Zum Inhalt der Seite

Starlight Express-Die Abenteuer von Casey Jones & Rusty

Nach Motiven des Musicals
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Krach und Trennung

Starlight Express

Kaptitel 5 Krach und Trennung
 

Greaseball wartete ungeduldig, bis auch die letzten Fahrgäste ausgestiegen und den Bahnsteig verlassen hatten. Dann transformierte er und kletterte auf den Bahnsteig zu der Lokführerin Bobetta Flint, einer gutaussehenden, attraktiven Frau um die Mitte Dreißig. Gerade strich sie sich durch Ihre brünetten Haare und reckte Ihre steifen Glieder. Ihre wohlgeformten Rundungen hoben sich unter der hellblauen Uniform deutlich ab. Sie war wirklich eine Augenweide, nicht nur für Menschen.

Der Diesel näherte sich Ihr von hinten und umschlang sie mit seinen kräfigen Armen! Die Laterne über dem Prellbock brannte nicht und so konnte man in dieser dunklen Ecke nicht viel sehen.

„Hoppla, Greaseball, mein Freund! Was sollen denn die Leute denken?“

„Das ist mir egal! Während der ganzen Fahrt nach Portho und zurück habe ich immer deine sanften Hände gespürt, wenn sie über die Kontrollen geglitten sind.“ schmeichelte er. Bobetta lächelte und lehnte sich gegen seine Brust.

Inzwischen waren auch die Waggons transformiert und tuschelten aufgeregt miteinander. Trotz der Dunkelheit hoben sich die Umrisse der beiden von der Dunkelheit ab.

„Nun seht euch diese schamlose Person an! Das hätte ich nicht von Bobetta erwartet!“ zischte Sugar. “Und wie kann Greaseball es wagen, einen Menschen anzubaggern!“

„Wenn das Dinah sieht...“ murmelte Pepper.

Das Waggonmädchen mit dem blau-weißen Kleidchen bildete den Abschluss des Expresszuges und unterhielt sich mit dem Koch und dem Kellner, die sie immer auf den Fahrten begleiteten. So entging Ihnen zuerst das Techtelmechtel auf dem nächtlichen Bahnsteig.

„Mit Dir würde ich um die ganze Welt fahren!“ seufzte Greaseball.

„Das glaube ich Dir. Jeder würde gerne mit Bobetta bis ans Ende der Welt reisen! Und in Begleitung so eines starken Kerls wie Dir würde mir keine Gefahr drohen...“ lächelte die Lokführerin und strich mit Ihren Fingern langsam über die muskulösen Arme des Diesels.

„Wow, Baby!“ entfuhr es Greaseball.

Bobetta kicherte und drehte sich herum. Dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen und gab dem aufgeregten Diesel einen Kuss!

„Mamma Mia!“ entfuhr es zur selben Zeit dem Koch. Er und sein Kollege hatten sich mit Dinah auf dem Weg nach vorne gemacht und so war es unvermeidlich, das sie die beiden entdeckten.

„OH!“ stieß Dinah empört aus. „Das ist doch...Greaseball!!“

Erschrocken ließ der Diesel Bobetta los, die sich nervös ihre Uniformjacke glattstrich.

„Uh-Dinah, Baby...“

„Sag mal, was soll das werden! Schämst Du dich denn gar nicht? Du willst wohl, das alle auf dem Bahnhof über dich reden! Ich fasse es nicht!“

„Sei nicht so hart zu deinem Superior! Ich wollte mich nur bei Bobetta für die wunderbare Zusammenarbeit bedanken!“

„Bedanken-Hah! Mir sprechen uns noch! Warte nur, bis wir im Lokschuppen sind!“

„Huii-dicke Luft!“ wisperte Sugar.

„Guten Abend, Bobetta! Was ist denn hier los?“ fragte Loghead, der den Bahnsteig betreten hatte.

„Nichts, Francis! Was soll denn sein?“

„Warum ist Dinah so aufgebracht?“

„Ach, der übliche Streit unter Liebenden...“ lächelte die Lokführerin gequält. Dann holte sie Ihre Tasche und übergab Ihrem Kollegen eine Mappe.

„So, ich muss jetzt los! Bis morgen!“ rief sie und winkte Greaseball kurz zu. Dann eilte sie in Richtung Bahnhofsgebäude.

„Hallo, Greaseball. Was war hier los?“ fragte Loghead ernst.

„Nichts von Bedeutung. Ich habe mich nur bei Bobetta bedankt...und Dinah hat ein wenig eifersüchtig reagiert.“ grinste der Diesel unschuldig. Dinah warf ihm einen eisigen Blick zu. Als Francis fragend den Koch und den Kellner ansah, zuckten diese nur mit den Schultern und verließen ebenfalls den Bahnsteig.

„Na los.“ seufzte Francis.“ Gehen wir nach Hause. Es ist schon spät...“

Die Waggons zogen sich schweigend auf Ihre Abstellgleise zurück, wo sie wieder für die Nachtruhe transformierten. Greaseball begab sich in seinen Lokschuppen, den er mit vier seiner anderen Dieselkumpel teilte, Loghead hatte sein Quartier darüber. Die anderen Lokführer wohnten in der Stadt, da Sie Familien hatten.

Auch Dinah wohnte im Lokschuppen, seit sie und Greaseball ein Paar waren. Aber seit einiger Zeit interessierte sich der Diesel auch für andere Schönheiten. Und nicht nur für Mädchen Ihrer Art, sondern auch für menschliche Damen. Erst vor kurzem wollte er die neue Schaffnerin anbaggern, doch sie hatte zum Glück nicht auf seine Annäherungsversuche reagiert und Ihn eiskalt abblitzen lassen! Das hatte Dinah gefallen. Aber das mit Bobetta gefiel Ihr gar nicht. Und deshalb wollte sie heute Abend Greaseball zur Rede stellen!

Sie wartete also, bis Francis sich nach oben zurückgezogen hatte, denn das was sie und Ihr Freund zu bereden hatten, ging nur die Loks etwas an.
 

„So, mein Lieber, jetzt wollen wir einmal Klartext reden!“ begann sie und zog Greaseball in eine Ecke des Lokschuppens, wo sie etwas ungestörter waren.

