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Textausschnitt aus einem alten Buch

Autor:  Salome_chan
Langsam wandelte er mit seiner Rolle unter dem Arm die breite Straße entlang. Es war schon dunkel. Das schwache, von Menschenhand geschaffene Licht hatte seinen mühseligen Kampf gegen den tiefenstarken Feind begonnen. Zwischen den hohen Häusern schwebte es in den runden sanften Monden der Bogenlampen, es saß, eine lange Kette großer Läuchtkäfer, in den Gaslaternen, aus den Schaufenstern der Laufläden quoll es grell oder gedämpft, weiße, gelbe, bläuliche, rötliche Schimmerchen hüpften um die Spiegelscheiben, sammelten sich zu einer breiten Flut, die sich über die Gehsteige und Fahrbahnen ergoß, die Straße mit einer milden helligkeit überschwemmte, aber ohnmächtig an der Dunkelheit zerschellte, die schwer und unverrückbar auf den Dächern wuchtete.
Und Licht drang aus den Wagen der elektrischen Straßenbahn, die am laufenden Draht Licht versprizend vorbeifuhr, Licht flimmerte aus den blanken Laternen der holpernden Kutschen, Licht verströmten die Scheinwerfer der raschen Automobile, die Fenster der Menschenwohnungen, aber all die gesammelten Mückenschwärme konnten das gewaltige dunkle Tor nicht von den Dächern heben, das von der lachenden Sonne täglich mühelos wie eine Flaumfeder ins Nichts hinfaufgeblasen wurde.
Menschengeist, du herrlicher Triumphator, der stündlich seine Ohnmacht fühlen, in jeder Sekunde vor den Besiegten zittern muß!
Da bummelten, schritten, hasteten sie dahin, jeder zugleich ein Teilchen des Siegers und ein Bundgenosse des Besiegten, blankäugige Fräuleins und junge Herren, schmalschultrige Offiziere, steifbeinige Schreiberlein und muskelbepackte Tagelöhner: Der Abendkorso hatte begonnen und der Feierabend, das ins Vergnügen Schlendern und aus der Arbeit Eilen.
......

Diese Textstelle ist entnommmen "Matthias Triebl - die Geschichte eines verbummelten Studenten" von Rudolf Haas; erschienen 1916 in Leipzig bei L. Staackmann Verlag.


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