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Bienchen, die Blümchen mögen. Und eigentlich Blümchen sind. Kolumne

Autor:  El_Greco
Euch allen einen freudig-schönen Götterfunken,

Heute, meine geliebten Leser, widme ich mich erneut einer wissenschaftlichen Thematik, wie auch schon in meinem Artikel "Von der Hysterie zur Depression". Doch heute geht es mal um etwas, das uns wohl alle etwas mehr interessiert, gerade aufgrund der starken Verbreitung von YAOI, Yuri, Crossplay und dergleichen bei den Mexxlern. Heute möchte ich euch drei Theorien vorstellen. Eine baut dabei auf der anderen auf, und am Ende kommt dabei was raus, wovon wahrscheinlich nur die wenigsten bisher gehört haben. Diese Theorien sind die Gender-Theory, die Queer-Theory und das Konzept der Pomosexualität. Doch genug vom Vorgeplänkel, nun direkt ins Thema.


Die Gender-Theory


Gender ist ein Begriff, der erst 1955 geprägt wurde. Dabei ging es darum, die Gefühlswelt von intersexuellen Menschen zu beschreiben. Dies war der Fall bei Leuten, die nicht wirklich körperlich einem Geschlecht zugeordnet werden konnten (Frauen mit sehr wenig Brust und starker Muskulatur, oder Männer die sehr feminin waren, keinen Bartwuchs hatten und evtl. untenrum eher minimalistisch bestückt waren), jedoch eine eindeutige gesellschaftliche Rolle einnahmen. Dieser Begriff steht im Kontrast zum Begriff Sex, womit jetzt nicht die Aktivität gemeint ist, bei der Menschen so lustig die Augen verdrehen, sondern einfach nur das biologische Geschlecht. Ich werde im Weiteren nur noch diese Worte verwenden, da der deutsche Begriff des Geschlechts zu schwammig ist.

Heute wird der Begriff des Genders in folgendem Zusammenhang verwandt:
  • Das soziale Geschlecht
    Im sozialen Geschlecht ist die Bedeutung von Gender so zu verstehen, dass man genau die Aktivitäten macht, die einem Geschlecht in der jeweiligen Kultur zugeordnet sind.

    • Weibliche Aktivitäten sind z.B. Schminken, Kochen, auf die Kinder aufzupassen

    • Männliche Aktivitäten hingegen sind z.B. trainieren, Dinge reparieren, Jagen/Angeln; oder Berufe, welche mit Kraft, technischen Geschick oder auch Gefahr zu tun haben, auszuüben.


  • Das Identitätsgeschlecht
    Das Identitätsgeschlecht bezeichnet das Geschlecht, zu dem sich jemand zugehörig fühlt. Wenn man ein Identitätsgeschlecht hat, das mit dem biologischen nicht übereinstimmt, dann gilt man als transgender. Und wie das eben so ist, in unserer heteronormativen Gesellschaft, wird man da schnell mal als krank eingestuft. Aber das hat auch etwas gutes: Wenn dieses Problem jemanden so auf den Nerv geht, dass die Person es nicht ertragen kann, dann werden nämlich die Kosten für die Geschlechtsumwandlung von den Krankenkassen übernommen.
    Kleine Info pro forma: Eigentlich hat das Bundessozialgericht gesagt, es sei keine Krankheit, aber mit Leidensdruck verbunden habe es Krankheitswert. Aber das ändert ja nix an der Ansicht des Otto-Normalverbrauchers auf der Straße, der all das als krank ablehnt.
    Und da die Verwirrung jetzt komplett ist, will ich das mal an zwei kleinen Beispielen näher beleuchten:

    Spoiler
    Unterstrichen = Biologisches Geschlecht
    kursiv = Soziales Geschlecht
    Fett = Indentitätsgeschlecht


    • Eine Frau, an für sich auch sehr feminin, arbeitet in einer Kfz-Werkstatt. Zwei mal die Woche geht sie zum Schwimmtraining, und mit ihrem Mann geht sie ein mal im Jahr Campen und macht mit ihm Angelurlaub. Sie fühlt sich jedoch trotz allem voll als Frau.
      -Sie ist nicht transgender.

