Zum Inhalt der Seite

Gotta heal 'em all!

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Rollenspiel

Schnaufend erreichte ich endlich den fünften Stock. Innerlich verfluchte ich meine nicht vorhandene Kondition. Den ganzen Weg hat sich Tahmoh nichts anmerken lassen, ob das Treppensteigen ihm ebenso zu schaffen machte, wie mir. Der Mann musste über 70 Jahre alt sein und doch stand er nun vor mir, milde lächelnd und wartete darauf, bis sich meine Atmung ein wenig beruhigte.

Mit schweißfeuchten Händen fegte ich zum Gefühlt hundertsten Mal ein paar lose Strähnen aus dem Gesicht. Ein Glück band ich mir vor dem Schlafengehen aus Gewohnheit die Haare zusammen. Sie waren viel zu lang, als dass ich sie während des Schlafens offen lassen könnte. Beim Herumdrehen hätte ich mich selbst mit meinen Haaren stranguliert. Nein, da schlief ich lieber mit einem Zopf. Wenn sie jetzt offen gewesen wären, käme zu meiner Blindheit noch ungebändigte Haare hinzu.

Warum konnte der alte Mann nicht aufhören zu lächeln. Das machte mich wahnsinnig. "Ein so junger Mensch müsste doch eigentlich die Treppen hoch springen können", hörte ich seine spottende Stimme in meinen Gedanken. Wenn ich nun mal die meiste Zeit im Sitzen verbrachte, sei es in der Uni oder zu Hause, dann konnte ich die Treppen nicht gerade mal so hinaufrennen. Wenigstens erwähnte er seine Gedanken nicht laut, sodass mir eine öffentliche Blamage erspart blieb.

Stattdessen drehte er sich um und führte mich zu einem abgetrennten Raum hinter dem Herzpfeiler. Ein wunderschöner Stellschirm blockierte die Sicht auf den Bereich dahinter. Auf jeder Paneele war ein Pokemon abgebildet. Es waren die legendären Vögel mit Lugia und Ho Oh, die zu tanzen schienen. Jede Paneele war einem Pokemon und dem jeweiligen Element gewidmet, mit einer sechsten leeren Paneele. Gemalt war das Gemälde wohl auf Seide, zumindest ließ der Glanz der Farbe darauf schließen.   

 

Der Hohepriester führte mich eilig um den Stellschirm. Dahinter saßen drei jüngere Frauen im Kimono auf Tatami-Matten mit einem Wesen zu ihren Füßen. Nein, nicht ganz. Die Dritte hatte ihren Zenit bereits überschritten. Sofort warfen sie sich zu Boden und verneigten sich mit ausgestreckten Armen so tief, dass ihre Gesichter den Boden berührten. Hoffentlich reagierten sie hier gerade auf den Auftritt des Hohepriesters. Mein Blick ging zu dem Wesen und die Neugier trieb mich ein wenig nach vorne, um es besser zu erkennen.

Es lag eingerollt auf einer Decke und schien zu schlafen. Meine Augen weiteten sich und meine Atmung setzte aus, als ich erkannte, was da vor mir lag. Zuvor hatte ich zwar bereits ein Mew gesehen, aber da hatte ich nur ein pinkes Ding wahrgenommen, ohne zu wissen, was es war. Aber hier vor mir lag ein echtes, atmendes Nachtara.

Und es war riesig. Ich hatte mir die Evoli-Entwicklungen immer wie etwas zu groß geratene Hauskatzen vorgestellt, aber das, was ich sah, überstieg jede meiner Schätzungen. Dieses Exemplar hatte annähernd die Größe eines Australien Shepard. Zwar lag es eingerollt vor mir, aber gemessen an der Länge des Rückens und der Beine musste es mindestens einen Meter groß sein.

Die Frauen im Kimono sahen abwechselnd zu mir und zu dem schlafendem Nachtara. Gerade, als ich mich den bisher stillen Frauen vorstellen wollte, bemerkte ich ihre geröteten Augen. Hier stimmt etwas nicht...

 

"Bitte, hilf ihm!", sprach die Älteste der Frauen mit gebrochener Stimme. Ihr Blick fiel auf das Nachtara, was mir plötzlich gar nicht mehr friedlich schlafend erschien. Helfen? Was soll ich bitte tun? Langsam lief ich auf das Tier zu mit den Blicken des Hohepriesters im Nacken. Je näher ich kam desto mehr begriff ich, dass dieses Nachtara alles andere als gesund war. Normalerweise sollte sein Fell tief schwarz sein, aber dieses hier war eher matt gräulich. Auch die Ringe waren nicht so kräftig gelb leuchtend, wie ich es erwartet hätte.
 

