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Buffy: Projekt 8

Die virtuelle achte Staffel
von

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Folge 17: Betrayed Ones

Titel: Folge 8.17 - Betrayed Ones

Autor: lion

Co-Autoren : Mel, Stefan, Hope, Yamato, White Magic
 

Credits: Projekt 8 ist ein Projekt von www.slayerfanfic.de mit spezieller Unterstützung durch ihre Partnerseiten pj-firepower.com, buffy-online.com und slayerworld.info. Weiterhin bedankt sich das Projekt für Unterstützung bei ihren Partnerseiten slayerzone.de, virtuelleserienonline.de, entertainyou.net, sowie bei allen weiteren Partnern.
 

Disclaimer: Die virtuelle, achte Staffel baut auf das von Joss Whedon erschaffene Buffy-Universum auf. Sie wurde von Fans für Fans geschaffen, ohne dem Ziel damit Geld zu verdienen. Das Universum und seine Charaktere sind das alleinige Gedankengut von Joss Whedon, Mutant Enemy, FOX, WB und Paramount.
 


 

Lily (V.O.): Bisher bei Buffy:
 

Giles: „Aus jeder Generation wird ein Mädchen auserwählt. Eine Jägerin, die sich allein dem Kampf gegen Dämonen und Vampire, gegen die Mächte der Finsternis stellen muss.“ – 1.01
 

Giles in der Bibliothek zu Buffy: „Die Jägerin jagt sie, und der Wächter...“ Buffy: „...bewacht sie.“ Giles: „Ja, äh nein nicht doch. Er... Ich bin eine Art Trainer, der dich vorbereiten soll.“ – 1.01
 

Giles spritzt Buffy ein Mittel, um ihre Kräfte zu rauben. Quentin Travers und seine Leute, Giles trifft sich mit ihm. Buffy wird von Kralik verfolgt, Giles rettet sie: „Steig ein!“

Giles verschränkt die Arme: „Ja. Allerdings interessieren mich die Anweisungen des Rates in keiner Weise. Die Prüfung wird nicht stattfinden.“

Quentin Travers: „Nun, das ist gegen die Anweisungen des Rates, wie sie wohl wissen. - Wir führen einen Krieg gegen das Böse. - Ich habe dem Rat empfohlen, und er ist einverstanden, sie auf der Stelle von ihren Pflichten als Wächter zu entbinden. Sie sind gefeuert.“ - 3.12
 

Quentin Travers vor versammelten Wächtern: „Meine Freunde, dies sind die Zeiten, die uns formen. - Denn durch Überlegung gewinnst du den Kampf.“ Das Ratsgebäude explodiert. – 7.09
 

Die Anwärterinnen stehen vor Buffys Tür. – 7.10
 

Willow, wie sie den Zauber spricht, ihre Haare werden weiß. Die Anwärterinnen werden Jägerinnen: „Von nun an wird jedes Mädchen, die eine Jägerin sein könnte, eine Jägerin werden! Jedes Mädchen, dass die Kraft haben könnte, wird die Kraft auch haben!“ – 7.22
 

Der neu aufgebaute Rat. Lily Usher: „Ordnung ist das richtige Wort. Die Welt ist voller Jägerinnen. Das Gleichgewicht hat sich verschoben. Gut und Böse hält sich gewissermaßen in einem leichten Gleichgewicht, aber wir Wächter sind dafür zu wenige. Wir müssen neue rekrutieren, Wächteranwärter, die ihre Ausbildung noch nicht abgeschlossen haben, so sehr das einigen vielleicht widerstrebt.“ – 8.01
 

Lily: „Wir haben es nie darauf angelegt einzelne Menschen zu retten, seit Anbeginn des Rates nicht. Es war höchstens ein Nebeneffekt unserer Arbeit, unsere eigentlichen Ziele sind höher, wir bewahren die gesamte Menschheit vor dem Untergang, Jahr um Jahr, Tag um Tag. Wenn wir dabei Opfer bringen müssen, dann müssen wir es eben! Es ist unvermeidlich, wie es unvermeidlich ist, dass jeder Mensch irgendwann einmal sterben muss!“ Giles: „„Wir alle müssen Opfer bringen in diesem Kampf, glaub mir, keiner weiß das besser als ich, doch was du befürwortest ist Wahnsinn! Man kann nicht auf Verdacht hin tausende Menschen töten!“ - 8.10
 

Lily lässt den Talisman in den Kanal gleiten: „Alles hat seinen Grund und das war erst der Anfang. Als Jägerin war dir der Tod sowieso vorher bestimmt. Und es war nicht meine Entscheidung, dich zu einer Jägerin zu machen... eine von so vielen...” - 8.13
 

D´Hoffryn. – 8.09
 

Kan Hsirg zu Mo: "Sollte es mir zu Ohren kommen, dass die Jägerinnen Dinge erfahren, die sie nichts angehen, werden wir ihnen unsererseits ein paar Geheimnisse flüstern. Und ich glaube nicht, dass es Malkuth besonders gut bekäme…“ – 8.06
 

Der Kampf gegen die Statur die Thug'saha Dämonen – 8.13
 

Die Dämonen der Organisation. Regil, Mo´s Freund wird von Buffy in der Gruft befragt. Tegul, der Leiter der Fischfabrik. Lily in der Höhle zu Dawn: „Nennen wir es ... die Wiederherstellung der alten Gesetze. Eine Jägerin in der Hand und unter der Kontrolle von vielen Wächtern. Sieh uns an... wir haben nichts unter Kontrolle. Junge, unerfahrene Frauen und Männer werden rekrutiert, um eben so unerfahrene junge Mädchen zu leiten und zu lenken, damit sie das Böse auf der Welt bekämpfen. Rupert blickt optimistisch in die Zukunft, aber übersieht dabei wie viele kleine, rote Fähnchen auf der Weltkarte in London die blauen ersetzen. Tote Jägerinnen, tote Wächter – gestorben aus Unfähigkeit. Nicht immer zählt Quantität im Kampf.“ – 8.15
 

Die Zerstörungen der Reiter. Lily, die Lenhardt freundlich anlächelt. „Aber natürlich. Ich bin sehr gespannt. Auf Wiederhören.“, Lenhardt legt den Hörer auf und blickt Lily an, „Wo waren wir stehen geblieben?“ – 8.16
 


 

Teaser:
 

England, Notting Hill, Neues Ratsgebäude:
 

Lily (V.O.): „Wir alle lügen. Es liegt wohl ganz einfach in unserer Natur, ist ein angeborener Trieb, wie so viele andere Dinge auch, die unser Leben maßgeblich bestimmen. Wo wäre die Menschheit ohne ihre Triebe? Längst ausgestorben!“
 

Die schwere Tür aus tiefrot lackiertem Holz wurde in Eile aufgestoßen, und Lily nahm umringt von zwei niedrigeren Angestellten des Rates die letzte Stufe der Treppe, sie betraten einen langen Flur. Die Dame an der Rezeption unten warf ihnen einen beunruhigten Blick nach, als würde sie überlegen zum Telefon zu greifen und den Besuch voranzukündigen. Mit einem lauten Knall fiel die Tür hinter Lily wieder ins Schloss.
 

Lily (V.O.): „Ein Lüge ist etwas alltägliches, wir wachsen mit ihnen auf, benutzen sie um uns selbst in einem besseren Licht erscheinen zu lassen oder um Menschen, die wir lieben vor der Wahrheit zu schützen. Wir benutzen sie um im Leben weiter zu kommen und um anderen gegenüber nicht unfreundlich sein zu müssen. Was ist es also, was sie so an uns zehren lässt, dass wir das Gefühl haben wegen ihnen keine Ruhe mehr zu finden?“
 

Der hohle Klang ihrer Schritte hallte im hohen, mit Mahagoni-Holz getäfelten Gang wieder, während die ersten Strahlen der Morgensonne, die durch die Fenster fielen ihren Weg in ein helles, durchdringendes Licht tauchten. In ihrem Gesicht konnte man förmlich ihre Anspannung sehen, die Wörter, die sie sich zurechtgelegt hatte liefen immer wieder vor ihrem inneren Auge ab.
 

Lily (V.O.): „Sicher, uns wird von der Kindheit an erzählt, dass Lügen etwas böses sein, doch begreift wohl jeder schon bald, dass unser Leben, wie wir es kennen nur mit Lügen funktionieren kann. Wir brauchen sie.“
 

Die beiden Angestellten warfen sich fragende Blicke zu, die Lily keineswegs entgingen, sie schienen eine Antwort irgendeiner Art zu erwarten, doch Lily hatte keine Zeit sich mit so kleinen Rädchen im Getriebe des Rates zu beschäftigten; Zeit war es, woran es ihr generell mangelte.
 

Lily (V.O.): „Doch vielleicht ist es wirklich gerade diese warnende Stimme unserer Eltern, die hinter unserem schlechten Gewissen steckt, wer weiß.“
 

Sie bogen um eine Kurve, ihr Ziel rückte in greifbare Nähe, es war zu spät für einen Rückzieher, es würde entweder klappen, all die kleinen Rädchen würden sich in ihrem Rhythmus drehen, oder sie würde alles verlieren, was sie je erreicht hatte. Das Getriebe war gut vorgeölt.
 

Lily (V.O.): „Womöglich kann man so die kleinen und großen Lügen des Alltags vor sich selbst rechtfertigen, doch was ist wenn es eine andere Art von Lüge ist? Lügen die unumgänglich waren, obwohl wir sie nicht aussprechen wollten? Wie kann man sich rechtfertigen und von der Last befreien einen Menschen angelogen zu haben, den man liebt? Einen Menschen für den man fast alles getan hätte, außer die eigenen Prinzipien aufzugeben.“
 

Mit einem Schlag entspannte sie ihr Gesicht, ihr Schauspiel musste authentisch wirken, sogar ihre Schritte, die auf den frisch gebohnerten Marmorboden hämmerten, wurden langsamer und klangen nicht mehr so hektisch.
 

Lily (V.O.): „Dies sind wohl die Lügen, die man sich nie wird selbst verzeihen können, egal wie viel Zeit vergeht. Man kann nur hoffen, dass der den man liebt es kann. Nur hoffen und beten!“
 

Sie erreichten die Tür, der linke Angestellte trat etwas ehrfürchtig hervor und drückte die Klinke langsam herab, und mit leisen Knarren öffnete sich der rechte Flügel. Kaum merklich zeichneten sich auf Lilys Lippen zwei letzte Worte ab, bevor sie die Höhle des Löwen betrat: „Verzeih mir!“
 

Die Wächter waren wohl gerade in eine Diskussion vertieft gewesen, und blickten etwas verärgert auf, als die Tür geöffnet wurde. Einer schien kurz davor zu sein laut loszubrüllen, dass sie jetzt nicht gestört werden wollten, doch als er sah, wer in den Raum eintrat verkniff er es sich. Die anderen verstummten ebenso und richteten ihre Blicke überrascht zur Tür.
 

Lenhardt, der am Ende des Tisches saß erhob sich, für einen kurzen Augenblick bemerkte Lily ein aufmunterndes Lächeln in seinem Gesicht, was jedoch schnell wieder einer aufgesetzten Überraschung wich: „Ms. Usher, wir dachten Sie wären in Amerika, bei Mr. Giles! Ist irgendetwas vorgefallen?“, in einer übertrieben freundlichen Geste bot er ihr seinen Stuhl an, „Setzen Sie sich erst einmal, Sie sehen ja völlig fertig aus!“
 

Idiot! Wenn man dieses Spiel spielte sollte man es auch beherrschen, jeder der ein bisschen auf Mimik des gealterten Wächters geachtet hätte, hätte sofort gemerkt, dass seine Überraschung nur gespielt war, doch keiner der anderen schien darauf zu achten, vielleicht wollten sie es auch einfach nicht.
 

Lily warf einen Blick in die Runde. Viele bekannte Gesichter von früher blickten sie interessiert und etwas beunruhigt an. Doch sie waren so leicht zu durchschauen, dass es ihr fast Angst machte. Man konnte all die Gedanken, die ihnen durch den Kopf gingen, nur allzu einfach erraten.
 

Lily erhob ihre Stimme: „Bitte entschuldigen Sie, dass ich Sie störe, doch die Angelegenheit, in der ich mich an Sie wende, meine verehrten Damen und Herren des Rates der Wächter, ist eine sehr ernste, und sie kann keinen Zeitaufschub mehr vertragen.“
 

Inzwischen war diese Tatsache ihnen wohl auch klar gewesen.
 

„Es ist mir unangenehm, mich in dieser Angelegenheit zu äußern, denn es geht um einen Mann, dem wir alle sehr viel verdanken, und in anbetracht dessen scheint das was ich jetzt zu sagen habe noch weitaus unangebrachter, und dennoch, dennoch muss es gesagt werden.“
 

Verhaltenes Schweigen. Einige warfen sich gegenseitig Blicke zu. Unsicher, wie ihr Gegenüber das ganze auffasste.
 

„Rupert Giles.“, sein Name schmeckte bitter, als er über ihre Zunge glitt, „Wie die meisten von ihnen wohl wissen habe ich Mr. Giles in den letzten Monaten in den USA assistiert, eine neue Wächterzentrale aufzubauen. Die Arbeiten dort liefen gut, wir kamen gut voran, nichts worüber man sich ernste Sorgen machen müsste. Dennoch ist mir eine Entwicklung aufgefallen, die mich sehr beunruhigt hat, und mich daran zweifeln lässt, dass wir Mr. Giles den Rat in dem Maße anvertrauen, in dem wir es im Moment tun.“
 

Alle Blicke waren starr auf sie gerichtet.
 

„Was genau wollen Sie damit sagen?“, fragte Lenhardt von der Seite, seine Stimme klang etwas überzeugender, doch sein Schauspiel war immer noch nicht ideal.
 

„Genau das, was ich gesagt habe. Ich hatte die Gelegenheit Mr. Giles die ganze Zeit über zu beobachten, und es fällt mir schwer, gegen ihn Anschuldigungen zu erheben, denn er war immer sehr zuvorkommend zu mir, doch dennoch…“, sie blickte auf den Boden und schwieg für einen Moment, dann fuhr sie fort: „Ich habe begründete Zweifel daran, dass Mr. Giles in seinem momentanen Zustand kompetent genug ist um den Rat zu leiten. Er scheint...“
 

Sie schwieg für einen Augenblick, als ob sie es nicht über die Lippen bringen würde, dann, mit einem gut platzierten Seufzer, überwand sie sich doch dazu: „Ich glaube er hat ernste psychische Probleme, was man ihm vermutlich auch nicht verdenken kann, nach all dem was ihm widerfahren ist, doch trotzdem kann man ihn nicht weiter als Leiter des Rates tolerieren.“
 

„Was meinen Sie konkret?“, wollte Roger Wyndham-Price von der rechten Seite wissen.
 

„Nun ja, er ist über die Maßen paranoid, es verging kein Tag, an dem er mir nicht von irgendwelchen Verschwörungen gegen ihn, oder anderen Anschuldigungen gegenüber den Wächtern erzählt hat, einmal ging er sogar so weit zu behaupten, dass einer aus unseren Reihen Ms. Rosenberg bewusst physischen Schaden zufügen würde, und stellte Mutmaßungen darüber an, dass die Wächter etwas damit zu tun hätten, dass keine Information über die Hüterinnen mehr zu existieren scheint!“
 

Die Wächter schauten sie erwartungsvoll an, sie dachten wohl, dass sie noch eins drauf legen würde, um ihre Vorwürfe zu untermauern, und das tat sie.
 

„Er sieht in allem und jedem einen Feind, auch wenn es ihm die Wächter besonders angetan haben, doch auch das Militär der USA ist für ihn ganz klar in eine Verschwörung gegen ihn und seine Jägerin verwickelt gewesen. Aber um auf seine Jägerin zu sprechen zu kommen: Er hat eine unglaublich starke Bindung zu ihr, jegliche Distanz zwischen ihnen, die in einer Notsituation für sie sowie auch für ihn selbst lebenswichtig sein könnte, scheint nicht mehr zu bestehen. Wenn es um sie und ihren Freundeskreis geht wirft er einfach alle unsere Prinzipien über Bord, sogar wenn es darum geht eine dämonische Bedrohung einzudämmen ist er nicht dazu bereit die nötigen Mittel zu ergreifen!“
 

Margaret Elliot, eine etwas beleibtere, ehemalige Angestellte des Rates erhob sich: „Und haben Sie irgendwelche Beweise, um diese Vorwürfe zu rechtfertigen?“
 

„Nicht direkt, doch wie Sie sicher wissen hatte Mr. Giles schon immer Probleme mit dem Rat, er wurde sogar bereits einmal aus dem Rat ausgeschlossen, als er sich weigerte die alt bewehrte Reifeprüfung an seiner Jägerin durchzuführen.“
 

„Das war aber was anderes!“, meldete sich die Tochter der alten Cromwells zu Wort, „Außerdem haben wir uns inzwischen selbst gegen diese bestialische Prüfung entschieden!“
 

„Mag sein, doch es beweist, dass Mr. Giles noch nie bereit war sich den Anweisungen des Rates zu fügen, wenn sie ihm nicht in den Kram passten und er sich immer nur sich selbst gegenüber verpflichtet gefühlt hat! Nein, beweisen kann ich meine Beobachtungen nicht wirklich, Sie müssen sich wohl entscheiden, wem Sie eher vertrauen.“
 

Diese Anschuldigungen hatten gesessen. Sie atmete einmal kurz durch, nächste Runde.
 

„Außerdem haben er und seine Jägerin regen Kontakt mit Dämonen aller Arten, statt sie zu jagen verbünden sie sich mit ihnen und helfen ihnen sogar. Erst vor wenigen Wochen habe ich selbst erlebt, wie sie einem bösartigen und überaus gefährlichem F´rilar-Dämonen dabei halfen, eines seiner magischen Augen wieder zu finden, was sich dummerweise einer von Mr. Giles „Freunden“ hatte transplantieren lassen! Ganz zu Schweigen von ihren ganzen dämonischen Freunden und ihrem guten Ansehen unter der gesamten Dämonenwelt Clevelands. Mr. Giles vertraut dahergelaufenen Dämonen mehr als uns Wächtern, was ihn als Leiter das Rates vollkommen disqualifiziert!“
 

Sie blickte erneut in ihre Gesichter, Zahnräder knirschten, Überlegungen gingen zu allen Seiten.
 

„Mr. Giles scheint, wie ich es sehe im Moment generell emotional sehr verwirrt zu sein, einige Male habe ich erlebt, wie er schreiend aus dem Schlaf aufgewacht ist. Er schien die ganze Zeit über leicht erregbar und hat mich einige Male völlig grundlos angeschrieen, nur weil ich nicht seiner Meinung war. Er erwartete von mir, dass ich alle seine Entscheidungen, egal wie sinnlos sie waren unterstützte ohne sie zu hinterfragen; er konnte es einfach nicht ertragen, nicht die totale Kontrolle im Rat zu haben und andere in seine Entscheidungen einbeziehen zu müssen.“, beendete sie ihre Ausführungen.
 

„Sicher sind das schwere Anschuldigungen, doch vielleicht sollte man mit ihm reden, ich bin sicher, Mr. Giles ist noch so weit bei Sinnen, dass er uns zuhören würde, oder?“, wollte Lenhardt wissen.
 

„Ich bezweifle, dass Sie bei ihm Gehör finden würden, denn genau das ist der Anlass, warum ich mich entschieden habe, mich an Sie zu wenden: Lange versuchte ich vor mir selbst seine Fehlverhalten und Paranoia, auf Grund unserer alten Freundschaft herunterzuspielen, doch schließlich war es mir nicht mehr möglich, ich entschloss mich also, ihn in einem privaten Gespräch mit meinen Sorgen und Beobachtungen zu konfrontieren. Darauf reagierte er zu erst ruhig und gefasst, hörte sich an, was ich zu sagen hatte, ich dachte, dass er sich meinen Rat zu herzen nehmen würde. Als ich aber mit dem was ich sagen wollte fertig war reagierte er plötzlich völlig unkontrolliert und sagte etwas davon, dass er von mir enttäuscht sei, und das ich genauso auf der anderen Seite stehen würde, wie alle anderen Wächter auch.
 

Er machte mir Vorwürfe, dass ich irgendeinen Dämonen beschworen hätte, der für den Tod von Vivian Claimore, einer seiner Jägerinnen in Cleveland verantwortlich war und dass ich eine Dämonen-Mafia bezahlt hätte und damit Buffy und Dawn absichtlich in Gefahr gebracht hätte; kurz er warf mir weitere völlig aus der Luft gegriffene Anschuldigungen, die nicht den geringsten Sinn ergaben an den Kopf, und sagte mir, dass er mich nie mehr sehen wollte. Ich nahm mir darauf hin den ersten Flug nach England, um ihnen meine Beobachtungen persönlich berichten zu können. Wie ich auf dem Flug von einem befreundeten Wächter erfuhr ging Mr. Giles sogar so weit seine Geschichten über mich zu verbreiten und seine Jägerinnen auf mich anzusetzen, deswegen wollte ich ihnen das ganze lieber persönlich berichten!“, das Sahnehäubchen, das dem ganzen Kuchen einen viel süßeren Geschmack gab, würden sie zugreifen und ihn probieren?
 

„Ich verstehe.“, sagte Lenhardt knapp, „Und was… Welches weitere Verhalten würden Sie in dieser Sache vorschlagen, Ms. Usher? Lily.“
 

„Das würde mich auch brennend interessieren!“, pflichtete Charles Prescott ihm bei, scheinbar ohne das Spiel, das hier gespielt wurde, zu durchschauen.
 

„Nun ja, es wäre sicher falsch Mr. Giles nur auf Grund meiner Anschuldigungen zu suspendieren, denn alles was ich ihnen erzähle, könnte natürlich genauso an den Haaren herbeigezogen sein wie seine Geschichten. Auch wenn Sie mit Sicherheit wissen, dass dem nicht so ist, wäre es nicht gerecht, und auch keinesfalls dem Kodex unseres Rates entsprechend, wenn wir so verfahren würden. Aber dies ist nicht die Zeit für einen in die Länge gezogenen Prozess, der Rat ist schwach, und könnte einer neuen, bevorstehenden Apokalypse nicht standhalten, wenn er von jemandem wie Rupert Giles geführt wird, genauso wenig könnte er es aber, wenn er untereinander zerstritten ist. Und diese Bedrohung ist nicht nur hypothetisch: Wer die Omen zu deuten weiß wird sehen, dass etwas großes, gefährliches bevor steht; wir können es uns einfach nicht mehr leisten, schwach zu sein!
 

Daher schlage ich ein Misstrauensvotum meinerseits gegen Rupert Giles vor, wenn zwei Drittel von uns hier meine Ansichten Mr. Giles betreffend teilen wird er für unbestimmte Zeit aus dem Rat ausgeschlossen, bis wir genauer wissen, was im Busch ist und uns darauf vorbereiten können. Nach einer abgelaufenen Frist wird Mr. Giles vor einem Tribunal des Rates die Chance haben die hier getroffene Entscheidung anzufechten. Wäre das in ihrem Interesse?“
 

Die anwesenden Wächter wechselten einige Worte, doch sie waren zu leise, als dass Lily etwas verstehen könnte.
 

„Ja, ich denke das wäre wohl die effektivste Lösung.“, stimmte Lenhardt ihr zu, er wirkte inzwischen wirklich fertig und am Ende mit seinen Nerven, war er vielleicht doch ein besserer Schauspieler, als sie gedacht hatte, oder spukten in seinem Kopf Sorgen, dass sie mit der ganzen Sache nicht durchkommen würden? „Wer dem Misstrauens-Antrag von Ms. Usher zustimmt möge jetzt bitte die Hand heben!“
 

Die erste Hand die sich mit einem tiefen Seufzer erhob war die der alten Lady Ashcroft, deren Ehemann beim Attentat auf den Rat umgekommen war: „Ich vertraue auf das, was Sie sagen Mädchen, wir können es uns nicht leisten nicht zu handeln!“
 

Lily warf ihr ein kaum merkliches Lächeln zu, das den anderen im Saal wohl entging, doch Lady Ashcroft antworte nur mit einem kühlen Blick, der die allgemein in ihrer Familie vertretene Meinung über die Ushers deutlich wiedergab.
 

Ihr folgten unmittelbar die wenigen, die noch vom alten Schlag übrig waren, so wie die neuen Mitglieder aus den alten Wächterfamilien, einige der neuen Mitglieder, die Giles angeworben hatte guckten sich zu erst zweifelnd um, fügten sich dann aber der Allgemeinheit.
 

Mit jeder Hand, die sich nach oben streckte wurde es für Lily schwerer ein befriedigtes Lächeln zu unterdrücken, doch auch der fade Beigeschmack in ihrem Mund wurde stärker, sie hatte es geschafft. Verzeih mir!
 

++++
 

Cleveland, Wächterhaus,

Morgen

Es war ein herrlicher Morgen, die Sonne war gerade über den Horizont gestiegen und tauchte die ganze Stadt in ein helles, freundliches Licht. Der Zeitungsbote fuhr durch die kleine Wohnsiedlung, und trug die Zeitungen aus und man konnte den heilen Familien in der Nachbarschaft durch die Fenster dabei zu sehen, wie sie frühstückten. Wenig später machten sich die Kinder auf zur Schule, und ihre Eltern guckten ihnen voller Stolz hinterher und winkten ihnen zu.
 

Lily (V.O.): „Wieso muss das Leben nur so grausam sein, dass man dazu gezwungen wird Lügen zu leben? Lügen die man gar nicht leben will.“
 

Als der Schulbus, voll mit den Kindern gerade um die Ecke gebogen war, schob sich langsam ein tiefschwarzer Mercedes mit verdunkelten Fenstern in die kleine beschauliche Straße hinein, der Fahrer hielt Schrittgeschwindigkeit, während der Beifahrer mit dem Blick den Hausnummern nachging.
 

Lily (V.O.): „Wieso können wir nicht einfach mit den Menschen die wir lieben zusammen sein, ohne das alles so kompliziert ist, warum müssen wir sie anlügen und ihnen schließlich sogar so weh tun?“
 

Die Reifen drückten sich auf den durch die Morgensonne erhitzten Asphalt und die schwere Karosse bewegte sich unerträglich langsam vorwärts, von Haus zu Haus, bis sie schließlich stehen blieb.
 

Lily (V.O.): „Man wollte ihn nie anlügen, doch es blieb nichts anderes übrig, es war der einzige Ausweg. Doch trotzdem hat man es getan und es ist mehr als nur unverzeihlich.“
 

Die Tür öffnete sich und der Beifahrer stieg aus, ein Brillenträger, förmlicher Anzug, er selbst wohl etwa Mitte 30, doch seine Haare zeigten schon graue Ansätze. Er rief dem Fahrer noch etwas zu, dann ging er zum Kofferraum und öffnete ihn.
 

Lily (V.O.): „Wie kann man mit dieser Last leben ohne sich selbst anzulügen? Es ist schwer. Nahezu unmöglich, doch mit der Zeit lernt man es. Man redet sich immer wieder ein, dass es für die gute Sache ist, dass er in dieser Position genauso gehandelt hätte, man sagt sich, dass er es verstehen wird; auch alles Lügen?
 

Ein Aktenkoffer auf dem in goldenen Lettern die Firma „Simons and Partner“ verewigt war kam zum Vorschein. Geschickt öffnete der überaus korrekt gekleidete Anwalt das Zahlenschloss, während er sich auf den Weg zur Haustür machte, und zog ein Schreiben hervor, auf das ein Wachssiegel gepresst worden war.
 

Lily (V.O.): „Ich denke nicht; ich hoffe dass nicht. Denn wenn all das auch Lügen wären, wie sollte man sich dann vor dem den man liebt rechtfertigen, wie sollte man ihm je wieder in die Augen blicken können?“
 

Er drückte die Klingel tief ein, einige Sekunden lang, dann stellte er den Koffer neben sich ab und wartete.
 

Lily (V.O.): „Die Frage um die es hier wohl geht ist, welche Lügen nötig sind, welche unumgänglich sind, und welche aber nur eigennütziger Natur sind und nicht einem höheren Zweck dienen. Dies ist wohl die Frage, die mich immer beschäftigen wird, bis ich ihm eines Tages wieder Angesicht zu Angesicht gegenüber stehe.“
 

Mit einem etwas irritierten Ausdruck öffnete Giles die Tür, er trug einen Morgenmantel und seine Haare sahen unordentlich aus. Er guckte den Anwalt für einen Moment an, dann fiel sein Blick auf das Schriftstück in der Hand des anderen Mannes und sein Blick verfinsterte sich. Eine düstere Vorahnung, was im nächsten Moment über ihn hereinbrechen würde.
 

Vorspann
 

AKT 1
 

Cleveland, College,

Vormittag

Mit einem leichten Brennen in den Augen warf Willow einen Blick durch den Vorlesungssaal. Obwohl diese Unterrichtstunde vom Dozenten vorverlegt wurde, hatte sich niemand gescheut sein Bett früher zu verlassen. Die Hüterin blätterte in ihrem Notizblock, und suchte nach den letzten wichtigen Details zu diesem Fach.
 

Mit einem Ohr versuchte sie dem Lehrstoff zu folgen, doch auch wenn sie sich stark darauf konzentrierte, wurden ihre Überlegungen von dem zuerst leisen Getuschel abgelenkt. Es war untypisch für den leicht grauhaarigen Dozenten, so etwas zu dulden. In ein paar Tagen würde die letzte Prüfung für dieses Fach abgehalten werden, also schob die Hüterin seine Lockerheit darauf, dass er sich schon im nächsten Semester auf einige von ihnen freuen würde.
 

Die lauten Worte des Professors hallten durch den ganzen Saal. Insgeheim hoffte sie dass ihre Mitstudenten sich doch noch disziplinierter verhalten würden, da sie nur wenige Stunden geschlafen hatte, und sich an diesem Morgen bereits leichte Kopfschmerzen zu Wort gemeldet hatten.
 

Mit einem Grinsen auf den Lippen schob der Dozent eine der beiden Tafeln beiseite, und eröffnete den Studenten eine Vielzahl an mathematischen Formeln die anscheinend um den letzten freien Platz auf der Tafel kämpften. Einige Seufzer wurden vom Flüstern der Zuhörer untermalt, und als Willow die anderen beobachtete, zog auch sie widerwillig ihren Kugelschreiber.
 

Doch wenn sie sich auf die Tafel konzentrierte, verschwommen die Ziffern vor ihren Augen, und wurden immer unlesbarer. Der Versuch auf die erklärenden Worte des Dozenten zu hören scheiterte kläglich, als das immer lauter werdende Reden ihrer Kollegen nun eine etwas höhere Lautstärke erreicht hatte.
 

Als sie ihre Versuche aufgab, glitt ihr Blick in die Richtung aus der die Stimmen zu kommen schienen. Etwas verwirrt stellte sie fest, dass es den Anschein machte, als würden die ganzen Studenten nur stumm ihre Notizen vervollständigen.
 

Sie schloss die Augen, und versuchte sich mehr auf die Stimmen zu konzentrieren, um der Unterhaltung zu folgen.
 

„Ich krieg’ dich du Monster!“, eine jugendlich klingende Frauenstimme ließ Willow aufschrecken, mit einem leisen knackenden Geräusch fiel ihr Kugelschreiber auf die Treppe, und rollte langsam die Stufen hinunter. Einige warfen den Blick in ihre Richtung, wandten dann aber ohne Interesse ihre Köpfe ab. Erneut sah Willow durch den Hörsaal, doch nun fühlte sie sich nur noch mehr in ihrer vorher herausgefundenen Erkenntnis bestätigt.
 

Die Hüterin atmete tief durch, und konzentrierte sich auf die kaum leserlichen Buchstaben auf ihrem Block. Ihre Finger, die sie vor ein paar Sekunden auf den Rand des kleinen Pultes vor ihr gelegt hatte, fingen langsam an sich zu verspannen und umklammerten das Holz.
 

„Das hat weh getan du Blutsauger!“, die Hüterin zuckte zusammen, und traute ihren Ohren nicht. Wenn sie es nicht besser wüsste, würde sie denken dass eine Frau mittleren Alters direkt neben ihr stand, und zum Angriff ansetzen würde.
 

Auch wenn sie sich insgeheim sicher war, dass so etwas unmöglich war, fing ihr Herz an schneller zu schlagen. Die Versuche, ihren Atem regelmäßig zu halten, schlugen fehl.

‚Nein, nicht hier!’, Willow holte tief Luft, und versuchte sich einfach nur auf den trockenen Lehrstoff zu konzentrieren, von dem aber in diesem Moment nichts in ihrem Gedächtnis hängen blieb.
 

Ihr ganzer Körper verspannte sich. ‚Ich prügele dich windelweich!’
 

In dieser Sekunde hob Willow den Kopf, und sah direkt in die dunkelblauen Augen eines Mädchens. Vielleicht etwas jünger als sie selbst. Ihr ganzer Körper war gezeichnet von Wunden, und auf ihrem Kopf prangte seitlich eine Platzwunde. Ihre blonden und verdreckten Stirnfransen hingen ihr ins Gesicht. Mit einem Feuer in den Augen startete das Mädchen zum Angriff. Instinktiv versuchte Willow sich zu ducken, doch bis auf einem kurzen Windhauch auf ihrer Haut war nichts mehr von dem Mädchen zurückgeblieben.
 

Im nächsten Augenblick drangen weitere Stimmen in ihren Kopf vor. Schweiß rann von Willows Stirn, und auch wenn sie sich einredete dass das alles nicht passieren konnte, fing sie plötzlich an heftig zu zittern. Die Schreie, die langsam aber stetig lauter wurden, ließen sie ihre Hände gegen ihre Ohren pressen. Doch das einzige was sich an der Situation veränderte war, dass ein stechender Schmerz ihre Wirbelsäule zur Erstarrung brachte. Als sie die Augen schloss, wurde das blondhaarige Mädchen in ihre Richtung geschleudert.
 

Ein zerfressendes Stechen meldete sich zu Wort, und jeder einzelne Herzschlag den sie hören konnte steigerte ihre Kopfschmerzen, die sich langsam zu einem dumpfen und unangenehmeren Gefühl ausbreiteten. Als Willow Hilfe suchend ihren Blick durch den Hörsaal warf, sich gleichzeitig aber ermahnte nicht laut los zu schreien, verschwamm die Umgebung immer mehr. Als sie sich auf die Tafel konzentrierte, verdunkelte sich der Hörsaal, und Graffiti auf den Wänden wurde sichtbar.
 

Willow atmete tief durch, und legte ihren Kopf auf das Pult vor ihr. Insgeheim war sie froh, dass die Stimmen in ihrem Kopf vom Regen der langsam auf ihren Körper prasselte übertönt wurden. Doch als sie auf den Asphaltboden unter ihren Füßen starrte, weiteten sich ihre Augen.
 

Ein weiterer, schmerzerfüllter Schrei ließ ihre Adern gefrieren. Mit einem lauten Klirren wurde die Jägerin gegen die Feuerwehrleiter in der Seitengasse geschleudert. Die Hüterin rang nach Luft, doch jeder Atemzug brannte in ihren Lungen. Als Willow ihren Körper zitternd wieder aufrichtete fiel ihr Blick auf den Gegner der Blondine. Ein großer wie breiter Vampir stand mit einem siegessicheren Grinsen vor ihr. Seine vernarbte Vampirfratze strahlte nahezu, als die Jägerin sich wackelnd aufrichtete, nicht ohne sich an der verrosteten Leiter abzustützen.
 

Im nächsten Moment rannte er auf sie zu. Die Jägerin konnte gerade noch rechtzeitig reagieren und den Angriff abwehren, wurde aber vom nächsten Schlag des Vampirs genau in den Bauch getroffen. Willow wollte schreien, doch das einzige was aus ihrer Kehle kam war das Blut, das die Blondine in der selben Sekunde hustend ausspuckte. In Panik versuchte Willow die dunkelrote Flüssigkeit abzuwischen, doch ihre noch immer zitternden verkrampften Hände konnte sie nicht richtig bewegen.
 

Der Vampir griff erneut an, und ohne sich um die Angriffe seiner Gegnerin zu kümmern, packte er ihren Hals, und hob sie hoch. Willow blieb der Atem stehen. Das Blut schnürte langsam ihre Kehle zu. Gleichzeitig schmerzte ihr Rücken, und die Wunde an ihrer Schulter der der Vampir der Jägerin soeben mit einem gekonnten Schlag zugefügt hatte.

Ihr Herz pumpte das Blut wie wild durch ihren Körper, und ihre Schläfen hämmerten gegen ihren Kopf.
 

Mit einem hysterischen Lachen wuchtete der Blutsauger seine zerkratzte Faust erneut gegen die Jägerin.
 

Die Hüterin wurde nach hinten geschleudert, doch die Jägerin befand sich wie vorher noch in der Klaue des Vampirs. Willows ganzer Körper brannte vor Schmerz. Als sie auf die Stufen des Hörsaals neben ihr geschleudert wurde, konnte sie ein schreien nicht unterdrücken.
 

