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Höllenqualen

Rasia Reloaded - Fortsetzung zu "Pakt mit der Hölle"
von

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Grausame Pferde, alte Dinosaurier, nette Teufel und gutes Timing

Ich liebte Höllenpferde.
 

Im Grunde waren es störrische und unfreundliche Tiere, die nur eine harte Hand einigermaßen zu zähmen vermochte. Außerdem waren sie viel zu intelligent, als dass es für einen Teufel auf Dauer gesund gewesen wäre. Schon oft war es geschehen, dass diese Pferde ihre Herren hinters Licht geführt und in einen schrecklichen Tod gestürzt hatten. Es war so etwas wie ein Hobby von ihnen, eine Art Volkssport auf Kosten derjeniger, die nicht schnell genug reagieren konnten.
 

Selbst das Tier, das sich bis vor kurzem meine Mutter gehalten hatte, hatte versucht, Tyaria in einem Sumpf zu ertränken. Selbstverständlich hatte dieser Mordversuch meine Mutter nicht gerade heiter gestimmt. Was sie mit dem Tier genau angestellt hatte, hatte sie mir nie erzählt, doch bereits am nächsten Tag war verdächtiges Fleisch in unserer Suppe geschwommen.
 

Höllenpferde waren nachtragende, skrupellose und grausame Kreaturen, die keinerlei Mitleid kannten. Nicht mal ansatzweise.
 

Und dennoch – oder gerade deswegen – mochte ich diese Geschöpfe.
 

Wahrscheinlich, weil sie mich an meine Mutter erinnerten.
 

Auch die Pferde, die Emmerett aus der Hölle hatte mitgehen lassen, hatten sich als typische Vertreter ihrer Art herausgestellt. Groß, hoheitsvoll, stolz und offenbar tierisch genervt, einem dummen Menschenbengel dienen zu müssen. Kaum hatten Krytio und ich uns ihnen genähert, hatte eines von ihnen versucht, uns mit seinen starken Hinterläufen zu erschlagen.
 

Eine vollkommen normale Reaktion für Höllenpferde. Im Grunde sogar recht sanftmütig, wenn man bedachte, dass sie üblicherweise auch noch ihre eigene Magie einsetzten und jedem, der ihnen zu nahe kam, erst mal mit einem ordentlichen Schwall heißem Höllenfeuer attackierte.
 

Emmerett hatte diese armen Kreaturen offenbar ebenso sehr zermürbt wie die frustrierten Engel, die ihre Vorträge über Moralverpflichtungen eingestellt hatten, den ebenfalls frustrierten Naraku und seine süßen Kinder und natürlich Krytio, der teilweise auf mich einen ziemlich resignierten Eindruck gemacht hatte.
 

Hätte ich diesen mickrigen Emmerett-Junge nicht zutiefst gehasst, wäre ich sogar irgendwie beeindruckt gewesen. All diese Wesen – besonders die halsstarrigen Höllenpferde – innerhalb kürzester Zeit derart zu demoralisieren, war wirklich eine Kunst.
 

Auf jeden Fall war es für uns ein Leichtes gewesen, zwei Tiere aus dem Stall zu klauen und sich mit ihnen aus dem Staub zu machen. Zwar hatten die Pferde kurz gebockt, aber nach ein paar liebevollen Gewalttaten hatten sie sich ihrem Schicksal ergeben.
 

Vorerst zumindest. Bei diesen Geschöpfen konnte man nie wissen.
 

Die Flucht – oder wie auch immer man es nennen sollte – war ohne große Schwierigkeiten vonstatten gegangen. Selbst das glitzernde Juwel hatte Krytio einfach unbemerkt einstecken können, niemand hatte ihn daran gehindert.
 

Und nun ritten wir, als hätten wir nie etwas anderes getan. Die flammenden Hufen der Höllenpferde gruben sich tief in die Erde, während sie über das ekelerregend grüne Land stoben. Hinter sich zogen sie eine feurige Schneise her, welche erbarmungslos Gräser, Blumen und den ganzen anderen kitschigen Quatsch zerstörte.
 