„Was für Klartext, Baby? Bist Du etwa eifersüchtig auf Bobetta? Sie ist doch nur ein Mensch!“

„Ein sehr gutaussehender und hübscher Mensch! Und Du hast es gewagt, vor allen unseren Kollegen mit Ihr herumzuschmusen! Ich dachte, mich trifft der Schlag! Eine Lok und ein Mensch! Das ist ungeheuerlich! Bin ich oder andere Waggonmädchen Dir nicht mehr gut genug, das Du jetzt auf Menschen aus bist? Du weißt, was das heißt! Es ist genauso schlimm, als wenn sich bei den Menschen zwei Männer oder zwei Frauen lieben! Ein Verstoß gegen die Moral! Ich sage Dir, Greaseball, treib es nicht zu weit! Wenn das unser Boß erfährt, gibt es einen Skandal!“

„Mr. Corell wird es nie erfahren, Baby! Weil alle viel zu großen Respekt vor mir haben und den guten Ruf von Kommoran wahren wollen! Sie werden schweigen!“

Dinah geriet immer mehr in Wut.

„So wie ich das sehe, wird es immer schlimmer mit Dir und deinem Hochmut! Du hältst dich wohl für den Allergrößten! Wie Du zum Beispiel mit dem armen Rusty umspringst, der Dir doch noch nie etwas getan hat! Und jetzt noch die Sache mit Bobetta! Aber das Schlimmste war, das Du beim letzten Rennen gegen Krokodil unfair gekämpft hast! Du hast Ihn mit einem gemeinen Trick zum Entgleisen gebracht! Er und seine Partnerin hätten weitaus größeren Schaden nehmen können! Wie tief bist Du gesunken, das Du jetzt sogar schummeln musst, damit Du gewinnst?“

„Hey! Du wagst es zu behaupten, das ich beim Rennen schummle und unfair kämpfe? Ich bin ein Superior-A, die stärkste und schnellste Lok von Ruthia! Ach was, des ganzen Kontinennts!“

„Ich fange an, daran, zu zweifeln!“

„Stellst Du dich etwa gegen mich, Dinah-Baby?“ fragte Greaseball drohend. Inszwischen waren auch die anderen Diesel im Schuppen auf dem Streit aufmerksam geworden.

„Hey, „Big G“! Wird die kleine Dinah aufmüpfig?“ fragte Steel.

„Es scheint so. Ihr passt es nicht, mit welchen Leuten ich Umgang habe und will mir vorschreiben, wie ich ein Rennen zu führen habe! Und sie wagt es zu behaupten, ich kämpfe mit unfairen Mitteln und betrüge!“

„Wird Zeit, das es Dir jemand mal sagt!“ fauchte Dinah. Doch damit stand sie ganz alleine da. Denn Steel und die anderen Dieselloks hielten zu Greaseball.

„Wer nicht für mich ist, ist gegen mich!“ sagte er ernst.

„Wer nicht für uns ist, ist gegen uns!“ wiederholten die anderen Loks einstimmig.

Das Waggonmädchen bekam auf einmal Angst. War sie jetzt zu weit gegangen? Gegen diese Männerclique kam sie alleine nicht an.

„Und da Du dich offensichtlich gegen mich gestellt hast, hast Du hier nichts mehr verloren! Verschwinde aus unserem Schuppen, Du bist von nun an bei mir abgekuppelt!“ rief Greaseball.

„Nein!“ rief Dinah erschrocken.

„O doch! In Zukunft fahre ich nur noch mit Happy, deiner Kollegin! Die weiß mich wenigstens zu schätzen!“

Das hatte gesessen! Greaseball, der überhaupt keine Kritik vertragen konnte, gab Ihr einfach den Laufpass und jagte sie mit Schimpf und Schande aus dem Lokschuppen!

„Du hast unseren Boss gehört! Verschwinde und komm Ihm nie wieder unter die Augen! Kuppel dich an eine andere Lok oder verroste auf dem Abstellgleis!“ höhnte Lead.

„Von uns wird dich jedenfalls keiner mehr irgendwohin ziehen! Und Mr. Corell wird mir mit Freuden Happy zuteilen, er tut immer das, um was ich Ihn bitte!“ rief Greaseball und lachte.

Dinah schlug die Hände vor Ihr Gesicht und eilte schluchzend nach draußen in die Dunkelheit. Greaseballs höhnisches Lachen hallte Ihr noch lange in den Ohren wieder.
 

„Bist Du noch nicht müde, Casey?“ fragte Rusty, als sich alle nach innen in den Lokschuppen begeben hatten, weil es zu regnen anfing.

„Nein, Partner-es war ein aufregender Tag heute und ich freue mich auf morgen. Ich glaube, ich werde noch etwas spazieren gehen.“

„Jetzt im Regen und in der Nacht?“

„Macht mir nichts aus. Ich nehme Diggers Schirm mit.“

„Wie Du willst. Aber bleib nicht zu lange weg.“

„Keine Sorge.“ grinste der Junge, holte sich den alten Regenschirm und verließ wieder den Schuppen. Gutgelaunt wanderte er die Gleise entlang und lauschte dem Fallen des Regens.

Aber nach einer Weile gesellte sich plötzlich ein neues Geräusch dazu. Casey blieb stehen. Er legte seine Handinnenfläche an sein rechtes Ohr und lauschte. Richtig, da war ein fremdartiges Geräusch. Ein leises Schluchzen.

Der Junge folgte der Geräuschquelle, die Ihn bis in die Nähe des blauen Lokschuppen führte. Vor dem Gebäude wuchsen Sträucher und Bäume und er konnte nicht viel erkennen. Neugierig kam er näher und als seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erlebte er eine Überraschung!

„Dinah!“

Tatsächlich kauerte das Waggonmädchen zwischen den Büschen und weinte bitterlich. Ihr nasses Haar hing in Strähnen herab und das Regenwasser rann an Ihrem vollgesogenen Kleid herunter. Casey brauchte nicht lange zu überlegen, warum Dinah hier aufgelöst kauerte. Er konnte es sich denken. Behutsam näherte er sich Ihr und hockte sich vor Ihn nieder. Dann hielt er Ihr den Schirm über.

„Dinah, was ist denn passiert? Hat dieser miese Greaseball Dir wehgetan?“ fragte Casey besorgt.

Das Waggonmädchen sah überrascht auf.

„Du bist doch der Junge, der vor ein paar Tagen mit Rusty hierhergekommen ist. Ich habe dich nur kurz gesehen. Dein Name ist...“

„Casey Jones. Hab keine Angst. Ich bin ein Freund und will Dir helfen. Aber warum hockst Du hier in den Büschen?“

„Dieser gemeine Kerl! Er hat mich abgehängt! Er will mich nie wieder an sich hängen! Und die anderen Loks auch nicht!“ schluchzte sie.