Mit letzter Kraft packte die junge Jägerin den Holzpflock den sie an ihrem Gürtel befestigt hatte. Es gelang ihr den Vampir mit einem Fußtritt ins wanken zu bringen. Mit Schwung konnte sie ihren Gegner gegen die Wand schleudern. Sein Griff lockerte sich, und dass nutzte das Mädchen, um den Vampir mit einem weiteren Fußtritt zu schädigen. Seine Augen weiteten sich als er sie panisch ansah, und spürte wie sich der Holzpflock der Jägerin in seinen Brustkorb bohrte. Mit einem zerrissenen Schrei in Willows Kopf kam die Hüterin wieder zur Besinnung.
 

Verwirrt starrte sie auf die Treppe unter ihr. Erst ein paar Sekunden später registrierte sie, dass sie jeder im Hörsaal fixierte. Als sie spürte wie einige Tropfen Blut aus ihrem Mund tropften, stand sie mit wackelnden Beinen auf, und packte so schnell es ging ihre Unterlagen.
 

Belustigt über den so eben gehörten Schrei, drang Kichern in ihre Ohren, welches dieses Mal wirklich durch ihre Mitstudenten verursacht wurde. Auch der Dozent konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Doch Willow würdigte sie keines Blickes, und lief einfach die Treppen hinauf. Es war etwas anderes was sie zu Recht beschäftigte. Ihr ganzer Körper fühlte sich ungewohnt an, als wäre es nicht ihr eigener. In ihren Gliedmaßen steckte noch immer die Furcht, und auch ein Teil des Schmerzes den sie so eben erlebt hatte.
 

Als sie auf ihre Finger sah, wurde ihr bewusst dass es wirklich ihr Blut war, und dass sich diese Vision sehr real angefühlt hatte. Noch leicht schwindelig auf den Beinen machte sie sich auf den Weg zur Frauentoilette.
 

Als sie vor dem Spiegel stand, wurde ihr bewusst dass sie einfach fürchterlich aussah. Dunkle Augenringe hatten sich unter ihren Augen gebildet, und ihr ganzer Körper hatte eine ungesunde, weiße Farbe. Ihre zerzausten Haare sahen so aus, als wären sie gerade frisch getrocknet.
 

Mit noch immer leicht zitternden Händen betätigte sie den Wasserhahn, und kühlte ihr Gesicht mit dem frischen Wasser. Als sie erneut in den Spiegel blickte, war sie sich nicht sicher ob der leicht blaue Schimmer in ihren Augen wirklich da war, oder ob es ein Funken Farbe von den blauen Augen der Jägerin war.
 

Ihre Gedanken wurden unterbrochen, als plötzlich ihr Handy vibrierte. Leicht erschrocken holte es sie aus ihrer Hosentasche hervor.
 

„Hallo? Giles! Sie rufen gerade richtig an.“, der Wächter hatte wie auf Knopfdruck angerufen. Doch in seiner Stimme spiegelte sich Verzweiflung wieder.
 

„Wie bitte? Lily hat den Rat übernommen?“, schockiert über diese Information, und Giles Gemütszustand stellte sie ihr eigenes Anliegen zurück. Immerhin hatte diese Jägerin den Vampir besiegt, und es war nicht so als würde sie immer noch in Gefahr sein. Vorerst hatte Giles Vorrang.
 

„Ich komme.“, mit diesen Worten legte Willow auf, und machte sich auf den Weg zu Giles, nicht ohne noch immer ein leichtes Stechen in ihren Gliedern zu spüren.
 

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Außerhalb von London, Lilys Pferdegestüt,

Früher Vormittag

Die Wächter waren noch dabei einige formale Kleinigkeiten zu regeln, doch Lily hatte das getrost Lenhardt überlassen, der schwierigste Teil des Unterfangens war vorüber, die wichtigeren Wächter waren mehr oder weniger überzeugt, oder zumindest auf ihrer Seite, jetzt ging es nur noch darum eine Fassade weiter aufrecht zu erhalten; ein Gebiet in dem sie bereits oft genug geglänzt hatte.
 

Langsam trat sie in ihr altes Zimmer, hängte ihre Jacke auf und setzte sich auf ihr übergroßes Bett. Wie lange war sie jetzt schon nicht mehr hier gewesen? Es war komisch nach allem was vorgefallen war wieder „zu Hause“ zu sein.
 

Kritisch sah Lily ihrem eigenen Spiegelbild entgegen und für einen Moment betrachtete sie ihr Gesicht – das war die Lily Usher, die alle kannten und liebten. Sie ließ ihre Hand über ihr Kinn gleiten und dabei nahm ihr Ausdruck etwas Müdes und angespanntes an, als sie ihren Gedanken weiterspann: war es denn auch ihr wahres Gesicht, oder auch nur eine Fassade, wie so vieles in ihrem Leben?
 

Sie streifte ihre Schuhe ab und griff zu einem mit einigen Notizen bekritzelten Stück Papier, das auf ihrem Nachttisch lag. George ein alter Freund ihres Vaters gab heute Abend zum Anlass ihrer Rückkehr einen kleinen Empfang, und es war wohl besser, sich eine Rede und ein paar Antworten auf Fragen zu Recht zu legen, denn es war kompliziert eine Lüge dieses Ausmaßes zu verbergen, das wusste sie aus ihren Erfahrungen nur zu gut.
 

Details waren wichtig, man musste sich über die eigene, erfundene Version der Ereignisse ohne irgendwelche Zweifel oder Ungenauigkeiten klar sein, denn sonst brach ein mühselig gestricktes Netz aus Lügen schneller zusammen als jedes Kartenhaus. Jede Lüge hatte ihre Schwächen, die nicht immer in der Planung, sondern oft auch beim Lügner selbst lagen. Man konnte sich eine noch so geschickte und glaubwürdige Geschichte überlegen, wenn man es nicht schaffte sie überzeugend rüberzubringen war sie nutzlos.
 

Ihr Netz war sehr dicht und sie musste zu geben, dass sie ein bisschen stolz darauf war, wie sie alles in so kurzer Zeit, nachdem ihr Vorhaben mit Dawn in Cleveland gescheitert war, zusammengefügt hatte. Allerdings war es eine Art von Stolz, die sie nur sehr schwer genießen konnte, denn sie wusste wie viel sie mit diesen Lügen zerstörte.
 

Ohne richtig bei der Sache zu sein, hatte sie einige Worte auf den Zettel geschrieben, sie dann jedoch wieder durchgestrichen, ihre Rede musste etwas Feuriges haben, etwas, das die Wächter wieder wachrüttelte, ihre eingerosteten Herzen weckte, sie an die alte Zeit erinnerte und sie für die alte Tradition begeistern ließ.
 

Für einen Moment klang die Stimme ihres Vaters in ihrem Kopf wieder, wie ein lang vergessenes Echo, doch sie verlor sich schnell wieder. Wäre er doch an ihrer Stelle gewesen, er hatte es verstanden Menschen von seiner Sache zu überzeugen. Vielleicht würden seine Worte ja bei der Rede helfen?
 

Lily versuchte sich an ihn zu erinnern, seine Sprache, die Dinge, die er gesagt hatte, und begann erneut Dinge zu notieren, die ihr für die Rede einfielen. Es klappte eine Weile, doch dann kam sie ins Stocken, es ging aus irgendeinem Grund nicht mehr weiter.
 

Frustriert legte sie ihre Kritzeleien bei Seite und ließ sich zurück fallen auf die weiche Matratze: „Verflucht Rupert, warum musstest du es sein, der die Regeln geändert hat, warum konnte es nicht einer dieser normalen, langweiligen Bürokraten sein, von denen der Rat sowieso überquillt? Jemand, den man mit Leichtigkeit um den Finger wickeln und ohne irgendwelche Gewissensbisse belügen kann? Warum du?“, sie seufzte. Und dann war es zu allem Überfluss und wider ihren ursprünglichen Plänen auch noch so weit gekommen, dass sie den Rat hatte an sich reißen müssen.
 

Eines Tages, da war sie sich sicher, würde er es verstehen, und sie könnten zusammen glücklich werden. Eines Tages. Doch mit jeder Lüge rückte dieser Tag in weitere Ferne.
 

Sie fragte sich, was er wohl gerade tat. Hatte er die Nachricht des Rates schon bekommen? Dachte er genau so viel an sie, wie sie an ihn? Vermutlich schon, doch seine Gedanken waren wohl nur erfüllt von Wut und Verzweiflung über ihren Verrat.
 

Vor ihren Augen formte sich ein Bild von ihm, wie er in seinem Arbeitszimmer saß, allein vor sich ein Glas Scotch, in seinem Gesicht ein Ausdruck der Verletztheit. Sie schob dieses Bild so schnell wie möglich aus ihrem Verstand heraus.
 

Über Giles könnte sie immer noch nachdenken, wenn das alles vorbei war, sie könnte sich überlegen, was sie ihm sagen würde, und wie sie die Sache wieder ins Reine bringen könnte, doch im Moment gab es Dinge, die wichtiger waren als er, wichtiger als ihre Liebe, wichtiger als alles andere in ihrem Leben. Denn noch immer galt es umzukehren, was eine eifrige Jägerin und ihr höriger Wächter umgekrempelt hatten. Die Ziele, die ihr Vater gelehrt hatte waren das, was im Moment zählte.
 

Sie schüttelte über sich und ihre Abgelenktheit den Kopf, ehe sie wieder zu ihrem Entwurf der Rede griff und sich erneut zu konzentrieren versuchte. Sie würde sich erst andere Gedanken gestatten, so bald sie ihre Rede beendet hätte.
 

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Cleveland, Wächterhaus

Mittag

Stille. Allen Anwesenden war der Schock ins Gesicht geschrieben, Andrew hatte aufgehört mit dem Handy zu spielen, und Xander hatte über diese Nachricht beinahe den vorwurfsvollen Blick vergessen, den er seinem ehemaligen Zimmergenossen unentwegt zuwarf. Kennedy hatte Willows Hand ergriffen, Buffy starrte Giles an, als wäre es ein Scherz, den er gleich auflösen würde und Dawn blickte befangen in die Runde, vom einen zum anderen.
 

Keiner von ihnen wollte der erste sein, der etwas sagte, und so herrschte andächtiges Schweigen, seit Giles seinen Bericht beendet hatte. Der alt gediente Wächter umklammerte die Nachricht des Rates immer noch, als ob sie sein einziger Halt wäre.
 

Buffy warf einen flüchtigen Blick zu den anderen, alle schienen abzuwarten, ob irgendjemand etwas sagen würde, also machte Buffy schließlich den Anfang: „Kann Lily das denn so einfach entscheiden? Ich meine, sie haben den Rat neu aufgebaut, für die Gelder gesorgt und das alles, da kann Lily doch nicht einfach kommen und… Oder doch?“
 

Mit einem Schlag waren alle Blicke auf sie gerichtet, es war etwas unangenehm, doch sie sah auch ihre Erleichterung, dass jemand etwas gesagt hatte.
 

Langsam erhob Giles, der sich dazu zwingen musste überhaupt noch irgendetwas zu dem Thema sagen zu können, seine Stimme, um ihr zu antworten: „Sie hat einen Misstrauensantrag gegen mich gestellt und dieser wurde von den anderen Wächter mindestens zu zwei Dritteln angenommen. Das heißt, dass ich vorerst vom Rat ausgeschlossen werde, bis ein Tribunal einberufen werden kann, das darüber entscheidet, ob der Misstrauensantrag rechtmäßig war und ob die Entscheidung von Dauer ist, bis dahin muss ich alle meine Rechte und Pflichten als Mitglied des Rates aufgeben.“ Seine Stimme klang resigniert, als ob er über das Wetter oder etwas anderes völlig belangloses Reden würde.
 

„Gab es so etwas auch schon als Sie das erste Mal aus dem Rat verbannt worden sind? Ich kann mich nicht erinnern, dass sie damals nach England gefahren sind!“, fragte Xander etwas unsicher, er wusste nicht, ob es nicht besser wäre, wenn er einfach seine Klappe halten würde. Immerhin hatte er zu diesem Thema nicht viel zu sagen, und bevor er irgendwelchen Unsinn plapperte, wäre es vermutlich besser gar nichts zu sagen, so sehr er Giles auch helfen wollte.
 

„Nein“, räumte Giles zähneknirschend ein, die traurige Ironie hinter seinen Worten entging wohl keinem, „um ehrlich zu sein habe ich diesen neuen Verfahrensweg eingeführt, um mich im Notfall so schnell wie möglich von alteingesessenen Wächtern mit gefährlichen Gedanken schützen zu können.“
 

„Und was passiert nun mit uns Jägerinnen?“, wollte Kennedy wissen, sie hielt es für das Beste eine praktische Frage zu stellen. Bevor Giles antworten konnte meldete sich Wood zu Wort, er sah nicht gerade glücklich aus: „Ich erhielt heute morgen einen Anruf vom Rat: Lily hat mir die Stelle von Mr. Giles in Cleveland anvertraut, vermutlich will sie vermeiden, dass jemand, der Einfluss im Rat hat in Kontakt mit Giles kommt, und schiebt es deswegen „großzügig“ mir zu.“
 

„Heißt das, dass Sie jetzt nach ihrer Pfeife tanzen?“, rutschte es Xander entrüstet heraus.
 

„Sie hat es befohlen, es gibt leider nichts, was ich tun kann, außerdem ändert es am Endergebnis nichts. Ansonsten käme sie vielleicht noch auf die Idee unsere Jägerinnen hier in Cleveland über den ganzen Globus zu verteilen!“, Wood zuckte resigniert mit den Schultern, damit war das Thema für ihn erledigt und selbst Xander musste einsehen, dass der Wächter recht hatte.
 

„Und es gibt wirklich nichts, was wir dagegen unternehmen können?“, Buffy starrte ihren Mentor entgeistert an, „Es kann doch nicht sein, dass Lily ein grausames Spiel mit uns spielt – Menschen ermordet und andere entführt - und dann von einem Tag auf den anderen den Rat übernimmt, Sie müssten sich doch wenigstens verteidigen können!“
 

„Ich bezweifle, dass ich den Rat dazu bringen könnte die Wahrheit über Lily zu glauben, ihre Familie ist unter den Wächtern viel zu gut angesehen, außerdem zweifle ich nicht daran, dass viele ihre Ansichten teilen werden. Sie haben sich bisher nur nicht getraut etwas gegen mich zu sagen, doch jetzt, wo ich in Ungnade gefallen bin werden sie aus ihren Löchern kriechen und sich auf ihre Seite schlagen. Es war so klar, dass das geschehen würde, nachdem ihre Pläne mit Dawn misslungen waren. Doch ich war zu blind, um schnell genug zu handeln!“, Giles ballte seine Faust, „Ich war seit wir erfahren haben, wer Lily wirklich ist zu sehr mit meinen eigenen Problemen beschäftigt, um mich gut genug um den Rat zu kümmern, das wusste sie, sie kennt mich einfach zu gut.“
 

„Und wenn ich versuchen würde, mit ihnen zu reden? Immerhin kennen Sie mich!“, schlug Willow vor, und Xander der neben ihr saß nickte zustimmend, doch Giles wirkte den Vorschlag sofort ab: „Es hätte keinen Sinn, sie würden dich nicht akzeptieren, außerdem schafft Lily es bestimmt auch, sie davon zu überzeugen, dass ich dich gegen sie aufgehetzt habe.“
 

„Nun sicher hat Lily einige Macht im Rat, aber es sind ja auch einige unserer eigenen Leute in wichtigen Positionen, und ich bin mir sicher, dass wir eine Chance hätten gegen Lily anzukommen, wenn wir einige wichtige Wächter auf unsere Seite ziehen würden.“, schlug Wood vor.
 

„Ja, da muss doch irgendwie etwas zu biegen sein, Sie haben schließlich auch Freunde im Rat, sonst wäre es ihnen nie gelungen ihn alleine wieder aufzubauen!“, pflichtete Buffy ihm bei, ohne die Situation wirklich einschätzen zu können.
 

„Sicher. Sicher, das könnten wir wohl versuchen.“, Buffy bemerkte erneut wie gleichgültig Giles Stimme klang, er wirkte gebrochen. Es tat weh ihn so leiden zu sehen, ein Grund mehr Lily endlich in die Finger zu kriegen, und ihr die selben Schmerzen zufügen, die sie ihnen bereitet hatte.
 

„Gut, dann werden wir das als erstes versuchen, das ganze muss systematisch angegangen werden, wir brauchen eine Tafel oder so etwas, und eine Liste von Wächtern.“, Wood wirkte sehr angespannt.
 

Andrew, der sich bisher ruhig gehalten hatte, sprang auf: „Ich habe da in Mr. Giles Keller was gesehen, einen Moment!“
 

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Cleveland, ein Cafe

Gleiche Zeit

“Also, habe ich Sie richtig verstanden, Sie wollen einen Krieg führen...“, D’Hoffryn nahm eine weitere Gabel von seiner Sachertorte nach original wienerischem Rezept, “Sie haben keine Ahnung, wie mächtig ihr Gegner ist, geschweige denn, wo er sich überhaupt aufhält, aber Sie wollen ihn bekämpfen. Mit einer derzeit noch nicht existenten Armee...“
 

“Sie haben es erfasst.“, Kan Hsirg, oder besser gesagt, Mr. Romero – ein öffentliches Café war sicher nicht der richtige Ort um sich in seiner wahren Gestalt zu zeigen – zog mit einem bestätigenden Nicken an seiner Zigarre, “Ein Krieg. Und wie Sie sicher mitbekommen haben, befinde ich mich noch im Anfangsstadium meiner Planung.“
 

“Darauf wäre ich nie gekommen“, entgegnete der oberste Rachedämon mit feiner Ironie in seiner Stimme.
 

“Nun, ich will nicht lange um den heißen Brei herumreden, ich gebe offen zu, dass ich mich hier auf Neuland bewege“, fuhr der Läufer des Htogrom Clans mit seinen Ausführungen fort. “Natürlich führen ich und meinesgleichen einen Krieg gegen die Menschheit, aber das ist ein völlig anderes Thema und hat nichts mit dieser Sache zu tun. Hier geht es nämlich um einen Krieg im eigentlichen Sinne – angreifen – zuschlagen – vernichten. Können Sie mir folgen?“
 

“Gewiss.“, D’Hoffryn nahm das nächste Stück Sachertorte und fragte sich, warum er sich überhaupt auf dieses Treffen eingelassen hatte. Normalerweise interessierte er sich nicht im Geringsten für die Geplänkel zwischen den Dämonen in der irdischen Dimension. Seinen Informationen zufolge stand der HtoGrom Clan irgendwo auf der langen, langen Liste der Dämonengruppierungen, die sich um die Weltherrschaft in dieser Dimension stritten. Nichts Erwähnenswertes, also. Abgesehen davon, dass diese Welt so rein gar nichts an sich hatte, worüber es sich zu herrschen lohnte.
 

“Ich habe mir dieses Buch hier besorgt.“ Hsirg zog eine zerfledderte Ausgabe von General Sun Tsu’s “Die Kunst des Krieges“ aus seiner Aktentasche hervor. “Meinen Sie, dass es hilfreich sein könnte?“
 

“Gewiss.“ Am liebsten wäre der Rachedämon auf der Stelle nach Arashmaharr zurückgekehrt, um sich dieses langweilige Geschwafel zu ersparen. Wäre es nicht um dieses leckere Stück Kuchen gewesen, welches er auf keinen Fall im Stich lassen wollte.
 

“Mit Hilfe dieses Buches habe ich bereits einen Schlachtplan erstellt.“, Hsirg klappte seinen Laptop auf, “Punkt eins, mehr über meinen Gegner – Malkuth – herausfinden. Punkt zwei, eine Armee aufstellen. Punkt drei, einmarschieren und vernichten.“
 

“Na, das klingt doch großartig!“ D’Hoffryn verzog das Gesicht zu einem betont jovialen Lächeln, als spräche er mit einem fünfjährigen Kind.
 

“Ja, das finde ich auch.“ Hsirg schien der Sarkasmus in den Worten seines Gesprächspartners völlig entgangen zu sein. “Aufgrund einiger Probleme an Informationen zu kommen, habe ich allerdings eine Kleinigkeit an meinem Plan geändert, ich habe die Punkte 1 und 2 miteinander vertauscht. Ich konzentriere mich nun zuerst darauf, die Armee aufzustellen und werde mich erst danach mit Malkuth beschäftigen. Vielleicht habe ich mit dieser taktischen Änderung mehr Erfolg.“
 

“Und wie soll ich Ihnen bei der Erstellung dieser Armee behilflich sein?“ fragte der Rachedämon mit hochgezogenen Augenbrauen. “Gehören Sie nicht zu irgendeinem Kult oder einer Gruppierung, die Ihnen da weiterhelfen könnte? Ihr habt doch immer irgendeinen Kult...“
 

“Wie ich Ihnen bereits sagte, diese Angelegenheit hat nichts mit den Zielen meines Clans zu tun, “ entgegnete Kan Hsirg frostig. “Ich bin in dieser Sache auf mich allein gestellt. Mehr noch, ich habe noch nicht einmal Unterstützung von meinen Bauern, da ich der letzte Überlebende meines Spiels bin. Die Jägerinnen haben alle anderen Figuren ausgelöscht...“
 

“Dann handelt es sich bei Ihrem so genannten Krieg um einen persönlichen Rachefeldzug?“ wollte D’Hoffryn wissen. “Aber warum Malkuth? Warum nicht die Jägerinnen, die für Ihr Leid verantwortlich sind?“
 

“Die Jägerinnen?“, der Iah K’uru nahm eine neue Zigarre aus seinem Etui und zündete sie mit der alten an, “Aber ich bitte Sie. Jägerinnen und Dämonen sind natürliche Feinde, das ist wie Schwarz und Weiß auf dem Schachbrett. Ein Dämon, jedoch, der andere Dämonen an Jägerinnen verrät, das ist ein Frevel. Ein Frevel, der nicht ungestraft bleiben darf...“
 

“Sie haben Recht,“ stimmte D’Hoffryn zu und diesmal meinte er es ehrlich. “Trotzdem, ich kann Ihnen leider nicht weiterhelfen. Meine Rachedämonen sind keine ’Armee’, die man so einfach in den Krieg schickt. Sie können zwar Wünsche erfüllen, aber diese Macht gilt nur für Menschen, nicht für andere Dämonen. Außerdem – aus Rache fängt man keinen Krieg an. Das ist einfach zu billig. Rache muss vielschichtiger sein und natürlich subtiler.“
 

“Was wäre denn, Ihrer Meinung nach, ein anständiger Grund, um einen Krieg anzufangen?“ fragte Kan Hsirg lauernd.
 

D’Hoffryn lächelte. “Warum nicht eine Frau?“
 

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Wächterhaus, Giles Büro,

Früher Nachmittag

Giles blickte von dem alten Prophezeiungsbuch auf, dessen letzte Seite er noch immer nicht ganz entschlüsselnd übersetzt hatte, als Buffy in den Türrahmen trat.
 

Sie beobachtete ihn für einen kurzen Moment, bevor sie leise und bedacht das Wort ergriff: „Andrew ist mit seiner „Einsatzzentrale“ gleich fertig, und dann können wir anfangen mit den Planungen.“, sie trat einen Schritt vor, „Giles wir sollten reden.“
 

„Worüber, über die Wächter?“, er blickte nicht einmal von dem Buch auf.
 

„Über Lily, aber vor allem über sie.“, sie zog einen der Stühle zurück und setzte sich, „Bitte Giles, so kann es nicht weitergehen!“
 

„Ich möchte aber nicht mit dir darüber reden.“, die Worte klangen sehr bestimmend, ohne dass sie einen Zweifel zulassen würden. Vorsichtig zog er aus einem Fach eine Lupe heraus und betrachtete eine kleine Abbildung genauer.
 

„Wie Sie meinen“, Buffy machte sich bereit wieder aufzustehen, „ich finde nur, dass Lily schon genug angerichtet hat und Sie sich nicht auch noch alles von ihr zerstören lassen sollten. Ich weiß, dass wir eine Chance haben, und wenn die Wächter erst einmal die Wahrheit über Lily kennen, dann werden sie Sie so oder so wieder in den Rat aufnehmen müssen! Dawn kann das alles bezeugen!“
 

Giles ließ für einen Moment von seinem Buch ab: „Sie hat aber bereits alles zerstört, was ich mir wieder aufgebaut hatte!“
 

„Das ist kein Grund nicht darum zu kämpfen, ich weiß, dass Sie stark sind! Mein Gott, wir haben das erste Böse zusammen zurückgeschlagen, dagegen ist ein Haufen von unentschlossenen Bürokraten doch wohl eine Kleinigkeit!“
 

„Vermutlich hast du Recht, doch es ist etwas anderes dieses Mal, es ist Lily.“, für einen Moment schien in seinen Augen etwas aufzublitzen, dann richtete er seinen Blick wieder auf das Buch.
 

„Ja, ich weiß, wie nahe Sie sich gestanden haben, und ich kann Sie mehr als nur gut verstehen. Ich weiß wie es ist, wenn jemand den man liebt plötzlich ein anderes Gesicht zeigt, und man ihn bekämpfen muss. Es tut mehr weh als alles andere! Doch Sie sind mehr als Lily, und auch mehr als der Rat, ich weiß, dass Sie es schaffen werden! Wir werden es zusammen schaffen, und irgendwann werden Sie auch Lily vergessen können!“
 

„Ich denke nicht, dass ich sie vergessen werde, ich habe sie auch vorher nie vergessen.“, Giles zögerte für einen Moment, etwas in ihm sträubte sich dagegen Buffy die ganze Wahrheit zu sagen, doch wenn er es jetzt nicht könnte würde er es vermutlich nie mehr können, „Immerhin war sie einmal meine Verlobte und wir hatten wirklich vor zu heiraten, zumindest für eine Zeit lang. Das war damals auch der Grund, warum ich den Verlobungsring für Jenny gekauft hatte: Sie war die erste Frau nach Lily, die ich wirklich geliebt habe, und ich dachte nur so könnte ich wirklich mit Lily abschließen. Wie ich damals als du von dem Ring erfahren hast schon sagte, es war wirklich eine dumme, unüberlegte und vor allem verfrühte Entscheidung!“
 

Buffy schwieg betroffen über das, was er ihr gerade offen gelegt hatte. Sie wusste nicht, wie sie reagieren sollte; sollte sie ihm sagen, wie leid es ihr tat, dass es so schwer für ihn war? Er begann wieder sich mit dem Text zu beschäftigen, doch sie hörte nicht auf ihn zu fixieren. Beide schwiegen sich für eine Weile an, dann ergriff Buffy wieder das Wort: „Sie werden es schon irgendwie schaffen, und es wird alles wieder gut werden! Wenn auch natürlich nicht mit ihr…“
 

„Natürlich, das ist es!“, Giles sprang plötzlich auf und ließ die Lupe etwas unsanft zurück in ihr Fach gleiten.
 

„Freut mich wirklich dass ich Ihnen helfen konnte!“
 

„Nein, die Übersetzung!“
 

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Wächterhaus,

Besprechungszimmer

Andrew hatte das Risiko Spielfeld aus dem Karton genommen und auf dem Tisch ausgebreitet, nun war er dabei, die kleinen Figürchen nach Farbe und Art zu ordnen: „Die Infanteristen stehen für einfache Wächter, die Reiter für einflussreichere, und die Kanonen stehen für größere Bedrohungen und für andere „unbeteiligte“ Parteien.“, erklärte er beinahe beiläufig, während er die schwarzen Reiter peinlich genau in einer Reihe anordnete, „Grün sind die Wächter auf unserer Seite, Rot die auf Lilys und schwarz, die die Unentschieden sind!“
 

Als er mit der Reihe fertig war griff er zu der übergroßen Plakatrolle, die neben dem leeren Spielekarton lag und begann sie zu entrollen, eine farbige Frau, mit einem Afro-Haarlook der 60er kam zum Vorschein.
 

„Wow! So was liegt in Giles Keller rum?“, fragte Kennedy irritiert, Andrew zuckte nur mit den Achseln: „Da unten sind noch viel mehr, und die meisten sehen noch bizarrer aus, als das hier. Giles scheint wirklich eine wilde Jugend gehabt zu haben!“
 

Kennedy lachte bei dem Gedanken, und selbst Faith konnte sich zu einem kleinen Lächeln hinreißen: „Wir sollten unbedingt mal jemanden fragen, der ihn früher gekannt hat!“, mit einem Schlag wurde ihr klar, was sie gerade gesagt hatte. Sie kannten alle bereits eine Person, die Giles früher gekannt hatte.
 

Unsicher warf sie Robin einen kurzen Blick zu, doch er erwiderte ihn nicht. Verdammt, eines Tages würde sie Lily dafür töten, was sie ihnen angetan hatte. Und dass sie auch noch die Kühle besaß Robin nach alle dem zu „befördern“, hatte dem ganzen eine Krone aufgesetzt. Sie hielt sich wohl für unbesiegbar, Faith hasste sie, hasste sie mehr als alles andere.
 

Es herrschte wieder Stille, und alle beobachteten Andrew dabei, wie er vergeblich versuchte das Plakat zu glätten, ohne dabei an die Figuren zu stoßen und die mühsam erlangte Ordnung wieder zu zerstören.
 

„Das ist doch nicht etwa mein original Marsha Hunt Konzertposter?“, Giles betrat den Raum gefolgt von Buffy.
 

„Doch, ich dachte man kann auf der Rückseite gut Notizen machen!“, Andrew gab schließlich auf es zu glätten und griff zu zwei Heftzwecken.
 

„Aber es ist… Es ist fast schon antik!“, Giles missbilligender Blick wirkte fast schon schockiert, und Andrew stockte, doch schließlich schüttelte Giles nur mit dem Kopf: „Nimm es ruhig, es ist nicht mehr wichtig.“
 

Als Andrew mit seinen Vorbereitungen endgültig fertig war nahmen alle am Tisch Platz, Andrew selbst war der letzte: „ Willkommen in unserer Einsatzzentrale, von hier aus werden alle Pläne geschmiedet werden und wichtige Entscheidungen getroffen werden, für diesen globalen, alles bedeutenden Konflikt.“
 

„Danke Andrew!“, Giles Stimme hatte einen sarkastischen Beigeschmack, und Buffy bemerkte erfreut, dass er, wenn auch nur sehr langsam zu seinem alten selbst zurückfindend, den Schmerz, dass Lily ihm den Rat streitig machte mit der Zeit überwinden würde, da war sich Buffy sicher.
 

„Also wir haben hier sie, Giles, und dort unten in England Lily!“, Xander platzierte einen grünen und einen roten Reiter auf dem Spielfeld, „außerdem haben wir noch den Willow-Hüterinnen-Bonus.“, ein weiteres grünes Pferd fand seinen Weg nach Cleveland.
 

„Dafür hat Lily aber fast alle Wächter in London, die entscheidende Positionen tragen, in ihren Händen!“
 

Eine rote Kanone wurde bei Lily positioniert.
 

„Doch viel wichtiger sollten für uns die Wächter sein, die nicht in England sind, die nicht direkt bei Lily sind, und die sie nicht so einfach kontrollieren kann, denn ich denke davon gibt es viele, und wenn wir nur die Hälfte von ihnen auf unserer Seite hätten, dann wären wir schon sehr gestärkt!“, warf Wood ein, er verteilte einige schwarze Soldaten willkürlich auf der Weltkarte.
 

„Ja, nur das wir sie nicht alle einzeln ansprechen können, wenn wir einen Wächter in China haben, der uns unterstützt, und einen in Europa, dann bringt uns das herzlich wenig, wir brauchen eine gute Basis, von der aus wir Lily angreifen können!“, Giles Blick war starr auf die Weltkarte gerichtet.
 

„Was schlagen Sie vor?“, Wood schaute Giles fragend an, doch er blickte nicht einmal zu ihm auf, er begann zu erklären: „Wenn wir die Wächter in Europa oder auch Nordamerika gegen Lily aufbringen können, dann müsste sie uns Gehör schenken, eher, als wenn wir nur vereinzelte Wächter überall auf der Welt auf unsere Seite ziehen!“
 

„Sicher, doch wie wollen wir das anstellen?“, mischte Willow sich ein.
 

„Wir brauchen Wächter mit Einfluss auf unserer Seite, die uns unterstützen und die Wächter in ihrem Umfeld überzeugen können: Romano Belussci in Rom, Daniel Westmann in Deutschland, Anne Cargo in Russland und viele weitere, sie alle sind alt eingediente Wächter, die schon ewig in ihren Bereichen für die Geschäfte des Rates verantwortlich sind, auf sie werden die Wächter in ihrem Umfeld hören!“, Giles Stimme war etwas leiser und nachdenklicher geworden, und man konnte ihm an seinem entrückten Gesichtsausdruck ansehen, dass er bereits in Gedanken an Ort und Stelle weilte und die betreffenden Personen zu überzeugen versuchte.
 

„Gut, dann wäre unser Vorgehen ja schon etwas klarer. Aber vielleicht sollten wir uns einen allgemeinen Überblick über Feinde, Verbündete und mögliche Freunde verschaffen? Was das alles zum Beispiel mit den Reitern zu tun hat...“, warf Buffy ein, „Zumindest ich denke, dass es einige Fragen zu beantworten gibt. Was haben Sie neues über die Reiter herausgefunden?“
 

Andrew guckte Giles etwas unsicher an, während er den schwarzen Filzstift aufschraubte und die Rückseite des Konzertplakates bei Buffys Worten in drei Spalten unterteilte: „Feinde“, „Verbündete“ und „potentielle Verbündete“.
 

„Nun ja“, Giles nahm seine Brille ab und begann sie zu putzen, „wenn man dem Buch „Die Reiter des Todes“ glauben schenkt, das im übrigen unsere wichtigste Quelle ist, handelt es sich um vier Reiter, deren Ziel die Vernichtung allen Übels ist, dazu tragen sie die Kraft der vier Urgewalten, also Elementarkräfte in sich, was die beunruhigende Vermutung nahe legt, dass sie in irgendeiner Weise mit den Naturkatastrophen zusammenhängen, von denen seit Tagen immer wieder berichtet wird. Wie auch immer, scheinbar verfügen sie über noch eine viel größere Kraft in sich, die frei wird, wenn sie sich alle vereinigen. Diese Kraft wird in dem Buch als die eine Urkraft bezeichnet, und sie führt eine große Reinigung unserer Welt von allem Bösen und Unreinen herbei, und zurück bleibt nur reine Erde!“
 

Die vier Jägerinnen horchten mit einem Mal auf.
 

„Die Vernichtung alles Bösen in dieser Welt? Sie stehen also auf unserer Seite!“, meldete Xander sich hoffnungsvoll zu Wort.
 

„Dann hätten wir wenigstens eine Sorge weniger!“, pflichtete Kennedy euphorisch bei.
 

„Ich denke nicht“, musste Giles sie enttäuschen, „denn es heißt, dass die vier Reiter vor Urzeiten von Magie gewandten Personen mit Hilfe von reiner Energie verbannt wurden. Aus den verschiedenen Völkern übernahm je eine kleine Gruppe die Verantwortung – Schamanen in Afrika, Medizinmänner in Nordamerika, ein Zauberzirkel in Europa und in Asien ein alter, japanischer Familien-Clan namens Tetsu. Auf diesen Namen bin ich früher schon öfters gestoßen, “ sinnierte Giles nachdenklich weiter, schüttelte dann jedoch den Kopf. „Ich schweife ab... Wie auch immer, ich glaube nicht, wenn sie auf unserer Seite stehen würden, dass es einen Grund gäbe sie an einem sicheren Ort zu verwahren.“
 

Dawn zuckte zusammen. Tetsu? Das war Shins Familien Name! Sie müsste ihn bei Gelegenheit danach fragen, ob er und seine Familie in irgendeiner Verbindung zu alle dem standen, vielleicht war es nur ein Zufall, doch nach allem, was er ihr erzählt hatte war es vermutlich doch mehr als das.
 

Ohne einen wirklichen Grund musste sich Buffy plötzlich an die Ninja aus dem chinesischen Tempel erinnern und auch an den mysteriösen Reiseleiter, dem sie sowohl in China, als auch in Australien begegnet war, ihr Jägerinneninstinkt sagte ihr, dass das alles irgendwie in Verbindung mit dem ganzen gestanden hatte, doch es war wohl nicht der richtige Moment Giles mit ihren wagen Vermutungen zu konfrontieren, er hatte andere Gedanken im Kopf. Sie machte sich in ihrem Kopf eine kleine Notiz ihn irgendwann wenn die Dinge besser standen, oder alles ruhiger war darauf ansprechen zu müssen.
 

„Definitiv Feinde!“, Andrew griff erneut zum Stift.
 

„Ich denke wir sollten die Bedrohung durch die Reiter sehr ernst nehmen, doch im Moment können wir in dieser Sache wohl nur abwarten was geschieht. Ohne den Rat auf unserer Seite können wir nur sehr schwer in Erfahrung bringen, was überall auf der Welt vor sich geht.“, beendete Giles seinen Vortrag.
 

„Es gebe da noch jemanden, an den wir bisher noch gar nicht als Verbündeten gedacht haben – Angel!“, schlug Willow plötzlich vor.
 

