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Gotta heal 'em all!

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Nach einer kleinen Pause hier also ein weiteres Kapitel :)
Rules wie immer im nachwort, obwohl das nicht viele waren. Viel Spaß beim Lesen Komplett anzeigen

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Die Stadt der Ninja

Die gelben Lichter der Stadt begrüßten uns, als wir in der Dämmerung das Stadtschild passierten. Willkommen in der Stadt der Ninja, stand dort geschrieben. Ich atmete tief ein, als wir die ersten Schritte auf gepflastertem Boden machten. Endlich hatten wir unser Ziel erreicht. Leif hatten wir vor der Stadt alleine zurück gelassen. Er meinte, in großen Städten fühlte er sich nicht wohl, weshalb er sein Lager außerhalb errichten würde. Nun marschierten Yumiko und ich auf den besiedelten Straßen und suchten eine Unterkunft.

Der Unterschied zu Teak City war nicht zu übersehen. Anstelle von Bäumen standen hier schwere Holzgebäude dicht an dicht. Die einzigen Bäume, die man sah, waren vereinzelt gepflanzte Zierbäume. Die Gebäude waren traditionell und selten höher als ein Stockwerk. Am Rand der Stadt waren sie noch recht klein mit wenig Garten. Doch je weiter wir dem Zentrum kamen, desto breiter und gewaltiger wurden sie. Immer öfter gingen wir an weiß verputzten Wänden, größer als wir, vorbei, die das dazugehörige Haus von der Straße abschirmten. Den einzigen Blick konnte man auf Höhe des Eingangs erhaschen. Dort waren die hölzernen Eingangstore in kunstvolle Rahmen eingelassen, durch deren Löcher man hinter die Konstruktion sehen konnte. Auf den Dächern der Mauern und der Tore lagen beinahe ausschließlich schwarze Keramikziegel. Zu gerne wäre ich bei dem ein oder anderen Tor stehen geblieben, um die wunderschöne Architektur näher zu betrachten. Allein die Lampen, die die Tore flankierten waren ein Kunstwerk. Aber Yumiko marschierte ohne auch nur einen Blick auf ihre Umgebung zu richten gnadenlos weiter.

Selbst der Boden hatte ein Muster aus riesigen schwarzen Sternen. Sie bildeten eine Linie, der wir zu folgen schienen. Yumiko wusste wohl wo sie hin wollte. Neben all den Holzgebäuden sah ich Restaurants, die jetzt am Abend prall gefüllt mit Menschen waren. Der Duft frisch gekochten Essens und von gebratenem Fleisch stieg mir in die Nase. Sofort lief mir das Wasser im Mund zusammen. Seit Tagen hatte ich nichts Richtiges gegessen und hoffte inständig, dass wir, nachdem wir uns um unsere Unterkunft gekümmert hatten, einem dieser Restaurants einen Besuch abstatten würden.

Momentan waren meine Bedürfnisse auf die rudimentärsten beschränkt: Bad, Essen und Bett in dieser Reihenfolge. Ich wollte so schnell wie möglich heraus aus meinen Klamotten und unter eine Dusche. Doch noch liefen wir auf der belebten Straße, immer weiter hinein in die Stadt.

 

"Wo willst du hin, Yumi?", fragte ich sie schließlich. Sie hatte bereits seit einiger Zeit ein seltsames Grinsen auf den Lippen und einen abwesenden Blick im Gesicht.

"Ich kenne jemanden, bei dem wir für heute Nacht unterkommen können", antwortete sie nur. Das erklärt alles, kein Grund für weitere Informationen. Mir brannten die Füße, ich hatte Hunger und wollte einfach nur irgendwo ankommen. Also forderte ich eine genauere Antwort.

"Ich habe keine Lust auf das Pronomen-Spiel. Sag mir einfach, wo wir hingehen, bitte."

Sie drehte sich zu mir um und strahlte in freudiger Erwartung. "Eigentlich wollte ich dich überraschen, aber wenn du darauf bestehst. Der Arenaleiter der Stadt und ich sind gute Freunde. Bei dem können wir bestimmt wohnen." Irgendwie konnte ich mir nicht vorstellen, dass sie derart gut mit Norbert befreundet sein sollte. In Anbetracht der Tatsache, dass Norbert bereits damals ein hohes Alter gehabt hatte ging ich davon aus, dass er mittlerweile verstorben war und ein neuer Trainer seine Nachfolge angetreten hatte.

"Wie heißt er denn?", hackte ich nach. Durch den Small Talk hoffte ich mich von meinem knurrenden Magen ablenken zu können. Yumiko schien zumindest gerne über ihn zu sprechen.

