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Sayounara, kyou no hi

(Leb wohl, heutiger Tag)
von

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Ronjiru [(Reason)]

Ich friere in den Klamotten, welche mir wahrscheinlich von Uruha ausgesucht worden waren. Wer sonst würde mir schon so knappe Sachen herauslegen, dass man meinen könnte, ich sei ein Stricher, wie ich hier am Straßenrand stehe?

Endlich kommt ein silberner Sportwagen durch die Einfahrt und ich spurte auf ihn zu.

Die Scheibe wird heruntergekurbelt.

„Wie viel?“, fragt der Blonde neckend und scheint sich der Gefahr, von mir eine schmerzhafte Antwort in sein makelloses Gesicht zu bekommen, nicht bewusst zu sein.

„Schnauze.“, fauche ich genervt und bin überrascht, dass ich noch ein bisschen Mut zu haben scheine. Manchmal glaube ich, ich habe ihn schon gänzlich verloren.

„Immer vorsichtig mit meinem Baby.“, scheltet er, als ich einsteige und die Tür weniger zaghaft zuschlage.

„Dein Auto wird’s überleben.“, zische ich, während ich die Klimaanlage zu höheren Temperaturen auffordere.

„Ow-wo! Du bist heut’ aber zickig…“

„Sorry.“, nuschle ich und meine es verdammt ernst. Er fasst mich am Kinn und dreht mein Gesicht zu dem seinen. Seine Hand ist kalt.

„Ich hab dich vermisst, gestern Abend…“, wispert er zart. Es wird still, während ich verzweifelt nach einer Antwort suche.

„T-Tut mir Leid.“, stottere ich letztendlich, ringe um jedes einzelne, heraus gequälte Lügenwort.

Jetzt lächelt er.

Er lächelt dreckig.

„Entschädige mich…“, haucht er auf meine leicht geöffneten Lippen und verschließt sie kurz mit den seinen.

Ich bin ihm dankbar dafür, dass er mich in keinen intensiveren Kuss verstrickt. Uruha weiß nicht, wie sehr…

Er löst sich schneller, als ich zu hoffen vermochte, streift mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht, ehe er sich wieder auf seine Seite des Autos begibt und anfährt. Ich schnalle mich an, fahre mir mit den zitternden Fingern meiner rechten Hand kurz über die wohlgeformten, spröden Lippen und bin still.

Wir verlassen das Krankenhausgelände schweigend.

Auf den Straßen liegt schmutziger Schnee. Von den Ampeln hängen Eiszapfen und die abertausenden von Menschen sind in ihre dicke Winterkleidung gepackt. Ich beobachte das Farbenspiel der Industriegebäude, der übergroßen Plakate.

Es wird angenehm warm im Wagen.

Der Gitarrist neben mir macht das Radio an, lässt leise ein Lied anspielen.

Hier riecht es nach Leder. Nach Leder und nach Qualm. Stechend.

Das grüne Licht schwenkt vor uns auf rot. Er bremst und er flucht, dann greift er nach seinen Marlboro Menthol Light in der Fahrertür und kurbelt die nasse, mit Schneeregen gespickte Fensterscheibe herunter, ehe er sich eine Zigarette anzündet.

Der Geruch und die lauten Geräusche bereiten mir Kopfschmerzen.

Er raucht und schimpft.

In letzter Zeit wird er immens leicht aggressiv…

Ich sehe zu ihm rüber.

„Geht gleich weiter.“, sagt er mit Nachdruck. So, als müsste er sich vor mir dafür rechtfertigen, dass die Ampel rot wird.

„...Ja.“, antworte ich nur und lege meine Hände ineinander greifend auf meinen Schoss, lasse meinen Blick den gleichmäßigen Scheibenwischern folgen.

Uruha seufzt. Er schmeißt die Zigarette mit einer eleganten Bewegung durch den engen Spalt und kurbelt wieder zu. Ohne mich anzusehen legt er fast schon beruhigend seine schöne Hand auf mein Knie. Unsere Blicke treffen sich kurz. Sein fordernder Ausdruck jagt mir einen Schauer über den Rücken. Ich folge seiner Hand mit den Augen. Er schiebt sie meinen Oberschenkel hoch, sieht mich nicht an, als sie meinen Schritt passiert. Demonstrativ starre ich durch die Frontscheibe, bis er seine kalten Finger unter mein Top schiebt.