Buffy sah langsam zu ihrer Freundin und machte ein nachdenkliches Gesicht. Angel. ja.. er hatte ihnen beim Kampf gegen das Urböse geholfen. Sicher würde er erneut auf ihrer Seite kämpfen. Auch wenn Cleveland und L.A. nicht gerade nebeneinander lagen. Aber Angel bedeutete auch noch ein kleines Gespräch mit Giles, dass sie seit einer Woche führen wollte und irgendwie in den ganzen hektischen Tagen nach Dawns Rettung vergessen hatte. „Richtig.. Angel, “ Buffy sah zurück zu Giles. „Wollten Sie mir wegen Angel nicht noch etwas erzählen? Zum Beispiel, wieso er Sie vor ein paar Tagen angerufen hat?“
 

Giles starrte sie für einen unendlich langen Moment an, dann gab er langsam und betont eine Antwort: „Ich weiß. Ich bin dir deswegen noch eine Antwort schuldig. Und sie ist nicht sehr aufregend - er wollte Willow sprechen. Aber sie war gerade dabei Dawn zu retten und offensichtlich war es nicht wichtig genug für Angel, um zu warten...,“ das war zwar so nicht ganz korrekt, aber Giles hatte keine Lust auf eine lange Diskussion mit Buffy, „Und ich glaube weniger, dass wir uns an ihn wenden sollten. Er arbeitet immer noch bei Wolfram und Hart, und selbst wenn wir ihm vertrauen könnten, ihnen können wir nicht vertrauen! Wenn wir Angel um Hilfe bitten würden, würden wir mit ihm auch uralte, grausame und berechnende Dämonenlords, die diese Welt seit Anbeginn der Zeit terrorisieren um Hilfe bitten; ein Pakt mit dem Teufel ist das was wir im Moment noch am wenigsten gebrauchen können.“
 

Buffy wollte etwas erwidern, doch noch bevor sie angefangen hatte zu sprechen, verstummte sie wieder, er hatte Recht, auch wenn es ihr sehr schwer fiel sich damit abzufinden, dass Angel nun auf der anderen Seite stand, doch wenn Giles es so sah, dann hatte er vermutlich auch recht damit.
 

Andrew der den Stift bereitgehalten hatte verschloss ihn wieder, in seinem Gesicht zeigte sich ein leichter Ausdruck von Bedauern.
 

„Und was ist mit diesem mysteriösen Unsterblichen? Haben die Nachforschungen schon was ergeben?“, Willow lehnte sich in ihrem Stuhl nach vorne.
 

„Nein, dieser Name scheint unter Dämonen sehr beliebt zu sein, es gibt wohl tausende „Unsterbliche“ unter den Dämonen, davon sind die meisten aber bereits tot.“, berichtete Giles mit leisem, jedoch nicht wirklich motiviertem Sarkasmus in der Stimme.
 

Buffy lächelte, und Kennedy und Faith stimmten mit ein: „Dämonen neigen wohl generell dazu sich ein bisschen zu überschätzen!“
 

„Ja, doch das hilft unserer Sache wohl kaum weiter!“, Giles setzte seine Brille wieder auf, „Es gestaltet sich eher schwieriger ihn zu finden, ich werde aber mein Bestes tun, denn er spielt offensichtlich eine wichtige Rolle!“
 

„Naja, vielleicht hilft das mit den Dämonen unserer Sache schon, wenn die Reiter zum Beispiel nur Steckenpferde hätten…“, Kennedy führte ihren Gedankengang jedoch nicht zu Ende, als sie Giles ermahnenden Blick bemerkte: „Ist dann soweit alles geklärt?“
 

Die Gruppe am Tisch schwieg ihn an. Der eine oder andere nickte leicht mit dem Kopf.
 

„Gut, an die Arbeit!“
 

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Wächterhaus, später Nachmittag,

Schulbus

Ein Schrei, gefolgt von einem lauten Schlag hallte durch die Luft. Robin sah besorgt auf, griff nach der Tasse Kaffee, die er sich bereit gestellt hatte, und widmete sich dann wieder Giles Notizbüchern, die mit etlichen hundert Telefonnummern von Wächtern und Mitarbeitern des Rates voll gekritzelt waren. Er hatte freiwillig die Aufgabe übernommen, die Telefonnummern aller Wächter auf der Liste heraus zu suchen. Die Ruhe kam ihm gut gelegen. Bei C blieb er für einen Moment stehen, sein Finger fuhr über die Seite nach unten.
 

Ein weiterer Schrei ließ ihn allerdings hochfahren. Als ein lauter Knall folgte, stellte er die Tasse auf den Tisch und sprang hoch. Ohne etwas anderes als den Ausgang ins Visier zu nehmen, stürmte er durch den engen Bus, stieß die Tür auf und trat hinaus in den Garten.
 

Erleichtert amtete er wieder ein, als er Faith alleine in dem Garten sah. Die Besorgnis war jedoch nicht von seinem Gesicht verschwunden. Die Jägerin kniete schnaufend am Boden, während ihr die Schweißperlen von der Stirn hinab liefen.
 

Robin trat langsam die kurze Treppe nach unten und näherte sich Faith vorsichtig.
 

„Ich.. hab sie. getötet...“ sagte Faith plötzlich, starrte allerdings weiter auf den Boden. Ein Windstoß wehte durch den Garten und ließ die dunkelhaarige Jägerin kurz frösteln. Sie strich sich langsam die Haare aus dem Gesicht und drehte den Kopf in die Richtung ihres Wächters.
 

“Ich hab sie. ruiniert...“ sagte sie wieder, völlig von Sinnen, starrte dann jedoch wieder auf den Boden.
 

Robin ließ seinen Blick durch den Garten wandern und erkannte kurz darauf, was seine Freundin überhaupt meinte. Völlig leblos und zersplittert lag die Holzpuppe in verschiedenen Teilen am Boden verstreut herum.
 

Robin trat näher an Faith heran, reichte ihr seine Hand, die sie nach kurzem Zögern ergriff und zog sie hoch.
 

„Was ist los?“ fragte er leise, und sah von den Bruchstücken der Trainingspuppe zu Faith.
 

„Ich hab sie völlig zerstört. und ich fühle mich nicht besser...!“ sagte Faith plötzlich verärgert. Sie schien langsam wieder zu sich zu kommen. Die Jägerin war vorhin anscheinend in Rage verfallen, als sie voller Wut und Hass getrieben auf die Puppe eingeschlagen hatte.
 

„Der Hass auf Lily wird auch nicht so schnell vergehen...“ erwiderte der Wächter, hob die Hand und strich Faith eine Strähne aus dem Gesicht. Diese zuckte sofort zurück, drehte sich um, griff nach der Wasserflasche und nahm einen großen Schluck.
 

„Willow hat gesagt, dass es helfen würde…“
 

„Was machen die anderen?“, wollte Robin wissen, um Faith etwas abzulenken.
 

“Sie diskutieren, recherchieren und verrücken kleine Figuren, statt etwas gegen sie zu unternehmen!“, Faith stellte die Flasche wieder auf den Tisch, griff nach einem Messer, welches auf dem Trainingstisch lag, und schleuderte es direkt auf den Oberkörper der Puppe, der einige Meter von ihr entfernt auf dem Boden lag.
 

„Willst du nicht wieder rein zu ihnen gehen? Du darfst deinem Hass und deiner Wut nicht nachgeben. Sie leiten dich in die falsche Rich...“ sprach Robin, wurde jedoch von einer wütenden Faith unterbrochen.
 

„Ach, und du denkst, dass ich das nicht weiß? Ihr seid alle so oberschlau. aber eure Tipps helfen auch nur in der Theorie!“ schimpfte Faith wütend, trat auf den Torso zu und zog genervt das Messer wieder heraus.
 

„Denkst du, dass nur du einen geliebten Menschen verloren hast?“ antwortete plötzlich Robin harsch. Verwundert drehte sich die Jägerin um und sah den Wächter erstaunt an.
 

“Du versinkst hier in Selbstmitleid und Trauer, die dir bestimmt zu einem gewissen Grad zustehen, aber irgendwann ist genug. Reiß dich zusammen, Faith! Du bist kein kleines Kind mehr. Wir alle haben schon geliebte Menschen verloren. Ich meine Mutter, du deine Wächterin, den Bürgermeister. Es ist nicht das erste Mal“
 

„Aber es ist anders...“ konterte Faith, trat näher an ihren Wächter heran und sah ihm direkt in die Augen.
 

“Es ist verdammt nochmal anders! Ich .. ich kann ihren Killer nicht jagen, weil diese blöde Schlampe menschlich ist! Ich.. ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll! Ich habe damals Kakistos getötet, für das, was er meiner Wächterin angetan hat. Ich hab gegen Buffy gekämpft, wegen dem, was sie dem Bürgermeister antun wollte, aber ich kann Lily nicht töten. Ich kann nicht einmal an den Ort gelangen, an dem sie sich befindet!“
 

Faith funkelte ihn wütend an, trat genervt gegen die Holzstange, an der die Puppe montiert war, und wartete auf eine Antwort, die ihr der Wächter jedoch schuldig blieb. Ratlos blickte er sie besorgt an.
 

„WAS? Fällt dir jetzt nichts mehr ein?“
 

Wood trat ebenfalls an den Tisch, griff sich ein Messer und schleuderte es mit voller Wucht an Faith vorbei direkt in den rechten, oberen Teil des Torsos der ramponierten Puppe.
 

„Faith, du bist erwachsen. Es sind so viele Menschen hier, die dir ihre Hilfe anbieten. Rede noch mal mit Willow. Oder sprich mit Giles. Rede mit Buffy wenn du möchtest. Aber werde damit fertig, sonst wirst du noch mal drauf gehen, weil du dich nicht konzentrieren kannst!“ sagte er, sah sie noch einmal besorgt an, drehte sich dann um und ging wieder zum Bus zurück.
 

„Wie sollen sie mir denn helfen? Du kannst mir ja anscheinend auch nicht helfen!“ schrie sie ihm wütend nach, bekam aber als Antwort nur das Knallen der Tür zu hören, als sie ins Schloss fiel.
 

„Na toll...“ fluchte die Jägerin und brachte mit einem Fußtritt auch endlich die Holzstange zu Bruch.
 

„Was ist denn hier los?“ hörte sie plötzlich Ronahs Stimme, und drehte sich erschrocken um. Die dunkelhäutige Jägerin stand neben dem großen Baum und sah Faith fragend an. Diese sah überrascht, dass Ronah nicht alleine gekommen war.
 

„Ach, übrigens, das hier ist Cliff.“ Ronah grinste zuerst den dunkelhäutigen, groß gewachsenen, 17 jährigen Jungen und dann Faith an.
 

„Cliff?“ fragte Faith und verdrehte den Kopf. Sollte sie den Typen kennen?
 

„Wir haben uns vor ein paar Wochen in der Stadt kennen gelernt. Ich wollte ihm mal zeigen, wo ich lebe. Er ist mein Freund.“ sagte Ronah stolz.
 

„Hi!“ sagte Cliff, trat einige Schritt auf Faith zu und hielt ihr die Hand entgegen. „Schön sie endlich kennen zu lernen. Ronah sagt immer, dass sie wie eine große Schwester für sie wären.“
 

Cliff lächelte Faith freundlich, aber etwas unsicher an, während diese verwirrt seine Hand schüttelte.
 

„Ähm, ja. Sag doch du. Schön dich kennen zu lernen, Cliff“ grüßte Faith ihn verwirrt. Ronah hatte einen Freund? War ihr da etwas entgangen? Und warum musste sie gerade jetzt mit ihm hier auftauchen? Naja wenigstens war zwischen ihm und Ronah wohl noch nicht mehr passiert, das konnte sie sich sicher sein, nach der Sache mit dem Dämonen letzte Woche.
 

„Okay, Ronah du kennst dich ja hier aus. Ich muss leider... äh... weg!“ Faith schnappte sich die Trinkflasche, nickte Cliff und Ronah noch einmal zu, und lief dann am Haus vorbei auf die Straße Richtung Erie See. Sie brauchte jetzt etwas Ablenkung.
 

„Sie ist ziemlich fit...“ sagte Cliff, während er Faith nachstarrte.
 

„Ja, das ist sie. Und ich denke nicht, dass du Ärger mit ihr haben möchtest.“ sagte Ronah lachend, während sie auf Cliff zutrat, und ihre Arme um seine Hüfte legte.
 

„Schön hier...!“ flüsterte er leise, während er sie an sich heran zog, und sie langsam, leidenschaftlich küsste.
 

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England, außerhalb von London, Landsitz der Martins

Abend

Lily zog den zusammengefalteten Zettel aus ihrer Hosentasche und überflog die Rede noch einmal, sie war gut geworden, verdammt gut, ihr Vater wäre wohl stolz auf sie gewesen. Sie befand sich in Georges Arbeitszimmer, es war sehr groß, sogar eine Hausbar war vorhanden, deswegen beschloss sie sich einen Schluck zu genehmigen, sie könnte es wahrlich gut gebrauchen, zumindest musste sie die Wächter heute Abend bei Laune halten.
 

Als sie sich einen Whiskey eingoss fiel ihr Blick auf ein Foto, es zeigte sie, ihren Vater, ihre Mutter und George mit seinem Sohn und seiner Frau, Maria, sie war vor zwei Jahren an Krebs gestorben. Seit ihrem Tod war George nicht mehr der Mensch gewesen, den sie gekannt hatte, zwar immer noch sehr freundlich und zuvorkommend, doch in seinen Augen lag immer eine fast greifbare Trauer, die Lily oft einen eiskalten Schauer über den Rücken jagte.
 

Sie konnte sich noch gut an die Gelegenheit erinnern in der dieses Foto entstanden war, in dieser Zeit waren sie und ihre Eltern noch oft weg gefahren. In diesem Urlaub waren sie wohl in Schottland gewesen, Lily musste um die zehn Jahre alt gewesen sein, Georges Sohn Leonard, der inzwischen die Betriebe seines Vaters übernommen hatte, war gerade mal ein Jahr alt gewesen.
 

Sie konnte sich noch an den Klang des Meeres erinnern und an den Geruch, der in der Luft gelegen hatte. Sie müsste unbedingt mal wieder mit jemandem ans Meer fahren, doch sie bezweifelte, dass die einzige Person die dafür in Frage käme je wieder darüber nachdenken würde mit ihr irgendwo hin zu fahren.
 

Sie nahm einen tiefen Schluck aus dem Glas. Und stellte es als es leer war wieder zurück.
 

Die Tür öffnete sich und George trat ein: „Lily, Kleines, ich freue mich dich wieder zu sehen, tut mir Leid, dass ich im Rat nicht mit dir sprechen konnte; wie ist es in Amerika gelaufen?“
 

Sein Haar schien noch grauer geworden und die Glatze noch größer zu sein. Sein Gesicht war verschwitzt und auf den Wangen waren rote Flecken zu sehen, dank der hektischen Vorbereitungen.
 

„Auch einen Schluck, Onkel George!?“, sie goss sich ein weiteres Glas ein und guckte den alten Freund ihres Vaters fragend an, bevor sie die Flasche zurück stellte.
 

„Nein danke, Lily, du weißt, mein Herz verträgt nicht mehr so viel; und hör mich auf Onkel zu nennen, da fühle ich mich noch älter!“
 

„Du bist alt! Und ich auch, trotzdem nennst du mich noch Kleines!“, ihr Protest klang nicht allzu ernst gemeint.
 

„Wie auch immer, wie ist es denn jetzt in Amerika gelaufen?“, wollte der gealterte Wächter nun mit nachhaltigem Interesse wissen.
 

„Das meiste so, wie ich es geplant hatte, auch wenn es leider einige kleinere Probleme gab.“, versuchte sie seine Frage mit einer knappen Antwort abzuhaken, doch George ließ nicht locker: „Welche Art von Problemen?“
 

„Nichts, dass man nicht hätte bewältigen können, ich hatte Buffy ein wenig unterschätzt, doch es ist alles mehr oder weniger gut ausgegangen, abgesehen davon, dass ich mein Ziel nicht erreicht habe. Hör zu ich will jetzt nicht darüber reden, lass uns lieber später darüber sprechen, an einem anderen Ort, der dafür besser geeignet ist.“
 

George verstand ihre Andeutung und lenkte das Gespräch in eine andere Richtung: „Hast du auch Schwierigkeiten gehabt, wieder mit ihm zusammen zu arbeiten?“
 

Lily antwortete nicht, stattdessen nahm sie einen weiteren tiefen Schluck und blickte George vorwurfsvoll an, weil er ein Thema angeschnitten hatte, über das sie mit keinem sprechen wollte. Verdammt, es war ihre Privatsache!
 

„Es tut mir Leid, wenn du nicht darüber sprechen willst, dann kann ich es verstehen, ich wollte dir nur sagen…Jetzt wo dein Vater tot ist, du kannst mir alles erzählen, ich werde dir so gut helfen, wie ich kann!“
 

Lily sah den alten Mann einen Moment ruhig an. Ein kleines Lächeln formte sich auf ihren Lippen und ein warmer Glanz trat in ihre Augen. Es tat gut, zu wissen, dass es noch immer jemanden gab, der zu ihr stehen würde, egal was passierte. Trotzdem fiel es ihr nicht leicht, darüber zu reden. Auch wenn sie wusste, dass es ihr hinterher sicher besser gehen würde. Nur widerstrebend begann Lily: „Ich weiß das zu schätzen, aber ich will wirklich nicht darüber reden, aber… Na ja, zu erst war es leicht. Wir waren einfach nur Kollegen mit einer gemeinsamen Vergangenheit. Es war nett an alte Zeiten erinnert zu werden, und auch darüber zu reden. Doch dann... als meine Pläne reiften, wurde es schwieriger den Schein zu wahren. Ich musste mich verstellen - es war wie eine Maske aufzusetzen, doch mit der Zeit…“, ihr letzter Widerstand war nun gebrochen.
 

„Mit der Zeit begann ich daran zu zweifeln, wie viel von der Maske ich selbst war, wie viel von dem was ich sagte und tat nur gespielt war und was die Wahrheit, und auf der anderen Seite, wenn ich frei war und mich nicht mehr verstellen musste, dann war es nur wie eine weitere Maske, die ich aufzog. Ich habe begonnen mich zu fragen, wer von den Rollen, in die ich schlüpfen musste ich wirklich war? Bin ich die freundliche Wächterin? Der Dämonen beschwörende Fiesling? Die liebende Tochter? Jemand, der das richtige tut? Ich weiß es langsam wirklich nicht mehr.“
 

George starrte sie für einen schrecklich langen Moment an, dann trat ein Lächeln in sein Gesicht: „Du wirst deinem Vater immer ähnlicher, Richard hat mal etwas ganz ähnliches zu mir gesagt, nach dem Tod deiner Mutter; ich bin mir sicher, auch du wirst es eines Tages herausfinden!“
 

Ein Klopfen an der Tür riss die beiden aus ihrem Gespräch, und eine rundliche Haushälterin trat verlegen ein: „Verzeihung, Mr. Martin, die Edinburghs sind eingetroffen!“
 

„Entschuldige mich bitte, Lily!“, so schnell wie er aufgetaucht war, war er wieder zu den Vorbereitungen für den Empfang zurückgekehrt.
 

Lily blieb etwas ratlos zurück, die Fragen, die sie das erste Mal laut ausgesprochen hatte schwebten ihr im Kopf rum, als ihr Blick auf das Urlaubsfoto fiel und an dem glücklichen Gesicht ihres Vaters hängen blieb: „Hast du es am Ende gewusst?“
 

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England, Süden, Landsitz der Ushers

1969

Der Regen prasselte gegen die vorgeschobenen Fensterladen, während die wenigen Lampen das Büro ihres Vaters in ein mattes Licht tauchten.
 

Es war ein Tag wie so viele, draußen trieb ein typischer englischer Landregen sein Unwesen, der Nebel hing tief über der kleinen Ortschaft, an die ihr Anwesen angrenzte und die Sonne war keine einziges Mal aus der dicken Wolkenschicht hervorgekommen.
 

Lily saß im großen mit dunkel braunem Leder überzogenen Sessel und wartete auf ihren Vater. Ihre rechte Hand umklammerte die Lehne, während sie mit der linken ihre traditionelle, englische Schuluniform zurecht zupfte. Alles sollte perfekt sein.
 

Sie war aufgeregt, wie sie es noch nie zu vor gewesen war, nicht einmal an ihrem Geburtstag oder Weihnachten. Dies war der Tag auf den sie so lange gewartet hatte, ihr Vater hatte es ihr versprochen, seit sie fähig war ihn danach zu fragen.
 

Sie sah sich um, sie war nicht oft in diesem Raum gewesen nur manchmal, wenn ihre Mutter sie schickte um ihren Vater zum Essen zu holen. Er mochte es nicht, wenn man sein „Reich“ betrat, und er hatte sie immer irgendwie komisch angeguckt, wenn sie ihn geholt hatte, ihr Blick war immer auf die Dämonenschädel gefallen, die an seiner Wand hingen, und auf die abertausenden Bücher in seiner eigenen kleinen Bibliothek.
 

Lily konnte nie aufhören ihm Fragen über Dämonen, Jägerinnen und vor allem die Wächter zu stellen, manchmal konnte auch er gar nicht aufhören begeistert von seiner Arbeit und dem Rat zu berichten, doch an anderen Tagen war er sehr verschlossen, und wollte nicht auf ihre Fragen eingehen. Zum letzten Geburtstag hatte er ihr ein großes Dämonenlexikon geschenkt, um alle ihre Fragen zu beantworten.
 

Lily konnte sich daran erinnern, am Tag davor aus ihrem Bett gekrochen zu sein, ihre Mutter und ihr Vater hatten sich bis zu letzt gestritten, was sie ihr schenken sollten, ihr Vater war gegen das Lexikon gewesen, er hatte gesagt, dass sie zu jung dafür sei und dass sie wenn sie einmal in diese grausame Welt kommen würde ihr nicht mehr entkommen könnte, er sie also, lieber erst so spät wie möglich an seiner Arbeit teilhaben lassen würde, doch ihre Mutter hatte ruhig erwidert, dass es immer klar war, dass Lily eine Wächterin werden würde und er nichts mehr daran ändern könnte, egal wie lange er es herauszögerte, er solle lieber stolz darauf sein, dass seine Tochter bereit wäre so eine große Verantwortung zu übernehmen.
 

In dieser Nacht hatte Lily davon geträumt, wie es wäre mit ihrem Vater Seite an Seite in die Schlacht gegen das Böse zu ziehen. Heute war ihr Traum in so greifbare Nähe gerückt: Ihre erste Lehrstunde zur Wächterin stand bevor.
 

Die Tür schwang auf und ihr Vater trat ein, gefolgt, von einer in schwere Umhänge gehüllten Gestalt: „Tut mir Leid, dass ich etwas länger gebraucht habe, Schatz, aber ich musste Lekath hier abholen.“
 

Der Fremde lüftete seine Kapuze und ein rotes, etwas lang gezogenes Gesicht mit kleinen Schwarzen Hörnern, einem schwarzen Bart und weißen Haaren am Hinterkopf kam zum Vorschein, er reichte ihr sein rote, knochige Hand und machte komische Zischlaute, während er sprach: „Sei gegrüßt, kleine Lily Usher! Ich hab schon viel von dir gehört!“
 

Unfähig etwas zu entgegnen ergriff Lily seine Klaue, sie fühlte sich rau und kalt an. Sie sah ihm nicht ins Gesicht und wand sich statt dessen ihrem Vater zu: „Ein Lemurten-Dämon, vermutlich aus Sibirien, er ernährt sich von Unglück und…“, sie stockte, als sie bemerkte, wie er für einen kurzen Moment verunsichert guckte, doch dann fasste er sich wieder: „Kannst du mir auch sagen, was für Fähigkeiten er hat?“
 

Lily überlegte krampfhaft, da war etwas gewesen, doch es fiel ihr nicht mehr ein, schließlich guckte sie beschämt auf den Boden: „Nein, ich weiß es nicht mehr.“
 

„Ist nicht so schlimm, selbst ich muss vieles nachschlagen und weiß es nicht auf Anhieb, das gehört in unserem Beruf dazu! Ich kann dir versichern, dass er nicht feindselig ist!“
 

Unser Beruf. Als sie ihren Vater diese Worte ganz beiläufig sagen hörte, machte ihr Herz einen Sprung, es würde alles so werden wie sie es immer gewollt hatte, seit sie ihn das erste Mal von dem Rat hatte sprechen hören, und wie wichtig und ehrbar seine Aufgabe war.
 

„Lekath ist hier, um dich über seine Spezies zu unterrichten, damit du ein Gefühl dafür kriegen kannst, wie Dämonen leben und was sie die ganze Zeit machen. Ich werde euch beide alleine lassen!“
 

Fragend schaute sie ihren Vater an, doch bevor sie sich durchringen konnte etwas zu sagen hatte er schon die Türen hinter sich zugezogen und sie mit diesem roten Ungetüm alleine zurückgelassen und dann sollte sie sich auch noch mit diesem „Etwas“ unterhalten, von dem sie ihren Vater immer nur abfällig reden gehört hatte, solche Kreaturen musste man töten, nicht mit ihm reden.
 

„Zuerst will ich dir sagen, dass du keine Angst vor mir zu haben brauchst, kleine Lily Usher. Wenn ich hier wäre, um dir zu schaden, wäre ich nie an deinem Vater vorbei gekommen, geschweige denn mit ihm. Er beschützt dich vor allem, so fern es in seiner Macht liegt.“
 

Lily nickte nur.
 

„Nun, vermutlich hast du trotzdem Angst, und das ist auch nicht verwunderlich, denn ich bin wohl der erste lebende Dämon, den du zu Gesicht bekommst.“, sein Blick fiel auf die Dämonenschädel an der Wand und sein Mund verzog sich zu einem faltigen, freundlichen Lächeln, „Wollen wir es einfach so machen, dass ich dir das beibringe, worum dein Vater mich gebeten hatte, ok?“
 

Lily nickte wieder und bemühte sich zu lächeln, doch es gelang ihr nicht ganz.
 

„Wie du ganz richtig bemerkt hast bin ich ein Lemurten-Dämon, genauer gesagt komme ich aus dem Khal-Stamm, wir leben in Wäldern, Erdlöchern und Felsspalten, und sind in der Regel Einzelgänger, nur zur einer Zeit im Jahr treffen wir uns mit unseren Artgenossen.“
 

„Zur Paarungszeit?“, fragte Lily und wurde plötzlich rot, als ihr klar wurde, was sie diesen Mann, der einem Menschen gar nicht so unähnlich war, gerade gefragt hatte.
 

„Ja, aber dieses Thema wollte ich eigentlich umgehen, es sei denn du bist daran interessiert!“, er lachte, es war ein tiefes freundschaftliches Lachen, und Lily antwortete mit einem ehrlich gemeinten Lächeln, ohne groß darüber nachzudenken, wen oder besser was sie da anlächelte.
 

„Also ich denke einfach mal es wäre falsch zu sehr ins Detail zu gehen, auf jeden Fall kannst du davon ausgehen, dass jedes Weibchen danach bis zu neun Eiern legen wird. Aber es geht bei dem ganzen nicht nur um die Fortpflanzung, es ist auch einfach nur ein Familientreffen, wir feiern, tragen Turniere aus und betrinken uns; hast du schon einmal slawischen Blutsekt getrunken?“
 

„Nein, ich glaube nicht, dass mein Vater das erlauben würde, ist der aus echtem… ich mein…?“
 

„Er wird aus Ziegenblut gemacht, denkst du ernsthaft, wir würden etwas vom Menschen essen?“
 

„Ich meine, warum nicht? Ihr seid doch Dämonen!“, Lily wirkte etwas verlegen, sie hatte sich Dämonen immer nur als absolut böse Kreaturen aus der Hölle vorgestellt, die kleine Kinder fraßen und Menschen Unglück brachten, doch Lekath hatte dieses Bild relativ schnell zerstört.
 

„Denkst du wirklich wir sind alle böse? Die meisten von uns wollen doch nur in Ruhe und Frieden leben, wie ihr auch. Und essen in dem Sinne, wie ihr das Wort gebraucht tun wir auch nicht.“
 

„Ihr ernährt euch von Unglück, oder? Das hab ich zumindest gelesen.“, sie wusste nicht wirklich, was sie sich darunter vorstellen sollte.
 

„Ja, das stimmt. Du musst nicht glauben, dass es mir Spaß macht, eigentlich mag ich die Menschen, manchmal beobachte ich einige von euch über mehrere Tage hin weg. Naja, auf jeden Fall müssen wir uns von eurem Unglück ernähren, wie ihr anderes Leben zerstören müsst, um zu überleben. Es liegt in unserer Natur, ist ein Teil von uns. Meistens tun wir es, während ihr schlaft und zwingen euch uns von eurem Unglück zu berichten, wir brauchen es, wir haben Hunger, genau wie ihr. Und du glaubst nicht, wie köstlich ein Mann sein kann, der das Mädchen, das er liebt nicht bekommt, oder eine Mutter, die ihr Kind verloren hat. Wir schüren ihr Leid nicht, genauso wenig, wie wir es ihnen nehmen, wir stillen nur unseren Hunger daran, mehr nicht.“
 

„Bist du im Moment hungrig?“
 

„Nein, ich hatte gerade eine ganz gute Mahlzeit!“
 

Für einen Moment überlegte Lily, ob sie ihn fragen sollte, wovon er sich ernährt hatte, doch als sie sich gerade entschied, dass diese Frage unpassend war öffnete sich die Tür und ihr Vater trat wieder ein, er wirkte versteinert: „Und hast du viel gelernt Lily, Schatz?“
 

„Ja, es war sehr interessant, Lekath hat mir viel erzählt von sich und seinem Volk!“, Lily war ganz aufgeregt, ihrem Vater ihre Erfahrungen zu berichten.
 

„Schön, Kind, ich befürchte nur, wir müssen jetzt auf Lekath verzichten!“, er wand sich dem Dämon zu und reichte ihm die Hand, „Vielen Dank für alles!“
 

Plötzlich ging alles so schnell, dass es schon fast vorbei war, als Lily begriff, was vor sich ging, es dauerte nur wenige Sekunden. In der linken Hand ihres Vater blitzte etwas auf, ein Messer, mit einem gezielten Stoß trieb er es direkt in Lekaths Herz, schwarzes Blut spritzte, der freundliche Dämon schrie auf vor Qual, ein Feuer entzündete sich und von einem Moment auf den nächsten, war er nur noch ein Häufchen Asche.
 

Lily starrte entsetzt von der Stelle, wo eben noch ihr neuer dämonischer Freund gestanden hatte zu ihrem Vater, der das Messer an einem Tuch reinigte: „Warum hast du das getan?“ „Weil er ein Dämon war.“, seine schlichte Antwort kam wie aus einer Pistole geschossen.
 

„Aber er war ein friedlicher Dämon, er hätte niemandem etwas getan!“, Lily sprang aus ihrem Sessel auf, sie schrie ihren Vater fast an und Tränen standen in ihren Augen.
 

„Er war ein Dämon, es ist unsere Aufgabe, Dämonen zu vernichten, und wenn wir bei ihm einen Unterschied machen, wo fangen wir dann an? Wenn wir uns schon fragen, welcher Dämon böse ist und welcher nicht, dann müssten wir sie gleich hoch ansehen, wie Menschen, und nicht ohne Grund ist es einer Jägerin strikt untersagt, sich in menschliche Angelegenheiten einzumischen, weil sie einfach nicht das Recht hat solche Entscheidungen zu treffen.

Alle Dämonen sind unsere Gegner, weil sie einfach nicht in unsere Welt gehören, wir können es uns nicht leisten, sie zu bemitleiden, es ist einfach nicht möglich.“
 

„Aber die Wächter können es doch nicht für gut heißen, wenn Lebewesen getötet werden, die vollkommen unschuldig sind!“, es wurden immer mehr Tränen in ihren Augen, sie konnte sie nicht mehr aufhalten.
 

„Setz dich wieder hin und hör zu, Kind!“, seine Stimme klang streng und gebieterisch. Lily zuckte zusammen, nahm aber wieder platz, „Willst du wissen, warum ich ihn getötet habe? Wir Wächter müssen Dinge tun, die wir nicht tun wollen, es ist unsere Bestimmung, wir haben die Verpflichtung, alles zu tun, was getan werden muss um die Menschheit zu retten, dabei sind die Dämonen unsere Feinde, seit alters her. Und glaub mir Lily, viele Menschen sind grausamer, kaltherziger und gefährlicher, als es die meisten Dämonen je sein könnten, und sie werden es mit Sicherheit irgendwann selbst fertig bringen sich zu zerstören, doch unsere Aufgabe ist es nur sie vor Dämonen zu schützen, und nicht vor sich selbst. Es geschehen so viele grausame Dinge in dieser Welt und die wenigsten von ihnen haben mit Dämonen zu tun, doch was die Menschen betrifft interessiert uns nicht. Ein Dämon ist ein Feind, egal wie freundlich er ist, oder ob er Kinder hat, die um ihn trauern werden, sie sind Feinde und gehören zur anderen Seite, das darfst du nie vergessen!“
 

Lily schaute ihren Vater an, sie wollte ihm glauben schenken, sie wollte das kennen lernen, wonach sie sich schon ihr ganzes Leben sehnte, doch sie konnte ihm nicht verzeihen, was er getan hatte.
 

„Wächter zu sein heißt, Opfer zu bringen, um die heilige Pflicht zu erfüllen, die uns gegeben wurde, es ist nie leicht, aber du wirst es lernen. Diese Welt ist so komplex, das nur ein kleiner Tropfen das Fass zum Überlaufen bringen kann, wir können es uns einfach nicht leisten, zimperlich zu sein, denn wenn wir es an der falschen Stelle sind, wenn wir anfangen Kompromisse einzugehen, werden wir irgendwann bitter dafür bezahlen und feststellen, dass wir zu nachsichtig waren und dass wir uns aus Bequemlichkeit selbst angelogen haben.

Wir sind das letzte Schild zwischen der Menschheit und ihrem Untergang, Ordnung ist das was zählt, Chaos ist der Untergang, es wird irgendwann der Tag kommen, an dem das Chaos über die Ordnung siegt und wir die alles entscheidende Kontrolle verlieren. In dieser Zeit wird es auf mutige Frauen und Männer ankommen, die sich dem Chaos stellen, und die Ordnung wieder herstellen! Und wir, du und ich werden unter ihnen sein, wenn wir dann noch leben.
 

Mitleid wäre etwas sehr menschliches, doch Menschen sind schwach, und wir können es uns nicht leisten schwach zu sein. Menschen, wissen nicht was sie wollen, unter einer Monarchie kreischen sie nach Freiheit, aber in einer Demokratie sind sie nicht bereit einen Finger für andere zu rühren; wir können es uns nicht leisten unentschieden zu sein. Wir sind Wächter. Wächter über die Jägerinnen. Wächter über die Ordnung. Wächter über uns selbst! Wir müssen Entscheidungen treffen, die keiner treffen will und Dinge tun, die keiner tun will, bist du bereit eine Wächterin zu sein? Willst du diese Last wirklich tragen?“
 

Lilys Herz rutschte in die Hose, das war es also gewesen, was ihr Vater die ganze Zeit gemeint hatte, wieso er sie vor dem Rat schützen wollte. Wie er so da stand sah er fast hilflos aus, irgendwie entblößt, Lily konnte die Last, die auf seinem Rücken ruhte förmlich spüren: „Ich will eine Wächterin werden, so wie du einer bist! Ich will dem Rat dienen, und seinen Idealen! Ich will unserem Namen Ehre machen! Und vor allen Dingen will ich nie vergessen, was du mich heute gelehrt hast!“
 

Sie stand auf und streckte ihre Hände aus, er schloss sie in seine Arme: „Ich bin stolz auf dich kleines Mädchen! So stolz!“
 

In seinen Augen standen Tränen, doch sie würde wohl nie erfahren, ob es Tränen der Freude oder Tränen der Trauer waren.
 

Der Regen hämmerte immer noch unerbittlich gegen die hölzernen Fensterläden.
 

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England, Landsitz außerhalb von London

2004

„Ms Usher?“, mit einem Schlag wurde Lily zurückgerissen in die Realität, die alte Haushälterin stand direkt hinter ihr, „Ms. Usher, es ist alles so weit fertig, alle Gäste sind eingetroffen, Mr. Martin lässt Sie rufen!“
 

„Ja, ich komme gleich, einen Moment noch!“, Lily war gefasster, als sie es erwartet hatte, „Sagen Sie George, er kann auch ohne mich anfangen!“
 

„Wie Sie meinen!“, als wäre es eine persönliche Beleidigung gewesen machte die rundliche Angestellte eine Kehrtwende und verschwand irgendwelche unverständlichen Worte murmelnd im Flur, Lily blickte ihr für einen Moment nach, dann fiel ihr Blick wieder auf das Bild ihres Vaters: „Gib mir Kraft! Ich werde sie brauchen, und mit ein bisschen Glück wird dort wo jetzt Chaos ist bald wieder Ordnung sein. Deine Ordnung!“
 

Sie zog den Zettel wieder aus der Tasche und machte sich auf den Weg.
 

Als sie die breite Treppe, die nach unten in den Empfangsraum führte herunter schritt konnte sie förmlich spüren, wie die Blicke aller Wächter auf sie gerichtet waren, sie alle hatten Fragen, wollten mit ihr sprechen, sich mit ihr gut stellen oder auf Distanz stellen, eine wunderbare Spielwiese, hier konnten Bündnisse geschmiedet und Zwietracht gesät werden, genau das was jetzt von Nöten war.
 

