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Ekelpack

Shortstories
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3: Wie Frösche im Teich

Das ist meine Matura- bzw. Abiarbeit in Deutsch.

Ich habe ein Sehr Gut bekommen. +stolz+
 

Viel Spaß beim Lesen.
 

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Wie Frösche im Teich
 

Die Jungen werfen im Spaß mit Steinen nach Fröschen

Die Frösche aber sterben im Ernst.

(Erich Fried)
 

Es platschte, als der Stein im Teich versank. Die Frösche verstummten und tauchten unter, nur ein paar trieben noch auf der Wasseroberfläche, reglos und starr, ganz so, als stellten sie sich tot. Nur einer quakte noch. Grillen zirpten.

Der nächste Stein verfehlte einen besonders großen, grün gefleckten Frosch nur um wenige Zentimeter. Erschrocken tauchte er unter.

Jetzt wurde es auch den anderen zu bunt. Der Teich schien sie regelrecht zu verschlucken, nur noch ein paar kleine Ringe auf der Wasseroberfläche zeugten davon, dass die je dagewesen waren.

„Mist“, fluchte ein blonder Junge und verzog das Gesicht zu einer Grimasse.

Sein jüngerer Begleiter zupfte am Ärmel seines Hemdes.

„Lass und endlich gehen, Karli. Ich will weg, wir müssen doch rechtzeitig dort sein!“

„Du bist so langweilig! Mama wird uns schon nicht ausschimpfen, weil wir ein bisschen zu spät kommen. Außerdem haben wir sicher noch ewig Zeit.“

Plötzlich verstummten die Grillen. Die schlagartige Stille erschreckte die beiden Brüder zutiefst. Hier auf dem Land war es nie so ruhig, außer es passierte in Kürze das Schreckliche, das Unaussprechliche.

Und tatsächlich. Vom Dorf her konnte man leise den harmonischen Klang der Kirchenglocken hören.

„Lauf!“, schrie Karl und packte seinen kleinen Bruder Markus am Arm.

Getrieben von der panischen Angst, die Mutter könnte ihm den Hintern versohlen, wenn er zu spät kam, sprang er über duftende Wiesen und kiesbedeckte Straßen Richtung Dorf, Markus hinter sich herzerrend.

„Pass doch auf, meine Sonntagskleider werden ganz schmutzig!“, schrie der Kleine, als Karl durch eine große Pfütze laufen wollte, um schneller zur Kirche zu gelangen.

In letzter Sekunde wich er der Drecksuppe aus.

Was hätte es genützt, rechtzeitig und doch von oben bis unten schmutzig anzukommen? Nichts, nichts und wieder nichts.

Die Kirche kam in Sicht. Die beiden Brüder legten einen grandiosen Endspurt hin, da die Mutter schon ziemlich ungeduldig zu warten schien. Richtig böse sah sie jedoch noch nicht aus.

„Gut, dass ihr endlich da seid, Buben“, sagte sie knapp und putzte ihrem Jüngeren noch schnell ein bisschen Schmutz von der Jacke. Dann betrat die kleine Familie die Kirche.
 

~~
 

Es platschte, als Karl und sein Freund Maximilian in saubere, große Pfützen sprangen. Gerade eben hatte es geregnet und jetzt glänzte die gesamte Umgebung in leuchtenden Farben, fast so, als hätte der Regen alles Schlechte fortgewaschen.

„Weißt du“, keuchte Max, denn das Springen strengte ihn an, “ich freue mich schon, wenn wir zum ersten Mal auf ein Lager fahren. Dann kommen wir endlich aus dem Dorf hinaus.“

Karl konnte nur zustimmend nicken.

Beide trugen die schlichten, aber schmucken Uniformen der HJ, dieser neuen Organisation, die der Führer für die Jugendlichen geschaffen hatte.

Das war eine gute Idee gewesen, wie Karl fand.

Endlich wurde etwas getan und nicht nur geredet.

Hitler war ein charismaltischer Mann und schaffte es, die Stimmung im Volk so aufzuheizen, dass man sich regelrecht daran wärmen konnte und das gefiel Karl.
 

Max und ihm wurde das Pfützenspringen zu dumm.

„Wir sind doch keine kleinen Kinder mehr“, bemerkte Karl immer noch verstohlen grinsend, weil ihm das Ganze solchen Spaß gemacht hatte.

„Genau“, stimmte Max zu, rückte seine Uniform gerade, die ob des Springens verrutscht war und setzte eine erhabene Erwachsenenmiene auf, die aber auf seinem immer noch kindlichen Gesicht etwas lächerlich wirkte.

Wie zwei kleine deutsche Soldaten marschierten die beiden die Hauptstraße des Dorfes hinunter und übten den Hitlergruß.

In den Fenstern hingen Hakenkreuzfahnen.
 

~
 

Der Stein verfehlte den Frosch um einen Meter. Im Lauf der Jahre war das Gewässer kleiner geworden und Pflanzen hatten sich im Uferschlamm angesiedelt. Die Frösche aber waren immer noch da, und immer noch versuchte Karl sie mit Steinen zu treffen.