Ich greife nach seinem Handgelenk und halte ihn wenige Zentimeter von mir weg, stelle Blickkontakt zu ihm her.

„Uruha…“, tadele ich ihn und ich flehe förmlich um Abstand zwischen uns.

„Kouyou.“, verbessert er und wendet sich dabei zu mir. Ich spüre seine Fingerkuppen wieder auf meinem Bauch. Er lehnt sich zu mir und gibt mir einen sanften Kuss auf die gerötete Wange. Mein Atem geht unregelmäßig.

„U-Uru…“

Er legt seine Finger bestimmend auf meinen Mund.

„Kouyou…“, hauche ich jetzt zu seiner Zufriedenheit und setzte hinzu: „Die Ampel…“
 

Er lässt postwendend von mir ab, schwingt sich wieder auf den Fahrersitz, als er das grüne Licht erblickt und tritt auf das Gaspedal, rast mit einem Affentempo über die Kreuzung, das ihn anscheinend selbst überrascht. Die bunten Lichter fliegen an uns vorbei. Ich versuche das unkontrollierbare Zittern wieder in den Griff zu bekommen, welches mich gerade gepackt hat. Die Gegend hier. Die kommt mir wieder bekannt vor, weil wir gleich da sind. Gleich erreichen wir unsere gemeinsame Wohnung. Ich wohne jetzt seit drei Wochen bei Uruha…

Er will, dass ich ihn beim Vornamen nenne, so, wie er es bei mir auch tut. Ich fand damals, dass wir noch gar nicht so weit waren. Unsere Bandpseudonyme reichen mir eigentlich…

Seit meine frühere Freundin mich vor zirka einem Monat verlassen hatte, hatten du und Aoi sich so lange Sorgen um mich gemacht, bis ich schließlich einstimmte und von meiner Einzelwohnung in die von Uruha und Aoi zog. Der schwarzhaarige Gitarrist wohnt jetzt bei mir und ich mit dem Blonden.

Hätte ich nur weiter nein gesagt…

Aber wenn du mich so anschaust, gebe ich eben leicht nach…
 

Es hätte doch alles anders kommen können.
 

Liebend gern wäre ich zu dir gezogen, aber euch – dir und Reita - missfiel das ganz offensichtlich. Irgendwie war es auch ganz offensichtlich, warum. Man musste schon blind sein, um zu übersehen, wie es zwischen euch in der Luft knistert.

Auch Uruha war, denke ich, nicht angetan von der Auflösung seiner WG mit unserem zweiten Gitarristen gewesen, aber Aois gutes Zureden bewirkte ja bekanntlicher Weise Wunder.
 

Jetzt bin ich hier.

Und hier wollt’ ich nie hin.
 

Es ist gar nicht so lang her und doch kommt mir jener Abend beängstigend weit weg vor.

An dem einen verhängnisvollen Abend hatte es angefangen.

Da war er zurückgekommen. Nachts um vier Uhr. Ich hatte geschlafen und die Tür geöffnet, als er klingelte. Er kotzte mir natürlich prompt vor die Füße, worauf ich ihn ins Bad schob und ihm was Frisches zum Anziehen gab. Da war nichts ungewöhnliches, aber…

Nur dieser kleine Moment, als er aus der gefliesten Dusche trat und ich ihm die Sachen gab. Der kurze Moment in dem er mich packte und mich einfach küsste.
 

Ich redete mir ein, dass sei nur vom Alkohol und ich sprach ihn nicht mehr darauf an. Ich dachte, er hätte es vergessen und mir selbst war es nicht minder unangenehm.

Aber am nächsten Tag, da war es Uruha, der mich danach fragte. Ich wich diesem heiklen Thema gekonnt aus. Das ist natürlich… oder? - Langsam weiß ich nicht mehr, was richtig und was falsch ist.

Er fragte auch, warum ich Ruki immer so anschauen würde. Mir war in dem Augenblick scheißegal, wie er auf das Thema kam. Ich wollte reden. Irgendjemand zum Reden, der mir in meiner kleinen, stillen Wohnung wohl wirklich unbewusst gefehlt hatte.

Und ich erzählte ihm im Vertrauen, dass ich dich liebte.

Und er lächelte, als ich das erzählte.

Damals war mir dieses Lächeln an ihm noch suspekt.

Heute kenne ich es gut.

Zu gut.
 

