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Dear Tagebuch

Ein anderer 4. Band
von

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Der Tag danach

Der Tag danach
 

Dear Tagebuch,

Die Feier war schön, doch leider ohne Alkohol, ja das ist bei mir möglich, so unglaublich es auch klingt. Also es gab schon welchen, doch wurde er mir untersagt.

Manchmal hasse ich Silvar wirklich:

„Nein Yue, für dich gibt es keinen Sekt.“

„Warum nicht?“

„Es beeinträchtigt den Heilprozess.“

„Versuch mich nicht an zu lügen, das kannst du nicht.“

„Du kannst mich auch nicht überzeugend anlügen; und nein du bekommst keinen Alkohol.“

„Nenne mir einen guten Grund.“

„Wie viele Jahre erkläre ich dir jetzt schon, dass das schädlich ist?“

„Wer hat denn bitte bei unserem Fünfer-Gelage dabei gesessen?“

„Ich hab dabei gesessen, aber nichts getrunken. Das ist etwas anderes.“

„Ja klar. Du säufst auch wie ein Loch, wenn niemand dabei ist! Es ist doch nur ein Glas.

„Nein!“

„Warum nicht?“

„Darum.“

„’Darum’ ist keine Antwort.“

„Du darfst nicht! Basta!“

„Du bist gemein!“

„Ich hab dich auch lieb.“

„Hey ihr beiden, warum fragt ihr mich nicht einfach?“ mischte Mel sich ein.

„Untergrabe bitte nicht meine 13-jährige Erziehung.“

„Er hat aber recht. Ich gehöre ihm!“

„Hält hier überhaupt jemand zu mir?“

„Ich halte schon zu dir, doch gegen ein Glas ist doch nichts zu sagen!?“

„Wir reden hier vom größten und, körperlich, fitesten Säufer der ganzen Stadt. Er süffelt 3 Flaschen Whiskey, zwei Weine und ´ne Unmenge an Schnäpsen ohne das ihm schlecht wird oder etwas anderes widerfährt“, sagte Silvar über Yue.

„Ok, ok, ich will es nicht im Detail wissen, aber ein Glas kannst du ihm doch genehmigen, oder?“

„Nein, keine Chance.“

„Dann kann ich dir auch nicht mehr helfen“, sagte er und ging wieder.