Der Wind zischte mir um die Ohren und ein Gefühl von Freiheit stieg in mir auf, so unsinnig und deplatziert es eigentlich auch war. Immer noch prangte das rote Siegel auf meinem Handrücken und machte mehr als deutlich, dass ich alles andere als frei war.
 

Dennoch gab ich mich der Illusion hin, wenn auch nur für eine Weile.
 

„Könnten wir … nicht … was langsamer …?“, drang Myougas piepsiges Stimmchen an mein Ohr. Der kleine Käfer hatte sich am Stoff meines Oberteils festgeklammert und versuchte mühevoll, nicht davongefegt zu werden.
 

Dass mir sein Wohlbefinden am Arsch vorbeiging, muss ich sicherlich nicht extra erwähnen.
 

„Ertrag es wie ein Mann!“, sagte ich mitleidlos. „Oder was auch immer du bist.“
 

Ich wollte mit meinen Ausführungen weiter fortfahren und seine winzig kleine Persönlichkeit noch mehr erniedrigen, doch ich kam nicht mehr dazu. Ohne jede Vorwarnung stoppten beide Höllenpferde zur selben Zeit dermaßen abrupt, dass nicht mal ein Teufel es hätte vorhersehen können.
 

Ich schrie überrascht auf und klammerte mich noch gerade an den Hals des Tieres, bevor ich im hohen Bogen davongesegelt wäre.
 

Krytio hingegen hatte nicht soviel Reaktionszeit. Er flog über den Kopf seines Pferdes und landete vor dem Tier mit dem Rücken auf dem Boden, alle viere von sich gestreckt, aber die Zügel noch fest in der Hand.
 

„Meine Güte, was war denn das?“, stieß Myouga erschrocken hervor. In letzter Sekunde hatte er eine meiner Haarsträhnen packen können, bevor er im wahrsten Sinne des Wortes eine Fliege gemacht hätte.
 

Ächzend rappelte ich mich wieder auf und wischte das Ungeziefer unwirsch aus meinen Haaren. Myouga fand daraufhin keinen Halt mehr und plumpste letztlich zu Boden. Niederträchtig und gemein, wie Höllenpferde nun mal waren, versuchte mein Tier, den Plagegeist zu zertrampeln, aber unglücklicherweise war der kleine Floh ausgesprochen flink und sprang rasch aus dem Gefahrenbereich.
 

Das andere Pferd derweil bückte sich hinunter zu dem am Boden liegenden Krytio und weitete die Nüstern. Für einen unbedarften und dummen Menschen hätte es sicherlich so ausgesehen, als wollte sich das Tier nach dem Gesundheitszustand seines Reiters erkundigen, aber von meiner Warte machte es eher den Anschein, als wollte es Krytios Haare anknabbern oder ihm glatt den Kopf abbeißen.
 

Besonders unwahrscheinlich war das nicht, immerhin waren Höllenpferde als überaus gierige Fleischfresser bekannt.
 

Krytio hingegen reagierte sofort und stieß den Kopf des Tieres zur Seite, bevor er seinen Oberkörper wieder hochhievte.
 

„Was sollte denn diese plötzlich Bremsung?“, stieß er zornig hervor.
 

Ich zuckte unbekümmert mit den Schultern, während ich meinen Blick nach vorne richtete. Dort, auf einer sonnigen Lichtung, keine paar Meter von uns entfernt, stand etwas, das vermutlich der Grund für die unangenehme Innehalten gewesen war.
 

Groß, stämmig, mit vier Beinen und großen Glubschaugen starrte es uns sorglos entgegen, während es auf einem Büschel Gras herumkaute. Es zeigte keinerlei Angst. Wahrscheinlich war es auch viel zu dumm, um die Gefahr zu erkennen.
 

„Eine Kuh?“, hakte ich genervt nach. Ich seufzte auf und gab meinem Pferd einen kleinen Klaps auf die Ohren.

Diese Viecher konnten auch nur mit ihrem Magen denken.
 

