Wenn die Noten dreimal schlagen
Wenn die Noten dreimal schlagen
Ein schwarzer Raum. Ein kleines Fenster stand offen, geschmückt mit
einem weißen, vor sich hin wehenden Vorhang. Draußen war Nacht,
es war kein Licht. Alles ziemlich still. Ein Traum?
In der Mitte des Raumes, ich will es nicht Zimmer nennen, denn dazu hätte
es einer Einrichtung gefehlt, stand planlos ein Klavier herum.
Und das Klavier sprach mit mir und es sagte es wollte für mich singen.
Und ich lauschte.
Die schwarz-weißen Tasten des Pianos vermischten sich zu einem silbrigen
Grau und sangen. Weiche Melodien durchzogen die Luft, wurden untermalt
von einem leicht erotischen Duft, dessen Wirkung zu beschreiben ich gar
nicht erst versuche. Sämtliche Sinne wurden benebelt und in dem herrlichen
Dunkel zusammen mit der frischen Nachtluft, genoss ich die Zärtlichkeit der
zunehmenden Willenlosigkeit. Die Noten streichelten meine Haut und bedeckten
mich mit angenehmer Wärme. Ich schloss meine Augen, als mir der Wille
meine Erregung zu ignorieren komplett genommen wurde.
Und mir war, als würde ich von Lippen geküsst, weich wie Samt.
Und ich würde von Händen berührt, so unvorstellbar zärtlich.
Über meinen Körper zog ein Hauch, der mich in leichte Bewusstlosigkeit
hinabgleiten ließ.
Und irgendwann nahm ich nur noch diese irrsinnige Hitze wahr.
Die Lust hatte sich in mich geschlichen. Das Blut raste durch meine Venen,
mein Herz pochte lauthals im immer schnelleren Takt. Ich hörte mein Stöhnen.
Ich konnte den Höhepunkt gar nicht mehr erwarten. Ich trieb mich immer
stärker an. Und dann war es endlich soweit. Einen Augenschlag lang dachte
ich dein Gesicht zu sehen.
Ich kam mit deinem Namen auf den Lippen.
Ich schlug die Augen auf. Die Decke dieses neuen, ebenfalls in Dunkel
gehüllten Zimmers starrte mich an. Geistesabwesend und von der
Erschöpfung geschlagen, vermutete ich in meinem Bett zu liegen
und soeben aus meinem Traum erwacht zu sein. Ich realisierte nichts, war noch
halb besinnungslos und wollte mich in meiner Befriedigung auch auf nichts
konzentrieren und schloss sofort wieder meine Augen. Wenn nicht in diesem Moment
leichte Unterleibsschmerzen meine Aufmerksamkeit gefordert hätten, wäre ich
ganz einfach eingeschlafen. So wollte sich meine Hand nach unten tasten, kam
jedoch, wegen eines Hindernisses, nicht sehr weit, was mich nun wieder
vollständig aus der Abwesenheit zurückholte. Ich sah es, aber ich dachte nicht.
Ich dachte einfach nicht.
Du lagst auf mir. Leicht verschwitzt und schwer atmend hast du deinen Kopf
neben meinem Hals in meinem Haar vergraben. Du lagst ganz ruhig, hattest
deine Augen geschlossen. Merktest du nicht, dass ich wach war?
Ich bemerkte deine Hand, die meine fest umklammerte. Mein Gefühl lenkte sich
weiter nach unten. Dein Körper hatte sich zwischen meine Beine gebettet
und ich spürte dein Glied in mir.
Ich will gestehen, dass mich in diesem Moment ein leichter Anflug von kindlicher
Scham überkam. Nicht wegen der Situation, die sich ereignete oder ereignet hatte,
sondern ganz einfach, weil du es warst, weil es eben dein Körper war, du, der
in mir ruhte.
Meine Schmerzen waren fort. Ich drehte mein Gesicht deinem gegenüber und
beobachtete dich. Dein ganzer Körper hob und senkte sich ganz leicht unter
deinem immer noch schweren Atem. Ich sah mir deine geöffneten Lippen an,
in die wieder und wieder Luft ein und aus ging, und ich dachte daran,
ob es deine Lippen gewesen waren, die ich im Traum fühlte. Und ich wollte
dich küssen. Dann sah ich mir deine geschlossenen Augen an, und ich dachte
wie sie mich ansehen würden, wenn du sie auftätest.
Das ganze dauerte vielleicht fünf bis sechs Sekunden, dann warst du wieder klar.
Deine Augen blickten beim Öffnen direkt in meine.
Wir schwiegen beide, aber nicht lange.
Ich merkte noch wie du dich erhobst und ab dann war nur noch schwarz.
Ich war weg.
Schon wieder.