„Ein tolles Elternteil…“

„Er weiß eben wann es gut ist.“

„Ja klar…“ murrte ich und schmollte vor mich hin.

~~~

Ein super Abend nicht? Ich und ohne Alk von ´ner Feier weg, das ist deprimierend.
 


 

Und nun zum heutigen Tage:

Silvar hätte sich ruhig selbst besaufen können, dann hätte er nicht früh um 7: 30 Uhr bei uns auf der Matte gestanden. Eh Junge! Wir haben Samstag nicht Montag!

Frühstück gab es erst um 10 Uhr, ich hätte ihn echt killen können! Seine mütterliche Fürsorge schätze ich in vielen Dingen, aber nicht wenn es ums Aufstehen und um Alkohol ging. In der Sache Aufstehen, wollte ich keinesfalls und schon gar nicht freiwillig mit Gabriel tauschen.

Zurück zum Wesentlichen: Als mein Blick auf die erstbeste Uhr fiel und ich sah wie spät es war, schoss mir als erstes: \\Wo ist die Basuka?\\ durch den Kopf.

Ich ließ einen Bläker los und feuerte ihm ein Kissen, volle Kanone, ins Gesicht. Dann ließ ich mich seufzend wieder ins Bett sinken und versuchte noch mal einzuschlafen. Ein leises Kichern vernahm ich neben mir und ließ meinen Arm recht ruckartig nach unten sinken. Sofort verstummte der Hügel und ich konnte in Frieden weiter schlafen. Gegen halb zehn weckte mich Mel dann endgültig, er war mir nicht böse, dass ich ihn „geschlagen“ hatte. Immer noch müde und sehr zerknittert bewegte ich mich ins Badezimmer. Da ich am Vorabend meinen Müdigkeitspunkt überwunden hatte, hatten wir noch über alles Mögliche geredet, so war es dann auch „etwas“ später oder besser „etwas“ früh geworden, was ja doch recht ungewöhnlich für unsere blonde Schönheit war. Nach dem Frühstück brauchte ich erst mal jemanden, an dem ich meine schlechte Laune auslassen konnte. Und da ich das für gewöhnlich mit dem ersten tat, der mir vor die Nase kam, musste heute mal Vermont dran glauben. Es gab noch einiges an Aufräumarbeiten zu erledigen. Und da er letztens schon so schön die Küche sauber gemacht hatte, sollte er es heute wieder tun. Ich drückte ihm Mopp, Besen, Eimer und Kehrschaufel in die Hand und bedeutete ihm den Saal sauber zu machen. Nach dieser Aktion war ich wieder auf relativ auf Null und konnte mich Gabriel widmen.

„Wie lange noch?“

„Dieses Wochenende, die nächste Woche und den Samstag. Am Sonntag fliegen wir und dann hast du zwei ganze lange Wochen Zeit, mit mir zu kuscheln.“

„Und was machen wir mit Silvar?“

„Knebeln, fesseln und in die nächste Besenkammer sperren.“

„Nicht wirklich, oder?“

„Wenn es dort eine gibt und ich könnte, würde ich.“

„Frag Luca.“

„Als ob der Silvar wegsperren wollte.“

„Es gibt Momente, da würde ich gern“, sagte Luca, der gerade hinter uns auftauchte.

„Nach 33 Jahren… na ja, da kann man schon mal drüber nachdenken.“

„Was habt ihr nur alle gegen Silvar? Ok, er ist in manchen Dingen etwas krass, aber sonst eigentlich sehr sympathisch“, meinte Kain, der neben Luca erschienen war.

„In was für einer Welt lebst du? Silvar ist in vielen Dingen sehr krass und zu fürsorglich.“

„Er macht sich doch nur Sorgen und will immer das Beste für seine Liebsten.“

„Aber das mit dem Sekt hätte nicht sein müssen.“

„In der Küche steht noch eine halbe Flasche voll, wenn du willst, darfst du sie trinken.“

„Aber möglichst an einem Ort, wo Silvar nicht ist.“

„Such dir einen, ich hole dir Flasche“, sagte er und verschwand.

“Interessante Erziehungsmethoden.“

„Mel hätte mir auch ein Glas gewährt, wenn Silvar nicht genervt hätte.“

„Ich geh Silvar ablenken.“ Luca verschwand aus meinem Sehbereich.

„Geniales Zusammenspiel“, kicherte ich und nahm die Flasche, als Kain wieder kam.

Zusammen gingen wir raus in den Garten.

„Wie wäre es mit ´nem Glas?“

„Ist doch drum herum.“

Kain lachte. “Auch wieder richtig.“

„Auch ´nen Schluck?“

„Nein danke.“

„Du?“

„Ich hatte schon ewig nichts mehr.“

„Ist halt Silvar’ s Haushalt.“

„Er trinkt doch auch.“

„Das ist Silvar live und in Farbe. Du kennst doch Kants Maxime, nicht?“

„Schon wieder Schule, aber ja ich kenne sie.“

„Dann sag an.“

„Ich?“

„Ja du, du hast doch gesagt, dass du sie kannst.“

„Ok, wie war das?“

„Is gut, ich mach’s. ‚Handle nur nach derjenigen Maxime, von der du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.’“

„Würde das nicht heißen, dass er unmoralisch handelt?“ fragte Kain leicht verwundert.

„Darauf will ich hinaus, Schlauköpfchen. Eigentlich ist es unmoralisch, doch sag mir, seit wann Silvar auch nur ansatzweise was von Ethik hält. Das einzigste Fach, was ihm seinen 1,0er- Durchschnitt versaut hat.“

„So zu denken ist nicht jedermanns Sache.“

„Deine auch nicht, wenn ich mir so deine Ethiknoten anschaue.“

„Na ja, Silvar ist aber eigentlich doch sehr intelligent.“

„Schon, aber seine Klugheit endet, wenn es um Kant und Co geht. Jeder handelt nach seiner Philosophie, auch wenn man die bei vielen in die Tonne treten kann, nicht Gabriel?“

„Ich weiß von nichts.“

„Was ist deine Philosophie?“

„Ich arbeite zwar mit den Grundlagen Kants und auch mit den 10 Geboten, doch verfolge ich eine ganz andere Richtung. Kant sagt: ‚Handle nur nach Bla und Blubb.’ Ein Anderer, dessen Namen ich vergessen habe, sagt: ‚Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderem zu.’ Oder kurz: ‚Die goldne Regel’. Silvar sagt: ‚Tu das, das und das nicht, denn es schadet dir.’ Und ich sage: ‚Wenn du nicht willst, dass ich dich in den Knast bringe, dann halte dich an meine Spielregeln.’ Meine Spielregeln sind etwas anders als die bestehenden Gesetze, was mich schon oft in problematische Komplikationen mit dem Bostoner Selbstmordkommando gebracht hat. Aber bis jetzt bin ich immer heil raus gekommen und mittlerweile machen auch sie einen großen Bogen um mich und meine Jungs. Sie spielen nach ihren und ich nach meinen und am Ende finden wir eine Einigung.“

