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Süßes Gift

Auch der Tod hat eine gute Seite...
von

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Begraben

Rom, September 1499
 

Der Himmel war blau, keine Wolke verdeckte ihn und die Sonne strahlte in ihrer vollen Pracht, warf ihre Strahlen auf die ewige Stadt, als hätte es den Tod der ehrenwerten Lucrezia Borgia niemals gegeben.

Es war der Tag ihrer Beerdigung, er glich eher einem Tag für ein großes Freudenfest als für einen Trauerzug.

Und dennoch wurde er abgehalten, so war es Tradition.
 

Der Körper der Lucrezia war nach ihrem Tod gewaschen und aufgebahrt worden. Sie war in ein prächtiges Kleid gehüllt und ihr Antlitz war so schön wie eh und je, die Augen waren geschlossen und ihre Züge waren so friedlich, sodass sie nur zu schlafen schien.

Bedeckt wurden sie von der Taille abwärts und der Sarg, in dem sie lag, von einem kostbaren, reich bestickten Tuch, mehr einer Decke.

Der Sarg selbst war voller aufwändiger Verzierungen und von weißem Marmor, ausgekleidet mit rotem Samt. So lag sie da, aufgebahrt in einer großen Empfangshalle der Villa der Borgia, von Blumen umkränzt und geschmückt.
 

Viele hatten ihr zum Abschied Kränze oder Sträuße niedergelegt, inmitten dieser Massen standen zu beiden Seiten des Sarges zwei Kerzenständer, welche die Szenerie des Nachts in ein düster-romantisches Licht tauchten.
 

Besucher waren alle, die sie gekannt und bewundert hatten. Auch die Zieheltern ihres Kindes waren gekommen, was großen Unwillen bei ihrem Bruder hervorgerufen hatte. Auch er hatte einen prächtigen Kranz niedergelegt.
 

Jedoch war Chiaro der Einzige, der Tag und Nacht bei ihr wachte.
 

Am Tage der Beerdigung wurde ihr Sarg auf ein Podest gestellt, das auf einem Wagen angebracht war, der von schwarz aufgezäumten Pferden gezogen wurde.

Den Beginn des Zuges stellten einige Männer der persönlichen Armee des Papstes dar, darauf folgten wichtige Personen der Familie, allen voran der Papst Höchstselbst. Ihm folgte der Leichnam der Toten.

Im Anschluss an Lucrezia folgten weniger wichtige Familienmitglieder, sowie Freunde und wenige Bekannte. Nach ihnen marschierten Instrumentalisten, die eine Trauermelodie nach dem anderen zum Besten gaben.

Den Schluss bildete ein Abbild der Verstorbenen, getragen von Soldaten.
 

Der Zug verlief von der Villa Borgia quer durch die Stadt bis zum Vatican, wo der Trauergottesdienst abgehalten wurde.

Der Petersdom war voll von Menschen, sogar überfüllt, so viele Menschen wohnten der Zeremonie bei.
 

Nach diesem Ereignis war der öffentliche und offizielle Teil der Feierlichkeit vorbei, doch die Familie zog zum Verbrennungsplatz und legte Lucrezia dort auf einem hohen Holzstapel nieder. Stumm nahm noch einmal jeder Abschied.
 

Auch wenn Chiaro ihr zweifelsohne am nahesten gestanden hatte, so gehörte er nicht zur Familie und war daher hierzu ausgeschlossen worden.

Dennoch war er anwesend, gut getarnt, still und versteckt.

Cesare hatte seine Anwesenheit zwar bemerkt, aber nichts dagegen unternommen. Er selbst war der Letzte, der Abschied nahm und er war es auch, der ihr den letzten Kuss gab.

Während er dies in gleichgültig kalter Gefolgsamkeit tat, funkelten seine dämonischen Augen den Blondhaarigen an.

Dann, mit den letzten Worten des Trauerrituals, entzündete er den Holz- und Strohstapel, auf welchem Lucrezia gebettet war.

Die Flammen loderten auf, erhellten und wärmten die Gesichter der Anwesenden, Tränen gab es einige.

Doch Chiaro sah weg, konnte diesen Anblick einfach nicht ertragen.

Der Geruch von schweren Ölen, Kräutern und verbranntem Fleisch hing in der Luft, doch die Angehörigen ertrugen dieses stickige Gemisch mit Würde.
 

Jedoch verließen einige den Ort, bevor der Leichnam völlig verbrannt war. Lediglich Cesare, ihr Vater, der versteckte Chiaro und drei weitere Familienangehörige verweilten bis zum Schluss, bis das Feuer ausgebrannt war.