Als sie die unterste Stufe der Treppe erreicht hatte, glitt sie in das Meer aus Menschen hinein, dass sich im nicht allzu großen Empfangssaal versammelt hatte, doch die Wächter machten es ihr nicht schwer, sie wichen zur Seite und es schien, als ob sie ihr direkt einen Weg zu George frei machen wollten, der am Buffet stand und peinlich genau darauf achtete, dass sich noch niemand etwas nahm.
 

Aus den Menschenmassen trat eine Wächterin hervor. „Kathryn!“, begrüßte Lily die Frau übertrieben freundlich, „Wie lange ist es her, dass ich dich gesehen habe?“
 

Doch Kathryn, Erbin des Hauses Lionsbridge, schien sich nicht an Lilys künstlicher Art zu stören: „Es ist nicht ganz so lange her, das letzte Mal auf der Beerdigung deines Vaters, doch davor eine ganz lange Zeit nicht, ich hab dir immer Briefe geschrieben, aber du hast nie geantwortet!“
 

„Tut mir Leid, aber ich war fast nie zu Hause, du weißt ja, wie es mit der Arbeit ist, man kommt einfach nicht dazu solche kleinen Dinge zu tun.“, rechtfertigte sich Lily und die beiden Frauen lachten. Kathryns Lachen war beinahe künstlicher, als Lilys.
 

„So, ich muss jetzt weiter, es gibt noch viele andere, die mit mir sprechen wollen, und ich sollte George auch nicht zu lange warten lassen! Wir können uns ja irgendwann einmal zum Tee treffen und über alte Zeiten plaudern.“, mit diesen Worten ließ sie ihre alte Jugendfreundin hinter sich, ohne eine Antwort zu erwarten. Kathryn war unwichtig, sie war zu schwach, um sich gegen sie zu stellen, also fraß sie Lily so oder so aus der Hand, ob sie nun freundlich zu ihr war oder nicht.
 

Zwischen den ganzen Wächtern erblickte sie für einen kurzen Moment Lady Ashcroft, dicht gefolgt von ihrem Sohn Michael. Lily nickte ihr zu und die alte Frau antwortete ihr auf die gleiche Weise. Auch wenn die Ashcrofts sich noch nie mit den Ushers verstanden hatten, und auch wenn Marianne seit dem Tod ihres Mannes eine verbitterte alte Frau war, würde sie keine Probleme machen, dafür waren ihre Ansichten und Interessen zu ähnlich. Michael wäre schon eher eine Gefahr gewesen, doch seine Mutter behandelte ihn wie einen Schoßhund an kurzer Leine. Wenn seine Mutter es nicht erlaubte würde er sich nie trauen, etwas gegen sie zu sagen.
 

Am Rand der Halle fielen ihr zwei düster blickende Frauen auf, sie standen etwas abseits von der Menschenmasse, also bahnte sich Lily einen Weg: „Ladys, das ist ein Empfang, es wäre sicher nicht falsch sich ein bisschen zu amüsieren!“
 

Die beiden starrten immer noch finster drein, schließlich erhob Laurel Cromwell das Wort: „Unsere Familien waren noch nie Freunde, doch mit diesem abgekarteten Spiel werden Sie nie durchkommen! Sie sind zu weit gegangen!“
 

Die Wächterin zu ihrer Linken pflichtete ihr bei: „Vielleicht glauben Sie heute feiern zu können, doch die Lust dazu wird ihnen vergehen, so bald es zum Tribunal kommt!“
 

Lily hielt an ihrem künstlichen Lächeln fest: „Wir tun alle nur, was wir für das richtige halten, kein Grund deswegen ausfallend zu werden, doch wir sollten heute Abend wirklich nicht mehr über das geschäftliche reden, als unbedingt nötig!“, scheinbar ohne Luft zu holen fuhr sie fort, „Claudia, wie geht es eigentlich ihrer Familie in Thailand, ich habe gehört, dort unten soll das Wetter im Moment ziemlich verrückt spielen!“
 

In dem charmanten Lächeln ging die unterschwellige Drohung kaum unter: Sie kannte ihre Schwachstellen, und sie würde nicht davor zurückschrecken, das schamlos auszunutzen, wenn sie nicht in ihrem kleinen Spiel mitspielten.
 

„Ihnen geht es so weit ganz gut, so viel ich weiß.“, antwortete Claudia trocken.
 

„Er ist auch ein Wächter, nicht war? Hoffentlich kommt niemand auf die Idee ihn an den Untersuchungen dieser Phänomene zu beteiligen! Immerhin haben sie schon eine Jägerin das Leben gekostet!“, legte sie noch eins drauf und verabschiedete sich dann charmant mit einem kleinen Winken und stürzte sich wieder in die Menge.
 

„Ms. Usher, haben Sie kurz Zeit für mich?“, es war Charles Prescott, seine Familie war schon vor langer Zeit nach Amerika übergesiedelt, er stand Giles Ideen sehr offen gegenüber. Aufpassen!
 

„Charles, schön Sie hier zu sehen, wir hatten leider nie die Gelegenheit uns näher kennen zu lernen.“, ein freundlicher Anfang, wie immer.
 

„Nein, das hatten wir wohl nicht. Ich wollte noch einmal mit ihnen über Mr. Giles reden, doch wenn es ihnen jetzt nicht passt, dann…“, Prescott war nicht so direkt wie Lady Cromwell es gewesen war, doch er vertrat offensichtlich die gleiche Ansicht, außerdem kam er Lily weit aus intelligenter vor, als die junge Erbin.
 

„Nun ja, ich denke nicht, dass wir dieses Thema diskutieren sollten, bis es zur Verhandlung kommt, sonst wirft uns nachher noch jemand Vorverurteilung vor!“, sie blickte sich um und sah George, der auf seine Uhr zeigte, sie formte mit ihrem Mund ein „Ich komme gleich.“.
 

„Wie auch immer, ich sollte jetzt wirklich meine Rede halten!“, sie ließ den etwas enttäuscht dreinblickenden Prescott zurück und bahnte sich ihren Weg.
 

„Ms. Usher? Entschuldigen Sie bitte...“, sie drehte sich um und vor ihr stand Bernard Crowley, er war in die Jahre gekommen, das sah man ihm an, auch wenn Lily ihn nur früher einige Male flüchtig gesehen hatte: „Entschuldigung, Ms. Usher, wollte Sie nur begrüßen!“
 

„Mr. Crowley, es ist mir eine Freude Sie zu sehen, Sie sehen gut aus, haben Sie sich eigentlich überhaupt verändert!“
 

„Hören Sie mit den Schmeicheleien auf, Ms. Usher, die durchschaue ich, ich bin in die Jahre gekommen, wie wir alle, doch ich bin immer noch bereit dem Rat zu dienen, so gut ich kann!“
 

„Ich denke, das sind wir alle!“, Lily ging nicht weiter darauf ein und überlegte für einen Moment, ob dieser alte Mann vielleicht mehr verbarg, als sie wusste, sie würde sich bei Zeiten darum kümmern müssen.
 

„Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden!“, schaffte Lily es schließlich ihm zu entkommen.
 

Als sie George erreichte wirkte ihr alter Freund sichtlich gestresst: „Wo warst du? Ich habe schon die ganze Zeit auf dich gewartet, wo warst du?“
 

„Ich habe ein paar alte Kontakte aufgefrischt, das wird doch nicht verboten sein, schließlich ist das ein Empfang!“, George schien ernsthaft aufgebracht, „Wenn schon, dann solltest du mit den wirklich Mächtigen reden; du hast noch kein Wort mit den Edinburgh Geschwistern gewechselt, seit du hier bist, genau so wenig wie mit Norman Oldcastle!“
 

„Warum soll ich meine Zeit mit sicheren Verbündeten verschwenden?“, sie tat etwas entnervt, „Kann ich jetzt diese gottverdammte Rede halten?“
 

Er nickt nur, also griff sie zu einem Glas mit Sekt und einer Gabel. Das Klingeln riss die Wächter aus ihren Gesprächen, und der Lärm, der sich langsam aufgebaut hatte verstummte abrupt.
 

„Meine Damen und Herren, ich will Sie nicht lange aufhalten, ich weiß, Sie alle haben Hunger, Hunger und Durst, also werde ich mich kurz fassen: Zuerst einmal möchte ich ihnen danken, dass Sie zu zahlreich erschienen sind, um mich zu begrüßen, Danke! Ich bin mir im klaren darüber, dass dies eine schwere Zeit ist und zwar für uns alle, viele sind sich unsicher, was als Nächstes geschehen soll, wie es mit uns weitergehen soll, und das sollten Sie auch!

Ich selbst habe auch Zweifel, doch ich denke, wir können es uns nicht leisten uns von diesen Zweifeln davon abhalten zu lassen Dinge zu tun, die getan werden müssen, Dinge die man nicht aufschieben kann, bis sie irgendwann zu so gewaltigen Problemen werden, dass sie alles, was wir aufgebaut haben wieder zerstören!
 

Lassen Sie uns auf eine gemeinsame, bessere Zukunft für den Rat trinken, lassen Sie uns auf alle trinken, die sich für unsere Sache geopfert haben, unsere Väter und Mütter und so viele andere. Lassen Sie uns darauf trinken, dass sie genau das gleiche tun würden an unserer Stelle!“
 

Sie erhob ihr Glas und trank einen Schluck, die Nacht war jung und es gab noch viel zu tun.
 

„Das Buffet ist eröffnet!“
 

AKT 2
 

Cleveland, Buffys Wohnung

Nächster Morgen

Buffy hatte sich Zeit gelassen, aufzustehen, es war gestern Abend sehr spät geworden, und Giles hatte ihr etwas Zeit zu gestanden. Auch wenn ihr nicht danach war, und sie lieber nach ihm gesehen hätte, immerhin schien die Sache mit dem Rat und Lily ihn verständlicher Weise ziemlich mitzunehmen, genehmigte sie sich trotzdem ein ausgedehntes Frühstück, aber es würde wieder ein langer, harter Arbeitstag werden, und es konnte sicher nicht schaden, wenn sie ordentlich etwas in den Magen bekam, bevor sie anfing, denn sie bezweifelte, dass sie später dazu kommen würde.
 

Genüsslich schmierte sie die Marmelade auf ihren Toast und wollte es gerade zum Mund führen, als die Haustürklingel läutete. Sie blickte einmal unentschieden zwischen dem Toast und der Tür hin und her, und entschied sich dann schweren Herzens für die Tür.
 

Für einen kurzen Moment dachte sie darüber nach, dass sie nur ihren Pyjama trug, doch dann war es schon zu spät, und vor ihr stand ein äußerst charmant aussehender Postbote: „Ich habe Post für Sie!“
 

Er hatte trotz seiner charmanten Art eine irgendwie komische, fast bösartige Ausstrahlung, die Buffy für einen Moment an jemand anderen denken ließ, doch es verflog schnell. Ein Vampir konnte er wohl auch schlecht sein, bei dem Beruf.
 

„Lady, ihre Post!“, er hielt ihr einige Briefe entgegen.
 

„Oh ja, natürlich.“, sie nahm sie entgegen, während ihr Blut in ihren Kopf schoss.
 

Scheinbar merkte er es, denn er setzte ein schiefes, belustigtes Lächeln auf: „Schicker Schlafanzug!“
 

„Danke!“
 

Er zog die Tür hinter sich zu und sie fiel ins Schloss. Schicker Schlafanzug? Oh Gott! Sie müsste wirklich mal wieder mit Männern ausgehen, und wenn nur um wieder ein bisschen mehr in Übung zu kommen! Das war ja entsetzlich, früher hätte sie einen frechen Kontre bereit gehabt, doch heute bedankte sie sich nur? Was war bei ihr so falsch gelaufen?
 

Sie setzte sich wieder an den Tisch und schmollte ein bisschen, während sie die Briefe durch sah, Ermahnung des Zahnarztes, Rechnungen und geschäftliches des Rates, das aber wohl nun überholt war. Es hatte sich nicht wirklich gelohnt sich gegen den Toast und für die Tür zu entscheiden, selbst wenn man die peinliche Situation nicht zählte.
 

Unwillig öffnete sie den Brief des Zahnarztes mit einem antiken Brieföffner aus reinem Silber, der eigentlich mal für die Dämonenjagd hatte herhalten sollen.
 

Sie überflog die Zeilen, dann stöhnte sie leicht auf, es war im Moment nicht wirklich Zeit für so etwas.
 

Sie wollte sich gerade dem nächsten Brief von einem gewissen Charles Prescott, wohl einem Wächter, widmen, als es erneut klingelte.
 

Mühsam stand sie ein weiteres Mal auf und schleppte sich zur Tür, die Briefe immer noch in ihren Händen. Bevor sie öffnete warf sie einen kurzen Blick durch den Spion, um nicht wieder von einem überaus gut aussehenden Postboten überrascht zu werden. Doch was sie sah ließ sie zurückschrecken: Vor ihrer Tür stand ein ihr nur zu gut bekannter Dämon.
 

Regil, Mo´s Freund, den sie bei der Plünderung eines Grabmals überrascht hatte, ein echsenartiger Dämon, der ein tiefer anzusiedelndes Mitglied der Organisation war. Mit einem Schlag riss Buffy die Tür auf, packte den Dämonen am Kragen und drückte ihn gegen die Wand: „Was machst du hier?“
 

Er rang nach Luft, während er versuchte zu erklären: „Wir beide sind weiß Gott keine Freunde Jägerin! Nun ja, aber auf jeden Fall bist du Mo´s Freund, und Mo ist mein Freund, und ich denke er wäre nicht gerade glücklich, wenn dir etwas zustoßen würde, auch wenn ich nicht verstehen kann, warum. So oder so: Ich schulde ihm noch einiges, und deswegen bin ich hier, auch wenn er es nicht weiß und auch nicht wissen muss.“
 

Buffy starrte ihn fragend an, was wollte er hier? Konnte sie ihm trauen? Vermutlich nicht, dennoch sollte sie sich anhören, was er zu sagen hätte. Langsam und misstrauisch ließ sie ihn herunter und zupfte seinen Kragen zu Recht.
 

„Also, Jägerin, ich werde dir jetzt etwas sagen, was du wirklich wissen solltest, aber vorher musst du mir versprechen, dass danach jede Schuld, die ich je bei dir hatte beglichen ist.“
 

„Ich verspreche es, wenn die Information wirklich so wichtig ist!“, zog sich Buffy demokratisch aus der Affäre.
 

„Gut, mehr kann ich wohl nicht verlangen!“, er nickte, als ob er es erst hätte mit sich selbst ausmachen müssen, dann streckte er die Hand aus und machte ihr mit einer unmissverständlichen Geste klar, dass sie ihm die Briefe geben sollte. Für einen Moment stockte sie zu erst, doch er meinte es offensichtlich ernst, also gab sie die Post weiter.
 

Er nahm den schon geöffneten Brief vom Zahnarzt, legte die restlichen bei Seite, und betrachtete ihn für einen kurzen Moment, dann hielt er seinen Finger an eine Stelle und zeigte ihn ihr: „Hier sieht man es am deutlichsten!“
 

Er hielt ihr den aufgeschnittenen Umschlag hin, doch Buffy fiel zu erst nicht auf, was er meinte, doch dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen: Der Rand war eingerissen und es war eine deutliche Klebespur zu erkennen.
 

„Jemand liest deine Post!“
 

Sie hielt den Umschlag zwischen ihren Fingern, ihr Atem ging schneller, wer sollte sich für ihre Zahnarzttermine interessieren?
 

„Aber es kommt noch besser!“, er griff zu dem Telefon und öffnete das Batteriefach, ein kleiner rot blinkender Sender kam zum Vorschein, „Sie hören dein Telefon ab; kurz sie überwachen dich!“
 

„Wer sind sie?“
 

„Das kann ich dir nicht sagen, es ist schon riskant für mich überhaupt hier zu sein, ich dachte nur, dass dich das vielleicht interessieren würde, denn der, der hinter dem ganzen steckt wird nicht zurückschrecken, bis er dir furchtbar wehgetan hat!“, erklärte der Echsendämon.
 

„Warte, ich kann dich beschützen, wenn du mir hilfst!“, Buffy packte ihn am Arm, dass er ja nicht weg laufen konnte, doch er riss sich los: „So, wie du Mo geholfen hast? Hast du bisher einmal den Finger für ihn krumm gemacht?“
 

„Ich hab alles getan, worum er mich gebeten hat!“, Buffy begann ein schlechtes Gewissen zu bekommen, obwohl die Anschuldigung ihrer Meinung nach völlig ungerechtfertigt war.
 

„Du kennst ihn doch nicht einmal, du weißt nicht einmal etwas über Malkuth!“, mit diesen Worten drehte Regil sich um und verschwand, für einen Moment überlegte Buffy, ob sie die Antwort aus ihm herausprügeln sollte, doch dann entschied sie sich dagegen, er hatte ihr schon einen großen Dienst erwiesen.
 

++++
 

Wächterhaus

Wenig später

„Ja, ich verstehe ja, dass Sie nichts dazu sagen wollen, bevor Sie mit ihren Freunden in London sprechen können, doch Ms. Usher ist dort und sie manipuliert den Rat, ich bezweifle, dass Ihre Freunde eine unvoreingenommene Meinung haben!“, Giles presste den Telefonhörer krampfhaft an sein Ohr. Die Ringe unter seinen Augen machten deutlich, dass er die ganze Nacht kein einziges Auge zu getan hatte, auch wenn er es Buffy versprochen hatte, und sie selbst nach Hause geschickt hatte.
 

Das Ganze war frustrierend, immer wenn er jemanden anrief wurde er mit vorgeschobenen Argumenten hingehalten, irgendwelche höheren Instanzen mussten gefragt werden, Jägerinnen waren auf irgendwelchen gefährlichen Missionen, oder die Verbindung war schlecht. Langsam war er es leid, immer so abgewimmelt zu werden. Hatte, er wirklich so wenig erreicht, als er den neuen Rat aufgebaut hatte, dass es ihm nicht mal möglich war die Ohren der Wächter für die Wahrheit zu öffnen.
 

Einzig Kieran O´ Baley hatte sich kooperativer gezeigt und ihm Gehör geschenkt, doch dieser eine amerikanische Wächter war nicht wirklich viel Wert, dennoch war Giles froh, dass er wenigstens eine Person im Rat hatte, die ihm Gehör schenkte, auch wenn er sich nicht sicher war, ob Kieran wirklich auf seiner Seite war.
 

„Ja, ok, Sie melden sich wieder, wenn Sie etwas in Erfahrung gebracht haben, ja!“, frustriert knallte er den Hörer in die Halterung: Es würde nie etwas werden!
 

Er wollte sich gerade dem nächsten Namen auf seiner Liste annehmen, als Buffy von hinten in den Raum gestürmt kam. Ihr Gesichts Ausdruck war ziemlich aufgebracht und schien förmlich „Ich muss mit ihnen reden Giles, jetzt!“ zu schreien.
 

„Buffy, was ist mit dir los? Ist irgendwas geschehen?“, er legte sein Notizbuch auf den Tisch und trat einen Schritt in ihre Richtung.
 

„Lily, sie hat ihre Spitzel von der Dämonenmafia losgeschickt, um mich zu überwachen!“, brauste Buffy auf, „Sie hat irgendwas mit uns vor!“
 

„Bist du dir da sicher?“, fragte Giles und bemühte sich besorgt zu klingen, doch auch wenn er sich dafür schämte waren seine Gedanken im Moment an einem anderen Ort, und er konnte sie nicht wirklich auf Buffys Ängste richten.
 

„Ja, ich habe eine Wanze gesehen und meine Briefe werden geöffnet und gelesen“, sie reichte ihm den Umschlag, er betrachte ihn gründlich: „Nun ja, ich muss leider zu geben, dass es in der Tat danach aussieht, aber was willst du tun? Außerdem bezweifle ich, dass sie an deiner Zahnarztrechnung interessiert ist! So Leid es mir tut das zu sagen, aber ich denke Lily kennt uns gut genug und hat es nicht nötig uns zu überwachen! Von wem hast du eigentlich die Information?“
 

„Regil, falls Sie sich noch erinnern? Ich sehe keinen Grund wieso er mich nach allem anlügen sollte. Vermutlich geht es Lily darum herauszufinden, in wie weit wir Erfolg damit haben, gegen Sie vorzugehen. Vielleicht überwacht sie uns ja auch alle, um uns immer einen Schritt voraus sein zu können?“, mutmaßte Buffy.
 

„Ok, dann sollten wir das einfach schnell überprüfen, um festzustellen, ob du recht hast“, schlug Giles vor und zeigte zu seinem Telefon, während er einen Brief von seinem eigenen Poststapel nahm. Buffy griff nach dem Hörer und schraubte die Muscheln auf.
 

„Der Brief sieht ganz normal aus!“, stellte er schließlich erleichtert fest, wenn er Buffys Sorge auch nicht wirklich geteilt hatte.
 

“Hm und hier ist auch keine Wanze drinnen, “ sagte Buffy nachdenklich. „Komisch.“
 

„Hör zu Buffy... ich weiß nicht was das bedeuten soll, dass man dein Telefon verwanzt hat, noch verstehe ich den Grund für Regils Tipp. Vielleicht fragst du mal bei Mo nach oder suchst nach Regil, um mehr Informationen zu bekommen. Ich bin im Moment wirklich mit ganz anderen Problemen beschäftigt, um mich jetzt auch noch darum zu kümmern. Hör dich etwas um, während ich mich weiter um die Sache mit dem Rat kümmere.“
 

„Ok! “ sagte Buffy gedehnt und fast ein wenig beleidigt. Der Rat lief ihnen nicht weg, wenn aber jemand ihr Telefon überwachte, sah das doch schon ganz anders auch. Aber sie verstand Giles und wollte nicht noch mehr Sand ins Getriebe streuen. „Dann mach ich das und ihnen.... Viel Glück!“
 

„Dir auch!“
 

Und schon war sie verschwunden. Giles sah kurz zur Tür und runzelte die Stirn. Vielleicht hätte er Buffys Problem gegenüber etwas mehr Interesse zeigen sollen oder sich über die neuen Entwicklungen ernsthafte Sorgen machen müssen, doch schließlich war Buffy erfahren genug für den Anfang damit alleine zu Recht zu kommen. Sie verstand sicher, wieso er im Moment einfach anderes im Kopf hatte.
 

Und wieso sich darüber den Kopf zerbrechen? Sie hatte ja nicht einmal gefragt, wie er voran kam, doch das schlimmste war, dass er nicht wusste, ob er sich darüber aufregen oder eher freuen sollte, weil er ihr nicht die schlechten Nachrichten hatte überbringen müssen.
 

Er wollte sich gerade wieder seiner Liste zu wenden, als das Telefon klingelte. Er hob ab so schnell er konnte: „Ja? Was sagen Sie, wie ist Ihr Name?... Prescott? Charles Prescott?“
 

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Kanalisation, unterirdischer Tempel

Gleiche Zeit

“Ein heiliger Krieg, sagst du?“ Der Thug'saha Dämon faltete seine vier Hände über der bemalten Brust und blickte nachdenklich auf seinen Gebetsteppich hinunter. “Wir werden das Orakel der Göttin befragen, “ entschied er schließlich. “Sobald sie uns ihre Entscheidung mitgeteilt hat, werden wir wissen, ob wir uns deinem Feldzug anschließen werden...“
 

“Wie lange wird das denn ungefähr dauern?“ erkundigte sich Kan Hsirg erschöpft. “Bis wann kann ich mit einer Antwort rechnen?“
 

“Hm...Schwierig.“ Der Knochenkranz in den Händen des Thug’saha klackerte leise. “Im Moment haben wir den Äon der heiligen Kuh, also können wir frühestens im Äon des heiligen Esels das Orakel befragen. Normalerweise sind die Antworten der Göttin jedoch recht schwierig zu deuten, also wird der Hohepriester wohl zusätzlich die Eingeweide eines Dragnesi Hörnchens zu Rate ziehen müssen. Ein Dragnesi Hörnchen darf allerdings nur im Äon des Affen geschlachtet werden...“
 

“Vielen Dank für deine Zeit.“ Kan Hsirg verbeugte sich, und wandte sich ab. Auch hier würde er nicht weiterkommen. Man sollte nicht meinen, dass es so schwierig wäre, aggressive blutrünstige Dämonen zu einem Krieg zu überreden!
 

“Eine Frage noch...“ Der Thug’saha zog an einer Wasserpfeife. “Warum bekriegst du nicht die Jägerinnen, wenn diese doch deinen Klan auslöschen?“
 

“Natürlich bekriegen wir uns auch, “ seufzte Hsirg und öffnete sein drittes Auge, um es einmal genervt zu rollen. “Aber das mit Jägerinnen und Dämonen ist was völlig anderes, sie sind einfach natürliche Feinde...“
 

“Ich danke dir für deine Zeit, “ wiederholte er noch einmal und verließ mit raschen Schritten den unterirdischen Raum.
 

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London, Lilys Pferdegestüt

Früher Vormittag

Ein leises Klopfen an der Tür veranlasste Lily kurz zusammenzuzucken, dabei griff sie sich leise stöhnend an den Kopf. Sie lag auf dem Bett, alle Gliedmaßen von sich gestreckt. Lily hatte schreckliche Kopfschmerzen und die dummen Tabletten halfen kein bisschen. Woher kamen sie nur? Die paar Gläser Sekt am vorigen Abend konnten es unmöglich gewesen sein, vermutlich war es der Druck das Richtige zu tun, und die ganzen Gedanken, die ihr die ganze Zeit im Kopf rum schwirrten, selbst jetzt noch, wo sie es vor Schmerzen kaum aushalten konnte, um nachzudenken.
 

„Herein, die Tür ist offen!“, Lilys Stimme klang matt, als George die Tür aufschob und sie erblickte, die Haushälterin musste ihn wohl herein gelassen haben: „Mein Gott, Lily, was ist denn mit dir los?“
 

„Kopfschmerzen, könntest du bitte die Tür hinter dir schließen? Ich ertrage das Sonnenlicht nicht! Warum bist du gekommen?“
 

Der alte Mann schloss die Tür vorsichtig, kam dann rüber zu Lily, setzte sich auf die Bettkante und fühlte ihre Stirn: „Fieber hast du jedenfalls keins!“
 

„Oh bitte, Onkel George, ich bin kein kleines Kind mehr!“, sie entzog sich seiner Reichweite.
 

„Erinnerst du dich noch, an die Nacht als deine Mutter in Ferien war und dein Vater musste Geschäfte für den Rat erledigen? Du hattest hohes Fieber und ich und Juliane sollten uns um dich kümmern, doch es wurde irgendwann so schlimm, dass ich mit dir ins Krankenhaus fahren musste!“, man sah seinen alten und traurigen Augen förmlich an, wie er immer mehr in der Vergangenheit versank.
 

„Warum bist du gekommen?“, Lily bemühte sich möglichst entnervt und abgeklärt zu klingen, denn sie konnte es sich nicht leisten, darauf einzugehen, sie hatte schon genug eigene Probleme, um sich auch noch um Georges Gefühlswelt zu kümmern.
 

„Ach ja richtig, ich wollte mit dir über unser weitere Vorgehensweise reden!“, er rückte wieder etwas näher zu ihr.
 

„Und, was liegt dir auf dem Herzen, schieß los!“, Lily setzte sich im Bett auf und strich sich ihre Haare aus dem Gesicht, so dass die Frisur einigermaßen geordnet aussah.
 

„Nun ja, ich finde nur, dass du einige Dinge etwas anders handhaben solltest, zum Beispiel die Edinburghs. Sicher mag es für dich unnötig aussehen, Zeit mit Verbündeten zu verschwenden, doch wenn du dich nicht mit ihnen beschäftigst solltest du dich langsam fragen, wie lange du sie noch als Verbündete haben wirst.“, monierte er ihr Verhalten, „Ebenso Lady Ashcroft und all die anderen, du verbringst einfach viel zu viel Zeit mit deinen Feinden, die du natürlich, weiß Gott nicht unterschätzen solltest! Doch ich würde dir nahe legen, die die du als deine Verbündeten siehst auch nicht zu unterschätzen!“
 

„Sie sind dem Rat treu ergeben, so wie ich auch, ob sie mich nun leiden können, oder nicht, sie werden mich unterstützen.“, erklärte sie ihm geduldig, während sie in einem Spiegel einige widerspenstige Haare zurück an ihre Stelle brachte.
 

„Trotzdem könnte es nicht schaden, wenn du dich etwas mit ihnen beschäftigst!“, auch er war nun aufgestanden.
 

„Sag du mir nicht, was ich tun oder lassen soll!“, ihr Blick fiel aus dem Fenster, es regnete in Strömen.
 

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England, London, altes Ratsgebäude,

1973

Lily spürte den warmen Atem ihres Vaters in ihrem Nacken, er stand direkt hinter ihr und zupfte einige ihre Strähnen zu recht: „Alles ok bei dir? Wie fühlst du dich?“
 

Das schwarze Kleid passte nicht zu ihr. Sie hätte es sich am liebsten wieder heruntergerissen, doch wenn heute, an diesem Tag von ihr verlangt wurde, dass sie es trug, dann musste sie sich wohl fügen, immerhin war es der Tag auf den sie so lange gewartet hatte: „Ganz gut. Du hast mir schließlich alles beigebracht, ich werde das schon schaffen!“
 

„Oh, unterschätze niemals die alten Giftschlangen, sie sind gefährlicher für dich als viele Dämonen!“, er lachte resigniert, „Aber sie sind unsere „Verbündeten“ und nicht unsere Feinde, das musst du dir immer merken. Egal, wie sehr du sie hasst, du musst sie respektieren, genauso wie sie dich respektieren müssen, wer nicht nach den Regeln des Rates spielt wird über kurz oder lang dieses Spiel verlieren.“
 

„Wie lange versuchst du jetzt schon mir das einzubläuen? Ich bin kein kleines Kind mehr, ich habe verstanden, was du gesagt hast!“, sie legte ihre Hand auf seine, „Ich werde keinen Fehler machen, du wirst stolz auf mich sein!“
 

„Das werde ich sowieso!“, er warf noch einen kritischen Blick auf ihre Haare und zog eine letzte Strähne zu Recht, „Ja, jetzt ist es ok!“
 

Sie drehte sich um, und er betrachtete sie noch einmal von oben bis unten: „Du bist wunderschön!“
 

„Hoffen wir nur, dass ich mehr als das bin, denn sonst bin ich hier im Rat definitiv falsch!“, ein schmales Lächeln schlich ihr ins Gesicht, das er mit einem breiten beantwortete: „Ich glaube, du hast wirklich gut gelernt!“
 

„Dann lass uns mal los gehen, wir können es auch nicht ewig aufschieben!“, schlug Lily vor und ergriff die Hand ihres Vaters. Während sie langsam und andächtig durch die Gänge des Ratsgebäudes schritten wechselten sie kein einziges Wort.
 

Schließlich erreichten sie das Bankett, die anderen waren alle schon da.
 

Quentin Travers, den sie schon aus ihrer Ausbildungszeit kannte, erhob sich. Er war für sein hohes Amt noch sehr jung, doch er hatte es nach dem Tod seines Vaters mit einer überwältigenden Mehrheit im Rat übernommen: „Mein sehr verehrten Damen und Herren, Kollegen und Freunde, wir sind heute zusammen gekommen, um eine der wohl talentiertesten Anwärterinnen, die der Rat je gehabt hat, in unseren Kreis aufzunehmen: Ms. Lily Usher!“
 

Wie von selbst, sie war diese Prozedur mit ihrem Vater Hunderte Male durchgegangen, stand Lily auf und lächelte fröhlich in die Runde. Travers fuhr fort: „Willst du, Lily Usher dem Rat der Wächter dienen, auf Lebenszeit, und so gut du kannst, mit all deinen dir zur Verfügung stehenden Kräften? Willst du bis zum Ende aller Tage diese Welt vor dem Bösen verteidigen, bereit jedes Opfer zu bringen? Dann antworte nun mit einem Ja!“
 

Sie hob ihre Hand: „Ja, ich will und ich schwöre all dies zu tun!“, es war vollbracht, ihr Traum hatte begonnen wahr zu werden, nun könnte sie in seine Fußstapfen treten und versuchen ihren Vater stolz zu machen.
 

„Gut, dann ernenne ich dich hier mit zur Wächterin auf Lebenszeit!“, er nahm einen Blumenstrauß, den er hinter sich abgestellt hatte und überreichte ihn ihr: „Willkommen im Rat der Wächter!“
 

Ihr Vater nahm ihr die Blumen ab, während auf allen Seiten Leute auf sie einstürmten, die ihr gratulieren wollten.
 

„Ich freue mich, dass Sie endlich dabei sind, ihr Vater hat uns schon viel von Ihnen erzählt!“, eine überaus aufgeschlossene und fröhliche Frau, die sie als Lady Ashcroft erkannte schüttelte ihr die Hand, und ihr schweigsamer, streng dreinblickender Gatte tat es ihr gleich ohne ein weiteres Wort zu sagen.
 

Lily erinnerte sich an die Worte ihres Vaters: `Die Ashcrofts sind eine nicht zu unterschätzende Macht, das waren sie schon immer. Sie mögen uns nicht, aber sie stehen trotzdem auf unserer Seite, denn sie verfolgen die gleichen Ziele wie wir. Du darfst es dir nicht mit ihnen verscherzen, hörst du Mädchen? Sie sind gleichzeitig unsere schlimmsten Feinde und unsere besten Verbündeten!´
 

„Vielen Dank, Mr. Und Mrs. Ashcroft, ich weiß das zu schätzen!“, antwortete sie, immer noch das gleiche Lächeln im Gesicht.
 

Von links drängte sich mehr oder weniger höflich Roger Wyndham-Price auf: „Lily, meine teuerste, herzlichen Glückwunsch! Ich wünschte mein Sohn wäre nur halb so fähig wie Sie, ich könnte mich glücklich schätzen!“
 

`Viel Geld, aber keinen wirklich Einfluss. Geld und Einfluss, das sind zwei Dinge, die man nie verwechseln sollte. Sicher könnte Roger seinem Sohn, den er selbst als Versager einschätzt, eine hohe Position im Rat einkaufen, doch das heißt nicht, das die anderen ihn wirklich respektieren, oder seine Meinung ernst nehmen! Der Respekt, den du durch Reichtum erhältst, ist kein wirklicher; wenn du im Rat langfristig überleben willst brauchst du beides, Geld und Einfluss!´
 

Etwas unerwartet umarmte George sie, Lily hatte ihn nicht mal kommen sehen: „Ich wusste immer das du es schaffen würdest!“
 

„Danke, Onkel George!“
 

`Versteh mich nicht falsch, ich kann George gut leiden und wir Ushers sind den Martins sicher zu viel Dank verpflichtet, dennoch muss ich sagen, dass George sehr naiv ist, er würde alles machen, was wir ihm sagen. Er vertraut uns, doch Vertrauen zu den falschen Leuten kann sehr gefährlich sein, im Rat, wie auch sonst überall in diesem Leben!´
 

„Herzlich willkommen im Rat!“, gratulierte Edward Edinburgh, mit dessen Kindern Barbara und Dean Lily früher oft gespielt hatte.
 

`Exzellente Taktiker diese Edinburghs, allesamt, doch leider haben sie nicht genug Einfluss um ihr Talent innerhalb des Rates nutzen zu können, wirklich sehr bedauerlich – für sie!´
 

Mr. Lenhardt trat vor und reichte ihr seine Hand, die sie sofort ergriff: „Willkommen!“
 

`Eine Wächterfamilie aus Deutschland, sie haben sich damals nach der Bombardierung des Ratsgebäudes im zweiten Weltkrieg sehr für den Rat eingesetzt und genießen ein sehr hohes Ansehen unter den anderen Wächtern. Das sollten sie auch bei dir! Gute Leute, ihnen könntest du wohl noch am ehesten vertrauen, abgesehen von denen, die dir vertrauen, wie George. Trotzdem darfst du es mit diesem Vertrauen nie zu weit kommen lassen, es ist ein bisschen wie ein Drahtseilakt.´
 

Als nächstes war John Cromwell an der Reihe: „Ich freue mich schon auf unsere hoffentlich gute Zusammenarbeit!“
 

`Vorsicht, liberal. Er gehört zu den Wächtern, die eine Veränderung des Rates wollen, so etwas ist immer gefährlich. Auf ihn und seines gleichen musst du achten, sonst werden sie den Rat reformieren, während du gerade mit anderen wichtigen Dingen beschäftigt bist; wirklich sehr gefährlich!´
 

Es waren noch so viele Leute, die ihr etwas zu sagen hatten, der Abend würde lang werden!
 

Plötzlich spürte sie ihren Vater neben sich, er flüsterte ihr etwas zu, doch zuerst verstand sie es nicht, er musste es noch mal wiederholen: „Lass dir nicht zu viel Zeit mit ihnen, wir haben gleich noch etwas wichtigeres vor!“
 

„Was Wichtigeres?“
 

„Eine andere Einweihungsfeier, etwas privater.“
 

++++
 

London, Pferdegestüt,

2004

Wie kleine Fäden zogen sich die Regentropfen vom Himmel hinab. Es waren so unendlich viele, dass es wohl sinnlos gewesen wäre sie zu zählen. Lily beobachtete einige, wie sie auf dem Boden des Balkons aufschlugen. Nach so einem langen Flug hatte das Schicksal nichts Besseres für sie übrig, als solch ein hartes Ende. Sie hörten auf zu existieren, waren einfach nicht mehr da, doch das Wasser aus dem sie bestanden hatten blieb, und es würde nie ganz verschwinden, es war für immer ein Teil dieser Welt.
 

