Musik als Beleidigung o_o
Autor: Ellerfru
Konkret geht es hier um das neue Album von Faun. Und ich hätte es nicht gedacht, dass ich das je sagen würde, aber nicht nur werde ich mir dieses Album nicht kaufen, sondern ich bin sogar versucht, alles, was von dieser Gruppe in meinem CD-Regal steht, wegzuschmeißen.
Wohlgemerkt: es geht mir nicht darum, dass da mal ein Album verunglückt ist und die Lieder mich nicht vom Hocker reißen. Das kann jeder noch so guten Band mal passieren, das ein Album eben mal nicht so der Hammer ist. Aber das hier ist nicht nur musikalisch mäßig, sondern die Scheiße (ja, hier fällt mir ausnahmsweise nicht mal mehr eine etwas freundlichere Umschreibung ein) hat ganz offensichtlich System.
Ich hatte die Gelegenheit, das neue Album bei einer Freundin anzuhören, die ansonsten auf etwas... äh... seichtere Musik steht. (Nichts gegen sie, aber sie hört halt ansonsten Sachen aus der Schlager- und Billig-Pop-Ecke, also einfach nicht so meins.) Als sie mir sagte, dass sie eine tolle Band namens Faun neu für sich entdeckt hat, war ich also erst mal etwas verblüfft, weil ich nicht damit gerechnet hätte, dass Faun etwas für sie ist. Sie hat mir aber das neue Album vorgespielt.
Was soll ich sagen? Bei dem, was ich da zu hören bekam, war tatsächlich mein erster Gedanke: oh, Missverständnis! Das ist gar nicht die Band "Faun", an die ich gedacht hatte. Es gibt offenbar eine Schlager-Truppe aus der Mutantenstadl-Ecke, die zufällig auch "Faun" heißt! (Wäre ja kein abwegiger Gedanke.) Aber weit gefehlt. Das sind tatsächlich Faun. Und das, was auf dem aktuellen Album zu hören ist, hat mich ernsthaft erschüttert. Vermutlich wird die Band damit viele neue Fans gewinnen - wer Carmen Nebel und Florian Silbereisen mag, für den wird Faun die musikalische Neuentdeckung des Jahres. (Zumindest technisch ist es immer noch besser als die meisten Sachen der entsprechenden Szene. Stilistisch passt es aber voll in diese Schiene.) Aber ihre vorherigen Alben werden dadurch eben komplett ad absurdum geführt.
Gerade weil Faun ja immer betont hatten, dass sie nicht einfach nur irgendwie Musik machen, sondern dass für die Band auch die mystische und spirituelle Komponente eine Rolle spielt. Und auch als Nicht-Esoterikerin hatte ich das bisher eigentlich einfach so hingenommen und akzeptiert. Ich kann diese Überzeugungen zwar nicht teilen, aber irgendwie als authentisch bei diesen Leuten respektieren.
Aber das neue Album entlarvt diese Behauptung schlichtweg als Lüge - und verarscht werde ich nicht gerne. Faun haben hiermit bewiesen, dass alle bisherigen Interview-Äußerungen in dieser Hinsicht einfach nur frei erfunden waren und dass es ihnen letztendlich nur darum geht, möglichst viel zu verkaufen, auf welchem Weg auch immer. Wer das Album gehört hat, weiß, was ich meine. Jemand mit ernsthaften spirituellen Überzeugungen, wie sie bisher geäußert wurden, hätte so etwas niemals (!) produziert, gerade was die Texte angeht. Nach diesem Machwerk werde ich auch die älteren Alben nie wieder ernst nehmen können.
Ich als (jetzt: ehemaliger) Fan fühle mich jetzt grob getäuscht und, jep, beleidigt. Mit einem musikalisch schlechteren Album hätte ich noch irgendwie leben können, aber die bewusste Täuschung nehme ich tatsächlich persönlich. Ich weiß nicht, ob das hier irgendwer nachvollziehen kann, aber mich frustriert das gerade gewaltig.