„Äußerst interessant. Was machst du, wenn einer deiner Schützlinge vom Kurs abweicht?“

„Das ist an Voraussetzungen geknüpft.“

„Dann lass mal hören.“

„Ok. Vorausgesetzt er wird von Cloud, Mana, mir und seit neusten auch wieder von Gabriel erwischt, erhält er oder sie eine Standpauke und landet je nach kleinen Delikten in meinem Knast oder auf Entzug, wenn Drogen im Spiel sind, oder Bla und Blubb.

Ist er einer unserer Feinde wird er festgenommen, durchsucht, zum Reden gebracht und je nachdem, nennen wir es Verbrechen, der Polizei übergeben oder zu Jonny, meinem Lieblingsfeind, gebracht der sich dann um ihn oder sie kümmert. Vorausgesetzt es passiert etwas Schwereres, als oben genannt, wird er oder sie sofort der Polizei übergeben, das ist uns bzw. mir dann einfach zu heikel, das selbst zu machen. Auch bei schweren Sachen ist es unsere eigene Sache, wenn ich nachweisen kann, dass es aus Notwehr geschah.“

„Notwehr mit Waffen?“

„Der Körper ist eine reine Waffe, wenn man sie zu gebrauchen weiß.“

„Ich meine Messer und Schusswaffen.“

„Wir tragen Schusswaffen, benutzen sie aber relativ selten, denn wir haben unseren Körper.“

„Du? Das ist schwer vorstellbar für mich.“

„Ja, auch ich, das sagte ich gerade. Nur weil ich eine trage muss sich sie nicht gleich benutzen, aber trotzdem trage ich sie zur Sicherheit, wenn die Situation meine körperlichen Kräfte übersteigt. Sie dient als Abschreckung und ich ziehe sie nie sofort.“

„Wie teuer war sie denn?“

„Etwas preiswerter als meine Violine, obwohl beide spezielle Unikate sind.“

„Geige?“

„Sag bitte Violine. Ja, ich hab ´ne Geige, wie du es nennst.“

„Ich lausche deinen Worten.“

Ich dropste.

„Was willst du von mir hören?“

„Alles. Erzähl mir was über dein Unikat.“

„Meine größte Liebe trifft es wohl ehr.“

„Dann erzähl mir was über deine große Liebe.“

„Wie eine normale Violine aussieht weißt du sicher!?“

„Ja.“

„Sie ist etwas quadratisch angehaucht. Der Korpus ist aus Teakholz, was mit einer leichten Teerschicht überzogen wurde. Eine gewöhnliche Violine ist einfach gehalten. Mein Schatz hingegen ist vermustert, wie die Zeit des Barock, allerdings nicht mit jenen Motiven. Auf dem Korpus sind Tribiale, die ich selbst entworfen habe. Die Seiten sind eigentlich aus Rosshaar; meine allerdings sind aus den Schnurrhaaren eines Tigers. Denke jetzt nicht, dass ich gegen ein Gesetzt verstoße oder so. Ich liebe diese majestätischen Tiere über alles und würde auch alles für ihren Schutz tun. Das Tier von dem das stammt wurde von Wilderern angeschossen, aber nicht getötet. Da die Wunde von selbst nicht heilen konnte und die Wildhüter keine Möglichkeit hatten, dass Tier zu fangen und selbst wenn dann keinen Möglichkeit der Rettung gehabt hätte, hatten sie dem Tier den Gnadenstoß gegeben, damit es sich nicht quälen muss. Silvar hat mich gefragt ob ich es mir ausgestopft ins Zimmer stellen mag, den eine größere Ehre gab es für sein Patentier und stolze Mutter von fast 10 Jungen nicht. Ich wollte aber nicht, der Anblick wäre zu schmerzlich für mich gewesen, also hab ich beschlossen ihr eine andere Ehrung zukommen zu lassen. Nun schmückt sie meine Violine und den Kasten dazu. Das Skelett hat Silvar in seinem Zimmer stehen. Ich weiß das klingt äußerst makaber.“

„Das kannst du wohl laut sagen. Es ist wirklich schrecklich, wenn solche majestätischen Tiere gejagt und getötet werden.“

„Es bringt Geld. Jeder cm² bringt ´ne Menge Geld.“

„Das ist der Grund?“

„Soll ich dir mal aufzählen, was man alles aus einem Tiger gewinnen kann und was darauf wird?“

„Ich lausche dir noch immer.“

„Ein Jäger macht aus allen Teilen etwas. Fangen wir mit dem Fell an. Du kennst ja sicher Bettvorleger aus Schaffell oder Rind. Viele Menschen tun das mit solch einem Tigerfell oder sie hängen es sich an die Wand als Trophäe von Jagten, die sie mit anderen Leuten gemacht haben. Es ist Zeitvertrieb, solch ein Tier zu jagen. Die Krallen und Zähen werden meist in Silber oder Gold gefasst und dann als Schmuck verkauft. Als Kettenanhänger, Armband, Ring, Bla und Blubb. Ich gebe zu, ich trage auch einen Tigerzahn als Kettenanhänger, er ist mein Glücksbringer. Der Zahn stammt aber immer noch von Silvars Tier. Ok, weiter im Text. Die Knochen werden zu Mehl gemahlen und dann als Heilprodukte verkauft. Halt dir dein bestes Stück fest, denn der des Tigers wird getrocknet, gemahlen und als Mittel gegen Potenzstörungen verkauft, in China sehr beliebt. Ich weiß nicht, ob du diese kleine roten Becherchen kennst in denen eine Gelenksalbe drin ist. Es ist zwar ein Tiger drauf abgebildet, aber in Europa und Co. wird das Zeug synthetisch hergestellt. In Asien und Sibirien wird das aus gemahlten Tigerknochen hergestellt Es wird Knochenmehl verwendet und vor allem das Knochenmark und Muskelmasse. Die Organe kann man, wie bei Schweinen und so, essen. Es gilt als Delikatesse so wie Haifischflossen, was ich auch schrecklich und vor allem abstoßend finde. Wenn ich jemals als Tiger wiedergeboren werde, dann nur in einem gut gesicherten Reservat, wenn es dann überhaupt noch den, für mich einzigen echten, König der Katzen gibt.“

„Noch ein Satz mehr und mir wäre mein Essen wieder hoch gekommen“, murmelte Kain und hielt sich den Magen.

„Wie kannst du dabei so kalt bleiben?“

