Die Begegnung und der Abschied
Nachdem Maggie vor zwei Monaten ihren alten Job verloren hatte, war sie nun seit zwei Wochen eine Angestellte einer Internationalen Bank. Sie bekam den Job nur, da jemand genauer ihren Lebenslauf gelesen hatte und dort entdeckte, dass sie an einer Polizeischule war. Ihre vorherige Anstellung verschwieg die junge Frau lieber, da sie sonst niemals den neuen Job bekommen hätte. Als Ausrede für die zwei Jahre dazwischen, gab sie an, dass sie auswärtig zu tun hatte. Glücklicherweise nahm man ihr das ab und fragte auch nicht weiter nach.
Der Wecker klingelte erbarmungslos schrill vor sich hin, um 7 Uhr morgens. Selbst wenn sie sich noch einmal umdrehen wollte, der Uhr war es egal. Mürrisch, wie jeden Morgen, stand Maggie aus dem Bett auf. Ihr kleiner Begleiter war in den letzten zwei Monaten gewachsen und saß artig mit seiner Leine im Flur, um auf sein Frauchen zu warten.
Gähnend zog Maggie ihre Jogginghose an und ein grauen Pullover über, um gleich darauf in ihre Turnschuhe zu schlüpfen. „Morgen mein Süßer“, begrüßte sie ihn und er wedelte mit seinem Schweif umher, während Maggie ihm die Leine anlegte.
Ein paar schnelle Streckübungen vorm Spiegel, sowie ein prüfender Blick auf das eigene Äußere, dann konnte es auch schon rausgehen. Direkt vor der Tür erleichterte sich ihr Hund, um danach gemeinsam die Straße hinauf zu joggen. Vorbei an den parkenden Autos und den kleinen Zeitungsständen, führte sie der Weg in den Park. Ein paar Meter nachdem Eingangstor löste Maggie die Leine vom Geschirr, sodass er sich frei bewegen konnte.
Obwohl Akuma von der Leine los war, lief er dennoch mit seinem Frauchen die Parkrunde um den kleinen See mit. Ab und an huschte er in einen Busch hinein oder jagte die pickenden Tauben hinfort.
Vom Spaziergang zurück, gab es die Zeitung am Stand und das Frühstück vom fahrenden Bäcker.
Mit allen Vieren von sich gestreckt, schlummerte Akuma genüsslich auf dem Sofa. Er genoss die Streicheleinheiten seines Frauchens zum Abschied, welche nach frischem Shampoo roch und nun zur Arbeit ging. In ein paar Stunden kam dann die alte Nachbarin, welche einen langen gemütlichen Spaziergang mit ihm machte. So bequem ließ es sich gut leben.
Maggie hingegen schritt voran zu ihrer Arbeit. Ihr Blick war immer auf die Uhr gerichtet. Auch wenn sie nicht zu spät dran war, hatte sie das Gefühl irgendwas würde unterwegs noch auf sie lauern.
Zum Glück hatte sie damit Unrecht. Pünktlich um halb neun erschien sie auf der Arbeit und nahm ihren Posten am Serviceschalter ein.
Die Personalchefin war begeistert von ihrer neuen Angestellten. Immer wieder überraschte Maggie sie, dass jeder Kunde zufrieden aus der Bank ging. Das kleine Geheimnis an der Sache waren die beiden Wochenendtage gewesen. Wie ein Schulkind setzte sich Maggie auf ihre vier Buchstaben und lernte die Angebote und Vorschriften der Bank auswendig. Außerdem hatte sie sich kleine Spickzettel am Arbeitsplatz versteckt, die ihr in einer Notlage weiterhalfen.
Das Schicksal schien jedoch einen anderen Plan für sie zu haben. Ungeachtet von den vorbeilaufenden Passanten, saßen vier vermummte Männer unterschiedlichen Alters in einem dunkelblauen Van. In aller Ruhe gingen sie noch einmal ihren Plan durch, damit auch nichts bei der Ausführung schief ging. Der Transporter parkte direkt vor der Bank. Sie wollten einen günstigen Augenblick abwarten.
