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Broken Sky

von

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2.kapitel

2

Risse und Sprünge
 


 

Der Tag ging allmählich in einen schwülen Abend über, als sie die Spitze des Felsrandes erreichten. Kia was als Erste da, Ryushi stapfte hinter ihr her. Die rote Kugel der Sonne war hinter die Berge im Westen getaucht. Lange Schatten durchschnitten die Landschaft, die ausgebreitet vor ihnen lag! Die Zwillinge blieben eine Weile stehen, so wie sie es immer machten. Sie blickten hinunter auf das hügelige Tal, in dem ihr Zuhause war. Das ganze Tal wurde von den Stallungen beherrscht. Sie bestanden aus einer Konstruktion aus verblasstem rotem Metall in Form eines gigantischen Rades. Daneben lag ein bedrohlich wirkender flacher, niedriger Bau, der so genannte Brüter. Auf der breiten künstlichen Lichtung standen Futtersilos, Arbeiterquartiere, Vorratsschuppen. Und dort, etwas abseits, stand das Wohnhaus, geschützt von einem Dach aus Wyvernschuppen.

Osaka Stud, ein verhältnismäßig kleines, jedoch profitables Gestüt, das von Ryushi und Kias Vater geleitet wurde, war ihre Heimat, die einzige, die sie je hatten.

„Ist er schon zurück?“, fragte Ryushi, wobei er die enge Straße in Augenschein nahm, die sich von der dicht bewaldeten Seite des Tals in das Gebirge hoch schlängelte und wegführte. Kia blinzelte gegen die Sonne und versuchte einige der Gestalten auszumachen, die eifrig zwischen den Gebäuden hin und her liefen. „ich glaube nicht.“ Sie lächelte. „Wir werden rechtzeitig da sein. Lass uns runtergehen.“

Ryushi stimmte mit einem müden Seufzer zu und folgte seiner Schwester. Sie gingen den staubigen Pfad hinunter, der am Felsrand entlangführte, schließlich in das Tal hineinbog und in den Wald eintauchte. Hier war die Luft stickig und feucht, aber sie kämpften sich weiter, bis die Bäume plötzlich den Weg freigaben und sie neben dem Brüter herauskamen. Von innen konnten sie das schwere dumpfe Poltern der Brennöfen hören. Ein Stallbursche, ein Junge in ihrem Alter, der Mitamo hieß, tauchte an der kleinen Metalltür seitlich des Gebäudes auf. Er winkte ihnen zu. Von der Hitze im Inneren des Brüters glänzte Mitamo vor Schweiß.

„He, Mitamo!“, rief Kia. „Ist Vater schon gekommen?“

„Noch nicht“, kam die fröhliche Antwort. „Er hat eine Nachricht gesandt. Er wird sich ein wenig verspäten!“

„Danke, Mitamo.“ Kia wandte sich an Ryushi. „Komm, besser wir räumen auf, bevor er eintrifft.“

Sie rannten zum Haus hoch. Auf ihren Weg winkten sie den Arbeitern zu, an denen sie vorbeikamen. Aber sie begegneten niemanden, den sie gut genug kannten, um stehen zu bleiben. Bald waren sie drinnen und aus der Sonne.

Ihr Haus war kühl und schattig. Das Überhängende Wyvernschuppendach schützte es vor dem Tageslicht. Zu dieser Tageszeit war niemand da; die Familie hatte sich um ihre Pflichten rund um die Ställe zu kümmern. Kia reklamierte für sich als Lohn für ihren Sieg beim Training das Recht auf das erste Bad. So war Ryushi gezwungen zu warten. Er schleppte sich die Treppe hinauf und ging in das Schlafzimmer, das er mit seiner Zwillingsschwester und seinem älteren Bruder teilte. Eine ganze Weile saß Ryushi auf der Bettkante und ruhte sich aus. Er fühlte sich erschöpft. Kia hatte Recht gehabt. Es fiel ihm verdammt schwer, es zuzugeben, aber er konnte seine Macht nicht so gut wie sie kontrollieren. Plötzlich stand er auf, zog sein Hemd über seinen Kopf und warf es aufs Bett. Dann stellte er sich mit den Rücken zu dem langen Spiegel, der an der Wand hing. Über die Schulter betrachtete er sein Spiegelbild.