„Bleib ich keineswegs, doch habe ich das schon so oft gehört und auch schon Bilder davon gesehn, das meine Gefühle streiken. Meine Trauer würde auch nichts bringen, es würde sich nichts ändern nur weil ich darüber einen Gefühlsausbruch habe. Das musste ich in vielen Dingen lernen. Für ein Leben wie ich es in meiner Freizeit führe sind Gefühle äußerst unpassend. Man muss kalt bleiben, vor allem bei einem Verbrechen in den eigenen Reihen. Das ist wie deine Arbeit nur im etwas kleineren Stile. Und wenn das hier schon Übelkeit bei dir verursacht, dann willst du gar nicht erst Silvars Variante hören. Er geht noch genauer ins Detail. Aber wenn du magst zeige ich dir mal das Skelett der Tigerdame.“

„Mama Mel auf 3 Uhr“, warf Gabriel in unser Gespräch ein.

Sofort ließ ich die Flasche verschwinden. Nur gut, dass ich immer Kaugummis bei mir trug.

„Störe ich?“

„Nein, wir haben uns nur unterhalten und das schöne Wetter genossen.“

Kain war noch immer etwas blass um die Nase und hielt sich weiter den Bauch.“

„Geht’s dir gut?“ fragte Mel sofort fürsorglich, als er Kain ansah.

„Mir geht es gut, unser Gespräch war nur etwas sehr makaber.“

„Worüber habt ihr denn gesprochen?“ fragte er und sah mich an.

„Über die Verwendung eines Tigerkörpers, ohne ins Detail zu gehn, denn sonst hätte er wirklich noch sein Frühstück wieder hoch gebracht.“

„Bitte, Danke sehr, ich verzichte auf eine nähere Ausführungen“, sagte Mel und setzte sich zu uns.

„Wie weit ist die Putzarbeit vorangekommen?“

„Vermont macht brav seine Aufgabe und ist fast fertig.“

„Sehr schön. Dad, trink einen Schluck Sekt oder einen Schnaps und dir geht es wieder besser.“

„Die Bilder, die du mir in den Kopf gesetzt hast, werde ich damit aber nicht los!“

„Aber das flaue Gefühl im Magen.“

„Hast du noch was in der Flasche gelassen?“

„Sie steht unter dem Tisch.“

Skeptisch beobachtete Mel uns.

Kain langte unter den Tisch und holte die Flasche vor.

„Jetzt weiß ich auch, warum Luca die ganze Zeit um Silvar rumhüpft.“

„Du hast es mir doch genehmigt.“

„Ein Glas, aber nicht gleich eine ganze Flasche.“

„Es war nur eine halbe und durch mein langes Reden habe ich relativ wenig getrunken.“

„Habt ihr euch nur über das eine Thema unterhalten?“

„N…“ fing ich an, musste mir dann aber auf die Lippe beißen, den Kain war mir gegen das Schienbein getreten, wenn auch recht vorsichtig.

„Ja. Ich hab noch etwas anderes über Tiger erzählt.“

„Ok.“

„MEL!!!“ rief J.B., der beim Haus stand und uns zu winkte.

Mel seufzt. „Bin dann mal wieder weg. Und es bleibt bei der halben Flasche.“

„Ja, Mama.“

Kopfschüttelnd ging der Blonde wieder und ließ uns allein.

„Ok, kommen wir noch mal zurück auf ein anderes Thema“, meinte Kain.

„Und das wäre?“

„Deine Waffe.“

„Meine Lady? Was ist mit ihr?“

„Wie gut bist du?“

„Ich hab in letzter Zeit das Training etwas vernachlässigt, aber eigentlich sollte es noch gut klappen.“

„Wenn du aus L.A. zurück bist, kannst du ja mal mit zum Schießstand kommen.“

„Wie wäre es mit davor?“

„Und wann bitte? Nächste Woche hast du Prüfungen.“

„Es gibt noch das Wochenende und die Nachmittage. Ich setze mich nur vor Mathe und Französisch noch mal hin und lese mir Bio und Geschichte am Abend vor der Prüfung noch mal durch. Etwas Training wäre da ein gute Ablenkung.“

Er seufzte. „Gegen dich hat keiner eine Chance.“

„Niemand will mit mir diskutieren, denn niemand hält meiner Argumentation stand, ok Mel und Silvar bilden da ´ne Ausnahme. Mit Mel würde ich niemals freiwillig diskutieren und Silvar kennt mich einfach zu gut.“

„Mel darf auf keinen Fall was davon erfahren, er köpft uns beide. Dich weil du ´ne Waffe trägst als Minderjähriger, und mich weil ich dich mit zum Schießstand nehme.“

„Ich habe Papiere, also darf ich sie ganz offiziell tragen und bis jetzt habe ich nur 5 Schüsse in 3 Jahren abgegeben und keiner davon war tödlich, nur fast tödlich, denn ich habe ganz besondere Kugeln“, meinte ich und holte einen Kettenanhänger unter meinem T-Shirt vor, den man so nicht sehn konnte. Daran hing eine lange, spitze, scharfe, gekerbte Kugel.

„So sehen meine Kugeln aus. Sie durchdringen mit Leichtigkeit eine 30 cm dicke Beton-mauer und schaffen sogar 5 cm Titan. Das einzigste was ich noch nicht probieren durfte ist Diamant. So eine Kugel hat die Kraft eine menschliche Schulter samt Knochen zu durchdringen und danach noch weiter zu fliegen, bis sie entweder keine Kraft mehr hat oder in einem Gegenstand stecken bleibt. Es ist ein 8er Lager und ich habe nur 9 Kugeln, also diese hier mit gerechnet.“

„Du beeindruckst mich von Tag zu Tag mehr. Da sieht man wie wenig ich dich kenne, obwohl ich immer glaube dich gut zu kennen. Wo hast du eigentlich das Geld für solche Spielzeuge her?“

„Du kennst mich eigentlich schon ziemlich gut, nur eben weißt du wenig über meine Freizeitbeschäftigungen, aber die wirst du schon bald kennen lernen. Das was ich mir nicht selbst erarbeitet habe, habe ich gleich von Luca und Silvar in die Hand gedrückt bekommen. Allein $4500 sind meine 9 Kugeln wert, die musste ich mir erarbeiten. Meine Violine mit 100000 Franc hat Silvar mir sofort bezahlt. Wenn er einen Sinn hinter der Sache sieht, gibt er mir das Geld sofort. Die Hälfte von €10000 für meine Lady hat Luca mir sofort gegeben. Er meinte dazu, dass es auch in unserer Stadt unklug wäre ohne einen Schutz rum zu laufen. Er hat privat auch eine Zweitwaffe. Sieht einer von beiden einen pädagogischen oder selbst schützenden Sinn hinter etwas, bekomme ich das Geld sehr schnell. Ist es aber was Sinnloses muss ich es mir erarbeiten oder auch wenn es Beträge ab $1000 sind. Ihre Denkweise mir Geld zu geben ist recht einfach.“