„Und deswegen weinst Du diesem schmierigen Diesel nach?“

„Was soll ich machen? Ein Waggonmädchen ohne Lok, die es zieht, ist wie ein Fluss ohne Wasser! Ich bin ganz alleine!“

„Ich kann dich gut verstehen. Aber wenn Du weiterhin so viel weinst, kriegst Du noch lauter Rostflecken von deinen Tränen.“ versuchte Casey sie zu trösten. „Und Du bist nicht alleine. Ich will dein Freund sein.“

Dinah sah den Jungen ins Gesicht, das Ihr freundlich und gütig zulächelte. Und da konnte sie nicht anders als schwach zurückzulächeln.

„Schon besser. Hier, damit kannst Du deine Tränen abtrocknen.“ sagte Casey sanft und reichte Ihr sein Taschentuch. „Und ich schlage vor, Du kommst jetzt einfach mit zu uns in den Lokschuppen. Es wird sich dort für dich bestimmt noch ein Plätzchen finden. Dann sehen wir weiter. Der alte Pop weiß bestimmt Rat. Bei uns wirst Du nicht abgewiesen.“

„Ich danke Dir.“ sagte Dinah und gab dem Jungen das Taschentuch zurück.

„Okay. Und jetzt komm. Bei uns im Schuppen ist es viel gemütlicher.“

Casey half Dinah auf und gemeinsam machten sie sich auf den Weg zu Rusty und Pops Zuhause.

„Du hast die Aufnahmeprüfung zum Lehrling geschafft?“

„Genau. Ich und Rusty. Und wenn alles gutgeht, wollen wir auf Tour gehen und nebenbei für die Rennen trainieren!“

„Du und Rusty wollt andere Loks herausfordern? Ihr habt doch keine Chance! Die anderen Loks sind alle moderner und schneller als er!“

„Abwarten! Mit einem guten Training kann man alles erreichen! Und Francis hat mir gesagt, das es sogar die Möglichkeit gibt, das sich eine Lok weiterentwickeln kann!“

„Deine Zuversicht möchte ich haben.“ seufzte Dinah.

„Man muss nur einfach an sich glauben! Und das will ich Rusty klarmachen! Alles andere ergibt sich dann. - So, da sind wir.“

Casey schob das große Tor ein wenig auf und trat ein. Das Waggonmädchen folgte zögernd.

„Pop, Rusty! Digger! Wir haben Besuch!“ rief er und stellte den nassen Regenschirm zum Trocknen auf.

Die beiden Dampfloks und der Lokführer erhoben sich von Ihren Plätzen und kamen neugierig näher.

„Dinah! Du bist ja völlig durchgeweicht! Was ist passiert?“ fragte Rusty besorgt. „Hattest Du Krach mit Greaseball?“

„Gewissermaßen. Er hat mich aus seinem Lokschuppen gejagt und gesagt, es ist aus zwischen uns!“

„Dieser schmierige Mistkerl! Hoffentlich kann ich Ihm das eines Tages heimzahlen!“

„Zuallererst muß die Kleine wieder trocken werden.“ entschied Pop. „Und sie ist uns hier willkommen und kann bleiben, so lange sie will.“

„Ich danke Dir, Pop.“ lächelte Dinah. Casey hatte eine Decke geholt, die er dem Waggonmädchen umlegte.

„Setz dich zu uns. Wenn Du dich aussprechen willst, so hören wir gerne zu.“ antwortete der Oldtimer und legte väterlich einen Arm um sie. Dann geleitete er sie zu dem großen Sessel. Casey nahm zu Ihren Füßen Platz, die beiden Dampfloks ließen sich Ihr gegenüber nieder, Digger blieb neben Rusty stehen.

„Greaseballs Benehmen wird von Tag zu Tag schlimmer! Heute hat er sich sogar an Bobetta Flint herangemacht!“ erzählte Dinah.

„So ein Schürzenjäger! Weiberheld!“ knurrte Casey.

„Mit der Lokführerin? Das ist ungeheuerlich!“ rief Digger.

„Genau. Aber weil er Mr. Corells Liebling ist, hat er nichts zu befürchten!“

„Oh mann! Wie bei uns zuhause die großen Stars! Die sorgen auch immer wieder für Skandale!“ bemerkte Casey. „Es ist immer das gleiche! Kaum ist man berühmt, wird man größenwahnsinnig!“

„Na ja, und so fand ein Wort das andere und schließlich hatte ich die ganze Clique gegen mich! Keine Lok wird mich jetzt mehr ziehen wollen!“ klagte Dinah.

„Ach was! Rusty würde dich bestimmt ziehen, nicht wahr?“

Die Dampflok nickte.

„Das ist lieb von euch beiden, das Ihr mir helfen wollt. Aber Ich will am liebsten weit weg von hier! Auf einen anderen Bahnhof in ein anderes Land! Wo ich diesen Diesel-Bastard nicht mehr sehen muss!“

„Nana, mein Kind! Ich weiß, er hat deine Gefühle verletzt, doch die Zeit heilt alle Wunden. Wir werden nach einer Möglichkeit suchen, das Du Greaseball aus dem Weg gehen kannst.“ sprach Pop beschwichtigend.

„Ach Dinah, wenn ich doch nur etwas stärker wäre! Dann würde ich Greaseball heimzahlen, was er Dir angetan hat!“

„Das werden wir, Rusty! Wenn wir bei der großen Meisterschaft gegen Ihn laufen werden!“ rief Casey und ballte die Fäuste. Das Waggonmädchen staunte über die wilde Entschlossenheit dieses Jungen. Und sie traute Ihm zu, das er Rusty so weit aufbauen konnte, um eines Tages antreten zu können.
 

Zur gleichen Zeit, im Lokschuppen von Greaseball...

„Was? Dieser Bengel, der mir meine Tolle ruiniert hat, hat während meiner Abwesenheit so einfach seine Aufnahmeprüfung zum Lehrling gemacht und sie auch noch bestanden? Mit Rusty?“ rief der Diesel empört, als Caboose Ihm die Nachricht überbracht hatte.

„Es stimmt, „Big G“ ! Heute Nachmittag war die Abschlußprüfung! Dieser Bengel ist gar nicht schlecht!“ knurrte Steel.

„Unerhört! Dann wird er hier mit Rusty auf meinem Bahnhof lernen?“

„Warum ist das unerhört, Greaseball?“ fragte Loghead, der gerade die Treppe herunterkam.

„Dieser Bengel und der Dampfer werden nichts als Ärger machen!“

„Was redest Du da für einen Unsinn! Casey ist ein kluger und verantwortungsvoller Junge! Ich mag Ihn.“

„Soso, Du magst Ihn...aber ich nicht!!“ blaffte der Diesel seinen Lokführer an.