Vorsichtig legte ich meine Hand auf den Kopf des bewegungslosen Nachtaras. Das Gefühl, ein echtes Pokemon zu berühren und seine Wärme zu spüren, war regelrecht magisch. Zu meiner Überraschung fühlte sich das kurze Fell tatsächlich eher nach einem groben Fließ an, als nach einem weichen Teppich. Jedes einzelne der kurzen Haare pikten beim Darüberstreichen. Behutsam fuhr ich ihm über die angelegten Ohren, die viel zarter waren, als das restliche Fell. Aufs Neue wiederholte ich diese Bewegung und kraulte es zusätzlich hinter seinen langen Lauschern. An dieser Stelle liebte es meine Katze, massiert zu werden, daher verfiel ich aus Reflex in diese Gewohnheit.

Plötzlich leuchteten seine Ringe auf. Strahlend gelbes Licht erfüllte den Raum hinter dem Stellschirm. Die Frauen im Kimono gaben erschrocken Jasper von sich. Instinktiv wollte ich meine Hand wegziehen, aber sie schien wie ein Magnet an dem Nachtara zu kleben.

Der Hohepriester scheuchte die Frauen zur Seite, um sie von uns Beiden zu isolieren. "Was zum-?!" Immer heller erstrahlte das Licht und breitete sich schließlich auf meine Hand aus. Schneller und schneller fraß sich der Schein voran, bis mein ganzer Körper leuchtete. Geblendet von dem Licht verdeckte ich die Augen, doch sogar das innere meines Lides schien zu strahlen.

Mit einem letzten Flackern war das Licht mit einem Mal verschwunden. Sofort konnte ich meine Hand von dem Nachtara lösen. Dieses wedelte zuerst mit den Ohren und hob schließlich den Kopf. Ich lächelte es an, als es mir mit verschlafenen Augen zublinzelte. Eine der Frauen hinter mir quietscht und rannte so schnell es ihre Kleider zuließen an mir vorbei und warf sich neben das Nachtara. Sofort wurde es in eine innige Umarmung eingeschlossen. Zu sehen, wie vertraut manche Menschen tatsächlich mit ihren Pokemon umgingen, wärmte mir das Herz. 

 

Ohne Vorwarnung drehte sich die alte Frau plötzlich um und warf mich beinah mit einem stürmischen  Angriff ihrer Zuneigung um. Zu allem Überfluss weinte sie sich auch noch an meiner Schulter aus. Tahmoh, Hilfe!

Überfordert mit dem emotionalen Ausbruch tätschelte ich ihr steif den Rücken, oder eher den massigen Obi. Im Ernst Herr Priester, helfen Sie hier mal. Verstört suchte ich den Blick Thamohs, der auf die beiden anderen Frauen einredete. Auch diese lagen sich in den Armen und schluchzten vor Freude.
 

Unterdessen hing noch immer ein riesiges Bündel Stofflagen an meiner Schulter. Räuspernd verschuf ich mir Gehör. "OK, das reicht." Der Griff um mich lockerte sich nicht und meine Versuche, mich herauszuwinden blieben erfolglos. "Im Ernst das reicht. Tahmoh!", rief ich schließlich, woraufhin sich der Hohepriester sich endlich der Frau annahm und sie von mir weg zog. Immer wieder murmelte sie, kaum hörbar durch ihr Geschluchzte, wie dankbar sie war.

 

Dankbar für was genau? Ungläubig schüttelte ich den Kopf. "Ich würde jetzt wirklich gerne wissen, was hier los ist. Kann mir irgendjemand sagen, was das hier gerade für ein Lichterfest war?" Gezielt hatte ich den Hohepriester angesprochen. Von den aufgelösten Damen erwartete ich sowieso keine klare Antwort.

Nachtara kuschelte sich derweilen an ihre Trainerin. Mir fiel auf, dass es nun mehr...Farbe hatte. Das Schwarz schien kräftiger zu sein und das Gelb leuchtete heller. Damit ähnelte es schon eher meiner Vorstellung eines Nachtaras.

 

"Wir sollten uns zurück ziehen. Du musst Hunger haben. Beim Essen werde ich dir alles erklären." Kaum hatte er die alte Frau im Kimono ihrem Nachtara überlassen, bemühte er sich mich wieder hinter den Stellschirm zu bringen. Oder eher VOR den Stellschirm.