Indessen hatte Maggie ihre wohlverdiente Mittagspause. Sie schlang sich die Jacke um den Körper, um an die frische Luft zu gehen. Kurz inhalierte sie den Sauerstoff, damit die paar Stufen leichter zu bewerkstelligen waren. Verwundert blickte Maggie auf den Van, welcher vor der Bank parkte. Es beschlich sie das Gefühl, dass sie beobachtet wurde. Irgendwie bereitete ihr dieses Transportmittel ein ungutes Magendrücken. Weitere Gedanken konnte sich die Servicekraft nicht machen, immerhin war ihre Pause zeitlich begrenzt und sie hatte Hunger.
Um den Van machte sie dennoch einen Bogen. Einen Block weiter betrat Maggie ihr Stammlokal und bestellte sich ihr übliches Essen, das Tagesmenü.
Noch nicht einmal zehn Minuten später bewaffneten sich die Verbrecher mit Sturmgewehren, einer Maschinenpistole für den Anführer und jeder schob zwei Pistolen in die Schulterholster.
Ihre Gesichter versteckten sie hinter Skimasken, mit je zwei Augenlöchern. Am Gürtel befestigten sie etliche Kabelbinder, damit die Geiseln gefesselt werden konnten.
Im nächsten Moment sprangen die Hintertüren vom Van auf und sie stürmten hinaus. Schnellen Fußes erklommen die Räuber die Stufen, schleiften Kunden wieder in die Bank hinein und schossen ein paar Mal warnend in die Luft. Umgehend kam der Alltag in der Bank zum Erliegen.
Schockiert, als auch verängstigt, blickten Kunden und Angestellte auf die bewaffneten Männer.
Eine Servicemitarbeiterin befreite sich aus ihrer Angststarre, um unauffällig den Knopf für die Polizei zu betätigen. Ihr Glück war es, dass sie nicht entdeckt wurde.
Die Bankräuber fesselten alle Geiseln mit den Kabelbindern. Nur die Kinder knebelten sie, da ihnen das Geschrei und Geheule auf die Nerven gingen.
Überrascht rissen alle vier Räuber ihren Kopf zur Eingangstür, als die Sirenen der Polizei ertönten. „Verdammt! Die Bullen!“, schimpfte einer, was sich die anderen dachten. Umgehend verriegelten sie die Türen und ein paar Geiseln, welche nicht gefesselt waren, mussten die offenen Fenster mit Papier verkleben. So konnte kein Scharfschütze ins Gebäude hineinblicken, um ein Manöver zu starten.
Der Kommissar schnaufte verärgert auf und rief auf dem Polizeirevier an.
Ein Anruf im Polizeirevier riss die Stille je auseinander und die Telefonistin nahm das Gespräch entgegen. Als sie hörte, worum es sich handelte, leitete sie es direkt an den Kriminaloberkommissaren Luke McDoughkt weiter. "Luke McDoughkt?", meldete er sich brummend am Telefon. Immerhin sah sein gesamter Tag eintönig nach Dokumenten aus, welche bearbeitet werden musste. Er vermisste bereits nach fünf Minuten den Nervenkitzel der Straße.
Gefasst meldete sich der Anrufer bei ihm: "Wir haben hier vier erfahrene Bankräuber in der International Country Bank. Sie haben die Fenster verdeckt und nach Schätzungen circa 30 Geiseln genommen, darunter befinden sich auch Kinder. Es wäre von Vorteil, wenn wir auf Ihre Unterstützung zählen könnten, Mr. McDoughkt." - "Versucht sie hinzuhalten bis ich eingetroffen bin. Rechnet mit mir in fünf bis zehn Minuten", gab er ruhig von sich und legte danach auf.
Nachdem Luke aufgelegt hatte, ging er um seinen Schreibtisch herum, nahm seine Jacke vom Haken, um aus seinem Büro in das große weitoffene zu gelangen. Etliche Schreibtische standen in Reih’ und Glied nebeneinander. Ein paar Topfpflanzen hatte man für besseres Raumklima in die Ecke versteckt und kleinere als Zierde auf den Schreibtischen gestellt.
Der schmale Gang in der Mitte diente zur direkten Verbindung, lediglich von zwei Schwingtüren abgetrennt, zur Treppe.
Auf seinem Weg dorthin zog sich Luke die Jacke an. Klappernd an seinem wohlgeformten Hintern hingen die Handschellen.
