vorher noch nicht eingefallen war. Ich war nicht mehr in Europa. Der Mann hatte nämlich eine Art weiße Toga getragen, ähnlich die der Römer, nur aus einem scheinbar anderen Material. Auch war sie mit irgendetwas gefärbt worden, und grün war nun wirklich eine Farbe die sehr untypisch für römische Männer war, zu mal für einen Bauern oder Kaufmann, denn nichts anderes konnte die Person sein. Ich zuckte mit den Schultern. Ich würde schon noch herausfinden, wo ich gelandet war. Doch die Erkenntnis, nach der ich gerade eben noch krampfhaft gesucht hatte, sprang mir jetzt fast ins Gesicht, als ich meinen Blick stadteinwärts richtete. Ich sah eine lange Straße entlang, welche in einem riesengroßen Platz endete, auf dessen Mitte zur Zeit ein dermaßen riesiges Gebäude errichtet wurde, dass ich die Enden der Mauern nicht ausmachen konnte. Dieses Bild hatte ich bereits einmal gesehen. Nämlich in dem wissenschaftlichen Text über die Sonnepyramide. Und die Straße, auf der ich stand, konnte nur die Straße der Toten sein. Warum die Straße so heißt? Nun ich, und viele andere Wissenschaftler auch, bin der Meinung, dass dieses die Straße war, über welche die Opfer für die aztekischen Götter zur Pyramide geführt wurden.
 

Und genau da stand ich jetzt und sah auf die Sonnenpyramide. Allerdings schien diese noch in ihrer Entstehungsphase zu sein. Die bereits vorhandene Mauer war zwar lang, aber keineswegs sehr hoch. Von dieser Baustelle hatte ich auch das Schleifen der Steine gehört. Überall liefen Menschen herum mit Steinen auf dem Rücken. Die Männer begannen zu schwitzen, denn die Sonne stieg unaufhaltsam nach oben. Ich ging noch ein wenig näher und sah mich um. Die Mondpyramide stand nicht dort, wo die Forscher sie entdeckt hatten. Nein, sie stand nicht einmal wo anders. Sie war schlicht und einfach nicht da. Ich hielt eine Frau an, die mit einem Korb unter dem Arm an mir vorbeihastete und fragte sie, wo es denn zur Mondpyramide gehe. Sie sah mich fragend an.
 

„Du müsstest doch wissen, dass es eine Mondpyramide hier nicht gibt. Die Sonnenpyramide siehst du da drüben. Tezcatlipoca hat sie in Auftrag gegeben.“ Sie lächelte mir noch flüchtig zu und verschwand dann in eine andere Richtung. Ich stand nur verwundert auf der Straße und sah zu dem entstehenden Monument. Die Mondpyramide gab es also noch nicht. Und dieser Name – Tezcatlipoca – ich hatte diesen Namen im Zuge meiner Studien bereits häufiger gehört. Er war der Schöpfergott, aber auch für die Kriege, Helden und schöne Frauen zuständig. Was sollte ich machen?
 

Scheinbar war ich in einer Zeit gelandet, die Forschern noch immer Rätsel aufgab. Ich ging weiter auf die Baustelle zu und konnte nun immer mehr Einzelheiten erkennen. So waren die Steine, die durch die Gegend getragen wurden, rote Ziegel, die an der Pyramide mit einer Masse bestrichen wurden, die unserem Mörtel nicht unähnlich war. Es gab Frauen, welche diese Masse in großen Bottichen zusammenrührten, Männer, welche sie in kleineren Gefäßen zur Mauer trugen und die Männer, welche die Steine trugen und übereinander stapelten. Alles lief einen geordneten Gang, so als würden sie diese Arbeit schon seit Jahren machen. Etwas weiter von den Frauen an den Bottichen stand ein Mann, der nicht so recht in dieses Bild passen wollte. Er hielt eine Tafel in der Hand und war elegant gekleidet. Na gut, ob es elegant war kann ich nicht wirklich sagen, aber seine Kleidung war nicht wie die der anderen einfarbig, sondern bunt. Er trug seine Haare auch nicht wie die anderen Männer kurz geschoren, sondern hatte lange schwarze Haare, die ihm frei über die Schultern fielen. In die beiden äußeren Strähnen waren Federn und Perlen eingeflochten. Es erinnerte mich ein bisschen an Indianer, aber da war ich in der falschen Gegend. Er musste wohl gespürt haben, dass ich ihn längere Zeit angesehen hatte, denn auf einmal löste sich sein Blick von der Tafel und traf sich mit dem meinen. Seine Augen hatten eine kräftige rotbraune Farbe. Er schien mich mit seinem Blick zu taxieren, dann bildete sein Mund ein kleines Lächeln. Er kam langsam auf mich zu und ich hatte keine Ahnung, wie ich mich jetzt verhalten sollte.
 