„Lass mich zusammenfassen. Silvar gibt dir Geld, wenn er es für pädagogisch wertvoll hält, sprich Schulsachen, Musikinstrumente, Kunstzubehör, etc. Und Luca gibt dir sofort das Geld wenn es für den Selbstschutz gedacht ist, wie eine Waffe, zum Beispiel. Und wenn es keines von beide ist oder es sich in einem niedrigem Preisniveau hält, musst du es dir erarbeiten.“

„Genau. Ok, meine Waffe hat Luca mir nicht ganz bezahlt, eben nur die Hälfte. Aber bis $10000 hält sich alles in einem niedrigen Niveau.“

„Du bist wirklich faszinierend.“

„Danke schön“, lächelte ich und gab Kain einen Kuss auf die Wange. Er wurde leicht rot und sah weg. Gabriel und ich, wir kicherten vor uns hin.

„Verzeihung, das Mittagessen ist angerichtet“, teilte uns einer der Hausmädchen mit.

Wir nickten und folgten ihr zurück ins Haus.

„Ihr macht euch also einen schönen Tag, während wir hier schuften!?“ schmollte Silvar gespielt und sah uns an.

„Wenn du dich zur Arbeit treiben lässt, ist das nicht mein Problem. Überhaupt bin ich noch arbeitsungeeignet“, grinste ich und deutete auf meine Schulter.

„Vorlaute Gusche!“

Frech streckte ich ihm die Zunge raus und setzte mich.

Wir fingen an zu essen.

„Habt ihr immer noch über Tiger gesprochen?“ fragte Mel.

Ich ließ mal ganz schnell meinen Fuß aus Kains Nähe verschwinden und meinte: „Nein, wir sind dann auf das Thema Geld und Musik zu sprechen gekommen. Ich habe erzählt, dass ich eine Violine besitze.“

„Das ist ein wirklich schönes Instrument.“

„Wenn wir wieder zu Hause sind, kann ich ja mal was vorspielen.“

„Ja. Und worüber habt ihr sonst noch geredet?“

„Über alles Mögliche. Auch so über Preise einzelner Ding die ich besitze. Meine Violine zum Bespiel hat 100000 Franc gekostet.“

„Das ist ´ne Menge Geld.“

„Ich musste es ja nicht bezahlen, es wurde mir bezahlt.“

„Und wer war der edle Spender?“

„Der da“, meinte ich und nickte zu Silvar rüber.

„’Der da’ hat auch einen Namen“, murrte er und sah zu mir rüber.

„Dann eben dieses Ding da namens Silvar.“

„Die drei Jahre haben dir nicht gut getan.“

„Ich bin nicht weggegangen.“

„Wenn es nach mir gegangen wäre, wären wir auch nicht weggegangen, aber es war ja nicht meine Wahl.“

„Wenn ich es nicht besser wüsste würde ich sagen, dass die beiden mit einander verheiratet wären. Sie streiten wie ein altes Ehepaar.“ flüsterte Luca Mel zu und dieser nickte.

Silvar und ich, wir blickten zu den beiden und funkelten sie böse an.

„Steckt mich mit diesem Gör nicht unter eine Decke!“

„Ehr würde ich sterben, als dass ich mich mit ihm abgeben würde!“

„Statistik bevor wir gingen: 7 Tage im Jahr vertragen sie sich. 51 Wochen streiten sie sich“, seufzte Luca und aß weiter.

„Statistik seid ihr wieder da seit: 2 Tage, wenn’s hoch kommt, im Jahr vertragen sie sich. 51 Wochen und 5 Tage streiten sie sich“, meinte Kain und erntete ebenfalls zwei böse Blicke von uns.

„Ist doch wahr. Ihr vertragt euch nur, wenn ihr was von einander wollt. Ansonsten streitet ihr ständig.“

„Das ist unsere Sache.“

„Ihr geht uns damit aber auf die Nerven. Euch beiden beim Streiten zu zuhören ist nicht gerade ein toller Zeitvertreib. Ich habe eigentlich gehofft, dass ihr euch wenigstens beim Essen vertragen könntet.“

Geschlagen blickten wir nach unten. Lucas Worte hatten gesessen.

„Wenn ihr bis Ende des laufenden Schuljahres noch einmal streitet, dann erlebt ihr mich mal in Fahrt und die Strafe die ihr dann bekommt, könnt ihr euch in euren kühnsten Träumen nicht ausmalen. Ich möchte das ihr beide darauf acht gebt“, sagte er und blickte zu Gabriel und Cassy. Sie nickten beide.

„Die einzigste Ausnahme, was aber auch kein Streit ist, ist eine Diskussion im Unterricht. Alles andere ist ein Streit und wird Folgen haben. Und dank euch beiden ist mir nun endgültig der Appetit vergangen“, sagte er ruhig mit arktisch kalter Stimme. Dann stand er auf und verließ den Raum. Nun herrschte ein tiefes Schweigen zwischen uns allen. Nur das Klappern des Besteckes durchbrach die Stille. Nach dem Essen verließen uns die Bergs leider schon wieder. Wir verabschiedeten sie und gingen dann alle wieder getrennte Wege, vor allem Silvar und ich. Kain ging wieder zurück ins Haus und eilte nach oben zu Luca; Mel ging mit Cassy und J.B. in den Garten; Silvar verkroch sich in sein Zimmer und Gabriel und ich, wir setzen uns auf die Stufen vor der Eingangstür und schwiegen uns an. Es dauerte eine ganze Weile bis einer von uns die Stille unterbrach.

„Warum könnt ihr euch nicht vertragen?“

„Ich weiß es nicht. Eigentlich passen wir super zusammen. Aber bei uns mag das nicht klappen. Wir haben in vielen Dingen etwa die gleichen Ansichten, doch haben wir auch viele über die wir verschiedener Meinung sind und gerade diese beziehen sich meist auf unser Alltagsleben. Natürlich haben die 3 Jahre einiges ausgemacht, da ich nicht mehr unter seiner Kontrolle stand, aber sie waren auch wieder nicht so gravierend, denn wir haben fast jeden Tag mit einander telefoniert. Ich glaube Luca hatte mal raus gehauen: ‚E.T. nach Hause telefonieren.’.“

„Ja, das war Luca. Ich hab mich gekringelt vor Lachen, da ich ja daneben saß.“

„Du warst nicht zu überhören.“

Gabriel wurde etwas rot um die Nase und lächelte leicht. Er lehnte sich an meine Schulter und schloss die Augen.

„Was würde beim Zimmerexperiment passieren?“