Eingefasst in einen schmiedeeisernen Rahmen, zeigte der Spiegel einen Jungen von sechzehn Wintern. Der Körper war gebräunt. Unter einem Schopf dicker blonder Stachelhaare schaute ein Elfengesicht hervor. In seinem Rücken saßen, der Wirbelsäule folgend, sechs glatte elliptische Steine, jeder in einem klaren Himmelbau. Spiritsteine.

Er fasste an seinen Rücken und ließ seine Fingerknöchel über die kühle Oberfläche eines Spriritsteins wandern, als wollte er ihn auf Risse und Sprünge kontrollieren. Jetzt strahlten sie nicht wie sonst mit großem Glanz und innerem Feuer. Er tadelte sich selbst dafür. Spiritsteine waren so unzerstörbar, wie etwas nur sein konnte. Nein, mit den Steinen war alles in Ordnung. Er selbst war der Schwachpunkt. Er konnte sie nicht richtig unter Kontrolle halten. Zumindest noch nicht.

„Mach dir deswegen keine Sorgen.“ Kia stand im Türrahmen. Sie hatte sich geduscht und umgezogen. Ihr dunkelrotes, noch feuchtes Haar hatte sie zu einem Pferdeschwanz gebunden. Ryushi schrak zusammen und fühlte sich ertappt. Kia kam ins Zimmer und ließ sich auf ihr Bett fallen. „Das ist ganz normal, Bruderherz. Die meisten Leute müssen mit einem einzigen Spiritstein klarkommen. Nur wenige haben vier, du und ich, wir haben sechs, genau wie Takami. Es braucht eine gewisse Zeit, ihre Bedeutung und ihre Zusammenspiel zu erfassen.“

Ryushi wirkte nicht überzeugt und gab keine Antwort.

Kia kreuzte ihre Beine und sah ihn an. „Erinnerst du dich nicht, das Takami in deinem Alter dasselbe Problem hatte?“

Ryushi runzelte die Stirn. „Hatte er?“

„Aber sicher. Sein Problem war, das er unterschiedliche Steine hatte, aber im Prinzip war es dasselbe. Er wurde immer wahnsinnig, weil er es nicht schaffte, sie so einzusetzen, wie er es wollte. Erinnerst du dich, dass er uns beide hinaus in den Wald gejagt hatte, nur weil wir ihn eines Tages beim Training gestört hatten? Du weißt schon, als wir wetteten, wem es schneller gelänge, mit der Kraft der Steine eine Tasse Wasser zu erhitzen, und er das nicht schaffte?“

„Deshalb hat er uns davongejagt? Woher weißt du das?“

Kia lächelte verschmitzt. „Tante Susa hat´s mir erzählt, als ich ihr in der Küche geholfen habe. Dabei finde ich übrigens eine Menge Sachen heraus. Als wir tatsächlich im Wald verschwanden, hat er die ganze Lichtung mit einer Fackel nach uns abgesucht. Takami war in der Lage seine Kraft zu entfesseln, aber er hatte nie eine gute Kontrolle über sie. Genau wie du.“

„War er wirklich so schlecht?“

Kias Augen blitzten. „Einmal hat er so hart trainiert, dass er krank wurde. Er musste eine Woche im Bett bleiben. So etwas hast du noch nie gemacht.“

Ryushi grinste. Einen Moment lang war es still und er betrachtete sich selbst wieder im Spiegel.

