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Children of Elements

Buch I - Freundschaft
von

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Ein friedlicher Tag

Jemand flog durch den Wald.

Auf einem Drachen flog er in atemberaubender Geschwindigkeit zwischen den Bäumen hindurch.

Als sie wieder einmal so nahe an einem Baum vorbeigezischt waren, dass er dachte, jetzt wäre alles aus, hielt Fynn es nicht mehr aus. Er legte stöhnend den Kopf auf Xankirs Rücken, drückte sein Gesicht an die warmen Schuppen und schloss fest die Augen, in der Absicht, sie erst wieder zu öffnen, wenn sie endlich gelandet waren.

„Es ist nicht mehr weit“, ertönte Xankirs beruhigende Stimme.

Obwohl der Drache versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen, wusste sein Freund, dass er sehr müde war.

Sie waren die ganze Nacht durchgeflogen, hatten Umwege über Berge und Seen genommen – alles aus Angst, der Fürst würde ihnen folgen und sie würden ihn direkt zum Versteck des Drachenclans führen.

Inzwischen brach bereits die Morgendämmerung an.

Fynn war gerade dabei einzuschlafen, als Rorax’ Stimme ihn hochschrecken ließ. Er hatte nicht verstanden, was der Wasserdrache gesagt hatte, doch als er zwischen Xankirs Hörnern nach vorne blickte, wusste er, was der blaue Drache gemeint hatte.

Vor ihnen erhob sich der Berg, in dem der Drachenclan zuhause war.
 

Gerade als die Sonne über einen der umliegenden Berge spähte, landeten die Drachen samt ihrem Passagier vor dem, hinter Gebüsch gut verstecktem, Höhleneingang, der tief in den Berg führte.

Ein Fauchen drang aus dem Gebüsch.

„Wir sind’s, Rorax und Xankir. Fynn haben wir auch mitgebracht“, antwortete Xankir.

Ein Schnauben wurde hörbar – sie durften eintreten.

Schnell gingen sie hinein.

Fynn, der inzwischen von Xankirs Rücken abgestiegen war, sah sich neugierig um. Als er das letzte Mal hier gewesen war, hatte es ihn nicht sehr interessiert, wie Drachen so leben, zu tief hatte der Schock über Rorax’ Tod gesessen. Doch jetzt inspizierte er jede Ecke. Das Erste, was er sah, als sie das Gebüsch hinter sich gelassen hatte und sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, war ein weißer Drache – ein Luftdrache – der neben dem Höhleneingang Wache hielt. Er sah Fynn an und sein langer Schwanz zuckte unruhig.

Fynn blickte ihm in die eisblauen Augen und sagte freundlich: „Hallo, wie geht’s?“

Der Drache blinzelte überrascht, doch dann nickte er ihm zu und Fynn hätte schwören können, dass dabei ein Lächeln über sein Gesicht gehuscht war.

Dann begrüßte der weiße Drache Rorax und Xankir indem er sie leise anknurrte. Xankir sagte Fynn, dass der Wächter Rax heiße.

Rorax war, nachdem er wiedergeboren wurde, schon einmal hier gewesen, daher war Rax nicht im Geringsten überrascht, ihn zu sehen.

Während sich die Drachen unterhielten, hatte sich Fynn umgeschaut und nach der Quelle des seltsamen weißen Lichtes gesucht, das den Gang, der sanft ins Berginnere hin abfiel, erhellte. Er entdeckte dünne Pflanzen an den felsigen Wänden und auch am Boden, die die Wände hochkletterten und von denen dieses Licht auszugehen schien. Sie hatten keine Blüten oder Knospen, nur flache Blätter an langen Stielen, die sich an die Felsen schmiegten.

Rorax und Xankir hatten sich von Rax verabschiedet und bemerkt, dass ihr Freund die Pflanzen verwundert anstarrte.

Während die drei dem Weg folgten, erklärte Rorax, dass diese Pflanzen von den Drachen „Sanduku“ genannt wurden. Warum sie leuchten, hatte bisher noch niemand herausfinden können, doch sie wuchsen überall dort, wo niemals etwas wächst – in völliger Dunkelheit und an felsigen Wänden, die eigentlich keinerlei Nahrung boten. Ein weiteres Geheimnis dieser Pflanzen war, dass sie, sobald sie von den Wänden abgepflückt wurden, aufhörten zu leuchten. Die Drachen glaubten daher, dass sie Lebewesen waren, die man tötete, wenn man sie von der Wand entfernte und ließen sie wachsen, wo sie wollten.