~~~

Als Info nebenbei: ein Zimmerexperiment läuft wie folgt ab: Zwei Leute werden in einen Raum gesperrt wo es nur zwei Betten gibt. Dreimal am Tag gibt es was zu essen. Sie müssen solange dort bleiben bis sie sich wieder vertragen bzw. ihre Probleme geklärt haben.

~~~

„Entweder wir zerfleischen uns gegenseitig, schweigen für alle Ewigkeit oder im besten Falle, vertragen wir uns wieder, auch wenn es nur zum Schein ist.“

„Drittes ohne Nebensatz wäre natürlich, was wir alle wollen.“

„Ich denke aber ehr an das Erste.“

„Wir werden uns nicht gleich zerfleischen, so sehr hassen wir uns nun auch wieder nicht.“

„Was soll’s. Ich denke nicht, das Luca das Zimmerexperiment wählen wird.“

„Sei dir da nicht so sicher. Eine Strafe die wir uns in unseren kühnsten Träumen nicht vorstellen können kann nur Zimmerexperiment oder schlimmer sein.“

„Es geht schlimmer?“

„Ja, Schatz. Du lebst mit Luca zusammen und müsstet ihn doch eigentlich besser kennen als ich.“

„Bis jetzt war er noch nie so in Fahrt gewesen und gibt auch so selten Strafen aus.“

„Stimmt. Eigentlich ist das Silvars Part. So kalt wie heute habe ich ihn noch nie erlebt. Er hat mir wirklich etwas Angst gemacht.“

„Magst du beide gleichviel?“

„Natürlich, so schrecklich Silvar auch sein kann. Also es hält sich natürlich die Waage. Es gibt Dinge die mag ich sehr an ihnen, es gibt aber auch Sachen die mag ich überhaupt nicht.“

„Und was magst du an wem?“ fragte daraufhin Gabriel.

„An Silvar mag ich sehr, dass er so diskussionsfreudig ist. Man kann lange interessante und sehr aufschlussreiche Gespräche mit ihm führen. An Luca mag ich sehr, dass er lieb und freundlich ist. Er strahlt wie eine Sonnenblume und steckt alle damit an. In seiner Nähe muss sogar ich lächeln und ich mag ihn natürlich auch sehr, weil er Polizist ist und mich und meine Freizeitbeschäftigung versteht.“

„Du hast bei Luca aber eins mehr genannt als bei Silvar.“

„Bei Luca gibt es diese beiden großen Sachen, bei Silvar gibt es eben nur dies eine große, aber dafür noch viele kleine Sachen. Er liebt genauso wie ich Tiere, Musik, Kunst, Biologie und Geschichte. Und genau darauf bauen unsere Diskussionen ja auf. Und Luca ist einfach… na ja er ist… Er ist der perfekte große Bruder. Er versteht einen in seinen Wünschen und Träumen und hilft auch dabei, sie zu verwirklichen. Ich habe keine 5 Sätze gebraucht und ich hatte meine Waffe. Das fand ich einfach nur hammergeil von ihm und hab ihn dafür einfach mal zu Boden geknuddelt. Das würde ich mir bei Silvar niemals erlauben. Ok, er bietet mir auch nur selten Gründe dafür, aber als er gesagt hat, dass er mir die Violine bezahlt war ich total happy und habe den ganzen Tag vor mich hin gegrinst.“

„Stimmt, das weiß ich noch, da konntest du nicht richtig reden, weil du einen Krampf hattest“, grinste Gabriel.

„Das war nicht witzig!“ gab ich schmollend zurück und knuffte ihn.

Er lachte und lehnte sich nach hinten. Es war ein Stück zu weit und er fiel um, allerdings landete er nicht auf dem Boden, sondern an Lucas Beinen, der mit Kain zusammen hinter uns stand.

„Ähm…“ stotterte ich und sah zu den beiden hoch.

Gabriel saß sofort wieder aufrecht da.

„Sehr interessantes Gespräch, erzählt ruhig weiter“, meinte Luca mit einem warmen Lächeln.

Das verwunderte mich nun etwas sehr.

„Du könntest mal über das reden, was dir weniger gefällt.“

Ich schüttelte nur den Kopf und suchte mir einen Fluchtweg.

Der Grünäugige hockte sich hinter uns, sah von einem zum anderen.

„Ich hab euch sehr lieb“, lächelte er lieb und schloss uns in die Arme.

Wir beide waren noch immer etwas verwirrt, was auch unsere Gesichter deutlich zeigten, hielten Luca jedoch nicht davon ab und zu knuddeln.

\\Nur gut das Cassy nicht hier ist.\\ dachte ich. Jedoch sollte mir dieser Gedanken nicht vergönnt bleiben. Nur wenige Sekunden später hörte ich ein Fipsen und als ich nach vorn blickte sah ich Cassy mit ihrer Videokamera vor uns stehn.

Ich dropste. „Tu das Ding weg.“

„Ach lass sie doch.“

Ein Murren kam von mir und ich sah wieder weg.

Dann ließ Luca wieder von uns ab und stand auf.

„Oh ha, 5 Minuten lang kein Blut in den Beinen zu haben ist arg.“

„Ein schönes Gefühl, wenn es anfängt mit kribbeln“, grinste ich frech.

Luca verpasste mir ´ne Kopfnuss. „Das finde ich nicht so witzig!“ fiepste er und schmollte.

Alle mussten lachen. Auch er selbst lachte mit.

Angelockt von unserem Gelächter kam auch Silvar wieder aus dem Haus.

„Da bist du ja. Ich hab dich gesucht“, sagte Kain und drehte sich zu ihm.

„Ich war in meinem Zimmer. Was wolltest du denn?“

„Heute Vormittag habe ich mich mit Yue über Tiger unterhalten und er erwähnte, dass du ein Skelett hast. Ich würde es zu gern mal sehen. Darf ich?“

„Natürlich. Komm mit“, meinte er mit einem leichten Lächeln.

Zusammen gingen beide rein und ließen uns draußen stehn.

Allesamt glubschten wir den beiden wie Fische nach.

„Ich bin beeindruckt von Kain. Er kann echt jeden aufmuntern.“

„Euch beide muss man nur aufs richtige Thema ansprechen und ihr labbert wie Wasserfälle.“

„Ach ja? Dann teste es mal an mir aus.“

„Ok. Lucaaaaaaaaa? Ich würde mir zu gern Sonnenblumen in den Garten pflanzen. Kannst du mir da helfen?“

Er schnappte meine Hand und zog mich Richtung Garten.

Gabriel lachte. „Yue ist der Beste. Er weiß immer wo er sie packen muss.“

„Ich frage mich, ob das bei uns auch so einfach geht?“

„Lass es doch mal von Yue testen, Mel.“

„Ich merke es mir vor. Nur mit was?“

„Lass das mal mein Problem sein. Es gibt da nämlich was, was er nur zu gern haben möchte, aber noch das Einverständnis der Eltern braucht.“

„Und was soll das sein?“

„Lass dich überraschen.“

„Ich glaube zu wissen was es ist“, mischte sich J.B. ein und malte mit dem Finger ein Muster auf Mels Oberarm.

„Nicht verraten. Behalte es für dich“, meint Gabriel und zog Cassy zu sich, die direkt neben ihm stand. Er wollte wissen, was sie gefilmt hatte.

Nach einer geschlagenen Stunde kamen Luca und ich wieder zu ihnen. Sie saßen nun schon zu viert auf der Treppe.

„Ihr hättet euch auch eine Bank suchen können.“

„Hier ist es doch bequem.“

„Sind Silvar und Kain schon fertig?“

„Siehst du sie hier?“

„Nein.“

„Dann sind sie auch noch nicht fertig.“

„Ich geh mal nach ihnen gucken, nicht das Silvar schon dafür gesorgt hat, das Kain sein Essen wieder hoch kommt“, meinte ich und eilte ins Haus.

Mit wenigen Schritten war ich die Treppe oben und ging zu Silvars Zimmer.

Ich klopfte an und wartete auf Antwort.

„Herein, wenn es kein Yue ist.“

„Aha ha ha“, murrte ich und betrat den Raum.

„Das war ein Witz. Du weißt, dass ich nichts dagegen habe, wenn du hier rein kommst.“

„Wow, du lebst ja noch.“