„Das Wasser ist noch heiß“, sagte sie. „Beeile dich. Vater kann jeden Moment hier sein.“

Ja, okay“, sagte er und ging aus den Zimmer. Als er die Tür erreichte, blieb er stehen. „Danke, Schwester.“

„Keine Ursache! Ich weiß doch, dass es dir gut tut, wenn Takami mal keine gute Figur macht!“, antwortete sie. Manchmal konnte sie wirklich frech sein. Ryushi fühlte sich auf jeden Fall besser und ging ins Bad.
 

Er hatte sich gerade wieder angezogen, als Kia an die Tür pochte.

„Schnell sie sind da!“

Mit feuchten Haaren öffnete Ryushi die Tür des Badezimmers und folgte seiner Schwester, die bereits hinaus ins Freie gelaufen war.

In dem Moment, als der Klicktrack zwischen den Bäumen auftauchte und die gewundene Bergstraße hinunterfuhr, erreichten sie die Tore des Stallgeländes. Der Klicktrack war ein niedriges kastenförmiges Fahrzeug, etwa vier Meter lang und zweieinhalb Meter breit, das auf riesigen Ketten fuhr. Die Ketten klickten jedes Mal, wenn das Scharnier zwischen zwei Gliedern über das Führungsrad glitt - daher der ungewöhnliche Name.

Im Cockpit saß Ty, der junge Pilot ihres Vaters. Das Verdeck war offen. In Tys Gesicht spiegelte sich seine volle Konzentration. In dem Dominions - dem Königreich, in dem sie lebten und das sich südlich der berge ausdehnte un einen ganzen Kontinent umfasste, - waren Piloten nicht nur Fahrer ihrer Vehikel. Sie waren auch die Energietanks. Es gab keine transportablen Treibstoffquellen. Nur die Piloten trugen die speziellen grünen und schwarzen Spiritsteine, die die Maschine beherrschten und sie zum Laufen bringen konnten. Nur ihnen war es gestattet, der Pilotengilde beizutreten und Fahrzeuge wie den Klicktrack zu fahren.

Ty absolvierte seine Ausbildung bei Uji, dem Chefpiloten. Dieser lebte etwas weiter draußen in den Bergen. Kia mochte ty ziemlich gerne, aber er arbeitete so hart, das sie einander kaum sahen. Jetzt winkte sie ihm zu und lächelte, als er sie bemerkte und zurückwinkte. Ryushi blickte mit einem etwas gequälten Gesichtsausdruck von ihr zu ihm und wieder zurück zu ihr. Bevor der Klicktrack die Tore erreichte, streckte ihr Vater den Kopf aus dem Seitenfenster. Einen Moment später glitt die Tür auf. Er sprang aus dem nun langsam fahrenden Vehikel, rannte auf Ryushi und Kia zu und umarmte sie beide.

„Meine Kinder! Wie ist es euch ergangen?“

„Wir hatten es gut, Vater“, antwortete Kia strahlend.

„Aber was ist mit dir? Wie war es in Tusami City?“

„Ach, du weißt schon, Geschäfte.“ Er machte einen Schritt zurück und betrachtete die Zwillinge mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht. Sein Name war Banto. Er ein Bär von einem Mann, hatte einen braunen, leicht angegrauten Bart und breite Schultern. Seine Augen aber strahlten und sein Gesicht war voller Lachfalten. „Jedes Mal, wenn ich wegfahre, scheint ihr beide in meiner Abwesenheit doppelt so groß zu werden.“

„Vater!“, rief Kia in gespieltem Entsetzen. „Sag das nicht! Ich bin in einem zarten und empfindlichen Alter.“

Er lachte tief und bebend. „Du weißt, was ich meine, Kia. Erlaube einem dummen alten Mann seinen merkwürdigen Humor.“

Hinter ihm war der Klicktrack zum stehen gekommen. Takami stieg aus und kam mit langsamen, gemessenen Schritten auf sie zu. Er war groß und schlank, hatte das dunkle Haar des Vaters- es fiel lang und elegant um seine Schultern -und die sanften Gesichtszüge der Mutter. Es war in düsterem Schwarz und Purpur gekleidet. Seine Stiefelabsätze knirschten, als er sich neben Banto stellte.