"Hyousuke." Wow, Mädchen. Erzähl nicht alles auf einmal. Ich hasste es, anderen alles aus der Nase ziehen zu müssen.

"Hat Hyousuke ein Bad?" Meine Laune verschlechterte sich zunehmend. Doch Yumiko lief weiter geradeaus mit einem Strahlen auf dem Gesicht. Sie lacht sogar über meine zynische Frage.

"Natürlich, wieso sollte er das nicht haben? Schau, da vorne ist es!" Neugierig folgte ich ihrer Richtungsangabe und sah ein Gebäude auf einem kleinen Hügel. Es war mittlerweile zu dunkel, um Details zu erkennen. Ich beschleunigte noch einmal unseren Marsch bis wir letzten Endes nach drei-tägiger Reise endlich vor der Arena Mahagonia Citys standen. Den kleinen Hügel zu überwinden war nach den Strapazen der letzten Tage geradezu leicht.

Die Tür der Arena bestand nicht wie der Großteil der Stadt aus dunklem Holz, sondern aus glänzendem Metall. Im Licht der kleinen Lampe neben dem Eingang konnte man schemenhaft das Symbol über der Tür erkennen, das verdächtig dem Orden ähnelte, den man hier gewinnen konnte: einer Schneeflocke.

Während Yumiko klopfte hoffte ich inständig, dass überhaupt noch jemand im Haus war. Es gab keine Fenster, durch die man Licht hätte sehen können. Kurz wurde ich nervös, als niemand ihr Klopfen zu bemerken schien. Doch endlich öffnete man uns die Tür.

"Komm' morgen wieder", hörte ich eine männliche Stimme grummeln. Da durch die offene Tür plötzliche Licht blendete, weshalb ich nicht sofort sah, wer dort stand. "Heute kämpfe ich nicht mehr."

"Hyousuke ich bin's, Yumiko."

"Wer?" Ein schöner Freund ist das, der sich noch nicht einmal deinen Namen merken kann. Immer wieder schwiff ich mit meinem Blick von Yumiko zu dem Jungen in der Tür. Die Reaktionen der beiden waren wirklich zu köstlich, weshalb ich mit ein Grinsen nicht verkneifen konnte.

"Yumiko, aus Ebenholz City. Ich habe vor ein paar Wochen gegen dich gekämpft", zischte sie nun ungeduldig durch geschlossene Zähne. Da schien bei ihm wohl endlich der Groschen gefallen zu sein.

"Ach, ja richtig. Du bist Sandras Kleine!" Das war Strike Nummer zwei. Zuerst erinnerst du dich nicht einmal an sie und dann nennst du sie "Kleine". Böses Faul. Es war offensichtlich, dass sie für den jungen Mann in der Tür schwärmte. Als junges Mädchen hörte man so etwas wie "Kleine" gar nicht gerne. Obwohl ich ihm dankbar war, mit seiner kleinen Bemerkung wenigstens für mich das Rätsel um ihre Mutter endgültig gelöst zu haben. Yumiko sah auch wenig begeistert aus. Bevor sie verbal zurückschlagen konnte und uns eine wunderbare Übernachtungsmöglichkeit dadurch versaute, schritt ich ein.

"Hi, Hyousuke, richtig?", lenkte ich seine Aufmerksamkeit weg von Yumiko und auf mich. "Entschuldige die späte Störung, aber Yumiko und ich kommen von Teak City. Wir sind seit Tagen unterwegs und wirklich müde. Sie meinte, du könntest uns helfen eine Bleibe zu finden?"

Er überlegte kurz und machte den Weg ins Innere frei.

"Natürlich, kommt rein." Ich nickte ihm dankend zu und schob Yumiko vor mich her hinein in die Arena, gefolgt von Psiana.

 

Yumiko wirkte in sich gekehrt, dennoch wollte ich das Gespräch am Laufen halten, damit sie nicht doch noch auf die Idee kam, wegen seines Fauxpas von vorhin zu meckern. Junge Herzen konnten unberechenbar sein.

"Danke, das ist sehr nett von dir." Ich sah ihn von der Seite an. Er wirkte ein wenig älter als ich und überragte mich jetzt, da ich direkt neben ihm lief, um einen ganzen Kopf. Unter seinen etwas längeren, strubbeligen platin-blonden Haaren blitze vorne eine einzelne, schwarze Strähne hindurch. Mir entging nicht, dass er eine kurze Caprihose mit Sandalen trug und ich fragte mich, wie er die Kälte in seiner eigenen Arena überhaupt aushielt. Schon, als wir hinein getreten waren, war es um mehrere Grad kälter geworden, was sicherlich an dem Eisfeld lag, das als Arena diente und hier irgendwo sein musste. Zu den kurzen Hosen ein rotes Halstuch zu tragen, wirkte schon fast kurios. Was brachte das? Oben war Winter unten war Sommer, das machte keinen Sinn!