Ich will nicht, dass du um meine Gefühle weißt. Das würde unsere Freundschaft und im schlimmsten Falle auch die Band zerstören. Zu viel, dass man sich mühsam aufgebaut hat, steht auf dem Spiel.

Das, was mir in meinem Leben am zweitwichtigsten ist.

Die Musik. Das Zweitwichtigste, gleich nach dir…
 

Die Freundin hatte ich nur als Tarnung. Deswegen hat sie mich auch verlassen und deswegen hatte mich das eigentlich auch gar nicht getroffen, aber wie du und Aoi sich um Kopf und Kragen redeten, wenn es um meinen imaginären Liebeskummer ging – irgendwann wart ihr fest davon überzeugt, dass ich unter diesem litt.

Daher dann auch die ganze Umzugssache.
 

Nur, weil ich den Mund nicht aufgemacht habe, stecke ich jetzt in dieser Situation.

Und nur, weil ich auch weiterhin die Klappe halte, kann er mich immer noch damit erpressen.
 

Mit Liebe.



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Kommentare zu diesem Kapitel (9)

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Von:  Deoys
2008-05-16T19:41:40+00:00 16.05.2008 21:41
Ich find die Szene am Anfang soo lustig. :>

Lg
Von: abgemeldet
2008-05-11T20:16:54+00:00 11.05.2008 22:16
Ich häng wie nen Magnet an deiner ff XD
Wie du Kais Psyche beschreibst ist einfach nur genial, das gibt dieser ff diese spezielle Sichtweiße .
+weiter les+
Von: abgemeldet
2008-04-28T15:11:33+00:00 28.04.2008 17:11
*Schreibkrampf* irgendwas fällt mir ein... achja... deine FF ist toll o.o
nein jetzt mal im Ernst!! du hast voll den geilen Schreibstil.. voll "ausgeprägt"~~ keine Ahnung wie man das nennt ^^
Von: abgemeldet
2008-04-12T21:01:38+00:00 12.04.2008 23:01
Einfach nur toll!
Dein Schreibstil ist klasse, die Handlung iss klasse alles ist klasse!!!
Mehr kann ich net sagen ^^°

Cati
Von: abgemeldet
2008-04-12T20:01:26+00:00 12.04.2008 22:01
*wei*
Das ist so schön... ;.;
Ich glaube ich bin gerade süchtig geworden...
*wabbl*~
Ich will in dein Gehirn gucken und sehn wies weitergeht...
Wo bekommst du die Idden her?
Das ist so schrecklich schön...
*hauch*
Frizzi.pott
Von:  -Harlekin-
2008-03-09T17:25:12+00:00 09.03.2008 18:25
wow...*heul*...so schöööön!! und so traurig!! T_______________T ok...ich muss zugeben, dass ich wieder etwas verwirrt bin...aber egal XDDDDD
Von:  Mucc
2008-03-09T13:21:40+00:00 09.03.2008 14:21
oho...das is echt sau gut geschrieben...nur armer kai!mir gefällt dieses durcheinander ^^ und hoffentlich gibts ein happy end...uru is schen bese X'D
und kai tut mir leid...lass ihn ma schen glücklich werden ;D
weiter so ^^
Von:  Yusuri
2008-03-09T01:47:29+00:00 09.03.2008 02:47
Heii^^
ich find die FF bis jetz auch ganz toll, wirklich schöner Schreibstil. Und ich will, dass Kai und Ruki zusammen kommen >.< Kai und Ruki gehören einfach zusammen.
Aber es ist echt schön zu lesen...
*auf meine favo-liste pack*
mach schnell weiter, hai?

LG
Toshi
Von:  -shiyuu
2008-03-09T01:05:53+00:00 09.03.2008 02:05
;o;
was tust du nur~?
*dir die zitternde hand entgegenstreckt*
*verreckt*
..
hach man..
so traurig... so traurig- schön... *seufz*
einfach wunderbar zu lesen...
ich liebe deine ff... bin total begeistert, hin und weg...
die story ist einfach...
argh~ *keine worte find*
aber was mich echt am meisten begeistert, ist dein schreibstil. der ist so klasse, so fesselnd und... jaah, irgendwie fehlen mir auch hier die worte... ^^'
ist ja nun auch schon spät, ich denke ich gehe ins bett..
und sollten mir noch worte einfallen, dann... schrieb ich noch nen kommi~
x333


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