Flinken Fußes ging er den kurzen Treppenaufgang herunter, welcher in einem frischen Weiß erstrahlte. Gefolgt von einer weiteren Tür durchquerte Luke einen schmalen Gang, um endlich den Hinterhof zu erreichen. Ein paar Polizisten umzingelten den Aschenbecher und begrüßten den Kriminaloberkommissar beiläufig.
Aus seiner Jackentasche holte er seinen Schlüssel heraus, um sich in seinen Wagen zu setzen, welcher auch schon bessere Tage gesehen hatte. Aber er fuhr nun mal gerne durchs Gelände.
Er drehte an der Zündung und fuhr mit seinem Bleifuß Richtung Bank. Auf seinem Dach befestigte er die Sirene, so dass er auch bei rot über die Ampel fahren konnte. Luke schaffte die Strecke in sieben Minuten achtunddreißig Sekunden, neuer Rekord.
Kaum stieg er aus dem Auto, eilte Officer Tacker auf ihn zu, damit er seinem Vorgesetzten die Lage erklären konnte. „Hört sich gar nicht gut an. Irgendwelche Forderungen von den Geiselnehmern?“, wollte Luke wissen. Tacker schüttelte mit dem Kopf. „Habt Ihr schon versucht mit denen zu sprechen?“ Erneut ein verneintes Schütteln.
Luke ließ sich ein Megafon geben, damit er so Kontakt zu den Bankräubern aufnehmen konnte. „Hier spricht die Polizei! Bitte teilen Sie uns ihre Forderungen mit, damit wir für alle eine ruhige Lösung finden können und niemand verletzt wird!“
Während die Polizisten auf eine Antwort warteten, griff Luke nach einem Telefon, um auch den Polizeichef, Mr. Morgan, zu informieren. Auch er würde in einer viertel Stunde vor Ort sein. Solange wollten sie auch den Räubern zum Überlegen geben. In der Umgebung hatten sie auch ihre Scharfschützen positioniert, welche nach einer Lücke in den Papiervorschlägen am Fenster suchten.
Schnaufend ging Luke auf und ab. Seine Nervosität machte ihm zu schaffen und er wusste sich bald keinen Rat mehr. Irgendwas mussten sie doch für die Menschen tun können.
Hinter der Polizeifront und den nervenden Schaulustigen fuhr ein A-Klasse Wagen heran. Er parkte nicht weit entfernt von den anwesenden Polizisten, um dann endlich auszusteigen. Bevor der Polizeichef zu seinem fähigsten Mitarbeiter vordringen konnte, belagerte ihn die ortsansässige Presse. Die Officers schoben die Reporter, mit ihren Fragen, weiter nach hinten, sodass Mr. Morgan durchgelangte und sich zu Luke McDoughkt in die vorderste Reihe gesellte.
„Irgendwelche neue Erkenntnisse?“, fragte er direkt bei Luke nach, welcher jedoch nur mit dem Kopf schüttelte. Nachdenklich sah sich der Chef um, wobei er auch einen Blick auf das Namensschild der Bank richtete. Im selben Moment blieb sein Herz für einen Augenblick stehen. Eigentlich hätte ihm der Weg bereits bekannt vorkommen müssen. International Country Bank.
Sofort breitete sich Panik in ihm aus. Sein einziges Kind befand sich in diesem Gebäude, konnte es aber niemals sagen. Immerhin musste er professionell vorgehen. Außerdem kannte er die Stärke seiner Tochter und ihre Fähigkeiten, was sein Herz doch ein wenig beschwichtigte.
Dennoch musste es einen Weg geben, wodurch keine Geisel verletzt wurde. Jedoch fiel ihm nichts dergleichen ein. Selbst die Bankräuber meldeten sich nicht zum Verhandeln und hinein sehen konnte auch niemand, was die Sache nur noch verzwickter machte. Der Gesundheitszustand der Leute war unbekannt. Gab es überhaupt noch Hoffnung für diese Menschen und sei sie noch so klein.
Gesättigt ging Maggie die Straße entlang. Hände in den Jackentaschen zur Faust geballt vergraben, damit sie nicht der noch kühlen Frühlingsluft ausgesetzt waren.