Loghead überhörte diesen unfreundlichen Ton und fragte:„Wo ist eigentlich Dinah?“

„Die wohnt hier nicht mehr! Ich werde morgen Mr. Corell bitten, mir Happy zuzuteilen!“

„Habt Ihr euch verkracht? Das verstehe ich nicht! Ihr wart doch so lange zusammen!“

„Es ist aber so, Blitzmerker! Und ich hab Ihr den Laufpass gegeben! Sie ist zu aufmüpfig geworden! Auch das werde ich unserem Boss erzählen, damit er Ihr die Rollenbeine langzieht!“

„Was ist nur mit Dir los, Greaseball! Ich erkenne dich nicht wieder! Der ganze Erfolg ist Dir zu Kopf gestiegen, fürchte ich.“

„Ha, Du bist wohl eifersüchtig! Weil mir alle zu Füßen liegen! Und Du nicht so viele Gehirnzellen hast! Vielleicht sollte ich Mr. Corell fragen, ob er mir Bobetta als neue Lokführerin zuteilt!“

„Das würdest Du wagen? Nach all dem, was wir zusammen erlebt und geleistet haben?“

„Jawohl!“

„Dann bedeutet Dir wohl unsere Freundschaft nichts mehr...“

„Freundschaft? Mit Dir? Da lachen ja die Hühner! Du bist nichts weiteres als ein Bremsklotz an meinem Bein!“

Loghead schüttelte traurig den Kopf. Es hatte keinen Sinn, mit Greaseball darüber zu reden. Vielleicht brauchte er wirklich einen anderen Lokführer. Einer der besser mit seinen Launen fertig würde.

„Hey, Francis. Ich glaube, er hat es nicht so gemeint. Du bist ein prima Lokführer. Greaseball hat heute schlechte Laune. Morgen sieht alles wieder ganz anders aus.“ versuchte Caboose Loghead zu trösten.

Doch dieser zweifelte an den Worten des roten Bremswagens.
 

„Du kannst meine Matratze haben.“ sagte Rusty zur selben Zeit. „Ich werde mich in meinem Sessel ausstrecken. Und zur Not kann ich auch im Stehen schlafen.“

Dinah war gerade dabei, Ihr inzwischen wieder trockenes Haar in Ordnung zu bringen.

„Ich danke Dir, Rusty. Du hast wenigstens ein gutes Herz. Greaseball hat die meisten anderen Dieselloks auf seine Seite gezogen und sie mit seinem schlechten Charakter verdorben! Und an seinem miesen Chraracter hat Red Caboose teilweise auch Schuld!“ sprach sie und ergriff seine Hände. Die kleine Dampflok wurde fast ein wenig verlegen.

„Bis Morgen, Leute!“ rief Casey, der mit Digger die Stufen zum Lokführer-Quartier hochstieg.

„Schlaf gut, mein Sohn.“ lächelte Pop.

„Dieser Casey ist ein großartiger Junge! Gib acht, das Du Ihn nicht als Freund verlierst!“

„Das werde ich, Dinah. Ich werde diese Chance nutzen.“
 

Am nächsten Tag kam einer von Mr. Corells Mitarbeitern aus der Verwaltung zum alten Lokschuppen.

„Digger, Du sollst mit dem neuen Lehrlingsanwärter zu unserem Boß ins Büro kommen. Ihr habt um Elf Uhr einen Termin.“ sprach er.

„Verstehe, Robert. Weißt Du schon, ob der Junge es geschafft hat?“

Der Angestellte zuckte die Schultern.

„Der Boß läßt die Katze doch nie vorher aus dem Sack, das weißt Du doch!“

„Sag Mr. Corell, wir werden da sein.“
 

Pünktlich um Elf Uhr fanden sich Digger und Casey im Büro des Stationsvorstehers ein.

„Hallo, mein Junge. Na, Du willst sicher wissen, wie deine Prüfung ausgegangen ist.“

„Ja, Sir. Ich bin schon sehr gespannt!“

Der Stationsvorsteher lächelte.

„Nun, da brauchst Du Dir keine Sorgen zu machen. Du hast nämlich bestanden! Und Rusty auch.“

„Wirklich? Toll!“ jubelte Casey. „Juhuuu, ich hab´s geschafft!“

„Morgen um neun Uhr findet bei der großen Drehscheibe die Aufnahmezeremonie statt.“

„Wow! Eine richtige Zeremonie?“

„Das ist hier so üblich. Morgen ist schließlich dein Ehrentag.“

„Alles klar, Sir.“

„Also bis morgen.“

Auf dem Rückweg war der Junge völlig aufgekratzt. Unterwegs trafen sie noch Francis, der als erster die freudige Nachricht erhielt. Sein bekümmertes Gesicht hellte sich auf.

„Ich wußte es! Die Prüfung war für dich kein Problem.“
 

Als die beiden zum alten Lokschuppen zurückkehrten, entdeckten sie Dinah, die im Schatten einer der alten Linden hockte und nachdenklich zu Boden starrte.

„Hey, Dinah! Ich hab bestanden!“ rief Casey.

„Wie schön! Ich freue mich für dich!“ erhellte sich die ernste Miene des Waggonmädchens.

„Hast Du immer noch Kummer wegen Greaseball?“

Dinah nickte.

„Ich will heute gar nicht auf die Gleise! Die anderen Loks würden mich nur verspotten!“

„Dann bleib einfach hier und lasse die Seele baumeln. Es ist zwar noch etwas bewölkt, aber ich habe gehört, das Morgen das Wetter besser werden wird.“

„Das soll es auch an deinem Ehrentag.“ lächelte das Waggonmädchen und strich dem Jungen durch das Haar.

„Danke, Dinah. Ich sag Rusty Bescheid!“

„Er ist wirklich ein sehr lieber Kerl! Und warmherzig.“ seufzte sie, als der Junge in den Schuppen lief, um Rusty die freudige Nachricht zu überbringen.
 

Am nächsten Morgen wurde Casey von Digger geweckt.

„Du musst dich langsam fertigmachen. In zwei Stunden müssen wir bei Mr. Corell sein!“

„Alles klar!“

„Ich habe schon das Badewasser eingelassen.“

„Muss das sein? Genügt nicht eine normale Wäsche?“

„Na hör mal! Heute ist dein Ehrentag! Da tritt man nicht halbgewaschen vor unseren Boß!“ tadelte Digger. „Und gestern bist Du mit Rusty gefahren und hast abends nur eine Katzenwäsche gemacht! Hast Du Dir mal deinen Hemdkragen angesehen? Da ist deutlich ein Rußrand zu sehen!“

„Na schön!“

„Du bist auch nicht anders, wenns um die große Wäsche geht! Und Rusty genauso. Er mag das Wasser außen an sich schon wegen seiner Rostflecken nicht! Aber bei Dir kann zum Glück nichts rosten!“ grinste er und entblößte dabei seine weißen Zähne.