Markus und Max saßen auf einem umgestürzten Baum und lachten ihn aus.

„Du schaffst das nie, die Viecher sind viel zu schlau für dich!“

Karl drehte sich nicht einmal um, sondern versuchte es verbissen ein zweites Mal. Die Frösche, die vorhin noch nicht untergetaucht waren, taten das nun; getroffen hatte er nicht.

„Hab ich dir dich gesagt“, kicherte Max.

„Zum Glück hast du keinen getroffen“, bemerkte Markus.

Zornig funkelte Karl seinen kleinen Bruder an.

„Wieso? Es sind doch nur Frösche, oder?“

Der Pfiff des Gruppenführers brachte die drei Jungen in die Realität zurück.

So schnell es ging, rannten sie zum Treffpunkt, wo schon die anderen auf sie warteten.

„Gut, dass ihr endlich da seid. Buben. Wir beginnen jetzt mit der Feldübung.“
 

Kurze Zeit später lag Karl im Gras, in der Hand hielt er ein ungeladenes Sturmgewehr.

Er war zu den ‚Deutschen’ eingeteilt worden und trug eine Hakenkreuzbinde am Oberarm. Seine Kameraden, ebenfalls mit Binden gekennzeichnet, warteten auf den Ansturm der ‚Amis’, der bald erfolgen sollte.

Karl zitterte vor Aufregung und umklammerte seine Waffe fester. Ein Blick zu Seite bestätigte ihm, dass es Maximilian genauso ging.

Endlich ertönte das erlösende Signal.

Erfreut duckte sich Karl tiefer ins Gras, bereit, den Feind, von dem er nicht einmal wusste, von wo er kam, abzuwehren.

Doch irgendetwas stimmte nicht. Der Pfiff des Gruppenführers wurde von etwas anderem übertönt.

Und tatsächlich, vom Dorf her konnte man den kakophonischen klang der Sirene hören. Fliegeralarm.

Als Karl genauer hinhörte, meinte er weit entfernt schon das Summen von Flugzeugmotoren zu vernehmen.

„Mist“, fluchte Max und verzog das Gesicht zu einer Grimasse. Er sprang auf, warf sein Gewehr fort und rannte davon.

Einige andere aus Karls Gruppe wollten es ihm gleichtun, doch der Gruppenführer pfiff sie erbarmungslos zurück.

„Wir werden nicht weichen, habt ihr verstanden?“, schrie er, seine Stimme überschlug sich fast.

„Wir sind Soldaten des deutschen Volkes!“

Über dem Wald, in dem das Treffen der Ortsgruppe stattfand, zog ein Jagdflieger hinweg. Die Jungen schrien entsetzt auf, als der Gruppenführer vom Feind getroffen niedersank.

„Lauft!“, schrie jemand, doch niemand bewegte sich.

Alle waren wie gelähmt, starrten den Toten an oder hatten sich noch tiefer in ihre Verstecke gekauert.

„Wie Frösche im Teich“, durchzuckte es Karl. „Wir können nicht fliehen, wir sind wie diese verdammten Frösche…“

Er konnte Leute in einer fremden Sprache rufen hören, die von allen Seiten immer näher kamen.

„Sie kreisen uns ein“, murmelte er, starr vor Angst. Aus dem Spiel war binnen kürzester Zeit bitterer Ernst geworden…

Irgendjemand schnappte sich panisch die geladene Waffe des toten Gruppenfühers, schoss damit wild in der Umgebung herum und wurde selbst getroffen.

Wortfetzen der fremden Sptache waberten zu Karl herüber; gleich würde es soweit sein. Die anderen würden sie töten, weil sie die Hakenkreuzbinden trugen. Sie waren für diese Menschen Feinde, sie waren die Frösche; die anderen hatten Waffen, sie effektiver waren als Steine.

Er wollte am liebsten abtauchen, so wie es die Amphibien immer getan hatten, doch er wusste, dass das nicht möglich war. Egal, wie gut er getarnt war, irgendwann würden sie ihn entdecken und umbringen.

Es war so einfach. Sie mussten nur mehr Geduld haben, als er jemals gehabt hatte.

Wimmernd vergrub er den Kopf in den Händen und wartete auf das Ende.

Der entsetzte Gesichtsausdruck der Toten ging ihm nicht mehr aus dem Kopf; er wusste, er würde die Bilder nie mehr in seinem Leben loswerden.

Jemand tippte ihm auf die Schulter. Er wagte es kaum, sich umzudrehen.

„Hey, Buddy“, lächelte ihm ein Fremder entgegen. Karl schrie auf, der Mann hatte völlig schwarze Haut. Der Soldat musste lächeln, als er sah, wie sehr sich der höchstens sechzehnjährige Junge fürchtete.

„Don’t be aufraid“, murmelte er ihm zu und hielt ihm die Hand hin, um ihm beim Aufstehen zu helfen.

Karl war so überrascht, dass er sie ergriff.
 