„Was hast du denn erwartet?“

„Das du dich übergibst.“

„Es war knapp. Fast wären wir wieder auf das Thema zu sprechen gekommen.“

„Du wolltest es von mir wissen.“

„Ist doch ok, aber einmal reicht mir vollkommen.“

„Geht es heute oder morgen nach Hause?“

„Anders gefragt, Silvar, wollen wir heute oder morgen nach Hause? Eigentlich ist morgen vorgesehen, aber von mir aus können wir auch schon heute fahren, wie es der Mehrheit beliebt.“

„Dann sollten wir die Mehrheit fragen gehn.“

Zusammen gingen wir runter und bleiben hinter den anderen stehen. Kain stand hinter Mel, Silvar hinter Luca und ich stand hinter Gabriel. Wir hockten uns still runter und sagten im Chor: „Buhh!“

Alle 5 schrieen auf und standen auf der Treppe.

Wir drei lachten und saßen auf der Treppe hinter ihnen.

„Ihr Monster!“ fiepste Luca und sie stürzten sich auf uns.

„Ihr wart so schön ahnungslos und vertieft in euer Gespräch, da mussten wir uns doch irgendwie Aufmerksamkeit verschaffen“, lachte ich und hielt Gabriel davon ab mich zu kitzeln. Ich war zwar nicht kitzlig aber es musste ja nicht sein. Meine Schulter war immer noch etwas empfindlich.

„Das war trotzdem gemein von euch!“

„Als ob ihr das mit und nicht auch gemacht hättet!?“

„Sicher nicht.“

„Richtig, ihr hättet uns angetippt und so eine Schock versetzt.“

„Dass ist immer noch ziv…“ fing Luca an, verstummte aber durch den Kuss von Silvar.

Gabriel küsste mich und Kain Mel zur Versöhnung. Wir hatten es ja wirklich nicht böse gemeint.

Und Cassy hielt natürlich voll drauf und nahm alles auf. Nach drei langen innigen Küssen, jeder einen, erhoben sich dann wieder die Gewichte von uns und setzten sich wieder neben uns. Ok, alle ausser Gabriel. Der hüfte natürlich auf meinen Schoß.

„Wir wollten eigentlich fragen ob ihr morgen oder schon heute nach Hause fahren wollt.“

“Haben wir morgen Dienst?“

„Nachtschicht.“

„Wir fahren ja nur etwa 20 Minuten. Also mir ist es egal.“

„Morgen ist Sonntag, da muss ich nicht arbeiten.“

„Heute oder Morgen. Entscheidet euch.“

Es herrschte kurz schweigen.

„Morgen.“

„Geht doch.“
 

„Kannst du nicht mal in deinem eigenen Bett schlafen?“

„Nein. Wette ist Wette. Wenn ich dann zwei Wochen in L.A. bin, könnt ihr es soviel und so oft treiben wie ihr lustig seid, aber solange ich da bin, will ich schlafen. Glaubst du ich habe das ohne Grund so hoch angesetzt?“

Mel wurde bei meinen Worten hochrot und drehte das Gesicht weg.

„Du bist verdammt ehrlich“, meinte J.B.

„Ich spreche nur die Wahrheit aus. Ich meine, das ist genau der Grund, also warum soll ich ihn nicht aussprechen?“

„Weil du etwas Diskretion üben könntest.“

„Nach gut 8 Wochen soll ich noch Diskretion wahren? Seit ich mich nach meinem Bild ausgeschlafen hatte, hatte ich nur so direkt und offen darüber geredet, was ich durch die Wand höre. Und vor mir braucht ihr das nicht verbergen. Wegen mir braucht ihr euch auch nicht zurück nehmen. Wenn es mich stört, dann sage ich es schon. Aber bitte, wer kann bei solch wohlklingenden Tönen einschlafen?“

Nun war auch Kain hochrot angelaufen.

Von Silvar wurde ich nur angeglupscht und Luca schmunzelte vor sich hin.

Gabriel war auch leicht rot geworden, denn er hätte nichts dagegen gehabt mir mal so „wohlklingende“ Töne zu entlocken, doch bis das so weit sein wird muss er sich noch etwas gedulden müssen.

Auch J.B. grinste vor sich hin, denn solch eine direkte Wortwahl hatte er mir von Anfang an zugetraut.

„Ich rede nie um den heißen Brei herum.“

„Direkt sein ist doch vollkommen in Ordnung.“

„Allerdings sollte man(n) sich überlegen, wann man so direkt ist“, murmelte Mel.

\\Eigenltich diskutiere ich ja nicht mit ihm, aber das muss jetzt sein!\\

„Wir leben in einer modernen, aufgeklärten, teilweise offenen Welt zu fast allen Dingen und Gegebenheiten. In unserer kleinen Gesellschaft hier, die gerade sitzt bzw. steht, gibt es nichts an meinen Worten, was nicht direkt gesagt werden könnte. Aus dem Alter der Bienchen-& Blümchentheorie [1] bin ich raus und aus der Phase wo es heißt, dass der Klapperstorch die Kinder bringt, auch. Und ich weiß, dass jeder von uns hier auf Kerle steht, obwohl ich mir bei Cassy da nicht wirklich sicher bin, und ich weiß auch, dass, zumindest ihr vier, definitiv schon sehr oft Sex hattet und ich habe kein Problem damit, absolut nicht. Und keinem muss das peinlich sein darüber zu reden. Wir sind alle intelligente Menschen, sollte man meinen, nicht Gabriel? Und privat darüber zu reden ist nicht verboten. Selbst in der Öffentlichkeit darüber zu reden ist hier in Massachusetts nicht verboten. Und unsere liebe Cassandra wird das was sie hier gerade aufnimmt niemanden zeigen oder es war ihre letzte Aufnahme die sie je gemacht hat.“

„Ich zeige es niemanden, aber erzähl weiter.“

„Ich bin fertig. Was hat die Gegenpartei zu bieten?“

„Ich gebe es nur mit schweren Herzen zu, aber deine erste Argumentation, die du mir gegenüber machst, macht mich sprachlos, d.h. die Gegenpartei schweigt.“ Mel war platt.

„Ich liebe es zu gewinnen“, grinste ich und kuschelte mich an Gabriels Rücken.

„Silvar, hast du was zu sagen?“

„Siehst du meine Glubschaugen? Ich bin genauso sprachlos. Liefere solche Argumentationen in der Schule mal.“

„Nö, da wäre ja der Unterricht für die Idioten gelaufen. Alleinunterhalter im Unterricht zu sein macht keinen Spaß und bei dir spurt die Klasse doch sowieso. Ich führe einige interessante Diskussionen mit Schülern aus dem Literaturkurs. Das könnte auch dich interessieren.“

„Der Literaturkurs ist doch eine Stufe über dir“; kam die Antwort von Silvar.

„Das ist ein Grund aber kein Hindernis. Der Literaturlehrer ist auf mich zugekommen und hat sich bei mir bedankt, dass sie a) aufpassen und b) mit ihm reden und diskutieren über das was sie behandeln. Und er hat mir ein Eis ausgegeben. Dabei habe ich ihm mal meine Strategie etwas erläutert, wie ich Leute zum diskutieren bringe.“

„Du bist eine wirkliche Bereicherung für diese Schule.“

„Du aber auch. Ich hab gehört, dass die Schüler die du unterrichtest schon viel ruhiger und höflicher geworden sind. Und deine „Stehaufmännchen“ - Methode hat vor allem den Englischlehrern gefallen.“

„Wirklich? Das freut mich aber. Sie klagen ja über die meisten Probleme“

„Stehauf- was?“ fragte Luca leicht verwirrt.

„Stehaufmännchen- Methode. Ganz früher war es in britischen und amerikanischen Schulen so, dass die Schüler immer aufgestanden sind, wenn sie etwas sagen wollten. Es wurde abgeschafft.“

„Wie, leider auch, die Prügelstrafe“, warf Silvar ein.