    • Ein Mann arbeitet als Bauarbeiter, ist sehr muskulös, vertreibt sich seine Zeit abends gern in der Kneipe beim biertrinken, raucht draußen gerne mal eine Zigarre und lässt es sich nicht nehmen, bei jedem Bikertreffen anwesend zu sein. Innerlich wünscht er sich jedoch nichts sehnlicher, als eine Frau zu sein, da ihn einfach alles am Frau-sein fasziniert.
      -Er ist transgender.


So, jetzt alles klar zur Gender-Theory? Gut! Dann gehts gleich weiter zur




Queer-Theory


"There's nought queer as folk" sprach's im englischen Sprachraum und wurde dann als Fernsehserie verwurstet. Und wer kennt nicht Emmet & Co.? Okay, ich kenne sie nicht, mir wurde nur nachgesagt, ich würde mich wie Emmet benehmen, und daher kenne ich zumindest den Namen der Serie. Übersetzt heißt das Sprichwort übrigens "Es gibt nichts seltsameres als Leute." Queer erhielt jedoch durch die Theorie, welche Anfang der 90er Jahre aufkam eine neue Konnotation in Richtung LesBiSchwul.

Es ist ne pure Revoluzzertheorie, die in ihren Zielen der Radikalität des kommunistischen Manifests in nichts nachsteht. Die Theorie sagt nämlich im Kern aus, dass es kein angeborenes Geschlechtsverhalten gibt. Dieses kommt nämlich erst durch soziale Prägungsprozesse, genannt Sozialisation, in das Verhalten hinein. Das einzig wirklich naturgegebene ist der Chromosomensatz und damit auch, ob man da unten nun eine Mumu oder einen Lulu hat.

Und wenn man also sieht, dass alle sexuellen Rollentypen, Machtverhältnisse und Rechte konstruiert sind, ist man doch, als wenigstens halbwegs gesund denkender Mensch, versucht, all das zu dekunstruieren und jeden selbst entscheiden zu lassen, wie man sich am wohlsten fühlt.

Und dann variiert das Rollenbild auch noch zwischen den Kulturen, was z.B. in Indien als männlich gilt, kann hier ganz normal sein, z.B. wenn eine Frau eine Karriere anstrebt. Und genau wegen den -nicht nur kulturellen, sondern auch subkulturellen- Unterschieden, muss die Queer-Theory zwangsläufig offen sein, damit man immer neues hineinpacken kann, um sie zu vervollständigen. Das bietet allerdings die Gefahr von Missbrauch durch Gruppen, die dahingehend keine sexuellen Interessen verfolgen, sondern z.B. wirtschaftliche. Praktisch das gleiche Problem wie bei Wikipedia. Aber dem Problem widme ich mich ein anderes Mal.

Im Endeffekt fordert die Queer-Theory dazu auf, all das gesellschaftlich Erzwungene nicht mehr als ein Muss, sondern als ein "Kann man so machen, muss man aber nicht" zu sehen. Man muss sich nach der eigenen sexuellen Identität fragen und sollte sie im Idealfall auch gleich ausleben. Damit ist jede Person, die sagt: "Tja, so bin ich eben, auch wenn das theoretisch an für sich nicht zusammenpasst, aber hey: Ich hab meinen Spaß daran!", automatisch queer. Und das ist keineswegs abwertend. Und da gibts dann so eine hübsche kleine Gruppe in der ganzen Queerhaftigkeit, und diese sagen, das was sie ausleben ist




Pomosexualität


Pomosexuell. Dieses Wort haben sicherlich nur die wenigsten meiner Leser bisher gehört, und für mich war es bis vor Kurzem auch neu. Hier geht es um Leute, die sich, in der Begrifflichkeit nicht zueinander passend, als Schwule Frauen (Girlfag) oder Lesbische Männer (Guydyke) bezeichnen. Die Bezeichnung entstand innerhalb der queeren Subkultur, in den späten 90er Jahren. Da hatte ich auch endlich ne Erklärung für den, von mir damals als recht dämlich empfundenen, Songtitel "Schwule Mädchen". Die Musik ist jedoch immer noch nicht mein Ding.

Diese Leute sind (am Beispiel der Schwulen Frauen) Frauen, die sich jedoch irgendwie mehr schwul als hetero empfinden. Sozusagen ganz oder teilweise als Mann. Daher kommt auch die Alternativbezeichnung genderqueer. Und da sich eine Schwule Frau an Männern orientiert, ist sie nach unseren normalen Maßstäben als heterosexuell, maximal bisexuell einzustufen. Nur das Innenleben der Person ist sozusagen homosexuell.