„Ich glaube nicht, dass das eine normale Kuh ist“, meinte Krytio. Er wollte sich wieder auf seine Beine rappeln, hatte aber keine Chance dazu. Ohne jede Vorwarnung fiel ein riesiger Klotz aus der Baumkrone über ihm und presste ihn erneut zu Boden. Der Teufel schrie überrascht auf, konnte sich aber gegen das schwere Gewicht nicht wehren. Er war eingequetscht unter dem Hintern eines merkwürdigen Wesens.
 

Soweit ich zu erkennen vermochte, handelte es sich um einen Youkai. Um einen ururururalten, verschrumpelten Youkai mit genau dengleichen großen Kulleraugen wie die Kuh auf der Lichtung.
 

Was für eine seltsame Welt, in der es greise Opas vom Himmel regnete.
 

„Geh ... runter ... von mir!“, brachte Krytio mühevoll hervor, während sein Gesicht immer tiefer in den Dreck gepresst wurde.
 

Ich lachte bei diesem hübschen Anblick amüsiert auf. Ich selbst hätte diesen Idioten nicht besser quälen können.
 

„Da kannst du lange warten!“, meinte das Großväterchen gelassen, während er in seinem Ohr herumpulte und schließlich dort etwas herausfischte, das irgendwie an glühende Kohle erinnerte. „Das ist die Rache für deine äußerst unfreundliche Behandlung bei unserer letzten Begegnung. Nur weil du ein Teufel bist, brauchst du nicht zu denken, dass du andere Wesen herumschubsen darfst.“
 

Mit diesen Worten verlagerte er ein wenig sein Gewicht, woraufhin Krytio unter ihm leidlich ächzte.
 

„Ich würde ihn in Ruhe lassen, Toutousai“, drang Myougas Stimme an mein Ohr. Mit ein paar Sätzen war er auf Krytios Pferd gelandet, welches beim Auftauchen des komischen alten Kauzes skeptisch etwas zurückgewichen war. „Der wird dich in der nächsten Sekunde nur in den Himmel katapultieren.“
 

„Immer noch ein Feigling wie eh und je, nicht wahr, Myouga?“, meinte der als Toutousai angesprochene Youkai seufzend. „Du solltest dir mal ein Rückgrat zulegen, alter Freund.“
 

Der Floh schnaubte daraufhin. „Du bist immerhin auch kein strahlender Held. An deiner Stelle würde ich nicht so herablassend sein.“
 

Während die beiden Schwachmaten weiter darüber stritten, wer von ihnen der größere Trottel auf der Welt war, wandte ich mit einem schadenfrohen Lächeln meinen Blick nach rechts. Dort, durch das Gestrüpp, traten zwei mir wohlbekannte Gestalten hervor, von denen ich ausnahmsweise mal richtig froh war, sie zu sehen.
 

„Waren wir uns nicht einig, dass wir vernünftig mit ihnen reden, Toutousai?“, wollte Kagome anklagend wissen. Sie funkelte den alten Knacker verärgert an, während eine Fliege durch ihr Haar krabbelte und wahrscheinlich irgendwo ihre Eier ablegte.
 

„Da wusste ich ja auch noch nicht, dass der Teufel dabei sein würde, der mich vor ein paar Tagen besucht und aufgemischt hat“, sagte der Angesprochene trotzig wie ein Kleinkind. „Ihr hättet mal erleben sollen, wie der Mistkerl mich behandelt hat. Dringt einfach in meine Höhle ein und nimmt mich in die Mangel, als sei ich ein Stück Dreck. Hätte ich ihm nicht die verlangten Informationen über Tensaiga gegeben, hätte er sicherlich noch viel Schlimmeres mit mir angestellt.“ Schnaubend verschränkte er die Arme vor der Brust. „Außerdem waren wir uns über gar nichts einig. Wir sind uns nur zufällig über den Weg gelaufen und haben Lagerfeuergeschichten ausgetauscht. Über die Gesellschaft von Teufeln habt ihr kein einziges Wort verloren.“
 

Ich grinste vor mich hin. Irgendwie gefiel mir das Klappergestell, auch wenn es seine besten Jahre bereits deutlich hinter sich hatte. Wahrscheinlich hatten sogar noch die Dinosaurier existiert, als dieser Kerl ein junger Spund gewesen war.
 