"Kein Problem. Ich wohne selbst oben in der Arena, da sind genug Zimmer frei. Aber wieso habt ihr denn nicht vorher ein Zimmer in einer der Pensionen gebucht?"

"Wir sind spontan aufgebrochen", antwortete ich vage. Ihm jetzt die ganze Geschichte zu erklären, würde zu lange dauern. Außerdem hatte ich keinen Kopf dazu. Meine Gedanken richteten sich jetzt auf eine Dusche und etwas zu Essen.

Wir gingen einen langen, breiten Gang ohne Fenster entlang, in dem wir an einer großen, runden Tür vorbei gingen, über der wieder die Schneeflocke zu sehen war. Ich vermutete, dass sich dahinter der Arenaraum befand. Am Ende des Ganges führte eine geschwungene Treppe nach oben durch die Decke. Jede Stufe tat dabei besonders in meinen geschundenen Waden weh, aber ich biss noch ein letztes Mal die Zähne zusammen. Die Treppe würde ich auch noch schaffen. Oben erwartete uns ein weiter Raum, der durch mehrere Stellschirme in einzelne Bereiche getrennt wurde. Weiter Hinten gab es jedoch auch einzelne durch Türen und richtige Mauern getrennte Räume. Hoffentlich hatte einer davon eine Dusche.

"Ich wohne hier mit Nana. Wartet einen Moment, ich hole sie." Und damit verschwand er in den hinteren Bereich. Ich nutzte die Gelegenheit um leise mit Yumiko zu flüstern.

"Nimm’s nicht so schwer. Er hat sich ja noch an dich erinnert." Yumiko verschränkte mit einer Grimasse die Arme.

"Es waren gerade mal ein paar Wochen."

Ich konnte einen Seufzer nicht unterrücken. Sie mochte eine gute Trainerin sein, aber sie war trotzdem mitten in der Pubertät. Viel zu ernst genommene Schwärmereien gehörten dazu. Das hieß nicht, dass ich gut damit umgehen konnte.

"Du sagtest, du kennst ihn. Du hast nur einmal gegen ihn gekämpft", flüsterte ich, die Hände in die Hüften gestemmt. Ich kann nicht glauben, dass ich gerade wirklich so eine Konversation führe.

"Wir haben danach noch Tee getrunken", zischte sie zurück, als sei damit alles geklärt. Ich wollte keinen Streit anfangen, aber sie verhielt sich mir hier eindeutig zu kindisch.

"Das mag sein, aber ich fühle mich jetzt schlecht, dass wir hier bei ihm geklopft haben, obwohl er uns nicht kennt. Wenn ich das gewusst hätte dann-

"Dann was? Wo wärst du hingegangen?" Sie wurde sauer. Leider hatte sie Recht. Ich kannte die Stadt nicht.

"Pensionen haben Schilder, also wäre ich zu einer gegangen." Entgegnete ich ruhig.

"Und wie hättest du bezahlt?" Sie warf mir einen schiefen Blick zu. Sie wusste genau, dass ich momentan auf ihr Geld angewiesen war. Das war ein Tiefschlag. Ich kniff die Augen zusammen und hätte mich beinahe auf ihr kindisches Niveau herabgelassen und ihr die Zunge herausgestreckt. Beinahe.

"Du hättest bezahlt. Oder hättest du unter den Sternen geschlafen? Mal wieder."

"Natürlich hätte ich das. Ich habe kein Problem damit, auf dem Boden zu schlafen." So kamen wir hier nicht weiter.

 

Ich hörte eine Tür zu gehen und ging davon aus, dass Hyousuke mit Nana, vermutlich seiner Freundin, zurückkahm. Wenn Yumiko auch noch sah, dass er in festen Händen war, würde ihre Laune nur noch schlechter werden.

"Hast du wenigstens gewonnen?", fragte ich sie, bevor Hyousuke um die Ecke kam.

"Nein", hörte ich sie nur murren. Daraufhin kicherte ich, sehr zu ihrem Missfallen. Zu ihrer Verteidigung: es war nicht gerade leicht als Drachen-Pokemon-Trainerin in einer Eisarena zu bestehen.