~~
 

Es platschte, als dicke Regentropfen auf den Regenschirm fielen.

Karl ging von der Kirche nach Hause, Markus und dessen vierjähriger Sohn begleiteten ihn.

Tobias lief immer einige Meter vor den Brüdern her.

Er freute sich über den Regen, der ihm nichts auszumachen schien und sammelte kleine glänzende Kieselsteine auf. Auf dem Weg durch die Gässchen des Dorfes zurück zum Elternhaus kamen Karl, Markus und der Kleine auch am Bach vorbei, der wegen der starken Regenfälle und der Schneeschmelze sehr viel Wasser führte.

Frösche tummelten sich in den seichten Stellen des Bächleins, um dort zu laichen.

Tobias lachte erfreut und begann mit den gesammelten Steinen nach den Tieren zu werfen, ganz so, wie es Vater und Onkel als Kinder oft gemacht hatten.

„Hör auf damit“, presste Karl heraus und lief auf den Jungen zu. „So etwas macht man nicht, hörst du?“

Der Kleine schien nicht zu verstehen.

„Du wirfst vielleicht nur zum Spaß mit deinen Steinchen nach den Fröschen, die aber sterben im Ernst. Hast du das verstanden?“

„Ja, Onkel“, murmelte Tobias und ließ die Kieselsteine fallen. Missmutig die Hände zu Fäusten geballt, lief er weiter.

„Auch wenn du Fried zitierst, der Junge wird es trotzdem nicht verstehen“, lächelte Markus seinen Bruder an. „Er ist doch noch klein.“

„Er wird es verstehen, so wie ich es verstanden habe“, antwortete Karl grimmig und schloss für einen Moment die Augen, um die düsteren Gedanken aus seinem Kopf zu vertreiben.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  broetchen
2006-06-19T07:11:32+00:00 19.06.2006 09:11
So... nach einem Wochenende, wo ich einfach nur mal ausspannen musste, bekommst du endlich mal deinen versprochenen und wohl verdienten Kommentar. ^^; Sorry, dass es so lange gedauert hat, aber wenn du mir eins glauben kannst, dann dass ich von Freitagmittag bis Sonntagabend zu nichts Konstruktivem zu gebrauchen war. *grins*

Ehem... *räusper* Nun aber mal zum Kommi...

Also erstmal: Das 'Sehr gut' hattest du voll verdient. Versteh das jetzt bitte nicht falsch, aber für die Abschlussarbeit einer 17jährigen finde ich die Stimmung, die du mit dieser Geschichte hervorrufst, schon mehr als beachtlich. Der Text ist meiner Meinung nach ein bisschen minimalistischer gehalten als deine sonstigen Werke und an manchen Stellen hätte ich persönlich mir etwas mehr Ausschmückung gewünscht. Aber im Nachhinein betrachtet muss ich sagen, dass vielleicht gerade dieses 'Fehlen' von Eindrücken den besonderen Reiz von 'Wie Frösche im Teich' ausmacht.

Sicher, es ist eine Maturaarbeit - das bedeutet, du hattest auch nicht ewig Zeit für den Text und die Moral der Geschichte erschließt sich bereits relativ schnell, auch wenn du sie am Ende nicht noch einmal extra aufgegriffen hättest. Aber mal im Ernst: Solche gefühlvollen Passagen wie die mit dem lächelnden (farbigen) Amerikaner, die dermaßen viele Emotionen beim Leser auslösen - oder zumindest bei mir - habe ich bei meinem eigenen (zugegeben damals Real-)Schulabschluss sicher nicht so gut hinbekommen (beim nachgeholten Abi hoffentlich schon *lach* - bei Schwerpunkt Deutsch ^_^;).

Was mir besonders gefallen hat, war, dass du die Tatsache 'Krieg', 'Hitlerzeit', 'Hitlerjugend' nur wie nebenbei mit eingestreut hast. Vorher macht man sich eigentlich gar nicht so die Gedanken darüber. Sobald einem aber klar wird, in welcher Zeit das Ganze spielt, passt es sich bereits so gut in die Story ein, dass es einem dermaßen logisch erscheint, als hättest du irgendwo am Anfang eine entsprechende Kopfnote hinterlassen.

Wirklich eine wundervolle Arbeit. Nur ein/zwei Rechtschreibfehler sind mir aufgefallen. *g* Aber das stört nicht wirklich.

Meinen herzlichen Glückwunsch zu dieser Abschlussarbeit und zu der guten Note. ^_^ *knuddel* Das war eine tolle Leistung und ich kann hier nur noch mal gratulieren.

Deine Shortstories gefallen mir eben immer noch am besten. ^^ *hehe*

Liebe Grüße,
brötchen
Von: abgemeldet
2006-06-15T20:32:07+00:00 15.06.2006 22:32
also ich muss sagen, dass du die 1 wirklich verdient hast!!
die geschichte ist toll!!
faszinierend, dass dir das eingefallen ist!
völlig unverständlich, dass das hier das erste kommi is...
danke übrigens für die ens!!^^

^^~das kameeel~^^


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