Kagome seufzte auf, entschied sich dann aber dafür, nicht mehr weiter mit dem Opa zu diskutieren. Stattdessen wandte sie sich mir mit einer finsteren Miene zu. „Hallo, Rasia“, begrüßte sie mich. Erstaunlicherweise war kein bisschen Wiedersehensfreude aus ihrer Stimme herauszuhören. „Wie ich sehe, läufst du endlich wieder in deinem normalen Körper durch die Gegend. Zum Glück, kann ich nur sagen.“
 

Kein Wunder. Die Hülle des kleinen, süßen Mädchens hatte sie wahrscheinlich ziemlich verwirrt und es ihr schwer gemacht, die Teufelin in mir zu sehen.

Menschen! Immer nur auf Äußerlichkeiten bedacht.
 

„Hallo, ihr Torfnasen“, begrüßte ich die beiden mit allem gebührenden Respekt, den ein Teufel aufbringen konnte. Behände rutschte ich vom Rücken des Höllenpferdes herunter, welches kurz nach mir schnappte und mir offenbar die Hand abbeißen wollte. Ich wich aber rechtzeitig aus und versetzte dem Tier ein Stups auf die Nase. Das Pferd schnaubte daraufhin empört, sah aber davon ab, Rache zu üben, sondern wandte seine Aufmerksamkeit wieder auf die grasende Kuh mit den Glubsaugen.
 

„Wie geht’s denn so?“, fragte ich grinsend nach. „Ich hoffe doch, so schlecht wie möglich. Ihr zwei Kanalratten habt auch nichts anderes verdient.“
 

Kagome lief rot an, während Miroku bloß leicht das Gesicht verzog und sich wohl bemühte, nicht allzu viel auf die Beleidigungen eines unheiligen Geschöpfes wie mir zu geben.
 

„Weißt du, Rasia, du kannst dir deine unhöflichen Kommentare sparen“, meinte Kagome. Offenbar wollte sie ihren Tonfall drohend klingen lassen, aber sie wirkte eher wie ein Püppchen im Zuckerrausch. „Anstatt uns zu bekämpfen, sollten wir uns zusammen einem gemeinsamen Feind stellen.“
 

„Gott?“, fragte ich mir hochgezogenen Augenbrauen nach.
 

„Nein, natürlich nicht!“, zischte die Miko. „Der kleine Bengel, der Inuyasha auf dem Bankett dermaßen gequält hat.“
 

Immer wieder eine schöne Erinnerung.
 

„Denkt ihr denn tatsächlich, ich würde mich mit euch mickrigen Staubwedeln zusammentun?“, fragte ich ungläubig nach. Sie waren wirklich noch verrückter, als ich es mir je hätte vorstellen können. „Ich bin nur hier, weil unser kleiner Herr Floh erzählt hat, dass Miroku weiß, wie man das Siegel loswird. Und ist es erstmal fort, werde ich Griffin grillen wie eine Lymphratische Wühlspringmaus.“
 

„Und denkst du tatsächlich, ich würde dir so einfach das Geheimnis anvertrauen?“, hakte Miroku nach. Er hatte wirklich den Schneid, mich herablassend anzublicken, als wäre er der König der Welt.
 

Zugegeben, bei dieser wahnwitzigen Welt hätte es mich nicht überrascht, wenn ihr Anführer ein notgeiler und selbstüberschätzender Priester gewesen wäre.
 

„Willst du dich etwa weigern?“, zischte ich. „Kannst du dir überhaupt vorstellen, welch entsetzliche Folter ich dir bereiten könnte? Nach Stunden furchtbarer Qualen würdest du darum betteln, von mir getötet zu werden.“
 

Miroku lachte aber nur spöttisch auf. „Du könntest“, sagte er selbstsicher. „Aber dir wurde sicherlich von deinem Meister verboten, Menschen in irgendeiner Form Schaden zuzufügen, habe ich nicht Recht?“
 

Ich knirschte verärgert mit den Zähnen.
 