 

"Stopp!", abwehrend hob ich die Hände. Ich war nicht gerade ein zartes Pflänzchen und konnte mit meinem Gewicht einen älteren Mann hindern, mich herum zu schieben. Selbst wenn er ein wenig größer war, als ich. "Hohepriester, ich schätze ihre Sorge um mein Wohlbefinden", verdammt ich hab wirklich Hunger, "aber Essen kann ich später. Jetzt würde ich wirklich gerne wissen, was ich hier soll."

 

Sprachlos starrte Tahmoh mich an. Auch die Frauen im Kimono ließen ihre Aufmerksamkeit zwischen uns Beiden im Wechsel umherschweifen. Die Dritte war versunken in einem Gespräch mit ihrem Pokemon. Wenigstens Eine war zufrieden.

 

"Ich kann verstehen, dass dir ein wenig unwohl sein muss. Meine Taten habe dich laut deiner Aussage aus deiner gewohnten Umgebung gerissen, was ich bedauere. Mit einem solchen Ausgang hatte ich nicht gerechnet", gab der Priester offen zu. Langsam hatte er seine Hände auf den Rücken gelegt und musste sie dort auch gefaltet haben, was sich jedoch meiner Sicht entzog. Durch die Pose wirkte er autoritärer.

 

"Das mag sein und doch bin ich hier", seufzte ich mehr zu mir selbst, als zu einem der Anwesenden. Die Damen begnügten sich damit, das Schauspiel aus einer neutralen Ecke zu beobachten. "Sie sagten Mew hätte mich auf Ihren Wunsch nach Teak City gebracht. Das erklärt jedoch noch nicht, weshalb Sie diesen Wunsch überhaupt erst geäußert hatten."

 

"Dieses Nachtara hinter mir war krank. Und so wie er, leiden unzählige andere, arme Pokemon an dieser mysteriösen Krankheit." Während er sprach hatte ich die Hände über der Brust gefaltet. "Was für eine Krankheit?", fragte ich nach.

 

"Wir nennen sie den Schattenriss." Noch nie davon gehört. Sein Blick fiel auf das Pokemon hinter ihm. "Bisher endete sie immer tödlich." Mit weiten Augen zog ich scharf die Luft ein. Von einer Krankheit, die Pokemon tötet, hätte ich definitiv gehört.

"Wie furchtbar", erwiderte ich, woraufhin er mir zunickte.

"Menschen sind davon nicht betroffen, zumindest noch nicht. Die Krankheit verläuft immer gleich. Zunächst werden die Pokemon träge, was an sich unbedenklich ist. Doch dann beginnt ein Schatten sich über ihren Körper zu legen. Erst nur an einer Stelle ihres Körpers. Doch er breitet sich mal schneller mal langsamer aus, bis schließlich das Pokemon völlig überzogen ist. Egal, was wir versuchen, es lässt sich nicht aufhalten, geschweige denn rückgängig machen. In diesem letzten Stadium bewegt es sich nicht mehr. Es frisst nicht und trinkt nicht mehr. Wir ernähren es mit der Hand, doch das zögert das Ende nur hinaus. Schließlich hört es einfach auf zu atmen."

 

Ich war völlig sprachlos und hatte aus Schock die Hände über meinen Mund gelegt. Diese Krankheit klang furchtbar. Den Schmerz, zusehen zu müssen wie das eigene Pokemon langsam starb wollte ich mir nicht vorstellen. Als ehemalige Hundebesitzerin hatte ich eine Ahnung wie es sich anfühlte, dem eigenen Tier beim Sterben zusehen zu müssen, und wie es sich von Tag zu Tag quälte. Ich wagte nicht zu behaupten, dass die Trainer dieselbe Erfahrung durchmachten. Aber sie war vergleichbar.

 

"Das tut mir.... wirklich leid", erwiderte ich ehrlich, als ich meine Stimme wiedergefunden hatte. "Also habt ihr Mew gebeten, die Krankheit zu heilen." Tahmoh schüttelte den Kopf.

"Nicht direkt. Ich habe mich an alle Legendären gewandt. Der Zinnturm ist zwar Ho-Oh geweiht, doch jedes legendäre Pokemon ist hier willkommen und hat eine innere Verbindung mit diesem Ort. Mew war das Legendäre, was unserer Bitte Gehör geschenkt hat." Er verbeugte sich wieder, was die Damen ihm eilig nachtaten, jedoch ein klein wenig tiefer zum Boden gerichtet.