„Willkommen daheim, takami“, sagte Ryushi frostig.

Takami lächelte ihn etwas gehässig an. „Sei gegrüßt, kleiner Bruder“, sagte er, wobei er ganz genau wusste, wie sehr Ryushi diese Anrede reizte.

„Sollen wir ins Haus gehen?“, schlug Kia vor, die die Spannung spürte. „Der Rest der Familie würde . . .“

„Oh, das hätte ich fast vergessen“, unterbrach Banto sie. „Ich habe eine Überraschung für euch beide. Takami, würdest du bitte unser kleines . . . Mitbringsel holen?“

Takami verbeugte sich steif und in formeller Manier und ging zu dem Klicktrack zurück. Kia und Ryushi reckten gespannt ihre Köpfe. Aber dann spiegelte sich Überraschung auf ihren Gesichtern, als Takami einem jungen Mädchen von nicht mehr als acht Wintern die Hand reichte und beim Aussteigen half.

„Das ist Elani!“, sagte der Vater zu den Zwillingen, während das Kind noch außer Hörweite war. „Sie wird eine Weile bei uns bleiben. Ich möchte, dass ihr auf sie aufpasst. Sie ist ein ganz besonderes Mädchen.“

Als Elani vor ihnen stand, beugte Banto sich zu ihr hinunter und legte seine massigen Arm um ihre Schultern

„Elani, das sind Ryushi und Kia. Sie werden sich um dich kümmern, solange du hier bist.“

„Hi, Elani“, sagte Kia und hockte sich vor Elani hin, um ihr gerade ins Gesicht sehen zu können. Große blaue Augen starrten sie an, sie waren bezaubernd. Elani zog langsam eine Locke ihrer langen offenen Haare, auf der sie nervös gekaut hatte, aus ihrem Mund und steckte ihre Hand zu einer Locke Kias aus.

Sie hielt sie zusammen, spannte sie zwischen ihren Gesichtern, verglich einen Moment lang das dunkle rote Har Kias mit ihrem eigenen glänzenden Schwarz.

Dann ließ sie sie fallen und ihre Lippen öffneten sich zu einem ansteckenden Lächeln.

„Hallo, Kia“, sagte sie mit leiser Stimme.

Banto strahlte überschwänglich. „Kommt, Kinder. Es ist Zeit für Tante Susas berühmter Siebenbeerenkuchen!“

Ryushi blickte hoffnungsvoll hoch. „Sie hat welchen gemacht?“

Sein Vater grinste. „Ich hoffe es für sie, sonst müsst ihr euch eine neue Tante suchen!“, sagte er.

Kia zögerte einen Moment und linste zum Klicktrack hinüber. „Ich werde in einer Minute da sein, Vater“, sagte sie. „Ich möchte mit Ty fahren.“

„wie du willst“, sagte banto nachsichtig. „Aber komm nicht zu spät, sonst verpasst du das Essen.“

„Ich bin gleich zurück“, sagte sie und achtete nicht auf Ryushis Grinsen. Sie ging hinüber zum Klicktrack und ließ die anderen alleine den Weg zum Haus zurückgehen.

„hi!“, sagte sie strahlend, als sie zu Ty hochkletterte, der immer noch im offenen Cockpit des Klicktrack saß.

„Äh . . . hi!“, antwortete er und errötete.

„Was dagegen, wenn ich mit dir fahre?“

„Ich will nur noch zum Fahrzeughangar. . .“, begann er.

„Ich weiß. Hast du was dagegen?“

„Nein, ich meine, ich habe nichts dagegen. Okay, natürlich.“

Sie setzte sich auf die harte Metallbank neben ihm.