Da erschien auch schon Hyousuke mit…Nana im Schlepptau. Okay, das ist nicht seine Freundin. Eine alte Frau mit langen, weißen Haaren kam lächelnd zusammen mit Hyousuke auf uns zu. Da realisierte ich, was er mit Nana gemeint hatte. Das war kein Name. Das war-

"Hallo, ihr Lieben. Willkommen in unserer kleinen Arena. Ich bin Hyousukes Großmutter, Akane. Ihr dürft aber gerne Nana zu mir sagen." Sie verbeugte sich vor uns, nahm uns daraufhin jedoch einer nach der anderen herzlich in den Arm. Sie erinnerte mich ein wenig an meine Mutter, die sofort alles adoptierte, was sie länger als fünf Minuten kannte. 

Nachdem sie uns aus ihrer Umarmung befreit hatte, erwiderte ich zusammen mit Yumiko die Verbeugung.

"Vielen Dank, dass wir heute hier bei Ihnen schlafen können", sagte ich ihr, was sie jedoch abwinkte.

"Papperlapapp. Wir haben genug Platz." Sie streckte die Hand aus, um Habitak mit dem Finger über den Federkopf zu streichen. Auch Psiana erhielt eine freundliche Begrüßung, die sie zu meiner Überraschung sogar mit einem Ablecken der Hand erwiderte. Darüber war ich sogar ein wenig eifersüchtig. Psiana kannte sie erst ein paar Minuten und behandelte sie freundlicher als mich, die ihren Bruder gerettet hatte.

"Ihr müsst Hunger haben. Ich werde euch etwas zu Essen machen. Hyousuke, zeigst du den Damen bitte, wo sie schlafen können. Sie wollen sich bestimmt frisch machen." Ohne zu zögern drehte sich Hyousuke um und ging wieder Richtung Türen. Diesmal folgten wir ihm. Psiana blieb bei Nana zurück.

Dass Hyousuke mit seiner Oma zusammen wohnte, war sympathisch. Unerwartet, aber sympathisch. Ob Yumiko genauso dachte? Kurz beobachtete ich sie von der Seite, sie hatte jedoch wieder diesen träumerischen Blick im Gesicht. Jap, sie denkt genauso. 

 

Er blieb vor der ersten Tür stehen. "Das ist unser Gästezimmer. Ich fürchte, ihr müsst euch das Zimmer teilen. Aber es hat ein eigenes Bad. Ich bin in der Küche und helfe Nana, wenn ihr was braucht." Damit drehte er sich wieder um und verschwand in den vorderen Bereich. Yumiko spähte bereits neugierig in das Zimmer hinein. Ich war ihr dicht auf den Versen.

Es war klein und spartanisch, aber es hatte ein großes, weich aussehendes Bett. Mehr brauchte ich gar nicht. Yumiko warf bereits ihren Rucksack auf eine Seite des Bettes. Dann würde ich die andere nehmen. Ich tat es ihr gleich und schmiss mich auf die Matratze, nachdem ich meine Schuhe ausgezogen hatte. Zufrieden stellte ich fest, dass es genauso weich war, wie es ausgesehen hatte.

"Willst du zuerst duschen? Dann helfe ich beim Essen." Sie wollte ganz sicher nicht beim Essen helfen. Ich bezweifelte, dass sie überhaupt eine Küche benutzen konnte. Ihre Gründe waren gänzlich anderer Natur. Aber wer war ich, ihr diesen Wunsch zu verbieten?

"Das wäre toll. Ich brauch wirklich eine Dusche." Sie nickte, verschwand aber trotzdem kurz im Bad, um sich frisch zu machen. Danach verließ sie den Raum und ich war zum ersten Mal seit Tagen allein. Vorsichtig setzte ich Habitak auf dem Bett ab.

"Wehe du kackst auf mein Bett", sagte ich mit erhobenem Finger zu dem Vogel. Bisher war es immer so schlau gewesen sich zu melden, wenn es mal musste, damit ich es rechtzeitig von meiner Schulter herunter nehmen konnte. Es legte den Kopf schief und schien verstanden zu haben.

Ich verlor keine Zeit und entledigte mich all meiner Klamotten um kurz darauf unter die Dusche zu hüpfen. Das Bad war westlich eingerichtet und hatte demnach glücklicherweise keinen Schlauch. Doch auch den hätte ich in diesem Moment genommen. Das Bad von heute Morgen war zwar angenehm gewesen, aber nichts ging über eine warme Dusche.

Ich schüttelte meine nassen Haare und ließ sie dann offen herunter hängen. Nur mit dem Handtuch bekleidet lief ich hinaus in das kalte Zimmer und suchte zitternd frische Kleider aus meinem Rucksack. "Dass ich immer vergessen muss mir gleich Klamotten mitzunehmen", fluchte ich. Die Situation völlig ignorierend, hüpfte Habitak derweil auf dem Bett herum und Piepte vergnügt. 