Also ließ sich Casey von Digger in die Badewanne stecken und abschrubben. Dabei murrte er zwar hin und wieder, doch der ältere Lokführer war unerbittlich.

„Na also, jetzt bist Du richtig sauber.“ lächelte er und rubbelte die Haare des Jungen mit einem Handtuch trocken.
 

Später dann wurde Casey von Digger und Rusty zur großen Drehscheibe beim Rundschuppen der Waggonmädchen gebracht. Pop hatte Ihm erklärt, das es Tradition war, das die Aufnahmefeierlichkeiten für alle neuen Lehrlinge dort stattfanden. Und das bedeutete, das er auf jedenfall bestanden hatte. Der Regen hatte aufgehört und einem strahlend blauen Himmel Platz gemacht.

Wer von den Lokführernn dem anderen Personal, Loks und Waggons gerade keinen Dienst hatte, war anwesend. Casey erkannte auch Greaseball und Caboose, die aber weiter hinten Aufstellung genommen hatten. Und Dinah beobachtete alles ebenfalls aus sicherer Entfernung. Dabei entdeckte sie Ihre Kollegin Happy, die neben Ihrem Ex stand. Dieser Mistkerl hatte es tatsächlich wahrgemacht!

„Ah, da ist ja unser neuer Anwärter!“ sprach Mr. Corell. Er hatte seinen besten Anzug angelegt und trug eine blau-rote Schärpe über seinem Jakett. Neben Ihm stand Loghead in seiner Paradeuniform, die Ihm als Lokführer des Champions zustand. Sein Gesicht blickte stolz, aber auch besorgt in die Runde.

„Tut mir leid, das es ein wenig später geworden ist, aber es gab noch ein kleines Problem zu lösen.“

„Was für ein Problem, Boss?“ fragte Digger.

„Greaseball hat mich gebeten, Ihm Happy als Speisewagen zuzuteilen, weil mit Dinah anscheinend irgendetwas nicht in Ordnung sei.“

„Habt Ihr Dinah heute schon gesehen?“ fragte Francis.

„Es ist alles in Ordnug mit Ihr. Ich habe sie gestern draußen im Regen gefunden. Alleine. Da habe ich sie mit zu uns genommen.“ erklärte Casey.

„Dann bin ich erleichtert.“ seufzte Loghead.

„Greaseball hat vorgeschlagen, Dinah für eine Weile ausser Dienst zu stellen und im Betriebswerk zu überprüfen.“

„Bei allem Respekt, Mr. Corell, aber das wird nicht nötig sein! Dinah fehlt es an nichts! Die beiden haben einfach Schluss miteinander gemacht!“ sagte Casey.

„Was?-Na gut, darüber reden wir später. Ersteinmal kommt nun der öffentliche Teil.“ antwortete der Stationsvorsteher und betrat ein Rednerpult.

„Meine Damen und Herren, werte Arbeitskollegen, mitarbeitende Loks und Waggons! Wir sind heute hier zusammengekommen, um einen neuen Lehrling in unsere Gilde aufzunehmen! Ich bitte Casey Jones, vorzutreten!“

Der Junge stellte sich vor das Rednerpult und sah seinem zukünftigen Chef an. Loghead stand einige Schritte neben dem Pult hinter einem Tisch, auf dem verschiedene Dinge lagen.

„Casey Jones, Du hast gestern deine Aufnahmeprüfung abgeschlossen und die Prüfer brachten mir heute Morgen die Ergebnisse. In der schriftlichen Prüfung hast Du von 100 möglichen Punkten 91 erreicht. In der praktischen von 50 möglichen Punkten 45! Ein sehr gutes Ergebnis!“ erklärte der Stationsvorsteher nicht ohne Stolz. Die anwesenden Zuschauer applaudierten.

„Toll, mein Sahnestückchen!“ rief Buffy.

„Gar nicht mal so schlecht...“ bemerkte Red Caboose.

„In der Tat!“ knurrte Greaseball. „Francis hat mir einmal erzählt, er selbst hätte nur siebzig und sechsunddreißig Punkte gehabt, als er seine Aufnahme absolvierte!“

„Auch Rusty hat seine Prüfung zur Lehrlingslok mit 89 von 100 möglichen Punkten bestanden!“ fuhr Mr. Corell fort.

Greaseball ballte seine Fäuste gab ein leises Knurren von sich.

„Bei der praktischen Gemeinschaftsprüfung mit seinem Lokpartner erreichte der junge Mr. Jones von 100 möglichen Punkten achtundachtzig! Damit kommt er auf eine Gesammtnote von 1,8 ! Das ist ein ausgezeichneter Start! Ich gratuliere Dir, mein Junge!“

Während alle Anwesenden begeistert applaudierten, kam Mr. Corell hinter dem Rednerpult hervor und schüttelte Casey die Hand.

„Herzlichen Glückwunsch! Du bist nun als Lehrling anerkannt. Und nun...“

Auf ein Zeichen seines Chefs kam Loghead hinter dem Tisch hervor und brachte etwas mit.

„Dies wird von nun an deine neue Arbeitskleidung sein.“ sagte der Stationsvorsteher und Francis zeigte dem Jungen ein Kleiderbündel. Casey erkannte eine hellblaue Jacke, die der von Digger ähnelte.

„Du darfst jetzt mit Francis, deinem Vormund mitgehen. Wir wollen dich ja alle mit deiner neuen Uniform sehen.“

„Verstehe.“ lächelte der Junge und schloß sich Loghead an.

Hinter der großen Drehscheibe befand sich ein längliches Gebäude aus Backsteinen, eine weitere Halle für Loks und Waggons. Dort gab es auch Umkleiden für das Personal. Und in so einen Raum begaben sich die beiden nun.

„Na, freust Du dich?“ fragte Francis.

„Und wie! Ich bin jetzt ein richtiger Lokführer-Lehrling!“

„Ja. Ich freue mich wirklich für dich! -So, das hier ist deine Arbeitshose. Wie Du siehst, hat sie sehr viele Taschen und ist sehr robust.“

Casey schlüpfte in die neue hellblaue Latzhose.

„Passt ganz gut. Nur scheint sie mir ein wenig zu groß.“

„Keine Sorge, Du wächst schon noch hinein. Normalerweise sind die meisten Lehrlinge etwas größer und älter.“ lächelte Loghead.