Sie wand sich wieder George zu: „Ich weiß deine Hilfe wirklich zu schätzen, und glaub mir, wenn die Dinge anders liegen würden, dann würde ich mit dir über alten Geschichten plaudern, mit dir zusammen über sie lachen und ich würde mit dir trauern um das, was wir verloren haben! Doch die Dinge liegen nun mal so wie sie sind, und du musst mich nicht beraten. Der Rat der Wächter ist schon zu lange meine Spielwiese, als dass ich ihn nicht einschätzen könnte. Vermutlich sitzen die Edinburghs gerade bei Lady Ashcroft beim Tee und verschwören sich gegen mich, und? Das haben sie schon immer getan, und das werden sie auch immer wieder tun, doch im Moment habe ich rein gar nichts von ihnen zu befürchten, denn ohne mich werden sie Rupert Giles nicht los! Das heißt, dass es für sie eine Entscheidung zwischen mir und ihm ist, und sie wären wirklich sehr dumm, wenn sie es darauf ankommen lassen würden. So lange sie mich brauchen, weil ich das kleinere Übel bin, so lange werde ich mir um sie auch keine Sorgen machen, und bis dahin werde ich noch Zeit genug haben, um mir etwas einfallen zu lassen. So bald mein Plan gelingt werden sie mir so oder so zu Füssen liegen!“
 

George schaute sie an, als ob er versuchte irgendetwas in ihr zu sehen, als ob irgendwas auf ihrer Haut geschrieben stehen würde, er es aber nicht entziffern könnte: „Du hast ja Recht, Lily! Doch ich will nicht einfach nur in der Ecke stehen und nichts machen, ich will dir helfen so gut ich kann, das bin ich dir und deinem Vater schuldig!“
 

„Ich weiß, was du meinst, und ich verstehe dich auch, doch ich glaube für mich ist es das Beste, wenn du weiter den alten, gutmütigen Kauz spielst, als der du im Rat bekannt bist. Ich schaffe das ganze schon irgendwie!“, sie ergriff seine Hände, „So wärst du mir am wertvollsten, und würdest mir und meinem Vater den größten Dienst erweisen.“
 

„Gut, wenn du meinst.“, gestand George schließlich widerwillig ein, „Da ist aber noch etwas wegen dem ich zu dir gekommen bin: Ich denke, du brauchst jemanden der für dich Arbeiten erledigt, Botengänge und ähnliches, du weißt schon. Wie auch immer, wenn du für jemanden etwas zu tun hast, dass du nicht selbst erledigen kannst, dann ruf einfach bei mir an und sag Mrs. March, dass du jemanden brauchst. Sie wird dir dann so schnell wie möglich jemanden vorbei schicken, ok?“
 

„Gut, für diese Art der Hilfe bin ich dir auch sehr dankbar!“, sie umarmte ihn, „Doch ich befürchte, du musst jetzt gehen, ich habe noch einige Besorgungen zu machen!“
 

„Und die Kopfschmerzen?“
 

„Die sind praktisch weg!“
 

++++
 

Cleveland, Schule

Gleiche Zeit

"Mara warte mal." Pustend kam Dawn ihrer Freundin hinterhergelaufen.
 

"Was ist denn los??", wollte Mara irritiert wissen, als sie Dawn endlich bemerkte.
 

"Mensch die alte McGoogle will uns am Montag eine Klausur in Politik schreiben lassen. Ich werde bestimmt durchrasseln, wenn du mir nicht hilfst. Hilfst du mir? Bitte, bitte!" Dawn versuchte einen Hundeblick zu Mara zu werfen, sie sah dabei aber so komisch aus, dass beide Mädchen lachen mussten.
 

Er durfte sich nicht erwischen lassen.
 

"Klar du Politiktrampel, ich helfe dir. Kann dich doch nicht durchrasseln lassen.", munterte Mara sie auf.
 

"Prima.", freute sich Dawn.
 

"Was ist prima?" ertönte plötzlich eine männliche Stimme im Hintergrund. Josh gesellte sich zu den beiden Mädchen.
 

"Ach wir schreiben Montag eine Politikklausur und unser Ass hier rettet mich, indem sie am Wochenende mit mir lernen will.", erklärte Dawn.
 

So viele Kinder hier, hoffentlich bemerkte ihn keins von denen.
 

“Klar.“, grinste Josh, „als wenn ihr beiden lernen würdet. Ihr werdet doch eh nur die süßen Jungs der Schule und die Cheerleader durchhecheln. Dann noch ein bisschen Keanu Reeves und der Lernnachmittag ist perfekt.", langsam zählte Josh seine Finger ab. Kaum hatte er zu Ende gesprochen, fielen beide Mädchen über ihn her.
 

Das musste sie sein. Sein Boss hatte sie ihm genau beschrieben.
 

"Das stimmt doch gar nicht!!" rief Dawn und versuchte wütend zu klingen, während sie so leicht, wie es ihr als Jägerin nur möglich war auf seine Schulter einhämmerte.
 

"Hilfe, ich werde geschlagen", jammerte Josh zwischen seinen Armen hervor, die er zum Schutz über den Kopf hielt.
 

"Meine Damen, mein Herr. Ich verbiete mir das.", erklang plötzlich eine herrische Stimme, Sam stand grinsend hinter den dreien. Sie hatten ihn nicht bemerkt.
 

„Ach Sam, das ihr Männer immer zusammenhalten müsst.“, grinste Dawn. Plötzlich bemerkte sie, dass sie sich beobachtet fühlte. Ihre Nackenhärchen stellten sich auf. Unauffällig versuchte sie ihren Blick über den Schulhof schweifen zu lassen.
 

Hatte sie ihn etwa bemerkt?
 

Da hinter der Ecke zur Cafeteria sah sie ihn. Er beobachtete sie und Dawn erschrak, als sie den Dämon erkannte: Es war genauso ein Echsendämon wie bei ihrer Entführung. Diese Gesichter würde sie sicher nie vergessen. Was wollte er wohl von ihr?
 

Die Sache würde sie mit den anderen besprechen müssen, doch erst mal hatte sie etwas Wichtigeres vor.
 

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Cleveland, Black Pearl,

Nachmittag

Mo war gerade dabei einige Kisten zu kontrollieren, als Buffy an Deck trat, er war so damit beschäftigt, die Etiketten der Schnapsflaschen zu überprüfen, dass er Buffy nicht bemerkte, bis sie direkt hinter ihm stand. Erschrocken fuhr er herum: „Meine Güte, kleine Jägerin... willst du mich umbringen?“
 

Buffy schmunzelte sanft. „Unseren besten Informanten? Nein. Aber jetzt sind wir quitt.“
 

„Nur wenn ich dich auch einmal kurz über die Schulter werfen darf“, Mo machte einen Schritt auf sie zu und grinste. Buffy hob abwehrend die Hände. „Ich verzichte.“
 

„Ok, und was ist es dieses Mal?“, wechselte Mo das Thema und kam damit gleich zur Sache. In seinen Augen blitzte ein entnervter Ausdruck auf, den er jedoch schnell wieder fallen ließ.
 

„Die Organisation. Wieder einmal. Nur dieses Mal wird mir Regil nicht helfen können. Sie hören mich ab, überwachen mich... wir haben wirklich ganz andere und gewaltigere Probleme, als uns jetzt mit diesem Kindergarten herumzuärgern. Ich wüsste einfach nur zu gerne, was dahinter steckt, ob die Organisation aus eigenen Stücken handelt.“, erklärte Buffy ihr Problem.
 

Mo´s Antwort kam rasch, gleichzeitig stemmte er die schwere Kiste, die er vorher geprüft hatte hoch: „Ich verstehe, was du meinst, Jägerin, aber ich befürchte ich kann dir nicht helfen, selbst wenn ich es wollte.“
 

Seine muskulösen Arme spannten sich an, während er sich auf den Weg machte die Kiste runter in seine Bar zu bringen.
 

„Kein Hinweis? Nicht mal ein ganz kleiner?“, hakte sie nach, als sie ihm nach unten folgte.
 

„Hör zu, ich weiß es wirklich nicht, aber wenn ich es wüsste wäre es vermutlich so oder so zu gefährlich um es dir zu sagen. Aber ich habe etwas, dass dir vielleicht weiter helfen könnte es herauszufinden: eine Adresse.“, er stellte die Kiste in seinem Lagerraum ab und fingerte einen Block und einen Stift aus seiner Hosentasche heraus.
 

„Wieder eine Hochburg der Organisation?“, wollte die blonde Jägerin etwas misstrauisch wissen.
 

„Nein, ein ganz normaler Club“, erklärte er, „aber es kann gut sein, dass du dort jemanden triffst, aus dem du die Antworten auf deine Fragen herausprügeln kannst!“
 

„Oh, so etwas würde ich doch nie tun!“, entgegnete sie bestürzt, bevor sie mit einem verschmitzten Lächeln hinzufügte: „Es sei denn es geht nicht anders.“
 

Der dämonische Barbesitzer guckte sie für einen Moment an, dann schüttelte er verständnislos den Kopf und wand sich wieder dem Zettel zu. Als er fertig war gab er ihn ihr, in kaum leserlicher Handschrift waren eine Adresse und ein Name auf ihm notiert: „The Project 42“
 

„Danke Mo!“, für einen Moment ging ihr das durch den Kopf, was Regil angedeutet hatte, „Sag mal, Mo, wenn du unsere Hilfe bei irgendwas brauchst, würdest du es sagen, oder?“
 

„Natürlich Jägerin, sonst würde ich dir diese ganzen Informationen doch nicht zukommen lassen!“, er lächelte freundlich. „Ich vergesse unser Abkommen sicher nicht.“
 

„Gut!“, Buffy lächelte zurück, für einen Moment lag eine Frage auf ihrer Zunge, doch vermutlich war das seine Privatsache. Wenn er wollte, dass sie etwas darüber wusste, dann würde er es ihr früher oder später schon noch sagen und bis dahin würde sie ihre Neugier zurückhalten.
 

„Ich würde ja gerne noch etwas plaudern, aber ich hab viel zu tun. Noch einen schönen Tag Jägerin!“, verabschiedete er sich.
 

„Dir auch!“
 

Er blickte ihr nach und fragte sich, was mit ihr los war, sie hatte sich noch nie wirklich für seine Probleme interessiert. Während er sich auf den Weg nach oben machte, überlegte er, wie sie wohl reagieren würde, wenn er ihr alles über Malkuth und sich erzählen würde.
 

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England, London,

Green Park

Die Dunkelheit der Nacht begann sich am Horizont zu sammeln, während auf der anderen Seite noch die tief gelben Strahlen der langsam aber stetig untergehenden Sonne den von Regenwolken durchzogenen Himmel erhellten.
 

Alles schien nass zu sein und außer Charles Prescott war keine Menschenseele weit und breit auszumachen. Er saß auf der durchnässten Parkbank, sein Aktenkoffer neben sich und beobachtete die Vögel, wie sie vollkommen unbeeinflusst von der Außenwelt auf dem nassen Rasen umherhüpften und nach etwas essbarem suchten.
 

Langsam begannen sich Zweifel bei ihm einzuschleichen, - was wenn er nicht kam? Dann hätte er sich dem ganzen Risiko umsonst ausgesetzt, ein Risiko, das er wohl nie hätte eingehen sollen. Er wusste nicht, wie gefährlich Lily war, doch durch das was Mr. Giles ihm erzählt hatte, hatte er einen Eindruck gewonnen, der nichts gutes erahnen ließ.
 

Vermutlich wäre es das Beste, wenn er sich keine Sorgen machen würde, aber dennoch konnte er nicht aufhören darüber nachzudenken. Auf der anderen Seite war er sich aber auch sicher, dass es manche Dinge gab, die getan werden mussten, denn wie oft in der Geschichte der Menschheit waren die schlimmsten Katastrophen daraus hervorgegangen, dass sich niemand getraut hatte etwas gegen sie zu unternehmen, bevor es zu spät war?
 

Plötzlich bemerkte er eine Gestalt, auf einen Gehstock gestützt, die sich im trotzdem schnellen Schrittes näherte. Ja, das war er! Sein Herz machte einen kleinen Sprung, und er stand auf um ihn zu begrüßen: „Ich freue mich, dass Sie gekommen sind, Mr. Crowley!“
 

Bernard Crowley, der inzwischen schon ziemlich in die Jahre gekommen war galt unter den Wächtern als widerspenstig und eigenartig, dennoch war Charles Prescott davon überzeugt, dass er mehr als nur ein guter Wächter war, vermutlich einer der besten und weit besser als Prescott selbst.
 

„Ich freue mich auch Sie zu sehen, danke! Auch wenn ich von Ihrem Anruf etwas überrascht war“, er lehnte seinen verzierten Gehstock gegen die Bank und nahm Platz, „Was sagten Sie noch mal, worum es ging?“
 

„Die momentane Situation im Rat, und wie Sie dazu stehen. Ich meine, Sie sind ja wirklich schon lange in dem Geschäft, und hatten selbst auch schon einige Probleme mit dem Rat und seinen Ansichten, daher dachte ich mir Sie wären ein geeigneter Ansprechpartner!“, begann Prescott mir seinen Ausführungen.
 

„Und jetzt wollen Sie von mir, dass ich Ihnen helfe die richtige Entscheidung zu treffen?“, fragte der alte Mann, während er seinen Stock wieder ergriff.
 

„Nein, das nicht: Ich habe mich bereits mit Mr. Giles in Verbindung gesetzt, und er hat mir seine Version der Ereignisse geschildert, die mir weit aus schlüssiger vorkam als Ms. Ushers!“
 

„Mag sein.“, Crowleys Blick richtete sich auf die Vögel, er wirkte irgendwie abwesend.
 

„Mag sein? Mehr haben Sie nicht dazu zu sagen?“, Prescott schien aufgebracht.
 

„Nun ja, wem von uns war nicht klar, dass Lily Ushers Auftritt eine Phrase war? Wir alle wussten, dass es im Endeffekt nur eine Vertrauensfrage war, entweder sich für sie zu entscheiden oder für Mr. Giles. Haben nicht sogar Sie selbst den Finger für sie erhoben? Worüber beschweren Sie sich dann!“
 

„Ja, aber damals kannte ich die Umstände auch noch nicht! Fühlen Sie denn gar keine Loyalität zum Rat, können Sie so etwas einfach hinnehmen ohne es zu hinterfragen?“
 

„Hören Sie, wenn ich keine Loyalität empfinden würde, wäre ich gar nicht hier, doch was macht es schon für einen Unterschied, ob nun Ms. Usher oder Mr. Giles den Rat leitet? Warum soll ich mir deswegen Ärger machen, wenn ich es eh nicht ändern kann? Der Rat wurde schon immer von einflussreichen Familien beherrscht, die noch nie mit offenen Karten gespielt haben, zuletzt Quentin Travers. Was ist daran so schlimm, wenn es wieder so ist? Ich bin nicht wegen Mr. Giles hier, oder wegen Ms. Usher, ich bin hier, weil ich hier eine Aufgabe habe, die erfüllt werden muss, die Jägerinnen brauchen uns. Eine Jägerin, die einsam stirbt irgendwo auf der Welt interessieren irgendwelche Ränkespiele im Rat herzlich wenig, sie interessiert nur, warum sie nicht gut genug ausgebildet wurde um überleben zu können, und dafür sind wir Wächter da! Lassen Sie die großen Familien doch einfach diese Spiele miteinander treiben, wenn wir uns da einmischen, dann wird das auch nur die normalen Geschäfte des Rates beeinflussen!“
 

Prescott lauschte den Ausführungen des alten Mannes, das meiste ergab durch aus Sinn, dennoch hatte er noch einen Trumpf im Ärmel: „Sie hat dafür gesorgt, dass Jägerinnen verschwinden, außerdem ist es ihre Absicht, die…“
 

„Hören Sie auf, ich will es gar nicht hören! Warum sollte ich Mr. Giles abenteuerlichen Geschichten eher glauben, als denen von Ms. Usher? Fakt ist, dass sie beide nur um die Kontrolle im Rat kämpfen, und Fakt ist auch, dass weder sie noch ich etwas daran ändern könnten, selbst wenn wir es wollten. Wir könnten einzig und allein zwischen die Fronten geraten, und glauben Sie mir, Ms. Usher schießt mit scharfer Munition!“, er machte sich bereit zu gehen.
 

„Also wollen Sie einfach so aufgeben, obwohl Sie wissen, dass es falsch ist?“, Prescott ließ die ganze Wut die sich angestaut hatte aus seinem Bauch heraus.
 

„Warum einen Kampf kämpfen, den wir nur verlieren können, für eine Sache, die am Ende doch keinen Unterschied macht?“, er zuckte mit den Schultern, erhob sich und verschwand ohne ein weiteres Wort.
 

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Cleveland, „The Project 42“

Abend

„Oh Mann, jetzt merke ich erst, wie sehr ich das Bronze vermisse!“, rief Buffy Faith zu, während sie sich durch die Menschmassen, die sich, einige mehr, andere weniger, rhythmisch zur sehr laut aufgedrehten Techno-Musik bewegten, „Ich könnte wirklich mal wieder einen Mann in meinem Leben brauchen, nicht unbedingt was ernstes, und auf keinen Fall einen Vampir!“
 

Faith lachte, doch es klang irgendwie leer und hintergrundlos.
 

„Erst heute Morgen habe ich gemerkt, wie sehr ich aus der Übung bin!“, sie stöhnte leise auf bei dem Gedanken an den Briefträger, „Naja, für dich scheint das ja kein Thema zu sein, man sieht dir und Robin wirklich an, wie sehr ihr zu einander passt.“
 

„Ja“, bestätigte Faith Buffys Beobachtung, „ich wüsste nicht, wo ich heute stehen würde, wenn ich ihn nicht hätte, er ist wie ein Anker, der mich vor jedem Sturm schützen wird, so lange er da ist.“
 

„Du wirst ihn schon nicht verlieren!“, Buffy musste langsam feststellen, dass es irgendwie schwierig war ein tiefgründiges Gespräch zu führen, in mitten von lärmender Musik und dazu tanzenden, nass geschwitzten Menschen.
 

„Nein, das werde ich wohl nicht.“, Faith schaute Gedanken verloren in die Scheinwerfer, die im Nebel eine wilde Lichtshow bildeten.
 

„Wir sollten langsam damit anfangen das zu tun, weswegen wir gekommen sind!“, sie wurden von einem etwas übergewichtigem Paar getrennt, das sich in voller Ekstase der Musik hingab.
 

Als die beiden vorbei waren entgegnete Faith: „Vermutlich sollten wir das! Und Mo hat wirklich nicht mehr gesagt?“
 

„Nein, nur, dass ich hier jemanden finden könnte, der mir weiterhilft!“, bestätigte Buffy.
 

Faith warf einen prüfenden Blick in die Menge: „Hm, ich glaube nicht, dass sich hier irgendwo ein Dämon aufhält unter den ganzen Leuten, vielleicht sollten wir unser Glück lieber im hinteren Bereich versuchen?“
 

Buffy nickte nur, während sie versuchte den Tänzern so gut wie möglich auszuweichen; so schlimm war es im Bronze aber nie gewesen!
 

Schließlich schafften sie es der kämpfenden Masse zu entkommen, und Buffy wand sich erneut Faith zu: „Danke übrigens, dass du mitgekommen bist. Man sieht gleich unauffälliger aus, wenn man in einem solchen Schuppen nicht alleine aufkreuzt.“
 

„Kein Problem, B! Ich bin eigentlich ganz froh von Giles, Robin und ihren ganzen Geschäften mit dem Rat wegzukommen.“, sie deutete auf eine kleine, unauffällige Tür mit einem „Zutritt verboten!“ - Schild, die offensichtlich in den hinteren Teil des Clubs führte, „Vielleicht sollten wir dort unser Glück versuchen!“
 

Als sie die Tür erreichten, warf Buffy misstrauische Blicke in alle Richtungen: „Okay, denkst du die Luft ist rein?“
 

„Lass es uns herausfinden!“, Faith griff nach vorne, drückte die Klinke nach unten und ließ die Tür aufgleiten, „Siehst du, kein Problem!“
 

„Moment!“, eine tiefe, sehr männliche Stimme erklang von links und eine Türsteherin, die sie schon vom Eingang kannten kam angerannt. Ihre roten Haare hingen in Rastazöpfen von ihrem Kopf herab, ihr ganzer Körper war mit Muskeln übersät. Ihr Gesicht glich eher dem eines Gorilla, als dem einer Frau, kein Zweifel: Sie hatte genau den Beruf ergriffen der zu ihr passte.
 

„Können Sie denn nicht lesen? Zutritt verboten!“, brauste die Gorillafrau auf und funkelte Buffy und Faith dabei bedrohlich an.
 

„Oh, verzeihen Sie, wir haben nur die Toilette gesucht!“, ergriff Faith gerade rechtzeitig die Initiative, „Sie können mir nicht zufällig erklären wie ich sie finde?“
 

„Natürlich kann ich das!“, begann die Türsteherin zu erklären, Faith zwinkerte Buffy zu, die nun hinter dem Rücken der Gorillafrau vorsichtig die Tür öffnete, eintrat und leise wieder schloss.
 

Diese Hürde war genommen, doch nun war sie allein. Der Gang war dunkel, und sie wagte es nicht das Licht anzumachen. Ganz am anderen Ende, fiel ein schwacher Lichtstreifen aus einer nicht ganz verschlossenen Tür. Aber nicht nur das: Aus dem Raum drangen laute Stimmen und Gelächter.
 

Vorsichtig schlich sie weiter, bereit sich zu verteidigen, falls irgendetwas Unerwartetes passieren sollte, doch es geschah nichts. Schließlich erreichte sie die Tür und lauschte.
 

„Das war nicht fair, M´vrik, du hast die Karte im Ärmel gehabt, gib es schon zu!“
 

„Was denn, Frank, nur weil ich ein Dämon bin kannst du mir nicht vertrauen?“
 

Lautes Gelächter.
 

Das war wohl ihr Dämon! Sie machte sich bereit und stieß mit einem gezielten Tritt(?) die Türe auf: „Ich befürchte ich muss dieses Spiel kurz unterbrechen!“
 

Sechs Gesichter fuhren herum, fünf gehörten Menschen, eins einem dieser Echsendämonen, die einen großen Teil der Organisation ausmachten, einem ähnlichen Exemplar, wie auch Regil. Einer der Menschen griff nach etwas, doch Buffy war schneller, mit einem Satz war sie bei ihm und hatte die Waffe aus seiner Hand geschlagen: „Wagt es ja nicht!“
 

Offensichtlich hatte sie die lustige Gesellschaft gerade bei einem Pokerspiel gestört, neben den Spielkarten stand auf dem Tisch noch eine aus einem Totenkopf bestehende Wasserpfeife, die offensichtlich auch vor nicht allzu langer Zeit benutzt worden war.
 

„Wie sind Sie überhaupt hier rein gekommen?“, wollte ein etwas massigerer Typ wissen, der verdammt reich und verschwenderisch aussah. Aus seinem ausgeprägten Interesse schloss Buffy, dass er so etwas wie der Leiter dieses Schuppens war.
 

„Ihren Gorilla ablenken, Tür öffnen und reingehen, es war nicht wirklich schwierig!“, erläuterte Buffy ganz sachlich, „Aber Sie müssen sich wegen dem ganzen wirklich keine Sorgen machen! Ich will nur ihren Dämonenfreund hier kurz entführen, und wenn er artig ist, dann haben Sie ihn auch bald wieder!“
 

Die Anwesenden wechselten einige viel sagende Blicke, schließlich teilte der füllige Besitzer eine Entscheidung mit: „M´vrik, geh mit ihr, wir können keinen Ärger gebrauchen!“
 

Der Dämon war offensichtlich sehr betroffen, dennoch nickte er und stand auf, während er der Jägerin misstrauische Blicke zu warf.
 

Buffy war darauf bedacht die anderen am Tisch keine Sekunde aus den Augen zu lassen, während sie dem Dämon folgte, bis sich die Tür hinter ihnen schloss.
 

„Okay...,“ Buffy dehnte ihre Stimme und kniff die Augen zusammen, als hätte sie Mühe sich auf ihre nächsten Worte zu konzentrieren. „M´vrik.. richtig, “ sie gab dem Dämon Zeit zu nicken, während sie sich eine widerspenstige Haarsträhne aus dem Gesicht strich, „Sicher wird es dich nicht überraschen, wenn ich dir sage, dass ich eine Jägerin bin und ich habe irgendwie das schlechte Gefühl, dass die überaus freundliche Organisation mich beschattet und bespitzelt. Irgendeine Ahnung, wieso?.“
 

Der Dämon starrte sie für einen Moment verwirrt an, dann antwortete er: „Paranoia?“
 

„Ich bin nicht hier, um mich zum Narren halten zu lassen!“, ihre Hand schnellte vor und schloss sich um seine Kehle, so dass er anfing zu winseln und sie um Gnade zu bitten: „Bitte, ich will auch keine Spiele spielen, wirklich! Außer Poker.“
 

„Dann erzähl mir alles was du weißt, hat die Organisation einen Auftrag bekommen, mich zu beschatten? Vielleicht von Ms. Usher, die sie schon einmal beauftragt hat?“
 

M´vrik rang nach Luft, während er versuchte zu antworten: „Nein, nein bestimmt nicht! Davon wüsste ich! Aber ich weiß, wer dahinter stecken könnte!“
 

„Wer?“, Buffy lockerte ihren Griff ein wenig.
 

„Tegul, der Leiter der McGregorian-Fischfabrik? Er könnte ein Motiv und die Ressourcen haben!“, man konnte M´vrik förmlich ansehen, wie die Räder in seinem Kopf ratterten.
 

„Ich dachte seine Bosse würden ihm das Versagen nicht verzeihen? Das hat er zumindest zu mir gesagt, er wollte sich aus dem Staub machen, so lange es noch ging!“, hakte Buffy nach.
 

„Nun ja, das wollte er auch, doch sie haben ihn gestellt, aber statt ihn zu töten ließen sie ihn in seiner Position, ganz einfach weil sie niemand Besseren für die Stelle hatten, und sie sich bei ihm sicher sein konnten, dass er alles tun würde, um ihr Vertrauen wiederzugewinnen, ja, ich bin mir fast sicher: wenn es stimmt, was sie sagen, dann kann es eigentlich nur er sein, der dafür verantwortlich ist!“
 

Buffy überdachte seine Antwort für einen Moment, dann löste sie ihren Griff ganz: „Ich glaube dir!“
 

Sie beobachtete ihn noch, wie er sich auf den Weg zurück zu seinen menschlichen Freunden machte, dann drehte sie sich um.
 

Als sie die „Zutritt verboten!“ – Tür wieder öffnete, sah sie, dass Faith sich immer noch mit dem Gorilla unterhielt, also schlich sie sich vorsichtig zu ihr hin, woraufhin die dunkelhaarige Jägerin sich von der Türsteherin verabschiedete.
 

„Wie kann man sich nur so lange über den Weg zum Klo unterhalten?“, wollte Buffy etwas belustigt wissen.
 

Faith setzte eine vollkommen irritierte Unschuldsmiene auf: „Aber die Architektur dieses Gebäudes ist einfach ziemlich kompliziert!“
 

Beide Jägerinnen lachten schallend, doch dann wurde Faith wieder ernst: „Was hast du herausgefunden?“
 

„Genug! Wir müssen etwas unternehmen, komm mit!“
 

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Wächterhaus

Gleiche Zeit

Charles P. Prescott. Ein einziger Name hatte seinen Weg in die Spalte „Verbündete“ gefunden, ein einziger, gegen die erdrückende Anzahl der Gegner. Giles war versucht, Kierans Namen auch auf die Liste zu setzen, doch was hatte es für einen Sinn, wenn er sich nicht sicher war, auf welcher Seite er stand?
 

Wenigstens hatte er durch Prescott einige Informationen über die Lage in London erhalten, bedenkliche Informationen, aber wenigstens wusste er jetzt, was dort vor sich ging und konnte darauf reagieren. Wenn er es denn konnte.
 

Er machte ein kleines Kreuzchen in seinem Notizbuch, der Anruf bei Romano Belussci, dem römischen Wächter hatte ergeben, dass er im Moment im Krankenhaus war und keine Zeit hatte sich um geschäftliches zu kümmern. Wenn es Giles gelingen würde mit ihm Kontakt aufzunehmen und ihn auf seine Seite zu ziehen, dann wäre es ein großer Schritt nach vorne, doch er bezweifelte, dass dieser Schritt sehr nahe war.
 

Scheinbar schienen alle Wächter in letzter Zeit im Krankenhaus, in Ferien, oder wo auch immer zu sein, eine überaus interessante Erscheinung.
 

„Echsendämonen!“, Giles schreckte auf, er hatte Dawn, die sich von hinten genähert hatte nicht bemerkt.
 

„Was ist passiert?“, fragte er verwirrt und etwas ungehalten, weil sie ihn von seiner Arbeit ablenkte.
 

„Ich habe heute morgen in der Schule einen Echsendämonen gesehen, so welche wie die von dieser Organisation, der mich beobachtet hat!“, berichtete sie sehr dramatisch.
 

„Ach du auch? Buffy sagte schon so etwas.“, bemerkte Giles und begann nicht sonderlich beeindruckt von ihrer Geschichte seine Brille zu putzen, „Sie sollte gleich wieder da sein, dann kannst du ihr davon berichten!“
 

Er wand sich wieder seinen Notizen zu, ohne sie weiter zu beachten.
 

„Und, wie läuft es?“, erkundete sie sich neugierig, „Ich meine der Rat, haben Sie schon etwas erreicht?“
 

„Nein, leider nicht wirklich viel, aber ich und Mr. Wood arbeiten daran!“, erläuterte Giles, wenigstens eine die sie nach dem Fortschritt fragte.
 

„Lassen Sie den Kopf nicht hängen, irgendwie kriegen Sie das schon wieder hingebogen! Ich habe die Wächter gesehen, sicher kann jemand wie Lily sie auf ihre Seite ziehen, doch ich bin mir sicher, dass Sie den Spieß genau so gut umdrehen können und das werden Sie auch!“, irgendwie klangen die Worte, die aus ihrem Mund herauskamen für Dawn wie etwas, das Buffy genauso gesagt haben könnte, Giles schien es auch zu bemerken, er lächelte sie für einen kurzen Moment an.
 

„Es ist etwas Ernstes, es ist persönlich!“, Buffys Stimme ließ die beiden aufschrecken. Gefolgt von Faith betrat sie Giles Büro.
 

„Was ist persönlich?“, wollte Giles jetzt vollkommen irritiert wissen.
 

„Die Sache mit der Organisation, sie wollen mir persönlich Schaden zufügen!“, erklärte sie kurz und knapp, „Wir müssen etwas gegen sie unternehmen, auch wenn ich noch nicht genau weiß was sie vorhaben!“
 

„Vielleicht kann Dawn dir was deren Plan betrifft weiterhelfen!“, regte Giles an.
 

„Dawn? Was ist schon wieder mit Dawn?“, fragend blickte Buffy zwischen ihrem Wächter und ihrer Schwester hin und her.
 

„Ich habe heute Morgen in der Schule einen von diesen Echsenfreaks gesehen, der mich offensichtlich beobachtet hat!“
 

„Du hast was? Warum erfahre ich das erst jetzt? Warum bin ich immer die letzte, die so was erfährt!“
 

„Beruhig dich, ich bin erst vor wenigen Minuten hier angekommen, ich war bei einem Freund!“, sie bemühte sich den letzten Teil des Satzes so unauffällig wie möglich unterzubringen.
 

„Und warum hast du dich vorher nicht gemeldet? Du weißt doch, dass diese Kerle verdammt gefährlich sein können!“, Buffy war nahe daran, sich wirklich aufzuregen.
 

„Beruhig dich, ich wusste, dass ihr wichtigeres zu tun habt, außerdem habe ich es ja jetzt erzählt!“, Dawn legte ihre Hand auf den Arm ihrer Schwester, die darauf hin einsah, dass es keinen Sinn machte sich aufzuregen: „Egal, auf jeden Fall ist die Sache mit der Mafia etwas, das wir nicht einfach ignorieren können, gerade in dieser schweren Zeit nicht, wir müssen die Situation irgendwie so schnell wie möglich beseitigen.“, resigniert blickte sie in die kleine Runde und fügte schließlich hinzu: „Außerdem gefällt mir der Gedanke, dass diese Organisation jederzeit bereit wäre uns in den Rücken zu fallen auch nicht. Irgendwelche Ideen?“
 

Als keiner eine Antwort gab nahm sie selbst die Initiative, ergriff den schwarzen Filzstift und trug die Organisation unter den Reitern als Gegner ein: „Ok, ich werde mir schon etwas einfallen lassen, was wir machen können, aber ich brauche Jägerinnen, mehr Jägerinnen, als wir hier in Cleveland haben! Kriegen Sie das hin, Giles?“
 

Ihr Wächter nickte gedankenverloren: „Ich kann dir nichts versprechen, aber ich werde mein bestes geben, auch wenn es vielleicht schwer werden wird!“
 

„Gut, tun Sie das!“, dann wandte sich Dawn zu, „Und wir beide gehen jetzt erst einmal zusammen nach Hause, ich will doch nicht, dass sich diese Organisationstypen an dir vergreifen!“
 

„Danke, aber ich kann wohl auch auf mich selber aufpassen!“
 

Giles achtete nicht auf den kleinen Streit zwischen den Schwestern, sein Blick fiel auf das Schaubild auf der Rückseite des Plakates. Verdammt! Vier zu Eins, das war einfach zu wenig, und der eine Verbündete, war auch nur ein kleiner Strohhalm, an den man sich klammern konnte, der einen jedoch nie halten würde. Wie sollte man da nicht die Hoffnung verlieren?
 

AKT 3
 

Wächterhaus, vor dem Schulbus

Später Abend

Faith schloss die Tür des Wächterhauses hinter sich, und horchte auf, als sie Schritte im Garten hörte. Sie hatte die Lampe auf der Veranda nicht eingeschaltet, und so schlich sie in der Dunkelheit auf die Treppe zu, und versuchte, jemanden, oder etwas, im Garten auszumachen, hatte aber zuerst kein Glück.
 

Auf einmal trat eine dunkle Gestalt hinter dem Baum hervor, und Faith erkannte erleichtert, dass es sich nur um Ronah handelte, die stumm im Garten stand.
 

„Ronah, was gibt’s?“ Faith trat auf sie zu, und legte ihrer jungen Freundin die rechte Hand auf die Schulter, woraufhin sich diese umdrehte.
 

Unbehagen zeichnete sich in dem Gesicht der Jägerin ab.
 

“Was ist los?“
 

„Na ja… ich weiß, dass ich eigentlich versprochen habe, dass mich die Sache keineswegs bei meinen Verpflichtungen stört, aber wir sind so viele, und ich sehe nicht ein, dass immer nur ich die ganze Arbeit machen soll, während Dawn ihren faulen Arsch nicht aus ihrer Wohnung bekommt. ... Und es ist auch nicht so, dass es immer vorkommen würde... es ist nur... morgen Abend... und... ich habe... keine Lust es abzusagen... aber.“ sprudelte Ronah los und sah Faith die ganze Zeit bettelnd an.
 

„Wow.. wow... langsam. Ich bin ja kein Großrechner. Alles der Reihe nach. Was ist denn überhaupt los?“ Faith sah Ronah besorgt an.
 

„Cliff hat mich morgen zu sich nach Hause eingeladen. Er möchte, dass ich seine Familie kennen lerne... und deren Haus ist der Hammer. Es ist glaub ich doppelt so groß wie das Wächterhaus hier, und sie haben einen riesigen Garten, mit Pool, und all dem.“
 

„Und wo liegt das Problem?“ Faith musste lächeln. Ronahs erster, fester Freund. Zumindest der erste, von dem sie wusste. Und wie man vor kurzem an der Sache mit dem Dämonen gesehen, war Ronah in dem Gebiet ja noch nicht wirklich erfahren.
 

„Na ja, Robin hat mich morgen für eine Streife eingeteilt. Schon wieder. Mir geht das langsam auf die Nerven. Ich bin doch nicht sein Roboter. Wir haben hier in Cleveland insgesamt 5 Jägerinnen, warum muss ich dann jeden Abend auf Streife gehen. Miss „ich bin so arm, und klein.. lass mich bitte keine Jägerin sein“ - Dawn wurde noch nie auf Streife geschickt.“ verärgert dachte Ronah an Buffy’s Schwester, die sich schon fast ein Jahr vor ihren Pflichten als Jägerin gedrückt hatte. Dieser Waschlappen.
 

„Kein Problem. Ich übernehme dein Gebiet morgen. Mach dir einen schönen Abend bei Cliff. Und schau dass du uns einige wertvolle Sachen heraus schmuggeln kannst!“, Faith lachte, und öffnete dann die Tür des Busses.
 

Ronah starrte sie geschockt an.
 

“Das war doch nur ein Scherz“, Faith musste weiter lachen, und stieg dann in den Bus.
 