„Du bist ja schon ein richtig guter Pilot geworden, stimmt´s? Ich habe dich vorher noch nie fahren sehen. Zeigst du mir, wie du das machst?“

„Äh ... okay, natürlich“, antwortete er verlegen. Er zeigte ihr zwei Hebel, die vor ihm aus dem voll gepfropften Armaturenbrett, einem Durcheinander von Messinganzeigern und Reglern, herausragten.

„Jeder von ihnen steuert eine Kette. Nach vorne drücken, und schon fährst du nach vorne, zurückziehen, und es geht rückwärts. Man lenkt, indem man eine Kette schneller als die andere laufen lässt. Es ist leicht.“

„Leicht? Warum verbringst du dann so viel Zeit mit dem Training?“

Ty sah sie von der Seite an. „Klicktracks sind nicht die einzigen Fahrzeuge, die es gibt. Du kannst dir nicht vorstellen, was für Sachen man da draußen hat.“

Er machte eine vage Geste und meinte damit das, was hinter den begrenzenden Bergspitzen lag.

Wirklich? Und wie machst du es ... du weißt schon, dass es läuft?“

„Oh, meinst du das?“, sagte er und der Klicktrack fing an zu brüllen. Kia unterdrückte ein Lächeln.

„Toll!“, sagte sie. „das ist verdammt gut. Aber wie hast du das gemacht?“

Er zuckte mit den Achseln. „Ich weiß nicht. Einfach so.“ Er reckte seinen Daumen und zeigte auf seinen Rücken. „Es steckt alles in den Spiritsteinen.“ Damit ergriff er die Hebel und ließ den Klicktrack vorwärts in Richtung Stallung fahren.

Kia saß hinten und beobachtete ihn beim Lenken. Sie genoss die wärmende Abendsonne.

Sie mochte Ty. Er war nicht wie dem anderen Jungen hier, frech und von sich eingenommen, so laut wie die Wyvern, die sie beaufsichtigten. Nein Ty war anders. Er hatte eine wilde schwarze Haarmähne und schmale Schultern und wirkte immer zurückgezogen, ruhig und nachdenklich. Er sprach nicht gern über sich selbst, steckte jedoch voller verborgener Talente.

In dem einsamen gelegenen Tal in den Bergen hob er sich wohltuend von den anderen Jungs ab, mit denen sie aufgewachsen war.

Und es gab noch einen Grund, warum sie ihn mochte. Sobald sie auch nur in seiner Nähe war, wurde er rot und fing an zu stottern. Es hatte aber nichts zu bedeuten, das redete sie sich zumindest ein. Sie versuchte nur freundlich zu ihm zu sein, konnte aber nichts dafür, dass sie seine Aufmerksamkeit genoss.

„Wie war die Reise?“, fragte sie.

„Ähmm ... sie war okay. Ich hab den Hin- und den Rückweg geschafft, ohne dass etwas schief gelaufen ist. Ich schätze das ist eine gute Sache.“

„Natürlich ist das eine gute Sache“, sagte Kia. „Ich kann mir vorstellen, dass du schon bald Vollmitglied der Gilde wirst!“

Ty lächelte sie nervös an. „Vielleicht.“

„Du wirst dann das Tal verlassen, nehme ich an?“

„Vielleicht“, wiederholte er.

Kia seufzte. „Ich freu mich für dich, Ty.“

„So hörst du dich aber nicht an“, sagte er und warf ihr einen Blick zu.

„Ich bin glücklich, dass es dir gut geht“, antwortete sie. „Das bedeutet nicht, dass ich darüber glücklich bin, dass du gehst. Aber du hast dich so bemüht, um nach vorne zu kommen. Du hast bereits mehr von den Dominios gesehen als ich, dabei sind wir doch gleichaltrig.“

„Ach, das ist gar nicht so großartig“, sagte er.