„Was meinst Du damit?“

„Der Doc hat nach deiner Untersuchung gesagt, das Du niemals Vierzehn sein kannst! Sondern erst dreizehneinhalb, deinem Entwicklungszustand nach.“

Casey senkte den Kopf.

„Stimmt, ich habe etwas gelogen. Ich bin wirklich erst dreizehn Jahre und sieben Monate.“

„Aber der Arzt hat trotzdem grünes Licht gegeben, weil Du sehr aufgeweckt und intelligend bist. Und auch kräftig genug, die Kohleschaufel zu schwingen.“

„Mann, Ihr seid alle echt toll hier!“

Loghead lächelte und strich den Jungen durch das Haar.

„So und hier hast Du nun deine Jacke.“

Casey schlüpfte hinein und sein Vormund schlug die Ärmel etwas ein, da sie noch zu lang waren. Doch das würde sich geben. Kinder in diesem Alter wuchsen rasch.

„Lasse die Jacke am besten aus, wenn Du die schmutzigen Arbeiten am Kessel machst. Die Latzhose und ein Pullover oder ein Hemd genügen.

„Verstanden.“ nickte Casey.

Die Jacke war ebenfalls in Hellblau gehalten und hatte einen grauen Stehkragen. Die Schulterklappen rechts und links zierte je ein gelber Balken, das Zeichen für einen Lehrling im ersten Lehrjahr. Auch hier gab es genügend Taschen und auf der rechten Seite war das Abzeichen der Bahngesellschaft von Kommoran und Ruthia aufgenäht und sein Namensschild.

„Und zum Schluss...“

Francis hielt eine hellblaue Schildmütze hoch. Vorne trug sie das Wappen von Kommoran, einen weißen Vogel im Profil, der ein Eisenbahnrad in seinen Klauen hielt. Den unteren Rand umgab ein gelbes Band, das Casey als Lehrling auswies. Im zweiten Lehrjahr würde es rot sein, im dritten grün. Bei einem ausgebildeten Lokführer mit Diplom war das Band dann golden.

Mit einer feierlichen Geste setzte Loghead seinem Mündel die Mütze auf.

„Und nun bist Du fertig. Jeder Lehrling hat normalerweise zwei Uniformsätze zum Wechseln und noch eine Hose extra. Aber da deine durch die Arbeit mit einer Dampflok schneller schmutzig wird und Du öfters wechseln musst, hast Du drei Sätze und vier Arbeitshosen. Deine Arbeitskleidung wird dir in jeder Wäscherei kostenlos gewaschen und gebügelt, wenn Du ersteinmal unterwegs bist.“

„Verstehe.“

„Und nun komm. Die anderen warten schon.“

Die beiden kehrten wieder zu Mr. Corell zurück, der vor dem Tisch auf sie wartete. Wieder wurden sie mit Applaus begrüßt.

„Ein Hoch auf Casey Jones!“ rief Pop.

„Du siehst gut aus, mein Junge.“ sagte der Stationsvorsteher.

„Danke, Sir!“

„Und nun wirst Du von uns all die wichtigen Dinge erhalten, die Du während deiner Lehrzeit brauchen wirst.“

Mr. Corell nahm nach und nach all die auf dem Tisch abgelegten Dinge auf und überreichte sie Casey.

„Da haben wir zuerst einmal deinen Lehrausweis.“ Er steckte Ihn in eine dafür vorgesehene Tasche seiner neuen Jacke. „Dann ein Leitfaden für Lehrlinge. Lies Ihn aufmerksam durch, denn darin stehen viele wichtige Dinge, z.B wo Du Hilfe findest und an wen Du dich wenden kannst. Als nächstes hast Du hier die Mappe mit Rustys Prüfungsdokumenten und seine Karte, die Ihn als Lehrlokomotive ausweist. Dann dein Ausbildungstagebuch. Du mußt es jeden Tag führen und eintragen, was Du gelernt und getan hast. Bist Du bei einem Meister in der Lehre, so kann er auch Eintragungen vollziehen.“

„Verstanden. Das ist wie ein Berichtsheft.“ nickte Casey.

„Dann haben wir hier noch deinen Werkzeuggürtel. Ein sehr wichtiger Ausrüstungsgegenstand. In Ihm befinden sich sämtliche Werkzeuge, die Du für die Wartung oder Reparatur deiner Lok brauchst.“

Der Stationsvorsteher legte dem Jungen den Gürtel mit der Fächertasche um. Das ganze Werkzeug wog ordentlich, doch er würde Ihn ja nicht ständig tragen müssen.

„Und das hier ist dein Rucksack, in dem Du deine ganze Dinge verstauen kannst.“

Casey bekam einen großen, grünen Rucksack mit seinem Namensschild in die Hand.

„Du denkst wohl sicher, das wäre jetzt wohl alles?“

„Ich denke schon, Mr. Corell.“

„Oh nein! Das Beste kommt immer zum Schluss!“

Mit diesen Worten zog er eine Schwarzes, flaches, quadratisches Etui aus der Tasche seines Jaketts. Francis nahm Casey den Rucksack ab, damit er die Hände frei hatte und verstaute seine übrige Ausrüstung darin.

„Bei uns und in anderen Ländern ist es Tradition, das ein jeder Lehrling mit Beginn seiner Ausbildungszeit etwas erhält, das Ihn während seiner ganzen Dienstzeit begleiten soll.“ erklärte Mr. Corell feierlich und öffnette das Etui. Dann zeigte er Casey den Inhalt.

Im Innern lag auf rotem Samt eine vergoldete Taschenuhr. Den Deckel zierte eine herausgearbeitete Dampflok, eine massive, goldene Kette gehörte dazu.

Ein Raunen ging durch die Versammelten. Francis fand, das dies immer der schönste Moment der Feierlichkeit war.

„Wow! Ist die wirklich für mich?“

„Natürlich, mein Junge. Und sieh her-hier hinten ist dein Name eingraviert: Casey Jones. Das bedeutet, sie ist von nun an dein Eigentum.-Eine Uhr ist eines der wichtigsten Dinge eines Lokführers. So kann er immer sehen, ob er pünktlich ist!“ nickte der Stationsvorsteher. „Ich habe meine auch bekommen, als ich hier vor Jahren als Lehrling anfing, genauso wie alle Lehrlinge vor Dir und noch heute trage ich sie ständig bei mir.-Halte sie in Ehren, mein Junge.“

„Das werde ich!“ nickte Casey. Mr. Corell nahm die Taschenuhr aus dem Etui, schob die leere Schachtel in seine Jackentasche und befestigte das Ende der Uhrenkette an eine dafür vorgesehene Stelle am Revers zwischen den Knöpfen. Die Uhr schob er in die dafür vorgesehene Brusttasche unter Caseys Namensschild.