 

Fragend legte ich den Kopf schief. "Aber in wie fern hat Mew euch erhört? Was hat es sich nur dabei Gedacht mich hierherzubringen?"

 

Mit seinen Händen umschloss er die Meinen und lächelte mich wie der Großvater, den ich niemals hatte, an. "Wir haben um Hilfe gebeten und du wurdest uns geschickt. Du hast deinen Wert bereits bewiesen."

 

Meinen Wert bewiesen? Oh nein, der meint doch nicht-! Eilig entzog ich mich aus seinem Griff, was er noch immer lächelnd geschehen ließ. "Sie glauben, ich habe das Nachtara geheilt?", fragte ich mit hoher Stimme. Als Antwort nickte er einfach.

 

"Moment, damit hatte ich nichts zu tun. Es hat sich selbst geheilt mit diesem...komischen...Licht." Die Vorstellung war absurd. Ich hatte das Pokemon nur gestreichelt. Geleuchtet hatte es von ganz alleine.

 

"So etwas, wie eben, ist noch nie passiert. Dieses 'komische Licht' hast du ausgelöst." Er sprach mit einem Ton, als erklärte er gerade einem Kind, dass es heute keine Süßigkeiten mehr bekam. "Sie haben mein Nachtara gerettet", meldete sich zum ersten Mal die Besitzerin zu Wort. Ihre Stimme war heiser von Freudentränen.

 

"Nein!", erwiderte ich entschieden. "Ich kann das nicht. Leuchten, meine ich. Und Heilkräfte habe ich auch nicht." Monster mit anderen Monstern zu bekämpfen, war eine Sache. Aber hier sprachen wir von übernatürlichen Dingen. Bei dem Gedanke, dass diese Leute in mir so etwas wie den Heiland sahen, der durch Handauflegen Krankheiten heilen konnte, wurde mir schlecht.

"Ich bin froh, dass es dem Nachtara besser geht. Ehrlich. Aber ich bin keine Heilerin."

In Gedanken versunken rieb sich der Priester am Kinn. "Das Legendäre hat dich nicht ohne Grund hierher gebracht. Wenn es der Meinung ist, dass du uns - nein - den Pokemon helfen kannst, dann kannst du uns helfen." Ich setzte zu einem Gegenschlag an, doch er hob abrupt die Hand und schnitt mir damit das Wort ab.

 

"Das Licht gerade eben begann, als du das Nachtara berührt hattest. Wenn du es nicht bewusst getan hast, dann ist es unterbewusst passiert. Fakt ist, du hast dem Pokemon geholfen." Er machte klar, dass er keine Widerrede wünschte. Bisher war er freundlich und zuvorkommend gewesen, doch nun zeigte er, dass er Hohepriester nicht ohne Grund war.

 

"Ich würde es nun begrüßen, wenn wir unser Gespräch auf einen geeigneteren Ort verlegen könnten. Mein Rücken verlangt nach einer richtigen Sitzgelegenheit", erwiderte er versöhnlich. Resigniert gab ich auf. "Ich nehme das Angebot für Essen jetzt gerne an."

 

__________________________________________________________________

 

Begleitet von den zwei jüngeren Damen im Kimono, Komoko und Satsuko, ging ich durch die Stadt in Richtung Tanztheater, wie ich vermutete. Tahmoh hatte sich für eine Weile verabschiedet mit dem Versprechen, später zu uns zu stoßen. Die Menge vor dem Turm, die bei meiner Ankunft anwesend gewesen war, hatte sich mittlerweile zerschlagen. Nun wurde ich von jeweils einer Dame flankiert durch die Stadt geführt. Gnädigerweise hatte man mir Schläppchen überlassen, sodass ich nicht gezwungen war barfuß durch die Stadt zu marschieren.

Überall standen Bäume jeder Art. Es herrschte ein ständiges Rascheln vom Wind , der durch die Baumkrones wehte. So wunderschön der Anblick auch war, ich kam nicht umhin mir vorzustellen, wie es im Herbst sein musste. Wer räumte hier die Blätter weg? Und wohin? Bestimmt wurde dafür jedes Jahr ein Relaxo engagiert. Die fraßen alles, also würde eines wohl auch liebend gern alle Blätter auffressen.