Als ich heute den TV nebenher laufen lassen und mal kurz draufgeschaut habe, lief Werbung über Fauns neustes Album.
Normalerweise gebe ich auch immer spätestens dann die Hoffnung auf, wenn eine individuelle Band im Fernsehen Werbung von sich macht. Ich war auch erst nicht begeistert, weil ich Santiano noch nie wirklich mochte.
Faun klingt wirklich ganz anders als früher, ich erinnere mich da an das Album "Licht". Aber ich finde diese Änderung gar nicht mal so schlimm, sondern sogar recht erfrischend.
Das sage ich jetzt aber auch nicht als total hingebungsvoller Faun Fan, sondern nur als Hin-und-wieder Faun Hörer. ^^
Schade, dass Faun jetzt so mainstreamig geworden ist. Aber das Rad der Zeit dreht sich nunmal weiter, Dinge und Geschmäcker ändern sich.
-Sven Väth
> Normalerweise gebe ich auch immer spätestens dann die Hoffnung auf, wenn eine individuelle Band im Fernsehen Werbung von sich macht.
Öh... Nö, so sehe ich das eigentlich gar nicht. Ich gehöre nicht zu den Leuten, die aus Prinzip nur "un-mainstreamige" Sachen kaufen. Einige der Sachen, die mich richtig begeistern, sind sogar ganz entschieden musikalischer Mainstream. Und wenn eine bis dato eher unbekannte Band plötzlich Erfolg hat, würde ich ihnen das normalerweise sogar von ganzem Herzen können.
> Ich war auch erst nicht begeistert, weil ich Santiano noch nie wirklich mochte.
Ich kenne Santiano gar nicht. Von daher habe ich dazu auch keine Meinung. o_o
> Faun klingt wirklich ganz anders als früher, ich erinnere mich da an das Album "Licht". Aber ich finde diese Änderung gar nicht mal so schlimm, sondern sogar recht erfrischend.
> Das sage ich jetzt aber auch nicht als total hingebungsvoller Faun Fan, sondern nur als Hin-und-wieder Faun Hörer. ^^
Das Problem ist eigentlich sogar nur eingeschränkt die Musik. Sondern eben die Philosophie, die dahintersteht. Wenn du nur ab und zu die Musik gehört hast und diese Leute nie live gesehen oder zumindest Interviews gelesen hast, ist dir das vielleicht nicht so klar, aber gerade Oliver ist ja immer sehr... äh... religiös-spirituell-esoterisch-dingsda aufgetreten. Und bis dato hatte ich eigentlich auch das Gefühl, dass er seine Überzeugungen irgendwie ernst meint. Ich fand das teilweise etwas abgedreht, aber okay - nur jetzt ist halt eindeutig klar, dass das jahrelange Publikumsverarsche war. Und genau DAS ist das, was mir so übel aufstößt. Ansonsten würde ich niemandem sein Recht absprechen wollen, Schlager mit primitiven (und für jemanden, der tatsächlich das glaubt, was er da so spirituell faselt, völlig untragbaren!) Texten zu produzieren.
> Schade, dass Faun jetzt so mainstreamig geworden ist. Aber das Rad der Zeit dreht sich nunmal weiter, Dinge und Geschmäcker ändern sich.
Nur Universal Music bleibt sich treu... ;)
Der tollste Zeichnerzirkel der Welt
Ein Herz für Gab
Also, wenns Dir nicht gefällt, dann
kauf es doch nicht und hör es nicht an.
Daß Du von der schlagermäßig miesen Qualität
kräftig enttäuscht bist, ok, kann ich gut verstehen.
Aber wieso beurteilst Du Musik von ihrem ideologischen Überbau her
(also dem Gerede der Musiker in Interviews und Pressetexten)
und Dingen, die zunächst einmal in Deiner Fantasie stattfinden
(jahrelange Fanverarsche)? Du wirfst der Band vor,
daß sie gegen _Deine_ Moralvorstellungen verstoßen habe.