„Du kannst sie auch in der obersten Tasche deiner Latzhose tragen.“ erklärte der Stationsvorsteher und besah sich seinen neuen Lehrling. „Jetzt bist Du komplett.“

Casey stand da und bekam vor Rührung feuchte Augen.

„Danke, Mr. Corell, Sir!“ sagte er mit belegter Stimme und wischte sich verstohlen über die Augen.

Und der Stationsvorsteher wußte, das dieser Junge mit Leib und Seele ein Lokführer sein würde. Denn so viel Stolz und Freude zeigten nur wenige Lehrlinge.

Und Dinah, die alles aus der Ferne beobachtete, fasste einen Entschluss...
 

Nach der öffentlichen Teil, als die Versammelten sich zerstreut hatten, besprach sich Casey mit seinem neuen Boss, wie es nun weitergehen sollte.

„Du und Rusty wollt also auf Reisen gehen und nebenbei trainieren, um euch für die Liga zu qualifizieren.“

„Ja, Sir. Rusty hat das Zeug dazu. Und ich möchte mehr von dieser Welt sehen! Unsere Erfahrung und unser Level werden mit jedem Tag wachsen und bald können wir gegen andere Loks antreten! Bitte geben sie uns Ihre Zustimmung, Sir, uns für die Renn-Liga zu qualifizieren!“ bat Casey.

Der Stationsvorsteher warf Loghead und Digger einen hilfesuchenden Blick zu. Als Antwort nickten die beiden Männer nur. Und auch der alte Pop, der neben der Empore stand.

„Also gut. Meinen Segen habt Ihr. Denn ich vertraue Dir, Casey. Mit deinem Ehrgeiz kannst Du viel erreichen. Versucht euer Glück.“

„Ich danke Ihnen, Mr. Corell!“

„Aber ich kann euch als Waggon nur Dustin mitgeben, die anderen werden hier gebraucht!“

„Oh nein! Doch nicht Dustin! Dieses Schwehrgewicht!“ klagte Rusty.

„Jammer nicht, Partner! Das wird ein gutes Training für dich! Okay, dann wird uns Dustin begleiten.“ bemerkte Casey.

„Oh Mann! Du musst Ihn ja nicht ziehen!-Na schön!“

„Und ich bin auch dabei!“

Dinah war neben Pop gerollt zog eine entschlossene Miene.

„Was?“ entfuhr es dem Stationsvorsteher. „Du bist ein Speisewagen und wirst hier gebraucht! Und was wird dann aus Luigi und Antonio?“

„Die können ja bei Happy aushelfen! Oder bei Brunch! Mich braucht kein Personal zu begleiten!“

„Das geht doch nicht! Ich habe doch schon Dustin als Begleitwaggon zugeteilt gekriegt! Außerdem ist so eine Reise nicht ungefährlich! Außerdem sind wir ein reiner Männerverein! Du wirst dich nicht wohlfühlen!“ entgegnete Rusty.

„Unsinn! Ich habe keine Angst! Außerdem braucht Ihr so etwas wie eine weibliche Note in eurem Verein und der Junge immer eine anständige Mahlzeit! Schließlich ist er noch ein Kind und muss wachsen!“

„Au weia! Ein Speisewagen mit mütterlichen Instinkten!“ murmelte Casey.

„Ich bin nicht nur ein Speisewagen! Im Humanoid-Modus bin ich auch eine ausgezeichnete Köchin! Fragt das Stellwerkspersonal! Oder die Gäste im Bahnhofsrestaurant! Vor allem braucht der Junge hier jemanden, der sich um Ihn sorgt auf dieser langen Reise!“

„Hey, ich bin kein Baby mehr! Ich kann schon gut auf mich alleine aufpassen!“

„Und was ist, wenn Du plötzlich krank wirst, mein Kleiner Lehrling? Wißt Ihr Kerle dann, was zu tun ist?-Nichts da! Ich kenne mich mit Kindern aus und werde euch begleiten! Schon wegen Casey! Denn meist ist bei Lehrlingen immer ein Waggonmädchen als Zugpartner für die Lok dabei! Ich weiß, das es einen tieferen Sinn hat!-Zudem wäre ich froh, wenn ich Greaseball und seine Bande die nächste Zeit nicht mehr sehen müßte!“

„Was ist denn eigentlich passiert? Greaseball erzählte mir, es gäbe Probleme mit Dir. Du wärst aufmüpfig und würdest Unruhe in das Team bringen!“ sagte Mr. Corell.

„Fragen Sie lieber Ihn selbst, Boss! Und passen Sie auf, das er Ihnen nicht auf der Nase herumtanzt!“

„Dinah hat recht! Halten Sie ein Auge auf Ihn! Dinah hat Ihm nur einmal die Meinung gegeigt und er hat mit Ihr Schluss gemacht und sie davongejagt! Das hat nichts mit Aufmüpfigkeit zu tun! Greaseball ist das Problem! Nehmen Sie Ihn nicht zu sehr in Schutz, Sir!“ stimmte Ihr Casey zu.

„Na, Ihr macht mir vielleicht Spaß! Aber gut. Ich werde Greaseball im Auge behalten. Und ausnahmsweise werde ich auch Dinah erlauben, euch zu begleiten. Vielleicht ist es besser, wenn sie eine Weile von Greaseball und den anderen Dieseln getrennt ist, bis sich die Gemüter wieder beruhigt haben.“

„Danke, Mr. Corell! Ich werde Luigi und Antonio Bescheid sagen!“

Und schon rollte sie gut gelaunt davon.

„Und kein Wort zu Greaseball! Er wird es noch früh genug erfahren! Außerdem hat er ja jetzt seine Happy!“ erklärte Casey.

„Wann wollt Ihr aufbrechen?“ fragte Francis.

„So schnell wie möglich!“

„Dann muss ich ja noch einiges vorbereiten! Ich empfehle mich!“

„Ihr seid mir vielleicht ein verrückter Haufen, Digger!“ meinte Mr. Corell kopfschüttelnd. „Doch ich vertraue Casey. Der Junge hat was Besonderes an sich, das muss ich zugeben. Und er läßt sich nicht so schnell einschüchtern.“

„In der Tat.“
 

Am Nachmittag ging es im alten Lokschuppen hoch her. Alle waren mit den Vorbereitungen für die Abreise beschäftigt. Loghead schleppte einen Haufen Pakete an, in denen sich allerhand nützliche Dinge befanden.