Mit einer Hand riss ich meinen Hoodie und meine zweite Hose heraus. Daraufhin verschwand ich tippelnd wieder im vom das Wasser aufgeheizte Bad. Mein Blick fiel auf die Badewanne und aus einem Impuls heraus ließ ich kaltes Wasser ein. Während sich die Wanne hinter mir geräuschvoll füllte zog ich mir die frischen Klamotten an. In der Arena war es generell kühl, weshalb ich mich zusätzlich zu einem leichten T-Shirt für den Hoodie entschieden hatte. Auch er war ein Fund in der Männerabteilung gewesen. Ich mochte es nicht, wenn Hoodies oder Pullover zu eng saßen, daher besorgte ich mir die generell bei den Herren. Dieses Exemplar hatte eine dunkel-purpur Färbung und am rechten Ärmel schlängelten sich die silbernen Umrisse eines Arbok hinauf. Der Kopf saß auf Höhe des Schulterblatts auf meinem Rücken. Was sollte ich sagen, ich hatte eine Schwäche für Schlangen und die Art, wie das Arbok mit feinen, silbernen Umrisslinien dargestellt wurde, war wirklich schön.

Meine Hose war im Grunde wie die erste, nur ohne die ganzen Taschen. Sie war im Ganzen bequemer und weicher zu tragen, aber auch wesentlich anfälliger, weshalb sie für Reisen eher ungeeignet war. Hier innerhalb des Hauses jedoch, war sie perfekt.

Da der Hoodie zusätzlich eine Kapuze hatte, band ich meine noch feuchten Haare nun doch zu einem Knoten. Sie verhedderten sich ständig in der Kapuze und überhaupt war das Gefühl von Haaren auf dickem Stoff unangenehm.

Der Spiegel war ein wenig beschlagen und, obwohl man das nicht machen sollte, wischte ich mit der Hand ein Blickfenster frei, sodass ich mich sah. Ein wenig lachte ich dabei über mich selbst. Zwei Tage hatte ich in der Sonne verbracht und war kein bisschen brauner geworden. Typisch. Wobei, vielleicht war das ein Sonnenbrand auf der Nase. Schulterzuckend wendete ich mich um und drehte das noch laufende Wasser aus. Die Badewanne war mittlerweile gut gefüllt. Ich prüfte das Wasser, ob es nicht doch zu warm war entschied jedoch, dass es eine gute Temperatur hatte.

Nachdem ich kurz noch einmal an meinem Rucksack war, stand ich nun wieder vor der Wanne, den grünen Freundesball in der Hand. Unschlüssig drehte ich ihn in meinen Händen. Muss ich den Ball werfen und dabei seinen Namen rufen? Nein, das hat Yumi auch nicht immer gemacht. Einfach fallen lassen wird wohl auch nicht gehen.

Mit einem Druck auf die Mitte ließ ich den Ball zunächst zu seiner Originalgröße wachsen. Danach ging ich soweit das Bad es zuließ nach hinten, weg von der Badewanne und schmiss ohne viel Kraft in den Wurf zu legen den Pokeball. Dabei zielte ich auf die Wasseroberfläche. Sofort erschien ein leuchtender Strahl. Ein sicheres Zeichen, dass es funktioniert hatte. Dem Strahl folge ein platschendes Geräusch und Wasser schwappte über den Rand. Als gäbe es einen unsichtbaren Faden, der meine Hand mit dem Ball verband, flog der er im selben Bogen wieder zurück in meinen Griff.

In der Wanne hingegen schwamm nun ein freudiges Karpador. Das bewegte sich im Wasser deutlich besser, als an Land. Wieso konnte ein Goldini problemlos außerhalb des Wassers kämpfen, aber Karpador war aufgeschmissen?

"Dann werden wir eben im Wasser kämpfen", sagte ich und kniete mich hin, die Hände stützte ich am Wannenrand ab. "Du kannst Tackle, oder?"

Sashimi hatte aufgehört im Kreis zu schwimmen und starrte mich durch das klare Wasser hinweg an. Antworten konnte es natürlich nicht. "Von Platscher gehe ich aus, aber es wäre gut, wenn du wenigstens Tackle drauf hättest?" Ich wusste nicht wirklich, was ich mir von dieser Unterhaltung erhoffte. Es konnte mir nicht sagen, welche Attacken es konnte. Wie machten das die anderen Trainer? Gab es offizielle Listen, was ein Pokemon in etwa an Attacken im Repertoire haben sollte und wurde die dann beim ersten Training abgearbeitet?