Als sie um die Ecke trat, blockierte eine Menschenmaße den direkten Blick auf ihre Arbeitsstelle. Verwirrt suchte die Servicekraft nach einem Durchkommen. Wie Ziegel fest zusammen gepresst, standen die Passanten da. Maggie quetschte sich durch jedes kleine Luftloch, um sich langsam nach vorne zu arbeiten. Stolpernd kam sie endlich aus der spitzen Ellbogenmenge heraus.
Ein Wachmann erkannte die Tochter des Polizeichefs und ließ sie letztendlich passieren.
Neugierig schwang ihr Kopf zu jeder erdenklichen Seite, bis sie hinter ihrem Vater stand. Maggie tippte ihm auf die Schulter. Brummend, da seine Nervenstränge bald platzten vor Zweifel, drehte er sich um, wo ihm sogleich ein Stein vom Herz fiel, als er seine Tochter wohlbehalten vor sich sah. Ohne das Maggie noch nachfragen konnte, was der ganze Rummel auf sich hatte, fand sie sich in der Umarmung ihres Vaters wieder.
„So wurde ich noch nie von dir begrüßt! Aber jetzt würde ich zu gerne wissen, was hier los ist?“, gewann am Ende doch ihre Neugier.
Kurz schnaufte Mr. Morgen auf und erklärte seiner Tochter die Umstände des Aufstandes. Ein Polizist brachte eine Karte der Umgebung und einen Stift, als er darum gebeten wurde. Maggie kannte sich immerhin damit aus, was zu ihrem Vorteil war.
Ebenso erzählte sie von dem Van und zeigte auf das Fahrzeug. „Kannst du dich an jemanden erinnern?“ – „Er steht bereits seit Tagen vor der Bank! Ob ich mich an jemanden erinnern kann, weiß ich auf die Schnell nicht“, gab sie von sich und fühlte sich komplett überfahren.
Luke klappte einen kleinen Computer auf und ging mit Maggie das Vorstrafenregister nach ihren Bruchstückerinnerungen durch. „Der!“, schoss es sofort aus ihr heraus.
„Alberto Krido. Er ist seit sechs Tagen aus dem Gefängnis heraus“, informierte sich Mr. Morgan.
Luke schob sich den Bildschirm in sein Sichtfeld und sah sich den Typen genauer an. „Ich kenn’ diesen Knaben“, murmelte er vor sich hin und alle Anwesenden richteten ihren Blick auf ihn. „Es ist vielleicht zwei Jahre her, mit der Festnahme. Ich hab ihn wegen Diebstahl dran bekommen. Eigentlich sollte der Kerl fünf Jahre schmoren, aber laut Bericht, war das Gefängnis überfüllt und sie haben ihn wegen guter Führung entlassen! Den Rest der Strafe jedoch zur Bewährung und jetzt zieht er gleich wieder so ein Ding durch. Tolles Rechtssystem haben wir da! Nur jetzt hat er die Gelegenheit Menschen ab zuknallen“, wurde er langsam wütend. „Er ist ein verdammt guter Schütze und wir müssen noch jemand besseren zu bieten haben“, warnte Luke vor und hielt sich die Stirn.
Mr. Morgan klopfte ihm auf die Schulter. „Es ist nicht deine Schuld, mein Junge. Du hast ihn damals gefasst und heute werden wir es auch schaffen.“ – „Aber um welchen Preis?“, hakte der Kriminaloberkommissar bei seinem Vorgesetzten nach.
Ein Schrei aus der Bank ließ Schlimmeres befürchten und ihnen blieb nicht mehr viel Zeit. Irgendwas mussten sie jetzt unternehmen, um den Menschen zu helfen. Maggie fiel direkt ein Plan ein, wodurch sich das Schicksalsrad bei ihr wieder drehte und andere Sachen mit ihr vorhatte.
„Hey Dad!? Hast du noch meine Flinte?“, fragte sie ihn. Luke blickte verwirrt zwischen den beiden hin und her.
„Du weißt aber, was es am Ende für dich bedeutet oder?“, warnte er seine Tochter vor. „Hier stehen Menschenleben auf dem Spiel“, sprach sie und ging zum Wagen ihres Vaters Aus einem verschlossenen Koffer holte sie ihre Flinte, Beretta RS 200, und ihre beiden Pistolen, SiG Sauer P226, heraus. Die Jacke und, von ihrer Arbeitskleidung, das Jackett flogen in den Kofferraum. In aller Ruhe zog sie die schusssichere Weste an. Die Flinte schnallte sie auf den Rücken, während die Pistolen am Gürtel befestigt wurden.