Eine Frau mittleren Alters aus der Familie kehrte die Asche zusammen, Cesare füllte sie in die bereits vorbereitete Urne und verschloss und versiegelte sie nach heiligen Vorschriften.

Rodrigo Borgia, auch als Papst Alexander VI. bekannt, versiegelte sie nochmals mit seinem Segen als Stellvertreter Gottes auf Erden.

Dann wurde die Trauerfeier offiziell auch für die Familie beendet.
 

Mittlerweile war die Nacht hereingebrochen, so lange hatte es gedauert. Michelotto wollte sich davonstehlen, damit man ihn auch nachträglich nicht bemerkte und verschwand in den schwarzen Schatten des Buschwerkes.

Doch er hatte, wie so oft, nicht mit den Fähigkeiten Cesares gerechnet, obwohl er diese wohl am besten kannte. Seine Augen, die ihn angefunkelt hatten, hatten ihn wahrlich erschauern lassen, hatten ihm auch gezeigt, dass der andere um seine Anwesenheit wusste.

Daher eilte er auch, um nicht von ihm ergriffen zu werden, jedoch scheiterte er wie geahnt.
 

Der Mann mit den dämonischen Augen stand unversehens vor ihm, die Haare fielen ihm offen über die Schultern. Jener sah ihn schweigend an, doch sein Blick sprach Bände. Der andere schluckte leicht, versuchte jedoch, seine Unsicherheit zu verbergen. Doch dann erhob der zweitmächtigste Mann der Borgia das Wort.
 

"Du bist ein Frevler, Chiaro. Ungeladen zu einer Bestattungsfeier zu erscheinen... so tief bist du schon gesunken?" ,sagte er leise, sein Ton war spöttisch und mitleidig. Trotz seiner Worte war klar, dass er wusste, warum Michelotto hier war, aber schließlich hätte dies auch jeder andere gewusst.
 

"Ich habe sie geliebt, Cesare. Ich habe ihr die Wunden geheilt, du du ihr zugefügt hast!" ,fauchte er zurück und erntete nur ein weiteres mitleidiges Lächeln.
 

"Wie du siehst, ist dir auch dies nicht gelungen." ,versetzte er und Chiaro ballte vor Wut die Fäuste, sah ihn zornerfüllt an.
 

"Weil du und dein Pack von Geld- und Machtgierigen Parasiten sie so zugrunde gerichtet habt, dass sie nicht mehr gerettet werden konnte!" ,schrie er ihn an, doch Cesare blieb ruhig, hob lediglich eine Hand.
 

"Ruhig, Chiaro. Oder willst du, dass jeder deine Anwesenheit hier bemerkt?"
 

Der Blonde schnappte nach Luft, verhielt sich aber ruhig, sah ihn nur weiter voller Hass an.

"Ihr seid verfluchte Mörder..." ,knurrte er, doch Cesare schüttelte den Kopf.
 

"Sie ist ihrem eigenen Zwiespalt zum Opfer gefallen. Wärst du nicht gewesen, hätte sie sich, ohne Gedanken an Liebe zu verschenden, ihrem Schicksal einfacher gefügt." ,erklärte er ruhig, beschwor damit aber nur eine weitere Woge des Hasses herauf.

"Wärst DU nicht gewesen, ihr Herz ist an DIR zerbrochen!"
 

Auch wenn Cesare es sich keinen Deut anmerken ließ, so trafen ihn Chiaros Worte tief im Inneren, jenem Teil, der noch menschlich war. Er wusste, wie Recht sein Gegenüber hatte, doch musste er es verdrängen.

Er schwieg lediglich, sodass dieser Satz zwischen ihnen in der Luft hängen blieb. Und der ehemalige Auftragsmörder setzte sogleich nach.
 

"Du hast kein Herz. Du bist skrupellos und eiskalt." ,knurrte er dunkel und Cesare entglitt ein trockenes Auflachen.
 

"Hast du das erst jetzt bemerkt, erbärmlicher Narr? Es ist die einzige Möglichkeit, Kontrolle zu bewahren und das weißt du. Oft genug hast du es erlebt.." ,antwortete er mit finsterem Blick. Wie töricht der Blonde sich doch verhielt... so naiv...
 

"Wenn du Gefühle zulassen würdest... so die Kontrolle verlieren würdest....würdest du etwas zum Wohle der Menschen um dich herum tun.. und ich hätte endlich einen Grund, dich zu töten!" ,sagte er kühl und der Borgia breitete daraufhin nur die Arme aus, sah ihn leicht süffisant lächelnd an.
 