„Aha“, sagte Fynn, hockte sich vor eine Sanduku-Pflanze, die aus dem Boden wuchs und strich vorsichtig mit den Fingerspitzen darüber. Ihre Blätter waren samtig weich und warm.

Dann zog er erschrocken die Hand zurück.

Die Pflanze bewegte sich!

Sie strahlte heller und reckte sich eindeutig in Fynns Richtung, als wollte sie ihn bitten, sie noch einmal zu berühren.

Der Junge blickte seinen Freunden nach, die ohne ihn weitergegangen waren und nicht bemerkt hatten, was passiert war. Dann sah er wieder die langstielige Pflanze an, die ihm immer noch ihre handtellergroßen Blätter entgegenstreckte.

Ein weiteres Mal strich er sanft über eines ihrer Blätter, beobachtete, wie die Pflanze erneut aufleuchtete und rannte dann – nicht ohne sich noch einmal umzublicken – den Drachen hinterher.

Das Nächste, das er bemerkte war, dass sogar Drachen so etwas wie Wohnungen hatten. Links und rechts im Gang gab es immer wieder neue Eingänge zu weiteren Höhlen. Viele hatten Vorhänge aus Sanduku-Pflanzen, ein paar wenige hatten keine „Haustüren“ und ein einziger Höhleneingang hatte zwei Decken als Haustüre. Decken, wie nur Menschen sie hatten, aus Leinen. Fynn blieb davor stehen und starrte sie ungläubig an. Sie sahen aus wie…

„Ja, das sind deine, Fynn“, sagte Xankir mit einem leisen Lachen in der Stimme.

Fynn hatte damals die beiden Decken, die er für Jani und sich mitgenommen hatte, beim Drachenclan vergessen.

„Sieht so aus, als hätte sie deine Mutter zweckentfremdet, Xankir“, lachte Rorax.

„Sie kann einfach nichts wegwerfen“, seufzte der Erddrache mit gespielter Verzweiflung.

„Das habe ich gehört“, ertönte es hinter den Decken.

„Mama!“, rief Xankir, als der Kopf eines Drachen zwischen Fynns Decken erschien.

Der Junge sah Xankirs Mutter erstaunt an. Sie war ein Wasserdrache! Wie ging denn sowas?

Inzwischen hatte Xankirs Mutter die drei hinein gebeten.

Innen sah es aus, wie draußen. Ein langer Gang, von Sanduku-Pflanzen erhellt, von dem mehrere Gänge abzweigten, die wahrscheinlich in die verschiedenen Zimmer führten.

Nachdem Xankirs Mutter die beiden anderen Drachen begrüßt hatte, stupste sie auch Fynn freundlich ihre Nase in den Bauch.

Fynn nickte ihr leicht verlegen zu.

„Lasst uns doch in den Großen Raum gehen“, schlug Xankirs Mutter dann vor.

Der Große Raum war sozusagen das Wohnzimmer aller. Es war eine riesige Aushöhlung am Ende des Langen Ganges, der direkt vom Eingang dorthin führte und von dem die „Wohnungen“ der Drachen abzweigten.

Als die vier den Großen Raum betraten, schlug ihnen Wärme entgegen. Hatte Fynn eben noch auf dem kühlen Gang gefroren, so fühlte er nun, wie sich seine Muskeln entspannten.

Es waren immer Drachen hier, vor allem die Kijana wurden hier untergebracht und schliefen auch hier.

Die Körper der Drachen gaben Wärme ab und die speicherten die felsigen Wände. Daher war dies der perfekte Ort für alte Drachen und Kijana, die sich schnell erkälten konnten.

Als die vier eingetreten waren, hatten die anderen Drachen die Köpfe gehoben, scharten sich um sie und begrüßten die Ankömmlinge freundlich.