Verlangst Du da nicht etwas zuviel?
Muß denn alles, was eine Band macht, auf gleichem
musikalischm oder moralischem Niveau bleiben?
Können sich nicht auch Bandmitglieder ändern?
Können nicht auch sie von Verlockungen korrumpiert werden
(zB durch hohe Vertragssummen)?
Alles geht doch einmal zu Ende.
Auch die schönste Reihe der besten Alben oder Stücke;
das war bisher immer so -- irgendwann hörts auf.
Nach Deiner Logik müßte man alle Alben aufgelöster Gruppen
wegwerfen, unter der Fantasie "die hatten von vornherein
nur vor, abzukassieren und sich dann aufzulösen!" ; )
Die Alternative wäre gleichbleibende qualitative Höchstleistungen
bis zum Tode oder zur biologischne Erschöpfung.
Das halte ich für unrealistisch, ausgenommen die bekannten
Fälle von Suizid oder Unfall- oder Drogentod.
Ich hatte nie Ansprüche an meine Lieblingsbands, und
Lieblingsbands wurden sie und blieben sie nur solange
sie Musik lieferten, die mir gefiel. Was die Musiker so alles
in Interviews von sich gaben, also der ideologische Überbau,
oder der vermeintliche, verlautbarte, war mir immer
völlig egal, solange die Musik OK blieb.
Kann ich beurteilen, ob ein Musiker etwas ernst meint
oder nur so im Rausch daherredet - wenn ich die Leute
nicht persönlich näher kenne?
Irgendwann habe ich noch von jeder Gruppe das (für mich)
"letzte" Album gekauft oder von einem Autor das (für
mich) "letzte" Buch gekauft. So what. Dann kommt ein neuer
irgendwoher, der wieder was macht, das mir gefällt.
So don't worry, be happy. And keep your Faun collection. ^_^
> Aber wieso beurteilst Du Musik von ihrem ideologischen Überbau her
> (also dem Gerede der Musiker in Interviews und Pressetexten)
> und Dingen, die zunächst einmal in Deiner Fantasie stattfinden
> (jahrelange Fanverarsche)? Du wirfst der Band vor,
> daß sie gegen _Deine_ Moralvorstellungen verstoßen habe.
> Verlangst Du da nicht etwas zuviel?
Was weiß ich. Ich verlange eigentlich nicht, dass jeder genau meine Moralvorstellungen teilt. Genau genommen haben die Bandmitglieder ja immer etwas vertreten, mit dem ich mich ebenfalls absolut nicht identifiziere und womit ich sogar ein ziemliches Problem habe (Esoterik). Ich messe sie also nicht unbedingt nur an meinen eigenen Moralvorstellungen (wobei ein ganz bestimmtes Lied auch diese hart ankratzt), sondern vor allem an dem, was sie selbst (!) in moralischer Hinsicht geäußert haben.
Wenn nun Leute, die jahrelang öffentlich die Position "Harmonie mit Mitmenschen und Natur, blah" vertreten haben, plötzlich ein Album herausbringen, auf dem unter anderem ein Lied mit massiv frauenfeindlichem Inhalt (und nein, weder fühle ich mich regelmäßig diskriminiert noch habe ich es versäumt, gründlich und immer verzweifelter nach Spuren von Ironie zu suchen) zu finden ist... Dann stimmt da doch irgendwas ganz massiv nicht. Und bringt mich auf den Gedanken, dass die vorherige Position auch einfach frei erfunden war.
Im Falle religiöser Botschaften finde ich das durchaus problematisch, obwohl ich nicht einmal selbst betroffen bin - die Musik wurde eben tatsächlich jahrelang gezielt als religiös vermarktet. Also ja, ich würde da tatsächlich von bewusster Täuschung der Hauptzielgruppe (Esoteriker, Neuheiden, die Sparte halt) ausgehen. Und erlaube mir, das nicht so nett zu finden. ;)
> Können nicht auch sie von Verlockungen korrumpiert werden
> (zB durch hohe Vertragssummen)?