Luke trat heran und legte seine Hand auf die Kofferraumklappe. „Keine Chance“, sagte sie direkt zu ihm und packte sich noch ein paar Magazine für den Fall, dass sie Nachladen musste, ein.
Überrascht blickte er auf Maggie hinab, da sie kleiner war. „Bevor ich zustimme, dass du diesen Wahnsinn hier machst. Erkläre mir mal, wieso ich es überhaupt zulassen sollte, dass du kleines Küken, darein gehst, zu den bewaffneten Bankräuber?“ – „Ist MaMo immer noch Rang 1 in der Bestliste der Scharfschützenausbildung?“ – „Wer könnte diesen Rekord schon…! Das ist ein Witz oder?“ – „Maggie Morgan, ehemalige Scharfschützin der Polizei, sehr erfreut!“ – „Du bist ein Scharfschütze?“ – „Richtig! Ab und zu bin ich noch am Schießstand. Will ja nicht einrosten.“ – Von welchem Versprechen war die Rede?“, lenkte Luke es in eine andere Richtung, da seine Neugierde einfach gestillt werden musste. „Ich wollte die Welt sehen und bin von der Polizei weggegangen. Aber sollte ich je zur Verteidigung wieder eine Waffe in die Hand nehmen, muss ich zur Polizei zurück. Um den Menschen zu helfen, mach ich es“, erklärte sie ihm.
Luke schüttelte nur mit dem Kopf. Immerhin war sie die Tochter des Polizeichefs. Und welcher Vater würde seine Tochter in so eine Situation schicken? Selbst Luke musste sich eingestehen, ob die Beste oder nicht, aber seinem Kind würde er so etwas niemals erlauben.
Da er Maggie nicht umstimmen konnte, beschloss Luke ihr als Partner zur Seite zu stehen.
Obwohl er dachte, sein Plan fürs Hineinschleichen sei gut durchdacht, erklärte Maggie ihren Schlachtplan. „Ich kenne mich aus. Daher werde ich auch vorgehen und dich lotsen“, sprach sie ernst und auch ihr Vater fand diese Idee besser.
„Kommt mir da beide heil wieder heraus. Macht nichts Unüberlegtes!“, warnte er beide und küsste sanft die Stirn seiner Tochter. „Ich liebe dich!“ – „Ich liebe dich auch, Dad.“
Maggie und Luke warteten einen geeigneten Zeitpunkt ab, um schnell zum Seiteneingang, mit eingezogenem Kopf, zu eilen. Aus der Brusttasche holte Maggie ein Diedrichset und knackte das Schloss. „So was lernt man aber nicht, als Scharfschütze“, flüsterte Luke grinsend und hielt ihr die Tür auf. „Madam, wenn ich bitten darf?“ – „Aber gerne doch“, scherzten beide ein letztes Mal und schlichen in den Gang hinein. Luke ließ die schwere Tür leise ins Schloss fallen.
In der Zwischenzeit saßen drei Bankräuber zusammen, während der vierte mit seiner Schusswaffe die Geiseln bewachte.
„Die Situation sieht nicht gut für uns aus! Es gibt nur Seitenausgänge und die werden von Scharfschützen versperrt. Genügend Munition für alle haben wir nicht“, sprach einer verzweifelt und hielt sich die Stirn „Beruhigt euch wieder! Die Schützen werden nur auf uns zielen, aber nicht auf die Geiseln. Entweder lassen wir uns von den Geiseln umzingeln, so dass sie keine Schussmöglichkeit haben, oder…“ – „Oder was?“ – „Oder aber, ihr wollt wirklich mit den Bullen verhandeln und um Gnade flehen“, sprach ihr Anführer und blickte dabei stur auf den Eingang. „Ich bin nicht so ein braver Idiot gewesen, der jetzt wieder freiwillig in den Knast geht. Sie mögen euch jetzt alles versprechen, was ihr hören wollt, aber am Ende ist nichts mehr davon wahr.