"Tackle!", befahl ich, den Blick auf Karpador gerichtet. Dieses drehte sich um und schwamm mit einem starken Schwanzzug auf die andere Wand der Wanne zu. Man hörte deutlich, als es Kopf voran auf den Stein, aus dem die Wanne gemacht war, prallte. In einer Welle übergoss sich eine Menge Wasser über den Boden. Das würde ich aufwischen müssen, bevor ich zu den anderen ginge.

Karpador trieb nach dem Schlag auf den Kopf im Wasser. Besorgt griff ich nach dem Fisch und hob ihn aus dem Wasser.

"Das tut mir leid, ich wollte nicht, dass du dir weh tust." Sashimi hatte etwa die Größe und das Gewicht meiner Katze, weshalb ich ihn gut halten konnte. Ich strich ihm über den Kopf wo ich den Schmerz vermutete, wenn es denn welchen hatte. Immerhin war es gut gepanzert. Aber er war mein erstes Pokemon, da war man etwas fürsorglicher, als es vielleicht nötig gewesen wäre. Tatsächlich brummte er in meinem Griff. Es mochte es, gestreichelt zu werden. Nur zu gerne kam ich dem nach.

"Was wohl Ramona sagen würde, wenn ich dich ihr zeigen könnte." Bisher hatte ich kaum die Ruhe gehabt, an zu Hause zu denken. Es war besser sich keine Gedanken darüber zu machen, ob die Zeit für sie stillstand oder nicht. Sollte Letzteres der Fall sein würden dort alle, besonders meine Eltern, das Schlimmste durchmachen. Ich drückte Sashimi unbewusst ein wenig an mich. Es waren bisher nur ein paar Tage und doch merkte ich, wie ich meine Familie und Freunde bereits begann zu vermissen. Mein Blick fiel auf das Karpador.

"Ich kenne jemanden, die dich bestimmt gerne kennen lernen würde." Ich grinste es an. "Stunden lang habe ich mit ihr über dich und all die anderen geredet, hab' mit ihr getauscht, gekämpft. Sie würde dich mögen." Ich hatte schon beinahe ein schlechtes Gewissen hier zu sein in einer Welt, in der andere nur liebend gerne auch nur eine Stunde verbringen würden. Dann war da ich, die ihr eigenes Karpador in Händen hielt und Trübsal blies. Reiß dich zusammen, Mädchen. 

Nach ein paar Minuten Streicheleinheiten rief ich Sashimi auf dieselbe Weise zurück, wie ich ihn schon herbei geholt hatte. Sashimi hier im Zimmer zurück zulasse brachte ich nicht übers Herz, also steckte ich ihn in die Bauchtasche des Hoodie. Mit meinem Handtuch wusch ich das Wasser auf dem Boden auf und ließ das in der Wanne ab. Es war Zeit zu den anderen zurück zu gehen. Schnell sammelte ich das Habitak ein und verließ das Zimmer.

 

Sofort stieg mir der herrliche Geruch nach gebratenem Gemüse und süßer Soße in die Nase. Ich konnte es kaum erwarten frisch Gekochtes essen zu dürfen. Ich ging den Geräuschen nach und fand Yumiko den Tisch deckend hinter einem der Stellschirme.

"Wieso bist du nass?", fragte sie irritiert. Mit einem Blick nach unten sah ich, dass mein Hoodie dunkle Stellen hatte, an denen ich das Karpador gehalten hatte. Ich winkte ab.

"Das ist nichts. Ist bestimmt gleich trocken." Das Essen war bereits so gut wie fertig, dennoch beobachtete ich neugierig, wie Hyousukes Großmutter die verschiedenen Gerichte beendete. Sie hatte viele verschiedene Speisen gekocht, die nun in Schüsseln auf den großen runden Tisch getragen wurden.

"Ihr könnt gerne eure Pokemon heraus holen. Nana hat auch für sie etwas gemacht", sagte Hyousuke, während er bereits drei Pokebälle in Händen hielt. Sofort kam Yumiko der Einladung nach und rief ihre Pokemon heraus. Schnell wurde das Gedränge groß, als sich Yumikos Pokemon mit denen von Hyousuke auf dem Boden tummelten. Mizu nahm dabei den größten Platz ein. Glumanda lief aufgeregt umher und begutachtete jedes von Hyousukes Pokemon.

Psiana lief einem aufgeregten Botogel hinterher, während Dragonir und ein elfenbeinfarbenes Jugong sich stumm anstarrten. So eisig die beiden miteinander umgingen, so freudig war das Sniebel. Oder besser gesagt die Sniebel. Hyousukes war ein wenig größer als das Exemplar von Yumiko und seine roten Federn schienen dunkler zu sein.