Dann traten die Drachen zur Seite um Rynd, den Clanältesten, durchzulassen, einen Erddrachen, dessen grüne Schuppen schon stumpf geworden waren und der einen dunkelbraunen, langen Bart hatte. So wie alte Menschen gebückt laufen, so hielt Rynd den Kopf stets gesenkt, als würde es ihm Mühe bereiten, ihn zu heben; dadurch konnte Fynn ihm direkt in die Augen blicken, während er hoch schauen musste, um Xankir, Rorax, oder einem anderen Drachen ins Gesicht zu sehen.

Was er sah, erschreckte ihn. Die Augen des alten Drachen waren milchig-weiß – er war blind.

Rynd streckte den vier Ankömmlingen die Schnauze entgegen, um sie zu beschnüffeln. Der Reihe nach stupsten Xankirs Mutter, Xankir und Rorax seine Schnauze mit ihren Nasen, sodass er sie an ihrem Geruch erkennen konnte.

Als Rynd bei Fynn ankam, legte ihm dieser die Hand auf seine schuppige Nase.

„Ah, der Mensch ist wieder da“, sagte Rynd langsam.

„Ja“, antwortete der Junge schüchtern. „Wie geht es Euch?“

Ein Lächeln trat auf das Gesicht des Alten und ließ ihn jünger aussehen.

„Wie es mir geht fragst du? Nun ja, ich denke dafür, dass ich hier der Älteste bin, ganz gut“, sagte Rynd mit einem Lachen in der Stimme und rieb seinen Kopf liebevoll an der Schulter des überraschten und erfreuten Jungen.

Selbst die Drachen, die ihn eben noch misstrauisch angesehen hatten, sahen nun um einiges freundlicher aus. Fynn war von dem Drachenclan als Freund akzeptiert worden.

„So, nun erzählt mir, wie war eure Reise?“

Rorax, Xankir und Fynn sahen sich an. Dann begann der Wasserdrache vom Fürsten und seinen Jägern zu berichten, denen sie nur um Haaresbreite entkommen waren, und auch den fremden Drachen, der ihnen geholfen hatte, verschwieg er nicht.

Als er erzählte, wie seltsam sich Xankir verhalten hatte, blickte Xankirs Mutter ihren verlegenen Sohn erschrocken an und auch der Clanälteste machte ein eigenartiges Gesicht. Dann nickte Rynd in Rorax’ Richtung – er sollte weitererzählen.

Als der Wasserdrache geendet hatte, seufzte der Alte und meinte: „Ich werde über das nachdenken, was ihr mir erzählt habt. Aber jetzt solltet ihr euch ausruhen, ihr seid sicher sehr müde.“

Fynn hatte vor Aufregung total vergessen, wie müde er war, doch nun kehrte die Erschöpfung mit aller Macht zurück. Die Drachen führten sie in eine Ecke des Großen Raumes, in der eine Menge Moos und Stroh lag. Ein paar Kijana schliefen dort bereits unter den wachsamen Augen ihrer Mütter und Väter.

Die drei Freunde legten sich einfach dort, wo noch Platz war, hin und waren kurz darauf eingeschlafen.
 

Als Fynn nach einigen Stunden wieder aufwachte, spürte er etwas Weiches und Warmes, das sich an seine Brust gekuschelt hatte.

Er sah hinunter. In seinen Armen lag ein schlafendes Erd-Kijana. Aber es war nicht irgendeins.

„Jani“, flüsterte Fynn leise.

Jani öffnete die Augen.

„Oh, hab ich dich geweckt? Das tut mir leid“, entschuldigte Fynn sich schnell.

Doch das Kijana hatte nicht geschlafen, wie seine Mutter Fynn versicherte. Auch benahm Jani sich nicht, als wäre sie verschlafen.

Sie krabbelte auf Fynns Bauch, schleckte ihm über das ganze Gesicht und quiekte: „Fynn! FynnFynnFynnFynnFynn!!“

Davon wachten Rorax und Xankir auf. Als sie sahen, wie Jani überglücklich auf dem Jungen herumtrampelte und –hüpfte mussten sie sehr lachen.

Schließlich schob Janis Mutter ihre energiegeladene Tochter sanft aber bestimmt von dem Menschen herunter. Sie landete auf dem Rücken im weichen Moos. Fynn stürzte sich auf sie um sich zu rächen und kitzelte sie kräftig durch. Jani streckte alle viere von sich und zappelte. Xankir, Rorax und einige andere Drachen lachten Tränen.