„Wirklich, du verpasst da draußen nicht viel.“

„Das sagst du nur, damit ich mich nicht so mies fühle.“

„Du hast Recht“, sagte er plötzlich lebhaft. „ES ist phantastisch, Kia. Du kannst ja nicht ahnen, wie viel es da zu sehen gibt!“

Kia verengte ihre Augen und blickte ihn mit gespielten Ärger an.

„Das war gemein.“

„Entschuldigung.“

„Es ist eben so ... ich meine, ich werde dich nicht wieder sehen. Ich sehe dich ja jetzt kaum, du verbringst so viel Zeit beim Unterricht.“

„Das ist nicht meine Schuld“, sagte Ty. „Übrigens, du bist auch nie hier.“

Kia schaute ihn entschuldigend an. „Du weißt, wie mein Vater ist. Er lässt uns die ganze Zeit trainieren, lässt uns lernen, wie man kämpft un wie wir unsere Spiritsteine benutzen sollen. Ich habe nicht viel Zeit für mich selbst.“

„Aber warum? Ich weiß wenigstens, warum ich meine Lehre mache. Was ist mit dir? Warum musst du kämpfen lernen?“

Kia blickte hinüber zum Stallbetrieb, auf die Leute, die zwischen den riesigen roten Gebäuden arbeiteten. Über das Brummen des Motors hinweg konnte sie das Gekreische der Wyvern hören. Es ist Fütterungszeit, dachte sie mit einem Blick auf den Sonnenuntergang.

„Er will, dass wir für die Welt draußen bereit sind, wenn wir alt genug sind. Wie takami. Du weißt, mein Vater würde niemals zulassen, dass wir das Tal vor unserem achtzehnten Winter verlassen. Er sagt, die Welt außerhalb sei gefährlich, aber ich weiß nichts davon. Was glaubst du?“

Ty schien es unangenehm zu sein, Banto, seinem Dienstherrn, zu widersprechen. „Nun, ich meine, sie ist eigenartig. Eigenartig und neu. Aber ich weiß nicht, ob sie gefährlich ist“, sagte er.

„Egal, auf jeden Fall lässt er uns für die Welt da draußen trainieren. Deshalb haben wir sechs Spiritsteine. Kann sein, dass mein Vater mit diesem Gestüt einem Haufen Geld verdient, aber es muss ihn finanziell nahezu ruiniert haben, so viele für jeden von uns zu kaufen. Er sagte, er will, dass wir vorbereitet sind...“ Sie brach ab, weil sie merkte, wie sie sich selbst wiederholte.

Sie kamen jetzt zum Fahrzeughangar, der sich etwas abseits mitten auf einer staubigen Lichtung befand. Hinter ihm ragten Bäume auf. Die weiten Tore öffneten sich gleitend, als das Fahrzeug langsam auf sie zufuhr. Der Hangar war niedrig, aber sehr breit.

„Ich gehe jetzt wohl besser“, sagte sie. „Ich muss zum Essen. Aber warum treffen wir uns nicht heute Nacht?“

Tys Gesicht leuchtete einen Moment auf, dann aber sah er sie enttäuscht an.

„Ich kann nicht. Heute Nacht muss ich Master Uji besuchen. Er erwartet einen Bericht. Ich werde erst in ein paar Tagen zurück sein.“

„In wie viel Tagen?“

„Drei.“

„Dann treffe ich dich in drei Tagen genau zur Mittagszeit oben auf der felsspitze. Wie findest du das?“

„Ja ... ja, natürlich“, antwortete er.

„Wenn du nicht da bist ...“, sagte sie und ihre Augen verengten sich. „Nun, dann erinnere dich einfach an das, was ein wütendes Mädchen mit einem halben Dutzend Spiritsteinen anrichten kann! Bis bald!“

Sie glitt vom Beifahrersitz herunter, schlug die Fahrertür zu und rannte nach Hause. Obwohl sie sich nicht umdrehte, konnte sie spüren, wie Tys Blick jeden ihrer Schritte verfolgte.



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