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England, außerhalb von London, dunkler Ort

Selbe Zeit

Durch eine Öffnung in der Wand trat Lily aus der Dunkelheit hinein in ein schwach schimmerndes Licht. Die Quelle war ein antiker Brunnen aus Marmor, der in der Mitte des großen Raumes stand und imposant mehrere Meter in die Höhe ragte. Wasser sprudelte aus seiner Tiefe hervor und fiel an den runden Seiten der Brunnenschale hinab in ein Auffangbecken, das zu Lilys Füssen begann und in dem das Wasser einige Zentimeter hoch stand. Lilys Spiegelbild schwamm verzerrt auf der Wasseroberfläche und wenn man genauer hinsah, konnte man Goldfische darin schwimmen sehen.
 

Aber nicht nur das Wasser drang aus der Tiefe des Brunnens, sondern auch das Licht. Es wurde in einem Strahl nach oben an die hohe Decke geworfen und verlor sich in der Weite des Raumes, und warf lange Schatten an die Wände, die von einem Säulengang geziert wurden. Ansonsten war der Raum leer und wirkte kühl und nüchtern.
 

Lily presste das alte Buch, das ihr Vater in seinem Safe als Schatz gehütet hatte, fest an ihre Brust und blickte fasziniert dem Licht- und Wasserspiel zu.
 

„Ihr seid gekommen, um mir eine Frage zu stellen.“
 

Die warme und sympathische Stimme riss Lily aus ihren Gedanken und sie blickte sich überrascht im Raum um. Doch sie sah niemanden. Sie wusste nicht wirklich was sie von einem Orakel erwartet hatte. Aber auf keinen Fall eine gestaltlose Stimme, die von allen Seiten des Raumes widerhallte.
 

„Ja“, antwortete die Wächterin schließlich zögernd und als darauf das Orakel schwieg, räusperte sie sich und hob das Buch etwas in die Höhe. Nur weil das Orakel nicht zu sehen war, hieß das nicht, dass es nichts sehen konnte. „Ich... habe hier eine Prophezeiung...nach ihr soll der Weg zu alten Gesetzen durch den Schlüssel, reine Energie, geebnet werden. Ich dachte ich wüsste, wie ich die Linie der Jägerin zu schließen habe. Ich glaubte ich hätte alles berücksichtigt, als ich loszog, um die alten Gesetze wieder herzustellen, doch wie es scheint, habe ich versagt. Was ist schief gelaufen?“
 

„Die Damaskus-Prophezeiung?“, sagte das Orakel sanft, nachdem es einen Moment lang geschwiegen hatte und Lily vor Ungeduld begann, um den Brunnen herumzulaufen. „Damit wolltet ihr die Linie der Jägerin schließen?“
 

„Beantwortet ein Orakel nicht nur Fragen?“, blieb Lily überrascht stehen, schüttelte dann den Kopf und setzte ihren Weg fort. „Ich hatte noch ein zweites Buch. „Die Reiter des Todes.“ Doch ist es mir gestohlen worden.“ Das entsprach zwar nicht ganz der Wahrheit, aber das brauchte das Orakel nicht auch noch zu wissen. „In diesem Buch war erneut die Rede von reiner Energie und von der Schließung einer Linie, von der Wiederherstellung alter Gesetze, der Reinigung des Neuen... aber ich brauche wohl jetzt Hilfe. Eine Jägerin steht mir mit ihren Freunden im Weg. Was soll ich tun?“
 

Wieder schwieg das Orakel. Das Licht begann zu pulsieren, und als es wieder sprach, nahm der Lichtschein an Intensität zu. „Ihr habt eine alte Macht entfesselt, statt neues gegen das alte zu vertauschen. Mächtige Wesen wurden befreit, die für immer verborgen hätten bleiben sollen und nun Unheil über diese Welt bringen werden. Eine Katastrophe nach der anderen wütet, während drei Reiter den einen suchen, der ihnen die Macht gibt, alles zu bereinigen.“
 

Lily blieb bei diesen Worten abrupt stehen und ihre Augen weiteten sich. Hatte sie so daneben gelegen? Hatte sie etwas derart gefährliches beschworen? Oder war es nur ein Übersetzungsfehler ihres Vaters gewesen? Hatte er am Ende mehr gewusst, als er ihr je erzählt hatte? Oder war sie einfach nur falsch an die Sache herangegangen? War nicht Dawn der Schüssel zur Bereinigung ihres Problems, sondern eine alte, gewaltige Macht, gegen die selbst Buffy machtlos sein würde?
 

„Was für Reiter“, hauchte Lily entsetzt und doch fasziniert zu gleich.
 

„Die Reiter des Todes.“
 

„Was für Ziele haben sie?“, Lily drückte das Buch enger an sich.
 

„Alte Gesetze wieder herzustellen.“
 

Lily musste nachdenken. Die Worte des Orakels waren geheimnisvoll und noch einmal wollte sie nicht falsch interpretieren. Was hieß schon die Herstellung alter Gesetze? Diente es ihrem Zweck? Oder hatten diese Reiter ganz andere Ziele? Ziele die gefährlich waren?

Leider wusste sie zu gut, dass ein Orakel in Rätseln sprach und umso direkter man fragte, umso geheimnisvollere Antworten erhielt man.
 

„Und mein Problem mit der Jägerin?“
 

„Sie ist der Schlüssel.“
 

Der Schlüssel... Lily seufzte frustriert. So weit war sie schon gewesen, als sie hier her kam. Sie bekam nicht noch einmal eine Chance an Dawn ungehindert heranzukommen, um den Zauber zu vollenden. Wobei.. wenn sie die Worte des Orakels richtig deutete, hatte der Zauberspruch überhaupt keine Wirkung gehabt, sondern nur diese Reiter des Todes erweckt. Sie musste unbedingt in der Literatur nachschlagen und mehr über sie herausfinden.
 

„Ich spreche von Buffy. Die Jägerin die mir im Weg steht...,“ versuchte es Lily noch einmal.
 

„Sie wird der Schlüssel sein. Lasst sie gegen die Reiter kämpfen und seht, was passieren wird.“ Das Licht nahm an Kraft ab und reduzierte sich auf den schwachen Schimmer, der aus dem Brunnen gegen die Decke strahlte.
 

Zurück blieb eine nachdenkliche Lily, die glaubte, sie habe das Orakel richtig verstanden – nicht Dawn würde die Linie schließen, sondern ihre große Schwester. Wenn sie Buffy töten würde, würde Willows Zauber vielleicht an Kraft verlieren. Nein – kein vielleicht. Vielleicht war zu unsicher. Lily war auf einmal fest davon überzeugt. Der Zauber war Buffys Idee gewesen, sie hatte veranlasst, dass alle möglichen Jägerinnen die selben Kräfte bekamen wie sie. Niemand wusste so recht, wie dieser Zauber funktionierte. Es waren sicher nur geborgte Kräfte, die erloschen, wenn die Geberin starb. Aber es war wichtig Buffy von ihren Freunden und Giles zu trennen und was das bedeutete, war ihr schon in Cleveland bewusst gewesen.
 

Weniger euphorisch verließ Lily den Ort des Orakels mit der Gewissheit, dass ihr Giles wohl sicherlich nie verzeihen würde. Denn egal wie es ausgehen würde... Buffys Tod war bei jedem Szenario das Ende, das Lily ihrem Ziel näher zubringen schien.
 

++++
 

Cleveland, Wächterhaus

Nächster Vormittag

„Ich werde Ihnen helfen, doch glauben Sie nicht, dass wir so etwas wie Verbündete sind, Lily Usher ist einfach eine zu starke Macht im Rat, als dass ich mir das leisten könnte ohne meinen Kopf zu riskieren!“, Kierans Worte gingen Giles nicht mehr aus dem Kopf.
 

Hatte er überhaupt eine Chance, wenn die meisten Wächter so dachten? Wenn sie ihre eigene Haut alle nicht riskieren wollten, war es sinnlos gegen diese Wand aus Untätigkeit anzureden.
 

Wenigstens hatte Kieran ihm zwei seiner Jägerinnen für Buffys Anliegen, was auch immer sie genau vorhatte, zur Verfügung gestellt. Die restlichen waren wie er erklärt hatte mit einer Dämonen-Motorrad-Gang beschäftigt und standen nicht zur Verfügung. Eine weitere Jägerin hatte er von einem von Prescotts Brüdern, die in Amerika lebten, wenn auch nur widerwillig und mit gutem Zureden von zwei Seiten, zugesichert bekommen.
 

Drei Jägerinnen. Das waren vermutlich zu wenige für Buffy.
 

„Ich hab die Briefe kopiert und zur Post gebracht, wie Sie es wollten!“, Buffy schien einigermaßen gut aufgelegt, als sie von ihrem kleinen Auftrag zurückkehrte, „Wie läuft es mit den Jägerinnen!“
 

„Ich arbeite daran!“, war seine schlichte Antwort, während er das Telefon zur Seite legte und sein Blick langsam über das Risikobrett glitt.
 

„Gut, ich wollte heute Abend zuschlagen, wenn Sie bis dahin genug Jägerinnen aufgetrieben haben!“, eröffnete Buffy ihm, doch er schien abgelenkt, fast schon fanatisch betrachtete er die ganzen kleinen Figuren auf dem Spielbrett: „Das ganze ist falsch, so ist es nicht richtig!“
 

„Was meinen Sie?“, wollte Buffy wissen, sie ging in die Knie, so dass die Figürchen auf ihrer Augenhöhe waren.
 

„Die Farben sind falsch!“, er griff einen schwarzen Soldaten, der einen Wächter in Südamerika darstellen sollte und ersetzte ihn durch einen roten, „Die, die schwarz sind müssten alle rot sein, die Wächter sind nicht unentschieden, sie sind gegen uns und zwar geschlossen!“
 

Mit einer raschen Handbewegung fegte er über das Spielbrett und riss alle Spielfiguren mit. Ein regelrechter Regen aus schwarzen, roten und ganz wenigen grünen Soldaten ging auf den Teppich nieder: „Wie ist Andrew überhaupt auf diese schwachsinnige Idee gekommen? Er muss endlich begreifen, dass das Leben kein Spiel ist, es gibt keine Gewinner!“
 

Buffy richtete sich auf und legte ihre Hände auf seine Schultern: „Mag sein, doch das heißt noch lange nicht, dass man jeden Kampf gleich verliert, es gibt viele kleine Siege, und irgendwann wird aus ihnen, wenn es genug sind ein großer, richtiger Sieg, das geschieht jeden Tag, warum sollte es uns anders ergehen?“
 

„Ich weiß es nicht!“, auch er richtete sich wieder auf und begann völlig aufgelöst seine Brille zu putzen, „Doch ich kann langsam einfach keine neue Hoffnung mehr finden. Es will sich mir einfach nicht erschließen, wie alles was ich hatte, alles, was wir aufgebaut hatten, in so kurzer Zeit einfach an sie übergehen kann, nur wegen einigen absurden Anschuldigungen!“
 

„Und genau das ist es Giles, es sind einige absurde Anschuldigungen, Lily hingegen ist eine Mörderin und eine Verräterin, wenn wir einen Weg finden das zu beweisen kann der Rat nicht mehr an ihr festhalten, und diesen Weg werden wir finden bis das Tribunal ausgetragen wird. Lily wird sich nicht ewig in dieser Position halten können und ihr Fall wird genauso schnell kommen, wie ihr Aufstieg!“, sprach Buffy ihm Mut zu.
 

„Ich wünschte wirklich ich könnte es glauben.“, er lächelte, „Aber es wird auch nicht besser, je öfter du es mir sagst!“
 

Sie lächelte zurück: „Und trotzdem werde ich nicht damit aufhören. Tut mir leid, dass ich Sie neulich nicht nach ihrem Fortschritt gefragt habe, ich war in Rage, wegen der Organisation! Ich weiß, dass einiges zwischen uns war und wir alle in letzter Zeit einige Probleme miteinander hatten, aber wir sind trotzdem alle für Sie da, so gut wir können, und ich hoffe das wissen Sie!“
 

„Ja, das weiß ich, auch wenn ich manchmal dazu neige es zu vergessen!“, für einen Moment war eine sehr enge Verbindung zwischen ihnen da, die beide schon lange nicht mehr gespürt hatten.
 

„Soll ich Sie jetzt in den Arm nehmen?“, scherzte Buffy.
 

„Nein, ich denke, das wird nicht nötig sein!“, nicht nur dass er lächelte, seine ganze Miene schien sich für einen Moment aufzuhellen, nur um dann wieder düsterer zu werden: „Du bekommst deine Jägerinnen, damit du mit der Organisation ein für allemal abschließen kannst, ich weiß jetzt, was ich tun muss!“
 

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England, London

Schlecht beleuchtetes Gewölbe

Die Mauern waren sehr alt und das sah man ihnen auch an, hier und da fehlten einige Steine und Risse bildeten sich. Das war jedoch kein Wunder, vermutlich war dieses Gewölbe so alt wie der Rat der Wächter selbst. Wenn man einmal darüber nachdachte war es eigentlich noch in einem top Zustand, immerhin musste man sich wohl keine Sorgen machen, dass die Decke allzu bald herunterkommen würde, dazu war es zu robust gebaut worden.
 

Lily hatte noch einige grobe Erinnerungen an diesen Ort, dennoch war er ihr unheimlich, und trotz des geraden, einfachen Weges begann eine Angst zu wachsen, sich hier unten zu verirren. Mit einem Kopfschütteln wischte sie das alles bei Seite, es war lächerlich, streng genommen gehörte das ganze hier sogar ihrer Familie, also was konnte ihr hier unten schon groß passieren?
 

Lily versuchte vergeblich mit ihren teuren Schuhen den dreckigen Pfützen auszuweichen, die sich am Boden gebildet hatten. Doch nur selten gelang ihr das Unterfangen – ein mehrmaliges, fast unheimliches Platschen hallte im halbdunklen Gewölbe wieder und zeugte von Lilys Missgeschick.
 

Die Beleuchtung hier unten konnte man fast als modern bezeichnen - vereinzelte Neonröhren waren angebracht. Als Lily diesen Komplex das erste Mal betreten hatte, waren noch Fackeln an den Wänden angebracht gewesen. Ach ja, die guten alten Zeiten!
 

Schließlich erreichte sie eine bereits rostende, schwere Metalltüre, in die eine Klappe eingelassen war. Sie klopfte dreimal kurz.
 

Jemand zog die Klappe zur Seite und ein brutales, unrasiertes Männergesicht kam zum Vorschein. Seine Haare waren tiefschwarz und hingen von seinem Kopf hinab, dennoch war bereits der Ansatz einer Glatze und einige graue Haare zu erkennen: „Sie wünschen?“
 

„Ich würde gerne eine kleine Inspektion durchführen!“, sie strahlte über beide Ohren, „Ich habe gehört, es soll alles gut laufen!“
 

Das anfängliche Misstrauen verschwand aus dem Gesicht des Mannes: „Willkommen zurück, Ms. Usher! Ja, es läuft alles hervorragend!“
 

Fast euphorisch streckte er ihr seine schmutzige Hand entgegen, nachdem er alle Riegel gelöst und die Tür geöffnet hatte. Widerwillig ergriff sie sie. Er wäre vom Erscheinungsbild wohl am besten als abgerissen einzuordnen gewesen, hätte er nicht einen tadellosen Smoking getragen. In seiner Stimme lag ein kaum überhörbarer Sadismus: „Darius Payne, mein Name! Nun ja, eigentlich mein Künstlername. Wächter aus Leidenschaft! Willkommen zu unserem kleinen Experiment, das ich in ihrer ganzen Güte für Sie beaufsichtigen darf.“
 

Er wies ihr den Weg in den hinteren Teil des Raumes, aus denen Schreie und dumpfe Kampfgeräusche drangen. Sie schaute Payne fragend an, doch er beruhigte sie: „Oh keine Angst, Lady, sie trainieren nur.“
 

Er öffnete die Milchglastür, die den Blick auf eine bizarre Szene freigab: circa zwanzig Mädchen, alles Jägerinnen, die verbissen auf Sandsäcke einprügelten, sie alle folgten dabei genau dem gleichen Bewegungsablauf, als ob sie nur Spiegelbilder ohne eine eigene Persönlichkeit wären.
 

„Sehr gute Arbeit!“, lobte Lily, während sie an ihrer Reihe von Rekrutinnen vorbei schritt, die sie nicht einmal bemerkten.
 

Bei einem der Mädchen hielt Payne an: „Hier diese kennen Sie!“, er legte ihr die Hand auf die Schulter und zog sie sanft aber bestimmt vom Sandsack weg, „Sieh mal Emma, wir haben Besuch!“
 

Die aufgeschlossene junge Jägerin, die Lily in Cleveland kennen gelernt hatte, sah etwas dünn und blass aus, schwarze Ringe hatten sich um ihre Augen gebildet, dennoch strahlte sie ihr entgegen: „Hallo, Ms. Usher! Danke, dass Sie mir diese Chance gegeben haben, es ist wirklich toll hier!“
 

Lily lächelte freundlich: „Nichts zu danken, das habe ich gerne für dich gemacht!“, dann wand sie sich Payne zu, das Lächeln immer noch in ihrem Gesicht: „Sie hätten ihr mehr von dem Zeug geben müssen, sie dürfte sich im Moment nicht mal mehr an meinen Namen erinnern! Das müssen sie erst alles loswerden, bevor wir es sie wieder finden lassen, natürlich in einer Richtung, die eher in unserer Vorstellung liegt.“
 

Payne wirkte peinlich berührt und zog eine kleine Schatulle aus seiner Jackettasche: „Entschuldigen Sie, mein Fehler, ich werde ihn sofort korrigieren.“
 

Er bereitete die Spritze vor, drehte Emmas Arm zu Recht und injizierte die durchsichtige Substanz an der richtigen Stelle in ihre Ader. Die Nachwuchsjägerin verzog ihre fröhliche Miene um keinen Millimeter, doch als sich die Spritze näherte funkelte für einen ganz kurzen Moment der Gedanke nach Widerstand in ihren Augen auf. Er verging schneller, als er gekommen war. Sofort begann das Mittel auf ihr Gehirn einzuwirken, und mit jeder Sekunde wurde ihr Ausdruck leerer, die Fassade eines Gefühls, das sie einmal gekannt hatte.
 

„Das sollten Sie bei ihnen allen öfter machen, offensichtlich reicht es nicht ihnen das Mittel unters Essen zu mischen, trotzdem gute Arbeit, wie ich sehe sind die Mädchen bei ihnen in guten Händen!“, lobte Lily, „Welche von ihnen ist Dana?“
 

Er deutete auf eine Dunkelhaarige mit starrem Blick nach vorne, die mit erschreckender Gleichgültigkeit auf den Sandsack einschlug: „Das Juwel unserer Sammlung!“
 

„Gut, ich habe schon viel von ihr gehört, ich hoffe nur, sie hält, was sie verspricht!“
 

Payne lächelte nur vielsagend.
 

Plötzlich begann Lilys Handy zu klingeln, eine der Jägerinnen zuckte zusammen, die anderen schienen es gar nicht mitzukriegen. Sie nahm den Anruf an: „Usher. Was sagst du? Verräter?“
 

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Cleveland, Wächterhaus

Mittag

Xander zog die Tür hinter sich zu, als er eintrat. Er kam gerade von der Arbeit zurück, und neben seinem teuren Anzug baumelte noch sein Aktenkoffer an seiner rechten Hand: „Und wie geht es voran?“
 

Sein Blick fiel auf das verwüstete Risikobrett und glitt dann zu den trüben Gesichtern von Buffy, Faith und Wood, die im Wohnzimmer saßen, ohne irgendwelche Worte zu wechseln. Sie guckten ihn alle ein bisschen vorwurfsvoll an, und seine mehr oder weniger unbetrübte Stimmung verging schnell.
 

„Was den Rat betrifft gibt es keine nennenswerten Veränderungen, außer dass wir einen Informant in London gefunden haben“, begann Wood, „Was Giles selbst betrifft…“
 

Buffy übernahm: „Er ist jetzt schon seit mehreren Stunden in seinem Arbeitszimmer, und sagt wir sollen ihn nicht stören, aber er will uns auch nicht verraten, was vor sich geht!“
 

„Hört sich ja sehr beunruhigend an.“, er stellte seinen Aktenkoffer ab und nahm neben seiner alten Freundin Platz, „Denkst du, dass wir uns deswegen Sorgen machen sollten?“
 

„Ich weiß es nicht, ich denke er geht eigentlich sehr gut mit der Situation um, doch es macht ihn fertig, und manchmal hat er Momente“, Buffy deutete auf das Risikobrett, „Momente, in denen er nahe daran ist aufzugeben.“
 

„Ich verstehe.“, Xander nickte, mehr für sich selbst als für Buffy. Sie schwiegen.
 

Plötzlich drang aus Giles Arbeitszimmer ein wütender Schrei, Buffy zuckte zusammen, und wollte instinktiv aufspringen, doch Xander hielt sie zurück: „Was immer er auch tut, ich befürchte er muss alleine da durch. Wir können ihm nicht helfen.“
 

Sie schwiegen.
 

Nach einer Weile stand Robin auf: „Ich habe auch noch Arbeit zu tun, entschuldigt mich!“, Faith schloss sich an: „Ich habe heute Nacht ein paar Vampire zu erledigen und will nicht unvorbereitet sein!“
 

„Und was ist mit der Organisation?“, fragte Buffy etwas ungehalten.
 

„Du glaubst doch nicht wirklich, dass Giles heute noch genug Jägerinnen auftreibt, B? Und wenn doch kommt es auf eine mehr oder weniger auch nicht an!“, versuchte sie sich zu rechtfertigen.
 

„Aber auf eine Erfahrene! Ich habe dich fest eingeplant!“, Buffy schien ernsthaft betroffen, sie war davon ausgegangen, dass sie ihren Plan heute durchführen könnte, um sich endlich keine Sorgen um die Organisation mehr machen zu müssen.
 

„Wenn du es wirklich heute noch machst, dann werde ich so schnell dazu kommen, wie ich kann, aber ich muss mich zu erst um diese Vampire kümmern, das habe ich jemandem versprochen!“
 

Buffy gab sich schließlich zufrieden und winkte ab: „Aber beeil dich!“
 

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London, Ratsgebäude, unbenutzter Trakt

Selbe Zeit

„Wie schlimm sieht es aus?“, fragte Lily George nach der Lage, während sie ihm schnellen Schrittes durch den leer stehenden, unbenutzten Gang folgte.
 

„Jemand ist mit Mr. Giles in Kontakt getreten, von einem Telefon in diesem Gebäude aus!“, erläuterte er ihr, „Wir sind uns nicht sicher, wer es war, allerdings haben wir Grund zur Annahme, dass es sich bei dieser Person um Bernard Crowley handelt, denn einer meiner Leute hat beobachtet, wie er sich aus dem Ratgebäude geschlichen hat, und offensichtlich Angst hatte beobachtet zu werden!“
 

„Crowley?“, sie hatte sich gleich gedacht, das dieser Mann Ärger machen würde, ihre Nase hatte sie also nicht getäuscht, doch sie hatte immer gehofft ihn aus dem Verkehr zu räumen, bevor er irgendwelchen Ärger machte. Seine Vergangenheit alleine musste einem schon zu denken geben.
 

George öffnete eine Tür und sie betraten einen Raum, der hauptsächlich mit unbenutzten, abgedeckten Möbeln zugestellt war. In der Mitte auf einem Stuhl saß Bernard Crowley, offensichtlich eingeschüchtert durch die zwei muskelbepackten Bediensteten von George, die ihn hier her gebracht hatten. Soweit Lily es beurteilen konnte hatten sie ihn nicht angerührt, noch nicht.
 

„Mr. Crowley, bitte entschuldigen Sie die Unannehmlichkeiten, Mr. Martin hat wohl etwas überreagiert, doch ich muss gestehen, ich war auch etwas betroffen, als ich von ihrer kleinen Verschwörung erfuhr!“
 

Er schaute sie nur irritiert an: „Welche Verschwörung?“
 

„Wollen Sie etwa leugnen, dass Sie mit Mr. Giles Kontakt hatten?“, ihr ohnehin schon gespannter Geduldsfaden begann zu reißen.
 

„Nein, ich hatte keinen Kontakt zu ihm, und ich kann ihnen versichern, dass ich auch nicht gedenke mit ihm in Kontakt zu treten! Auch wenn mir das Theater was Sie hier aufführen, wohl endgültig klar macht, dass Sie nicht mit offenen Karten spielen!“, er brach kurz ab, als er merkte, dass er zu weit gegangen war, „Ich will nur dem Rat dienen, auf Ärger oder Einmischung in irgendwelche Machtspiele kann ich wirklich verzichten!“
 

„Ach kommen Sie schon, das können Sie mir nicht weiß machen! Jeder kennt Ihre Geschichte! Nikki Wood und ihr Versteckspiel mit dem Rat als ihr Wächter, während sie schwanger war, ich weiß wie Sie über den Rat und über mich und meine Familie denken, Sie brauchen nicht so zu tun, als ob Sie keine Probleme damit hätten!“, sie schrie ihn fast an, irgendetwas brachte sie ungemein aus der Ruhe.
 

Er schwieg für einen Moment, dann setzte er zu einer Antwort an: „Ja, ich war Nikki Woods Wächter, und ich kenne das wahre Gesicht des Rates, doch wenn ich diesen alten Geschichten noch nachhängen würde, oder auf Rache aus wäre, dann wäre ich nie zurückgekommen! Es geht mir nur darum meine Arbeit zu machen, nicht mehr und nicht weniger.“
 

Für einen Moment überlegte sie, ob sie ihm wirklich trauen sollte, doch es fiel ihr schwer, er passte einfach zu gut in das Bild eines Verräters, außerdem hatte er vielleicht noch Kontakt zu Robin Wood in Cleveland, den er immerhin bei sich aufgezogen hatte.
 

Während sie noch überlegte öffnete sich plötzlich wieder die Tür und eine Angestellte trat ein, sie warf Crowley, der zusammen gekauert auf dem Stuhl hockte, einen misstrauischen Blick zu, entschied aber, dass es offensichtlich nicht das sein konnte, wonach es aussah: „Ms. Usher, da ist ein Anruf für Sie, es ist Mr. Giles!“
 

Bevor ihre inneren Alarmglocken klingeln konnten drückte sie schon den Hörer an ihr Ohr: „Usher. Ja?“
 

„Ich bin es.“, Giles Stimme erklang von der anderen Seite, sie wirkte gefasst, aber es klang sehr bemüht.
 

„Rupert, warum rufst du an?“, ihre Miene versteinerte sich, sie musste die tausend Gefühle und Gedanken, die ihr auf einmal durch den Kopf jagten zurückhalten! Verdammt, warum rief er ausgerechnet jetzt an?
 

„Ich will nicht über das sprechen, was du getan hast, denn ich habe dir nichts dazu zu sagen. Normalerweise würde ich nie mit kaltblütigen Mördern wie dir verkehren, doch es geht um etwas anderes!“, es war wie ein Schlag in ihren Magen, seine Stimme das sagen zu hören. Ihre steinerne Fassade begann zu bröckeln, ihre Stimme zitterte, wenn auch kaum merklich: „Du weißt, dass das absolut irrationale Anschuldigungen sind, auf die ich nicht weiter eingehen werde.“
 

„Ach du bist also nicht alleine im Raum?“, er lachte sarkastisch und ihr wurde bewusst, wie verbittert er sein musste. Sie warf Crowley einen kurzen Blick zu, der sie interessiert anstarrte, als ob er durch sie hindurch blicken könnte.
 

Schließlich rang sie sich durch zu einem: „Was willst du von mir?“
 

„Wir haben hier in Cleveland einige Probleme, mit der Organisation, an die du dich eigentlich noch sehr gut erinnern solltest. Wir brauchen einige Jägerinnen, und leider will mir, warum auch immer, kein Wächter welche zur Verfügung stellen. Daher wollte ich dich bitten, ob du nicht vielleicht ein gutes Wort für mich einlegen würdest? Es geht hier bei nicht um die Sache zwischen uns, sondern schlicht und einfach um die Bekämpfung von Dämonen, ich hoffe das bedeutet dir wenigstens noch etwas!“, seine Worte waren scharf, wie Messer, die in offene Wunden gerammt wurden.
 

Tausende Antworten und Entschuldigungen schossen durch ihren Kopf, und sie spürte, wie ihre Augen nass wurden, doch sie erlaubte es ihnen nicht: „Du kriegst deine Jägerinnen, noch heute Abend!“
 

Sie legte auf.
 

George der das Geschehen bis zu diesem Zeitpunkt besorgt beobachtet hatte schritt zu Lily vor: „Alles in Ordnung?“
 

„Ja, es geht schon.“, der Blick der beiden glitt zu Crowley und George teilte Lily die Neuigkeiten mit, die ihm die Angestellte gerade überbracht hatte: „Er ist nicht der den wir suchen!“
 

Lily überdachte die Lage für einen Moment, doch dann entschied sie, dass zwei tote Wächter an einem Tag keine gute Sache wären: „Sie können gehen, es tut mir Leid, dass wir Ihnen Unannehmlichkeiten bereitet haben!“
 

Aber ihre Gedanken waren nicht wirklich bei Crowley, sie waren in der Vergangenheit.
 

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England, Oxford University

1974

Kerzen auf dem Fensterbrett, im Buchregal über einem der beiden Schreibtische und in Weinflaschenhälse gesteckt, sowie zahlreiche Teelichter auf dem schäbigen Teppichboden, erhellten das kleine Zimmer, das sich zwei junge Studenten teilten. Die Flammen flackerten leicht, fast im Takt zu den leisen Klängen von The Doors, die aus alten Boxen drangen.
 

Eines der Betten war ordentlich gemacht und der in der Halbdunkelheit stehende Schreibtisch war ähnlich pedantisch aufgeräumt. Dahingegen zeugte der mit Kerzen überladene Tisch von Unordentlichkeit und Chaos – Bücher stapelten sich in zahlreiche kleine Berge in die Höhe. Dazwischen steckten mit Notizen beschmierte Blätter oder häuften sich auf den einzigen freien Stellen auf der Tischoberfläche auf. Dazwischen lag eine Gitarre, die alt und benutzt wirkte und die irgendwie das Kunststück fertig gebracht hatte Platz gefunden zu haben, ohne das einer der Stapel ins rutschen gekommen war.
 

Ein Kichern war plötzlich unter der Bettdecke des anderen Bettes zu hören, über das ein großes Konzertplakat von Marsha Hunt hing.
 

Es kam Bewegung unter die Decke und wieder kicherte die klare, weibliche Stimme, ehe sich zwei verschwitzte Köpfe unter der warmen Decke freikämpften.
 

„Rupert du bist unmöglich...“
 

„Du willst doch nicht behaupten, Lily, dass es dir nicht gefallen hat“, grinste der junge Rupert breit und frech, während er sich im Einklang mit Lily weiter rhythmisch unter der Decke bewegte.
 

„Das habe ich nicht behauptet... aber das ziemt sich nicht...“
 

„Wir sind verlobt, Lily“, verdrehte Rupert die Augen und küsste ihre Stirn.
 

Lily lächelte zu ihm hoch. „Ah ja, verstehe... ein Freibrief also... aber was ist wenn Dean zurückkommt und uns...“
 

„Ich hab ihn in den Pub geschickt und ihm dazu noch zehn Pfund in die Tasche gesteckt. So schnell kommt er nicht wieder... Also...soll ich noch einmal,“ das diabolische Grinsen war wieder auf seinem Gesicht erschienen und er rutschte bereits wieder unter die Decke nach unten, als das Telefon im Zimmer laut und unnachgiebig aufschrillte. Lily und Rupert zuckten gleichzeitig zusammen und während er wieder nach oben kam, starrten sie beide zu dem Apparat auf Ruperts unordentlichem Tisch.
 

„Na prima,“ sagte Rupert als erster, frustriert und enttäuscht zu gleich, als das Telefon weiterschrillte. „Erwartest du noch einen Anruf?“
 

„Nein... eigentlich nicht. Denkst du sie sind es?“, Lily sah besorgt zu Rupert auf.
 

„Und wenn schon... wir könnten auch fort sein,“ Rupert begann ihre Lippen zu küssen, doch Lily drehte ihren Kopf zur Seite.
 

„Du solltest ran gehen. Du weißt, dass sie immer alles wissen. Wir sollten die Regeln einhalten.“
 

„Bist du dir sicher?“, und um seiner Frage Nachdruck zu geben, ließ er seine Hüfte ein wenig kreisen. Doch Lilys Gesicht blieb angespannt und nahm Rupert jeden weiteren Spaß.
 

„Natürlich bin ich mir sicher.“
 

Rupert seufzte laut auf und rollte sich von Lily auf die Seite hinunter. Sein Gesicht drückte die Enttäuschung und Frustration mehr als deutlich aus. „Aber nur weil du es bist.“ Er rutschte ans Fußende seines Bettes schlüpfte zurück in seine Unterwäsche und ging zum Telefon. „Ja?... ja sicher Mr. Usher,“ Rupert warf Lily einen strafenden Blick zu. Vom Rat beim Liebesspiel gestört zu werden hätte er noch verkraftet, aber von seinem zukünftigen Schwiegervater.. das war fast ein wenig peinlich. Auch wenn der alte Usher sicher nicht wusste was hier gerade passiert war. „Für dich,“ sagte er überflüssig und hielt Lily den Hörer entgegen.
 

Sie wickelte Ruperts Decke um sich und stand mit einem entschuldigenden Blick zu ihm auf.
 

„Was ist, Daddy?,“ sie kehrte Rupert den Rücken zu und es war ihm schwer zu erkennen, ob die Mitteilung etwas Gutes oder weniger Gutes bedeutete.
 

„Wir haben hier ein Problem. Ich brauche dich dringend hier im Zirkel.“
 

„Oh ich verstehe.. ja natürlich.. ich komme sofort. Was ist genau los?“ Der Zirkel also... sie würde Rupert nicht unbedingt die Wahrheit sagen können, wieso sie so dringend los musste.
 

„Wir haben eine Schrift gefunden, die uns auf die Spur der letzten Hüterin führen könnte. Aber niemand ist in der Lage, sie zu übersetzen. Außer dir. Und wir brauchen dringend eine neue Spur, wenn unsere Geldgeber nicht langsam abspringen. Ist Rupert ein Problem... oder kannst du ohne Bedenken los?“
 

„Rupert? Ja, ja doch er wird das verstehen.“ Sie drehte sich dabei zu Rupert herum und lächelte ihn gewinnend an, aber er sah zur Seite und lehnte sich an die Wand. „Bis gleich,“ und damit legte sie langsam auf.
 

Rupert hatte genug gehört, um zu wissen, dass sie gehen musste...und Lily brauchte nichts mehr zu erklären. Der Ausdruck in seinem Gesicht sagte alles. Sie bückte sich rasch nach ihren Kleidern und fühlte sich sehr unbehaglich unter seinem beobachtenden Blick. Schließlich hielt sie die Stille nicht mehr aus. „Es tut mir leid, Rupert. Aber was soll ich denn machen? Es ist ein Notfall. Der Rat braucht mich und mein Wissen... irgendetwas wegen einer jungen Anwärterin. Mein Vater braucht mich. Du würdest doch das gleiche tun, wenn dich deiner anrufen würde. Auch wenn wir unterschiedliche Meinungen über unsere Pflicht dem Rat gegenüber haben.“
 

Rupert schwieg weiterhin und beobachtete sie. Schließlich war sie fertig und suchte nach ihrer Handtasche. „Könntest du mir wenigstens deinen Wagen leihen?“
 

Rupert griff nach dem Schlüsselbund auf dem Nachttisch und warf ihn Lily zu.
 

„Danke.. ich.. ich beeile mich und komme sofort zu dir zurück.. versprochen...“, sie ging begleitet von den enttäuschten Augen von Rupert. Es war schwer zu gehen, nicht nur weil sie einen so schönen Abend vor sich gehabt hätten, sondern auch weil Rupert seit dem Anruf nichts mehr gesagt hatte. Das war das schlimmste daran.
 

Drei Stunden später öffnete Lily leise die Tür zu Ruperts und Deans Zimmer. Es war dunkel, die Kerzen brannten nicht mehr, aber der beißende Geruch des Rauches stand noch im Zimmer. Sie schlich sich leise zwischen den Kerzen hindurch zum Fenster und öffnete es. Erleichtert stellte Lily dabei Deans leeres Bett fest. Allerdings musste sie enttäuscht herausfinden, dass Rupert bereits schlief. Ohne Decke, nur mit seinen Shorts begleitet und auf dem Rücken. Ein Buch lag aufgeklappt mit dem Deckel nach oben auf seiner nackten Brust und sie nahm es vorsichtig auf. „Handbuch für Wächter-Anwärter“, stand auf dem Einband und mit einem kleinen Lächeln legte sie es auf seinen Nachtisch. Sie bedauerte, dass es länger gedauert hatte und sie bedauerte, dass er bereits schlief. Ihr liebevolles Lächeln verschwand von ihrem Gesicht und machte einem verschlossenen, sorgenvollem Ausdruck platz. Ihre Beziehung würde nie einfach sein. Und wenn sie erst einmal geheiratet hätten, würde alles nur noch komplizierter für sie werden. Denn sie würde Rupert immer wieder anlügen müssen... daran führte kein Weg vorbei... so wie heute Nacht... sie hatten zu verschiedene Ansichten, zu verschiedene Pflichtgefühle.
 