Schließlich hatte sich Fynn genug gerächt und ließ von Jani ab.

Kurz darauf erschien Rax und teilte ihnen mit, dass die drei Freunde von Rynd erwartet wurden.

Erst wollte Jani sie nicht gehen lassen. Sie hängte sich an Fynns Hosenbein und jaulte. Doch Fynn versprach ihr, gleich, nachdem sie bei Rynd waren, mit ihr zu spielen und sie ließ die drei gehen.

Rynd erwartete sie in einer anderen Ecke des Großen Raumes, umgeben von mehreren, auch sehr alt aussehenden Drachen.

„Hier sind sie“, kündigte sie Rax an.

„Tretet näher“, sagte Rynd. „Wir, die Zee-Drachen, also die ältesten Drachen des Clans, haben eventuell eine Erklärung für Xankirs Verhalten diesem Fürsten gegenüber gefunden.“

Neugierig traten die drei Freunde in den Kreis der Drachen.

„Fynn?“, fragte Rynd.

„Ja“, antwortete der Junge, damit der Alte wusste, wo er stand.

„Wie hast du Xankirs Blut getrunken?“

Fynn fragte nicht, woher Rynd das wusste, sondern erzählte wie er Xankir kennen gelernt hatte.

„Und Xankir hatte damals absolut keine Angst vor dir?“, erkundigte sich einer der anderen Zee-Drachen, ein großer Wasserdrache.

Fynn und Xankir schüttelten die Köpfe. „Nein“, sagten sie, damit auch Rynd es hören konnte.

„Hast du davor schon einmal Drachenblut getrunken?“, fragte Rynd weiter.

„Ja“, sagte Fynn.

Die Drachen murmelten überrascht, es entstand Unruhe.

„Seid bitte still“, sagte Rynd. „Erzähle“, forderte er Fynn auf und dieser berichtete, was damals passiert war.

„Vor wie vielen Jahren war das, ungefähr?“, erkundigte sich Rynd.

„Ich weiß nicht genau. Ich war damals, glaube ich, elf Jahre alt. Also vor ungefähr neuen Jahren.“

„Xankir, ist nicht auch in diesem Jahr dein Vater von Jägern…“, fragte Rynd.

Xankir senkte den Kopf und nickte. Dann hob er ihn wieder und sah erst Rynd, dann Fynn überrascht und ungläubig an. „Ihr meint doch nicht… Ihr denkt doch nicht…?“, fragte er den Ältesten.

„Es würde erklären, warum du keine Angst hattest, Xankir. Es war dasselbe Blut. Und du hast gesagt, dein Vater hat das Blut seinem Herren geschenkt?“, wandte er sich wieder Fynn zu.

„Ja, aber was soll das heißen? Ich verstehe nicht…“

„Rynd will damit sagen…“, begann Rorax, „… dass das Blut, das dein Vater damals seinem Herren geschenkt hat und von dem du getrunken hast, von Xankirs Vater stammen könnte. Wenn man das Blut eines Elternteils trinkt, dann verlieren die Nachkommen jegliche Angst vor dem Trinkenden. Deshalb hatte Xankir keine Angst vor dir und auch nicht vor dem Fürsten.“

„Ach, deshalb hast du dich mir gegenüber so verändert, ich habe auch dein Blut getrunken und deshalb hattest du dein Misstrauen verloren“, sagte Fynn.

Rorax nickte.

Xankir blickte nachdenklich von einem zum anderen.

„Aber ich glaube trotzdem nicht, dass er uns etwas tun würde!“, rief er dann plötzlich.

Er sah den anderen Drachen trotzig ins Gesicht.

Rynd seufzte leise. Das könnte ein Problem werden.

Rorax und Fynn sahen ihren Freund besorgt und auch etwas ängstlich an.

„Xankir, mach ja keine Dummheiten!“, bat Fynn seinen Freund und zog ihn an einem seiner Hörner zu sich runter, um ihm in die Augen zu sehen.

Der Erddrache stupste ihn sanft aber bestimmt weg.

„Du musst dir um mich keine Sorgen machen…“, erwiderte er und sah über ihn hinweg.

„Xankir“, flüsterte der Junge leise, doch sein Freund hörte ihn nicht.