Viele der Passanten erkannten mich, was nicht sonderlich schwer war. Welcher normale Mensch lief halb nackt durch die Straßen begleitet von zwei Frauen im Kimono, eine für jede Hand. Mh, der Gedanke klang irgendwie falsch.

Die meisten blieben stehen und warteten etwas seitlich stehend, bis ich sie passiert hatte. Jedes Mal verneigten sie sich, bis ich an ihnen vorüber gegangen war. Diese Respektsbezeugungen wurden mir langsam zu viel und ich versuchte, das Tempo etwas anzuziehen, um schneller ans Ziel zu gelangen. Doch ihre eng gebundenen Kleider und die Geta ließen eine höhere Geschwindigkeit nicht zu.

 

Nachdem sich gefühlt die halbe Stadt vor mir verbeugt und ich dutzende Hände geschüttelt hatte, erreichten wir ein kleines Häuschen aus Holz: das Tanztheater. Geschäftszeiten waren erst gegen Abend, deshalb war der Unterhaltungsraum völlig leer. Satsuko führte mich zu einem Tisch und versprach mir warmen Tee mit Gebäck.

Das Theater war ein traditionell eingerichteter Raum mit mehreren Tischen und Sitzgelegenheiten. An der langen hinteren Wand gab es eine einfache Bühne, auf der Satsuko und die anderen jeden Tag Aufführungen vor Publikum machten. Bilder, oder Pflanzen gab es keine. Man sollte sich wohl ausschließlich auf die Tänzer konzentrieren können.

 

Es dauerte nicht lange, da kehrten die Beiden mit einer Karaffe Tee und einer Platte Gebäck zurück. Elegant routiniert goss Komoko den Tee in eine Schale und reichte sie mir. Der Tee dampfte und ein süßer Geruch stieg mir in die Nase. Gierig vor Durst nahm ich einen großen Schluck und war sofort hin und weg. "Was ist das für Tee?", wollte ich sofort wissen. "Ein Sud aus Magost- und Yapabeeren. Die Magostbeere ist süß und ein wenig bitter, doch die Yapabeere gleicht die Bitterstoffe mit ihrer Säure aus und verleiht dem Tee neben der Süße noch ein prickelndes Gefühl im Abgang", erklärte sie fachmännisch.

Was auch immer das alles bedeutete, der Tee war verdammt gut. Wenn jeder Tee aus den Beeren hergestellt werden würde, würde ich von Kräutertee auf Früchtetee umsteigen.

Beim Essen erzählten mir die Damen ein wenig von sich selbst. Waren sie in Anwesenheit des Hohepriesters noch stumm, so sprudelten die Informationen nun aus ihnen heraus. Leider hielt sich meine Begeisterung in Grenzen. Das Meiste ihrer Erzählungen war mir bereits bekannt. Sie und drei andere Frauen führten das Theater. Sie waren berühmt dafür auch gegen Trainer zu kämpfen, falls diese es wünschten. Dabei kämpfte jede der Frauen mit einer Evoli-Entwicklung. Wie ich bereits vermutet hatte, war Nachtara das Pokemon von einer der Kimono Frauen. Der Name der Frau war Tamao, so sagte man mir. Ohne Zweifel hatten auch Satsuko und Komoko eine solche Evoli-Entwicklung als Partner. Zu gerne würde ich die sehen, aber darum zu bitten wäre wohl seltsam. So hörte ich ihnen weiter zu und trank meinen Tee.

 

Tamao war die Älteste unter den Kimono-Frauen und alleinige Inhaberin des Theaters, seit ihre Schwester letztes Jahr leider verstorben war. Das Nachtara war das erste Pokemon aus ihrer Gruppe, welches an der Krankheit gelitten hatte. Sofort, als man es diagnostiziert hatte, hatte man es in die Pagode gebracht, um es von den anderen zu isolieren. Seitdem gab es weniger Auftritte und die Kämpfe wurden komplett gestrichen, da die Inhaberin fast die ganze Zeit in der Pagode verbracht hatte. Ich konnte spüren, wie sehr die jungen Frauen mit Tamao gelitten haben mussten. Auch, wenn Nachtara nicht ihr Pokemon gewesen war, so war es Teil der Kimono-Frauen-Familie. Fiel ein Mitglied aus, betraf es die ganze Gruppe.