Können sie. Sympathiepunkte bringt ihnen das trotzdem nicht gerade ein. Wobei andere Bands die "Kommerzialisierung" weitaus besser überstanden haben, indem die neueren Alben dann eben massentauglicher, aber eben weder kompletter musikalischer Müll noch moralisch untragbar waren. Bestes Beispiel ist da wohl Blackmore's Night: die neueren "kommerziellen" Alben finde ich sogar noch besser als die alten. Man kann durchaus auch massenkompatible Musik vernünftig gestalten. Es ist nicht so, als ob bei der Anpassung an den Geschmack größerer Bevölkerungsteile quasi automatisch menschenfeindlicher Müll herauskäme, bei dem "Alt-Fans" vor Entsetzen blass werden.
> Nach Deiner Logik müßte man alle Alben aufgelöster Gruppen
> wegwerfen, unter der Fantasie "die hatten von vornherein
> nur vor, abzukassieren und sich dann aufzulösen!" ; )
Nö. Damit wurde ja niemand getäuscht, immerhin ist wohl klar, dass kaum eine Band bis zur Rente in der gleichen Besetzung immer den gleichen Musikstil spielen will. Der Vergleich hinkt also ziemlich... Es ergibt sich aus einer Bandauflösung schlichtweg kein moralisches Problem. Und auch nicht aus einem simplen Stilwechsel, selbst wenn der neue Stil einem nicht gefällt. Selbst wenn die Band plötzlich beschlossen hätte, ein HipHop-Album aufzunehmen - dann hätte ich bloß gedacht, die haben halt zu viele interessante esoterische Kräuter geraucht. Aber allein darüber würde ich mich nicht aufregen.
> Was die Musiker so alles
> in Interviews von sich gaben, also der ideologische Überbau,
> oder der vermeintliche, verlautbarte, war mir immer
> völlig egal, solange die Musik OK blieb.
Tatsächlich? Ohne jede Grenzen? Ich muss zugeben, dass es durchaus Menschen gibt, bei denen ich mich beim Gedanken, ihnen Geld zu geben, entschieden unwohl fühlen würde. Natürlich kennt man die Leute nicht persönlich - aber wenn jemand öffentliche Äußerungen macht, die ich absolut nicht akzeptieren kann (zum Beispiel massive Menschenfeindlichkeit) kann die Musik noch so gut sein, ich werde sie trotzdem nicht kaufen und hätte beim Anhören schon ein ungutes Bauchgefühl.
Im Normalfall sind mir die Persönlichkeit und das Privatleben irgendwelcher Musiker tatsächlich auch völlig egal. Allerdings, wie gesagt, in den Grenzen des für mich persönlich Akzeptablen.
In diesem Spezialfall bedeutet das: mein Problem ist nicht nur, dass das Album musikalisch daneben ist. In dem Fall würde ich es halt nicht kaufen und die Sache ansonsten ignorieren. Allerdings... jahrelang öffentlich die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religion zu demonstrieren, die Musik gezielt als spirituell zu vermarkten und dann plötzlich etwas zu veröffentlichen, das nicht nur einfach schlecht ist, sondern auch sowohl den Werten der betreffenden Religion als auch den Werten der Mehrheitsgesellschaft diametral entgegenläuft... Und damit eben auch alle bisher produzierten Sachen entlarvt... Sagen wir mal, es macht die Leute mir ziemlich unsympathisch. Sogar noch unsympathischer als Esoteriker aus Überzeugung mir sowieso schon wären. Und das ist auch wieder eine Kunst für sich. XDD
Der tollste Zeichnerzirkel der Welt
Ein Herz für Gab
>
War vielleicht auch etwas schlecht formuliert von mir. :D
Damit meinte ich nicht, dass die Band scheiße geworden ist, nur weil sie "mainstream" wird, so denke ich nun auch nicht. :D
Nur kommen durch starke Änderungen in einer Band immer diese Diskussionen auf, wie sehr sich eine Band verändert hat und/oder früher viel besser war usw., die eigentlich total unnötig sind.