„Was sagte ich gerade? Ach ja. Die Aufstehpflicht wurde abgeschafft, da das ganze System etwas renoviert wurde. Es gibt noch Schulen die das praktizieren, aber nicht mehr sehr viele. Silvar hält es so, dass jeder der etwas sagt aufsteht. Für Schüler die natürlich die Antwort nicht wissen, ist das ziemlich peinlich, wenn sie anfangen nervös zu werden, denn Silvar ist ein gnadenloser Lehrer.“

„Was wird noch von mir geschätzt?“

„Viele Lehrer fragen mich nach deinen Methoden, denn sie haben nach und nach mitbekommen, das wir uns kennen und das nicht nur schulisch. Ich habe ihnen ein paar deiner Tricks verraten. Zum Beispiel das mit den Hausaufgabenvergessern oder mit den Zuspätkommern. Um einem Mathelehrer zu erklären, warum das Meterlineal zerbrochen war habe ich gut 20 Minuten gebraucht.“

„Wie kann man so ein Ding kaputt machen?“

„In dem man es mehrfach auf einen Tisch knallt, wenn zwei Schüler sich unterhalten“, erläuterte Silvar und grinste.

„Das Lineal ist immer noch besser als der Schlüsselbund. Silvar wirft nämlich mit seinem Schlüsselbund nach Schülern.“

„Ich ziele aber grundsätzlich nur auf Tisch, Hand und Mobiltelefone.“

„Mobiltelefone… das erinnert mich an eine Story mit Mr. Setels und mir. Ich hatte ihm von deiner Kleptomanie gegenüber Schülereigentum erzählt. An einem Dienstag hat er mich auf dem Flur gesehn, wo ich gerade zu einer Physikarbeit wollte und hat mich gebeten ihm zu folgen. Brav bin ich ihm nach gelaufen in den Chemievorbereitungsraum. Ich hatte ihn noch nicht richtig betreten, da sah ich eine riesigen Berg an Telefonen, MP3- Playern, CD- Playern und Co. Er hat mir gesagt, dass er das innerhalb von 2 Tagen eingesammelt hatte und unsere Schulregeln besagen, dass man abgenommene Gegenstände erst zum Ende des Halbjahres bzw. Schuljahres wieder bekommt. Ich hatte gefragt was so auf den Tonträgern drauf sei und da meinte er, dass ich es nachprüfen dürfe, wenn ich wollte. Da hab ich mich dann nach der Arbeit mit ihm in den PC- Raum gesetzt und ihm noch etwas über die moderne Technik gelehrt, während ich mal schnell die CDs und MP3s kopiert habe.“

„Du weißt schon, dass es Diebstahl ist?“

„Das ist kein Diebstahl, Dad, das ist sammeln von Beweisen. Es muss ja niemand erfahren, dass ich das gemacht habe.“

„So kann man es auch ausdrücken.“

„Zusammen haben wir die Sachen dann zum Direx gebracht. Der meinte, dass er noch nie soviel einkassierte Sachen bekommen hatte. Neben den technischen Sachen waren auch äußerst interessante Zettelchen dabei. Leider habe ich verpasst, wie er sie laut der Klasse vorgelesen hat.“

„Wenn die Schüler herausfinden, dass du das den Lehrern unterbreitet hast, dann hast du ein Problem am Hals.“

„Warum? Ich kann es ihnen problemlos erzählen. Wenn sie es umsetzten ist es nicht mehr mein Problem. Der ein oder andere Lehrer hat mich auch schon gefragt, ob ich mich nicht mal um die Sitzordnungen kümmern mag. Wenn das so weiter geht, regiere mehr ich die Schule, als der Direx.“

“Und wie läuft es so mit deinen Feinden?“

„Welche Feinde? Ach meinst du meinen möchtegern Piraten?“

„Eddi trägt die aus gutem Grund.“

„Ich weiß was darunter ist Cassy und seit wann nimmst du deinen Bruder in Schutz?“

„Schon gut. Erzähl weiter.“

„Seit ´ner Woche geht er wieder zur Schule und bis jetzt sind wir uns noch nicht wieder über den Weg gelaufen.“

„Das ist vielleicht auch besser so.“

„Die nächsten 3 Wochen sind jetzt schon Geschichte. Eine Woche lang Prüfung jeden Tag eine andere. Da fällt mir ein, unsere Prüfungen fallen ja auch auf Samstag und Sonntag.“

„Das machen wir schon irgendwie“, meinte Kain.

Die anderen sahen etwas verwirrt drein.

„Nichts Wichtiges. Privatsache.“

„Amerika ist komisch. Am Wochenende Prüfungen zu schreiben.“

„Diese Sonderegelung haben nur wenige Schulen und wir gehören dazu. Warum weiß ich nicht und interessiert mich auch nicht. Auf jedenfall 7 Prüfungen, 7 Tage, jeden Wochentag eine andere.“

“Reichenfolge?“

„Englisch, Mathe, Französisch., Deutsch, Biologie, Geschichte und Kunst/Musik.“

„Vor welcher hast du die meiste Angst?“ fragte J.B. interessiert.

„Mathe. Ich kann keine Mathe. Die anderen fallen mir sehr leicht. Sprachen sind meine Hobbys. Ich bin Musiker und Künstler und Bio und Geschichte sind einfach Leidenschaft.“

„Und bei euch?“

„Alles ausser Mathe. Das kann ich nun besonders gut“, meinte Gabriel.

„So lala. Ich hab mit nichts Probleme und bin in nichts perfekt“, erwiderte Cassy.

„Eine 5 kann ich mir bei meinem Zeugnis locker leisten.“

„Es muss aber keine 5 in Mathe werden.“

„Wir ackern doch schon was das Zeug hält, aber wenn es partout nicht in seinen Kopf rein will, ist Hopfen und Malz verloren.“

„Ja genau, stellt mich nur alle als dumm hin. Bei meinen Traumberufen und bei dem was ich studieren will brauch ich kein Mathe oder zumindest nicht so viel. Und selbst wenn, man muss in der heutige Arbeitswelt nur die 4 Rechenarten und etwas Prozentrechnung beherrschen, alles andere ist überflüssig oder sagt mir wo man jemals wieder Exponentialfunktionen braucht oder Gleichungssysteme. Wer Informatik, Mathematik, Chemie, Physik oder so etwas studieren will, lernst das im Studium eh noch mal, also bitte. Wozu brauche ICH, ein kreativ veranlagter Mensch, so viel komplizierte Mathematik?“

Gespielt fielen Cassy und Gabriel in Ohnmacht. Silvar verkniff sich, als Matheliebhaber, jeglichen Kommentar und die anderen waren einfach nur sprachlos.

„Heil dem der mir so ein gutes Argumentationsvermögen hat zu Teil kommen lassen“, grinste ich und betete kurz zum Himmel.

„Du bist einfach unschlagbar“, lächelte Kain und wuschelte mir durchs Haar, er saß mir am nächsten.

Ich fiepste freudig dun lehnte mich an ihn.

„Wenigstens einer hält zu mir und ist nicht so maulfaul wie ihr anderen.“

„Darauf kann man nichts erwidern“, meinte Silvar ruhig und musterte Kain.

„Dir geht’s gut, ne?“ fragte er leicht skeptisch.

„Klar geht’s mir gut.“

Links hatte er mich im Arm und rechts hatte er Mel und Gabriel saß auch schon fast auf ihm drauf.

Du kannst mir gern den Blauschopf abnehmen.“

„Nein lass mal. Du machst dich als Babysitter ganz gut.“

„Dann stell ich euch mal ´ne Rechnung.“

„Die Rechnung kannst du uns stellen, wenn Gabriel dann bei euch übernachtet.“

„Was geht denn dann in dem Haus ab?“

„Willst du nicht wissen“, grinste ich J.B. an.

Und wieder wurden Kain und Mel rot.

Ich liebte diesen Anblick von Mal zu Mal mehr.

~~~

Fassen wir es jetzt kurz zusammen. Den Rest des Nachmittags und Abends sprachen wir noch über alles Mögliche und ich erzählte noch ein paar Sachen aus der Schule. Die Zeit verging wie im Fluge und nun ist auch schon meine Schreibzeit wieder um.

Morgen wird es sicher nicht viel zu berichten geben.

Dein dich über alles liebender,

Mond.



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