Verdammt! Er war wohl doch nicht so dumm, wie er aussah.
 

Dies war einer der ersten Befehle von Griffin an mich gewesen. Ein Befehl wohlgemerkt, den ich nur ausgesprochen ungern ausführte. Was brachte es einem, in dieser schrecklichen Welt festzusitzen, wenn man nicht mal ein paar kleine Menschlein in die Luft sprengen konnte?
 

Nur ein paar.
 

Ganz klitzekleine.
 

Das wäre eh niemanden aufgefallen und ich hätte wenigstens meinen Spaß gehabt.
 

„Hab ich’s mir doch gedacht“, meinte Miroku ekelerregend selbstzufrieden. Sein dümmliches Grinsen brachte mein Blut zum Kochen.
 

„Menschen … dürfen wir wirklich … nichts tun“, meldete sich unerwartet Krytio, der noch immer unter Toutousais Hintern eingequetscht war. Seine Finger hatten sich tief ins Erdreich eingegraben, während er krampfhaft versuchte, dem Gewicht des Youkai irgendwas entgegenzusetzen. Toutousai aber hatte offenbar Steine in seine Hosentaschen gesteckt, denn Krytios Befreiungsversuche blieben bloß mäßig erfolgreich.
 

„Youkai … aber schon“, meinte er ächzend.
 

Und mit diesen Worten nahm das Unheil für Toutousai seinen Lauf. Schwarzer Nebel schien plötzlich aus dem Boden hochzusteigen, der Teufel und Dämon umhüllte wie eine undurchdringliche Wand. Ich hörte Toutousai noch heftig protestieren, aber innerhalb eines Sekundenbruchteils war seine Stimme erstickt. Kagome keuchte angesichts dieses Anblicks entsetzt auf und Myouga suchte hastig Schutz auf meiner Schulter, während ich bloß gehässig grinste. Zugegeben, zu sehen, wie Krytio zu Boden gerungen worden war, war ein Hochgenuss für mich gewesen, aber ein Angriff auf Toutousai war indirekt auch ein Angriff auf Miroku und seine fehlplatzierte Selbstgefälligkeit. Und das Unglück des Hoshis war mir um einiges wichtiger als das Unglück Krytios.
 

Plötzlich zerriss ein gellender Schrei die gespannte Atmosphäre, als Toutousai im hohen Bogen davonflog und schließlich wie ein Mehlsack neben der Kuh hinabfiel. Tief bohrte er sich in die Erde und blieb dort regungslos liegen.

Krytio währenddessen hatte sich wieder aufgerappelt und sich den Staub von der Kleidung geklopft.
 

„Ich hab den alten Narr gewarnt“, murmelte Myouga vor sich hin.
 

Ich wandte mich in der Zwischenzeit wieder Kagome und Miroku zu. „Wir können den Menschen wirklich keinen Schaden zufügen“, stimmte ich zu. „Aber Griffin hat uns in keinster Weise verboten, euch zu erpressen. Zum Beispiel mit dem Leben des süßen kleinen Füchschens, das die ganze Zeit an eurem Rockzipfel hängt.“
 

Kagome zuckte zusammen. „Shippo? Du willst dich wirklich an einem Kind vergreifen?“
 

Ich grinste breit, was für die Miko wohl Antwort genug war. Krytio lächelte mit, obwohl er wahrscheinlich nicht so recht wusste, wovon ich eigentlich sprach.
 

Toutousai hatte sich derweil wieder einigermaßen in die Senkrechte gehievt. Er wirkte etwas ramponiert, machte aber ansonsten einen ganz passablen Eindruck. Krytio hatte sich offenbar entschlossen, den greisen Opa nicht allzu hart anzupacken.
 

Dieser dumme Teufel war schon immer viel zu weichherzig gewesen.
 