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Cleveland, Wächterhaus, Abend,

2004

Misstrauisch blickte ihr das Rudel von jungen Frauen entgegen, das sich vor Giles Haustür versammelt hatte, so als wartete in diesem Haus die größte Gefahr auf sie, die sie in ihrem noch jungen Leben als Jägerin bisher erblickt hatten.
 

Buffy bemühte sich möglichst freundlich zu gucken, was ihr aber gar nicht so einfach fiel, bei den unfreundlichen Blicken. Kennedy und die anderen waren bei ihrem ersten Treffen weit aus freundlicher gewesen, auch wenn sie sie regelrecht überfallen hatten: „Kommt doch rein!“
 

Sie drehte sich um, bevor sie die Reaktionen sehen konnte. Mit so einer Ablehnung hatte sie nun wirklich nicht gerechnet. Es war erschreckend.
 

Den Geräuschen nach wagten sich einige Mutige vor in die Höhle des Löwen und die anderen folgten vorsichtiger und langsamer.
 

Es waren etwa zwanzig Mädchen, die Giles irgendwie aufgetrieben hatte, jedoch hatte er vermieden mit irgendeiner Silbe zu erwähnen, woher.
 

Liz, Angela und Lena, die Jägerinnen von Kieran O´Bailey und Robert Prescott saßen bereits im Wohnzimmer und warteten geduldig auf die Neuankömmlinge, die die drei nun etwas unsicher beäugten.
 

„Setzt euch irgendwo hin, ich will euch in eure Aufgaben einweisen!“, bat Buffy sie, es war gut, dass Giles bei der Post war, um die restlichen Briefe loszuschicken. Es war besser, wenn er das hier nicht mit ansehen musste.
 

Was mussten ihre Wächter ihnen nur erzählt haben, damit sie so ängstlich und unsicher waren, und vor allem wie hatte Giles sie dann überzeugt ihre Jägerinnen dennoch zu ihm zu schicken?
 

Kennedy betrat das Besprechungszimmer. Sie war die einzige der Cleveland-Jägerinnen, die Buffy mitnehmen würde. Faith und Ronah waren nicht da, und Dawn hatte Buffy nicht erlaubt mitzukommen, denn der Gedanke, dass die kleine Schwester eine Jägerin war, war ihr noch immer fremd. Auch wenn es ein kleine Familienkrise ausgelöst hatte.
 

„Sind inzwischen alle angekommen?“, fragte Kennedy
 

„Ja, ich denke schon, es müssten genug sein!“, Buffy überflog die Neuankömmlinge mit einem kurzen Blick, wenigstens sahen sie gut trainiert aus.
 

Eine von ihnen trat nach vorne. Sie hatte kurze blonde Haare, einen etwas kräftigeren Körperbau und war für die anderen wohl so etwas wie ihre Anführerin: „Damit das klar ist, wir werden nicht an irgendwelchen Selbstmordmissionen teilnehmen, oder irgendetwas tun, dass dem Rat oder anderen Jägerinnen schadet! Wir sind hier, weil es von uns warum auch immer verlangt wurde. Wir sind nicht hier, weil wir mit ihnen und Mr. Giles in irgendeiner Weise sympathisieren oder weil wir hier sein wollen!“
 

Langsam begann Buffy der Kragen zu platzen: „Ihr denkt also wirklich, dass wir euch absichtlich mehr gefährden würden, als es unbedingt nötig ist? Ihr denkt wir würden euch für einen Kampf gegen andere Jägerinnen einsetzen wollen?“, sie funkelte die Meute von jungen Frauen wütend an, „Doch wisst ihr was? Wenn Mr. Giles nicht gewesen wäre würde vermutlich die Hälfte von euch heute bereits unter der Erde sein! Dieser Mann hat es fertig gebracht den Rat der Wächter in Rekordzeit wieder aufzubauen, er hat dafür gesorgt, dass so viele Jägerinnen wie möglich mit Wächtern versorgt wurden und nicht mehr auf sich allein gestellt waren! Und ich kann euch versprechen, dass er sich mehr um das Leben einer Jägerin sorgt, als Ms. Usher es je könnte!“
 

Die Mienen der Jägerinnen schienen etwas aufzuklaren, auch wenn immer noch mehr Zweifel als Zustimmung durchkam. Die blonde Anführerin nickte nur stumm und setzte sich zurück zu den anderen.
 

„Und nun zu dem wofür ich euch brauche: Es wird nicht wirklich einfach werden, aber ich denke, wenn ihr alles so macht, wie ich es euch sage werden wir es ohne große Probleme schaffen!“
 

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London, dunkle Seitenstraße

Etwas später

Charles Prescott war umringt von George´s Bediensteten, als Lily eintraf, er drückte sich gegen eine Wand und schaute ihr missbilligend entgegen.
 

„Das Sie so weit gehen hätte ich nie gedacht, das war ihr Todesurteil, ihr Einfluss im Rat wird nicht mehr haltbar sein!“, platzte es aus ihm heraus, er war offensichtlich ängstlich, und versuchte sich mit Drohungen davon abzulenken. Typisch menschlich, er tat Lily fast leid.
 

„Entschuldigen Sie die Grobheit meiner Freunde hier, doch sie werden, wie ich auch, leider immer sehr wütend, wenn sie erfahren, dass jemand den Rat hintergeht! Wir wissen, dass Sie von einem Telefon im Ratsgebäude aus mit Mr. Giles telefoniert haben!“, Lilys Stimme klang beherrscht und kühl wie immer, doch in ihrem Kopf hallte immer noch Giles Stimme und die Worte, die sie mit ihm gewechselt hatte wieder. Es tat weh, mehr als sie gedacht hatte.
 

„Wer von uns hat den Rat verraten? Sie haben mehrere Jägerinnen getötet, versucht die Linie zu schließen, und haben Mr. Giles hintergangen. Und Sie wollen dennoch behaupten, ich sei derjenige, der sich falsch verhalten hat?“, er schüttelte den Kopf, als ob er es nicht glauben konnte, „Wie kann jemand nur so eine verdrehte Weltanschauung haben?“
 

„Verdreht? Ich habe begriffen, was für unsere Aufgabe getan werden muss, wenn Sie das nicht können, dann haben Sie im Rat der Wächter nichts verloren!“, entgegnete sie mit fester Stimme, ihre Gesichter waren nur noch wenige Zentimeter von einander entfernt.
 

„Seit wann fällt Mord darunter?“, fragte er gerade heraus, nur um mit einer direkten Antwort konfrontiert zu werden: „Schon immer! Es kommt bei diesen Dingen nicht auf irgendwelche allgemeingültigen Wertevorstellungen an, es kommt nur darauf an, was getan werden muss, um die Ordnung zu halten. Wenn ein Mord nötig ist, dann ist es halt so, und es liegt nicht an mir oder irgendeinem anderen Wächter das zu ändern. Selbst wenn wir tausende Menschen töten müssten, um den Rest der Menschheit vor dem Untergang zu bewahren, dann kann es für den Rat der Wächter nur eine zu treffende Lösung geben!“
 

„Aber ihre Taten haben Sie nicht begangen, um eine Bedrohung für die Menschheit aufzuhalten, sondern nur um eine veraltete Ordnung wieder herzustellen!“
 

„Ordnung! Was wir im Moment haben nennt man ein Chaos, und Chaos ist die größte Bedrohung von allen. Es bedeutet, dass wir die Kontrolle verlieren, und ohne Kontrolle verlieren wir auch unsere Macht; Kontrolle ist das einzige, was zwischen uns und dem Ende dieser Welt steht!“
 

„Wenn wir bereit sind für unsere Ziele so weit zu gehen, dann sind wir auch nicht besser als jeder Dämon!“, er schien sich inzwischen so in den Streit mit Lily hineingesteigert zu haben, dass er George´s Leute gar nicht bemerkte.
 

„Habe ich je behauptet, dass wir es sind? Wir müssen unseren Gegner gnadenlos und ohne zu zögern mit den gleichen Mitteln bekämpfen, die sie auch verwenden würden um uns zu zerstören, Rücksicht wäre unser Tod.“
 

„Was hat Sie nur zu dieser schrecklichen Person gemacht, die Sie heute sind?“, erstaunlich, seine ganze Angst schien dem Zorn gewichen zu sein, wirklich sehr erstaunlich.
 

„Sie wollen wissen, was mich zu dem gemacht hat, was ich heute bin? Die Welt in der wir leben, die Welt des Rates und der Dämonen! Wer in dieser Welt lebt, kommt irgendwann zur gleichen Einschätzung der Lage wie ich, oder wird daran kaputt gehen. Es gibt immer Leute, die nicht bereit sind, das zu tun, was getan werden muss. Ich bin jemand der immer alle nötigen Dinge unternimmt, und die meisten der Wächter werden mir dafür danken, dass ich ihnen so unangenehme Entscheidungen abnehme; was glauben Sie, warum ich so schnell die Kontrolle hatte? Sie alle wissen, wofür ich stehe, und dass ich nie dabei zögern werde dem Rat zu dienen. Auch wenn Sie es vielleicht nicht sehen wollen, Sie wissen, dass jemand all diese Dinge tun muss und Sie billigen es! Mein Vater hat mir all das beigebracht, und es gibt kein größeres Geschenk, was er mir hätte auf meinen Weg mitgeben können!“
 

Er starrte sie an, als sei sie der schrecklichste Alptraum, den er je zu Gesicht bekommen hatte, dann wandte er sich von ihr ab, so dass er ihre Augen nicht mehr sehen musste: „Was werden Sie jetzt mit mir tun?“
 

Sie dachte für einen Moment über ihre Antwort nach, dann entschied sie sich: „Sie können gehen, die anderen Wächter werden Sie für genauso verrückt halten, wie Rupert! Ich werde Sie leben lassen, schließlich bin ich kein Monster!“
 

Er atmete auf, auch wenn er sichtlich misstrauisch war. Ohne ein weiteres Wort oder einen Blick zurück bahnte er sich seinen Weg an George´s Leuten vorbei und durch die dunkle enge Gasse. Er ging sehr schnell und fing dabei beinahe an zu rennen.
 

Traurig blickte Lily ihm nach, es tat ihr in der Seele weh, einen Menschen, der sich so an seine naiven Weltvorstellungen klammerte zu beseitigen, doch als er mit Giles in Kontakt getreten war hatte er seine eigenes Todesurteil unterzeichnet.
 

Ein einzelner Tropfen schlug auf der rauen Straße vor ihr auf. Es würde wieder einen Schauer geben. Dies war England, sie war zu Hause!
 

Langsam wandte sie sich einem der Männer zu, der etwas unsicher wirkte: „Keine Angst, ich habe die Sache schon im vornhinein geregelt! Wissen Sie zufällig, ob George alles bereit gemacht hat, für meine kleine Reise?“
 

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Cleveland

Dunkle Gasse

Laut hallten die langsamen Schritte der jungen Frau von den alten, modrigen Wänden wieder, während sie Schritt für Schritt weiter in die Dunkelheit der Gasse eintrat. Sie kramte kurz in ihrer kleinen Handtasche, nahm sich einen dunkelroten Lippenstift heraus, und bedeckte sich damit ihre Lippen, während sie weiterhin langsam in der Dunkelheit der Gasse verschwand.
 

Als sie mit der Auffrischung fertig war, steckte sie den Lippenstift wieder in ihre Tasche, hängte sich diese um ihre Schultern und strich sich eine lose Strähne aus dem makelosen Gesicht, die sich aus dem straffen, schwarzen Pferdeschwanz gelöst hatte.
 

Plötzlich vernahm sie ein lautes Knurren. Überrascht verlangsamte sie daraufhin ihren Schritt, wobei sie versuchte, wenigstens einige Umrisse in der Finsternis auszumachen.
 

Ohne eine weitere Vorwarnung ertönte ein weiteres Knurren, woraufhin etwas auf sie zuflog, sie an der Schulter packte, und gegen die Wand schleuderte.
 

Sie holte tief Luft, und schrie daraufhin wie verrückt um Hilfe, als der Vampir sie fest gegen die Wand drückte, und seine scharfen Eckzähne in ihre Haut bohrte.
 

Er knurrte auf, ließ dann von ihr ab und sah sie verwundert an. Er legte den Kopf schief und versuchte, sich umzudrehen, als sie ihn an seinem Handgelenk fasste.
 

“Streng dich gefälligst etwas mehr an!“ flüsterte sie, zwinkerte ihm zu, und riss ihn gewaltvoll an sich heran. Sie hob ihre rechte Hand und drückte seinen Kopf fest gegen ihren Hals. „Mach deinen Job!“ flüsterte sie und begann wieder schrill zu schreien.

Plötzlich sauste ein Pfeil durch die Luft, und der Vampir wimmerte noch kurz, bevor er zu Staub zerfiel. Die junge Frau sah geschockt auf, und blickte auf Faith.
 

„Oh mein Gott... was.. was war das?“ stammelte sie, und ging langsam auf Faith zu, wobei sie stolperte, und Faith sie gerade noch auffangen konnte, bevor sie im Dreck gelandet wäre.
 

„Ein Alptraum..!“ antwortete die Jägerin und sah die Frau verwundert an. „Du solltest echt einen anderen Weg nach Hause nehmen… einen der vielleicht etwas mehr beleuchtet ist.“ sagte Faith, drehte sich um, und wollte die Gasse schon wieder verlassen, als sie auf einmal die kalte Hand der jungen Frau auf ihrem Ellbogen spürte.
 

„Ja?“ Faith drehte sich um und sah sie fragend an.
 

„Ich,.. ähm.. es ist mir .. ein bisschen.. peinlich..“ sie lächelte gespielt, wischte sich eine Träne aus dem Gesicht und sah die Jägerin hilfesuchend an. „Könntest du mich bitte.. nach Hause begleiten?“
 

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Cleveland, Hinterraum eines Reisebüros

Nacht

“Ich denke, ich kann dir weiterhelfen.“
 

“Tatsache?“, Kan Hsirg traute seinen Ohren kaum. Wie lange hatte er auf diese Worte gewartet?
 

Das Grinsen des zerfledderten M’ Fashnik Dämon wurde noch eine Spur schmieriger. “Es ist alles nur eine Frage der ...hm...richtigen Bezahlung.“
 

“Geld stellt kein Problem dar.“ Hsirg dachte an sein Nummernkonto in der Schweiz und an die Gewinne der Barker Cooperation, die er bis Ende letzten Jahres hatte beiseite schaffen können. Das sollte wirklich reichen, um sich sämtliche Schlägerdämonen von dieser “Organisation“, oder wie immer sich die Kerle nannten, zu mieten.
 

“Das hört man gerne.“ Der M’Fashnik wollte offensichtlich noch mehr sagen, wurde aber in diesem Moment von einem schrillen Telefonklingeln unterbrochen. “Hör zu, hier hast du meine Visitenkarte, damit gehst du am besten gleich zu meinem Boss. Tegul ist sein Name, er leitet die McGregorian Fischfabrik. Er kann dir Schlägertrupps zu einem vernünftigen Preis beschaffen... gute Leute. Damit könntest du sogar die Jägerinnen persönlich fertig machen... warum willst du dich nur mit ein paar Dämonen zufrieden geben?“
 

“Ich bin dir zu Dank verpflichtet.“ Kann Hsirg rollte mit allen drei Augen, erhob sich, und wollte sich gerade abwenden, als der M’Fashnik ihm zurief: “Moment, das ist mein Boss, der grad anruft, wir können das gleich besprechen...“
 

“Natürlich.“, Mit einem Seufzer ließ sich Hsirg wieder in seinen Stuhl fallen.
 

AKT 4
 

Cleveland, McGregorian Fischfabrik

Selbe Zeit

Der Schreibtisch quoll über vor Dokumenten, Bildern und kleinen Notizzetteln und im Raum selbst waren überall Tafeln aufgestellt, die mit Gebäudeplänen und Bildern von Personen oder Orten behangen waren. Die drei Dämonen, die außer Tegul im Raum standen, hatten durch sie kaum noch Platz.
 

Teguls Finger fuhren nervös durch die Unordnung, bemüht, irgendetwas zu finden, dass ihm helfen konnte. Der Dämon fühlte sich hin und her gerissen in seinem Zorn über die Jägerin und seiner Verzweiflung darüber, dass sie ihm alles genommen hatte.
 

Einmal abgesehen davon, dass er sich seines Lebens nicht mehr sicher sein konnte. Sicher, die Organisation hatte an ihm festgehalten, aber deren Ansichten konnten sich schneller drehen als man Wind buchstabieren konnte. Immerhin hatte er ständig versagt. Und daran war nur diese verfluchte Jägerin schuld. Sie musste bestraft werden...aber wie?
 

Ihre Freunde waren vielleicht ihre einzige Schwachstelle. Doch es gab ein Problem: Sie waren fast alle zu mächtig. Sie zu überraschen mochte möglich sein, aber dann müsste man sie alle direkt nacheinander erwischen. Teguls Augen leuchteten auf, als ihm eine Idee kam.
 

Schnell griff er zum Telefon, wobei er die Hälfte der Papiere auf seinem Schreibtisch zu Boden fegte, und wählte eine Nummer. Seine Finger trommelten nervös auf die Tischplatte, als sich nach dem fünften Klingeln noch niemand meldete.
 

„Verdammt, geh ran“, zischte er unruhig.
 

„Zehj’ran“, meldete sich plötzlich eine Stimme, die irgendwie an das Knarren von morschen Türen erinnerte.
 

Tegul atmete auf: „Na endlich. Ich bin es, Tegul. Hör zu, du musst da was für mich erledigen. Ist ziemlich wichtig.“
 

„ Klar, Boss... schießen Sie los.“, sein Bediensteter klang etwas zu unterwürfig. Für einen Moment überlegte Tegul, ob es vielleicht nur Show war, mit der M’Fashnik jemand anderen beeindrucken konnte, doch dann drangen seine Rachegedanken wieder zu stark vor, als dass er sich näher mit diesem Gedanken hätte beschäftigen können.
 

„Das muss aber auch klappen. Wenn irgendwas schief geht, sind wir alle geliefert.“, nicht, dass ich das nicht auch so schon wäre, dachte er, behielt diesen Gedanken aber lieber für sich.
 

„Boss, Sie können sich auf mich verlassen. Was gibt’s denn nun? Soll ich jemanden zum Schweigen bringen? Oder brauchen Sie Geld? Sie wissen doch, der alte Zehj erledigt das. Keine Spuren, keine Zeugen, keine Probleme.“
 

„ Ja ja, schon gut, weiß ich ja. Hör genau zu...“, wollte er beginnen, doch er brach sofort irritiert wieder ab, als ein lauter Knall an seine Ohren drang. Vor Schreck ließ er das Telefon fallen.
 

Es folgten weitere ähnliche Geräusche.....Schüsse, wie er erst jetzt bemerkte. Was war da los? Er wollte gerade zur Tür eilen, als diese so heftig aufschwang, dass er zurücktaumelte. Entsetzt riss er die Augen auf, als die blonde Jägerin, gefolgt von mehreren Mädchen, in den Raum trat. Die drei Wächter stürmten auf sie zu, doch sie kamen nicht weit.
 

Der erste von ihnen verlor seinen Kopf durch einen Schwung von Buffys Axt, ein anderer starb durch einen Messerwurf genau zwischen die Augen. Der dritte erhielt einen Schwertstich ins Herz.
 

„Die Sicherheit lässt hier aber auch immer mehr zu wünschen übrig. Sie sollten schnellstens mal etwas dagegen unternehmen. Schließlich leben wir in unsicheren Zeiten.“, bemerkte Buffy sarkastisch.
 

Tegul spürte, wie Zorn in ihm brodelte. Wie konnte sie es wagen, ihn auch noch zu verspotten? Hatte sie ihm denn nicht bereits genug Schaden zugefügt?
 

„Von wegen“, zischte er, „ ich hab sie nur anders aufgeteilt Jeden Moment werden meine Leute hier sein. So einfach ist das nicht, Jägerin. Auch wenn du mich umbringst...so leicht kommst du hier nicht mehr raus.“
 

„Stimmt. Leicht wird’s bestimmt nicht. Auch wenn ich nicht mit Wachen rechne“, stimmte sie ihm zu und der gleichgültige Gesichtsausdruck auf ihrem Gesicht ließ ihn zögern, „Wissen Sie, worauf man achten sollte, wenn man explosive Stoffe lagert, wie Sie? Dass sie nicht explodieren!“
 

Was ging hier vor? Welche Teufelei hatte sie geplant?
 

Plötzlich bebte die Erde und ein lauter Knall erschütterte die Fabrik. Die Fensterscheiben im Büro erzitterten kurz und zersprangen dann mit einem lauten Klirren.
 

Buffys Mund verbreiterte sich zu einem Lächeln, als sie das entsetzte Gesicht von Tegul sah: „Das war Lager Nummer eins.“
 

Es krachte erneut, lauter diesmal. Und noch einmal. Und ein drittes Mal. Jedes Mal zählte die Jägerin mit sichtlicher Genugtuung mit. Es war ein schwacher Sieg in Anbetracht der momentanen Lage, vielleicht war es sogar ein unnötiger Einsatz gewesen, aber es war zumindest etwas gewesen, dass Buffy tun konnte, um nicht einfach nur rum zu sitzen, während Giles und Robin versuchten alles zu unternehmen, um Lily zu stürzen. Sie hatte zumindest dafür gesorgt, dass dieser Dämon nun wusste, wie mächtig die Jägerinnen am Ort waren.
 

„Götter des Abgrunds, nein!“ kreischte Tegul, als er den Brandgeruch wahrnahm.
 

„Doch. Ich habe meine Jägerinnen in ihren Waffenlagern ein kleines Feuer legen lassen. Hier geht gleich alles den Bach runter.“
 

„Nein...nein...“, Tegul hatte das Gefühl, ihm würde der Boden unter den Füßen weggerissen.

Sie hatte ihm soeben jede Möglichkeit genommen, wieder auf die Beine zu kommen. Nichts war ihm geblieben. Absolut nichts.
 

„ Das...das...kann nicht sein“, stammelte er. Das Entsetzen hatte ihn dermaßen gelähmt, dass er nicht reagierte, als ihre Axt auf seinen Kopf zusauste. Sein Gestammel brach sofort ab, Blut spritzte und er sackte mit gespaltenem Schädel zu Boden: „Um ehrlich zu sein: Ich hab mich schon ewig darauf gefreut das zu tun, nicht böse gemeint, aber du jammerst einfach zu viel!“
 

Buffy wollte sich gerade abwenden, als sie noch eine Stimme hörte: „Hallo? Hallo? Tegul? Ist da irgendwer?”
 

Buffys Augen spähten suchend durch den Raum, bis sie den Telefonhörer entdeckte, der auf dem Boden lag. Vorsichtig nahm sie ihn auf: „Mit wem spreche ich?“
 

„Oh, eine Frau? Tja, nachdem, was ich grade gehört habe, sieht es wohl so aus, als hätte Tegul...sich verabschiedet. Ich schätze, Sie schmeißen jetzt den Laden, was? Na, dann will ich mich gleich vorstellen. Ich bin Zehj’ran. Wenn Sie was brauchen, einfach anrufen, der alte Zehj kann alles kriegen. Kann alles, weiß alles, macht alles, da können Sie Gift drauf nehmen. Also, was kann Zehj für Sie tun? Champagner, um den Führungswechsel zu feiern? Oder...“, begann die Stimme am anderen Ende zu erzählen.
 

„Sie können was für sich selbst tun“, unterbrach Buffy den knarrenden Monolog.
 

„Huh? Was denn?“, wollte er interessiert wissen.
 

„Verschwinden Sie aus der Stadt bevor ich raus finde, wer Sie sind.“, die Drohung saß.
 

„Oh....gründliche Flurbereinigung, was? Sie brauchen vor Zehj keine Angst zu haben, ich arbeite gern für Sie. Ich will nur hin und wieder...“
 

Buffy seufzte und schmetterte den Hörer gegen die Wand. Zehj’rans Stimme verstarb.
 

Plötzlich wackelte der Boden erneut und Staub rieselte von der Decke. „Wir sollten dringend raus hier“, sagte sie zu den anderen Jägerinnen und gab ihnen ein Zeichen, dass sie ihr aus dem Raum heraus folgen sollten.
 

++++
 

Dunkle Gasse

„Okay, kein Problem!“ sagte Faith, nachdem sie einen kurzen Blick auf ihre Uhr geworfen hatte.
 

„Danke sehr. Mein Name ist übrigens Gretchen..“ sagte die Frau, während sie die Jägerin freundlich anlächelte, für einen kurzen Moment stockte sie, das Lächeln verschwand: „Es.. es ist nämlich so. Meine .. meine kleine Schwester, sie hieß Claire, wurde vor einem Jahr von so einem Monster getötet. Und.. und ich.. ich habe das total verdrängt. Es war genau dort in dieser Gasse. Ich weiß nicht einmal, warum ich in die Gasse hinein gegangen bin..“ erzählte die Frau mit zitternder Stimme, während sie in ihrer Handtasche ein Taschentuch hervorkramte und sich die aufkommenden Tränen aus dem Gesicht wischte.
 

Faith schluckte und sah Gretchen kurz an, dann sah sie wieder zu Boden. Was sollte sie schon sagen?
 

Gretchen warf Faith einen raschen Blick zu, ehe sie wieder nach vorne blickte und weiter erzählte.
 

“Und es ist noch immer sehr schmerzhaft. Ich sehe sie ständig vor mir. Überall. Ich weiß nicht warum. Ich kann einfach nicht mit ihrem schrecklichen und sinnlosen Tod abschließen. Du musst wissen, dass ich sie gefunden habe. Wissen Sie, wie schrecklich es ist, seine eigene Schwester zu finden, blutüberströmt?“
 

Faith sah auf, entschied sich, nichts zu sagen, sondern die Frau einfach nach Hause zu bringen, ohne auf sie einzugehen. Einfach weiter gehen, das würde das Beste sein. Besser auf jeden Fall als sich dadurch an Vi erinnern zu müssen.
 

„Was ist denn passiert?“ fragte Faith schließlich doch und sah sie fragend an.
 

„Das Herz wurde ihr von so einem… Monster… heraus gerissen...“ schluchzte Gretchen weiter, während sie sich weiterhin mit dem Taschentuch die Wangen trocknete.
 

„Kannst du dir vorstellen, wie das ist?“ sie sah Faith durchdringend an.
 

‚Na ja, was soll’s?’ ging es Faith durch den Kopf, als sie tief Luft holte, und mit dem Erzählen begann.
 

„Vor einigen Wochen ist eine sehr gute Freundin von mir gestorben..“ sagte Faith, und ihre Gedanken begannen, abzugleiten. Jetzt war es doch passiert, die Erinnerungen kamen hoch.
 

Gretchen sah die Jägerin mit großen Augen erwartungsvoll an, während sie an einer aufwendig verzierten Kette spielte, die um ihren Hals hing.
 

++++
 

Cleveland, McGregorian Fischfabrik

Selbe Zeit

Es war wirklich allerhöchste Zeit, dass sie aus dem Bürogebäude herauskamen. Durch den Boden zu ihren Füssen zog sich bereits ein recht breiter Riss und ein Stück Decke löste sich über ihnen. Das riesige Trümmerstück raste direkt auf Buffy zu, die nur dank ihrer übernatürlichen Reflexe die Gefahr rechtzeitig spürte, nach oben blickte und zur Seite springen konnte. Der Betonbrocken krachte auf den Fußboden und riss ein gewaltiges Loch hinein, ehe er in die Tiefe stürzte. Buffy sah mit geweiteten Augen hinterher und spürte helfende Hände, die ihr auf die Füße halfen.
 

„Das war knapp und Glück gehabt,“ murmelte sie ein wenig schockiert. „Okay.. lauft los... wir müssen raus hier.“
 

Während sie losrannte, stellte sie fest, dass andere dieses Glück wohl nicht gehabt hatten.

Mehrere tote Dämonen lagen unter einem großen Stahlträger und rührten sich nicht mehr während ihr dunkles Blut den Boden bedeckte.
 

„Kommt schon...“, rief sie noch mal nach hinten gewandt. Die anderen ließen es sich nicht zweimal sagen und rannten, so schnell sie konnten.
 

Mehr als einmal kamen sie an völlig aufgelöst umher rennenden Dämonen vorbei, die sich jedoch keinen Deut um die Jägerin und ihre Gruppe scherten, sondern eher ihr eigenes Überleben im Sinn hatten.
 

Ähnlich erging es ihr selbst und den anderen. Nur einmal, als einer der Dämonen halb blind vor Panik praktisch direkt in ihre Gruppe hineinrannte, trennte ihm eine der Jägerinnen den Kopf ab.
 

Um sie herum fiel die Fabrik langsam in sich zusammen, vom schnell ausbreitenden Feuer verzehrt und von weiteren, leichteren Explosionen erschüttert. Es krachte mehrmals, als ein weiteres, wohl versteckt liegendes Lager vom Feuer erreicht wurde. Metall- und Betonteile wurden durch die Luft gewirbelt.
 

Buffy sah, wie sich die Augen einer recht jungen Jägerin vor Entsetzen weiteten und konnte sie gerade noch rechtzeitig zur Seite stoßen, bevor das glühende Metallrohr sie erreichte. Sie selbst zog sich dabei allerdings eine höllisch schmerzende Brandwunde an der Schulter zu.
 

Mit dem Gedanken, den Jägerinnen vielleicht vor ihrer Abreise eine zusätzliche Trainingsstunde zukommen zu lassen – man blieb nicht stehen, wenn irgendwas auf einen zugeflogen kam – half sie dem jungen Mädchen auf.
 

„ Los, weiter!“ rief sie, doch das war leichter gesagt als getan, als sie nämlich um eine Ecke bogen, baute sich vor ihnen eine gewaltige Feuerwand auf. Die Hitze war atemberaubend.
 

Buffy fluchte leise. Das war ihr einziger Fluchtweg gewesen. Sie mussten sich schnell umstellen. Wohin nur?
 

„ Zurück!“ rief sie und sprang danach zur Seite, um der kreischenden lebenden Fackel, die mal ein Dämon gewesen war, aus dem Weg zu gehen.
 

Wo sollten sie jetzt hin?
 

Es gab wirklich keinen Ausweg. Um sie herum stürzte bereits alles zusammen. Eine rothaarige Jägerin wurde von einem herabfallenden Betonstück getroffen, bevor Buffy etwas tun konnte; eine ziemlich übel blutende Armwunde war die Folge.
 

Die Zeit wurde knapp. Buffy sah noch einmal hinter sich, dann wieder auf die Feuerwand und nickte.
 

Es würde nicht angenehm sein und es war ziemlich waghalsig, aber sie hatten keine Wahl. Jeden Moment konnte hier die Decke komplett herunterkommen.
 

„Ok, wir müssen da irgendwie durch. Ich weiß, das klingt jetzt verrückt, aber wir müssen da durch. Konzentriert euch ganz fest und versucht so hoch und weit zu springen wie es geht. Anders kommen wir hier nicht raus. Bitte vertraut mir...wir schaffen das.“
 

Sie wusste genau, dass viele der anderen Jägerinnen sie jetzt für wahnsinnig halten würden. Aber viele von ihnen waren sich ihrer eigenen Kräfte immer noch nicht komplett bewusst.
 

„Gut...jetzt gilt es....“ murmelte sie, holte noch einmal tief Luft, nahm Anlauf...und sprang in einem einzigen Anlauf über die Flammen hinweg. Nun blieb ihr nur noch, zu warten. Sie hoffte nur, dass die anderen es schaffen würden...
 

Die Sekunden dehnten sich zu Ewigkeiten, als Buffy wartete....und dann kamen sie.

Eine nach der anderen wagte den Sprung durch die Flammen. Viele kamen nicht so hoch wie sie und manche versengten sich wohl auch, aber wie durch ein Wunder blieben die meisten relativ unverletzt. In Gedanken zählte Buffy mit, als ein Mädchen nach dem anderen auf dieser Seite des Feuers erschien. Schließlich waren sie alle durch und Buffy atmete auf.
 

Das wäre geschafft.
 

„Weiter! Ausruhen können wir erst draußen!“ rief sie und wie zur Bestätigung krachte ein metallenes Geländer scheppernd zu Boden.
 

Sie rannten weiter und schließlich, nach einem schier endlosen Lauf durch Flammen, Lärm und Rauch, kamen sie nach draußen und stockten.
 

„Das war klar“, murmelte Buffy, als sie und ihre Gruppe sich plötzlich von rothäutigen Dämonen mit Maschinenpistolen umringt sahen.
 

Auf dem Vorplatz, etwas hinter der Gruppe, stand eine große schwarze Limousine, deren Türen sich gerade öffneten.
 

Ein massiger Dämon mit einer Haut deren Farbe so glühend rot war wie Lava stieg aus und ging langsam auf die Gruppe zu. Er war sehr elegant gekleidet und hatte irgendwie sogar einen Schneider gefunden, der ihm einen Anzug verpasst hatte, in dem er trotz seiner Körperfülle nicht lächerlich wirkte.
 

Grinsend schritt er durch die Reihen seiner Leute hindurch und stand nun vor Buffy.

„Die Jägerin. Das hatte ich erwartet. Erschießt sie!“
 

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Dunkle Gasse

Selbe Zeit

“Und sie wurde einfach so vor deinen Augen erschossen?“ fragte Gretchen, als sie mit Faith zusammen über eine kleine Brücke ging, und danach an einer Ampel stehen blieb.
 

„Von einer deiner Vorgesetzten? Das ist ja schrecklich!“ sie hörte auf an ihrem Anhänger zu spielen und warf das Taschentuch in den Mülleimer, dann suchte sie sich wieder ihren Lippenstift, und zog ihn ein weiteres Mal nach, bis die Ampel endlich auf Grün umschaltete.
 

Faith hatte die ganze Zeit geschwiegen, und daher ergriff Gretchen wieder das Wort: „Wieso, denkst du, hat sie das gemacht? Hatte es irgendeinen Grund?“
 

„Nein, ich glaube sie ist einfach durch gedreht…“, log Faith, stärkte ihren Griff um die Armbrust, und sah Gretchen verzweifelt an.
 

“Und weißt du, was das Schlimmste ist. Ich würde sie liebend gerne töten. Sie verdient den Tod, und nichts Besseres. Aber als Mensch kann man ja anscheinend nicht einfach andere Menschen töten. Das nennt sich Selbstjustiz. Ich frag mich echt was daran so schlecht ist. Würde dem Staat ne Menge Geld sparen.“
 

„Oh ja, als würde es dir ums Geld ge...ähm… Entschuldigung.“ Gretchen sah verwirrt zu Boden, ärgerte sich kurz über sich selbst und lächelte dann die Jägerin wieder freundlich an.
 

“Da vorne, in dem großen Haus, neben dieser Lagerhalle, da wohne ich.“ Gretchen deutete mit der Hand nach vorne. Wieso wohnte eine Person wie Gretchen in so einem heruntergekommenem Viertel?
 

„Ab und zu ist es echt.. beschissen. Ich wünschte wirklich, dass..“ Faith machte eine Pause und schien zu überlegen.
 

Gretchen blieb stehen, drehte sich zu Faith und sah sie erwartungsvoll an. „JA?“
 

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Cleveland, McGregorian Fischfabrik

Selbe Zeit

Die Jägerinnen sahen sich verunsichert um. Gegen Kugeln konnten sie nichts ausrichten, wie gut ihre Reflexe auch sein mochten. Umso überraschender war es, dass Buffy ziemlich ruhig blieb, selbst als die Dämonen ihre Waffen hoben.
 

„Ganz ruhig bleiben, Leute...ich hab so etwas erwartet“, flüsterte sie.
 

„Ganz ruhig? Spinnst du? Die knallen uns gleich ab!“ erwiderte die blonde Jägerin, die sich wie eine Anführerin benommen hatte, zugleich verwirrt, wütend und leicht panisch.
 

„Nein, machen sie nicht“, gab Buffy zurück und als wäre dies ein Kommando gewesen regte sich plötzlich etwas hinter den Dämonen
 

Sie sahen sich verwirrt um...und erstarrten, als sie sahen, dass hinter ihnen eine Menge Mädchen aufgetaucht waren, die Armbrüste auf sie gerichtet hatten. Buffy erkannte Kennedy, die ihre Waffe direkt auf den Dämonenboss gerichtet hielt, in ihrem Gesicht war Trauer und Wut zu erkennen, und auch die anderen hinzugekommenen Jägerinnen sahen mitgenommen aus. Jemand von ihnen hatte es nicht geschafft, das wurde Buffy mit einem Schlag klar.
 

„Waffen weg“, befahl Buffy, und versuchte den Gedanken an Opfer zu verdrängen. Die meisten Dämonen zögerten nicht lange. Waffe um Waffe klapperte zu Boden und Buffy lächelte flüchtig.
 

Der große Dämon sah sich verwirrt um, gewann aber erstaunlich schnell seine Fassung wieder.
 

Er lächelte Buffy breit an, entblößte dabei ein Gebiss das an einen Haifisch erinnerte: „Und jetzt? Du kannst diese Trottel vielleicht erschießen, aber mich stören Bolzen nicht. Meine Haut ist zu dick für so etwas.“
 

Buffys gezwungenes, verbittertes Lächeln näherte sich erschreckend seinem an als sie kurz auf ihre Axt und dann in sein Gesicht blickte: „ Ich habe Äxte, Schwerter, Wurfdolche...suchen Sie sich was aus.“
 

Aber sie winkte ab, bevor er etwas erwidern konnte. „ Ich will Sie nicht umbringen. Mit Toten kann man schlecht verhandeln.“
 

„Verhandeln?“, zischte Kennedy, ihre Verwirrung war offensichtlich, „ Warum bringen wir den Kerl nicht einfach um?“
 

„Weil dann mehr kommen. Und jetzt lass mich bitte in Ruhe reden“, gab Buffy zurück, bevor sie sich an den Dämon wandte.
 