Sie plapperten darüber, wie sie jetzt wieder ihrem gewohnten Tagesgeschehen nachgehen könnten, nachdem es Nachtara wieder besser ging. Auch fragten sie mich, wie ich es geschafft hatte, das Pokemon von dem Schatten zu befreien. Doch ich konnte ihnen nichts anderes sagen, als noch wenige Zeit zuvor dem Hohepriester. Dass ich es nicht gewesen sein konnte. Doch das Funkeln in ihren Augen ließ mich zweifeln, ob sie mir überhaupt glaubten.

 

Als Tahmoh wieder zu uns stieß, zogen sich die Beiden zurück. Der Hohepriester hatte seine Zeremonienkleidung gegen einen etwas legereren, leichteren Alltagsmantel eingetauscht. Er trug einen blauen, langen Wickel, der entfernt an den von taoistischen Mönchen erinnerte.

Auch er bekam eine Schale Tee. Wie beiläufig erklärte er mir, dass ich mich nun aufmachen müsste die Pokemon zu heilen, die erkrankt waren.

"Hohepriester, wie oft denn noch. Ich kann-" "Von können ist nicht die Rede. Du musst es tun. Du hast ohne Zweifelt das Nachtara geheilt. Und du musst jetzt anderen helfen." Langsam wurde ich ärgerlich.

Ich lasse mich doch nicht herumkommandieren! "Jetzt passen Sie mal auf-."

In diesem Moment stolperte ein kleiner Junge herein. In seinen Armen lag etwas, mit vielen Beinen. "Ich brauche Hilfe!", rief er atemlos. Sofort sprangen alle auf und liefen ihm entgegen. Perplex sah ich mich alleine am Tisch zurück gelassen. "Sie muss meinem Webarak helfen", hörte ich ihn schluchzen. Webarak? Das muss wohl das Ding in seinen Armen sein. Das riesige Ding! Im Prinzip war ein Webarak nichts anderes, als eine Spinne. Nicht gerade meine Lieblingstiere. Unwohl versuchte ich mich einige Schritte nach hinten zurückzuziehen. Doch weit kam ich nicht, als plötzlich alle Blicke auf mich gerichtet wurden.

 

Der Hohepriester hatte dem Jungen das Pokemon abgenommen und es auf den Tisch gelegt, auf dem noch unsere Schalen standen. Die langen Beine lagen leblos in alle Richtungen gestreckt. Man sah deutlich die schwarz-gräuliche Färbung. Besser sogar, als bei dem Nachtara, das von Natur aus bereits eine schwarze Fellfarbe besaß. Unwohl stand ich mit den Anderen um den Tisch. "Bitte, hilf ihm", bat mich der Priester.

Durch all die Augenpaare unter Druck gesetzt berührte ich schließlich zaghaft das Pokemon. Vor ekel lief es mir kalt den Rücken hinunter. Ich wusste, dass es ein Pokemon war, doch die Ähnlichkeit mit einer Spinne, war nicht von der Hand zu weisen. Ich legte die Hand auf seinen Rücken und wartete darauf, dass etwas passierte. Wie erwartet, geschah nichts. Sekunde um Sekunde verstrich, doch das Webarak regte sich nicht. Dafür weinte der Junge neben mir immer lauter.

 

"Das verstehe ich nicht!", sprach der Priester ungläubig. "Ich hatte versucht Ihnen zu erklären, dass ich die Falsche bin." Doch dieser schüttelte den Kopf. "Es kann kein Irrtum bestehen. Vielleicht müssen wir zurück in den Turm. " Unterdessen ließ sich der Junge gar nicht mehr beruhigen und schrie.

 

"Der Ort ist nicht das Problem. Ich bin es, warum wollen sie das nicht einsehen", schrie ich aufgebracht über den Jungen hinweg. Plötzlich wurde der Raum heller. Verwundert starrte ich auf meine Hände, die zu strahlen begonnen hatten. "Das darf doch wohl nicht wahr sein." Mein Blick fiel auf das Webarak, dessen Horn zunächst das Einzige war, was leuchtete. Doch wie auch bei dem Nachtara zuvor breitete sich das Strahlen aus, bis es schließlich das ganze Pokemon einhüllte. Alle Anwesenden bedeckten die Augen, bis es schließlich fast augenblicklich verschwand.

Geblendet von dem Licht sah ich zunächst absolut nichts. Alles was ich vernahm, waren klackernde Geräusche und ein Aufschrei des Jungen. Als sich meine Augen wieder erholt hatten, sahen sie ein sich bewegendes Webarak, das versuchte seine Beine auf dem glatten Tisch zu koordinieren. Angeekelt ging ich so schnell ich konnte von dem Tisch weg. Der Junge hingegen breitete die Arme aus, in die das Pokemon schließlich krabbelte. "Ist DAS widerlich", dachte ich. Plötzlich hörte ich hinter mir jemanden klatschen. "Beeindruckende Lichtshow! Wie ich sehe komme ich richtig zur Party."