Ich hab die Schnauze voll, mich von denen verarschen zu lassen. Daher werden wir auf ihre tollen Angebote scheißen und uns ein paar von den Geiseln nehmen und dann abhauen.“ – „Was machen wir mit den restlichen Geiseln? Du willst sicherlich nicht alle nehmen.“ – „Erschießen“, kam es salopp von Alberto, welcher sich unter einer Skimaske mit seinem kantigen Gesicht versteckte.
Ein Kind klammerte sich schluchzend an seine Mutter und zerknitterte ihre Bluse. Deutlich spiegelte sich die Angst im Gesicht des Kindes wider. Zärtlich strich die Mutter über den Rücken ihrer Tochter und versuchte sie zu beruhigen. Die Kleine kniff die Augen zusammen und drückte sich fester an ihre Mutter.
Maggie und Luke schlichen sich über den Ostflügel des Gebäudes weiter ins Zentrum hinein. Jeder Gang glich dem anderen und Luke verlor nach ein paar Kreuzungen bereits die Orientierung. Sichtlich erleichtert war er, dass er eine wissende Angestellte hatte, die sich in diesem Labyrinth auskannte.
Kurz hob Maggie ihre Hand an und deutete Luke an, sich um eine Ecke zu verstecken.
Im letzten Augenblick schafften es beide aus dem Sichtfeld des Bankräubers zu entkommen, der den Gang entlang kam. Flink schraubte Maggie den Schalldämpfer auf ihre Pistole und visierte ihn an. Als sie abdrücken wollte, fiel die Tür zur Toilette ins Schloss. „Verdamm!“, fluchte sie und schlich ihm hinterher, obwohl Luke ihr deutlich zu verstehen gab, dass sie es auf gar keinen Fall machen sollte.
Auch wenn ihr die Gefahr bewusst war, schlich sie auf Katzenpfoten hinter ihm her. Ihre Augen erkannte unter den Türschlitzen das feste Schuhwerk des Räubers. Vorsichtig ging sie in Position. Um ihre eigene Sicherheit willen, zog sie ihre zweite SiG aus dem Gürtel und richtete den Lauf auf die einzige Tür im gefliesten Raum, sollte jemand unverhofft dazwischen kommen, bei ihrem Vorhaben.
Die Spülung rauschte auf, so dass Maggies Herz zu rasen begann. Adrenalin durchströmte ihren Körper und nur Dank ihrer geistigen Stärke zitterten ihre Hände nicht.
Ahnungslos öffnete er die Tür und blickte in den verlängerten Lauf der SiG Sauer. Noch ehe er sich bemerkbar machen konnte, drückte Maggie ab.
Kurz schnaufte sie auf. Aber viel Zeit blieb ihr nicht mehr. Schritte kamen auf sie zu und Maggie schaltete blitzschnell. Den leblosen Körper hievte die junge Frau auf die Toilette und schloss die Kabinentür zu. Die Patronenhülse hatte sie vorsichtshalber in ihre Westentasche gesteckt. Dabei machte sie eine hilfreiche Entdeckung. Ein Chemieexperiment, welches sie damals für ein Nachbarkind gemacht hatte, steckte noch immer darin. Es war eine Art Stinkbombe gewesen, welche ihr nun zu Gute kam.
Pfeifen dröhnte in den Raum, während Maggie auf dem Spülkasten saß und wartete. Die musikalische Untermalung des zweiten Bankräubers hallte gegen die Spiegelbesetzten Wände.
„Hey Chris! Brauchst du noch lange? Alberto wartet auf uns. Er will den Plan endlich durchziehen. Beeil dich da mal mit deinem Geschäft!“, drängte er voller Nervosität.
Maggie holte leise tief Luft, um danach die Flasche zu öffnen. Der bestialische Gestank verbreitete sich langsam und der Aufpasser beklagte sich. Vorsichtig ließ sie das Fläschchen in die Toilette fallen. „Alter! Was hast du gegessen? Einen toten Fisch?“, schnaufte er auf und wedelte mit der Hand vor seiner Nase umher. Sie betätigte die Spülung und machte die Verriegelung der Tür rückgängig. Erneut raste ihr Herz vor Anspannung und würde bald in ihrer Brust explodieren.
Mit einem Ruck riss sie die Tür auf. Das Glück war auf ihrer Seite. Der andere stand ihr direkt gegenüber. Ein Schuss in die rechte Körperseite durchbohrte seine Lunge und er rang hastig nach Luft. Der nächste knipste ihm die Lichter aus und Maggie konnte endlich aus der Kabine heraus.