„Nun“, meldete sich Rynd wieder zu Wort. „Das war alles, ihr könnt nun zu eurer kleinen Freundin gehen.“ Er zwinkerte zu Jani, die ungeduldig hopsend in der Mitte des Großen Raumes auf sie wartete und immer wieder nach ihrem Freund rief.

Fynn und Xankir verabschiedeten sich von den Zee-Drachen, doch Rorax wollte noch kurz etwas mit dem Ältesten besprechen und so gingen sie alleine zu Jani, die Fynn erst einmal vor Freude umwarf.

Sie wollte unbedingt raus und spielen und Xankir und Fynn versprachen ihrer Mutter, gut auf sie Acht zu geben.

Am Höhleneingang stand wieder Rax. Er gebot ihnen, stehen zu bleiben und zu warten, bis er geprüft hatte, ob es auch ungefährlich war, das Versteck zu verlassen. Als er wieder hereinkam und ihnen beruhigt zunickte, blieb Fynn noch einen Moment stehen, um Rax zu fragen, ob er immer hier Wache halte und, wenn ja, warum er dann vorhin im Großen Raum war und nicht auf seinem Posten.

„Nein, nein“, war die Antwort, die Xankir übersetzte. „Ich bin nur einer von mehreren Wächtern. Ich war vorhin im Großen Raum, weil meine Schicht zu Ende war. Jetzt stehe ich wieder hier, weil mein Kumpel krank ist und mich gebeten hat, für ihn einzuspringen.“

„Ach so“, konnte Fynn nur noch sagen, da zog ihn Jani an den Hosenbeinen hinaus.

Sie rannten um die Wette, der Fluss im Tal war das Ziel. Die Wintersonne stand niedrig und so malten die umliegenden Berge lange Schatten auf die großen Wiesen, die sogar noch etwas Frost hatten. Die kahlen Bäume, die einen dichten Wald bildeten, wenn sie Laubkleider trugen warfen kaum Schatten.

Es war kalt und als die drei am Fluss angekommen waren, bildeten sich große, weiße Atemwölkchen vor ihren Gesichtern.

Jani streckte eine Kralle in das eiskalte Wasser und zog sie sofort quietschend wieder raus.

Dann spielten die drei Verstecken, wobei es schwer war, in dieser winterlich-kahlen Landschaft einen guten Platz zu finden. Doch Xankir und Fynn liefen oft, obwohl sie sie schon längst entdeckt hatten, mehrmals, laut ihren Namen rufend, an Jani vorbei.

Als Jani genug von diesem Spiel hatte, gingen die drei flussabwärts spazieren, bis sie an einen großen Wasserfall kamen. Als Fynn hinuntersah, wurde ihm leicht schwindlig und er trat schnell wieder einen Schritt zurück.

Xankir war der Meinung, dass es Zeit wäre, zurückzugehen, doch Jani wollte noch nicht gehen.

Sie verbiss sich in Xankirs Schwanz. Es tat zwar nicht weh, da die Haut dort sehr dick war und Janis Zähne nicht besonders lang waren, aber es war schwer, so zu laufen.

„Was willst du denn noch machen?“, fragte Xankir das störrische Kijana.

In dem Augenblick hörten sie ein Rauschen, Rorax kam angeflogen und landete direkt neben ihnen. Jani starrte ihn mit großen Augen an. Sie ließ Xankirs Schwanz los, tapste zu Rorax und rief: „Will auch!“

Rorax sah sie verständnislos an.

„Was willst du auch?“

Das Kijana streckte ihre Flügel, die sie bisher stets am Körper gefaltet hatte und jetzt erst konnte man sehen, wie groß sie im Vergleich zum kleinen Körper waren. Jani starrte sie an, als hätte sie so etwas Seltsames noch nie gesehen.

Sie machte drei kleine Hüpfer und schlug unbeholfen mit ihren Flügeln, ohne vom Boden abzuheben. Dann landete sie mit einem Plumps vor Rorax Vorderpfoten und schaute traurig an ihm hoch.

„Will auch!“

„Sie will fliegen lernen?!“, riefen Fynn und Xankir gleichzeitig.

Rorax lachte fröhlich und strich dem Kijana mit seiner Pfote über den Kopf.