Nana sah mich erwartungsvoll an.

"Ehm, ich denke ich füttere mein Pokemon später, danke." Karpador würde sich auf dem Boden sicherlich nicht wohl fühlen.

Gemeinsam, umringt von neun Pokemon, nahmen wir Platz. Nana verteilte etwas von allem auf jeden Teller. Sofort stürzten sich Yumiko und ich auf das Essen: gefüllte Teigtaschen, gegrilltes Gemüse und mariniertes Fleisch. Der Geschmack explodierte förmlich in meinem Mund, sodass ich mich einige Minuten auf nichts anderes konzentrierte, als das Essen vor mir.

"Du bist aber ganz schön ausgehungert", amüsierte sich Hyousuke. Seine Bemerkung brachte ihm einen bösen Blick von seiner Großmutter ein.

"Habe ein wenig mehr Respekt, Junge!" Sofort warf er mir einen entschuldigenden Blick zu.

"Nein, er hat Recht. Ihr Essen ist der Wahnsinn, vielen Dank", sagte ich schmatzend zur alten Dame, die mich freundlich anlächelte.

"Yumiko hat uns erzählt, dass der alte Tahmoh euch geschickt hat." Ich sah Yumiko schief von der Seite an. Was hast du noch erzählt?

"Sie kennen den Hohepriester?", fragte ich, um das Thema ein wenig in andere Bahnen zu lenken. Wir hatten nicht wirklich besprchen, was wir anderen Menschen von unserer Mission erzählten. Ich machte mir eine innerliche Notiz, später mit Yumiko darüber zu reden. Leif wusste bereits Bescheid, aber wir mussten uns dringend überlegen, wie viel wir gegenüber Fremden von uns Preis gaben.

"Tahmoh ist ein alter Bekannter", grinste sie. "Er hat schon immer dazu tendiert zuerst zu Handeln und dann zu denken. Du bist das beste Beispiel." Ich schluckte schwer.

"Was meinen Sie?"

"Er hat Sie einfach hierher rufen lassen ohne auch nur in Betracht zu ziehen, dass sein Plan ein paar Fehler aufweist." Anscheinend geben wir alles preis.

"Er hat versucht seinen Leuten zu helfen", verteidigte ich ihn. Er und das gesamte Dorf waren mehr als nett zu mir gewesen, da fühlte ich mich dazu verpflichtet ihn in Schutz zu nehmen.

"Das ehrt ihn, aber es ist nicht die beste Lösung für unser Problem," diskutierte sie.

"Aber sie ist das beste, was wir im Moment haben", mischte sich nun Hyousuke ein. "Die Krankheit breitet sich aus und der Hohepriester stand unter Druck. Kommst du wirklich aus einem anderen Land?" Damit war das ruhige Essen vorbei. Hyousuke sah mich ungeduldig an.

"Ehm, ja. Mew war so großzügig mich hierher zu bringen, aber Yumiko wird das alles schon erzählt haben." Ich schenkte ihr ein eisiges Lächeln. Diese warf Hyousuke jedoch einen träumerischen Blick zu und bemerkte mich gar nicht. Du hast mich benutzt um interessanter zu sein. Darüber reden wir noch, Fräulein.

"Du hast meinen Respekt, Schätzchen. Dass du den ganzen Weg auf dich nimmst, um den Pokemon zu helfen ..." Nana hatte über den Tisch gegriffen und meine Hand mit ihrer umschlossen. Ich erwiderte die Geste.

"Danke, aber ich bin auch froh das alles hier erleben zu dürfen." Das war nicht gelogen.

"Bleibt solange ihr wollt. Wenn ihr etwas braucht, fragt Hyousuke. Oder nein, kommt gleich zu mir." Ich sah, wie der Junge rot anlief und schenkte ihm ein Lächeln. 

"Danke, Nana. Für alles. Das Essen war sehr gut", sagte Yumiko, bevor ich antworten konnte. Damit hatte Yumi alles gesagt. Ich half, den Tisch abzudecken und das Chaos zu beseitigen. Auch die Pokemon hatten sich an dem frischen Essen satt gegessen und lagen zum Großteil bereits eingerollt auf dem Boden. Glumanda lag auf Botogel, während die Sniebel Rücken an Rücken unter dem Tisch saßen. Nur Dragonir und Jugong hielten gebührenden Abstand. Psiana lief um Nana herum.