Luke wartete draußen und beobachtete die Tür zur Herrentoilette. Als einer hinaus lief, funkte er zu seinen Kollegen nach draußen durch und rannte dem Kerl hinterher. Bevor er ihn jedoch einholen konnte, kam ihm einer mit einem Sturmgewehr entgegen. Ohne auch nur eine Sekunde zu verlieren, riss Luke seine SiG Sauer P220 hoch, um den Typen ins Bein zu schießen. Sogleich breitete sich ein brennender Schmerz aus und der Räuber ließ zuerst sein Gewehr fallen, um kurz danach selbst zu Boden zu gehen. Krampfhaft biss er die Zähne aufeinander und hielt sich die blutende Wunde.
Mit vorgehaltener Waffe ging Luke zu ihm hin und kettete ihn mit den Handschellen an ein Heizungsrohr. Das Gewehr schob er mit dem Fuß beiseite, um gleich darauf die Patronen zu entfernen. Er gab per Funk bekannt, dass sich nur noch ein Räuber in der Bank frei bewegte, welcher noch unter Kontrolle gebracht werden musste.
Kurz atmete Luke auf und bekam dabei einen üblen Geruch in die Nase. Verwirrt drehte er sich um, wo Maggie vor ihm stand und ihre Waffen vorbereitete. „Also ich empfehle dringend das Parfüm zu wechseln“, sprach er Nase rümpfend. „Sehr witzig! Wieso läuft der vierte Räuber noch durch die Gegend?“ – „Weil Sie ihn haben entkommen lassen, deswegen.“ – „Blödsinn! Der zweite ist nachgekommen!“ – „Zusammen mit…“, setzte Luke an, als sie den Schrei eines Kindes hörten, gefolgt von den Flehrufen einer Mutter.
„Scheiße!“, gaben Maggie und Luke im Chor von sich. Umgehend stürmten beide zu den Geiseln hinein. Auf dem Weg dorthin, brüllte Luke mehrfach „Zugriff!“ ins Funkgerät.
Ein Klirren hallte durch die Räume und Gänge. Die Polizisten waren durch das verklebte Schaufenster gedrungen und sicherten den vorderen Bereich der Bank ab.
Maggie und Luke hasteten um die Ecke und blickten erleichtert auf die Situation. Eine Frau kam auf Maggie zu. „Ich flehe Sie an, retten Sie meine Tochter. Er hat sie mitgenommen, meinen kleinen Engel. Bitte!“ – „Ganz ruhig! Wohin hat er sie mitgenommen?“, fragte Maggie nach und die Frau zeigte auf eine Stahltür hinter einem Serviceschalter. „Okay! Ich werde Ihnen ihr Kind bringen, gehen Sie mit den anderen heraus. Vertrauen Sie mir!“, sagte Maggie zu ihr und lief zur Tür hin.
Luke folgte ihr sogleich, um ihr Rückendeckung zu geben.
Beide kamen im schneeweißen Flur, mit grünen Treppen, an. Kurz lehnte sich Maggie über die brauen Brüstung. Im nächsten Moment hörten sie eine Tür zuschlagen. „Die Feuerleiter auf dem Dach“, schoss es Maggie in den Kopf und sie lief die Treppe empor.
Luke folgte ihr direkt. Beide hielten ihre Waffen bereit, als sie vor der Dachtür stehen blieben. „Bereit?“ – „Auf drei!“, sagte Luke und sie zählten hinauf, um dann die Tür aufzureißen und ihre vorgehaltenen Waffen auf Alberto Krido zu richten, welcher die Skimaske nun abgelegt hatte.
Er hielt seine Pistole, eine MAB PA 15 welche einst von der französischen Armee benutzt wurden, an die Schläfe der Kleinen. „Einen Schritt weiter und die Kleine singt im Himmel Lieder mit den Engeln!“, warnte er beide vor, „Nehmt die Waffen herunter oder wollt ihr uns beide erschießen?“
Zitternd klammerte sich das Mädchen um den Unterarm Albertos und weinte aus Angst, dass sie nie wieder ihre Mutter sehen würde. Ihren Blick richtete sie auf Maggie, die mit ihren Augen eine Lücke suchte. Siegessicher hob sie ihre Waffe wieder an.