„Du willst also wirklich ein Kind umbringen, nur um deine eigenen egoistischen Ziele zu erfüllen?“ Kagome wirkte über alle Maßen entsetzt. „Wie kann man sowas überhaupt nur denken?“
 

Ich zuckte bloß mit den Schultern. Meiner Meinung nach war dieses Fellknäuel sowieso kein unschuldiges Kind, sondern ein widerlich süßes Knuddelvieh, das wie alle anderen widerlich süßen Knuddelviecher nach Weltherrschaft und dem Monopol für die Süßwarenherstellung strebte. Mit ihren breiten Lächeln und ihren funkelnden Kulleraugen verblendeten sie alle Leichtgläubigen um sich herum.
 

Und wo wir schon mal dabei waren: Wieso schockierte es Kagome eigentlich überhaupt noch, dass ich mir Shippos Tod wünschte? Hatte ich nicht bei unserer letzten Begegnung mehr als deutlich gemacht, wie sehr ich sie allesamt hasste? Warum sonst hätte ich diese verfluchte Bande in einem Drachennest abladen sollen?
 

„Na gut, wir werden es euch erzählen“, gab Miroku schließlich nach. Skeptisch beäugte ich den Hoshi daraufhin. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er so einfach einknickte. Nicht ohne eine langwierige und nervenzerreißende Diskussion über Ethik, Liebe und den ganzen Mist.
 

Eine simple Morddrohung war zumindest für Miroku sicher nichts Neues. Die hörte er wahrscheinlich mehrmals täglich.
 

„Wir werden es euch erzählen“, wiederholte er noch einmal, als würde er uns für furchtbar vergesslich halten. „Nachdem ihr uns zu Inuyasha gebracht habt.“
 

Ah, da lag also der Hase begraben!
 

Na gut, so etwas hätte ich erwarten müssen. Freundschaft und heuchlerische Edelmutigkeit war nun mal unglaublich berechenbar.
 

„Wir sollen also den Fremdenführer spielen?“, hakte ich nach.

„Mit der Hilfe von Myouga würden wir auch problemlos ohne euch den Weg finden“, erklärte Miroku. „Aber wir kämen nicht durch den Bannkreis. Doch ihr habt sicherlich die Macht dazu, nicht wahr?“
 

Man merkte, wie schwer es ihm fiel, diese Worte überhaupt in den Mund zu nehmen. Wie viel Überwindung und Selbsterniedrigung es ihm bereitete, seine Gedanken laut auszusprechen.
 

Krytio war derweil dicht neben mich getreten. Zu dicht für meinen Geschmack.
 

„Und, was machen wir jetzt?“, fragte er nach. „Ihrem Wunsch nachgeben oder lieber den Fuchs ermorden? Ich persönlich wäre ja für Letzteres.“
 

Ich selbstverständlich auch, aber das rieb ich ihm gewiss nicht unter die Nase.
 

Zumal es mir sowieso nicht gefiel, wie er das Wörtchen ‚wir‘ aussprach. Wenn das Ganze vorbei war, musste ich ihm wohl mal gehörig die Leviten lesen.
 

„Schön und gut“, sagte ich zu ihm. „Aber hast du eine Ahnung, wo Shippo sich überhaupt aufhält? Tja, ich zumindest nicht. Und es wäre bestimmt zeitaufwendig, das Vieh zu suchen. Also sollten wir diese Idioten am besten sofort zu Inuyasha bringen, das wäre am schnellsten.“
 

Ich hatte keinen Bock, noch mehr Zeit zu vertrödeln.
 

Wenn ich das Siegel los wäre, würde ich Miroku und Kagome sowieso abmurksen. Da konnte ich wenigstens vorher so nett sein, ihnen einen kleinen Gefallen zu erweisen.
 

Es sollte ja niemand von mir behaupten, ich wäre grausam.
 

„Und was ist mit dem?“ Krytios Blick ruhte auf Toutousai, der eifrig mit der Kuh am diskutieren war, als hätte ihm das Tier irgendwelche Widerworte gegeben.
 

Diese Welt war einfach nur verrückt!
 

