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Protestsong – Wie weit darf (oder muss?) Kunst gehen? Politik, Recht , deutsches, Zensur

Autor:  Eru-Jiyuka
Die Machenschaften der Frau von der Laien sind ja mittlerweile sicherlich hinreichend bekannt (falls nicht, hier, hier, hier, hier, hier oder auch mal da, da, da und sogar dort…)
Nicht desto trotz fragt man sich angesichts „kreativer Trotzaktionen“ wie folgender: http://www.youtube.com/watch?v=9DeHKOz5HxI

Ob dies nicht rechtlich etwas heikel ist (Stichwort Beleidigung, üble Nachrede, Verunglimpfung des Staates, Verfassungsfeindliche Verunglimpfung)

Die üble Nachrede (§186 (d)StGB) ist eine Qualifizierung des allgemeinen Straftatbestands der Beleidigung. Dass heißt, die Beleidigung steht in unechter Konkurrenz zur Üble Nachrede und tritt (bei Konkurrenzfällen) subsidiär hinter ihr zurück. [1]Die Üble Nachrede bedarf der Behauptung einer Tatsache, welche dazu geeignet ist, den Betroffenen verächtlich zu machen bzw. in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen [2].

Freilich sind die Behauptungen dieses Videos dazu geeignet, den Betroffenen in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Für den Straftatbestand der Üblen Nachrede ist freilich jedoch noch ZWINGEND erforderlich, dass die fragliche Behauptung nachweislich NICHT der Wahrheit entspricht. Fraglich ist zwar freilich, ob die plakative, nein schon fast naive Aufmachung, dem Sinn des Videos nicht im Wege steht, jedenfalls sind die fraglichen Behauptungen nachweisbar (siehe oben unter hier, hier usw. ), somit ist die Üble Nachrede hier nicht einschlägig, sodass sich auch keine Strafbarkeit aus §188 ergibt.

Der Straftatbestand der Beleidigung bedarf eines ehrverletzenden Werturteils oder einer ehrverletzende unwahre Tatsachenbehauptung. [3] Nun liegt das Hauptproblem bei der Auslegung des Terminus „ehrverletzend“, fraglich ist ob die Aussage: „Das Ministeramt hast du wohl bei Ebay ersteigert, dich der Intelligenz komplett verweigert“ [4] eine ehrverletzendes Werturteil darstellt. Mit dem über Analogien herstellbaren Bezug zu wohlmöglichen Intelligenzdefiziten der Frau von der Leyen könnte daher in der Tat ein ehrverletzendes Werturteil vorliegen, was eine Strafbarkeit nach §186 grundsätzlich ermöglichte. Gleichzeitig liegt jedoch ein Strafausschlussgrund nach §193 vor, da auch und gerade solche satirisch-kritische Beiträge eine Wahrnehmung Berechtigter Interessen darstellt, namentlich der Wahrnehmung der Politischen Rechten in Verbindung mit der Freien Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 GG. Eine Strafbarkeit nach §186 StGB liegt m.E. deshalb nicht vor.[5]

Weiterhin könnte in dem Verwenden des Begriffs Schurkenstaat ein Delikt nach § 90a StGB (Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole) vorliegen. Auch hier ist strittig, ob das einzelne Wort: „Schurkenstaat“ bereits eine Beschimpfung darstellt, sicherlich jedoch stellt es keine böswillige Verachtung dar. (Eine solch restriktive Auslegung der materiellen Norm wäre zudem auch dem Verhältnismäßigkeitsprinzip nicht zuträglich) Nach dem bereits in der Erheblichkeit um einiges bedeutsamer Äußerung: „Deutschland muss sterben, damit wir leben können“ die Strafbarkeit bzw. die Erheblichkeit im Zusammenhang verneint wurde [6,7], ist die hier diskutierte um einiges Harmlosere Phrase als nicht erheblich zu betrachten und daher eine Strafbarkeit nach § 90a zu verneinen.

(Analoges gilt für eine allfällige Strafbarkeit des satirischen Vergleichs mit der Stasi nach § 90b, da es mit Sicherheit an dem objektiven Tatbestandsmerkmal des sich absichtlichen Einsetzen für Bestreben gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder gegen Verfassungsgrundsätze [8] fehlt, ist doch dies gerade NICHT die Intention der Autoren, nein, sie versuchen vielmehr, ihre Politische Meinung auszudrücken und damit sogar im Sinne des Bestand der Bundesrepublik (bzw. allgemein einer parlamentarischen Demokratie) sein.)

Abschließend bleibt mir noch zu fragen: Wie viel kostet ein Ministeramt über Ebay? Ich hätte großes Interesse am Posten des Familienministers… (drei viertausend Teuro wäre mir der Spass sogar wert, nur befuerchte ich, eine zielfuehrende Wahlkampagne wuerde wohl doch ETWAS mehr kosten…)

(Dies ist insbesondere kein Bestechungsangebot, sondern satirisch gemeint! (Muss man ja neulich immer dazuschreiben -> Störerhaftung…)

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[1] Vgl. MUELLER, Repetitorium zum Schweizerischen Strafrecht, Kap. 19 Strafschärfungen Seite 250ff. (Da reine Strafrechtsdogmatik analog auf das deutsche Recht anzuwenden)
[2] Vgl. § 186 StGB
[3] Die §§ 185 ff. StGB bezwecken den Ehrschutz lebender Personen. Es handelt sich um sog. Äußerungsdelikte, die allesamt die Kundgabe einer Geringschätzung erfordern. … Die Beleidigung gem. § 185 StGB stellt einen Auffangtatbestand dar. § 186 StGB schützt vor der Behauptung und Verbreitung ehrrühriger Tatsachen, die nicht nachweisbar sind, und § 187 StGB vor der Behauptung unwahrer Tatsachen wider besseren Wissens. Daher bleiben für § 185 StGB nur noch ehrverletzende Werturteile gegenüber dem Opfer oder Dritten sowie ehrverletzende unwahre Tatsachenbehauptungen gegenüber dem Opfer übrig
(SCHULTZ , Kommentar zu § 185 StGB (http://www.mediendelikte.de/bt185.htm)
[4] Wörtliche Zitierung des fraglichen Videos
[5] Ähnlich auch MORWINSKY, in Beantwortung von Fragen betreffend §§ 185ff:
Die Schädigung der Karriere eines Politikers durch wahrheitsgemäße öffentliche Äußerungen oder Verbreiten von Schriften ist daher auch vor dem Hintergrund des § 188 StGB weiterhin erlaubt.
(http://www.frag-einen-anwalt.de/Darf-man-Personen-des-%C3%B6ffentlichen-Lebens-nicht-kritisieren--__f52071.html )
[6] BVerfG, Urteil vom 3. 11. 2000 - 1 BvR 581/ 00
[7] Im Lichte des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG darf der Schutz des Staates und seiner Symbole nach § 90 a StGB aber nicht zu einer Immunisierung des Staates gegen Kritik und selbst gegen Ablehnung führen (Ebenda, [6] )
[8] Vgl. § 90b Abs.1 Zeile 4, 5

PS: Ja, ich weiss, alles obenstehende hätte man sich auch mit dem "guten Menschenverstand" zusammenreimen können, aber ich hatte Langeweile und wollte den Blog auffuellen^^




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