Solche Diskussionen sind nervig und stiften nur Verwirrung. Schließlich darf jeder Musik anders interpretieren.
>
Das Problem ist eigentlich sogar nur eingeschränkt die Musik. Sondern eben die Philosophie, die dahintersteht. Wenn du nur ab und zu die Musik gehört hast und diese Leute nie live gesehen oder zumindest Interviews gelesen hast, ist dir das vielleicht nicht so klar, aber gerade Oliver ist ja immer sehr... äh... religiös-spirituell-esoterisch-dingsda aufgetreten. Und bis dato hatte ich eigentlich auch das Gefühl, dass er seine Überzeugungen irgendwie ernst meint. Ich fand das teilweise etwas abgedreht, aber okay - nur jetzt ist halt eindeutig klar, dass das jahrelange Publikumsverarsche war. Und genau DAS ist das, was mir so übel aufstößt. Ansonsten würde ich niemandem sein Recht absprechen wollen, Schlager mit primitiven (und für jemanden, der tatsächlich das glaubt, was er da so spirituell faselt, völlig untragbaren!) Texten zu produzieren.
>
Ok, jetzt muss ich aber nach Lyrics fragen. Denn von dem bisschen, was man im Internet vom neuen Album hören kann, habe ich noch nichts verwerfliches gefunden. o_o
-Sven Väth
> Nur kommen durch starke Änderungen in einer Band immer diese Diskussionen auf, wie sehr sich eine Band verändert hat und/oder früher viel besser war usw., die eigentlich total unnötig sind.
> Solche Diskussionen sind nervig und stiften nur Verwirrung. Schließlich darf jeder Musik anders interpretieren.
Wie gesagt, ein musikalischer Stilwandel allein wäre nicht so das Problem. Es gibt Bands, deren neue Alben GANZ anders klingen als die älteren. Und trotzdem super sind.
> Ok, jetzt muss ich aber nach Lyrics fragen. Denn von dem bisschen, was man im Internet vom neuen Album hören kann, habe ich noch nichts verwerfliches gefunden. o_o
Tja, ich habe speziell ein ganz massives Problem mit dem Text von "Tanz mit mir". (Lässt sich leicht durch Google finden.) Habe da jetzt mehrfach meinen internen Ironiedetektor drüberlaufen lassen, und finde leider nichts - und wenn das ernst gemeint ist, ist nun einmal ziemlich frauenfeindlich, was da transportiert wird. Natürlich ist es in der Schlagerszene typisch, Frauen als reines Sexobjekt (mit Nebenfunktion "Alkoholnachschub beschaffen") darzustellen, insofern haben sich Faun der neuen Zielgruppe super angepasst, aber ich bin davon... äh... ziemlich irritiert. Wenn eine Gruppe wie Schandmaul das Lied gemacht hätte, wüsste ich wenigstens, dass es ein Scherz ist. Aber hier sind eben bedauerlicherweise keine Ironiespuren zu finden. Und die Leute, die sich die CD kaufen werden (sprich: Carmen-Nebel-Zuschauer über 70) vertreten ja leider zu großen Teilen wirklich so ein Menschenbild. Insofern kann ich in diesem Fall leider nicht darüber lachen...
(Und falls das Lied doch Satire sein sollte, für die ich einfach zu dumm bin, ist sie aus genau dem Grund grob verunglückt: an die Zielgruppe des Albums wäre sie ohnehin verschwendet. Das Lied WIRD unreflektiert ernstgenommen werden. Und ist in der Form ziemlich bedenklich.)
Der tollste Zeichnerzirkel der Welt
Ein Herz für Gab
Einerseits muss ich dir zustimmen, andererseits muss ich auch etwas einwenden.
In dem Song geht es nicht nur um Sex, sondern ja - auch um Alkohol. Also so viel zu Schlagerklischees. :D
Andererseits muss man den Song jetzt auch nicht als frauenfeindlich ansehn.