"Wie machen Sie das?", fragte ich sie. "Ich versuche seit Tagen einen Draht zu ihr zu bekommen, aber es klappt nicht."

"Meinst du Psiana? Ich habe gar nichts gemacht. Sie lief von selbst auf mich zu." Nun, das half mir nicht weiter. Argwöhnisch beobachtete ich das Pokemon. Sie schien sich zu Nana hingezogen zu fühlen. Die Frage war nur, wieso?

 

Wir verabschiedeten uns und zusammen mit Yumiko zog ich mich in unser Zimmer zurück. Ich entledigte mich der überflüssigen Kleidung, bis ich nur im T-Shirt am Bett stand. Meine Brille und den Ball von Karpador legte ich auf den Nachtisch bevor ich unter die Decke krabbelte. Leider hatten wir nur eine. Nachdem Yumiko eine ausgiebige Dusche genommen hatte, legte sie sich auf ihre Seite des Bettes.

"Meinst du es ist gut, allen von uns zu erzählen?", fragte ich sie ins Dunkel hinein. Ich hörte, wie sie sich umdrehte.

"Wieso denn nicht? Unsere Mission war noch nie geheim. Leif haben wir es ja auch erzählt."

"Ja, ich dachte nur-. Ich weiß nicht. Wenn wir jedem die Geschichte erzählen müssen wird das auf dauer ... ermüdend." Und ich wollte nicht immer dieselben Fragen beantworten müssen.

"Versteh' ich. Vielleicht sollten wir wirklich nicht alles erzählen. Du kannst ja aus Teak City stammen."

Damit war ich zufrieden. Ich konnte auch eine lebende Glühbirne aus Teak City sein. Besser als die Glühbirne aus einem fremden Land oder noch besser: einer fremden Dimension.

"Und du hast gegen ihn verloren?", wechselte ich schelmisch das Thema. Ich hörte, wie Yumiko in ihr Kissen stöhnte.

"Es war knapp! Sniebel hatte gegen Botogel und sein Sniebel gut gekämpft. Aber sein Jugong... Mizu hat alles gegeben, aber Jugong hatte die Oberhand." Dass Jugong die Oberhand gegenüber einem Dragonir hatte, war nicht verwunderlich. Wenigstens wurde dadurch das angespannte Verhältnis zwischen den beiden Pokemon erklärt.   

"Du magst ihn", stellte ich fest. Yumiko schnaufte schwer.

"Er ist ein guter Trainer und sein Sniebel ist gut trainiert", flüsterte sie.

"Das beantwortet nicht meine Frage." Nunja, es war auch nicht unbedingt als Frage gestellt gewesen.

"Ja, ich mag ihn. Hast du ihn mal angeschaut? Er sieht hammer aus!" Ich kicherte sie an.

"Wenn du das sagst. Wir sollten schlafen." Sie gab mir recht und kuschelte sich weiter in die Decke. Gegenüber der Luftmatratze bevorzugte ich das Bett allemal.


Nachwort zu diesem Kapitel:
- ihr kommt in Mahagonia an und findet Unterschlupf in der Arena.
- Yumiko hat vorher einmal gegen den/die ArenaleiterIn gekämpft und eine Art "Schwarm" entwickelt.
- Der/die ArenaleiterIn hat ein Sniebel Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  yazumi-chan
2015-08-17T13:33:58+00:00 17.08.2015 15:33
>>Schon, als wir hinaein getreten waren<< Interessante Schreibweise ;D
>>"Wehe du kackst auf mein Bett", sagte ich mit erhobenem Finger zu dem Vogel.<< Hahahaha :D Das erinnert mich jetzt an das Habitak in meiner Fanfic xDD Was wird den armen Vögeln auch immer unterstellt.

Ein sehr unterhaltsames Kapitel :D Als Hyousuke Yumiko nicht erkannt hat, musste ich schon ziemlich grinsen. Auch die Kommentare deines SI waren ziemlich amüsant und die Szene mit dem Karpador in der Badewanne sehr niedlich. Ich hätte glaube ich richtige Angst, was in der "normalen" Dimension so vor sich geht. Und dass man seine Familie und Freunde vermisst, ist klar.
Hm, Psiana und die Oma. Ein Mysterium. Ich würde ja sagen, dass sie eine alte Cat-Lady ist xD
Antwort von:  ougonbeatrice
17.08.2015 20:30
Oh verdammt, danke o.o Die dämlichsten Fehler entdeckt man dann nichtmal beim fünften Mal.
Es ist ein Vogel.... die machen was sie wollen ^.^ Ein Taubsi hätte dieselbe Behandlung bekommen.

Freut mich aber, dass du Spaß hattest :D


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