„Das schickt Dir Mr. Corell. Ein Streckenatlas.“

„Hey, klasse, Francis!“

„Ein Jammer, das Du uns bald verläßt. Du wirst mir fehlen.“

„Du mir auch, Francis!“ nickte Casey und umarmte seinen Vormund. Mit feuchten Augen erwiderte dieser die Umarmung.

„Ich habe hier noch etwas. Schau.“ sagte er dann und zeigte es Casey.

„Noch ein paar Schuhe! Und jede Menge Klamotten! Danke, die kann ich gut gebrauchen! Ich habe ja nur die, in denen ich hergekommen bin. Danke, Francis.“

„Und das hier kriegst Du von mir.“ lächelte Digger und legte seine Gaben auf Caseys Bett ab.

„Handtücher, Seife...Shampoo...eine Zahnbürste! Waschzeug!“ seufzte der Junge.

„Auf den größeren Bahnhöfen gibt es immer Umkleideräume und Duschen für das Personal. Also lauf nicht herum wie ein Schmutzfink, sondern mache auch davon nach einem Arbeitstag Gebrauch. Denn der Kohlenstaub und Ruß dringt überall ein!“

„Keine Sorge, Dinah wird sicher ein Auge darauf haben!“

„Und in der Nacht wird dich der hier warmhalten.“

„Ein Schlafsack! Und ein Kissen. Stimmt, das kann ich ebenfalls gut gebrauchen.“

„Schlafen kannst Du dann in Dinah, wenn sie im Maschinenmodus ist. Dort gibt es ein einzelnes Extra-Abteil mit zwei Liegen für das Personal, das Du dann nutzen kannst. Falls Ihr einmal im Freien übernachten müsst.“

„Alles klar.“

„Und noch etwas wichtiges: Wenn Du Rusty laufen läßt, achte immer darauf, das seine Kesseldruckanzeige nicht in den roten Bereich gerät! Besonders nicht in der ersten Zeit! Sein Kessel und Antrieb ist nur mäßig belastet worden und bei einer Überbelastung kann sich sein untrainiertes System übernehmen und schlimmstenfalls kann sein Kessel explodieren!“ ermahnte Digger den Jungen.

„So weit werde ich es nie kommen lassen!“

„Wenn er besser trainiert ist, wird sein Kessel und sein Antrieb mehr leisten und aushalten können. Seine Leistung kann er also mit regelmäßigem Training erhöhen! Es wird vor allem besser werden, wenn Rusty jetzt längere Fahrten unternehmen wird. Hier hat er die meiste Zeit bloß untätig herumgestanden. Das hat Ihn etwas lahm werden lassen. Legt in den ersten zwei Wochen deshalb mehr Pausen ein und steigert euch langsam.“

„Verstanden.

„Und melde dich hin und wieder bei uns. Du kannst uns schreiben oder auch anrufen. Die Adresse und Telefonnummer steht auf der letzten Seite deines Leitfadens für Lehrlinge.“

„Verstanden. Ich werde mich immer wieder mal bei euch melden und von unseren Fortschritten erzählen.“ antwortete Casey. Dann setzte er sich auf das Bett, holte seine Taschenuhr hervor und betrachtete sie schweigend. Dabei ließ er seine Fingerspitzen über die Namensgravur gleiten.

„Das ist mein größter Schatz von allen.“ murmelte er.

„Halte immer ein Auge auf deine Dokumente. Und auf deine Brieftasche! Denn Schurken gibt es überall.“ mahnte Digger.

„Und natürlich auf meine Uhr hier.“ antwortete der Junge und schob die Uhr in die Brusttasche seiner hellblauen Jacke.
 

Ein Stockwerk tiefer war auch Rusty am Packen seiner wenigen Habseligkeiten.

„Pass gut auf Casey auf, Du bist von nun an für Ihn verantwortlich. So wie er für dich.“ erklärte Pop. Die kleinere Dampflok nickte. Dann holte Rusty seinen Helm hinter der Matraze hervor und wollte Ihn ebenfalls verstauen, doch der Oldtimer hielt Ihn zurück.

Dann begab er sich kurz hinüber in seine Stellbox und kehrte mit seinem Helm zurück.

„Hier, der soll von nun an Dir gehören.“ sagte er und drückte Ihn dem verdutzten Rusty in die Hände.

„Dein Helm? Nein, das kann ich nicht annehmen...“

„Nimm Ihn nur! Wir tauschen einfach! Er wird Dir für die Rennen bessere Dienste leisten als dein Deckel! Und mir genügt er allemal für die Arbeiten, die ich noch ausführe!“ erklärte Pop, schnappte sich Rustys einfache Kopfbedeckung und setzte sie sich demonstrativ auf den Kopf. „So, höhöhö!“

Er zeigte seine weißen Zähne und lachte schelmisch.

„Ich danke Dir, alter Freund.“ sagte die kleine Dampflok gerührt und legte den Helm zu Ihren anderen Sachen.
 

Fortsetzung folgt...



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Venka
2011-11-23T19:43:59+00:00 23.11.2011 20:43
> Sie war wirklich eine Augenweide, nicht nur für Menschen.

...kein Wunder, dass sich diese Macholok lieber von ihr fahren lässt als von seinem eigentlichen Lokführer... - Mein Beileid, Dinah...

> „Wer nicht für uns ist, ist gegen uns!“ wiederholten die anderen Loks einstimmig.

...is klar... - Herdentrieb. Die sind ja sehr selbstbewusst wenn sie mit mehreren auf ein Mädchen losgehen. Prickelnd...

> Freundschaft? Mit Dir? Da lachen ja die Hühner! Du bist nichts weiteres als ein Bremsklotz an meinem Bein!

*großen Hammer auspack* Darf ich? Darf ich? Bitte...

> Greaseball ballte seine Fäuste gab ein leises Knurren von sich.

Hm... - Soll uns das jetzt sagen, das Grease weniger Punkte hatte als Rusty? - Zuzutrauen wärs ihm...

> „Au weia! Ein Speisewagen mit mütterlichen Instinkten!“ murmelte Casey.

Ich mag Dinah. Sie ist total süß dargestellt. Sie wird den Männerhaufen schon aufmischen.

Nur auf Greaseballs Reaktion bin ich gespannt. Das kann nicht gutgehen... - Ich erinnere mich dunkel, dass da was war... - Aber was... - Ich les einfach weiter :)
Von:  Narrenkaiserin
2008-02-16T11:30:47+00:00 16.02.2008 12:30
Oh ja Dinah, zeog es diesen Eckelpaketen von Dieseln!
Wow, Casey Rusty und Dinah, ein Tolles Gespann, ich bin gespannt auf das nächste Kapitel!
Dein Fan, Shaolingirl


Zurück