Denn es geht anscheinend auch um Treue ("Doch nur, wenn du heute keine andre küsst... Sonst schläfst du wohl allein"). Ob der Mann in der Beziehung treu bleibt oder nicht, wird nicht genannt. Und die Frau wird ja auch als starke Persönlichkeit dargestellt, die sich nicht einfach so vernaschen lässt wie eine Nutte, sondern Bedingungen stellt.
Und was ist so schlimm daran, sich der Leidenschaft hinzugeben - trotz Spiritualität?
Spiritualität bedeutet, sich bewusst zu sein, dass man ein kleiner Teil etwas Höherem, etwas größeren Ganzen ist und mit allem, was ist, verbunden zu sein. Und man kann sich auch durch Sex eins fühlen.
(Wenn das wirklich so gegen die Einstellung der Bandmitglieder strebt, wie du sagst, dann muss ich mir gezwungenermaßen die Bandmitglieder als irgendwelche Propheten vorstellen, die auf alle Genüsse verzichten, weil Gott es so will, und weil sie rein sein wollen etc. o_O)
Zumindest ist das meine Interpretation. Ich könnte noch viel mehr reininterpretieren.
Und wie ich ja sagte... Jeder darf ein Lied anders interpretieren, da jeder mit anderen Augen sieht. :3
-Sven Väth
>
Dass die meisten Menschen so ein Menschenbild haben, ist leider echt so.
Aber ich denke kaum, dass das Lied so ernst genommen wird. es ist Musik, es verbreitet eine heitere Stimmung, und wenn sich die Leute besoffen zu dem Lied auf einem Tisch räkeln, würde ich mich drüber totlachen, weil ich besoffene, peinliche Leute zum schießen finde und sich selbst blamieren. :D
-Sven Väth
Wenn du dich als Fan von Faun verarscht/betrogen fühlst, dann kannst du dich dafür entscheiden, der Band nicht mehr treu zu sein. Das ist ja dein Recht und ich bestreite nicht, dass es mögich ist, dass man sich als Fan hintergangen fühlen kann.
Dann sucht man sich eben eine andere Band, hinter der man vollkommen steht, und die man nicht anzweifelt.
Davon gibt es sicher genug Bands. :)
-Sven Väth
> In dem Song geht es nicht nur um Sex, sondern ja - auch um Alkohol. Also so viel zu Schlagerklischees. :D
Richtig. Die Klischees der Schlager-Szene werden voll bedient. Was übrigens auch ein Grund ist, warum ich eine gewisse Abneigung gegen besagte Szene habe. Nicht wegen der simplen Melodien und Mitklatsch-Rhythmen (jedem das seine... ginge es nur darum, müsste ich die Musik ja nicht hören, hätte aber ansonsten kein Problem damit), sondern wegen bestimmter regelmäßig transportierter gesellschaftlicher Inhalte.
> Und was ist so schlimm daran, sich der Leidenschaft hinzugeben - trotz Spiritualität?
> Spiritualität bedeutet, sich bewusst zu sein, dass man ein kleiner Teil etwas Höherem, etwas größeren Ganzen ist und mit allem, was ist, verbunden zu sein. Und man kann sich auch durch Sex eins fühlen.
Moment. Ich bin nicht genussfeindlich eingestellt! Weder habe ich etwas gegen Sex noch prinzipiell gegen Lieder darüber. Wie du richtig sagst, kann Sex sogar eine spirituelle Verbindung sein. Darüber könnte man wunderbare Lieder machen. Ich würde auch nicht ein Lied als frauenfeindlich empfinden, nur weil es dabei um Sex geht.
Was haben wir allerdings im vorliegenden Fall?