Nachwort zu diesem Kapitel:
Für dieses Kapitel gibt es keine neuen Vorgaben. Ich muss noch die bestehenden ab arbeiten :)
Anm.: "Geta" nennt man die typischen Schuhe der Geishas. Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2015-07-15T20:31:44+00:00 15.07.2015 22:31
Ein Wunder, dass du den altklugen Priester noch nicht erdrosselt hast. Meine Güte, ist der stur in seiner Auffassung! Als ob du dir nichts Besseres vorstellen kannst, als durch die Gegend zu ziehen, um fremde Pokémon zu heilen ... ehrlich, der gute Mann ist mir wahnsinnig unsympathisch (aber das spricht nur für die Qualität der Darstellung)!
Was mir wirklich gefiel, war die Fellbeschreibung des Nachtaras. Was für tolle Details! In den Absatz war ich verliebt, und als später das Webqrak hinzukam, fand ich den Kontrast zwuschen dir und dessen Besitzer famos. (Mir selbst machen Spinnen nichts aus; kichern musste ich trotzdem)
Die Magost- und Yapabeere erinnerte mich direkt an eine Weinverkostung. Wie bist du auf die Beschreibung gekommen? Gibt es eine Teevorlage dazu?

Und puh, wieso leuchten deine Hände? Bei der Evolientwicklung dachte ich, es läge an Mitgefühl/Blickkontakt, aber kurz darauf war der Auslöser eher Wut/anderer Fokus. Hmmm. Musst du den Namen des Pokémons kennen? Ehrlich, ich tappe im Dunkeln, also heißt es wohl: Weiter Hinweise sammeln! :-D
Und ob Pokémon rückfällig werden können?

Sonst würde ich auch nur wiederholen, die Dialogpartner im Fließtext durch Zeilenumbuch zu trennen. Soo, und nun schnell witergelesen. Der Neuankömmling - ich halte ihn für eine Mann - hat schonmal Sympathiepunkte bei mir. :-)

Viele Grüße, Morgi
Antwort von:  ougonbeatrice
16.07.2015 09:03
Du hast tatsächlich alls gelesen. Dabei war das gar nicht so gemeint gewesen, aber natürlich freut es mich trotzdem. Und auch nochmal hier danke für dein Verständnis :)

Freut mich, dass meine Art des Beschreibens dir gefällt ^.^

und Schön, dass du sagst, dass du den Priester nicht magst. Ich hatte vor, ihn zwar freundlich zu schreiben, aber gleichzeitig auch irgendwie bestimmend und herrisch. Symphatisch ist er mir auch nicht. Er gibt mir ein Dach über dem Kopf undd afür bin ich ihm dankbar. Aber ich wollte zeigen, dass ich das alles nicht für ihn, sondern für die Pokemon mache.

Nein, ich hatte keine Vorlagen per se. Ich bin die Beerenliste und deren Eigenschaften durchgegangen, also ob sie sauer sind oder süß etc. Meistens sind sie mehreres zugleich aber dann mit einem gewissen Prozentanteil mehr süß als sauer oder anders herum. Das habe ich versucht in den Tee mit hineinfließen zu lassen und habe mich einfach an den Eigenschaften der Beeren orientiert.

Meine Göttin hat da genaue Vorstellungen, wie ich heile ^^ und sie sagt mir auch, wenn meine Reaktion und meine Art des Heilens passt oder nicht. Den Grund dafür, kenne ich selbst noch nicht oder ich kann ihn nur vermuten ^^

Du bist die Erste, der auffällt, dass sie womöglich rückfällig werden könnten ;)
Von:  Erenya
2015-06-03T07:37:32+00:00 03.06.2015 09:37
Ich kann nicht Leuchten. XD
Der glorreichste Satz im gesamten Kapi. ich mag deinen Humor.
Ich bin gespannt zu erfahren, weswegen du diese Heilkräfte hast, dass ist doch schon arg merkwürdig. Vielleicht eine Art Fähigkeit die sich durch deine Reise entwickelt hat und damit jeden aus der realen Welt hätte treffen können, oder eine Kraft die in dir schlummerte, ohne das du davon wusstest und durch die Reise erst aktiviert wurde.
Und ja, Webarak sind eklig. Ich mag keine Spinnen *rüttel*
Antwort von:  ougonbeatrice
03.06.2015 10:13
Mein Humor wird mir nicht ausgehen :) Freut mich immer Jemanden zum Lachen zu bringen ^^ Woher ich die Kräfte habe kann ich nicht sagen. Die Regeln verbieten es mir. ;)
Von:  yazumi-chan
2015-06-02T20:09:12+00:00 02.06.2015 22:09
Hm, vielleicht sind deine Heilfähigkeiten mit starken Emotionen oder Erinnerungen verknüpft. Und wer immer jetzt durch die Tür kommt, ich mag ihn/sie schon jetzt xD