Ganz im Gegensatz dazu stehen jedoch die sogenannten Fag Hags, Frauen, die schwule Männer davon überzeugen wollen, dass sie zumindest soweit heterosexuell sind, um eine heterosexuelle Beziehung mit einer heterosexuellen Frau führen zu können. Aber den Girlfags ist das rille, sie finden eben die Homosexualität besonders ansprechend. Geht bestimmt vielen Mädels hier auf Mexx in sofern genau so, dass sie gerne YAOI lesen.

Und Guydykes gibt es inzwischen auch schon so einige, schon berühmte Leute wie Eddie Izzard haben sich als Lesbische Männer geoutet. Und ich finde das wirklich toll. Ausserdem gibt es eine Solidarität zwischen Girlfags und Guydykes, wie man sie in manchen Kreisen zwischen Schwulen und Lesben vermisst. Denn ich habe auch schon erlebt, dass, wohl weil das sexuelle Interesse fehlt, die eine Gruppe über die andere herzieht. Doch wir Pomos halten zusammen, komme was da wolle!

Und zum Abschluss noch ein praktisches Beispiel, wie man das anwenden kann.

Aber jetzt genug von der Aufklärungsstunde beim Onkel Doktor, ich wünsche euch im Weiteren

dann noch frohes Schaffen,

El_Greco
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Datum: 07.11.2011 21:18
Gut recherchiert und ausgedrückt. Ich mag deine Webbis :>
Wenn mir jemand Steine in den Weg legt,
weil er will dass ich stolpere,
muss er damit rechnen,
dass ich sie aufhebe
und ihm an den Kopf werfe.
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Datum: 13.11.2011 17:54
>O< und nochmal sau gut geschrieben
Ist echt interessant was es in unseren -verrückten- Welt alles so gibt ~
Wer aber auch langweilig wenn nicht
Datum: 14.11.2011 22:43
Sag mal XDD nichts besseres zu tun?
XD ich glaub so hast du Intelligenz und Langeweile perfekt kombiniert ;D
*lachflash*
Datum: 30.11.2011 17:00
Sehr aufschlußreich, vielen Dank für die Erklärungen! Morgen ist hier eine Veranstaltung unter dem Titel "Queer einsteigen", welche zu besuchen ich tatsächlich schon erwogen habe. Jetzt bin ich auch etwas vorinformiert.
Guter Beitrag. Mehr davon!
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Datum: 30.11.2011 21:06
Sehr schöne Zusammenfassung, auch für Nicht-Eingeweihte. Ich habe mich seit meinem Anglistikstudium nicht mehr mit Gender Studies befasst, und es ist interessant, das ganze mal auf deutsch zu lesen. *empfohlen*
"All these science spheres are made out of asbestos, by the way. Keeps out the rats. Let us know if you feel a shortness of breath, a persistent dry cough, or your heart stopping. Because that's not part of the test. That's asbestos."
- Cave Johnson
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Datum: 02.12.2011 00:33
und wieder was für meine wissens-lesezeichen C:
das promozeug wusste ich nicht, aber ich sollte da mal in mich gehen und überlegen ob ich das nicht auf mich zutrifft.
in diesem sinne, danke für die lehrstunde.
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Datum: 05.01.2012 19:50
Ein sehr schöner Weblog Eintrag.
Ließ sich wirklich gut lesen und war auch noch hochinteressant dazu. Ich kann am Ende des heutigen Tages sagen, dass ich wieder etwas dazu gelernt habe :)

Und Pomosexualität ist also das, was ich bisher in meinem Unwissen als homosexuelle Transgender bezeichnet habe.
Wobei es im Grunde ja nichts anderes ist, also jemand, der sich selbst in einem anderen Geschlecht sieht, als er biologisch hat und sich dann, in diesem "anderen" Geschlecht wieder zum gleichen hingezogen fühlt.
Oder so^^


.~°*°~..~°*°~..~°*°~.
Society often forgives the criminal, it never forgives the dreamer!

(Oscar Wilde)
.~°*°~..~°*°~..~°*°~.
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Datum: 29.01.2012 22:21
Wirklich gut verfasster Beitrag, da kann ich behaupten wieder was gelernt zu haben.
:)


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