- einen männlichen Part, der die Frau auf ein Mittel zur Triebbefriedigung (hier: Sex und Bedienung - Alkohol holen) reduziert
- einen weiblichen Part, der mit dieser Rollenzuschreibung gar kein Problem hat, solange der Mann zumindest keine andere Frau küsst
Und da liegt bei mir das Problem: das entsprechende Menschenbild ist mir einfach zuwider. Und ja, es würde auch der (vorgegebenen?) Religion der Bandmitglieder diametral entgegenstehen. Der Sex an sich ist in dieser Hinsicht nicht das Problem, sondern die Abwertung des Weiblichen.
Falls dir das Problem, das ich mit dem Text habe, immer noch nicht klar sein sollte: überleg mal, was du im realen Leben als Frau denken würdest, wenn dir ein Mann ernsthaft (sinngemäß) sagen würde, "Hübsche, hol mir mal 'n Bier, und dann komm auf den Tisch, damit alle sehen, was für 'ne schöne Frau ich heute Nacht bumse". Ich meine... WTF? W-T-F? Das würde man doch wohl kaum mit "aber klar, Schatz, solange du mir bloß treu bist... küss mich!" beantworten und brav das Bier (oder den Wein, whatever) holen... Aber genau deswegen empfinde ich einen Text, der eben das ohne erkennbare Ironie als Normalzustand propagiert, in der Tat als frauenfeindlich.
> Dass die meisten Menschen so ein Menschenbild haben, ist leider echt so.
> Aber ich denke kaum, dass das Lied so ernst genommen wird. es ist Musik, es verbreitet eine heitere Stimmung, und wenn sich die Leute besoffen zu dem Lied auf einem Tisch räkeln, würde ich mich drüber totlachen, weil ich besoffene, peinliche Leute zum schießen finde und sich selbst blamieren. :D
Das halte ich leider für einen Trugschluss. So ein Lied wird von den meisten Hörern nicht REFLEKTIERT. Wie du schon sagst, das wird eher auf Parties gehört, da denkt niemand bewusst über Liedtexte nach.
Das bedeutet aber eben nicht, dass es nicht ERNST GENOMMEN würde, auf einer völlig unterbewussten Ebene. Dadurch, dass viele Schlager ein solches abwertendes Frauenbild beinhalten, wird dieses wieder und wieder in den Köpfen der Zielgruppe als "normal" zementiert.
Dass so viele Leute wirklich so ein Weltbild vertreten, resultiert ja eben NICHT daraus, dass die betreffenden Menschen über das Thema in Ruhe nachdenken und messerscharf zu dem Schluss kommen "jaaa, Frauen sind nun mal zum Bumsen und Alk holen da". (Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, wie so ein Gedankengang auf hohem Niveau aussehen sollte.) Sondern das kommt daher, dass es in vielen Kreisen als gesellschaftliche Norm vorgelebt und unkritisch übernommen wird.
Und dabei sind eben auch Medien ein wichtiger Faktor - nicht der einzige, aber sie spielen eine Rolle. Wenn es in einem ganzen Musikgenre *üblich* ist, ein bestimmtes Menschenbild zu vertreten, das eine Bevölkerungsguppe (hier: Frauen) diffamiert, kann das leider dazu beitragen, bestimmte Menschenbilder, die bereits in den Köpfen angelegt sind, zu verfestigen.
Ein Intellektueller, der in der Lage ist, Texte zu reflektieren, wird selbstverständlich nicht zum Frauenfeind, nur weil er mal so ein Lied hört. (Und in ironischem Kontext wäre das Lied tatsächlich komisch.) Aber die Zielgruppe von Schlagern ist eben eine andere. Insofern bliebe mir auch bei Leuten, die sich zu so einer Musik besoffen zum Affen machen, das Lachen im Halse stecken. Letztendlich gehöre ich ja zu der Gruppe, die durch das weit verbreitete und immer wieder neu verfestigte frauenfeindliche Menschenbild handfeste gesellschaftliche Nachteile hat. Also nein, ich finde Schlagerfans nicht witzig. Und auch nicht Bands, die dazu beitragen, die Abwertung von Frauen salonfähig zu machen.
Der tollste Zeichnerzirkel der Welt
Ein Herz für Gab