„Ah meine Teuerste. Endlich habt ihr den Weg hier her gefunden. Wir hatten bereits befürchtet die Zeremonie zur Geburt von Cinteotl ohne euch vollziehen zu müssen.“ er redete ohne irgendwelche Hemmungen. er musste mich wirklich kennen. Ich setzte ein Lächeln auf und hoffte, dass irgendwann einmal mein Name fallen würde, damit ich mitbekam, wen ich darstellen sollte. Denn das ich die Kleidung trug wie sie hier Mode war, war mir bereits aufgefallen.

„Dann begleitet mich doch bitte in meinen Palast“, lächelte der Fremde und bot mir seine Hand an, die ich ohne Zögern nahm.
 

Er geleitete mich durch einige Straßen. Ich kannte mich durch alte Aztekenpläne eigentlich in der Stadt aus, aber es fehlten viele Gebäude, die ich kannte. Auch der Tempel für Quetzalcoatl war wohl noch nicht gebaut. Der Stadt war allerdings anzumerken, dass sie ihre Blütezeit noch vor sich hatte. Überall wurde gebaut und die Menschen sahen zufrieden aus. Vor mir und meinem Begleiter schienen sie indes Respekt zu haben.
 

Die Gebäude auf beiden Seiten der Straße wurden prunkvoller, je weiter ins Stadtinnere wir gingen. Sie waren mit Zeichnungen verziert. Stuckarbeiten hätte ich in Südamerika zu dieser Zeit nicht erwartet.

Mein Begleiter führte mich auf ein größeres Gebäude zu, welches mit Köpfen geschmückt war. Natürlich keine echten Köpfe, wobei mich das nicht gewundert hätte. Nein, es waren nachgebildete Köpfe und Masken, die das Haus für mich sehr grotesk aussehen ließ.
 

„Bring uns in den Salon“, wies der Mann, mit dem ich mitgegangen war, einen anderen Mann an, der vor der Tür stand.

„Sehr wohl mein Gebieter“, antwortete er unterwürfig, verneigte sich erst vor mir und dann vor meinem Begleiter, öffnete die Tür und führte uns durch das Haus. Die Gänge waren wunderschön mit Mosaiken ausgeschmückt. Sie zeigten verschiedene Tiere, die ich nicht kannte, aber auch Menschen. Der Boden war mit Marmor ausgelegt, was man dem Gebäude von außen nicht angesehen hatte. Mein Begleiter musste ein sehr wohlhabender Mann sein.
 

Der Salon, in den wir geführt wurden, war mit einer einfachen Holztür vom Rest des Hauses abgegrenzt, was mich ein wenig enttäuschte. Aber ich hatte mich ja auch von den Aussehen des Hauses von außen täuschen lassen. Und wirklich – der Salon schien selbst die Mosaiken auf dem Gang verblassen zu lassen. Es gab keine Fenster und der gesamte Saal wurde von Kerzen erleuchtet, die alles in ein weiches, warmes Licht tauchten. Die Wände sahen dadurch aus, als ob sie mit Blattgold überzogen waren.
 

Doch bevor ich mich weiter umsehen und staunen konnte, kam eine Person auf uns zu.

„Ich sehe Mictlancihuatl hat sich endlich zu uns gesellt. Da wird Tlazolteotl wirklich erleichtert sein, dass die Zeremonie nun doch korrekt durchgeführt werden kann. War denn die Reise angenehm meine Teuerste?“, fragte sie weiter an mich gewandt.

Meine Gedanken rasten, so dass ich die Frage kaum verstanden hatte. Aus diesem Grund nickte ich nur kurz und sah meinen Begleiter an.

„Na na Chiconahui, lass sie erst einmal richtig ankommen. Soll ich dir etwas zu trinken kommen lassen?“

Wieder nickte ich und folgte der Frau mit den gelockten braunen Haaren zu einer Stuhlgruppe. Diese sahen aus wie aus dem alten Rom importiert, aber das machte nichts.
 

Ich setzte mich und wartete auf den freundlichen Mann, der mich hierher begleitet hatte und dessen Namen ich noch immer nicht wusste. Bevor er allerdings zu uns zurück kam, schüttelte mich etwas an der Schulter das ich nicht sehen konnte.

Ich schaute über meine Schulter – da rüttelte es mich noch einmal und der Salon um mich herum begann sich aufzulösen. Ich schloss kurz die Augen und als ich sie öffnete sah ich in das Gesicht einer Stewardess, die mich darauf hinwies, dass wir demnächst landen würden.



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