"Wenn du es so dringend willst, Michelotto, dann töte mich.

Du bist oft genug daran gescheitert, egal wie oft du meinen Befehl, Wunsch oder eine Gelegenheit hattest."
 

Chiaros Augen verengten sich zu Schlitzen, seine Hand wanderte zum Knauf seines Schwertes, zog es aber nicht. Er war, so sehr es ihm auch im Wege stand, innerlich noch immer Cesare zu Treue verpflichtet und sein Schwur kettete ihn mit einem unsichtbaren Band an ihn, verknüpfte ihre Schicksale untrennbar miteinander.
 

Und der schwarzhaarige Mann vor ihm wusste das, genau so gut wie er, wenn nicht noch besser. Daher, aber auch vielleicht aus einem anderen Grund, blieb er einfach ruhig vor ihm stehen. Er fürchtete nichts, vor allem nicht ihn oder Dinge, die er tun könnte, Chiaro war ihm einfach zu vertraut.
 

Schweigen erfüllte die Szene, sie sahen einander an, Chiaro mit allmählich erlischendem Zorn, Cesare ruhig und mit Erwartung dessen, was sein Gegenüber tun würde.

Dessen Hand glitt mit einem Seufzen seinerseits vom Schwert. Unverwandt sah er ihn noch immer an, doch nun ein wenig müde.
 

"Wie könnte ich dich töten... Niemand kann das."
 

Cesare lächelte leicht, trat auf ihn zu und legte ihm die Hand auf die Schultern. Beugte sich zu ihm vor.
 

"Du hast es versprochen.." ,flüsterte er leise, hielt kurz inne und fuhr dann fort.

"Warum kannst du es nicht? Gerade du... der immun gegen mein Gift ist..." ,fragte er ihn leise, dabei süffisant lächelnd.
 

Chiaro schweig.

Schon oft hatte er sich diese Frage gestellt, doch hatte er selbst noch keine Antwort.

Der Drück Cesares' Hand auf seiner Schulter schwand, als der diabolische Dunkelhaarige von ihm abließ und ohne ein weiteres Wort im Dunkel verschwand. Der Blonde blieb allein zurück, aufgewühlt und völlig in Gedanken versunken.
 

Am folgenden Tag wurde Lucrezias Urne und somit auch ihre Asche der Erde übergeben.

Bestattet wurde sie auf einem der Friedhöfe außerhalb der Stadt, die Beisetzung erfolgte still und nur in Anwesenheit ihres Bruders, ihres Vaters, ihres Gatten, der leider erst so spät hatte eintreffen können und eines Priesters, der die Urne in die Erde hinabsenkte und das Grab schließlich verschloss, versiegelte und mit Weihwasser besprengte.
 

Lucrezias Ableben war nun endgültig und offiziell, die "Feierlichkeiten" vorbei.

Der Papst, ihr Vater Rodrigo Borgia, kehrte nun wieder völlig in den Vatican zurück, um seinen Pflichten weiterhin nachzukommen.
 

Cesare verweilte noch eine Zeit lang am Grab.

Kurze Zeit später zeigte sich auch, warum.

Langsam den Weg entlangschreitend, einen prächtigen Strauß Blumen in der Hand haltend, erschien Chiaro, um noch ein letztes Mal Abschied zu nehmen.

Cesare blickte nicht auf, erst als der andere die Pflanzen niedergelegt und stumm vor dem Grab und neben ihm stand.

Nach einer Weile hob auch Chiaro den Blick.
 

"Hast du hier auf mich gewartet?", fragte er leise.

Der Angesprochene lächelte vielsagend, sah ihn aber nur kurz an.

"Möglich." ,gab er zurück und wandte sich dann um, schritt elegant davon.
 

Und neuerlich blieb Chiaro zurück, um Einiges verwirrter als das letze Mal.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Vampire-Hero
2008-02-27T12:24:30+00:00 27.02.2008 13:24
wirklich wieder ein schönes Chap mit ein wenig **depri** geschmückt. Das Lucrezia gestorben ist, geht nicht spurlos an Chiaro vorbei, hat er für ihr Gefühle gehegt. Und Cesare? Der will ja seinen Engel haben und wenn er CHiaro nicht zu sehr drängt, müsste das klappen **smile**. Vielleicht ist es aber auch ganz anders, weswegen ich gleich mal weiter lesen werde

LG
Vampire





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