„Ich fürchte, dafür bist zu noch etwas zu klein.“

Jani schaute ihn böse an. Sie wurde lauter: „Will auch!!“

„Ich denke, wir können ihr schon ein paar Grundkenntnisse beibringen“ meinte Xankir.

Jani wandte sich hoffnungsvoll zu ihm um. „Jaaaa!“

Fynn war sehr neugierig, wie Kijana das Fliegen lernten.

Xankir entfaltete seine Flügel.

„Siehst du, Jani, man muss, wenn man in der Luft schweben will, die Flügel schön waagerecht halten, so kann man große Strecken fliegen, ohne müde zu werden. Das macht man auch, wenn man nicht weit fliegen, sondern zum Beispiel einfach von einem Felsvorsprung herunter will.“

Jani machte es ihm nach.

„Gut!“, lobten Rorax und Fynn.

Wieder begann das Kijana auf und ab zu hopsen. „Fliegen, fliegen!“

„Nein Jani, um richtig zu fliegen bist du wirklich noch zu klein“, sagte Xankir ernst.

Jani knurrte. Dann lief sie, laut „Fliegen, fliiiiiiegen!!“ schreiend um Xankir herum und verbiss sich ein zweites Mal in seinen Schwanz.

„Jani! Wir wollen dich nicht damit ärgern. Es ist wirklich noch zu gefährlich! Ich habe auch erst fliegen gelernt, als ich zehn Winter alt war“, versuchte Rorax sie zu beruhigen.

Doch es war zwecklos, also gaben die drei auf und liefen flussaufwärts Richtung Drachenhöhle – Xankir mit einigen Schwierigkeiten, denn Jani hatte ihn noch nicht losgelassen.

Plötzlich blieb der Erddrache stehen.

„Was ist?“, wurde er gefragt.

Xankir drehte sich um. „Jani hat logela… Aaaaah!“

Rorax und Fynn drehten sich um.

Jani hatte Xankirs Schwanz losgelassen und rannte, die Flügel gespreizt in der Waagerechte zurück… auf den Rand des Wasserfalls zu.

„Sie wird doch nicht…?“, fragte Rorax noch total verdutzt.

„Nein!“, schrie Xankir und Fynn legte einen Blitzstart hin, dass die losen Steine, die am Ufer lagen, nur so durch die Gegend flogen.

Doch es war zu spät.

Jani kam am Rand an, machte einen kleinen Hopser und fiel über den Rand des Abgrundes.

Jetzt erst konnten sich die Drachen aus ihrer Starre lösen und rannten in mächtigen Sätzen hinter Fynn her.

Der war am Wasserfall angekommen und fing an zu schreien.

„Mehr nach links! Halt die Flügel gerade! Pass auf, du landest sonst im Fluss! Weiter liiinks!!!“

Die beiden Drachen sahen, als sie neben dem, Anweisungen schreienden Jungen angekommen waren… eine schwebende Jani.

Die Flügel weit ausgebreitet versuchte sie, immer wieder ein Stück absackend, Fynns Anweisungen zu befolgen.

Als der Junge die Drachen bemerkte, stieg er auf Rorax Rücken – Xankir war schon dem Kijana hinterher geflogen – und sie geleiteten Jani langsam zu Boden.

Xankir flog unter ihr, so dass er sie auffangen konnte, falls nötig. Sicher und wohlbehalten kamen sie unten an.

Zufrieden mit sich und der Welt plumpste das Kijana auf den Boden. Doch ihre Hochstimmung verflog im Nu. Ernste Blicke schienen sie zu durchbohren. Sie senkte den Kopf, zog den Schwanz ein und murmelte etwas, das wie: „Tsuldigung“ klang.

„Mit einem ‚Tschuldigung’ ist es nicht getan, Jani. Du hast uns sehr erschreckt“, begann Rorax ruhig. „Versprich uns, dass du das nie wieder machst, bis zu alt genug bist, fliegen zu lernen.“

„Tu ich“, antwortete das Kijana bedrückt.

„Oh man! Ich brauche erst einmal eine Pause!“, seufzte Fynn und ließ sich, wo er gerade stand, auf dem Boden nieder.

Rorax ging zum Fluss und trank, während Xankir einen kleinen Ast für Jani und einen großen für sich suchen ging, denn die beiden Erddrachen waren von der Aufregung sehr hungrig geworden.