„Ich bezweifle, dass sein Tod Miroku zum reden bringen würde“, erwiderte ich. „Sie legen nun mal großen Wert darauf, Inuyasha noch vor uns von dem Siegel zu befreien. Ansonsten könnten wir bösen Teufel ja auf die Idee kommen, Emmerett und Griffin ins Jenseits zu befördern, bevor der Köter von dem Bann gelöst wäre.“
 

Das wäre ja auch viel zu schön gewesen, zuzusehen, wie Griffin und Inuyasha synchron schreiend zugrunde gingen. Aber man konnte schließlich nicht alles haben. Außerdem wäre es sicherlich um einiges befriedigender gewesen, die Flohschleuder mit eigenen Händen zu ermorden, anstatt sie indirekt durch den Milchbubi umzubringen.
 

Es bestand ja immer noch die Möglichkeit, das Ganze zeitlich abzupassen, sodass Griffin und Inuyasha auch ohne die Verbindung durch das Siegel gleichzeitig vor Schmerzen brüllten und sich am Boden wanden.
 

Und meinen Vater hätte man am besten auch noch zu dieser glücklichen Truppe dazu zählen können.
 

„Also hör zu, du Heuchler vor dem Herrn“, meinte ich hoheitsvoll an Miroku gerichtet. „Wir sind mit deinem dummen Plan einverstanden, weil wir gerade eh nichts Besseres zu tun haben. Demnach erfreue dich an deinem kurzfristigen Triumph, denn er wird sicherlich nicht von langer Dauer sein.“
 

Miroku verengte seine Augen zu Schlitzen, sah aber darüber hinweg, eine Diskussion mit mir anzufangen.
 

Auch besser für ihn! Ansonsten hätte ich ihn in Grund und Boden gequasselt und ihn mit Schimpfwörtern zugedeckt, dass selbst ein Kerl wie er, der sich nicht schämte, jedem dahergelaufenen Weib einen Antrag zu machen, rot angelaufen wäre.
 

„Dann lasst uns keine Zeit verschwenden“, meinte Kagome mit solch einer Entschlossenheit, als würde sie in den Krieg ziehen.
 

Ich nickte derweil nur müde, während ich Griffin zum wiederholten Male dafür verfluchte, dass er mich in diese bizarre Welt geschleppt hatte.
 

Aber wenn alles nach Plan verlief, würde ich diesen Dreikäsehoch für seine Dreistigkeit schon sehr bald bitter büßen lassen.
 

Aber seit wann lief in dieser Irrenanstalt schon alles nach Plan?



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  chaska
2009-12-20T19:38:29+00:00 20.12.2009 20:38
Der gute alte Totosai ist doch immer wieder für eine Überraschung gut. Er schafft es einen Teufel buchstäblich in den Boden zu rammen. Gut, zugegeben, der Triumph war nur von kurzer Dauer. Aber immerhin :))
Miroku stimmt erstaunlich schnell in den Handel ein. Ob das gutgeht.
Auf jeden Fall ist es immer wieder ein Genuss den "teuflischen " Gesprächen zuzuhören.
Liebe Grüße
chaska

Von: abgemeldet
2009-10-17T13:48:41+00:00 17.10.2009 15:48
Hallihallo :)

>„Hallo, ihr Torfnasen“, begrüßte ich die beiden mit allem gebührenden Respekt, den ein Teufel aufbringen konnte.

Genial, ich lag am Boden vor Lachen!

Danke für dieses Kapitel, das war bis jetzt mein liebstes :)
Von:  Hotepneith
2009-09-19T18:01:54+00:00 19.09.2009 20:01
Nein, da läuft sicher nicht alles nach dem Plan.
Toutousais Auftritt fand ich richtig sensationell, er hat sogar Rasia überrascht.

Jetzt frag ich mich nur, wer ihnen als nächstes einen Strich durch die Rechnung macht - Teufeln und/oder Menschen.... Der §Schneemann" fehlt ja auch noch im Team:)


bye
hotep


Von:  SamAzo
2009-09-18T18:15:18+00:00 18.09.2009 20:15
Was für eine dezente 'Flucht'.
"Wo sind sie?" - "Folg der Feuerschneise..." xD

Hach is immer wieder schön zu lesen das nicht nur bei einem selber alles nicht so nach plan verläuft. (oder überhaupt so, wie man es sich vorstellt)



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