Gibt es einen Grund, warum du auf normale Absätze so gut wie verzichtest und stattdessen viele einzelne Paragraphen machst? Das Lesen wird dadurch ein bisschen erschwert, weil ich gefühlt alle paar Sätze eine mentale Pause mache. Ebenfalls hilfreich wäre, wenn Dialoge von zwei verschiedenen Personen nicht in der selben Zeile ständen. Einfach einen Absatz machen und alles ist gut^^ Letzter Formatmakel wäre nur noch, dass ich am Anfang einige Grammatikfehler gefunden habe, aber einmal drüber lesen sollte das Problem lösen. Manchmal sind diese Fehler trotz tausendmal überarbeiten echt hartnäckig -.-

Großes Lob wieder an deine Beschreibungen. Die Stelle mit dem Nachtara war erstklassig, ich konnte das Fell geradezu unter meiner Hand spüren. Auch, dass du dich an die realistischen Größen und Eigenschaften hältst, und diese nicht dauernd beim Schreiben vergisst (so wie ich *hust*), gibt deinem Text eine sehr eigene Note :)
Antwort von:  ougonbeatrice
03.06.2015 10:02
Danke für das Kommentar :)
Ehrlichgesagt suche ich noch meine Form des Schreibens gerade was Dialoge angeht. Ich hatte gehofft, dass es durch Absätze eigentlich leichter zu lesen sein sollte. Ich mag einfach diese riesigen Blöcke nicht gerne. Und ich sehe auch gerade, dass ich vergessen habe Dinge zu ändern, die mein Beta mir angestrichen hatte. Schande über meine Kuh >.< Werd ich gleich ändern.
Danke, ich versuche wirklich das mit realistischen Angaben alla Pokedex durchzuziehen, egal wie absurd die sind :)
Antwort von:  yazumi-chan
03.06.2015 12:50
Dialoge können tricky sein :) Aber du wirst merken, dass sich die großen Textblöcke schnell auffächern, wenn du für jede Person, die spricht, einen neuen Absatz machst, und vielleicht in Beschreibungen auch schon mal öfter. Haha, ja, das mit der Beta ist mir auch schon passiert xD Wer macht die bei dir?

Finde ich gut mit den Pokédexangaben :) Manchmal sind die aber auch schwer zu interpretieren. Bei Nachtara steht da ein Meter, das kann Schulterhöhe sein, Länge von Kopf bis Schwanz, oder Länge ohne Schwanz, oder Quadratwurzel der Ohren... xD
Antwort von:  ougonbeatrice
03.06.2015 13:13
Mein Beta ist meine Göttin Karu :)
Richtig, die Angaben sind je nach Interpretation unterschiedlich, gerade was Pkmn auf vier Beinen angeht. Ich habe mir ein System zurecht gelegt, nachdem ich mir vorstelle, dass diese Angaben einfach die Größe der Pkmn bestimmen, wenn sie aufrecht stehen von Kopf bis Fuß. Die Angaben sind für alle gleich eingetragen, egal ob Fisch, Schlange oder eben Vierbeiner. Demnach kann ich Schulterhöhe schonmal ausschließen, denn ansonsten würde es mit Pkmn wie Glurak keinen Sinn machen. Pkmn ohne Füße wie Dragonir werden genauso gemessen, von "Kopf bis Fuß" was in deren Fall die Länge des Körpers wäre. Das ist mein einheitliches System. Nachtara ist also 1m hoch vom Boden bis zum Kopf, was verdammt riesig ist. Selbst mit 10 cm Ohren, die noch mit zum Meter gerechnet werden könnten, wäre es noch immer groß :)
Vielleicht mache ich auch ein Glossareintrag, in dem ich erkläre, wie ich die Größen handhabe. Danke für den Tipp ^^


Zurück