Fynn sah neben sich einen weiteren Ast liegen. Er hob ihn auf. Sicher hatte Rorax auch Hunger. Doch als er Rorax den Ast anbot, lachte dieser nur.

„Was ist so lustig?“, wollte Fynn wissen.

„Ist es dir noch nie aufgefallen?“, kam Rorax’ Gegenfrage.

„Was?“

„Na, dass ich niemals etwas esse.“

„Was?! Nein. Aber jeder muss doch etwas essen.“

Wieder lachte Rorax. „Kennst du die Legende über die Entstehung der Drachen?“, wollte Rorax wissen.

„Ja.“

„Wer hat sie dir erzählt?“

„Xankir.“

„Hat dir Xankir auch über die Meinungsverschiedenheiten zwischen den Elementen erzählt?“

„Ja.“

„Wiederhol, was dir im Gedächtnis geblieben ist.“

„Nun…“, Fynn dachte angestrengt nach. „Die Götter waren sich uneins darüber, was für ein Wesen sie schaffen sollten.“

„Was haben die Götter genau gesagt?“ Rorax hörte nicht auf zu grinsen.

„Sie sagten…“ wieder überlegte Fynn. „Sie wollten… dass dieses Wesen… das, dass sie erschaffen wollten… von… von ihren Elementen lebten!“, dem Jungen war ein Licht aufgegangen. „Ach so, deshalb ernähren sich Xankir und Jani von Ästen, also von Holz, denn Holz und Pflanzen gehören zu der Erde, und du trinkst nur Wasser, weil das dein Element ist!“

„Richtig“, rief Rorax.

„Aber…“, Fynn war etwas eingefallen. „Das sich die Luftdrachen dann von Luft ‚ernähren’ ist mir klar, aber wie kommen die Feuerdrachen an Feuer?“

„Tja, DAS ist die besondere Gabe der Drachen, die sie von ihrem Herrn, Moto, bekommen haben.“

„Besondere Fähigkeiten? Davon habe ich noch nie gehört!“

„Nun ja, die Elemente gaben ihren Geschöpfen besondere Fähigkeiten mit auf den Weg, damit sie überleben konnten, zwischen all den vielen, raffinierten Menschen.“

„Und was ist jetzt die besondere Gabe der Feuerdrachen?“

„Sie können, als Einzige, Feuer spucken.“

„Bei den Elementen! Im Ernst? Das hat Xankir dann wohl vergessen zu erwähnen, als er mir die Legender der Erschaffung erzählt hat“, meinte Fynn ironisch.

„Du darfst nicht denken, dass er sie dir absichtlich nicht erzählt hat. Diese Fähigkeiten sind so normal und alltäglich für uns, sicherlich hat er einfach nicht an sie gedacht.“

„Kann sein“, meinte Fynn versöhnt.

„So, das war jetzt aber genug Aufregung für den Tag. Wir gehen besser heim, es wird schon dunkel“, rief in dem Moment Xankir.

Kaum hatte er geendet, ertönte Schnauben und Fauchen über ihren Köpfen und alle blickten auf.

Ein großer, grimmig aussehender, blutroter Drache schwebte auf sie zu.

„Was hat er gesagt?“, fragte Fynn Rorax.

„ ‚Ach hier seid ihr’ “, übersetzte der Wasserdrache leise. „ ‚Ich wurde geschickt, um euch suchen zu gehen. Man kann euch wohl keine Minute aus den Augen lassen. Erst schleppt ihr fast diesen Menschen-Fürsten hierher und ich muss euch retten, dann darf ich losziehen, weil ihr einfach mit einem Kijana abhaut und die Mutter mir die Ohren volljammert!’ “, übersetzte Rorax das Schnauben, Fauchen und Knurren, mit dem der Drache sie bedachte.

„Was?“ Du warst der Drache, der uns geholfen hat?“

„Ja, und übrigens: Ihr sollt sofort zu Rynd! Eine Patrouille hat euren anhänglichen Menschenfreund samt seiner Reiterschar nicht unweit von hier entdeckt!“
 

Das war dann wohl das Ende dieses friedlichen Tages.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Krio
2007-05-18T13:01:56+00:00 18.05.2007 15:01
boah dieser arschloch von fürst ej *_*


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