„Bist du verrückt?“, fuhr Luke sie von der Seite an, „Lass diesen Unsinn!“
„Vertraust du mir?“, fragte Maggie die Kleine, die aus Panik mit dem Kopf schüttelte. Alberto lachte auf und presste seinen Finger gegen den Abzug. „Lass diese Scherze!“, versuchte Luke sie zur Aufgabe zu bringen. „Drückt er ab, hat er nichts mehr, wohinter er sich verstecken könnte“, sagte sie und nutzte die Chance aus, als das Mädchen ihre Augenlider zusammenkniff, um den Abzug durch zudrücken.
Die Kugel schoss durch den Lauf und landete direkt in einem kleinen dreieckigen Luftloch der Umklammerung, wo diese direkt im linken Lungenflügel landete.
Durch die Verletzung in seiner Brust lockerte sich der Griff Albertos und die Kleine konnte sich endlich vom Geiselnehmer befreien. Sofort stürmte sie in Lukes Arme, welcher sie direkt nach oben hob und an seine Brust drückte. „Du hast es überstanden! Alles in Ordnung Wir bringen dich jetzt zu deiner Mutter“, flüsterte er dem Mädchen ins Ohr und strich über ihren Rücken.
Hämisch lachend, kam es stockend von Alberto. „Das…werdet ihr…niemals schaffen!“, röchelte er rätselhaft und richtete seine Waffe gegen sich selbst. Sein eigener Wille, nicht mehr in den Knast zurück zugehen, ließ ihn Selbstmord begehen.
Verwirrt sahen sich beide an. „Was meinte er damit?“, fragte Maggie die Kleine und sie sah Maggie schniefend an. „Er hat so einen Kasten im Keller angebracht.“ – „Wie sah dieser Kasten aus?“ – „Grau und mit einer komischen Uhr. Sie lief rückwärts“, antwortete die Kleine.
Luke und Maggie verloren keine Zeit mehr. Schnell liefen sie die Treppen wieder herunter und sprangen durch die Stahltür in den Servicebereich der Bank. Hastig blickte Maggie sich um, während Luke mit dem Kind zum Ausgang lief. „Komm schon! Beeil dich! Wer weiß, wann das Teil in die Luft fliegt!“, schrie Luke Maggie an, welche ihm schließlich durch die Fensteröffnung folgte. Dabei riss sie sich ihre Hose an der gezackten Glasscheibe auf. Kurz blickte Maggie beim Laufen noch einmal zurück, als hinter ihr die Bombe explodierte.
Luke packte ihr Handgelenk und drückte sie unter sich, als die Gebäudebrocken um sich flogen. Die Bank stürzte in sich zusammen und nach wenigen Sekunden war alles vorbei. Luke erhob sich und half Maggie beim Aufstehen. Keuchend sah sie Luke in die Augen. „Wo ist die Kleine?“ Seine Hand hob sich und er zeigte auf die Wiedervereinigung von Mutter und Tochter.
Glücklich schnaufte Maggie auf und Luke stupste sie mit der Schulter an, als er seine Arme vor der Brust verschränkte. „Guter Job, Ms. Morgan“, lobte er sie. „Maggie, okay? Nennen Sie mich Maggie.“ – „Luke McDoughkt. Freut mich!“, sagte er lächelnd zu ihr und beiden reichten sich die Hand.
Mr. Morgan kam zu den beiden. „Geht’s euch gut?“ – „Ging nie besser“, scherzte Luke.
Maggie umarmte ihren Vater und ging dann schnaufend zu den Schaulustigen hinüber. Wachend hielt Luke seine Augen auf sie gerichtet. Verwirrt blickte er auf einen Blondschopf, welcher Maggie in den Arm nahm und küsste. Er fühlte sich, als würde er in einen tiefen Abgrund fallen. Die Hand von Mr. Morgan fand sich auf Lukes Schulter wieder und er richtete seinen Blick auf seinen Chef.
„Das ist Maggies Verlobter, Alex. Sie heiraten in drei Wochen. Nach den Flitterwochen wird sie dann zu uns kommen“, erklärte er ihm und Luke gab jegliche Hoffnungen auf, welche er sich gemacht hatte.