„Soweit ich das sehe, seid ihr eine Bande von ziemlich gewöhnlichen Verbrechern.“
 

„Gewöhnlich? Ich muss doch sehr bitten“, murmelte der Dämon leicht pikiert.
 

„Verbrecher seid ihr auf jeden Fall. Und die Jägerin jagt keine Verbrecher. Immerhin besteht ein nicht zu kleiner Teil eurer „Organisation“ aus Menschen, außerdem seid ihr weder auf den Weltuntergang aus, noch darauf Leid zuzufügen, euer Hauptinteresse ist Profit; ihr seid für mich also nicht mehr als ganz normale Verbrecher - wenn ihr uns in Ruhe lasst natürlich nur. Oder aber ich könnte ihnen und allen ihren Freunden das Leben zur Hölle machen. Sie sehen schon an dem was hier vorgefallen ist, wozu ich in der Lage bin, und das ist nur der Anfang einer sehr langen, und immer noch erweiterbaren Skala, die wohl keiner von uns beiden weiter erforschen will.“, um ihre Worte zu unterstreichen, deutete sie auf die Fabrik, die nunmehr ein Haufen rauchender Trümmer war.
 

„Pfff! Wenn ich wollte, könnte ich dich einfach ausradieren, Jägerin...genau wie all die anderen.“, der Dämon schien sehr von sich überzeugt zu sein, doch jeder hätte bemerkt, wie unsicher er war. Es gelang ihm nicht wirklich zu verbergen, dass er über den Verlust der Fabrik eigentlich ziemlich erschüttert war.
 

„ Jaja...lassen Sie das großspurige Getue. Sie lassen uns in Ruhe und ich behandle Sie wie ganz normale Verbrecher und lasse Sie und ihre ganze Bande in Ruhe.“
 

Der Dämon runzelte die Stirn und schien ernsthaft zu überlegen.
 

Einer der anderen Dämonen blickte ihn an und flüsterte: „ Boss? Sie wollen doch nicht wirklich...“
 

Weiter kam er nicht, denn der Dämonenboss packte ihn und brach ihm mit einer schnellen Handbewegung das Genick, was die anderen merklich zusammen zucken ließ.
 

Der große Dämon wandte sich jetzt wieder Buffy zu: „Ich nehme an. Du lässt uns in Ruhe und wir behelligen euch nicht weiter. Ich hab sowieso besseres zu tun als mich mit einner Horde junger Mädchen rum zu schlagen.“
 

Ohne auf eine Reaktion zu warten drehte er sich herum und verschwand zwischen den zerstörten Gebäuden, um sich den Schaden genauer anzusehen.
 

In den Gesichtern der Jägerinnen spiegelte sich Verwirrung. Sie konnten noch immer nicht ganz begreifen, was gerade geschehen war. Hatten sie wirklich Frieden mit einem Dämon geschlossen?
 

Die anderen Dämonen nutzten die Gelegenheit und verdrückten sich. Niemand verfolgte sie.
 

„Das glaub ich einfach nicht“, fluchte Kennedy und packte Buffys Schulter, „ Du hast mit einem Dämonen...Geschäfte gemacht! Noch dazu mit so einem....Mafiatypen.“
 

„ Ja… so sieht es wohl aus“, gab Buffy zurück, sie bemerkte, wie die Blicke der Jägerinnen sich auf sie richten, „Ich hatte keine andere Wahl, es war das einzige, was ich tun konnte. Tegul war eine Bedrohung, doch, wenn ich nur ihn ausgeschaltet hätte, dann wäre die Mafia auf mich aufmerksam geworden, und das wäre der Situation nicht gerade dienlich gewesen. Nein, ich musste ihnen zeigen, wozu ich in der Lage bin, um sie einzuschüchtern, denn auf einen Krieg konnten wir uns in dieser jetzigen Situation nicht einlassen!“
 

Es war wichtig, dass sie nun Entschlossenheit zeigte, obwohl ihr das alles nicht leicht gefallen war. In ihrem Kopf schrie alles, dass es die falsche Entscheidung gewesen war, was sie gerade getan hatte. Doch sie konnten sich einfach nicht auf die Probleme mit Lily, den Reitern und was auch immer sonst noch kommen mochte, konzentrieren und sich gleichzeitig mit der Dämonen-Version der Mafia rumschlagen. Es war einfach nicht möglich. Zweifrontenkriege gingen nie gut aus.
 

„Verdammt, für diese Aktion sind zwei unschuldige junge Mädchen gestorben!“, zischte Kennedy, „Wie willst du das ihren Wächtern das erklären? Wie?“
 

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Dunkle Gasse

Selbe Zeit

Faith schossen Tausende Gedanken gleichzeitig durch den Kopf. Sie starrte ohne jegliche Emotionen in die Dunkelheit, während Gretchen, die immer noch an ihrer Kette spielte beinahe die Zahnräder in Faith’s Kopf rattern hörte.
 

„Faith?“ fragte die junge Frau ungeduldig nach, und biss sich danach unabsichtlich auf die Lippen, „Was würdest du dir wünschen?“
 

Eine weitere, für Faith fast unendliche Sekunde verging, bevor sie alles von sich abschüttelte, tief Luft holte, und Gretchen dann direkt in die Augen sah.
 

“Ich bin eine Jägerin. Du bist doch nicht wirklich so bescheuert zu glauben, dass ich nicht erkennen würde, dass du ne Rachedämonin bist, Flittchen!“, Faith zog ihr Messer und hielt es drohend hoch.
 

„Ich hätte mich niemals auf eines deiner falschen Spiele eingelassen! Wünsche… pah! DU dachtest wohl ich kann der Verlockung nicht widerstehen!“
 

Die Jägerin funkelte Gretchen böse an, die überrascht einige Schritte nach hinten machte.
 

Plötzlich begann sie zu lächeln, zuckte mit den Schultern und trat dann wieder auf Faith zu.
 

„Ja klar.“ sie lachte wieder, “Es ging nur um einen Sekundenbruchteil… dann hättest du mir gehört… und das weißt du genau! Menschen sind so witzig, wenn sie versuchen sich selbst etwas einzureden! Du weißt genau, dass das hier deine einzige Chance auf Rache war. Große Dinge kündigen sich an, und sie bedeuten unendliche Schmerzen für dich. Du hast davon geträumt, nicht wahr? Dies war deine letzte Chance, die Welt zu verändern, nun wirst du mit ihr leben müssen, so wie sie ist. So wie sie bald sein wird.“
 

Gretchen zwinkerte der dunkelhaarigen Jägerin noch zu, bevor sie sich noch ihre Haare richtete, und in einem aufblitzenden Feuerwirbel verschwand.
 

Faith blieb alleine auf den dunklen Straßen zurück. Sie starrte auf die Stelle, an der Gretchen vor einer halben Minute noch gestanden hatte, und steckte das Messer dann wieder in die Scheide, die sie in ihrer Tasche eingesteckt hatte.
 

„Niemals wäre ich auf dieses Angebot eingegangen…“ sagte die Jägerin zu sich selbst, während sie sich an die Wand lehnte und sich zu Boden sinken ließ. „Niemals...“.
 

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Straßen von Cleveland,

Nicht allzu weit entfernt

Kennedy ging so schnell, dass Buffy fast rennen musste um auf einer Höhe zu bleiben. Sie hatte kein Wort mehr gesprochen, seit sie sich von den anderen Jägerinnen getrennt hatten, die es vorgezogen hatten direkt nach Hause zu fahren.
 

„Kennedy, warte mal, was ist denn los?“, wollte Buffy wissen.
 

„Was los ist?“, Kennedy blieb stehen, „Du fragst mich nachdem du das alles durchgezogen hast, was los ist? Wenn du dir das nicht denken kannst, dann kann ich dir auch nicht mehr weiterhelfen!“, sie wollte weitergehen, doch Buffy hielt sie zurück: „Warte, lass uns darüber reden, ok?“
 

„Dann sag was du sagen willst, ich bin gespannt!“, sie verschränkte ihre Arme und setzte eine vernichtende Miene auf, verdammt, was hatte Buffy sich nur dabei gedacht?
 

„Es war nötig, wir haben keine Zeit uns wegen der Organisation Sorgen machen zu können, wir haben schon genug mit dem Rat zu tun, außerdem sind sie wie ich ja schon gesagt habe normale Verbrecher, und das fällt nicht in unseren Aufgabenbereich!“, versuchte Buffy ihre Entscheidung zu verteidigen, auch wenn die Stimme ihres schlechten Gewissens in ihrem Kopf langsam begann noch lauter zu werden. Die ganze Zeit über war sie sich sicher gewesen, dass ihr Plan der einzige Weg war, um sich den Rücken frei zu halten, doch jetzt wo sie ihr Vorhaben durchgeführt hatte fühlte es sich einfach nur noch falsch an.
 

„Es geht mit nicht darum, ob es nun richtig war oder nicht, aber du hättest es mir sagen können, damit ich weiß für was ich diese Mädchen in den Tod führe! Verdammt! Aber meine Meinung scheint dich ja nicht einmal zu interessieren.“, beklagte Kennedy sich.
 

„Ich war mir nicht sicher, ob du es so gesehen hättest wie ich, deswegen konnte ich es nicht riskieren dich einzuweihen.“, mit jedem Wort war sie sich selbst weniger sicher, es klang alles nur nach vorgeschobenen Rechtfertigungen.
 

„Also ist es besser mich gar nicht einzuweihen, und zusammen mit den anderen Jägerinnen als Puppen in deinem Spiel zu benutzen? Aber ok, wenn du es so siehst.“, war Kennedys einzige Antwort, dann drehte sie sich um und stürmte weiter.
 

„Das ist die falsche Richtung, wir müssen in die andere…“, begann Buffy nur um wieder von ihr abgewürgt zu werden: „Ich will nicht zu Giles!“
 

++++
 

Wohnheim,

Willow´s Zimmer

Willows Augen waren weit aufgerissen. Ihre Pupillen hatten sich erweitert, und das Weiße in ihren Augen wurde von rotem Blut gezeichnet. Das Pochen ihres Herzens drückte gegen ihre Schläfen, und sie hatte das Gefühl dass ihr Blut langsam ihre Adern aufplatzen lassen würde.
 

Insgeheim fragte sie sich, ob es sich für Warren so angefühlt hatte, als seine Haut von seinem Körper gerissen wurde. In ihren Ohren hallten die Schreie von Jägerinnen. Todesschreie. Sie war sich nicht sicher ob es zwei oder mehr waren. Willows ganzer Körper verkrampfte sich.
 

Mit einer plötzlichen Bewegung wurde sie auf ihrem Bett nach hinten gerissen, und krachte mit dem Kopf gegen das Kopfende und die Mauer. Es kam der Hüterin so vor, als würde dieser unglaubliche Schmerz in ihrem Inneren sie ganz und gar auffressen und zerstören wollen.

Es war ihr nicht klar, ob sie nicht vorher sterben wollen würde, als diese Qualen erneut über sich ergehen zu lassen.
 

Diese zerfressenden Schmerzen bohrten sich in ihren Brustkorb. Vor ihren Augen tauchten lodernde Flammen auf. Der Geruch von Schwefel hing in der Luft. Willow versuchte sich zu beherrschen und ruhiger zu atmen. Doch auch wenn sie sich genau darauf konzentrierte konnte sie es nicht. Nach ein paar anstrengenden Versuchen schaffte sie es, ihre Hand zu bewegen. Doch nach ein paar weiteren Millimetern wurde ihr klar, dass sie nie die Schublade erreichen würde. Außerdem konnte sie ohne Hilfe den Zauber sowieso nicht durchführen.
 

In ihrem Bauch breitete sich immer mehr Panik aus, und langsam schnürte sich ihre Kehle zu. Ein weiterer, quälender Schmerz kroch durch ihre Adern, gefolgt von einem erneuten Schrei der Jägerinnen, bis diese langsam verstummten. Wenn sie genauer hinhörte, konnte sie nur noch das Knistern der Flammen wahrnehmen.
 

Ihr ganzer Körper fühlte sich so an, als würde er zerbersten. Doch im nächsten Moment schaffte sie es, tief durchzuatmen. Ihre Finger krallten sich an der Bettdecke fest, und langsam rann Blut aus ihren Nägeln. Ihr Herz schlug lauter, aber doch wieder regelmäßiger.
 

Nach ein paar Minuten richtete sich die Hüterin langsam auf, und fuhr sich mit einer Hand durch die schweißnassen Haare. Mit wackelnden Beinen ging sie Richtung Waschbecken, und sah mit halboffenen Augen in den Spiegel. Ihr Körper hatte sich wieder beruhigt, aber dennoch wackelte ihr Spiegelbild noch.
 

Nachdem sie ihr Gesicht gekühlt hatte, öffnete Willow mit zitternden Händen das Fenster ihres Zimmers. Was sie gerade dringend brauchte war Sauerstoff. Es war nicht gerade angenehm gewesen, dieses Brennen auf der Haut zu spüren, die noch immer leicht gerötet war. Mit einer Hand wischte sie sich den Schweiß von der Stirn, die andere umklammerte noch immer den Fenstergriff.
 

Sie konnte nicht sagen wie viel Zeit vergangen war, als ein Klopfen sie plötzlich aus ihren Gedanken riss. Im nächsten Moment betrat Kennedy mit einem Lächeln das Zimmer. Die Hüterin zwang sich, ebenfalls ein Lächeln aufzusetzen. Kennedys Lippen verzogen sich zu einer besorgten Miene, als sie Willow musterte.
 

„Ist alles in Ordnung?“, fragte die Jägerin besorgt, und ging mit ein paar Schritten auf ihre Freundin zu.
 

Die Hüterin zwang sich, nicht mehr zu zittern. „Ja, ist es. Wie geht’s dir Süße?“, antwortete sie, und legte behutsam ihre Hände auf Kennedys. Damit sie ihr nicht mehr in die Augen sehen musste, lehnte sie ihren Kopf an Kennedys Schulter. Auch wenn sie noch immer diesen grauenhaften Schmerz in ihren Gliedern wie einen Muskelkater spüren konnte, wollte sie kein Wort darüber verlieren. In letzter Zeit hatten sie sich noch seltener gesehen, und da wollte sie die Zeit mit ihrer Freundin anders verbringen, als über Schmerzen zu reden.
 

„Bist du dir sicher? Mir geht es ganz gut... jetzt wo ich bei dir bin.“

Doch insgeheim sah Kennedy noch immer die gequälten Augen der beiden Jägerinnen, die sie vorhin gesehen hatte. An die schmerzerfüllten Schreie der beiden konnte sie sich noch immer erinnern. Sie hatte so eine unglaubliche Wut auf Buffy, und in ihrem Inneren tobte wahrlich ein Sturm. Wenn sie genauer darüber nachdachte, hätte sie selbst eine der beiden Jägerinnen sein können, und durch Buffys Schuld hätte sie selbst krepieren können.
 

Kennedy wollte es einfach nur verdrängen. Sie schloss für einen kurzen Moment die Augen, und küsste Willows Stirn.
 

„Ja bin ich. Ich habe nur im Moment so einen unglaublichen Stress.“, Sie drehte sich zur Seite, und ließ ihre Freundin einen Blick auf ihre Unterlagen werfen, die zum Teil auf dem Boden lagen.
 

„Wenn du dieses Semester nicht schaffst, machen wir einen Urlaub und tauchen einfach unter.“, sie lächelte die Hüterin verschmitzt an. Diese hob den Kopf.
 

„Ich schaffe das schon. Aber Urlaub könnte ich trotzdem gebrauchen.“, sie seufzte leise. „Nachdem wir bei meiner Abschlussparty einen drauf gemacht haben.“, Willow funkelte ihre Freundin an. Diese erwiderte Willows Blick mit einem zögernden Kuss.
 

Langsam, so dass Willow es kaum spüren konnte, streichelte Kennedy Willows Rücken, während sich ihr Oberkörper dem von Willow entgegendrängte. Mit der anderen Hand spielte sie mit den roten Haaren ihrer Freundin. Sie liebte diesen Duft.
 

Willow sah gleichzeitig so wunderschön und verletzlich aus. Kennedy war sich sicher, dass irgendetwas nicht stimmte. Aber vielleicht würde sich das Wohlbefinden ihrer Freundin ja steigern lassen...
 

++++
 

Wächterhaus

Selbe Zeit

Das Wohnzimmer war vollgestellt mit Kartons, Giles hatte sich die Zeit genommen, während Buffy und die anderen weg waren, Lilys Sachen ins Wohnzimmer zu bringen, damit er sie morgen endlich auf den Sperrmüll geben konnte. Schmerzlich wurde ihm bewusst, dass er in der Wohnung, die vor nicht allzu langer Zeit noch für vier Leute hatte herhalten müssen, nur noch alleine lebte.
 

Er stellte gerade den letzten Karton ab, als das Telefon zu klingeln begann, was ihn aufspringen ließ. Er hechtete an den gepackten Kisten vorbei zu seinem Telefon, vermutlich war es Prescott, der ihm Neuigkeiten mitzuteilen hatte.
 

Er sah, dass es eine englische Nummer war, jedoch nicht die, die Charles Prescott immer benutzt hatte. Vielleicht war er gezwungen gewesen von irgendwo anders anzurufen? Etwas besorgt nahm Giles ab: „Cleveland Wächterzentrale, Mr. Giles.“
 

„Was sagen Sie, ist passiert? Wer spricht da?“
 

Er lauschte dem, was der Anrufer ihm zu erzählen hatte, mit jeder Sekunde wurde seine Miene dunkler: „Ja, ich verstehe. Tragisch.“
 

In ihm schien sich etwas zusammen zu ziehen, das gleich explodieren würde, doch dann war da plötzlich nur noch Leere: „Ja, ihnen auch noch einen schönen Tag.“
 

Er legte auf.
 

Wie in Trance schleppte er sich in das Besprechungszimmer, sein Blick glitt über das verwüstete Risikobrett zu dem Marsha Hunt Poster aus seiner Jugend. Der Rat, Lily, die Reiter und schließlich noch die Organisation waren unter Feinde eingetragen worden, auf der anderen Seite unter Verbündete aber ausschließlich Charles Prescott.
 

Er trat vor, griff nach einem schwarzen Stift, strich den Namen des Wächters von der Liste und trat wieder einen Schritt zurück, um das Bild erneut zu betrachten. Ernüchternd. Sehr ernüchternd.
 

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Wächterhaus,

Eingang

Faith saß auf der untersten Stufe und blickte nach oben in den Sternenhimmel. Die Nacht war ganz klar, und man konnte hunderte kleine Lichter aufblinken sehen, über den ganzen Himmel verteilt.
 

Der Wind kühlte die Luft ab und strich über ihr Gesicht, es gäbe so viele bessere Dinge, die sie nun tun könnte. Robin wartete bestimmt schon auf sie, müde von der ganzen Arbeit, oder sie hätte Buffy zur Hilfe eilen können, wie sie es versprochen hatte, doch statt dessen saß sie alleine hier draußen und dachte nach.
 

Hätte sie es tun sollen? Sie war so kurz davor gewesen, der Gedanke der Rache war in verführerischer Nähe gewesen, zu verführerisch. Und dennoch war ein zu großer Teil von ihr bereit gewesen es zu tun; was wenn es wirklich ihre einzige Möglichkeit gewesen wäre jemals Rache zu nehmen? Was wenn ihre kryptischen Prophezeiungen stimmten, und nicht nur ein Anfall von Wut gewesen waren, weil Faith nicht auf das Angebot eingegangen war?
 

Sie schämte sich für den Gedanken, doch sie konnte ihn nicht verdrängen, genauso wenig, wie sie sich einreden konnte, dass die Entscheidung, die sie getroffen hatte die einzige richtige gewesen war.
 

Warum musste das Schicksal ihr so übel mitspielen und sie dann auch noch in Versuchung führen? Verdammt, es war nicht fair.
 

Buffy war wohl auch ohne sie erfolgreich gewesen: irgendwo in der Nähe des Hafens stieg eine Rauchsäule auf, und immer wieder waren die Sirenen von Polizei und Feuerwehr zu hören. Wenigstens in dieser Beziehung musste sie sich wohl keinen Vorwurf machen.
 

Als sich gerade aufraffen wollte, um Robin Gesellschaft zu leisten hörte sie plötzlich Schritte, die auf sie zu stürmten. Für einen Moment spannte sie sich instinktiv an, auf einen Angriff vorbereitet, doch dann tauchte Buffy vor ihr auf.
 

„Faith?“, sie wirkte irgendwie aufgewühlt, so als sei etwas nicht nach Plan gelaufen, „Wieso bist du nicht mehr gekommen?“
 

„Ich habe ewig gebraucht, bis ich Vampire gefunden habe, und dann war es gleich ein ganzes Nest; ein harter Kampf!“, log Faith.
 

Buffy merkte, dass es ein bisschen gezwungen klang, als sei es nur vorgeschoben, doch es war so oder so egal, vielleicht sollte sie sogar froh sein, dass Faith nicht dabei gewesen war, auf diesem Weg hatte sie es sich wenigstens nicht auch noch mit ihr verscherzt.
 

„Wollen wir reingehen und gucken, was Giles so treibt?“, schlug Buffy vor, um vom Thema abzulenken. Faith nickte nur, auch sie hatte nicht das Bedürfnis über die Ereignisse dieser Nacht zu sprechen.
 

Als sie das Haus betraten sahen sie Giles zuerst nicht, bis sie ihn schließlich fanden: Er saß in seinem Ohrensessel, in der einen Hand ein Glas, in der anderen eine halbleere Flasche Scotch, um ihn herum waren Kartons mit Lilys Sachen aufgestapelt, die er verträumt anstarrte. Als er sie bemerkte blickte er auf: „Buffy, Faith. Guten Abend. Wie ist es gelaufen?“
 

„Alles ist so gelaufen, wie ich es mir vorgestellt hatte.“, gab Buffy zurück.
 

„Gut, das ist sehr gut.“, er wandte den Blick wieder auf die Kisten, als gebe es nicht mehr dazu zu sagen. Buffy und Faith wechselten besorgte Blicke.
 

„Vielleicht sollten wir eben unser Schaubild ändern, es ist sicher aufbauend, wenn wir wenigstens die Organisation wegstreichen können!“, schlug Buffy vorsichtig vor, sein Reaktion genau abschätzend.
 

Sein Blick blieb immer noch stur auf die Kartons gerichtet: „Ja, das wäre vermutlich gut.“, einige endlose Sekunden vergingen, bevor er sich aufrichtete und lustlos runter ins Besprechungszimmer schleppte. Die beiden Jägerinnen folgten ihm zögernd.
 

Als sie die Rückseite des Posters sah, wurde ihr mit einem Schlag klar, wieso Giles so abwesend wirkte: Der Name seines einzigen Verbündeten in London, war durchgestrichen, sie hatten keinen Verbündeten mehr!
 

Giles entfernte die Organisation aus seiner Liste, und kommentierte es mit einer kaum versteckten Verbissenheit: „Drei zu Null sieht doch gleich viel besser aus als Vier zu Null.“
 

„Ja.“, Buffy bemühte sich seinen überdeutlichen Unterton zu überhören, „Wir schaffen das schon irgendwie!“
 

„Ganz bestimmt!“, pflichtete Faith ihr bei, doch ihre Gedanken waren an einem anderen Ort, einem Ort, an dem all das hier bedeutungslos war und sie ihre Rache haben konnte, einem Ort, dem sie heute Nacht sehr nah gewesen war, „Sehen sie es mal positiv: Es kann kaum noch schlimmer werden!“
 

++++
 

Cleveland,

Angemietetes Büro

“Und wie geht es Ihrem Krieg, mein Bester?“
 

“Könnte nicht besser sein.“ Kan Hsirg nahm einen tiefen Zug aus seiner Zigarre und grinste D’Hoffryn an. “Ich denke, ich kann Punkt 1 – ich meine natürlich Punkt 2 – auf meiner Liste als abgehakt betrachten.
 

“Tatsächlich?“ D’Hoffryn zog eine Augenbraue hoch. “Wenn mich meine Informationen nicht täuschen, wurde die letzte Armee, die Sie anwerben wollen, von den Jägerinnen vernichtet.“
 

“Allerdings, das ist wahr.“ Hsirg erhob sich, strich seinen Anzug glatt, und begann in seinem neuen Konferenzzimmer auf und ab zu gehen. Im Vergleich zu den Räumlichkeiten, die ihm in der Barker Cooperation zu Verfügung gestanden hatten, war dies hier nur provisorisch, doch für den Moment sollte es genügen. Er wollte sein Schweizer Nummernkonto schließlich nicht zu sehr strapazieren.
 

“Aber genau genommen sind es die Jägerinnen, die mich auf die entscheidende Idee gebracht haben, deshalb sollte ich ihnen dankbar sein. Sehr dankbar.“
 

“Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht ganz folgen...“
 

Hsirg nahm wieder Platz und legte seine Zigarre im Aschenbecher ab. “Die Lösung all meiner Probleme lag die ganze Zeit über direkt vor meiner Nase, aber ich war zu blind, um sie zu erkennen. Sehen Sie, ich will einen Krieg gegen Dämonen führen. Womit führt man einen Krieg gegen Dämonen?“
 

In diesem Moment konnte man draußen im Gang das Klacken halbhoher Absätze vernehmen und einen Augenblick später öffnete sich die Schiebetüre zum Konferenzzimmer. D’Hoffryn’s verwirrte Miene hellte sich sofort auf, als er erkannte, wer dort im Türrahmen stand. Kan Hsirg hatte vollkommen Recht gehabt, die Lösung lag wirklich auf der Hand.
 

Die beiden männlichen Dämonen sprangen zu ihren Füßen, als die Dame eintrat, setzten ihr jovialstes Lächeln auf und sanken abwechselnd in tiefe Verbeugungen.
 

“Willkommen, Gnädigste, ich bin überaus entzückt, dass Sie uns mit ihrem Besuch beehren.“ Kan Hsirg führte sie zu ihrem Platz und D’Hoffryn rückte ihr den Stuhl zurecht. “Ich hoffe, die Reise aus England war nicht zu beschwerlich? Was darf ich Ihnen denn zu trinken anbieten?“
 

“Trinkt man in einem solchen Fall nicht Champagner?“ fragte Lily Usher mit einem Hauch von Ironie in ihrer dunklen melodiösen Stimme. “Schließlich haben wir mehr als nur einen Grund zum Anstoßen. Der Beginn unserer Zusammenarbeit, den baldigen Triumph über unsere Feinde...“
 

“Die Vernichtung Malkuth’s!“ zischte Kan Hsirg leise.
 

++++
 

Tief unter der Erde

Selbe Zeit

“Wenn du mir sagst, dass wir es schaffen, dann werd’ ich dir glauben!“
 

Der Gong schlug, die Zeiger rasten, das archaische Kupferpendel der großen Unruh’ schwang surrend hin und her. Sein Glanz ließ die seltsamen Schriftzeichen rötlich aufleuchten, als es an den beiden Gestalten vorüber zog.
 

“Reloaded. Nein, Quatsch, Revolutions, natürlich. Trin zu Neo in Revolutions. Der war zu einfach!“
 

Schon bald konnten sie das Rattern endloser Zahnräder hören, die kreisend ineinander griffen.

Federn spannten sich, Ketten wurden angezogen und Hebel wechselten quietschend ihre Position.
 

“Ach ja? Lass’ dir ’nen besseren einfallen!“
 

Dann verklang es hinter ihnen. Das Ticken und Rattern erlosch.
 

“Ich bin ein Killer! Ein mordender Bastard. Und wenn man das Herz eines mordenden Bastards bricht, dann hat das Konsequenzen...“
 

Nur das Geräusch ihrer Schritte hallte noch im Gang wieder, wurde von den Wänden zurückgeworfen und von der Dunkelheit verschlungen.
 

“Duh! Bill zur Braut, wie langweilig! Knack den: Von all den hastigen und mitternächtlichen Versprechungen im Namen der Liebe, wird’s keins so schnell gebrochen, wie ’Ich werde dich nie verlassen!’“
 

“Das ist der Anfang von Cabal, du Bakakopf! Und das zählt nicht, denn es ist aus dem Buch und nicht vom Film!“
 

Der strahlende Feuerschein tausender Fackeln erhellte den Gang, als die mächtigen Torflügel aufschwangen und den Weg zur Halle von Tipharet freigaben. Turmartige Säulen ragten hoch zur Decke hinauf, verloren sich in den Schatten ihrer gotischen Spitzbögen. An den Seiten wanden sich Gänge und Wendeltreppen in alle Richtungen, dazwischen klapperten Türen und Fenster, um die seltsamsten Wesen auszuspucken, die ein menschliches Auge je erblickt haben mochte.
 

Schlangengleiche Naga Dämonen glitten um die Säulen herum, ihre schillernden Schuppen brachen das Licht der Flammen. Wendigos huschten vorbei, und ließen die Planen der zahllosen Marktstände unter ihren Windstößen erzittern. Ein wilder Fyarl stritt sich mit einem zischenden Kappa um den Preis von etwas, das aussah wie ein Fisch mit Tentakeln. Eine bildschöne, menschlich wirkende Frau drehte ihren Kopf um 180° Grad, um einem potentiellen Kunden zuzulächeln, der interessiert die Insekten betrachtete, die auf ihrem Stand herumkrabbelten.
 

Lily (V.O.): „Keiner kann wohl behaupten, dass jede Lüge etwas Schlechtes sei, denn wer würde einer Mutter einen Vorwurf machen, die ihr Kind vor dieser grausamen Welt beschützen will, oder einem Arzt, der seinem Patienten verschweigt, dass er keine Hoffnung mehr hat?“
 

Die Halle war erfüllt von Stimmengewirr in Hunderten verschiedener Sprachen...Lachen, Rufen, Schimpfen, Singen, dem schrillen Klang einer Flöte begleitet vom ohrenbetäubenden Jaulen eines Höllenhundes. Gerüche aller Arten mischten sich in der stickigen Luft, stiegen empor, legten eine Spur durch die endlosen, sich verzweigenden Gänge der Stadt.
 

Lily (V.O.): „Doch es gibt so viele verschiedene Lügen in dieser Welt? Wer hat da das recht zu entscheiden, ob eine Lüge richtig ist oder nicht? Wer kann das schon sagen?“
 

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Andere Orte

Der russische Junge traute seinen Augen nicht, als er auf der anderen Seite des Tales undeutlich die Gestalt eines fremdartigen Reiters erkannte, die sich ihren Weg durch die Nebelschwaden bahnte. Er wandte seinen Blick ab, und rannte so schnell er konnte, er wollte zurück zu seinem Haus, in dem ein warmer Ofen auf ihn wartete, und eine Mutter, die ihn vor allen Schatten der Nacht beschützen könnte.
 

Lily (V.O.): „Oft sind es nicht mal andere, die wir anlügen, sondern nur wir selbst. Wir reden uns ein, dass Dinge nur Einbildungen sind, und das wir sie nicht wirklich gesehen haben, wie sonst ist es zu erklären, dass ein großer Teil der Menschheit nicht an die Existenz von Dämonen glaubt? Verdrängung, eine weitere, tückische Form der Lüge!“
 

Als Faith den Schulbus betrat schlief Robin schon, sie legte sich neben ihn, jedoch ohne ihn zu berühren. Wie hätte er wohl entschieden? Doch tief in ihrem Inneren wusste sie es, er hätte nicht einmal einen Gedanken daran verschwendet, doch warum fiel es ihr dann so schwer?
 

Lily (V.O.): „Zweifel. Jeder hat sie, doch viele versuchen sie mit Lügen wegzuwischen, sich einzureden, die richtige Entscheidung getroffen zu haben, auch wenn sie tief in ihrem Herzen wissen, dass sie diese Entscheidung nicht treffen wollten, egal ob sie richtig waren oder nicht.“
 

Buffy drehte den Schlüssel um, doch die Tür zu ihrer Wohnung öffnete nicht. Sie versuchte es erneut, wieder das gleiche. Noch einmal, dieses Mal mit all ihrer Kraft, das Schloss ächzte, doch es blieb nach wie vor standhaft. Verdammt! Sie konnte ihre Faust gerade noch bremsen, doch man hörte ihren Schlag gegen die Tür wohl trotzdem noch zehn Blöcke weiter. Von innen öffnete plötzlich eine verschlafen aussehende Dawn: „Was ist denn los?“

„Nichts, tut mir leid, ich wollte dich nicht wecken, die Tür hat nur geklemmt und ich habe ein bisschen die Nerven verloren!“, ihr Gesichtsausdruck sprach Bände.
 

Lily (V.O.): „Zweifel sind sehr gefährlich, wenn man über wichtige Dinge entscheiden muss. Wer sich in so einer Situation zu einer Lüge hinreißen lässt, und sei sie nur gegen ihn selbst gerichtet, muss immer die Konsequenzen tragen, so viel steht fest, deswegen sollte man nur Entscheidungen treffen, mit denen man wirklich leben kann.“
 

Die zwei rothäutigen Dämonen prügelten auf den am Boden liegenden Mann ein, er wand sich unter ihren Tritten und Schlägen auf dem kalten Asphalt der Straße. Einer der Dämonen zog eine Pistole. Todesangst zeichnete sich in seinen Augen ab, während er um sein Leben winselte: „Nein, bitte nicht! Bitte!“
 

Lily (V.O.): „Was ist mit Lügen aus Liebe? Wenn wir anderen Menschen, die wir lieben nicht die Wahrheit sagen, um sie nicht damit zu belasten?“
 

Willow kuschelte sich an Kennedy, ihre Augen waren geschlossen, und sie schien zu schlafen. Die Augen der jungen Jägerin waren weit geöffnet, Willow war nicht bei der Sache gewesen, genauso wenig wie sie selbst, so als ob sie beide an anderen Orten gewesen waren. Sie küsste sanft ihre Stirn: „Nächstes Mal sprechen wir darüber, versprochen!“
 

Lily (V.O.): „Ist Liebe vielleicht der einzige Grund, der eine Lüge wirklich rechtfertigen kann?“
 

Gedankenverloren saß Lily an ihrem Fenster und blickte hinaus in die Nacht. Der Schrei einer Eule hallte durch die allgegenwärtige Dunkelheit, weit am Horizont konnte Lily sehen, wie sie ihre Kreise zog. Es würde nicht mehr lange dauern bis die Sonne aufging und ein neuer Tag begann.
 

Lily (V.O.): „Auf jeden Fall ist es ein guter Grund, aber rechtfertigt er auch eine Lüge?“
 

Giles nahm noch einen Schluck Scotch, das Glas wurde immer leerer und leerer, als die Flüssigkeit seinen Hals hinab rann. Er müsste Lilys Sachen so schnell wie möglich loswerden, sie waren einfach mit zu vielen Erinnerungen behaftet, als dass er es ertragen konnte die ganzen Kisten weiter um sich zu haben.
 

Lily (V.O.): „Ich denke nein! Doch was ist es dann, was eine Lüge rechtfertigt?“
 

Die Blitze der Fotografen erhellten die dunkle Gasse, die Polizei hatte den Tatort abgesperrt. Ein Leichenwagen war vorgefahren, um den leblosen, übel zugerichteten Körper von Charles Prescott abzuholen. Auf dem Pflaster waren noch einige Spuren von Blut zu erkennen, doch das meiste hatte der Regen bereits weggewaschen.
 

Lily (V.O.): „Wonach sollte man gehen? Nun ja, wenn jemand nicht davon überzeugt ist das richtige zu tun und Zweifel hat, wenn er eine Lüge nur ausspricht um sich selbst zu schützen, dann kann es sich hierbei wohl nicht um ein gute und nötige Lüge handeln!“
 

Bernard Crowley saß allein in sich zusammen gesunken in einem Sessel, neben ihm ein Telefonhörer. Verdammt er hatte sich raushalten wollen, doch nach Ms. Ushers Vorstellung und dem was mit Prescott geschehen war, war er sich nicht mehr sicher, was er überhaupt wollte. „Von Dämonen überfallen.“, immer wieder hallten die gleichgültigen Worte der Angestellten in seinem Kopf wieder, wer würde wohl als nächstes „von Dämonen überfallen“ werden? Langsam griff er zum Hörer.
 

Lily (V.O.): „Wenn aber das Gegenteil der Fall ist, was ist dann? Wenn wir absolut davon überzeugt sind das richtige zu tun, und das aus reinstem Gewissen heraus? Diese Art einer Lüge könnte man wohl niemandem vorwerfen; und von welchen Lügen kann man das behaupten, wenn nicht von meinen?“
 

Mit einem leeren Blick hämmerten Emmas Fäuste auf den Boxsack ein, immer im gleichen Rhythmus, ohne Pausen. Es war das einzige was noch für sie zählte, es war ein Befehl gewesen. Wer sie war? Unbedeutend, wenn man ihr einen anderen Namen geben würde, würde sie ihn tragen. Sie war eine von vielen, darauf programmiert zu dienen.
 

Grrr... Arrrgh...



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